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White Paper pro a German Arthroplasty Register.
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White Paper
Gelenkendoprothesenregister für Deutschland – Potenzielle Einsparungen im Gesundheitswesen
Raphael Held (Hochschule Niederrhein) & Dipl. Volkswirt Sebastian Gaiser (Heraeus)
Die Knie‐ und Hüftimplantationen werden in den kommenden Monaten und Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter und deutlich zunehmen. Neben der Zahl der Ersteingriffe wird auch die Zahl der Revisionseingriffe in den nächsten Jahrzehnten demografisch bedingt kontinuierlich steigen.(1) Pedersen et al. (2005) berechnen z. B. für Dänemark einen Anstieg der Hüft‐TEP‐Eingriffe von 2002 bis 2020 um 210%.(2) Auch Prognosen aus den USA und Frankreich legen dies nahe. Derzeit wird an Prognosen für Deutschland und Großbritannien gearbeitet. Die Prognosen sind alarmierend; jedoch bietet sich aktuell die Chance Maßnahmen zu ergreifen, die mittel‐ bis langfristig Einsparungen erreichen können. Krankenversicherer, medizinisches Personal, Gesundheitspolitiker und Industrie sind aufgefordert sich detailliert über die Potentiale und Chancen eines Endoprothesenregisters zu informieren und das Register endlich einzurichten. Im Folgenden sollen die Einsparpotentiale für Deutschland durch Einführung eines Endoprothesenregisters ermittelt werden. Eine zentrale gesundheitsökonomische Kennzahl ist in diesem Zusammenhang der sogenannte Revision Burden, dieser ist definiert als Anteil der Endoprothesenrevisionen an der Gesamtzahl aller Endoprotheseneingriffe (Skutek et al. 2006).(3) Im Jahre 2007 wurden in Deutschland 152.338 Hüftgelenks‐TEP‐Implantationen bei Arthrose des Hüftgelenks, 44.058 Endoprothesen bei Hüftgelenksfraktur und 136.262 Knie‐TEP‐Implantationen gemeldet. Die Zahl der gemeldeten Wechseloperationen (Revisionen) betrug im Jahre 2007 21.782 im Hüftgelenksbereich und 9.575 im Kniebereich (BQS 2007). Die Revision Burden betrug somit in Deutschland 2007 für Hüft‐TEP 12,5% und für Knie‐TEP 6,6% (zum Vergleich USA (2002) 17,5% für Hüft‐TEP und 8,2% für Knie‐TEP (Kurtz et al. 2005)). (4) Die Senkung des Revision Burden selbst nur um ein Prozent kann erhebliche Kostenersparnisse auf nationaler Ebene mit sich bringen, die die Kosten der Endoprothesenregister mehrfach übersteigen.
Da Wechseloperationen mit einer erheblich höheren Morbidität und Mortalität verbunden sind, ist die Standzeit einer Endoprothese, d. h. der Zeitraum, in der die Endoprothese stabil im Körper verbleibt, von großer Bedeutung für den Patienten und von ökonomischer Bedeutung für das Gesundheitssystem.
Die Langzeitbeobachtungsdaten internationaler Endoprothesenregister zeigen, dass auch die Ermittlung der Kosteneffizienz einzelner Behandlungsverfahren und Endoprothesenkonzepte möglich ist. So zeigten z. B. im schwedischen Hüftendoprothesenregister im Beobachtungszeitraum von 1992 – 2003, dass zementierte Hüftprothesen häufig längere Standzeiten und damit günstigere Gesamtkosten als unzementierte Prothesen haben. Im norwegischen Hüftendoprothesenregister zeigten spezifische Produkte, wie z. B. die in hohen Stückzahlen implantierte „Christiansen‐Prothese“ vergleichsweise weniger gute Ergebnisse. Mit dem Verlassen dieses Prothesenkonzepts konnten der Revision Burden und damit die Gesamtkosten nachhaltig reduziert werden. Auch wenn diese Aussagen einer differenzierten Interpretation unter Würdigung der landesspezifischen Gegebenheiten bedürfen, so ist die ökonomische Beurteilbarkeit unterschiedlicher Techniken klar erkennbar.
