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408 ANWENDUNGEN & PRODUKTE BIOspektrum | 04.12 | 18. Jahrgang ULRIKE ENGEL NIKON IMAGING CENTER, UNIVERSITÄT HEIDELBERG While light microscopy allows for observations in live cells, structures spaced less than 200 nm are represented as a blur. Structured Illumina- tion Microscopy (SIM) is a technique that is able to discern structures below this limit. Here we use SIM to visualize actin morphology at focal adhesions. Dual color super-resolution imaging reveals that mature ad- hesions display a dense packaging of parallel actin fibers, where active focal adhesion kinase associates with actin. DOI: 10.1007/s12268-012-0201-0 © Springer-Verlag 2012 Lichtmikroskopie versus Elektronenmikroskopie ó Am eindrücklichsten bleibt uns das, was wir bildlich sichtbar machen können. Aller- dings sind der Lichtmikroskopie dabei Gren- zen gesetzt. Bei der Erforschung des Zyto- skeletts haben Biochemie, Elektronenmi- kroskopie und Lichtmikroskopie unser Ver- ständnis gefördert. Wir wissen, dass Aktin eine ATPase ist, die zu Filamenten wächst. Im Elektronenmikroskop können diese fünf Nanometer dicken Filamente dargestellt wer- den, in der Lichtmikroskopie sind sie weit unterhalb der Auflösungsgrenze. Indirekt konnte man dennoch mittels Lichtmikrosko- pie zeigen, wie sich Aktin in der Zelle ver- hält: Durch Bleichexperimente an GFP-Aktin- exprimierenden Zellen wissen wir, das Aktin- filamente in der Peripherie wachsen und wel- che Proteine daran beteiligt sind [1]. Doch immer wenn es um die genaue Anordnung der Filamente in der Zelle geht, reicht die Auf- lösung des Lichtmikroskops nicht aus und Beobachtungen müssen durch die Elektro- nenmikroskopie ergänzt werden. So wurde z. B. mit korrelativer Licht- und Elektronen- mikroskopie gezeigt, wie Filopodien entste- hen [2]. Einen Nachteil jedoch hat die Elektro- nenmikroskopie: Um Bilder mit gutem Kontrast zu erzeugen, müssen die Zellen fixiert und kontrastiert werden, wodurch Strukturen stark verändert werden können. Die Strukturen in lebenden Zellen direkt zu erfassen, ist deshalb das Ziel, und dafür bie- tet die Lichtmikroskopie weit bessere Vor- aussetzungen. Die Auflösungsgrenze der Lichtmikroskopie Als Hochauflösungsmikroskopie (super-reso- lution microscopy) werden Techniken bezeich- net, die die Auflösungsgrenze der konventio- nellen Lichtmikroskopie von 200 nm unter- schreiten und dabei Licht im sichtbaren Bereich des Spektrums nutzen. Die Grenze ergibt sich aus der Beugung des Lichts: Licht lässt sich minimal nur auf die Hälfte seiner Wellenlänge fokussieren. Bei blau-violettem Licht (Wellenlänge: 400 nm) ergibt sich so die Grenze von 200 nm. Für Strukturen in der Fluoreszenzmikroskopie bedeutet es, dass sie nicht weniger als 200 nm voneinander ent- fernt sein dürfen, sonst verschmelzen sie im Bild (Abb. 1). Entscheidend sind also die Abstände. Ein konventionelles Fluoreszenz- mikroskop mit guter Optik kann sehr wohl einzelne Mikrotubuli (Durchmesser: 25 nm) darstellen, vorausgesetzt sie sind weit genug voneinander entfernt. In der Peripherie der Zelle ist das oft der Fall (Abb. 1A, Pfeil), und dort kann die Dynamik von Mikrotubuli gut studiert werden. Im Inneren der Zelle sind sie jedoch so dicht gepackt, dass es unmöglich ist, ihre Anordnung zu erfassen. Alle Techniken, die Strukturen von weni- ger als 200 nm Größe auflösen, werden kol- lektiv als Hochauflösungsmikroskopie Fluoreszenzmikroskopie Wie ein Puzzle zusammengesetzt: Hoch- auflösung mit strukturierter Beleuchtung ˚ Abb. 1: Auflösungsvermögen des herkömmlichen Lichtmikroskops. A, Fluoreszenzmarkierte Mikrotubuli, aufgenommen mit einem Nikon 60x Apo TIRF-Objektiv (NA 1.49) im Weitfeldmodus. In der Peripherie der Zelle sind einzelne Mikrotubuli (Pfeil) gut erkennbar. B, Zwei Mikrotubuli, wie sie innerhalb des Rahmens in A angeordnet sein könnten, sind den tatsächlichen Größenverhält- nissen gemäß dargestellt. C, Das Bild in B wurde mit der Abbildungsfunktion eines Weitfeldmi- kroskops verrechnet. Diese synthetischen Daten entsprechen dem Fluoreszenzbild in A (siehe Rahmen). D, Intensitätsprofile durch B und C zeigen deutlich, dass bei einem Abstand von 350 nm zwei Mikrotubuli im synthetischen Fluoreszenzbild gut unterschieden werden können (Profil 2 in B, C), sie aber bei einem Abstand von 120 nm (Profil 1 in B, C) völlig miteinander verschmelzen (Aufnahmen mit dem N-SIM-Mikroskop, Nikon). A B C D

