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Grundlagen des Aufbaus kristalliner Stoffe - Idealkristalle, Realkristalle, Kristallisation
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WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
1.3. KRISTALLE
2
1. AUFBAU DER MATERIE
1.1. ATOME UND ELEMENTE
1.2. GRUNDLAGEN DER CHEMISCHEN BINDUNG
Teil B
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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LERNZIELE
Nach der Vorlesung sind Sie in der Lage...
...zwischen kristallinen und amorphen Phasen zu unterscheiden
...den Begriff Elementarzelle zu definieren und die wichtigen Parameter zu nennen
...die kristallographische Notation nach MILLER anzuwenden
...die Kristallsystematik nach WEISS und BRAVAIS zu erläutern
...Dichteberechnungen aus Gitterparameter vorzunehmen (und umgekehrt)
...reale Kristalle von Idealkristallen zu unterscheiden
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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LERNZIELE
...Gitterfehler anhand ihrer Dimensionalität zu beschreiben
...die wichtigsten Methoden der Kristallstrukturanalyse zu nennen
...den Vorgang der Kristallisation in seinen Einzelheiten zu veranschaulichen
...die Besonderheiten von Einkristallen und ihre Herstellung zu erläutern
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Kristalle
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
6
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Grundlagen
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe
Phase Dichte Teilchen-abstand
Wechsel-wirkungen
Formver-änderbarkeit
Kompres-sibilität
𝓼 hoch (Stahl: ϱ = 7,6 g/cm3)
gering (α-Eisen: a = 0,3 nm)
stark gering sehr niedrig (Stahl: κ = 6,3 TPa-1)
𝓵 gering (Wasser: ϱ ≈ 1,0 g/cm3)
mäßig (Wasser: λ = 5,8 nm)
mäßig sehr gut niedrig (Wasser: κ = 48 TPa-1)
𝓰 sehr gering (Luft: ϱ = 0,0012 g/cm3)
hoch (Luft: λ = 68 nm)
sehr gering sehr gut sehr hoch (Luft: κ = 7050000 TPa-1)
ϱ : Dichte, a: Gitterkonstante, λ: mittlere freie Weglänge, κ : Kompressibilität
Aggregatzustände
Charakterisierung
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
körniges und pulverförmiges Material (Sand bzw. Metallpulver, sogenannte
granulare Materie) besitzt sowohl Eigenschaften von Festkörpern (z.B. Kom-
pressibilität) wie auch von Flüssigkeiten (z.B. Formveränder-
barkeit) mit z.T. nur ansatzweise gelösten physikalischen Ef-
fekten ( z.B. Paranuß-Effekt)
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Aufbau kristal-liner Stoffe
Einteilung der Feststoffe
kristallin amorph quasikristallin
granular
Aggregatzustände
Besonderheiten
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe
Flüssigkristalle sind Flüssigkeiten, die richtungs-
abhängige physikalische Eigenschaften wie Kristal-
le besitzen
Flüssigkeiten und Gase werden auch unter dem Begriff Fluide zusammenge-
faßt und häufig gemeinsam abgehandelt (z.B. Fluidmechanik)
Flüssigkristallanzeige (LCD)
Aggregatzustände
Besonderheiten
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe
amorph (griech. άμορφος, ámorphos,
formlos/gestaltlos)
kristallin (griech. κρύσταλλος,
krýstallos, Bergkristall/Eis)
Gallium
Obsidian
Aggregatzustände
feste Phasen
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe
Ein Baustein… …zwei Strukturen!
Nah- und Fernordnung keine Fernordnung
kristalliner Feststoff amorpher Feststoff
mikroskopische
Unterscheidung
SiO4-Tetraeder
Aggregatzustände
kristalline & amorphe Phasen Beispiel Siliciumdioxid, SiO2
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe
Beispiel Siliciumdioxid, SiO2
Ein Baustein… …zwei Strukturen!
kristalliner Feststoff amorpher Feststoff
Aggregatzustände
kristalline & amorphe Phasen
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe
ebene Begrenzungsflächen gebogene Begrenzungsflächen
Chromalaun Opal
makroskopische
Unterscheidung
Aggregatzustände
kristalline & amorphe Phasen
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe
• intermolekulare Wechselwirkungen
Atomkristalle (feste Edelgase)
• metallische Bindung
Metallkristalle (Metalle)
• ionische Bindung
Ionenkristalle (Salze)
• intermolekulare Wechselwirkungen
Molekülkristalle (Moleküle/Polymere)
• intermolekulare Wechselwirkungen
Virenkristalle (sic!)
Tabakmosaikvirus
Kristalle und Bindungstyp
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Elementarzelle
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe
„A unit cell is the smallest, regularly material
portion contained in a parallelepiped from
which a crystal is formed by parallel
displacements in three dimensions.“
IUPAC Gold Book
dreidimensionale Aneinanderreihung von Elementarzellen
Elementarzelle
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Aufbau kristal-liner Stoffe
* Häufig noch verwendete Längenangabe in der Kristallo-
graphie: 2,5-5 Å (Ångström [ˈɔŋːstɾœm], 10-10 m, nach A.J.
ÅNGSTRÖM, einem schwedischen Astronomen und Physiker)
6 Gitterparameter (lattice parameters) zur Beschreibung der Elementarzelle
Kantenlängen a, b, c
Winkel 𝛼, β, γ
Jedes Parallelepiped ist
ein Raumfüller!
