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1 11-er Anlagen mit vier Schichtgenerationen Systematisch entwickelte Beschichtungsanlagen und Schichtspektren ermöglichen optimale Maschinen- und Schichtauswahl T.Cselle, M.Morstein, A. Lümkemann, J.Prochazka, PLATIT AG, Selzach, Schweiz Abstract Warum sollen die Beschichtungsanlagen und die mit denen möglichen Schichten systematisch aufgebaut werden? Damit kleine und grosse Anwender die optimale Wahl für ihre Fertigung leicht treffen können. PLATIT hat in den letzten 20 Jahren über 360 Beschichtungsanlagen, überwiegend als Basis von schlüsselfertigen Beschichtungssystemen installiert. In den letzten 4 Jahren bilden die Maschinen der 11- er Baureihe das Rückgrat dieser Systeme. Sie ermöglichen die Abscheidung von 4 Schichtgenerationen. Der Artikel gibt einen Überblick über die Maschinenreihe und ihre Schichtgenerationen.

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11-er Anlagen mit vier Schichtgenerationen

Systematisch entwickelte Beschichtungsanlagen und Schichtspektren ermöglichen optimale Maschinen- und Schichtauswahl

T.Cselle, M.Morstein, A. Lümkemann, J.Prochazka, PLATIT AG, Selzach, Schweiz

Abstract

Warum sollen die Beschichtungsanlagen und die mit denen möglichen Schichten systematisch aufgebaut werden? Damit kleine und grosse Anwender die optimale Wahl für ihre Fertigung leicht treffen können.

PLATIT hat in den letzten 20 Jahren über 360 Beschichtungsanlagen, überwiegend als Basis von schlüsselfertigen Beschichtungssystemen installiert. In den letzten 4 Jahren bilden die Maschinen der 11-er Baureihe das Rückgrat dieser Systeme. Sie ermöglichen die Abscheidung von 4 Schichtgenerationen. Der Artikel gibt einen Überblick über die Maschinenreihe und ihre Schichtgenerationen.

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1. Die 11-er Serie von Beschichtungsanlagen

Warum Serie 11? PLATITs Muttergesellschaft (Blösch) und Headquarters arbeiten im Kanton Solothurn, im Nordwesten der Schweiz. Die schönste Barockstadt der Schweiz ist mit der “magischen Zahl 11“ stark verbunden. Es gibt hier beispielweise 11 Museen, 11 Brunnen, 11 Kapellen, 11 Kirchen und sogar eine Uhr die nur 11 Stunden anzeigt (Bild 0).

Alle Maschinen der 11-Serie (Bild 1) arbeiten mit den rotierenden Kathoden, die mittlerweile von mehr als 130 Anwendern in 37 Ländern verwendet werden [1].

1.1 π111

Die π111 findet ihre Anwendung vor allem in kleineren Betrieben, z.B. bei Werkzeugschleifern, aber auch in grossen Beschichtungszentren als flexible Schnellschussanlage. Sie wurde vor 4 Jahren, in 2009 als der

Nachfolger der berühmten π80 zum ersten Mal ausgeliefert. Ihre wesentlichen Verbesserungen

gegenüber der π80 sind in erster Linie:

- Die grössere Vakuumkammer und damit die um 30 bis 50% höhere Beladungskapazität bei exzellenter Schichtdickenverteilung,

- Die höhere Belastbarkeit durch ein neues Antriebssystem für schwerere Substrate (150 kg statt 50 kg),

- Vollständig digitaler Datentransfer über Profibus, und vor allem - Das LGD®-(LARC-Glow Discharge), das neuartige, stärkere Ätzen, wodurch auch bei komplizierten

verdeckten Flächen (z.B. Abwälzfräser, Formwerkzeuge etc.) eine exzellente Schichthaftung erreichbar ist.

- Durch diese besseren “Randbedingungen“ erleben die Nanocomposites eine Renaissance, auch bei kleineren Beschichtern.

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1.2 π211

Die π211 wird auf der EMO 2013 als Weltneuheit zur dedicated Abscheidung von wasserstofffreien DLC-Schichten (ta:C – Schichten) vorgestellt.