Wie ein Puzzle zusammengesetzt: Hochauflösung mit strukturierter Beleuchtung

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Page 1: Wie ein Puzzle zusammengesetzt: Hochauflösung mit strukturierter Beleuchtung

408 ANWENDUNGEN & PRODUKTE

BIOspektrum | 04.12 | 18. Jahrgang

ULRIKE ENGEL

NIKON IMAGING CENTER, UNIVERSITÄT HEIDELBERG

While light microscopy allows for observations in live cells, structuresspaced less than 200 nm are represented as a blur. Structured Illumina-tion Microscopy (SIM) is a technique that is able to discern structuresbelow this limit. Here we use SIM to visualize actin morphology at focaladhesions. Dual color super-resolution imaging reveals that mature ad -hesions display a dense packaging of parallel actin fibers, where activefocal adhesion kinase associates with actin.

DOI: 10.1007/s12268-012-0201-0© Springer-Verlag 2012

Lichtmikroskopie versusElektronenmikroskopieó Am eindrücklichsten bleibt uns das, waswir bildlich sichtbar machen können. Aller-dings sind der Lichtmikroskopie dabei Gren-zen gesetzt. Bei der Erforschung des Zyto-skeletts haben Biochemie, Elektronenmi-kroskopie und Lichtmikroskopie unser Ver-ständnis gefördert. Wir wissen, dass Aktin

eine ATPase ist, die zu Filamenten wächst. ImElektronenmikroskop können diese fünfNanometer dicken Filamente dargestellt wer-den, in der Lichtmikroskopie sind sie weitunterhalb der Auflösungsgrenze. Indirektkonnte man dennoch mittels Lichtmikrosko-pie zeigen, wie sich Aktin in der Zelle ver-hält: Durch Bleichexperimente an GFP-Aktin-exprimierenden Zellen wissen wir, das Aktin-

filamente in der Peripherie wachsen und wel-che Proteine daran beteiligt sind [1]. Dochimmer wenn es um die genaue Anordnungder Filamente in der Zelle geht, reicht die Auf-lösung des Lichtmikroskops nicht aus undBeobachtungen müssen durch die Elektro-nenmikroskopie ergänzt werden. So wurdez. B. mit korrelativer Licht- und Elektronen-mikroskopie gezeigt, wie Filopodien entste-hen [2]. Einen Nachteil jedoch hat die Elektro-nenmikroskopie: Um Bilder mit gutemKontrast zu erzeugen, müssen die Zellenfixiert und kontrastiert werden, wodurchStrukturen stark verändert werden können.Die Strukturen in lebenden Zellen direkt zuerfassen, ist deshalb das Ziel, und dafür bie-tet die Lichtmikroskopie weit bessere Vor-aussetzungen.

Die Auflösungsgrenze derLichtmikroskopieAls Hochauflösungsmikroskopie (super-reso-lution microscopy) werden Techniken bezeich-net, die die Auflösungsgrenze der konventio-nellen Lichtmikroskopie von 200 nm unter-schreiten und dabei Licht im sichtbarenBereich des Spektrums nutzen. Die Grenzeergibt sich aus der Beugung des Lichts: Lichtlässt sich minimal nur auf die Hälfte seinerWellenlänge fokussieren. Bei blau-violettemLicht (Wellenlänge: 400 nm) ergibt sich so dieGrenze von 200 nm. Für Strukturen in derFluoreszenzmikroskopie bedeutet es, dass sienicht weniger als 200 nm voneinander ent-fernt sein dürfen, sonst verschmelzen sie imBild (Abb. 1). Entscheidend sind also dieAbstände. Ein konventionelles Fluoreszenz-mikroskop mit guter Optik kann sehr wohleinzelne Mikrotubuli (Durchmesser: 25 nm)darstellen, vorausgesetzt sie sind weit genugvoneinander entfernt. In der Peripherie derZelle ist das oft der Fall (Abb. 1A, Pfeil), unddort kann die Dynamik von Mikrotubuli gutstudiert werden. Im Inneren der Zelle sindsie jedoch so dicht gepackt, dass es unmöglichist, ihre Anordnung zu erfassen.

