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werte entwickeln 03.2016 Das Fachmagazin für die Wohnungswirtschaft o-ton „Ein gutes Monitoring ist unerlässlich“ . immobilien- porträts Kapillarrohrmatten unter Putz: Volles Rohr für die Wärme . gestaltung Schwarz-Weiß-Optik . technik Nutzungsdauer eines WDVS . weltweit Die Smart City Bündnisse: Einer für alle, alle für einen

werte entwickeln 03 - Sto · Ernst-von-Harnack-Stieg, Hildesheim Gerwigstraße, Pforzheim 16 fallbeispiel und gestaltung „Energiepreise sind ein Risikofaktor“, sagt Frank Junker

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werte entwickeln 03.2016

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o-ton „Ein gutes Monitoring ist unerlässlich“ . immobilien-porträts Kapillarrohrmatten unter Putz: Volles Rohr für

die Wärme . gestaltung Schwarz-Weiß-Optik . technik Nutzungsdauer eines WDVS . weltweit Die Smart City

Bündnisse: Einer für alle, alle für einen

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„Für uns ist das heute der Aufbruch in eine neue Ära“, äußerte sich RolandStöckigt, Geschäftsführer der Volkswagen Immo-bilien GmbH (VWI), im Juni 2013 beim Spatenstichfür den Wohnpark in der Drömlingstraße. Nachmehr als drei Jahrzehnten baute VWI in Wolfsburgwieder Wohnungen – und es sollte nicht das letzteProjekt bleiben. Rund 15 Millionen Euro investierteVWI seinerzeit in den Bau der sieben Stadthäusermit insgesamt 73 Ein- bis Vierzimmerwohnungenund einer Tiefgarage mit 75 Stellplätzen. Bevor inder Drömlingstraße 14 der Spatenstich erfolgenkonnte, musste allerdings zunächst ein 13-stöckigesHochhaus weichen. Der Wohnturm war sichtbar in die Jahre gekommen, durch Leerstand gekenn-zeichnet und nach wirtschaftlichen Gesichtspunktenschlichtweg nicht mehr zu retten. Das neue Stadt-quartier „Drömlingshöhe“ war längst bezogen, dakündigten sich bereits die nächsten Bauprojekte an.2015 feierte VWI den Spatenstich für drei weitereWohnungsbaumaßnahmen mit insgesamt 92 Ein-heiten, die sukzessive bis 2017 fertiggestellt seinwerden. 2016 fiel der Startschuss für die Großprojekte„Wellekamp“ und „Steimker Gärten“. Insgesamtentwickelt VWI zurzeit Flächen für 1.500 Wohnein-heiten und leistet damit einen signifikanten Beitragdazu, dass die Stadt Wolfsburg das erklärte Ziel erreicht, bis 2020 rund 6.000 neue Wohnungen zuschaffen. „Wir brauchen Wohnraum ohne Ende“,so Wolfsburgs Oberbürgermeister Klaus Mohrs.

B a u h e r r :Volkswagen Immobilien GmbH, WolfsburgS t a n d o r t :Drömlingstraße, Wolfsburg A r c h i t e k t :Architekten BDA Reichel + Stauth, Braunschweig S t o - L e i s t u n g e n :Fassadendämmsystem (StoTherm Vario), Fassaden-farbe, Innenfarbe, Bodenbeschichtungssystem (OS 8)F a c h h a n d w e r k e r :Temps GmbH Malereibetriebe, Neustadt am Rübenberge

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06 schwerpunktSie fungieren als Geber von Empfehlungen und Impulsen, als Informationsplattform.Und sie fördern den Austausch. Mitunter haben sie auch einen symbolischen Wert. Die Bündnisse für bezahlbares Bauen und Wohnen. Es gibt sie auf kommunaler Ebene,ebenso wie auf Landes- und Bundesebene. Ob und was sie tatsächlich bewirken können, ist maßgeblich davon abhängig, wie sie sich organisieren. Nicht immer ist das von Beginn an klar.

11 o-ton„Wichtig ist, dass um die Qualität des gesamten Wohnungsmarktes gerungen wird“,sagt Professorin Dipl.-Ing. Elke Pahl-Weber vom Institut für Stadt- und Regional-planung der TU Berlin. „Wenn man sich nur um das Segment des bezahlbaren Wohnens kümmert, droht die wichtigste Frage aus dem Blickfeld zu geraten: wie die einzelnen Teile des Wohnungsmarktes zusammenwirken.“

14 immobilienporträtsErnst-von-Harnack-Stieg, HildesheimGerwigstraße, Pforzheim

16 fallbeispiel und gestaltung„Energiepreise sind ein Risikofaktor“, sagt Frank Junker. Der Vorsitzende der Ge-schäftsführung der ABG Frankfurt Holding verfolgt ambitionierte Ziele und proklamiert:„Wir sind die Passivhausmacher.“ Auch bei der energetischen Optimierung des Gebäudebestands lässt die ABG scheinbar nichts unversucht. Die GebäuderiegelHomburger Landstraße 103–111 wurden in Niedrigenergiegebäude verwandelt. Das Erscheinungsbild setzt durch schwarzen Klinker im ganzen Quartier neue Akzente.

23 technikStoSignature – Handwerkskunst, von grob bis feinLangzeitbewährt – Fassadendämmsysteme von Sto feiern Geburtstag!

26 weltweitColumbus will anderen Städten die Blaupause für eine Smart City liefern. Weil die Hauptstadt des US-Bundesstaats Ohio sich nicht nur auf die technologischen Aspektekonzentrierte, erhielt sie vom amerikanischen Verkehrsministerium 40 Millionen US-Dollar, um ihre Pläne umzusetzen.

impressum

HerausgeberSto SE & Co. KGaA Ehrenbachstraße 1 DE-79780 Stühlingen T 07744 57-0 F 07744 57-2178 [email protected] www.sto.de

Redaktion Anne BambauerChristian HunzikerJörg KlausCarolin LöfflerAlexandra MayTill Stahlbusch

Verlag Alexandra May Investor + Public RelationsStrohschnitterweg 1f DE-65203 Wiesbaden www.alexandra-may.com

Diese Veröffentlichung sowie alle in ihr enthaltenen Artikel und Bilder sind urheberrechtlich geschützt. Herausgeberin, Redaktion oder Verlagübernehmen keine Verantwortung für unverlangt eingesandte Manuskripte oder Illustrationen.

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„Je größer sich jemand die Ernte vorstellt, desto eifriger sät er“*

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In den Wachstumszentren spitzt sich die Situation zu. Zumindestfür diejenigen, deren Budget zur Bezahlung der Miete stark be-grenzt ist. Und das trifft keineswegs nur auf die Empfänger vonTransfergeldern zu, sondern auch auf die Gruppe der Berufsein-steiger. Selbst ein erfolgreich absolviertes Studium ist noch keineGarantie für ein hohes Gehalt, wie aus einer Studie der HamburgerPMSG PersonalMarkt Services GmbH hervorgeht. Danach beträgtbeispielsweise das Jahresgehalt eines angestellten Architektenmit maximal drei Jahren Berufserfahrung rund 33.000 Euro. Werdavon in München, Düsseldorf, Frankfurt am Main oder Kölnseinen Lebensunterhalt bestreiten muss, darf in puncto Wohnenentweder keine allzu hohen Ansprüche stellen oder muss aufperiphere Lagen ausweichen. Der Fachkräftemangel, den Arbeit-geber bereits heute beklagen, gewinnt durch die Situation auf denWohnungsmärkten jedenfalls zusätzlich an Brisanz.

Die Botschaft, dass das Wohnungsangebot in den Zuzugsregionendringend stärker ausgeweitet werden muss, wenn man den sozialenFrieden erhalten und die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft nichtgefährden will, scheint inzwischen angekommen. Doch ungelöstist immer noch die Frage, wie es gelingen kann, die Aktivitätenim Wohnungsneubau – insbesondere in den Schwarmstädten –zu forcieren. Bündnisse, die sich inzwischen allenthalben gebildethaben, wollen die passende Antwort liefern. Zumindest manchenist es ernst damit. Welches Bündnis in Deutschland wo was wiebewegt, steht im Schwerpunktthema der vorliegenden Ausgabe –Informationen, die exklusiv für Sie zusammengetragen wurden.

Herzlichst grüßt Sie Ihr

ppa. Heiner RöhrLeiter Region DeutschlandSto SE & Co. KGaA

*Dschalal ad-Din ar-Rumi, persischer Dichter (1207–1273).

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Peter Feldmann (SPD),Oberbürgermeister vonFrankfurt am Main.

Andreas Ibel, Präsidentdes BFW BundesverbandFreier Immobilien- undWohnungsunternehmene. V.

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Bündnisse: Einer für alle, alle für einen

Bund, Länder und Kommunen ziehen zwar nicht immer an einem Strang, gleichwohl haben sie einesgemeinsam: Um den Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt gerecht zu werden, setzen sie aufBündnisse für das Wohnen. Tatsächlich können solche Vereinbarungen eine gute Grundlage für einezielführende Wohnungspolitik sein. Doch dazu müssen sie einige Voraussetzungen erfüllen. Und dasist keineswegs immer allen klar.