- Sie verwendet die Chassis und die Kammer der π111. - Sie arbeitet meistens mit einer metallischen (Cr, Ti) und mit einer Graphit-Kathode. - Zur Partikel-Filterung entwickelten wir eine revolutionär neue Methode und Hardware (die

PISCOT®). Die Partikel werden durch ein Straigth-Away-Filter geleitet, der gepulst angesteuert wird und platzsparend ohne die altbekannte “Kniefilterung“ (90°-Filter) auskommt.

Die damit abgeschiedenen DLC-Schichten weisen

- sehr hohe Härten (>50 GPa), - bei niedrigen Reibwerten (µ<0.1 gegenüber Hartmetall) auf. - Sie werden in erster Linie zur Beschichtung von Bauteilen bei hohen mechanischen Belastungen

und - zur Zerspanung von zur Aufbauschneidenbildung neigenden Materialien (z.B. weiche Al-

Legierungen) verwendet.

Durch die sehr wirtschaftliche Abschneidung können Hartmetallwerkzeuge mit DLC-Schichten der π211 eine Alternative zu teuren PKD- und diamantbeschichteten Werkzeugen werden. Dies in erster Linie in der Klein- und Mittelserienfertigung.

1.3 π311

Die π311 wurde vor 3 Jahren, in 2010 als die Weiterentwicklung der π300 vorgestellt. Sie ist die beliebte Beschichtungsanlage des Mittelstandes.

- 3 seitliche LARC® (Lateral Rotating Cathodes) und 1 zentrale (CERC®: Central Rotating Cathode) ermöglichen die Produktion über 30 Schichten per Software ohne Kathodenwechsel.

- Diese Maschine ist die Mutter der immer stärker verwendeten und nachgeahmten Tripel-Schichten (TripleCoatings3®).

- Die π311-ECO, mit nur 3 LARC®-Kathoden bietet einen ökonomischen Einstieg in die Welt der TripleCoatings3®. Das Fehlen des zentralen “Boosters“ verlangsamert aber die Prozesse.

1.4 π411

Die π411 wurde auf der AMB 2012 vorgestellt. Als Hochleistungsmaschine fand sie in kurzer Zeit nach ihrer Vorstellung den Weg in die Beschichtungszentren mittelständischer und grösserer Werkzeughersteller und Lohnbeschichter.

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- Die gleichzeitig arbeitenden CERC- und drei LARC-Kathoden werden mit hoher Leistung betrieben, womit Prozesszeiten in der Grössenordnung von 3.5 Stunden möglich sind.

- Die mit deren Hilfe entwickelte Quad-Schichten (QuadCoating4®) beinhalten im Vergleich zu Triple-Schichten einen zusätzlichen Layer oder Merkmal.

- Statt CERC-Kathode kann optional eine SCiL®- (Sputtered Coating induced by LGD) -Kathode eingesetzt werden. Sie ermöglicht die Herstellung dropletarmer Schichten, die heute in erster Linie zur Beschichtung von Gewindewerkzeugen eingesetzt werden.

Zwischenfazit für die Beschichtungsanlagen der Serie 11

Die Serie 11 bietet allen Anwendern die entsprechende Kapazität.

- Das Minimum liegt bei ~250, (eine Charge pro Tag mit der π111),

- das Maximum bei ~3000 Werkzeugen (sechs Chargen pro Tag mit der π411). - Gerechnet für d × L =10 × 70 mm Schaftfräser ([1] Seite 58-59).

2. Die 4 Generationen der Schichten

Mit den Anlagen der 11-er Serie sind vier Generationen der PVD-Schichten herstellbar. Darunter fallen alle marktgängigen Schichten und viel mehr (Bild 2).

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2.1 Schichten der 1. Generation

Die Schichten der 1. Generation sind Monoblockschichten ohne Haftlayer.

- Ihr wichtigster Vorteil ist die hohe Produktivität bei der Abscheidung (und der damit verbundene höchste Gewinn des Beschichters). Alle Targets sind gleich und können während des ganzen Prozesses ausgenutzt werden.

