Upload
annelie-altermatt
View
107
Download
2
Embed Size (px)
Citation preview
Wer die Regeln macht, gewinnt das Spiel
Eine empirische Untersuchung der E-Mail-Kommunikation zwischen
Mitarbeitern und Führungskräften
Dipl.-Soz. Nicole Zillien
8. Workshop der DGPuK-Fachgruppe „Computervermittelte Kommunikation“ am 27./28. Februar 2004 – Schwerpunkt: Innovation
Titelblatt
1
1. Fragestellung
2. Die Theorie der Strukturierung
3. Kontextfaktoren des E-Mail-Einsatzes
4. Fazit
Aufbau des Vortrags
2
1. Fragestellung
2. Die Theorie der Strukturierung
3. Kontextfaktoren des E-Mail-Einsatzes
4. Fazit
Aufbau des Vortrags
3
Führt die elektronische Kommunikation in Unternehmen
zu einer Verbesserung des Informationsaustauschs
zwischen Mitarbeitern und Führungskräften?
Fragestellung
4
Techniksoziologie
Technikdeterminismus
GesellschaftTechnik
Sozialdeterminismus
5
1. Fragestellung
2. Die Theorie der Strukturierung
3. Kontextfaktoren des E-Mail-Einsatzes
4. Fazit
Aufbau des Vortrags
6
Die Theorie der Strukturierung nach Giddens sagt im Kern aus, dass Menschen sich in ihrem praktischen Handeln auf vorgelagerte Strukturen beziehen, wobei sie in diesem Handeln wiederum Strukturen schaffen.
Strukturen werden als Regeln und Ressourcen verstanden, die soziale Systeme (re)produzieren. Ressourcen sind Werkzeuge/ Mittel, die verschiedene Möglichkeiten ihrer Verwendung zulassen. Wie diese Werkzeuge verwendet werden, hängt von sozialen Regeln ab. Dabei bedingen soziale Regeln das Handeln, determinieren es jedoch nicht. Regeln können sowohl als ausformulierte Regeln vorliegen als auch informell befolgte Alltagskonventionen sein.
Die Nutzung der E-Mail in Unternehmen wird im Sinne der Theorie der Strukturierung als ein Prozess der sozialen Aneignung verstanden.
Die Eigenschaften der Technologie und die organisatorischen Rahmen-bedingungen der Technologienutzung nehmen Einfluss auf die soziale Aneignung.
Die Theorie der Strukturierung nach Giddens
Quelle: Anthony Giddens (1988/1984): Die Konstitution der Gesellschaft.
7
Die Theorie der Strukturierung
Quelle: Wanda J. Orlikowski (2000): Using Technology and Constituting Structures: A Practice Lens for Studying Technology in Organizations.
Technologies-in-Practice(rules and resources instantiated in use of technology)
Ongoing, situated Use of Technology
Facilities e.g.,
hardwaresoftware
Normse.g.,
protocols,etiquette
Interpretive Schemes
e.g.,assumptions, knowledge
Agency
Structure
8
1. Fragestellung
2. Die Theorie der Strukturierung
3. Kontextfaktoren des E-Mail-Einsatzes
4. Fazit
Aufbau des Vortrags
9
1. Eigenschaften des Mediums2. Organisatorische Bedingungen des E-Mail-Einsatzes 3. Form der E-Mail-Nutzung
Kontextfaktoren
Empirische Untersuchung
10
Einsatz von Computertechnologien in fünf deutschen Unternehmen
156 Mitarbeiter (62,7%)
44 Führungskräfte (17,7 %) 49 Betriebsratsmitglieder (19,6%)
Empirische Basis
249 Befragte insgesamt
11
Einsatz von Computertechnologien in fünf deutschen Unternehmen
156 Mitarbeiter (78%)
44 Führungskräfte (22%) 49 Betriebsratsmitglieder
Empirische Basis
N=200
12
1. Eigenschaften des Mediums2. Organisatorische Bedingungen des E-Mail-Einsatzes 3. Form der E-Mail-Nutzung
Kontextfaktoren
13
Kontextfaktoren: 1. Eigenschaften des Mediums
AsynchronitätOrtsunabhängigkeitSchnelligkeitKanalreduziertheitniedrige KostenAnhänge
14
1. Eigenschaften des Mediums2. Organisatorische Bedingungen des E-Mail-Einsatzes 3. Form der E-Mail-Nutzung
Kontextfaktoren
15
Kontextfaktoren: 2. Organisatorische Bedingungen
a) E-Business-Leitbild der Führungskräfte/ Technikleitbilder
„In welchem Ausmaß verfolgen Sie mit dem Einsatz neuer Technologien das Ziel der Verbesserung der Kommunikationsmöglichkeiten?“Angaben von Führungskräften
4,6
5,35,0
3,8
5,0
1
2
3
4
5
6
A B C D E
Quelle: Eigene Erstellung [n=40; Unternehmen A-E, arithmetischer Mittelwert auf der Skala 1=“in sehr geringem Ausmaß“ bis 6=“in sehr hohem Ausmaß“]
in sehr hohem Ausmaß
in sehr geringem Ausmaß
16
Kontextfaktoren: 2. Organisatorische Bedingungen
Rechtliche, organisatorische und stilistische Fragen der E-Mail-Nutzung sind in den untersuchten Unternehmen weitgehend ungeklärt oder zumindest nicht eindeutig festgelegt.