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Es begann im Jahr 2006. Damals schloss die Stadt Münster ein sogenanntes Bündnis für Wohnen mit Immobilienunternehmen,Wohnungsverbänden und anderen Organisationen, mit dem sich diePartner verpflichteten, „den Wohnungsmarkt in Münster als einenstarken Standortfaktor zu erhalten und zu einem fördernden Faktorfür die Bevölkerungsentwicklung zu machen“. Damit wurden dieAkteure in Münster – vermutlich, ohne sich dessen bewusst zu sein –zu Vorreitern einer Entwicklung, die mittlerweile die ganze Bundes-republik erfasst hat. Es scheint kaum mehr ein Bundesland undkaum mehr eine größere Stadt zu geben, die nicht ein solches„Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ vorzuweisen hat –nicht zu vergessen das gleichnamige Bündnis auf Bundesebene,das 2015 erste Ergebnisse vorgelegt hat.Was aber bringen solche Bündnisse? Sind sie der Königsweg, umdie Engpässe auf den deutschen Wohnungsmärkten zu behebenund einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen derMarktteilnehmer zu erzielen? Oder sind sie unverbindliche Plauder-runden, die lediglich zeigen sollen, dass die Politik die Bedeutungdes Themas Wohnen erfasst hat, ohne aber wirklich zu Ergebnis-

sen zu führen? „Grundsätzlich sind Bündnisse für das Wohnensinnvoll, wenn man nicht übersteigerte Erwartungen in sie setzt“,antwortet Andreas Ibel, Präsident des BFW Bundesverband FreierImmobilien- und Wohnungsunternehmen e. V. „Solche Bündnissesind kein Allheilmittel. Sie können keine Baugenehmigungen erteilenund keine Wohnungen bauen. Aber sie können den Informations-austausch verbessern und so zu einer wirkungsvolleren Wohnungs-politik beitragen.“

Hamburg: Wohnungspolitik ist Chefsache

Natürlich kommt es dabei auf die konkrete Ausgestaltung des jewei-ligen Bündnisses an. Und da gibt es ganz unterschiedliche Formen:Es gibt Bündnisse, an denen lediglich Stadtverwaltung und Politiksowie die wohnungspolitischen Spitzenverbände beteiligt sind, undsolche, bei denen Vertreter von Dutzenden von gesellschaftspoliti-schen Organisationen, Wirtschaftsverbänden und Parteien in großerRunde zusammensitzen. Es gibt Bündnisse, welche die Partner zupräzisen Neubauzahlen verpflichten, und solche, bei denen der In-

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formationsaustausch im Vordergrund steht. Und es gibt Bündnisse,die konkrete Ergebnisse vorzeigen können, und solche, die erstam Anfang stehen.Zu den Kooperationen, die bereits länger funktionieren, gehört das„Bündnis für das Wohnen in Hamburg“. Als es 2011 vereinbartwurde, galt es bundesweit als Vorzeigemodell – nicht zuletzt deshalb,weil der Erste Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) die Wohnungspolitikdamit dezidiert zur Chefsache machte. Tatsächlich gelang es aufGrundlage der Vereinbarung, dem Wohnungsbau einen kräftigenImpuls zu geben: Seit 2011 wurden in Hamburg fast 50.000 Wohn-einheiten genehmigt und rund 20.000 fertiggestellt. In diesem Jahr haben die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen,die SAGA GWG als städtische Wohnungsbaugesellschaft sowie diewohnungswirtschaftlichen Spitzenverbände (BFW Berufsförderungs-werk Hamburg, VNW Verband norddeutscher Wohnungsunter-nehmen und IVD Immobilienverband Deutschland) nach längeren,kontroversen Diskussionen ein neues Bündnis unterzeichnet. VNW-Verbandsdirektor Andreas Breitner hebt hervor, dass jetzt laut demVertragstext die Bündnisvereinbarungen für die Senatsbehörden

und die Bezirke bindend sind. Noch Anfang 2016 hatte Breitnerkritisiert, dass diverse Wohnungsbauprojekte mit insgesamt über1.100 Wohnungen realisiert werden könnten, wenn die Bezirke dieBaugenehmigungsverfahren „zielorientiert“ betreiben würden.Deshalb, so die Vertreter der Wohnungswirtschaft, sei es wichtig, dassjetzt die Bezirke stärker in die Verantwortung genommen würden.Gleichzeitig haben sich die Bündnispartner ein noch höheres quanti-tatives Ziel gesetzt: Statt wie bisher mindestens 6.000 Wohneinheitenpro Jahr sollen jetzt mindestens 10.000 errichtet werden, darunter3.000 öffentlich geförderte Einheiten.

Miteinander reden ist der erste richtige Schritt

Während Stadtstaaten wie Hamburg und Berlin damit zu kämpfenhaben, die Zusammenarbeit zwischen dem Senat und den (für das Baurecht zuständigen) Bezirken möglichst reibungslos zu ge-stalten, ist die Situation in Flächenländern noch komplizierter. Das2013 geschlossene „Bündnis für Wohnen NRW – bezahlbar, ge-nerationengerecht, energieeffizient“ zum Beispiel nennt keine

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Illustre Runde auf dem Nationalen Kongress zum Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen im März dieses Jahres. Auf dem Podium unter anderem StaatssekretärGunther Adler (Zweiter von links), GdW-Präsident Axel Gedaschko (Vierter von links) und Mieterbund-Direktor Lukas Siebenkotten (Zweiter von rechts).

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2015 wurde in Mainz ein breit abgestütztes Bündnis für das Wohnen ins Lebengerufen. Beteiligt sind neben der Landeshauptstadt unter anderem der Mieterschutz-verein, die Handwerkskammer Rheinhessen, die Stadtwerke Mainz und der AStA derJohannes-Gutenberg-Universität.

So wie hier bei der konstituierenden Sitzung der „Allianz für Wohnen in Hessen“ gestaltet sich die Arbeit bei vielen Bündnissen in Deutschland.

Frankfurt am Main boomt, während die Ränder des Metropolenraums unter Bevölkerungs-schwund leiden. Erforderlich ist deshalb eine stärkere regionale Zusammenarbeit.

Fachleute fordern dazu auf, die Entwicklung der Ballungsräume über dieStadtgrenzen hinaus zu betrachten. Praktisch umgesetzt wird das voneinem Projektentwickler, der in Fellbach bei Stuttgart den Gewa-Tower mit65 teilweise sehr großzügigen Wohnungen baut.

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konkreten Neubauzahlen. „Wir können nicht für alle unsere Mit-gliedsunternehmen sprechen“, begründet dies Alexander Rychter,Direktor des Verbands der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft(VdW) Rheinland Westfalen. Trotzdem zieht er ein positives Zwischen-fazit. „Das Bündnis hat sich bewährt“, sagt der Verbandsdirektor.Als Erfolg wertet er beispielsweise, dass Nordrhein-Westfalen dieWohnungsbauförderung umgestellt und Tilgungszuschüsse einge-führt hat. Vorbereitet wurde dies laut Rychter in einer Arbeitsgruppeunter dem Dach des Bündnisses, die konkrete Zahlen von Mitglieds-unternehmen auswertete.Ein zweites Beispiel für die Arbeitsweise des Bündnisses: Als sich imHerbst 2015 abzeichnete, dass der Bund die Kompensationsmittelfür den sozialen Wohnungsbau von 518 Millionen Euro auf eineMilliarde Euro fast verdoppeln würde, diskutierten Bündnispartnerund Bauministerium frühzeitig über die möglichen Konsequenzen –mit der Folge, dass das Land schon kurz nach der offiziellen Be-kanntgabe der Mittelaufstockung die Anpassung der Wohnraum-förderung verabschieden konnte. Grundsätzlich, sagt Rychter, seidas Bündnis nicht von einer Verordnungskultur, sondern von einem„manchmal schwierigen Diskussionsprozess“ geprägt. „Damit istes eine Plattform, die zu gegenseitigem Vertrauen geführt hat.“ Genau diesen Aspekt betont auch Professorin Elke Pahl-Weber, ehemalige Leiterin des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumfor-schung (BBSR). Sie spricht mit Blick auf das Bündnis in Münster davon,es sei „ein Vertrauen aufgebaut worden, das manche politische Fehdeübersteht“ (vergleiche o-ton). Hinzu kommt, dass ein solches Bündnisauch die Funktion einer Informationsdrehscheibe hat. „Gerade privateImmobilienunternehmen beteiligen sich gern an Bündnissen, weil sieauf diese Weise an Informationen kommen“, beobachtet Dr. Marie-Therese Krings-Heckemeier, Vorstandsvorsitzende der Beratungs-gesellschaft empirica. „Ein Bündnis trägt dazu bei, dass die Teil-nehmer sich kennenlernen und Informationen austauschen.“ Dasbestätigt Roswitha Sinz, Abteilungsleiterin Interessenvertretung beimVdW Rheinland Westfalen: „Das Bündnis ist allein schon als Prozessder Kommunikation sehr positiv zu bewerten. Es ist wichtig, dassdie Partner miteinander reden und gemeinsam Lösungen suchen.“Sinz sagt dies mit Blick auf das Bündnis für bezahlbares Wohnenund Bauen in Rheinland-Pfalz, das im Oktober 2015 gegründetwurde und damit zu den jüngeren Bündnissen zählt. In Rheinland-Pfalz sind neben dem Land 20 Partner am Bündnis beteiligt, da-runter der Deutsche Mieterbund, die Ingenieurkammer und dieArbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern. „Das“, erklärt Sinz,„ist ein Unterschied zu Nordrhein-Westfalen, wo es sich um einBündnis zwischen dem Land und den ausschließlich wohnungs-wirtschaftlichen Verbänden VdW Rheinland Westfalen, BFW undHaus & Grund handelt.“ Großen Wert legt das Bündnis Sinz zufolgeaußerdem auf die Einbindung der Kommunen; so haben sich zumBeispiel in Mainz und Landau kommunale Bündnisse gegründet.