- Ihr wichtigster Nachteil ist der fehlende Haftlayer und die damit verbundene nicht optimale Haftung. (Falls es sich nicht um die Basis-Monoblock-Schichten TiN oder CrN handelt.)

- Die Schichten der 1. Generation sind in allen Anlagen möglich. - Platit scheidet die Schichten der 1. Generation nur für TiN und CrN ab. - Die wichtigsten Anwendungsgebiete der Schichten der 1. Generation sind HSS-Zerspanungs- und

Umformwerkzeuge, sowie einfache Bauteile.

2.2 Schichten der 2. Generation

Die Schichten der 2. Generation weisen einen Haftlayer und verschiedene Strukturen für die Funktionsschicht auf.

- Alle Monoblockschichten der 2. Generation starten mit einem Haftlayer (mit Ti oder Cr). - Bei den Gradient-Schichten wird der Anteil der zweiten Komponente (Zr, C, Al etc) “stufenlos“

(gradient) gesteigert, um üblicherweise die Härte und/oder die Temperaturbeständigkeit der Schicht zur Oberfläche hin, zu steigern.

- Multilayer weisen eine höhere Zähigkeit dank des Sandwicheffektes auf. - Nanolayer können härter sein als die Multilayer, falls die Nanolayer-Periode richtig gewählt und

abgeschieden wird ([1]). - Nanocomposites sind superharte Schichten mit feiner Struktur. Die harten Körner (z.B. AlCrN)

sind in eine amorphe Matrix (von z.B. Si3N4) eingebettet. Die Matrix verhindert das Kornwachstum und erhöht dadurch die Schichthärte.

- Ca. 60% der heute verwendeten Schichten gehören zur 2. Generation.

2.3 Schichten der 3. Generation

Die von Platit in 2007 vorgestellten Tripel-Schichten (TripleCoatings3® [2]) sind Kombinationen von den einzelnen Strukturen, dort wo sie ihre optimale Wirkung ausüben können.

- Der erste Layer (TiN oder CrN) gewährt das wichtigste Kriterium einer Schicht, die Haftung. - Der mittlere Kernlayer ist für die gute Zähigkeit der Schicht verantwortlich. - Der Toplayer soll die gute Verschleissfestigkeit mit hoher Härte erreichen.

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2.4 Schichten der 4. Generation

Platit hat die Quad-Schichten (QuadCoatings4® [3]-[5]) zum ersten Mal im 2012 in der π411 abgeschieden und zum industriellen Einsatz gebracht. Die Quad-Schichten weisen einen zusätzlichen Layer auf, wie z.B.:

- Einen doppelten Kernteil zur höheren Zähigkeit zum Abwälzfräsen, - Einen Oxidlayer zur Wärmedämmung bei HSC- und Trockenbearbeitung oder - Eine Art Schmierlayer (z.B. CrCN) zur Reduzierung des Reibungskoeffizienten für Formwerkzeuge.

3. Anwendungen der Schichtgenerationen

Wie sieht das optimale Schichtspektrum einer Maschinenserie mit verschiedenen Kapazitäten und demzufolge mit verschiedenen Anwendern aus?

So, dass sowohl der kleinste, als auch der mittelständische, aber auch der grosse Anwender seine Bearbeitungen abdecken können. Dabei sollen

- die gleichen Auswahlkriterien und Schichtzuordnungen für Klein und Gross gelten, aber - die höhere Leistung und die breiteren Möglichkeiten der grösseren Anlagen nutzbar sein.

Diesen Spagat löst PLATIT mit der systematischen Hilfe der Mutterschichten und ihrer 4 Generationen (Bild 3).

Die “Mutterschichten“ stehen im Mittelpunkt der Tabelle.

- Die Anwendungsgebiete links, hängen in erster Linie von den physikalischen Eigenschaften der Basismaterialien der Schicht ab, die durch die Mutterschicht definiert sind.

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- Welche Schichtstrukturen (welche Generation der Mutterschicht) in den einzelnen Beschichtungsanlagen vorzugsweise abgeschieden werden, sind in der rechten Tabellenhälfte erfasst.

Dadurch sieht jeder Anwender welche Schicht er für die jeweilige Anwendung in seiner Anlage abscheiden soll bzw. kann.