Alle Techniken, die Strukturen von weni-ger als 200 nm Größe auflösen, werden kol-lektiv als Hochauflösungsmikroskopie

Fluoreszenzmikroskopie

Wie ein Puzzle zusammengesetzt: Hoch -auflösung mit strukturierter Beleuchtung

˚ Abb. 1: Auflösungsvermögen des herkömmlichen Lichtmikroskops. A, FluoreszenzmarkierteMikrotubuli, aufgenommen mit einem Nikon 60x Apo TIRF-Objektiv (NA 1.49) im Weitfeldmodus.In der Peripherie der Zelle sind einzelne Mikrotubuli (Pfeil) gut erkennbar. B, Zwei Mikrotubuli, wiesie innerhalb des Rahmens in A angeordnet sein könnten, sind den tatsächlichen Größenverhält-nissen gemäß dargestellt. C, Das Bild in B wurde mit der Abbildungsfunktion eines Weitfeldmi-kroskops verrechnet. Diese synthetischen Daten entsprechen dem Fluoreszenzbild in A (sieheRahmen). D, Intensitätsprofile durch B und C zeigen deutlich, dass bei einem Abstand von 350 nmzwei Mikrotubuli im synthetischen Fluoreszenzbild gut unterschieden werden können (Profil 2 inB, C), sie aber bei einem Abstand von 120 nm (Profil 1 in B, C) völlig miteinander verschmelzen(Aufnahmen mit dem N-SIM-Mikroskop, Nikon).

A B C

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bezeichnet. Dazu gehören die STED-Mikro-skopie (stimulated emission depletion) sowiedie auf der Lokalisierung von einzelnen Mole-külen beruhenden Verfahren (STochastic Opti-cal Reconstruction Microscopy, STORM, undPhoto-Activation Localization Microscopy,PALM) und schließlich die Mikroskopie mitstrukturierter Beleuchtung (Structured Illu-mination Microscopy, SIM) [3]. Für die fol-genden Untersuchungen nutzten wir dasN-SIM Mikroskop von Nikon, das auf demDesign von Gustafsson und Sedat [4] beruht.

Strukturierte Beleuchtung fürhochauflösende Mikroskopie: dasZytoskelett unter SIMBei SIM wird nicht die ganze mikroskopischeProbe gleichzeitig beleuchtet, sondern es wirdein Streifenmuster in diese projiziert. DiesesStreifenmuster und die Fluoreszenzverteilungin der Probe erzeugen ein Moiré-Muster, dasgröber ist als die feinsten Strukturen in derProbe. Die Abstände des Moiré-Musters lie-gen im Auflösungsbereich der Lichtmikros-kopie, sie beinhalten aber – zunächst unsicht-bare – Informationen über Strukturen nochgeringerer Größe. Verschiebt und rotiert mandieses Muster mehrmals, so können dieseStrukturen daraus rekonstruiert werden. Ins-gesamt entstehen jeweils 15 Bilder (Abb. 2A).Diese werden dann mitei nander verrechnet– das geschieht nach einer Fouriertransfor-mation, in der räumliche Frequenzen besseranalysiert werden können. Die Rücktransfor-mation ergibt dann das hochauflösende Bild(Abb. 2E). In dem errechneten Bild sind deut-lich mehr Details zu erkennen, als auf derkonventionellen Aufnahme. So sind im SIM-Bild an den Zellkontakten die Einzelfasern zuerkennen, die zusammen als Bündel dieStressfaser bilden (Pfeil im vergrößerten Aus-schnitt in Abb. 2D/E).

Ein SIM-Mikroskop unterscheidet sich vonanderen Fluoreszenzmikroskopen also durchdie Art der Beleuchtung: Dabei entsteht dasStreifenmuster, indem Laserlicht durch einoptisches Gitter geschickt wird, wobei dasObjektiv dieses Muster nicht nur in der Ebe-ne, sondern auch entlang der optischen Ach-se projiziert. Genaugenommen müsste manalso von stabförmiger Beleuchtung, und nichtvon Streifen sprechen.

Die Details, die SIM auflösen kann, liegentheoretisch bei etwa 100 nm, in der Praxisetwa 120 nm. Die Limitation ist wieder dieBeugungsgrenze des Lichts, denn die Strei-fenmuster können nicht feiner als 200 nmsein. Zusätzlich spielen aber auch die Ver-

hältnisse in der Probe eine Rolle: Lichtbre-chende Strukturen, wie z. B. Membranen,können das Muster abschwächen, bis es, tiefin der Probe, nicht mehr deutlich genug ist,um daraus noch ein Bild zu rekonstruieren.