Nichts geht ohne die Kommunen

„In Flächenländern braucht es neben dem Bündnis auf Landes-ebene zusätzlich auch kommunale Bündnisse“, bekräftigt BFW-Präsident Andreas Ibel. „Denn es sind die Kommunen, die für dieVergabe von Grundstücken und die Erteilung von Baugenehmi-gungen zuständig sind.“ Auch Bernhard Faller, der Gründer derauf die Wohnungswirtschaft spezialisierten Bonner Gesellschaft

Quaestio – Forschung & Beratung, sieht die Kommunen in der Pflicht.Er schlägt die Einrichtung eines Wohnungsbaukoordinators vor,der sich um die beiden zentralen Herausforderungen beim Neubaukümmert, nämlich die Bereitstellung von Grundstücken und dieErteilung von Baugenehmigungen. „Der Wohnungsbaukoordinator“,sagt Faller, „muss die unterschiedlichen Interessen innerhalb derVerwaltung zusammenführen.“ Dies gehe aber nur, wenn er dieRückendeckung der politischen Spitze habe – eine Einschätzung,die BFW-Präsident Ibel teilt: „Bündnisse“, so seine Erfahrung,„funktionieren umso besser, je enger die politische Leitungsebeneeingebunden ist.“Laut einer Untersuchung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- undRaumforschung (BBSR) existierten Anfang 2016 bundesweit inStädten mit über 50.000 Einwohnern gut 50 kommunale Bündnisse.Für Bernhard Faller haben solche Bündnisse vor allem einen Vorteil:„Über sie kann man eine Art Neubaustimmung erzeugen, indemman deutlich macht, dass die Stadt wächst.“ Gelungen ist das nicht nur in Münster, wo 2016 die Ziele des Bünd-nisses aktualisiert worden sind, sondern auch in Konstanz. Dortarbeitet seit 2014 ein breit abgestütztes Bündnis für Wohnen, andem nicht nur führende Vertreter der Stadt, die städtische Woh-nungsbaugesellschaft WOBAK und weitere Vertreter der Immobi-lienwirtschaft beteiligt sind, sondern auch das Studentenwerk, derDeutsche Mieterbund, die Architektenkammer und Banken. Geleitetwerden die dreimal jährlich stattfindenden Sitzungen von Bürger-meister und Baudezernent Karl Langensteiner-Schönborn. Ziel desBündnisses sei es von Anfang an gewesen, „frühzeitig und trans-parent die wohnungspolitisch relevanten Themen und Fragestel-lungen zu diskutieren“, sagt Marion Klose, Leiterin des Amtes fürStadtplanung und Umwelt in der baden-württembergischen Konzil-stadt. Kommunikation und das Schaffen von Vertrauen bezeichnet sieals zentrale Anliegen des Bündnisses; eigentliche Verträge zwischenden Partnern wurden hingegen nicht abgeschlossen.Nach gegenwärtigem Stand sollen zwischen 2011 und 2030 inKonstanz 5.300 Wohnungen fertiggestellt werden – und zwar keines-wegs nur solche für Haushalte mit geringem Einkommen: Die Hälfteder Wohnungen soll im mittleren Segment entstehen, ein Drittel imgehobenen Segment und nur ein Sechstel als geförderter Wohnungs-bau. „Die Zielgruppe der mittleren Einkommen war bisher zu wenigim Blick“, begründet dies Klose. Durch den Sickereffekt – also denUmstand, dass besser verdienende Haushalte in höherwertige Neu-bauten ziehen und so günstige Wohnungen frei machen – profitierevom gehobenen Neubau auch das untere Segment.

Bund setzt Arbeit fort

Weiter aktiv ist auch das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauenauf Bundesebene, das im Herbst 2015 seine ersten Empfehlungenvorgelegt hat (vergleiche Kasten). Nachdem der Start des Bünd-nisses anfänglich von der Wohnungswirtschaft mit einer gewissenSkepsis verfolgt wurde, zieht jetzt BFW-Präsident Andreas Ibel einpositives Zwischenfazit. Gut ist nach seinen Worten insbesondere,„dass sich Politik und Immobilienwirtschaft auf die erforderlichenMaßnahmen verständigt haben“. Allerdings müssten diese jetztauch umgesetzt werden.Dafür sorgen soll eine Expertenkommission unter Vorsitz von MichaelSachs, dem früheren Wohnungsbaukoordinator der Hansestadt

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Hamburg. Unterstützt wird die Kommission von der Beratungsge-sellschaft empirica. „Unsere Aufgabe ist es, zu kontrollieren, wiedas Zehnpunkteprogramm umgesetzt wird“, sagt empirica-Vor-standsvorsitzende Dr. Marie-Therese Krings-Heckemeier. Dabei siehtBFW-Präsident Ibel allerdings mit Blick auf die teilweise wenig kon-gruente Politik der unterschiedlichen Ministerien ein strukturellesProblem: „Auf Bundesebene haben wir es mit unterschiedlichenInteressenlagen und einer schwierigen Zuständigkeitsstruktur zutun.“ Ibel fordert deshalb: „Nach der nächsten Wahl brauchen wirwieder ein schlagkräftiges Bundesbauministerium mit umfassendenKompetenzen.“

Über die Stadt hinausdenken

Eine anspruchsvolle politische Aufgabe stellt sich aber noch an einerganz anderen Stelle. Bündnisse für das Wohnen braucht es nämlichnicht nur auf kommunaler, nicht nur auf Landes- und nicht nur aufBundesebene, sondern auch auf regionaler Ebene. Der Hauptgrunddafür liegt darin, dass die Wohnungsmärkte in Deutschland völligunterschiedlich strukturiert sind. „Vielfach sind wachsende undschrumpfende Regionen in räumlicher Nähe“, stellt das Institut derdeutschen Wirtschaft (IW) Köln in einer aktuellen Studie fest. Dasgilt zum Beispiel für die Hauptstadtregion: Während es Wohnungs-suchenden in Berlin immer schwerer fällt, eine günstige Wohnungzu finden, stehen im Land Brandenburg allein bei den Mitglieds-unternehmen des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungs-unternehmen (BBU) 27.000 Wohnungen leer – und zwar nicht nurin peripheren Regionen. In dem an Berlin angrenzenden LandkreisTeltow-Fläming beträgt der Wohnungsleerstand immerhin 6,3 Pro-zent und in Brandenburg an der Havel stehen sogar 13,2 Prozentaller BBU-Wohnungen leer. Dabei ist Brandenburg eine funktio-nierende Mittelstadt mit 72.000 Einwohnern, die dank einer imHalbstundentakt verkehrenden Regionalbahn über eine sehr guteAnbindung an den Berliner Hauptbahnhof verfügt.

Warum also müssen um jeden Preis in Berlin Wohnungen gebautwerden, wenn nur 40 Minuten entfernt Tausende von Wohnungenleer stehen? „Die Einsicht, dass es eine verstärkte regionale Zu-sammenarbeit braucht, ist alt“, stellt Experte Bernhard Faller vonQuaestio fest. Weil es die Kommunen nach Einschätzung Fallersaber aus eigener Kraft nicht schaffen, Kompetenzen abzugeben,müssen die Länder regional verankerte Planungsverbünde schaffen.Mancherorts ist das bereits geschehen. Im Raum Stuttgart beispiels-weise ist der Verband Region Stuttgart aktiv, der regionale Woh-nungsbauschwerpunkte entlang der S-Bahn-Linien vorsieht.Auch der Regionalverband FrankfurtRheinMain hat den Wohnungs-bedarf im Verbandsgebiet ermittelt. „Die Herausforderung derwachsenden Metropolregion“, sagt der Frankfurter Oberbürger-meister Peter Feldmann (SPD), „müssen wir gemeinsam annehmen.Wir Frankfurter reichen der Region die Hand zum gemeinsamenHandeln.“ Dazu gehört beispielsweise, dass die kommunale ABGFrankfurt Holding nicht nur in der Bankenmetropole, sondern auchin Friedberg und Offenbach Wohnungen baut. Prof. Dr. Tobias Just,Geschäftsführer und Wissenschaftlicher Leiter der IREBS Immobilien-akademie, geht noch weiter: Er hält es für sinnvoll, die Wohnungs-politik innerhalb der Region Frankfurt noch stärker abzustimmen.„Dies“, schlägt Just vor, „könnte eine Koordinationsstelle seinoder sogar eine (wenigstens teilweise) Bündelung von öffentlichenWohnungsgesellschaften in einer metropolregionalen Wohnungs-gesellschaft.“ In Münster ist man derweil voll und ganz damit beschäftigt, denHerausforderungen auf Ebene der Stadt zu begegnen. Und dabeiwird das Bündnis für Wohnen nach Ansicht von StadtdirektorHartwig Schultheiß auch künftig eine wichtige Rolle spielen. „Ge-rade jetzt“, sagt er, „wo der Wohnungsmarkt immens angespanntist, kommt es auf das Miteinander der Akteure an, damit innovativeund konstruktive Lösungen bei der Bereitstellung von neuem Wohn-raum gefunden werden.“

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Bagger im Einsatz – das möchten die Bündnispartner in Kommunenund Ländern künftig öfter sehen. Hier gibt Frank Balzer (rechts),Bezirksbürgermeister von Berlin-Reinickendorf, den Startschuss fürden Bau von gut 300 Wohnungen im Norden Berlins.

Das 2015 gegründete Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen in Rheinland-Pfalz um-fasst rund 20 Partner. Das Memorandum präsentiert hier Ministerpräsidentin Malu Dreyer(SPD); rechts neben ihr Alexander Rychter, Direktor des VdW Rheinland Westfalen.

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„Ein gutes Monitoring ist unerlässlich“

Was macht die Qualität eines Bündnisses für das Wohnen aus? Wie gelingt es, regionale Konzepte zu ent-wickeln? Und was kann Deutschland von Münster lernen? Antworten auf diese Fragen gibt Prof. Dipl.-Ing.Elke Pahl-Weber vom Institut für Stadt- und Regionalplanung der Technischen Universität Berlin.