0,25 bis 0,5 nm (2,5 – 5 Å*)
bei den meisten Metallen
Elementarzelle
Parallelepiped (Spat)
Körper, der von sechs paarweise
kongruenten parallelen Parallelo-
grammen begrenzt wird
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe
EZ besitzen keine „physikalische Realität“, sondern
sind Ergebnis des kristallographischen Bestrebens, die
Vielfalt der Kristallstrukturen zu systematisieren
für jedes Kristallgitter sind durchaus mehrere EZ mög-
lich Auswahl richtet sich nach Zweckmäßigkeit und Konvention:
Kanten der EZ entsprechen den Punktreihen mit den kürzesten Abständen
zwischen den Gitterpunkten
EZ muß alle Symmetrieelemente besitzen
Elementarzelle
Festlegung
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe
Habitus (äußere Erscheinungs-
form eines Kristalls) entspricht
nicht unbedingt der Geometrie
der EZ Kristalle eines kubi-
schen Systems können z.B. ok-
taedrische Form besitzen
Elementarzelle
Festlegung
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Kristallographische
Notation
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe
Gittervektoren & Gitterebenen
Gitterfehlern
(z.B. Versetzungen)
Gleitsystemen
(z.B. bei Verformungen)
Texturen
Kristallorientierung
von Einkristallen
Beschreibung & Charakterisierung von…
Gleitebene
Gleitrichtung
Notation für bestimmte
Richtungen & Ebenen in
einem beliebigen Gitter
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
Indizierung durch zwei ganze Zahlen uv [uv] bestimmte Richtung
<uv> Gesamtheit aller gleichwertigen Richtungen
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Aufbau kristal-liner Stoffe Gittervektoren & Gitterebenen
Gittervektoren (lattice vectors)
zweidimensional Richtungen
1
2
3
4
5
6
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
Indizierung durch drei ganze Zahlen uvw [uvw] bestimmte Richtung
<uvw> Gesamtheit aller gleichwertigen Richtungen
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Aufbau kristal-liner Stoffe Gittervektoren & Gitterebenen
Gittervektoren (lattice vectors)
kubisches System
Würfelkanten
[100], [010], [001],
<100>
Flächendiagonalen
[110], [011], [101],
Raumdiagonalen
<110>
<111>
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
Gitterebenen sind mit Atomen belegte ebene Schnittflächen durch das Gitter
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Aufbau kristal-liner Stoffe Gittervektoren & Gitterebenen
W.H. MILLER (1801-1880)
Gitterebenen (lattice planes)
MILLERsche Indizes hkl (1839)
Lattice planes &
MILLER indices
Ursprung der EZ nicht in die zu indizierenden Ebene
legen, sondern in eine Nachbarebene
Bestimmung der Schnittpunkte mit den Basisvektoren
Zahlentripel reziprok darstellen – nicht kürzen!
negative Zahlen durch Überstrich darstellen
Kurzregeln
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe Gittervektoren & Gitterebenen
Gitterebenen (lattice planes)
Zahlentripel in runde Klammern setzen:
(hkl) spezifische Ebene oder Netzebene
Zahlentripel in geschweifte Klammern setzen:
{hkl} kristallographisch gleichwertige Ebenen
oder Kristallebenen
Kurzregeln
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe Gittervektoren & Gitterebenen
Gitterebenen (lattice planes)
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe Gittervektoren & Gitterebenen
Gitterebenen (lattice planes)
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe Gittervektoren & Gitterebenen
Gitterebenen (lattice planes)
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
31
Aufbau kristal-liner Stoffe Gittervektoren & Gitterebenen
Kurzübungen
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe
Tutorial:
Bezeichnung der Ebenen im Würfel: Quiz:
Gittervektoren & Gitterebenen
Gitterebenen (lattice planes)
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Exkurs: Quasikristalle
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe Exkurs: Quasikristalle
Kristallographie
„erlaubte“ Symmetrien:
zwei-, drei-, vier- und sechszählig
nur hierbei lückenlose Raumfüllung möglich
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe
SHECHTMAN et al. (1984): Elektronenbeugungsbilder mit kristallo-
graphisch „verbotenen“ Symmetrien an abgeschrecktem Al86Mn14
zeigen fünfzählige Ikosaeder-Symmetrie
Exkurs: Quasikristalle
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe
PENROSE-Muster als Bsp. für 2D-Quasikristall: Bausteine: zwei rautenförmige
Kacheln, deren Winkel ganzzahlige Vielfache von 36° sind (τ = ½(1 + √5))
Normalkristall raumerfüllender Aufbau aus identischen Elementarzellen
(periodische Struktur)
Quasikristall mindestens zwei Typen von Bausteinen, die raumerfüllendes
Quasigitter bilden (quasiperiodische Struktur: lokal regelmäßig,
global chaotisch)
Exkurs: Quasikristalle
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Aufbau kristal-liner Stoffe
weitere quasikristalline Systeme:
oktagonal (achtzählig)
dekagonal (zehnzählig)
dodekagonal (zwölfzählig)
Eigenschaften:
hart Anwendung in Kompositmaterialien (QK in weicher Matrix)
hohe Duktilität (Mikrorisse können sich nicht zu Makrorissen vereinigen)
geringe elektrische und thermische Leitfähigkeit
Antihafteigenschaften Beschichtungen von Kochgeschirr
geringer Abrieb Beschichtungen von Motorenteilen
Exkurs: Quasikristalle
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Aufbau kristal-liner Stoffe Exkurs: Quasikristalle
Informationen
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Ideal-kristalle
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Ideal-kristalle Kristallsysteme
Kristallsysteme nach WEISS (1813)
symmetriebezogenes
Klassifizierungsschema für
kristalline Festkörper
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Ideal-kristalle
alle drei Achsen des Achsenkreuzes sind gleich
lang und schneiden sich im rechten Winkel:
a = b = c; α = β = γ = 90°
kubisches Kristallsystem
zwei Achsen des Achsenkreuzes sind gleich
lang, alle schneiden sich im rechten Winkel:
a = b ≠ c; α = β = γ = 90°
tetragonales Kristallsystem