Verbindliche Normen des Mediengebrauchs haben sich noch nicht herausgebildet. Damit ist die Verwendung der Ressource E-Mail relativ offen, da es kaum formell kodifizierte E-Mail-Regeln (bspw. schriftliche Regelungen zur Nutzungsform) gibt.
Informell befolgte Regeln (bspw. Konventionen zum Sprachstil), die in ihrer Durchführung Alltagsroutinen (re)produzieren, bilden somit die Grundlage der E-Mail-Nutzung.
b) Regeln zur E-Mail-Nutzung
17
1. Eigenschaften des Mediums2. Organisatorische Bedingungen des E-Mail-Einsatzes 3. Form der E-Mail-Nutzung
Kontextfaktoren
18
Wandel von Vermittlungskulturen: (= im Kern die Pluralisierung von Vermittlungskulturen):
1. Für jedes Medium bilden sich eigene Praktiken der Anwendung aus: Briefkultur, Telefonkultur, Handykultur usw.
2. Verschiedene soziale Gruppierungen eignen sich Medien auf unterschiedliche Art und Weise an, somit kann man von Briefkulturen, Telefonkulturen, Handykulturen usw. sprechen.
Kontextfaktoren: 3. Form der E-Mail-Nutzung
Quelle: Höflich, Joachim R. (2003): Einleitung: Mediatisierung des Alltags und der Wandel von Vermittlungskulturen. In: Höflich, Joachim R./Gebhardt, Julian (Hg.): Vermittlungskulturen im Wandel, S. 9.19
In unserer Untersuchung zeigt sich, dass eine Pluralisierung von Vermittlungskulturen auch innerhalb eines Unternehmens stattfindet:
Das Medium E-Mail wird von den Mitarbeitern und Führungskräften der befragten Unternehmen je unterschiedlich angeeignet.
Insgesamt werden die in den Unternehmen eingesetzten Computertechnologien von den befragten Mitarbeitern und Führungskräften in unterschiedlicher Art und Weise genutzt und bezüglich ihrer Nützlichkeit und den Auswirkungen auf den Arbeitsalltag verschieden bewertet.
Kontextfaktoren: 3. Form der E-Mail-Nutzung
20
Kontextfaktoren: 3. Form der E-Mail-Nutzung
Quelle: Eigene Erstellung [n=143 (Mitarbeiter), n=42 (Führungskräfte), Angaben in Prozent]
„Wie viele Stunden Ihrer Arbeitszeit verbringen sie durchschnittlich am Tag mit Tätigkeiten am Computer?“Angaben von Mitarbeitern und Führungskräften im Vergleich
1,4%
18,9%
44,8%
35%
26,2% 28,6%
7,1%
38,1%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
1 bis 2 Stunden 3 bis 4 Stunden 5 bis 6 Stunden 7 und mehr
Mitarbeiter Führungskraft
21
2,6 2,3 2,51,9 1,7
2,0
3,32,9 2,6 2,32,4
1,8
1
2
3
4
5
6
A B E
Hardwareprobleme Mitarbeiter Hardwareprobleme Führungskräfte
Softwareprobleme Mitarbeiter Softwareprobleme Führungskräfte
Kontextfaktoren: 3. Form der E-Mail-Nutzung
Quelle: Eigene Erstellung, [n=119 (Mitarbeiter), n=31 (Führungskräfte), Unternehmen A, B, E, arithmetischer Mittelwert auf Skala von 1 =“Situation tritt nie auf“ bis 6=“Situation tritt sehr häufig auf“]
„Wie häufig treten Hard- bzw. Softwareprobleme auf?“Angaben von Mitarbeitern und Führungskräften im Vergleich
Situation tritt nie auf
Situation tritt sehr häufig auf
22
Kontextfaktoren: 3. Form der E-Mail-Nutzung
1,6 1,8
2,8 2,52,02,2 2,4
1,8 22,5
1
2
3
4
5
6
A B C D E
Mitarbeiter Führungskraft
Quelle: Eigene Erstellung, [n=156 (Mitarbeiter), n=43 (Führungskräfte), Unternehmen A-E, arithmetischer Mittelwert auf Skala von 1 =“sehr gerne“ bis 6=“sehr ungern“]
„Wie gerne kommunizieren Sie per E-Mail?“Angaben von Mitarbeitern und Führungskräften im Vergleich
sehr gerne
sehr ungern
23
0
5
10
15
20
25
30
35
40
A B C D E
versendet/ Mitarbeiter versendet/ Führungskräfte
erhalten/ Mitarbeiter erhalten/ Führungskräfte
Kontextfaktoren: 3. Form der E-Mail-Nutzung
Quelle: Eigene Erstellung [n=155 (Mitarbeiter), n=31 (Führungskräfte), Unternehmen A-E, arithmetischer Mittelwert der Anzahl der E-Mails]
„Schätzen Sie bitte die Anzahl Ihrer täglichen E-Mails!“Angaben von Mitarbeitern und Führungskräften im Vergleich
24
Kontextfaktoren: 3. Form der E-Mail-Nutzung
Quelle: Eigene Erstellung, [n=155 (Mitarbeiter), n=31 (Führungskräfte), arithmetischer Mittelwert auf Skala von 1=“trifft ganz und gar nicht zu“ bis 6=“trifft voll und ganz zu“]