Auf dem Nationalen Kongress zum Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen konnten die Besucherinnen und Besucher ihren Gedanken freien Lauf lassen. DerZeichner Sven Kröger visualisierte anschließend die Ideen und Impulse.

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Frau Professorin Pahl-Weber, bereits 2006 hat die StadtMünster ein Bündnis für Wohnen geschlossen, das Sie vonAnfang an begleitet haben. Was hat dieses Bündnis ge-bracht?

Professorin Elke Pahl-Weber: Die Partner in Münster haben erstein Bündnis geschlossen, nachdem sie sich auf strategische Zielegeeinigt hatten. Diese Ziele sind in diesem Jahr erneuert worden.Das bedeutet, dass sich alle, die an der Entwicklung des Wohn-standorts Münster beteiligt sind, über eine lange Zeit in diesen Pro-zess eingebracht haben. Durch diese Kontinuität im Ringen um dasBeste für den Wohnstandort ist zwischen den Akteuren ein Ver-trauen aufgebaut worden, das manche politische Fehde übersteht.

Hat das Bündnis auch messbare Erfolge erzielt, in dem Sinn,dass es gelungen ist, den Bau von günstigen Wohnungenanzukurbeln?

Das Thema des preisgünstigen Wohnens hat in Münster vonAnfang an eine Rolle gespielt, auch wenn es zu Beginn noch nicht

so virulent war und wir mehr um Qualitäten gerungen haben. Späterist das bezahlbare Wohnen stärker in den Mittelpunkt gerückt,wodurch auch die politische Positionierung der Stadt erleichtertwurde. Münster hat 2014 eine sozial gerechte Bodenordnung be-schlossen, wonach bei Neubauprojekten bis zu 60 Prozent geförderteWohnungen entstehen müssen. Dieser Beschluss ist im Bündnis fürWohnen intensiv vordiskutiert worden.

Mittlerweile hat man den Eindruck, dass fast jede größereKommune und fast jedes Bundesland ein solches Bündnisvereinbart hat. Droht da die Gefahr einer gewissen Unver-bindlichkeit?

Dazu müsste man die einzelnen Bündnisse genau betrachten.Wichtig für den Erfolg eines solchen Bündnisses ist aber, dass umdie Qualität des gesamten Wohnstandortes gerungen wird. Es solltealso nicht nur um preiswerte Wohnungen gehen, sondern auch umdie Frage, wie sich die Stadt auf dem Gebiet des Wohnens insge-samt aufstellt. Wenn man sich nur um das Segment des bezahlbarenWohnens kümmert, droht die wichtigste Frage aus dem Blickfeldzu geraten, wie die einzelnen Teile des Wohnungsmarkts zusam-menwirken.

Ist es sinnvoll, im Rahmen solcher Bündnisse quantitativeZiele zu formulieren?

Das muss jede Kommune für sich entscheiden. Auch in Münsterhat das neue Bündnis einen quantitativen Ansatz formuliert. Dabeiwurde allerdings nicht die Zahl der Wohnungen festgelegt, welche die städtische Wohnungsbaugesellschaft errichten soll, sonderndie Zahl der Wohnungen insgesamt, welche die Stadt in den nächs-ten Jahren brauchen wird. Wie genau das zu schaffen ist, wirdjetzt in einer Planungswerkstatt untersucht. Denn Münster wächstso stark, dass man sich fragen muss, ob sich das Ziel allein mit Innenentwicklung erreichen lässt oder ob vielleicht ein neuer Stadt-teil erforderlich ist.

Müsste man nicht noch weiter gehen und verstärkt die Re-gion – und nicht nur die einzelne Stadt – in den Blick nehmen?

Da gebe ich Ihnen recht. Regionale Ansätze sind unverzicht-bar, und zwar sowohl bei stark wachsenden als auch bei starkschrumpfenden Kommunen. In Regionen mit sinkender Einwoh-nerzahl müssen wir schauen, wie wir das Wohnen auf zentraleOrte konzentrieren können, in denen es noch Wohnfolgeeinrich-tungen gibt. In Zukunft muss die Wohnungspolitik sich zu einerPolitik entwickeln, die nicht nur das Wohnen, sondern auch dasWohnumfeld in den Blick nimmt. Denn in einer alternden Gesell-schaft ist die Frage der Erreichbarkeit von Infrastruktur und Nah-versorgung von zentraler Bedeutung.

Manchmal liegen Regionen mit angespanntem Wohnungs-markt und solche mit Wohnungsleerstand nahe beieinander.Wäre es da nicht sinnvoll, darauf hinzuwirken, dass Menschennicht nur gern in den Großstädten wohnen, sondern auch indenjenigen Regionen, in denen ausreichend Wohnraum zurVerfügung steht?

Grundsätzlich halte ich das für möglich und im Sinne einesregionalen Ausgleichs auch für richtig. Allerdings ist dafür einegute Anbindung an den öffentlichen Verkehr auch in den Rand-

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zeiten erforderlich. Die Frage der Teilhabe ist auch eine Frage derMobilität und der Erreichbarkeit und da sind wir leider in Deutschlandnicht gut aufgestellt. Wenn eine regionale Strategie gelingen soll,sind also mehrere Voraussetzungen zu erfüllen.

In der Diskussion um bezahlbaren Wohnungsbau wird immeröfter vorgeschlagen, Standards beispielsweise in Bezug aufEnergieeffizienz und bauliche Ausstattung zu senken. Washalten Sie von solchen Vorschlägen?

Davon halte ich nichts, weil wir dadurch einen Zweiklassen-Wohnungsbau bekommen würden. Meines Erachtens liegt dasGeheimnis darin, die Wohnfläche zu verkleinern. Wir brauchennicht im Durchschnitt 42 Quadratmeter pro Kopf. Bei guter Archi-tektur und effizienten Grundrissen kommt man mit viel wenigeraus. Dann reduzieren sich in der Summe auch die Baukosten unddie Mieten.

Wie kann die öffentliche Hand dazu beitragen, dass Woh-nungen im niedrigpreisigen Segment entstehen?

Es gibt ein ganzes Bündel von Instrumenten. Welche davonangewandt werden, muss jede Gemeinde für sich ausloten. Diekonzeptgebundene Vergabe von städtischen Grundstücken kanndazu beitragen, dass der Boden nicht so teuer ist. Aber auch dieMilieuschutzsatzung und die Begrenzung der Mieten können sinn-volle Instrumente sein, wobei es allerdings nicht passieren darf,dass die Wohnungsunternehmen die nötige Instandhaltung nichtmehr finanzieren können. Intelligente ökologische Konzepte solltendie Kommunen ebenfalls stärker fördern. Grundsätzlich gilt, dassWohnungen zu bezahlbaren Preisen eine öffentliche Förderungbrauchen. Allerdings müssen wir angesichts der demografischenEntwicklung aufpassen, dass wir nicht zu viel fördern.

Sie sehen also die Gefahr, dass jetzt zu viele Wohnungengebaut werden?

Das kann ich mir gut vorstellen. Niemand kann sagen, wiehoch die Zuwanderung wirklich sein wird. Deshalb müssen wirzwar mit hohen Zahlen planen, aber ein gutes Monitoring haben,um die Realisierung dieser Pläne den jeweils aktuellen Zahlen an-zupassen. Ein gutes Monitoring der Wohnungsbautätigkeit ist alsounerlässlich.

Und das könnte ja wieder eine Aufgabe für die lokalen Bünd-nisse sein, diese Informationen auszutauschen.

Genau. Dafür müssten sich die Kommunen aber in der Digi-talisierung besser aufstellen, um diese Informationen laufend fort-zuschreiben und allen Interessierten zugänglich zu machen.

Zum Schluss ein Blick auf das Bündnis für bezahlbares Wohnenund Bauen auf Bundesebene. Was bringt dieses Bündnis?

Ich halte das Bündnis auf Bundesebene für genauso wichtigwie die Bündnisse auf Länderebene. Bereits sehr gut gelungen istes, Transparenz über die Baukosten herzustellen. Zukünftig wirdes eine wichtige Frage für das Bündnis sein, wie es nach 2019 mitden Kompensationsmitteln für die Wohnraumförderung weiter-gehen wird.

Frau Professorin Pahl-Weber, vielen Dank für das Gespräch.

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Das Zehnpunkteprogramm des Bündnissesfür bezahlbares Wohnen und Bauen

Kernpunkt des von Bundesbauministerin Barbara Hen-dricks ins Leben gerufenen Bündnisses für bezahlbaresWohnen und Bauen ist ein Programm mit folgendenzehn Punkten:

1. Bauland bereitstellen und Grundstücke der öffent-lichen Hand verbilligt und nach Konzeptqualität vergeben

2. Wohnsiedlungen nachverdichten, Brachflächen und Baulücken schließen

3. Soziale Wohnraumförderung und genossenschaft-liches Wohnen stärken

4. Zielgenaue steuerliche Anreize für mehr bezahlbarenWohnraum schaffen

5. Übernahme einer einheitlichen Musterbauordnungin den Ländern anstreben

6. Normungswesen auf den Prüfstand stellen7. Serielles Bauen für ansprechenden und günstigen

Wohnraum forcieren8. Stellplatzverordnungen flexibilisieren9. Energieeinsparverordnung und Erneuerbare-Energien-

Wärmegesetz strukturell neu konzipieren10. Gemeinsam für mehr Akzeptanz in der Bevölkerung

für Neubauvorhaben werben

Umfangreiches Material zum Bündnis auf Bundes-ebene findet sich im Internet:http://www.bmub.bund.de/buendnis-wohnen/

Das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklungund Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen hat diePublikation „Handlungskonzepte Wohnen – vomBeschreiben zum gemeinsamen Handeln“ herausge-geben. Sie enthält detaillierte Tipps für Kommunen,wie ein lokales Bündnis für die Wohnungspolitikfruchtbar gemacht werden kann. Download unter:goo.gl/584rHU

Zur Person

Prof. Dipl.-Ing. Elke Pahl-Weber ist GeschäftsführendeDirektorin des Instituts für Stadt- und Regionalplanungder Technischen Universität Berlin und leitet dort dasFachgebiet Bestandsentwicklung und Erneuerung vonSiedlungseinheiten. Von 2009 bis 2011 war die diplo-mierte Architektin Leiterin des Bundesinstituts für Bau-,Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt fürBauwesen und Raumordnung. Seit 2009 leitet sie zudemden Arbeitskreis Stadtentwicklung beim DeutschenVerband für Wohnungswesen, Städtebau und Raum-ordnung e.V.