Kristallsysteme
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Ideal-kristalle
alle drei Achsen des Achsenkreuzes sind ver-
schieden lang, sie schneiden sich im rechten
Winkel: a ≠ b ≠ c; α = β = γ = 90°
orthorhombisches Kristallsystem
drei gleich lange Achsen des Achsenkreuzes liegen in
einer Ebene und schneiden sich unter 120°, die vierte
Achse ist ungleich und steht senkrecht auf dieser
Ebene: a1 = a2 = a3 ≠ c; α = β = 90°, γ = 120° bzw. 60°
hexagonales Kristallsystem
Kristallsysteme
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Ideal-kristalle
(orthorhombische Aufstellung); drei gleich lange Ach-
sen des Achsenkreuzes liegen in verschiedenen Ebe-
nen und schneiden sich ungleich 90°: a1 = a2 = a3;
α1 = α2 = α3 ≠ 90°
trigonales Kristallsystem
alle drei Achsen des Achsenkreuzes sind ver-
schiedenen lang, zwei davon schneiden sich im
rechten Winkel: a ≠ b ≠ c; α = γ = 90°, β ≠ 90°
monoklines Kristallsystem
Kristallsysteme
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Ideal-kristalle
alle drei Achsen des Achsenkreuzes sind ver-
schiedenen lang, die Winkel zwischen den Ach-
sen sind beliebig, aber ungleich 90°: a ≠ b ≠ c;
α ≠ β ≠ γ ≠ 90°
triklines Kristallsystem
Kristallsysteme
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Ideal-kristalle
AUGUSTE BRAVAIS konnte 1849 zeigen, daß es im dreidimensiona-
len Raum nur 14 Elementarzellen (BRAVAIS-Gitter) geben kann
mit folgenden Eigenschaften:
Elementarzellen sind die einfachste sich wiederholende Ein-
heit in einem Kristall
gegenüberstehende Flächen einer Elementarzelle sind parallel
Ränder von Elementarzellen verbinden äquivalente Stellen
Kristallsysteme
Animation
der Gitter
100 Jahre
BRAVAIS-Gitter
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Ideal-kristalle Kristallsysteme
WEISS-Kristall-systeme
BRAVAIS-Kristall-
gitter
zusätzliche Gitterpunkte
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Ideal-kristalle
kubisch-primitiv
(sc, simple cubic)
• Zahl der Atome je EZ: 1
• KoZ: 6
• Packungsdichte: ca. 52%
• Bsp.: α-Po
kubisch-raumzentriert
(bcc, body centered cubic)
• Zahl der Atome je EZ: 2
• KoZ: 8
• Packungsdichte: ca. 68%
• Bsp.: α-Fe, W, Cr, Mo, V, Ta
kubisch-flächenzentriert
(fcc, face centered cubic)
• Zahl der Atome je EZ: 4
• KoZ: 12
• Packungsdichte: ca. 74%
dichteste Kugelpackung
(ccp, cubic closed-packed)
• Bsp.: γ-Fe, Al, Cu, Ag, Au
Kristallsysteme
kubisches Kristallsystem
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Ideal-kristalle Kristallsysteme
kubisches Kristallsystem Packungsdichte
Unter der Packungsdichte PD (auch Raumerfüllung genannt) versteht man das Verhält-
nis aus dem Volumen aller Atome in einer Elementarzelle und dem Volumen der Zelle
selbst:
PD = Volumen der Atome einer Elementarzelle/Volumen der Elementarzelle · 100%
Berechnen Sie die Packungsdichte in Abhängigkeit vom Atomdurchmesser d
für folgende Kristallsysteme:
kubisch-primitiv
kubisch-raumzentriert
kubisch-flächenzentriert
Lösungen
1
2
3
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Ideal-kristalle
Metall 𝑎 in nm
α-Fe 0,287
Cr 0,288
V 0,302
Mo 0,315
W 0,317
Ta 0,330
β-Ti 0,330
Metall 𝑎 in nm
Ni 0,352
γ-Fe 0,360
Cu 0,361
Al 0,405
Au 0,408
Ag 0,409
Pb 0,495
kubisch-raumzentriert
minimaler Atomabstand d
d = √3 · a/2
kubisch-flächenzentriert
minimaler Atomabstand d
d = √2 · a/2
nach R
UG
E/W
OH
LFAH
RT,
BARG
EL/SCH
ULZE b
zw
.
htt
p:/
/ w
ww
.peri
odni.
com
/de/in
dex.h
tml
Kristallsysteme
kubisches Kristallsystem Gitterparameter
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Ideal-kristalle
Das Atomium in Brüssel – die 165-Milliar-
den-fache Vergrößerung einer kubisch-
raumzentrierten Elementarzelle von
α-Eisen!
Kristallsysteme
kubisches Kristallsystem
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Ideal-kristalle Kristallsysteme
kubisches Kristallsystem Gitterparameter
variierende Abstände im Gitter Anisotropie einiger Metalleigenschaften
Anisotropie des E-Moduls <111>: E = 290 GPa
<110>: E = 220 GPa
<100>: E = 130 GPa
Werte für einkristalline
Nickellegierungen Raumdiagonalen sind dichtest besetzte Ebenen
E ~ Zahl der Bindungen pro Fläche
aber: keine Auswirkungen in technischen WS, weil die Achsen der einzelnen
Kristallite im allgemeinen regellos ausgerichtet sind (quasi-isotrop)
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Ideal-kristalle
Ausnahme: Einkristalle (monocrystals) – wichtig für die Kristallstrukturana-
lyse!
Silicium-Einkristall
Einkristall von Kaliumdihydrogenphosphat
Kristallsysteme
kubisches Kristallsystem Gitterparameter
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
53
Ideal-kristalle
α-Eisen
N = 2, M = 55,85 g/mol,
a = 2,87 · 10-8 cm
Aluminium
N = 4, M = 26,98 g/mol,
a = 4,05 · 10-8 cm
Kristallsysteme
kubisches Kristallsystem Berechnungen von Dichte und Gitterkonstanten
Kupfer
N = 4, M = 63,55 g/mol,
ϱ = 8,94 g/cm3
Lösungen
α-Fe
Al
Cu
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Ideal-kristalle
Bsp.: Sn, Zr, …
tetragonal-primitiv tetragonal-raumzentriert
Kristallsysteme
tetragonales Kristallsystem
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Ideal-kristalle Kristallsysteme
tetragonales Kristallsystem Allotropie des Zinns
tetragonal-raumzentriert kubische Diamantstruktur
Folgen der Umwandlung?
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Ideal-kristalle Kristallsysteme
tetragonales Kristallsystem Allotropie des Zinns
α-Zinn: ϱ = 5,8 g/cm3
β-Zinn: ϱ = 7,3 g/cm3
Zinnpest
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Ideal-kristalle
rhombisch-primitiv rhombisch-raumzentriert
rhombisch-basiszentriert rhombisch-flächenzentriert
Kristallsysteme
orthorhombisches Kristallsystem Bsp.: S, …
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Ideal-kristalle
hexagonal-primitiv
hexagonal-dichteste Kugelpackung
(hcp, hexagonal closed-packed)
• Zahl der Atome je EZ: 6
• KoZ: 12
• Packungsdichte: ca. 74%
• Bsp.: α-Ti, Mg, Cd, Co c/a = √(8/3) !