2,2 2,0
2,72,4
1,7
2,6
1
2
3
4
5
6
Akzeptanz vonRechtschreibfehlern
Unsicherheit beiFormulierung
Informationen oftmissverständlich
Mitarbeiter Führungskraft
Statements zur E-Mail-NutzungAngaben von Mitarbeitern und Führungskräften im Vergleich
trifft ganz und gar nicht zu
trifft voll und ganz zu
25
Kontextfaktoren: 3. Form der E-Mail-Nutzung
Quelle: Eigene Erstellung, [n=118, Zustimmung (Skalenwerte 5-6) in Prozent auf Skala von 1=“trifft ganz und gar nicht zu“ bis 6=“trifft voll und ganz zu“]
19,5%
15,3%
8,7%
35%
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40%
Der Tonfall in E-Mails ist eher locker
Wenn es die Möglichkeit der E-Mail-Kommunikation nichtgäbe, würde ich bestimmte Informationen nicht
weitergeben
Per E-Mail wende ich mich direkt an Personen, die ichpersönlich nicht einfach angesprochen hätte
Schlechte Nachrichten übermittle ich lieber per E-Mail alsvon Angesicht zu Angesicht
Statements zur E-Mail-NutzungZustimmung von Mitarbeitern
26
62,5% 60,7%
45,5%33,3%
47,8%
k.A. k.A.
75%
60%
83,4%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
A B C D E
Mitarbeiter Führungskräfte
Bewertung
Quelle: Eigene Erstellung, [n=153 (Mitarbeiter), n=31 (Führungskräfte), Unternehmen A-E, Zustimmung (Skalenwerte 4-6) in Prozent auf Skala von 1=“trifft ganz und gar nicht zu“ bis 6=“trifft voll und ganz zu“]
„Wenn man per E-Mail kommuniziert, spielt die Hierarchiestufe eine geringere Rolle als im persönlichen Gespräch.“Zustimmung von Mitarbeitern und Führungskräften im Vergleich
27
Bewertung
Quelle: Eigene Erstellung, [n=155 (Mitarbeiter), n=43 (Führungskräfte), Unternehmen A-E, Angaben in Prozent, Zustimmung (Skalenwerte 5-6) auf Skala von 1=“trifft ganz und gar nicht zu“ bis 6=“trifft voll und ganz zu“]
71,4%
16,7%
28,9%
12,5%
26,9%20,7%
33,3%40%40% 40%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
A B C D E
Mitarbeiter Vorgesetzte
„Durch den zunehmenden Einsatz von Computertechnologien am Arbeitsplatz verbessert sich der Informationsaustausch mit meinen Vorgesetzten/ Mitarbeitern.“Zustimmung von Mitarbeitern und Vorgesetzten im Vergleich
28
Führt die elektronische Kommunikation in Unternehmen
zu einer Verbesserung des Informationsaustauschs
zwischen Mitarbeitern und Führungskräften?
Fragestellung
Die elektronische Kommunikation führt eher aus Sicht der Führungskräfte als aus Sicht der Mitarbeiter zu einer Verbesserung des Informationsaustauschs zwischen „oben und unten“.
Was sind die Gründe hierfür?
29
Fazit
TechnikleitbildDie Führungskräfte denken und handeln im Sinne eines E-Business-Leitbilds. So stellen sie auch eher als die Mitarbeiter eine Übereinstimmung zwischen der Zielsetzung und den Ergebnissen der Techniknutzung in den Unternehmen fest (bspw. der Verbesserung der Kommunikation durch den Einsatz von Computertechnologien).
RegelnFormal verbindliche Normen der E-Mail-Nutzung existieren in den befragten Unternehmen noch nicht. In dieser Situation können Führungskräfte aufgrund ihrer Stellung im Unternehmen durch ihre Alltagspraxis eine Form der E-Mail-Nutzung definieren. Mitarbeiter dagegen richten sich in ihrer E-Mail-Nutzung an „alten Kommunikationsstrukturen“ aus: Führungskräfte schreiben „moderne E-Mail-Notizen“, Mitarbeiter schreiben „Elektro-Briefe“.
Pluralisierung von VermittlungskulturenFührungskräfte und Mitarbeiter nutzen und bewerten das Medium E-Mail
unterschiedlich. Spezifische Eigenschaften, die die Vorteile der E-Mail im Vergleich zu anderen Medien der Unternehmenskommunikation ausmachen, werden von den Mitarbeitern wenig genutzt (bspw. Überspringen von Hierarchiestufen), während Führungskräfte die Potenziale des Mediums eher ausschöpfen (bspw. lassen sie sich per E-Mail von Mitarbeitern informieren, ohne selbst unbedingt ein Feedback zu geben).
30