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Die Vorzeichen für den Wohnungsmarkt Hildesheim scheinen aus-gemacht: Seit 2009 verläuft die Bevölkerungsentwicklung negativ.Allerdings noch vergleichsweise moderat, bescheinigte die InWISForschung & Beratung GmbH, Bochum, in ihrer Marktuntersuchung,die sie im Zuge der Erarbeitung des Wohnraumversorgungskonzeptsfür die niedersächsische Stadt vorgenommen und deren Ergebnissesie im Oktober 2015 präsentiert hatte. Demnach erwarten dieAnalysten, dass die Bevölkerungszahl bis 2020 um rund 1,5 Prozentabnehmen wird. Legt man die rein statistischen Größen von Ge-burten- und Sterbefällen zugrunde, könnte der Bevölkerungsverlustallerdings auch 7 Prozent plus X betragen. Welches Szenario manauch annehmen mag, der Beamten-Wohnungs-Verein (BWV) will fürdie Zukunft bestmöglich gerüstet sein – so oder so. Wettbewerbs-vorteile sichert sich der zweitgrößte Wohnungsanbieter der Stadtin erster Linie durch eine intensive Instandhaltungs- und Moderni-sierungstätigkeit. „Wir sehen in der zielgruppengerechten Moder-nisierung von Wohnungen und in den wohnbegleitenden Dienstleis-

tungen auch in Zukunft den Weg, die Ertragskraft der Genossen-schaft nachhaltig zu sichern“, so Dipl.-Ökonom Wolfgang Dressler.„Qualitativ hochwertige Wohnungen in guter Lage, zu annehmbarenPreisen, verbunden mit einem hohen Serviceangebot für unsereMieter als Teil innovativer Markenpolitik, steigern die Chance auflangfristige Nutzerverträge und vermeiden das Risiko nicht vermiet-barer Wohnungen“, führt der hauptamtliche Vorstand dazu weiteraus. Die Wohnhäuser Am Propsteihof 60 sowie im Ernst-von-Harnack-Stieg 14, 16 und 18 im Stadtteil Moritzberg wurden 2015umfangreich energetisch saniert und bekamen im Zuge dessen so-gleich ein neues Dach. Schlussendlich wurde das Erscheinungsbildder Häuser, die in den Fünfzigerjahren errichtet worden sind, durchden geschickten Einsatz auffällig gestalteter Fassadenelemente inein modernes Zeitalter überführt. Die Rechnung des BWV scheintjedenfalls aufzugehen: 2015 standen von rund 3.000 Wohnungenlediglich 0,3 Prozent leer – so wenig wie bei keinem anderen ver-gleichbaren Marktteilnehmer in der Stadt.

Ernst-von-Harnack-Stieg, Hildesheim

Mit Investitionen Wettbewerbsvorteile festigen

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Bauherr: BWV Beamten-Wohnungs-Verein zu Hildesheim eG, Hildesheim . Standort:Ernst-von-Harnack-Stieg 14, 16, 18, Hildesheim . Sto-Leistungen: Fassadendämm-system (StoTherm Vario) . Fachhandwerker: Gerüstbau-Betonsanierung-ThermputzGmbH, Hildesheim

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Vergleichbar mit einem Netzwerk aus feinen Adern, die den Organis-mus eines Lebewesens mit notwendigen Nährstoffen versorgen,leisten die Feinkapillarmatten bei dem Mehrfamilienhaus in der Ger-wigstraße in Pforzheim ihren Beitrag zur Beheizung des Gebäudes.Das Geflecht aus feinen Kunststoffrohren wurde auf der Gebäudesüd-seite auf die Dämmung gelegt und in die Putzfassade eingebettet.Zudem befinden sich Kapillarrohrmatten unter der Holzverschalungund auf den Dachflächen. Eine Wärmepumpe sorgt dafür, dass dieso gewonnene Strahlungsenergie zur Beheizung des Wohnhausesgenutzt werden kann. Knapp zwei Millionen Euro investierte diePforzheimer Bau und Grund GmbH 2013 in diesen Neubau. Im Früh-jahr 2015 waren die 13 hellen und freundlich anmutenden Miet-wohnungen schließlich bezugsfertig. Die Wohnanlage kann jedochnicht nur mit einem modernen Energiekonzept aufwarten, sondernauch damit, dass sie speziell auf die Bedürfnisse älterer Menschenzugeschnitten ist. So sind die Wohnungen maximal rund 64 Quadrat-meter groß, jede Etage ist barrierefrei erreichbar über eine zentraleAufzugsanlage, die sogar für den Fall der Fälle Liegendtransporteerlaubt. Es gibt Möglichkeiten, sich im Garten mit anderen Mietern zutreffen oder den eigenen Balkon beziehungsweise die eigene Log-gia zu nutzen. Und das kommt bei den Mietern allgemein gut an:„Der Wohlfühlfaktor einer Wohnung wird auch durch die Außenan-lagen bestimmt. Genauso wie sich die Pforzheimer Bau und Grundum die Außenanlagen kümmert, sorgt sie sich auch um die Bewoh-ner.“ Rund zehn Prozent seines Wohnungsbestands hat das Unter-nehmen bereits auf die Bedürfnisse älterer Menschen zugeschnitten –eine Quote, mit der die Pforzheimer Bau und Grund in der Woh-nungswirtschaft zweifelsohne einen Spitzenplatz belegt.

Gerwigstraße, Pforzheim

Kapillarrohrmatten: DieNatur stand Pate für dieEnergiegewinnung

Bauherr: Pforzheimer Bau und Grund GmbH, Pforzheim . Standort:Gerwigstraße 10, Pforzheim . Architekt: Lothar Hein (Bautechniker),Pforzheimer Bau und Grund GmbH, Franz Samstag, Pforzheim . Sto-Leistungen: Fassadendämmsystem (StoTherm Vario) mit eingelegtenwasserführenden Kapillarrohrmatten zur Energiegewinnung . Fach-handwerker: E. + E. Egler GmbH, Knittlingen

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B a u h e r r u n d A r c h i t e k t :ABG Frankfurt Holding Wohnungsbau- und Beteiligungsgesellschaft mbH, Frankfurt am MainS t a n d o r t :Homburger Landstraße 103–111, Frankfurt am MainS t o - L e i s t u n g e n :Farb- und Materialberatung (StoDesign),Fassadendämmsystem (StoTherm Vario), teilweise verputzt und teilweise mit Klinkern aus dem StoBrick-SortimentF a c h h a n d w e r k e r :Wilhelm Pulver Baudekoration GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main

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Bestandssanierung Homburger Landstraße 103–111

Vornehme ZurückhaltungBei der Sanierung eines Zeilenbaus im Stadtteil Preungesheim wurde die ABGFrankfurt Holding einmal mehr ihrer Vorreiterrolle in Sachen Energieeffizienz gerecht und verwandelte das Ensemble aus den Vierziger- und Sechzigerjahren inein Niedrigenergiegebäude. Der Bau wurde außerdem mit zeitgemäßen Komfort-und Sicherheitselementen ausgestattet und bekam eine stilvoll gestaltete Fassade.Die Farb- und Materialspezialisten von StoDesign kombinierten fein strukturiertePutzoberflächen mit klassischen Grau- und Weißtönen sowie ausdrucksstarkendunklen Klinkersteinen.

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Die aus dem Jahr 1938 stammenden Hausnummern 105 bis 111 haben als Grundton Weiß, von dem sich die schwarzen Klinker an den Treppenhäusern und diegrauen Farbflächen, die die Fensterformate optisch vereinheitlichen, deutlich abheben.

Die Hof- oder Gartenseite wird geprägt durch die neuen Vorstellbalkone. Die Grundfarbigkeit der Straßenseite – Grau und Weiß – herrscht auch hier vor, ergänzt umdie grauen und petrolfarbenen Balkonbrüstungen.

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Die Fensterumfassungen werden nicht nur durch ihren jeweiligen Farbton geprägt, sondern auch durch die Materialität. Ihre fein gefilzte Oberfläche setzt sich deutlich vom umgebenden Kratzputz ab.