Kristallsysteme
hexagonales Kristallsystem
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Ideal-kristalle
Metall 𝑎 in nm 𝑐 in nm 𝑐/𝑎
Be 0,229 0,358 1,59
Zn 0,266 0,495 1,86
α-Ti 0,295 0,468 1,59
Cd 0,298 0,562 1,89
Mg 0,321 0,521 1,62
Zr 0,323 0,515 1,59
theoretischer Wert für c/a: 1,633 nach RUGE/WOHLFAHRT, BARGEL/SCHULZE bzw.
http:// www.periodni.com/de/index.html
Kristallsysteme
hexagonales Kristallsystem Gitterparameter
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Ideal-kristalle
Magnesium
N = 6, M = 24,31 g/mol,
a = 3,21 · 10-8 cm, c = 5,21 · 10-8 cm
Magnesium
ϱber. = 1,74 g/cm3
ϱgef. = 1,87 g/cm3
Kristallsysteme
hexagonales Kristallsystem Dichteberechnungen
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Ideal-kristalle
Unterscheidung: kubisch-dichteste vs. hexagonal-dichteste Kugelpackung
kfz/fcc
hdp/hcp
Kristallsysteme
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62
Ideal-kristalle
kfz/fcc hdp/hcp
„Kanonenkugel-Problem“
(KEPLERsche Vermutung)
Kristallsysteme
hexagonales Kristallsystem dichteste Kugelpackung
kubisch-dichteste Kugelpackung
hexagonal-dichte-ste Kugelpackung
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Ideal-kristalle
eng verwandt mit dem hexagonalen Kristallsystem: entspricht einem Drittel
des hexagonal primitiven BRAVAIS-Gitters
sog. rhomboedrische Zentrierung
a = b ≠ c; α = β = 90°; γ = 120°
Kristallsysteme
trigonales Kristallsystem
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
64
Ideal-kristalle
monoklin-primitiv monoklin-basiszentriert
Kristallsysteme
monoklines Kristallsystem
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65
Ideal-kristalle
Kristallsystem mit der geringsten Symmetrie
Kristallsysteme
triklines Kristallsystem
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Real-kristalle
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Real-kristalle
Idealkristalle stellen einen nicht erreichbaren Idealzustand bei T = 0 K dar
Besetzung aller Gitterpunkte GG-Abstand zwischen Gitterbausteinen: En-
ergie-Minimum
Raumgitter realer Kristalle weisen viele Abweichungen (Aufweitungen/ Ver-
dichtungen) vom ideal regelmäßigen Aufbau auf
jede Abweichung führt zu Störungen/Verspannungen des Gitters alle Git-
terfehler erhöhen die Kristallenergie!
Ideal- vs. Realkristalle
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Real-kristalle
Gitterfehler sind nicht unbedingt negativ zu bewerten und haben Einfluß
auf zahlreiche Eigenschaften eines Kristalls:
Festigkeit
Zähigkeit
Leitfähigkeit
Verschleiß- und Korrosionswiderstand usw.
Häufigkeit von Defekten:
ca. 1% in „normalen“ Kristallen
in hochreinem Si: ca. 10-10 % 1013 Fehlstellen pro Kubikzentimeter!
Ideal- vs. Realkristalle
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Real-kristalle
Entstehung von Gitterfehlern: Störung des thermodynamischen Gleichge-
wichts bei der Kristallisation
GIBBS-HELMHOLTZ-Gleichung: ΔG = ΔH – TΔS
Aussagen über Freiwilligkeit einer chemischen
Reaktion bzw. eines Prozesses
Minimum von ΔG thermodynamisches Gleich-
gewicht
Enthalpie für
Def.-konz.
Entropie für
Def.-konz.
Ideal- vs. Realkristalle
Thermodynamik
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
70
Gitterfehler
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
71
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
72
Real-kristalle
• Leerstellen, Zwischengitteratome , Substitutionsatome
nulldimensionale Gitterfehler bzw. Punktfehler
• Stufenversetzungen, Schraubenversetzungen
eindimensionale Gitterfehler bzw. Linienfehler
•Korngrenzen, Stapelfehler
zweidimensionale Gitterfehler bzw. Flächenfehler
• Inklusionen (Poren, Lunker)
dreidimensionale Gitterfehler bzw. Volumenfehler
Gitterfehler
Dimensionalität
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
73
Punkt-fehler
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
74
Real-kristalle
nicht besetzte Gitterplätze
Leerstellendichte:
Leerstellendichte beeinflußt entscheidend den Ablauf thermisch aktivierter
Vorgänge (z.B. Diffusion)
thermodynamisches Gleichgewicht ist trotz Leerstellen möglich (und nur
hier!) Punktdefekt-Thermodynamik
Punktfehler (point defects)
Gitterfehler
Cu bei 1000 K:
ca. 10-5
108 Leerstellen pro
1 mm2 Gitterebene
Cu bei 300 K:
ca. 10-15
1 Leerstelle pro
1 mm2 Gitterebene
exponentielle
Zunahme
Leerstellen (vacancies)
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
75
Real-kristalle
Punktfehler (point defects)
Gitterfehler
Leerstellen (vacancies)
Kupfer
M = 63,55 g/mol,
ϱ = 8,94 g/cm3,
EA = 86,8 kJ/mol,
ϑ = 25 °C bzw. 1000 °C
Aluminium
M = 26,98 g/mol,
ϱ = 2,70 g/cm3,
NV = 7,55 · 1023 m-3,
ϑ = 500 °C
Berechnung von Leerstellendichte und -bildungsenergie
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
76
Real-kristalle
Atom verläßt seinen Gitterplatz ( Leerstelle) und nimmt einen Zwischen-
gitterplatz ein
Eigenzwischengitteratome wegen großer Gitter-
verzerrungen nicht sehr wahrscheinlich
Punktfehler (point defects)
Leerstelle
Gitterfehler
Zwischengitterplatz
FRENKEL-Paar
FRENKEL-Defekt
Zwischengitteratome
(interstitials)
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
77
Real-kristalle
Punktfehler (point defects)
Gitterfehler
Wirtsgitteratom Fremdatom
( Festigkeit )
Austausch- oder
Substitutionsatome (antisites)
Fremdatom Zwischen-
gitterplatz
Einlagerungsatome oder inter-
stitielle Atome (interstitials)
Anteil > 0,001 Massen-% Mischkristalle ( Legierungen)
Fremdatome (foreign atoms)
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
78
Linien-fehler
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
79
Real-kristalle