Im N-SIM ist es einfach, weitere Kanäle auf-zunehmen, indem der Anregungslaser undFilter gewechselt werden. Das ist wichtig, weiloft erst durch Ko-Lokalisation mit anderenMarkern eine Aussage gemacht werden kann.

˚ Abb. 2: In SIM werden 15 Bilder (A) zu einem hochauflösenden Bild (E) verrechnet. Das Beispielzeigt eine Epithelzelle, bei der Aktin mit fluoreszierendem Phalloidin gefärbt wurde. A, Die Roh -daten bestehen aus 15 Bildern, in denen das Streifenmuster in drei unterschiedlichen Orientierun-gen und fünf verschiedenen Phasen (Verschiebungen) aufprojiziert wurde. B, Das Streifenmusterwird für jede Orientierung um 120° gedreht. C, Ein Intensitätsprofil (orange Linie in B) lässt diesinusförmige Intensitätsverteilung erkennen. D, Die Rohdaten können durch Addition zu einemWeitfeldbild verrechnet werden. E, Im Fourierraum werden die Intensitäten entmischt und aus den15 Bildern ein hochauflösendes Bild errechnet. Die Ausschnitte in D und E zeigen, dass von denVerankerungen der Stressfasern in E feinere Filamente auslaufen, was in D nicht zu erkennen ist(Pfeil) (Aufnahmen mit dem N-SIM-Mikroskop, Nikon).

¯ Abb. 3: Veranke-rung von Aktinfasernan Zell-Matrix-Kon-takten (focal adhe-sions) einer Epithel-zelle. SIM im Zweika-nalmodus stellt phal-loidin-gefärbtes Aktin(A) und eine Antikör-perfärbung für phos-phorylierte Fokalad-häsions-Kinase(pFAK, B) dar. C, DieSubstruktur des Zell-kontakts zeigt, dassparallel verlaufendeAktinfasern (grün) inenger Verbindung zupFAK (rot) stehen. D,Das wird im Intensi-tätsprofil deutlich,das durch die Ausläu-fer des Kontaktsgezogen wurde (Auf-nahmen mit dem N-SIM-Mikroskop,Nikon).

A

B

A

C D

B

C

D

E

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Mit der Hochauflösungsmikroskopiewird das Zytoskelett bald in einem neuenLicht erscheinen, wenn statische EM-Bilderdurch dynamische Bildsequenzen ergänztwerden. ó

Literatur[1] Lai FP, Szczodrak M, Block J et al. (2008) Arp2/3 complexinteractions and actin network turnover in lamellipodia.EMBO J 27:982–992[2] Verkhovsky AB, Chaga OY, Schaub S et al. (2003)Orientational order of the lamellipodial actin network asdemonstrated in living motile cells. Mol Biol Cell 14:4667–4675[3] Huang B, Bates M, Zhuang X (2009) Super-resolution flu-orescence microscopy. Annu Rev Biochem 78:993–1016[4] Gustafsson MG, Shao L, Carlton PM et al. (2008) Three-dimensional resolution doubling in wide-field fluorescencemicroscopy by structured illumination. Biophys J 94:4957–4970

Korrespondenzadresse:Dr. Ulrike EngelNikon Imaging Center an der Universität HeidelbergBioquant und COSIm Neuenheimer Feld 267D-69120 HeidelbergTel.: 06221-545652Fax: 06221-5451480ulrike.engel@bioquant.uni-heidelberg.dewww.nic.uni-hd.de

So können wir z. B. darstellen, wie Aktinfila-mente in den Zell-Matrix-Kontakten veran-kert sind (Abb. 3).

Können wir SIM auch nutzen, um demAktinzytoskelett beim Wachsen zuzuschau-en? Im SIM ist das für Vorgänge, die relativlangsam ablaufen, bereits möglich, und wirhaben erfolgreich erste Bildsequenzen vonMikrotubuli aufgenommen. Limitierend istdie Geschwindigkeit, in der wir die 15 Bilderfür ein hochauflösendes Bild aufnehmen kön-nen, denn was sich in dieser Zeit bewegt,erscheint „verwackelt“ auf dem Hochauf -lösungsbild. Mit dem N-SIM brauchen wirfür die 15 Einzelbilder mindestens eineSekunde. Diese zeitliche Auflösung ist zulangsam für manche Prozesse, aber für dieDynamik von Zellkontakten vollkommendausreichend.