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Das Programm der ABG Frankfurt Holding heißt „Wohnen füralle“. Mit mehr als 51.000 Wohnungen bietet der Wohnungs- undImmobilienkonzern der Stadt Frankfurt am Main Wohnraum fürfast ein Viertel der Bevölkerung. Um Wohnraum auch in Zeitensteigender Energiepreise bezahlbar zu halten, engagiert sich dasUnternehmen als Vorreiter bei der modernen energetischen Aus-stattung von Wohnungen und als Schrittmacher der Energiewende.2001 baute es in der Bockenheimer Grempstraße erstmals Geschoss-wohnungen in Passivhausweise. Neubauten und Sanierungen ori-entieren sich seither immer auch am Thema Energieeffizienz, umdie Belastung der Mieter durch künftige Nebenkostensteigerungenso gering wie möglich zu halten. Neubauten erfolgen stets imPassivhausstandard und auch die Bestandsmodernisierungen derABG zielen auf hervorragende Energieeffizienzwerte, wobei nichtselten auch hier der Passivhausstandard erreicht wird.Der Immobilienkonzern, dessen Mehrheitsgesellschafter die StadtFrankfurt am Main ist, besitzt zudem circa 30.000 sonstige Vermie-tungseinheiten wie Bürgerhäuser, Gewerbebauten, Büroimmobilien,Einzelhandelsflächen, Polizeireviere, Wohnheimplätze, Alten- undJugendeinrichtungen, Stellplätze und Garagen. Er unterhält ein um-fangreiches Carsharingprojekt und ist auch im Bereich der Projekt-entwicklung tätig und erbringt Architekten- und Ingenieurleistungenfür Dritte, wie beispielsweise den Flughafenbetreiber Fraport AGoder die Messe Frankfurt GmbH. Die seit 1890 aktive Unternehmens-

gruppe beschäftigt rund 870 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.Die Wohngebäude „Homburger Landstraße 103–111“ sind ein gutesBeispiel für die Sanierungsanstrengungen der ABG. Der lang ge-streckte Riegel an Frankfurts längster Straße liegt im Stadtteil Preun-gesheim, der seine Einwohnerzahl in den vergangenen 30 Jahrenverdoppelt hat. Die Liegenschaft aus den Jahren 1938 (105–111) und1956 (103) besaß vor der Sanierung Gasetagenheizungen und keineFassadendämmung. Keine der Wohnungen hatte einen Balkon, Haus-eingangstüren und Elektroinstallation waren veraltet und die Trep-penhäuser modernisierungswürdig. Zu „einer attraktiven modernenLiegenschaft gehören eine gute Wärmedämmung, ein Balkon undeine effiziente Versorgung der Wohnung“, beschreibt Dipl.-Ing.(FH) Architekt Jörg Dreisbach, technischer Leiter des Service-CenterOst der ABG das Credo des Unternehmens. Eine Heizzentrale mitBlockheizkraftwerk stellt inzwischen die Versorgung aller rund 120Wohnungen, darunter auch die in der Homburger Landstraße, imQuartier sicher. An den Gebäuden selbst kam ein hochdämmendesWärmedämm-Verbundsystem (StoTherm Vario) zum Einsatz. NeueFenster mit integrierter kontrollierter Be- und Entlüftung sowie dieDämmung der untersten und obersten Geschossdecke vervollstän-digten die Heizenergie-Sparmaßnahmen. Hinzu kamen die Erneue-rung der Elektrosteigleitungen (inklusive Einbau einer Gegensprech-anlage), rauchdichte Wohnungseingangstüren, T-30-Kellerabschlüsseund – Höhepunkt aus Mietersicht – die Errichtung von Vorstell-

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balkonen auf der Gartenseite. Die Maßnahmen dauerten von 2013 bis2014 und führten laut Jörg Dreisbach zum „Niedrigenergiestandard“.Auch wenn sich das Mieterfeedback der ersten Tage vor allem auf„die Gesamtaufwertung von Treppenhaus, Außenanlage, Zugängen“erstreckte und die positive Wirkung der Energieeinsparmaßnahmenerst im Vergleich künftiger Abrechnungen sichtbar werden wird,rechnet der erfahrene Ingenieur bereits heute „mit einer Halbierungder Energiekosten für jeden einzelnen Mieter“.Die Aufwertung des Ensembles Homburger Landstraße 103–111erfolgte abgesehen von der energetischen Verbesserung und derAufstellung der Vorstellbalkone vor allem auch durch gestalterischeMaßnahmen. Die Neugestaltung arbeitet die funktionale Identitätder Bestände heraus und vermeidet dekorative Gesten. Da die neuenBalkone den Hof stark prägen, waren hier keine starken Akzentedurch die Farb- oder Materialwahl vonnöten. Die Fassadengestal-tung orientiert sich vor allem an der Straßenseite, wo es galt, mitteilweise sehr unterschiedlichen Fensterformaten umzugehen sowie

den Nachkriegsgebäudeteil (103) vom Vorkriegsbestand (105–111)gestalterisch abzusetzen. Gebäude 103 erhielt darum ein elegantesGrau als Grundton, während die übrigen Gebäude mit einer weißenGrundnote ausgestattet wurden. Die Fensterumfassungen wurdenim Sinne eines Proportionsausgleichs gestaltet und erhielten jeweilsden Farbton des anderen Ensembleabschnitts; also weiße Fenster-fassungen bei Gebäude 103 und graue an den restlichen. DieseFarbigkeiten wurden auch sporadisch für einige Zonen der Hofseiteübernommen, wo sie zudem um petrolfarbene und graue Balkon-brüstungen ergänzt wurden. Den stärksten gestalterischen Akzentsetzen die dunkel verklinkerten Treppenhäuser, die die Straßenfassadegliedern. Klinker ist ein vertrautes Material im Quartier, das sich anverschiedenen Stellen, an werksteinsichtigen Sockeln oder in Hausein-gangsbereichen, findet. Daran – und damit auch an den historischenKontext der Siedlungshäuser – knüpft die Gestaltung mit Klinker an,während die glatten weißen und grauen Putzflächen die Modernitätdes sanierten Ensembles unterstreichen.

Der Gebäudeteil Homburger Landstraße 103 stammt aus dem Jahr 1956 undwurde in ein elegantes Grau gefasst.

Die verklinkerten Treppenhäuser strukturieren den riegelförmigen Baukörpervertikal und verleihen den Bereichen um die Eingangstüren eine außerordentli-che Robustheit.

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Die ABG hat den Klimaschutz zu „ihrem“ Projekt gemacht.Das klingt salopp formuliert ziemlich wortgewaltig. Was darfman sich darunter konkret vorstellen?

Frank Junker: Wir haben eine gesamtpolitische Verantwortung,mit nicht erneuerbaren Energien verantwortungsvoll umzugehen.40 Prozent der Endenergie in Deutschland werden von Immobilienverbraucht. Wo viel Energie gebraucht wird, kann man also kräftigsparen. Gleichzeitig werden aktuell zahlreiche Diskussionen zumThema „bezahlbare Mieten“ geführt. Wenn man sich anschaut, wiesich die Energiepreise in den letzten Jahrzehnten entwickelt haben,dann wird eines sehr klar: Energiepreise sind ein Risikofaktor. Mitenergieeffizienten Gebäuden können wir Mietern eine relative Sicher-heit geben, explodierenden Energiekosten nicht ausgeliefert zu sein.

Die ABG hat Frankfurt am Main zur Passivhaus-HauptstadtEuropas gemacht und sagt von sich: „Wir sind die Passiv-hausmacher.“ Wird dieser Standard auch bei der Sanierungdes Wohnungsbestands angestrebt?

Zutreffend ist, dass wir 2003 die ersten Wohnblocks aus denFünfzigerjahren gemäß Passivhausstandard umgerüstet haben. Grund-sätzlich gehen wir jedoch maßnahmenoffen an eine Modernisierungheran und entscheiden objektbezogen, was konkret zu tun ist. Dennje nach Gebäudetypus gibt es ganz unterschiedliche Möglichkeiten,die man nutzen kann. In erster Linie geht es doch darum, die Be-stände zukunftsfähig zu machen. Das kann man aber weder nach

einem festgelegten Programm noch nach einem „Schema F“ machen.Wertvolle Ansätze liefern uns die Analysetools epiqr und innosys.Immobilien sind schließlich Wirtschaftsgüter. Manchmal stellen aller-dings Abriss und Neubau die bessere Option dar.

Wie reagieren Ihre Mieter darauf, wenn die Häuser „eingepacktwerden“? Wärmedämm-Verbundsysteme sorgen ja immer malwieder für Schlagzeilen.

Richtig ist, dass wir vor wenigen Jahren hier in Frankfurt einenBrandfall hatten. In dem besagten Fall hat aber die Teerpappe vordem Gebäude gebrannt und die Dämmung entzündet, die nochnicht final angebracht war. Die Brandgefahr ging auch nicht von derDämmung aus, sondern von Materialien, die mit der Dämmung nichtszu tun hatten. Unsere Mieter haben darauf gar nicht reagiert, weilsie unseren energetischen Sanierungen eher positiv gegenüberstehen.

Ärgert es Sie, wenn so ein Vorfall eine derartige medialeWelle lostritt?

Offen gesagt: Ja! Mich ärgert die ganze Diskussion um dasThema Dämmung – auch dass jetzt im Zuge der FlüchtlingswelleRufe laut werden, man möge die energetischen Anforderungen anNeubauten aufweichen. Fakt ist, dass wir um Maßnahmen, dieden Energieverbrauch von Gebäuden signifikant reduzieren, nicht herumkommen. Das gibt uns das europäische Recht vor. Ich denke,da ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

Aus unterschiedlichen Richtungen werden Signale an politische Entscheidungs-träger gesendet, die Baukosten laufen – nicht zuletzt wegen der fortschreitendenVerschärfung der EnEV – aus dem Ruder. Parallel dazu gibt es Stimmen, dieden Ersatz von Bestandsgebäuden der Nachkriegszeit einer Vollmodernisierungmit Verweis auf eine negative Kosten-Nutzen-Analyse vorziehen. Abriss undNeubau seien nicht nur wirtschaftlicher, sondern weisen bei einer gesamt-energetischen Betrachtung langfristig auch eine bessere Klimabilanz auf, so dieBegründungen. Zudem lassen sich durch den Neubau baukonstruktive Schwach-stellen der Nachkriegsbauten beseitigen. Frank Junker, Vorsitzender der Ge-schäftsführung der ABG Frankfurt Holding Wohnungsbau- und Beteiligungs-gesellschaft mbH (ABG), hat dazu eine ganz eigene Meinung.