Linienfehler (line defects)
Gitterfehler
„Ränder“ von Gitterebenen,
die im Kristall enden
Stufenversetzungen
(edge dislocations)
tunnelartige Hohlräume
Versetzungen (dislocations)
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
80
Real-kristalle
Linienfehler (line defects)
Gitterfehler
rampenartige Versetzungen
(„Wendeltreppe“)
Schraubenversetzungen
(screw dislocations)
Versetzungen (dislocations)
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
81
Real-kristalle
Linienfehler (line defects)
Entstehung durch Schubkräfte: Kompression oberhalb der Gleitebene, Deh-
nung unterhalb
Folge der Spannungen: ungleiche
Versetzungen ziehen sich an und
können sich bei höheren Tempera-
turen „auslöschen“
Gitterfehler
Stufenversetzungen
Kompressionszone
Dilatationszone
Gleitebene
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
82
Real-kristalle
Linienfehler (line defects)
Entstehung durch Schubkräfte:
Gitterebene im
Kristall
Ebenenschar Entfernung eines
Teils einer Ebene
Versetzung
Gitterfehler
Stufenversetzungen
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
83
Real-kristalle
Linienfehler (line defects)
Gleiten eines Segmentes parallel zur Versetzungslinie rampenartige Ver-
setzungsachse (Schraubenachse), die linke Seitenfläche wird durch das Ab-
scheren zum Teil einer Schraubenfläche (Wendeltreppe)
Gitterfehler
Schraubenversetzungen
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
84
Real-kristalle
Linienfehler (line defects)
Versetzungslinien sind meist nur begrenzt rein Stufen- oder Schraubenver-
setzung Kombination beider Komponenten: gemischte Versetzung
Versetzungen müssen entweder an der Oberfläche eines Kristalls beginnen
und enden oder innerhalb eines Kristalls geschlossene Linienzüge bilden
Versetzungsringe/-netzwerke
Gitterfehler
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
85
Real-kristalle
Linienfehler (line defects)
Versetzungsdichte (in Linienlänge je Volumeneinheit):
Gitterfehler
106 mm/mm3 (108 cm-2) 1 mm3 enthält Versetzungslinien von 1 km Gesamtlänge
weichge-
glühtes Metall
1010 mm/mm3 (1012 cm-2)
1 mm3 enthält Versetzungslinien von 10000 km Gesamtlänge
kaltverformtes
Metall
2.1. Eigenschaften der Metalle
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
86
Real-kristalle
Linienfehler (line defects)
Versetzungen erhöhen die Energie des Gitters erheblich (ca. 10-12 Joule je
Millimeter Versetzungslänge)
Versetzungen befinden sich nie im thermodynamischen Gleichgewicht
weitreichende Spannungsfehler beeinflussen sich wegen ihrer Häufigkeit
gegenseitig ( Zug-/Druckspannung)
gute plastische Verformbarkeit der Metalle ist auf die leichte Bewegung von
Versetzungen zurückzuführen
Gitterfehler
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
87
Real-kristalle
Linienfehler (line defects)
Gitterfehler
Zug- und Druckspannung
im Kristallgitter
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
88
Flächen-fehler
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
89
Real-kristalle
Flächenfehler (planar defects)
Realkristalle besitzen eine endliche Ausdehnung Oberfläche unterbricht
die Translationssymmetrie (einfachster Flächenfehler)
nach außen gerichtete Kräfte können nicht kompensiert
werden Oberflächenenergie (vgl. Oberflächenspan-
nung bei Flüssigkeiten)
Grenzflächen zu anderen Phasen
Gitterfehler
Randfehler
Oberflächenfehler
Grenzflächenfehler
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
90
Real-kristalle
Flächenfehler (planar defects)
Korngrenzen trennen zwei Körner eines Kristalls, d.h.
zwei Bereiche mit unterschiedlicher räumlicher Orien-
tierung
Korngrenzen unterbrechen Gleitvorgänge:
Gitterfehler
Innenfehler
Versetzungslinien
können KG nicht
überwinden
Behinderung der
Wanderung nach-
folgender Verset-
zungen
steigender Kraft-
bedarf für weitere
Verformung
eine Ursache der Verformungs-
verfestigung/Kaltverfestigung
Korngrenzen (grain boundaries)
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
91
Real-kristalle
Flächenfehler (planar defects)
Gitterfehler
Kleinwinkel-korngrenzen Großwinkel-
korngrenzen θ < 15°
θ > 15°
Entstehung durch Übereinander-
reihung gleichartiger Stufen-
versetzungen (Subkorn: Ø < 1µm)
Entstehung durch Kontakt wachsender
Körner miteinander (bei Erstarrung/
Rekristallisation)
Korngrenzen (grain boundaries)
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
92
Real-kristalle
Flächenfehler (planar defects)
Gitterfehler
Grenzfläche zwischen
den Körnern mit un-
geordneter Struktur
(2-3 Atomabstände)
amorphe Zone
Korngrenzen (grain boundaries)
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
93
Real-kristalle
Flächenfehler (planar defects)
Grenzfläche zwischen den beiden
Teilen eines Kristallzwillings
verzerrungsfreie Korngrenze unter
bestimmten Bedingungen möglich
Gitterfehler
Fehler in der Stapelfolge dichte-
ster Kugelpackungen (kfz hdP,
z.B. ABCABABCAB)
Stapelfehler unterbrechen
Gleitebenen und behindern die
Gleitvorgänge
Kristalle sind spiegelsymmetrisch zur Korngrenze angeordnet
Zwillingsgrenze (twin boundary) Stapelfehler (stacking faults)
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
94
Real-kristalle
Flächenfehler (planar defects)
Flächenfehler Energie in µJ/mm2
Zwillingsgrenze 0,03
Stapelfehler 0,16
Kleinwinkelkorngrenze < 0,25
Großwinkelkorngrenze < 0,50
freie Oberfläche 1,6
Gitterfehler
Energiewerte (in Cu)
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
95
Real-kristalle
Flächenfehler (planar defects)
Gitterfehler
Beispiel Katalysator
Abgasnachbehandlung:
heterogene Katalyse
Reduzierung der Emissionen
(CO, NOx u.a.)