Die Bilder 4 – 10 zeigen einige typische Anwendungsbeispiele, wie die Schichtleistung durch die höheren Generationen verbessert werden kann.

- Bild 4 und Bild 5 stellt Leistungsvergleiche für spanlose Formwerkzeuge vor, beschichtet mit Schichten der 1. und 2. Generation.

- Bild 6 vergleicht das Verschleissverhalten von Feinstanzwerkzeugen, beschichtet mit Schichten der 1., 2. und 3. Generation. Die spezielle Kernschicht aus Tripel-Schicht, AlCrN3®, ist die Grundlage für die gute Leistung der dedicated Schicht FeinAl®.

- Im Bild 7 sind alle vier Generationen vertreten. Die für diese Bohroperation bestgeeignete Quad- Schicht, TiXCo4® weist in ihrer Topschicht einen sehr hohen Silizium-Gehalt aus.

- Die ionnitrierten (e-beam) Schichten der 1. Generation haben immer noch eine Monopolstellung bei der Gewindeherstellung. Eine neue Quad-Schicht, AlTiCrN4®-Tribo, mit allen drei Hauptelementen der heutigen PVD-Schichten (Ti, Al und Cr) und mit einer zusätzlichen Schmierschicht will diese Monopolstellung brechen (Bild 8) [4].

- Die Beschichtung von Abwälzfräsern ist eine sehr komplexe Aufgabe. Der ganze Prozess - Entschichten, Nachschleifen, Schneidkanten-Präparieren und Beschichten – muss optimiert werden, damit die Schichten der 3. und 4. Generation die guten Ergebnisse erreichen können (Bild 9) [5].

- Wegen der hohen Warmfestigkeit werden oxydische Schichten vorwiegend für Wendeschneidplatten zum trockenen HSC-Drehen empfohlen. Die dedicated Schicht, Nanomold-Gold, wurde auf der Grundlage der Quad-Schicht nACoX4® entwickelt. Sie etabliert sich immer stärker auch für Fräsplatten (Bild 10).

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4. Ausblick

In der Beschichtungsbranche ist sehr viel in Bewegung [6].

- Einerseits kauften grosse Konzerne mehrere kleinere Anlagenhersteller und Beschichter im letzten Jahr auf. Es verschärft den Wettbewerb in Lohnbeschichtung und drückt die Preise nach unten.

- Anderseits wollen grosse Lohnbeschichter ihren Umsatz mit eigenem Nachschleifen steigern.

Das letztere lässt die mittelständischen Werkzeughersteller und Nachschleifer absolut nicht kalt. Ihre Hemmschwelle, die Beschichtung in ihre Fertigung zu integrieren, sinkt dadurch eindeutig.

Der harte Konkurrenzkampf treibt die Entwicklung der so wie so innovativen Beschichter zusätzlich voran. Deswegen ist die 5. Schichtgeneration nur eine Frage der Zeit. Sie wird vielleicht nicht durch einen 5. Layer gekennzeichnet, sondern durch ein anderes zusätzliches Merkmal. Man darf gespannt sein.

Referenzen

[1] PLATIT Kompendium, 51. Ausgabe, Selzach, 2013, www.platit.com

[2] Morstein, M. u.a.: Triple Coatings with Rotating Arc PVD Cathodes – Five Years of Dependable High Performance, San Diego, G7-6, 23.04.2007

[3] Cselle, T. u.a.: QuadCoatings4® - Neue Generation von PVD-Schichten für Zerspanungswerkzeuge, Werkzeugtechnik, Nov/2012, p.60-61

[4] Morstein, M., u.a.: A Tribological Approach Towards Engineering the Wear Behavior of PVD Coatings, PLANSEE Seminar, Reutte, June 3–7, 2013

[5] Lümkemann, A., u.a.: QuadCoatings4®, a New Generation of PVD Coatings for High-Performance Cutting Applications, ICMCTF 2013, San Diego, G6-17, 02.05.2013

[6] Cselle, T.: PVD-Beschichtung für Zerspanungswerkzeuge – Quo Vadis 2012 Werkzeugtechnik, Sept/2012, p.54-58