Zur Einschätzung des Aufwandes, welche durch Einrichtung und Betrieb eines Endoprothesenregisters entstehen, ist der Vergleich mit internationalen Registern nur eingeschränkt
möglich. In allen anderen Ländern musste für das Register ein eigenes System zur Datenerfassung, ‐sammlung und ‐auswertung aufgebaut und betreut werden. Die Erfassung erfolgt über Papierbögen (z. B. Australien), über elektronische Dokumentation (z. B. England) oder einem Mix aus beiden (z. B. Kanada). (1)
Schwer vergleichbar sind auch die Angaben zu den Kosten. Dem schwedischen Endoprothesenregister stehen jährlich ca. 400.000$ (300.000€) zur Verfügung (für mehr als 20.000 Endoprotheseneingriffe). Die Gesamtkosten, die für alle Beteiligten einschließlich Krankenhaus pro Fall entstehen, werden hier auf 40$ (ca. 30€) geschätzt, einschließlich aller „virtuellen Kosten“, welche für die Dokumentation durch den Arzt entstehen (Malchau 2004). Das britische Register finanziert sich über eine Pflichtabgabe der Krankenhäuser von zurzeit 25 €. (5)
Für deutsche Verhältnisse kalkulieren Pitto et al. niedrigere Kosten. Sie schätzen, dass die Kosten einer prospektiven Endoprothesenregisterdokumentation bei 3,75 € pro Fall liegen werden. (6) Die jährlichen Gesamtkosten der Endoprothesendokumentation für alle Hüft‐ und Kniegelenkimplantationen würden demnach bei rund 1,4 Millionen € liegen. Allein die Einsparungen durch eine Senkung des Revision Burden um 1% bei Hüftgelenken, würden die Kosten des Endoprothesenregisters weit übersteigen. Exemplarisch orientieren sich die folgenden Grafiken an veröffentlichten Daten der BQS, der Publikation von H. Effenberger „Benchmarking in der Hüftendoprothetik“ und Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Gesundheit. Beispiel anhand von BQS‐Daten und der Publikation von H. Effenberger „Benchmarking in der Hüftendoprothetik“:
Für die Erstellung dieser Grafik wurden die ermittelten Fallzahlen von Hüftimplantationen sowie die jährliche Revisionsrate (Zeitraum 2005‐2008) von der BQS verwendet. Aus der Publikation von H. Effenberger geht hervor, dass eine primäre Hüftoperation 7389 € kostet und eine Revisionsoperation der Hüfte rund 25% teurer ist (9236 €). Im ersten Schritt wurde mit Hilfe dieser Zahlen die Gesamtkosten für Hüftrevisionen ermittelt. Im zweiten Schritt wurde der Revision Burden um 1 % verringert und anschließend erneut die Gesamtkosten für Hüftrevisionen ermittelt. Die Differenz beider Ergebnisse ergibt das Einsparpotenzial des Endoprothesenregisters bei Senkung des Revision Burden um 1 %. Beispiel für 2005: 19.489 Hüftrevisionen * 9236 € = 180.000.404 € (Revision Burden 11,9 %) 17.844 Hüftrevisionen * 9236 € = 164.807.184 € (bei Senkung Revision Burden um 1 % auf 10,9 %) Gewinn 15.193.220 € Beispiel anhand der Daten des Bundesministeriums für Gesundheit:
Mit Hilfe der BQS‐Daten für Hüftoperationen und der Publikation des Bundesministeriums für Gesundheit konnte diese Grafik erstellt werden. Das Bundesministerium für Gesundheit geht von 15.000 € für eine Hüftoperation/Hüftrevision aus. Die Vorgehensweise ist identisch mit dem obrigen Verfahren. Beispiel für 2005: 19.489 Hüftrevisionen * 15.000 € = 292.335.000 € (Revision Burden von 11,9 %) 17.844 Hüftrevisionen * 15.000 € = 267.660.000 € (Senkung des Revision Burden um 1 % auf 10,9 %) Gewinn 24.675.000 € Bei diesen Grafiken ist allerdings zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um fiktive Szenarien handelt, welche aufzeigen sollen, inwieweit eine Senkung des Revision Burden um 1 % die Kostensituation bei Hüftrevisionen verändern würde.
Wie v. a. die Erfahrungen der skandinavischen Register zeigen, sind die zusätzlichen Kosten, die durch ein Endoprothesenregister entstehen, gegen zu rechnen mit den Einspareffekten durch vermiedene Revisionsoperationen. (1) In Schweden konnten aufgrund der gewonnenen Erfahrungen durch das Hüftregister nachhaltig 14 Millionen US‐Dollar jährlich eingespart werden. (7) Seit der Registereinführung konnte der Revision Burden in Schweden, Großbritannien, Kanada und Australien um bis zu 10 Prozent gesenkt werden. (8)
Aber auch in den USA werden mit enormen Einsparpotenzialen gerechnet. Im Jahr 2006 wurden in den USA mehr als 1 Million Hüft‐ und Knieoperationen durchgeführt, 77.000 (7,5%) davon waren Revisionen. Die Gesamtkosten hierbei übersteigen 32 Milliarden US‐Dollar. Die Kosten für die Registrierung im AJRR (American Joint Replacement Registry) würden sich auf 20 – 25 Millionen US‐Dollar belaufen, denen jedoch in den nächsten 20 Jahren Einsparungen von mehr als 13 Milliarden US‐Dollar durch gesenkte Revisionsoperationen gegenüber stehen. (8)
Literaturverzeichnis:
(1) Entwurf eines Rahmenkonzepts für ein Endoprothesenregister der Projektgruppe Endoprothesenregister bei der BQS Bundesgeschäftstelle Qualitätssicherung gGmbH Version 0.2, 18.12.2008
(2) Pedersen AB, Johnsen SP, Overgaard S, Søballe K, Sørensen HT, Lucht U. Total hip arthroplasty in Denmark: incidence of primary operations and revisions during 1996‐2002 and estimated future demands. Acta Orthop. 2005 Apr;76(2):182‐9.
(3) Skutek M, Bourne RB, Mac Donald SJ. International epidemiology of revision THR. Current Orthopaedics 2006 (20): 157‐161.
(4) Kurtz S, Mowat F, Ong K, Chan N, Lau E, Halpern M. Prevalence of primary and revision total hip and knee arthroplasty in the United States from 1990 through 2002. J Bone Joint Surg Am. 2005 Jul; 87(7): 1487‐97.
(5) Malchau H, Garellick G, Eisler T, Kärrholm J, Herberts P. Presidential guest address: the Swedish Hip Registry: increasing the sensitivity by patient outcome data. Clin Orthop Relat Res. 2005 Dec; 441: 19‐29.
(6) Pitto RP, Lang I., Kienapfel H., Wilert H‐G.: The German Arthroplasty Register. Acta Orthop Scand 2002 (Suppl 305): 73: 30‐33.
(7) Gerold Labek, EFORT EAR Handbook for Register Development
(8) Clinica World Medical Technology News, 7.8.2009, Issue 1346