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
96
Real-kristalle
Flächenfehler (planar defects)
Gitterfehler
Beispiel Katalysator
Adsorption der Abgasmoleküle
an Oberflächendefekten
intermolekulare Wechselwirkungen
zwischen Adsorbat und Defekten TEM-Aufnahme eines Ce/Zr-Katalysators
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
97
Volumen-fehler
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
98
Real-kristalle
Volumenfehler (bulk defects)
kleinste Körper mit anderer Struktur als die Matrix (Poren, Mikrorisse, Ein-
schlüsse, Ausscheidungen)
Entstehung:
Verunreinigung aus Herstellungs-
prozeß
gezielter Einbau durch Behand-
lungsverfahren zur Eigenschafts-
änderung
Gitterfehler
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
99
Real-kristalle
Volumenfehler (bulk defects)
Poren (pores)
offene oder geschlossene Hohlräume, mit Gas oder Flüssigkeit gefüllt
Einschlüsse (inclusions)
feste Fremdphasen
Ausscheidungen (precipitates)
Einschlüsse, bei denen die Fremdphase aus dem Kristall selbst gebildet wird
( Ausscheidungshärtung)
Gitterfehler
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
100
Real-kristalle Gitterfehler
Zusammenfassung
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
101
Exkurs: Kristallstruktur-
analyse
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
102
Real-kristalle
Ebene 1
Ebene 2
Ebene 3
Gefüge
Phase
Kristall-
gitter
amorpher
Stoff
Ebene 4 Atome, Ionen, Moleküle
Ideal-
kristall
Real-
kristall
Metallographie
Kristallstrukturanalyse
Korn
Hierarchie der Strukturen
„Haufwerk“ der Phasen
homogener Bereich mit etwa kon-
stanten Eigenschaften, der durch ei-
ne Grenzfläche von anderen Phasen
abgetrennt sind
Entstehung:
Erstarrung einer Schmelze (Kri-
stallisation): Gußgefüge
Umformen eines Metalls: Walzge-
füge
Exkurs: Kristallstrukturanalyse
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
103
Real-kristalle
Standardverfahren zur Strukturaufklärung von Festkörpern:
Bestimmung des atomaren Aufbaus eines Kristalls durch Beugung von
Röntgenstrahlung am Kristallgitter
physikalische Grundlagen:
Theorie: M. V. LAUE 1912 (Nobelpreis 1914)
Praxis: W.H. BRAGG & W.L. BRAGG 1912 (No-
belpreis 1915)
Meilenstein der KSA: Aufklärung der DNA-Struktur durch J. WATSON
und F. CRICK 1953 (Nobelpreis 1962)
Exkurs: Kristallstrukturanalyse
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
104
Real-kristalle
Röntgenstrahlung zeigt die gleichen Beugungs-
erscheinungen wie Licht und andere elektromag-
netische Strahlung
Beugung: „Ablenkung“ von Wellen an einem Hin-
dernis Ausbreitung der Wellen im geometri-
schen Schattenraum des Hindernisses Entste-
hung neuer Wellen konstruktive/destruktive
Interferenz
Prinzip
Exkurs: Kristallstrukturanalyse
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
105
Real-kristalle
Beugung tritt auf, wenn Größe der geometri-
schen Strukturen etwa der Wellenlänge der
verwendeten Strahlung entspricht: d ≈ λ
Gitterkonstanten: d ≈ 0,3 nm λ ≈ 10-11 m
(mittelharte Röntgenstrahlung)
Wichtig: Beugung erfolgt an der Elektronen-
hülle, nicht am Atomkern!
Prinzip
Exkurs: Kristallstrukturanalyse
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
106
Real-kristalle
LAUE-Verfahren (1912): Verwendung
von polychromatischer Röntgenstrah-
lung und Einkristallen
DEBYE-SCHERRER-Verfahren (1915): Verwendung von
monochromatischer Röntgenstrahlung (meist CuKα)
und Kristallpulvern
Anwendungen
Exkurs: Kristallstrukturanalyse
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
107
Real-kristalle
C1
C2
C3
N1
N2
N3
N4
B
S1
S2
S3
O1
O2
O3
Molekülstruktur
Elementarzelle
Zusammenfassung
Exkurs: Kristallstrukturanalyse
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
108
Kristalli-sation
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
109
Kristalli-sation Kristallisation
Kristallisation aus einer anderen festen
Phase
Kristallisation
aus der Schmelze
Kristallisation
aus der Lösung
Kristallisation
aus der Gasphase
Vorgang der
Kristallbildung
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
110
Thermodynamik
der Kristallbildung
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
111
Kristalli-sation
T < TS T > TS TS
Temperatur T
freie
Enthalpie G
Kristall Schmelze
GK = GS GK < GS GS < GK
ΔGU
Temperatur-
erniedrigung
Triebkraft der
Kristallisation
Kriterium für
Kristallbildung
ΔGU = GK - GS
Kristallisation
Thermodynamik der
Kristallisation Triebkraft
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
112
Kristalli-sation
Teilchen besitzen sehr hohe kinetische Energien regellose Bewegung d.h.
keine Fernordnung, sondern nur für Flüssigkeiten typische Nahordnung
Kristallisation
Thermodynamik der
Kristallisation Schmelze
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
113
Keimbildung
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
114
Kristalli-sation
T > TS
Instabilität:
Keimauflösung > Keimwachstum
T < TS
thermische Fluktuationen:
Auflösung/Verkleinerung
Keimbildung
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
115
Kristalli-sation
ΔGK ist eine Art Aktivierungsenergie für die Keimbildung
Kristallisation
Thermodynamik der
Kristallisation
Keimbildungsarbeit ΔGK = ΔGV + ΔGO
ΔGV: Schaffung des neuen
Kristallvolumens (ΔGV ~ -r3 für
T < TS)
exergoner Prozeß
ΔGO: Schaffung der neuen
Kristalloberfläche
(ΔGO ~ r2)
endergoner Prozeß
Keimbildungsarbeit ΔGK
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
116
Kristalli-sation
T > TS: ΔGV < 0 ΔGK > 0, d.h. jeder Keim zerfällt
unter Energiegewinn (Keimbildung ist endergon)
T < TS: Kristallkeim benötigt kritische Größe rK*
OSTWALD-MIERS-Bereich: Temperaturbereich, in dem
beim Abkühlen einer Schmelze der Festpunkt unter-
schritten wird; die Schmelze ist in diesem Bereich
metastabil, Kristallisation erfolgt nur bei Zugabe
von Impfkristallen
Keimbildung
Keimbildungsarbeit ΔGK
ΔGV ~ -r3
ΔGO ~ r2
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
117
Kristalli-sation
Temperatur-
absenkung
(„Unterkühlung“)
Lösemittel-
verdampfung
(„Übersättigung“)
Kristallkeime mit
kritischer
Keimgröße rK*
(„Primärkeime“)
spontane Keimbildung/
Kristallisation
Anlagerung
weiterer Teilchen
um Primärkeime:
Absenkung von ΔG
unkontrolliert
wachsende Kristallite
mit steigender Unterkühlung/Übersättigung
steigt Wahrscheinlichkeit der Keimbildung
Keimbildung
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
118
Kristalli-sation
„normale“ Keimbildung
homogene Keimbildung heterogene
Keimbildung
Teil der Keimoberfläche wird
durch Gefäßwand oder
Schwebeteilchen bereitgestellt
ΔGhet < ΔGhom
Keimbildung
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
119
Kristallwachstum
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
120
Kristalli-sation
idiomorphe Kristalle xenomorphe
Kristalle
Kristalle, deren Wachstum
Behinderungen ausgesetzt war,
zeigen nicht die eigene Kristall-
form, sondern sind unregel-
mäßig ausgebildet
Kristallwachstum
freigewachsene Kristalle: bei
Metallen selten (z.B. in Lunkern
großer Gußstücke) tannen-
zweigartig verästelte Formen
(Dendriten)
Epitaxie
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
121
Kristalli-sation
Minimierung der Oberflächenenergie: glatte Gitterebenen sind energetisch
günstiger als unregelmäßige Anordnungen
Kanten und Ecken besitzen ebenfalls hohes Potential Abrundung beim
Auflösen eines Kristalls (K. fühlt sich „weich“ an) – umgekehrt wachsen Kan-
ten und Ecken zuerst
Kristallwachstum
Primärkeime
Bildung glatter
Kristallflächen
durch dicht be-
setzte Gitter-
ebenen
schichtweise
Anlagerung weiterer
Bausteine
energetische Aspekte
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
122
Kristalli-sation
anisotrop (sonst wären alle Kristalle rund!): Oberfläche wird von den am
langsamsten wachsenden Ebenen gebildet, schneller wachsende Ebenen
verschwinden mit der Zeit! vb > va vy > vx
ca. 200 Schichten pro Sekunde!