„Mich ärgert die ganze Diskussionum das Thema Dämmung“

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Klingt aber auch so, als wünschten Sie sich mehr Gradlinig-keit oder Unterstützung ...

Beides! Von der Politik wünschte ich mir mehr Gradlinigkeitbei der Umsetzung von Beschlüssen. Wenn nicht wir in Deutschland,wer sonst wäre in der Lage, zu zeigen, wie man die Energiewendeschafft? Alle anderen Länder hinken doch deutlich hinterher. Dasmerken wir auch an den vielen Anfragen, die wir aus dem Auslandbekommen. Man will genau wissen, wie wir das machen mit un-seren Passivhäusern. Unterstützung wünschte ich mir zudem auchvon den Verbänden.

Deren Mantra lautet doch eher: „Geht nicht, kann man nichtbezahlen.“

Das erklärt sich durch die Struktur der Verbände, in denen janicht nur große, sondern in erster Linie eine Vielzahl deutlich kleinererUnternehmen als die ABG organisiert sind. Das darf dennoch keinHinderungsgrund sein, über neue Wege nachzudenken, wie manauch die kleineren Wohnungsgesellschaften so mitnehmen kann,dass sie die Aufgabe finanziell stemmen können.

Hätten Sie eine Idee?In jedem Euro, den wir investieren, stecken 19 Prozent Mehr-

wertsteuer. Die kann ich als Wohnungsunternehmen aber nichtziehen. Bei Büroimmobilien ist das anders. Ein Ansatz wäre doch,für Investitionen in energetische Maßnahmen Subventionen ausdiesen Mehrwertsteuereinnahmen zu finanzieren. Darüber hinaushalte ich auch Überzeugungsarbeit für ganz wesentlich – und zwarnicht von oben nach unten, sondern durch einen fachlichen Aus-tausch, unterlegt mit ganz konkreten Beispielen, die aufzeigen, wiewas funktioniert.

Wenn wir schon über Geld reden, gestatten Sie eine Frage:Der ABG wird häufig nachgesagt, sie würde den Bau vonPassivhäusern quersubventionieren. Stimmt das?

Das ist unzutreffend. Jedes unserer Projekte muss von Anfangan eine bestimmte Rendite erfüllen, sonst machen wir das nicht.

Sie halten an dem Kurs fest?Definitiv! Wir haben sogar den Anspruch, immer ein Stück

weiter zu gehen – Stillstand wäre für uns gleichbedeutend mitRückschritt.

Das setzt allerdings auch voraus, dass die Mitarbeiter mitdem Tempo Schritt halten können.

Wir investieren in der Tat viel in die Qualifizierung. Wir habenbeispielsweise Mitarbeiter, die über eine Zertifizierung bezüglich derErstellung von Thermografieaufnahmen verfügen. In den Winter-monaten können wir von sanierten oder neu errichteten GebäudenAufnahmen machen und Nachbesserungen fordern, wenn es er-forderlich sein sollte. Das klingt zunächst gemein, hat sich aber inzwischen herumgesprochen und trägt maßgeblich zur Qualitäts-steigerung der durchgeführten Arbeiten bei.

Abschließend ein Blick in die Glaskugel: Welche Entwicklungenwerden in Zukunft an Bedeutung gewinnen?

Innovationen voranzutreiben, ist sicherlich ein Themenfeld,mit dem wir uns auch in Zukunft intensiv beschäftigen werden.Nehmen wir zum Beispiel das Aktiv-Stadthaus, das im Sommerletzten Jahres fertiggestellt worden ist. Dieses Gebäude erzeugtmehr Energie, als die Mieter verbrauchen. Das hat für sie einenklaren Vorteil: Sie zahlen einen Mietpreis, in dem – je nach Woh-nungsgröße – ein kostenloses Strombudget bereits enthalten ist.Funktionierende Mieter-Strom-Konzepte zu entwickeln, darin sehenwir die Zukunft. Und wir freuen uns sehr darüber, mit der Mainovaeinen Energielieferanten als Kooperationspartner an der Seite zuhaben, der mit uns diesen Weg geht.

Herr Junker, haben Sie ganz herzlichen Dank für das Ge-spräch.

Die ABG

Mit einem Portfolio von rund 51.000 Wohnungen gibtdas Unternehmen der Stadt Frankfurt am Main fasteinem Viertel der Einwohner ein Zuhause. Um die Neben-kostenbelastung für die Mieter nachhaltig zu senken,wurde schon vor Jahren damit begonnen, die Ge-bäude energetisch aufzuwerten. Bei Passivhauswoh-nungen im Geschosswohnungsbau nimmt die ABGweltweit eine Vorreiterrolle ein. www.abg-fh.com

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Um die vielfältigen Möglichkeiten des Werkstoffs Putz auszuschöpfen,braucht es gestalterisches und handwerkliches Können – vom archi-tektonischen Konzept bis zur letzten Schicht. Die StoSignature-Putz-fassaden-Systematik bündelt Oberflächen mit technisch erprobtenTexturen. Die Möglichkeiten, die dabei durch die vielfältigen Kom-binationen von Materialien und Verarbeitungstechniken entstehen,werden methodisch aufgeschlüsselt: Fünf Basistexturen bilden ge-meinsam mit Zuschlägen, Korngrößen, Werkzeugen et cetera einSystem, das zahlreiche Varianten beschreibt und neue denkbarmacht; mal fein, mal rau; mal linear und mal grafisch, mal mit ein-gearbeiteten Materialien wie Natursandmischungen, Glassplitternoder Siliciumcarbid-Kristallen.

Unter www.stosignature.de hält ein digitales Mustercenter wert-volle Anregungen für die Planung von Fassaden und Innenräumenbereit. Geht es schließlich um eine engere Auswahl, sind reale Muster

über den jeweiligen Sto-Ansprechpartner erhältlich. Kommt derZeitpunkt der Umsetzung, erhalten Fachhandwerker einen umfang-reichen Service: Zu jeder StoSignature-Technik existieren detaillierteVerarbeitungsrichtlinien sowie informative Filme, die die korrekteAusführung Schritt für Schritt beschreiben. Sto-Fachberater, diedirekt auf die Baustelle kommen, um in Materialbesonderheiteneinzuweisen oder in speziellen Techniken zu schulen, ergänzen diepartnerschaftliche Begleitung.

Bei allem gestalterischen Freiraum legt Sto bei seinen Fassaden-varianten großen Wert auf Funktionalität: Eine Fassadenfarbe wie zum Beispiel StoColor Dryonic sorgt dank ihrer einzigartigenOberflächeneigenschaften dafür, dass sich Regen- und Tauwassernicht auf dem strukturierten Putz sammeln. Die Oberflächen bleiben trocken und lange sauber, die Renovierungsintervallewerden größer.

Bei der Gestaltung von Putzfassaden sind kreative Köpfe gefragt: Der Investor, der seine Gestaltungs-wünsche mit den Planern abgestimmt hat, wünscht sich bei der Umsetzung einen Fachhandwerker alsPartner, der individuelle Oberflächenideen mit zuverlässiger Handwerkskunst in die Realität umsetzt.Die Systematik „StoSignature – Individuelle Putzfassaden“ fördert kreative Ideen und unterstützt dieMacher mit qualitätsvollen Produkten und technischem Know-how.

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Klassiker mit frischem Elan.

StoSignature zeigt, was Fassadenputze können

Handwerkskunst, von grob bis fein

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Kein Gipfel der Baukultur, aber einer von zahllosen Belegen für die Langlebigkeit von Fassadendämmsystemen: Das Haus im österreichischen Lustenau wurde 1966mit einer EPS-basierten Fassadendämmung ausgestattet. In den vergangenen fünf Jahrzehnten war lediglich ein Renovierungsanstrich nötig, um die uneingeschränkteFunktionsfähigkeit zu erhalten.

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Fassadendämmsysteme von Sto feiern Geburtstag! Vor 50 Jahren erblickte der „Sto-Voll-wärmeschutz“ das Licht der Baustelle. Seine Weiterentwicklung (StoTherm Classic) und auchdie später auf der Basis von Kalk und Zement geschaffenen mineralischen Systeme gleichendem Urahn moderner Dämmsysteme noch heute in vielerlei Hinsicht. Deutlich verändert hatsich jedoch die Auswahl der möglichen abschließenden Oberflächen: Neben die organischenPutze der Sechzigerjahre traten mineralische Putze, Klinker, Naturstein, Glasmosaik, Profile ...

Langzeitbewährt

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Seit 50 Jahren produziert Sto Fassadendämmsysteme, die bestensfunktionieren, lange halten und mit vielen Oberflächenvariantenausgeführt werden können. Die Baustoff-Profis aus dem Schwarzwaldhaben in diesen Jahren maßgeblich zur Entwicklung der „modernen“Gebäudedämmung beigetragen. Sie erfanden ungezählte System-details, die heute Standard sind, und rückten nicht ab von ihremZiel, Baustoffe zu erforschen und herzustellen, die den Energie-verbrauch von Gebäuden senken und die Aufenthaltsqualität in die-sen steigern. Eines aber können sie nicht für sich in Anspruch nehmen: Die Idee,in Gebäuden mittels Dämmung für mehr Behaglichkeit zu sorgen,hatten bereits unsere Vorfahren. Eine 3.500 Jahre alte Hauswandaus doppeltem Flechtwerk mit dazwischenliegender Grasdämmung,die von Archäologen in Hessen gefunden wurde, belegt das ebensowie Bauten der Renaissance oder des Barock. Auch bekannte Archi-tekten der Gegenwart – Renzo Piano, Daniel Libeskind und Herzog &de Meuron, um nur einige zu nennen – griffen bei ihren Projektenauf Fassadendämmsysteme von Sto zurück. Die unterschiedlichenSysteme, die sich im Laufe der Zeiten herausbildeten, sind also bau-geschichtlich fest verankert und erprobt.