Kristallwachstum
Wachstumsgeschwindigkeit
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
123
Kristalli-sation
Wachstum von
Nukleationszentren
Wachstum vom
Rand
vollständige
Fläche
Kristallwachstum
Wachstumsunterschiede
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
124
Kristalli-sation
Positionen an der Kristalloberfläche sind durch unterschied-
liche Bindungsenergien gekennzeichnet
Bindungsenergie:
5>4>3>2>1
Kristallwachstum
KOSSEL-STRANSKI-Modell (1928)
4
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
125
Kristalli-sation
Elementarschritte
des Einbaus
Transport der Bausteine
zur Phasengrenze (Kon-
vektion/Volumendiffusion)
Adsorption auf einer
atomar glatten Terrasse
Transport zur Stufe
(Oberflächendiffusion)
Kristallwachstum
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
126
Kristalli-sation
Anlagerung an eine Stufe
Transport entlang einer
Stufe zur Halbkristallage
Einbau in die Stufe
Halbkristallage: neu eingebautes Atom besitzt die Hälfte der im Kristall vorhandenen direkten Nachbarn
Kristallwachstum
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
127
Kristalli-sation Kristallwachstum
Kristallkeime
viele Keime
Feinkorn
wenige Keime
Grobkorn
Temperaturdifferenz zwischen lokaler Temperatur
in der Schmelze und Erstarrungspunkt der Schmelze
(bedingt durch „Trägheit“ der Teilchen)
mit steigender Unterkühlung steigt die
Wahrscheinlichkeit der Keimbildung
Unterkühlung
rK* sinkt
ΔGK* sinkt
Wachstumsbedingungen
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
128
Kristalli-sation Kristallwachstum
Beispiel Schneekristalle
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
129
Kristalli-sation
Kristallbildung ist ein exergoner (freiwillig ablaufender) Prozeß (ΔG < 0)
Kristallwachstum
Latentwärmespeicher („Wärmekissen“)
Entropie
Kristallisations-
wärme ΔH Überkompensation
Normalfall
sehr langsame
Abkühlung
(isothermer Prozeß)
lokale Temperatur-
erhöhung
waagerechter Verlauf der Abkühlungskurve bei Haltetemperatur Ar
Kristallisationswärme
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
130
Kristalli-sation Kristallwachstum
Abkühlung & Kristallisation
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
131
Kristalli-sation Kristallwachstum
a, b: Beginn/Ende der Kristallisation
extrem schnelle Abkühlung
abgeführte Wärme >
Kristallisationswärme
Erstarrung der Schmelze bei Ts‘ (< Ts)
Abkühlung & Kristallisation
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
Kristallwachstum an
der Erstarrungsfront
schnelles Wachstum
von langen und dünnen
Kristallen (Dendriten)
Kristallwachstum an
der Erstarrungsfront
Rückbildung wegen
höherer Temperatur
unterkühlte
Schmelze
132
Kristalli-sation
Wärmeabfuhr durch den Kristall Wärmeabfuhr durch
die Schmelze
Kristallwachstum
Abkühlung & Kristallisation
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
133
Korngröße
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
134
Kristalli-sation Korngröße
geringe Unterkühlung
geringe Keimzahl
hohe Kristallisations-
geschwindigkeit
Grobkorn (ungünstige mechanische
Eigenschaften)
starke Unterkühlung
hohe Keimzahl
niedrige Kristallisations-
geschwindigkeit
Feinkorn
Extremfall:
Einkristall
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
135
Kristalli-sation
Abkühlgeschwindigkeit Kristallisation
sehr hoch: 106 K/s amorphe Strukturen
in Sandformen Normalkorn
in Metallformen Feinkorn
sehr niedrig: 10 K/h Einkristalle
Korngröße
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
136
Kristalli-sation Korngröße
Abkühlgeschwindigkeit =
𝒇(Temperatur, Gießquerschnitte, Wärmeleitung der Formen)
Unterkühlung beginnt an den Formwänden, dort beginnt
das Kristallitwachstum Metallformen kühlen schneller
ab als Sandformen, ergeben stärkere Un-
terkühlung mit Feinkorngefüge und besse-
ren mechanischen Eigenschaften
Beispiel Gußwerkstoffe
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
137
Gefügeentstehung
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
138
Kristalli-sation Gefügeentstehung
Gefüge
Primärgefüge Sekundärgefüge
Oberbegriff für den
Verband der Kristallite
( Schliffbild und andere metallo-
graphische Untersuchungen)
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
139
Kristalli-sation Gefügeentstehung
Primärgefüge Gußzustand
Primärgefüge durch Sintern
Primärgefüge (microstructure)
Entstehung beim Urformen (erstmalige
Formgebung einer formlosen Materie)
Erstarrung einer
Schmelze (Gießen)
Sintern von Pulvern
(Pulvermetallurgie)
Kristallisation aus dem
Plasmazustand
(PVD-/CVD-Verfahren)
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
140
Kristalli-sation Gefügeentstehung
Sekundärgefüge Entstehung aus Primärgefügen unter dem
Einfluß verschiedener Fertigungsverfahren
Sekundärgefüge, verformt Umformen gegossener
Vorprodukte durch
Walzen, Strangpressen &
Schmieden zu Blech, Band,
Profil & Schmiedeteilen
Wärmebehandlungs-
verfahren: Glühen,
Härten, Vergüten etc.
charakteristisches Gefüge
je nach Verfahren
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
141
Kristalli-sation
Gußtextur mit kolumnarem Gefüge
Gefügeentstehung
Textur
(texture)
Gesamtheit der Orientierungen
der Kristallite in einem Kristall
Walztextur: Kristallite ver-
formen sich in Richtung des
geringsten Widerstands, also
senkrecht zum Walzendruck
Formgebungsverfahren (Gießen, Umformen, Rekristallisieren)
erzeugen Kristallite, die überwiegend in eine Richtung gewachsen
oder in eine Vorzugsrichtung gedrängt worden sind
anisotropes Verhalten
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
142
Kristalli-sation
Zusammenfassung:
Erstarrungsvorgänge
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
143
Kristalli-sation
Zusammenfassung:
Erstarrungsvorgänge
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Exkurs: Einkristalle
WERKSTOFFE 1.3. – Dr. Bernd Stange-Grüneberg, Dezember 2013
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Kristalli-sation
Kristallite
Polykristall Orientierung der
Körner ändert sich an
den Korngrenzen
quasi-isotrop
makroskopischer Kristall, dessen Bausteine ein durch-
gehendes homogenes Kristallgitter bilden – häufig mit
anisotropen Eigenschaften ausgestattet
Einkristall
Exkurs: Einkristalle
Kristallisation
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Kristalli-sation
reproduzierbare Eigenschaften
keine Korngrenzen/Strukturfehler mechanische Belast-
barkeit (max. Einsatztemperatur ca. 0,9 TS)
Bsp.: Turbinenschaufeln aus monokri-
stalliner Nickelbasis-Legierung
(NiCr19NbMo – Werkstoffnr. 2.4668,
NiCr15Fe – Werkstoffnr. 2.4816)
Exkurs: Einkristalle
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Kristalli-sation
Wafer in der Halbleiterindustrie aus Si, Ge, Se, GaAs usw.
optische Medien zur Lichtbrechung/Dispersion aus Al2O3
oder NaCl
Monochromatoren für Röntgenstrahlung aus CaF2 oder
Graphit
Züchtung von Einkristallen zur Strukturaufklärung (Rönt-
genstrukturanalyse) C1
C2
C3
N1
N2
N3
N4
B
S1
S2
S3
O1
O2
O3
Kristallstruktur von Me3N∙B(NSO)3
Exkurs: Einkristalle
Anwendungen
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”…highly controlled and therefore slow crystallization…“
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Kristalli-sation
CZOCHRALSKI-
Verfahren BRIDGMAN-
STOCKBARGER-
Methode Zonenschmelz-
verfahren
Exkurs: Einkristalle
Herstellung
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Kristalli-sation
CZOCHRALSKI-
Verfahren
Exkurs: Einkristalle
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Kristalli-sation
zu kristallisierende Substanz wird in einem Tiegel im OSTWALD-
MIERS-Bereich gehalten
Keim/Impfkristall taucht in die Schmelze ein und durch
Drehen und Nachobenziehen (ohne Kontaktabriß) wächst
das erstarrende Material schichtweise zum Einkristall
Tiegelziehverfahren 1916 CZOCHRALSKI-Verfahren
J. CZOCHRALSKI
(1885-1953)
Silicium-Impfkristall
Exkurs: Einkristalle
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Kristalli-sation
Ziehgeschwindigkeit (3 – 20 cm/h) und Temperatur beein-
flussen Durchmesser des Kristalls
Rotation (6 – 30 min-1) ermöglicht gerichtetes Wachstum
(sonst „Kristallplatte“ an der Oberfläche)
CZOCHRALSKI-Verfahren
Exkurs: Einkristalle
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Kristalli-sation
schematischer Überblick:
CZOCHRALSKI-Verfahren
Exkurs: Einkristalle
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Kristalli-sation
Maße des Ingots (Kristallsäule):
Ø 300 mm (450 mm in Entwicklung)
Länge bis 2000 mm
CZOCHRALSKI-Verfahren
Exkurs: Einkristalle
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Kristalli-sation
BRIDGMAN-
STOCKBARGER-
Methode
Exkurs: Einkristalle
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Kristalli-sation
BRIDGMAN-STOCKBARGER-Methode 1926/1936
Exkurs: Einkristalle
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Kristalli-sation
Tiegel mit zu kristallisierender Schmelze
wird in einem horizontal geteilten Ofen
(oben: T>TS, unten: T>TS) drehend abge-
senkt Schmelze kristallisiert beim Über-
gang
Tiegel besitzt am unteren Ende eine Ver-
engung: nur ein einziger Keim kann in die
Schmelze wachsen
BRIDGMAN-STOCKBARGER-Methode 1926/1936
Exkurs: Einkristalle
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Kristalli-sation
restliche Schmelze erstarrt im Übergangs-
bereich am Keim und nimmt dessen Orien-
tierung an
BRIDGMAN-STOCKBARGER-Methode 1926/1936
Exkurs: Einkristalle
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Kristalli-sation
Zonenschmelz-
verfahren
Exkurs: Einkristalle
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Kristalli-sation
schmale Zone einer gereinigten, rotierenden Säule mit
polykristalliner Struktur wird mittels Induktion aufge-
schmolzen
Schmelzzone wird mit einem Impfkristall in Kontakt
gebracht und wächst unter Annahme seiner Kristall-
struktur an ihm an
hinter der Schmelzzone bildet sich der Einkristall
Zonenschmelzverfahren PFANN & THEURER 1951
Exkurs: Einkristalle
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Kristalli-sation
Verunreinigungen verbleiben in der Schmelzzone
und wandern zum Ende der Säule Entfernung
nach dem Erkalten
Steigerung der Reinheit durch
mehrmalige Wiederholung
sehr kostenintensives Verfahren
Zonenschmelzverfahren
Exkurs: Einkristalle
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