Dennoch stand und steht ihnen mancher skeptisch gegenüber, dabestimmte bauphysikalische Tatsachen einfach nicht dem „Bauch-gefühl“ der Menschen entsprechen wollen. Das Wissen, dass vierMeter dickes Bruchsteinmauerwerk den gleichen Wärmedurchgangs-wert aufweist wie Vollziegelmauerwerk mit einem Meter Dickeoder 20 Zentimeter starke Blockbohlen beziehungsweise eine zweiZentimeter dicke EPS-Dämmplatte – 0,032 W/(mK) –, findet sichzwar in den Tabellen der Fachliteratur, sprengt aber die Grenzenunserer unmittelbaren Erfahrung ... wir zweifeln. Ähnlich ist es mit der Dauerhaftigkeit moderner Fassadendämm-

systeme. Obwohl noch kaum empirische Daten über ihren Lang-zeiteinsatz existierten, überboten Kritiker sich jahrelang gegenseitigmit frei erfundenen Mutmaßungen über die Kurzlebigkeit vonFassadendämmungen. Währenddessen wurden die real appliziertenDämmsysteme immer älter. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik(IBP) kam bei der Bewertung einer Langzeitbeobachtung (1970 –2005) gedämmter Fassaden zu dem Schluss: „Wartungsaufwandund Wartungshäufigkeit ... entsprechen denen von konventionellenWandbildnern mit Putz. Dies gilt auch für die Dauerhaftigkeit ins-gesamt“ (H. Künzel et. al.: Langzeitverhalten von Wärmedämm-verbundsystemen, IBP-Mitteilung 461, 2005). Und in der ebenfalls2005 veröffentlichten Studie des Instituts für Bauforschung wirddie Nutzungsdauer eines Fassadendämmsystems mit 40 bis 60

Jahren angegeben. Ein Wert, der nach den Erfahrungender Premiumhersteller noch wachsen wird. So ist das älteste EPS-basierte Fassadendämmsystem von Sto,1966 im österreichischen Lustenau verbaut, auch nach50 Jahren, in denen die Fassade nur einmal gestrichenwurde, bestens in Schuss.

Den meisten Baubeteiligten sind diese Zusammenhängeinzwischen bekannt. Komplikationen, die in bestimmtenKlimata auftraten, konnten durch Forschungs- undEntwicklungsanstrengungen beseitigt werden. Archi-tekten, Fachplaner und Bauphysiker haben technische,ökonomische und ökologische Fragen sowohl in derTheorie als auch durch Hunderttausende praktischeUmsetzungen beantwortet. Inzwischen gerät mehrund mehr in den Blick, welche Bauschäden durch fehlenden oder mangelhaften Wärmeschutz entstehenund was wir noch anpacken müssen auf dem Weg zueiner energieeffizienten Lebensweise, die geeignet ist,unser Erbe für künftige Generationen zu bewahren.

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Weiterführende Informationen zum Thema Fassadendämmsysteme erhalten Sie unterwww.sto.de/we

Wärmeschutz ist Klimaschutz

Die durch Sto-Fassadendämmsysteme in den letzten 50 Jahren eingesparte Energie entspricht 85 MilliardenLitern Heizöl. Öl, das nicht gekauft werden musste. Öl,dessen Verbrennung nicht zu den Emissionen beitrug.Etwas anschaulicher wird die unvorstellbare Menge,wenn man sie auf eine übliche Tankgröße in Privat-haushalten umrechnet: Mit ihr ließen sich 4.000-Liter-Öltanks in 21 Millionen Häusern füllen. Positiver Neben-effekt: 264 Millionen Tonnen CO2 sind dank der Ein-sparungen erst gar nicht in die Atmosphäre gelangt.Alleine 2015 reduzierten Sto-Produkte die Emissionendes Verbrennungsgases um rund 17 Millionen Tonnen.

Gedämmte Fassade aus der Bronzezeit: Die Flechtwände mit zehn Zentimeterdicker Grasfüllung erreichen, je nachdem wie fest das Gras gestopft wird, einenU-Wert von 0,5 bis 1,0 W/(Wm2K).

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Die Smart-City-Challenge

Die Wirtschaftsmacht USA steht vor einer enormen Kraft-anstrengung: Ihre Infrastruktur ist in weiten Teilen am Endeihres Lebenszyklus angekommen. Ganz gleich ob es umStraßen, Gleise, Brücken, die Trinkwasser- und Stromver-sorgung oder die öffentlichen Transportmittel geht: Nahezualles ist marode. Investitionen von mehr als 3 Billionen US-Dollar wären dringend nötig, um den drittgrößten Staatder Erde fit für die Zukunft zu machen. Und weil sich auchdie Regierung darüber im Klaren ist, dass die Anforderungenan die Leistungsfähigkeit der Städte eher noch zu- als ab-nehmen, rief der amtierende Verkehrsminister Anthony Foxxdie Smart-City-Challenge aus. Die Stadt, die mit ihrem Smart-City-Konzept am meisten überzeugt, kann sich über insge-samt 50 Millionen US-Dollar freuen, um ihre Pläne zu verwirk-lichen. Ein Fünftel davon stiftete die Vulcan Inc. von Paul G.Allen, dem Mitbegründer von Microsoft. Doch er ist längstnicht der einzige Unterstützer.

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Insgesamt 78 Städte mit einer Größe von bis zu 850.000 Einwohnernim Kerngebiet haben innerhalb von sechs Monaten ihre Ideen undVisionen von einer Smart City zu Papier gebracht. Sieben Städteschafften es schließlich, in die Endauswahl zu kommen, und erhieltenjeweils 100.000 US-Dollar, um ihre konzeptionellen Ansätze weiterauszuarbeiten. Die Vorgabe des Verkehrsministeriums war unmiss-verständlich: „Findet heraus, was möglich ist.“ Der Fantasie warenzwar keine Grenzen gesetzt. Gleichwohl wurden die Städte dazuangehalten, sich nicht nur auf das Implementieren neuer Techno-logien im Straßenverkehr zu fokussieren. Vielmehr galt es, mit einem„smarten“ Transportsystem auch Ansätze dafür zu entwickeln,gesellschaftliche Herausforderungen zu lösen. Ohios HauptstadtColumbus konnte mit ihrem Smart-City-Konzept am meisten über-zeugen und wurde am 23. Juni 2016 durch Verkehrsminister Foxxoffiziell zum Gewinner gekürt. Ausschlaggebend war unter anderem,dass Columbus nach einer gründlichen Bestandsaufnahme Lösungs-ansätze dafür entwickelt hatte, wie man durch einen verbessertenöffentlichen Personennahverkehr mehr Einwohnern die Möglichkeitgeben kann, eine potenzielle Arbeitsstelle zu erreichen. „Es gibtRandbezirke, die sind buchstäblich abgeschnitten. Die Einwohner

kommen von dort weder in die Stadt noch zum nächsten Doktor,geschweige denn ihre Kinder zur Schule“, so das Ergebnis der selbst-kritischen Analyse von Columbus. Um diese Menschen im wahrstenSinne des Wortes stärker mitzunehmen, sieht das Smart-City-Konzeptunter anderem neue „Shuttle-Programme“ vor. Danach soll in Ko-operation mit Anbietern wie beispielsweise Uber oder car2go dieletzte Meile zum nächsten Haltepunkt des öffentlichen Nahverkehrsüberwunden werden können. Auch selbstfahrende elektrische Fahr-zeuge sollen dafür zum Einsatz kommen. Überhaupt spielen auto-nom fahrende Vehikel in dem Smart-City-Konzept von Columbuseine zentrale Rolle. Weil auch die Wirtschaft in diesem MetierChancen auf das Generieren neuer Geschäfte sieht, gibt es nebenVulcan Inc. ein breites Feld weiterer prominenter Unterstützer. Ama-zon zählt ebenso dazu wie der Alphabet-Konzern, AT&T, Continentalund Mobileye, um nur ein paar zu nennen. Die Stadt Columbusversteht den Wettbewerbssieg auch als Ansporn: „Wir wollen dieBlaupause für andere Städte liefern.“

www.columbus.gov/smartcity

Verfolgt ein ehrgeiziges Ziel: Die Stadt Columbus will in puncto Smart City die Vorreiterrolle einnehmen – wenn möglich weltweit.

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Häuser sind so individuell wie die Menschen, die darin wohnen oder arbeiten. Und so können auch die Anforderungen an eine Fassaden-dämmung sehr unterschiedlich sein.

Deshalb gilt es, nicht nur Systeme anzubieten, sondern bei jedem neuen Projekt das Ganze im Blick zu haben. So entstehen ganzheitliche, individuelle Lösungen für die Hausbesitzer bzw. die Menschen, die in einem Haus wohnen. Sieben Wärmedämm-Verbundsysteme zeigen auf, was in Sachen Fassadendämmung mit Sto heute möglich ist. Um die richtigen Entscheidungen bei der Wahl der Fassadendämmung zu treffen, braucht es vor allem eins: Lösungskompetenz. Willkommen bei Sto.

Sie haben Interesse an der kostenlosen Broschüre „Fassadendämmung für jede Anforderung“ oder wünschen einen Beratungstermin? www.sto.de/anforderungen_wdvs

Fassadendämmung für jede AnforderungBei Sto ist alles drin

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