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proceedings Wilfried Herget & Hans-Georg Weigand & Thomas Weth (Hrsg.) Bericht übe die 1 7. Arbeitstagung des Arbeitskreises ,,Mathematikunterricht und Informatik" in der Gesellschaft fü Didaktik der Mathematik e.V. vom 24. bis 26. September 1999 in Wolfenbütte

Wilfried Herget Hans-Georg Weigand & Thomas Weth (Hrsg.)

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proceedings

Wilfried Herget & Hans-Georg Weigand & Thomas Weth (Hrsg.)

Bericht übe die 1 7. Arbeitstagung des Arbeitskreises

,,Mathemati kunterricht und Informatik" in der Gesellschaft fü Didaktik der Mathematik e.V.

vom 24. bis 26. September 1999 in Wolfenbütte

proceedings

Wilfried Herget & Hans-Georg Weigand & Thomas Weth (Hrsg.)

Bericht übe die 17. Arbeitstagung des Arbeitskreises

.Mathemati kunterricht und Informatik" in der Gesellschaft fü Didaktik der Mathematik e. V.

vom 24. bis 26. September 1999 in Wolfenbütte

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Die Deutsche Bibliothek CIP-Einheitsaufnahme

Gesellschaft fü Didaktik der Mathematik 1 Arbeitskreis Mathematikunterricht und Informatik: Bericht Übe die . . . Arbeitstagung des Arbeitskreises ,Mathematikunterricht und Informatik in der Gesellschaft fü Didaktik der Mathematik e. V. - Hildesheim: Franzbecker

(Proceeding s) 17. Standardthemen des Mathematikunterrichts in

moderner Sicht. - 2000

Standardthemen des Mathematikunterrichts in moderner Sicht : vom 24. bis 26. September 1999 in Wolfenbütte 1 Wilfried Herget & Hans-Georg Weigand & Thomas Weth (Hrsg.). - Hildesheim : Franzbecker, 2000

(Bericht übe die . . . Arbeitstagung des Arbeitskreises ,,Mathematikunterricht und Informatik" in der Gesellschaft fü Didaktik der Mathematik e. V.; 17) (Proceedings) ISBN 3-881 20-321 -4

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfaltigung und Übertragun auch einzelner Textabschnitte, Bilder oder Zeichnungen vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Zustimmung des Verlages in irgendeiner Form reproduziert werden (Ausnahmen gern. 53, 54 URG). Das gilt sowohl fü die Vervielfältigun durch Fotokopie oder irgendein anderes Verfahren als auch fü die Übertragun auf Filme, Bänder Platten, Transparente, Disketten und andere Medien.

@ 2000 b y Verlag Franzbecker, Hildesheim, Berl in

Inhalt

Vorwort

@ Grundsätzliche

Der Einsatz von Computer-Algebra-Systemen zum Elementarisieren im Mathematikunterricht

Klaus Aspefsberger, Aschach/hferreich

Selbsttätige Lernen - neue Methoden, neues Gluck? Bärbe Barzel, Düsseldor

CAS-Bausteine bei der Modellierung mathematischer Standardthemen Eberhard Lehmann, Berlin

Mathematische Grundfertigkeiten und Technologie - kein Widerspruch, sondern eine Ergänzun

Josef Böhm St Polfen/Osterreich

Podiums- und Plenumsdiskussion Mutfried Hartmann, NŸrnber & Silke Thies, Gieße

0 Geometrie

Computerunterstutzter Geometrie-Unterricht mit elektronischen Arbeitsblätter 47 H -JŸrge Elschenbroich, Korschenbroich

Zum Beweis der Richtigkeit geometrischer Konstruktionen Gerhard Holland, Gie§e

Kongruenzgeometrische Beweisubungen mit der Computersofiware GEOBEWEIS - 58 Erfahrungen mit einer Unterrichtskonzeption in einer 7 Klasse

Hinrich Lorenzen, Geftorf

@ Terme, Formeln, Gleichungen, Algorithmen

Fur und wider von Termumformungen mit einem CAS Ingmar Lehmann, Berlin

Quadratische Gleichungen - eine Unterrichtsvorbereitung Lothar Profke, Gieße

Binomische Formeln - eine nicht endende Aufgabe Kare1 Tschacher; Heroldsberg

Programmieren im Mathematikunterricht der Sekundarstufe l Bernd Hafenbrak, Weingarten

Bericht uber den Schulversuch ,,CuMaU1' (Computerunterstutzter Mathematikunterricht) 90 Reinhardt Schmidf, Ziffau

6 Funktionen und Analysis

Zur Entwicklung des funktionalen Denkens im Mathematikunterricht Rainer Heinrich, Dresden & Jagen Wagner, Radebeul

Was bleibt von Kurvendiskussionen im Zeitalter grafikfähige Taschenrechner? Henning Körner Oldenburg

Vorschläg zu einem anwendungsbezogenen Analysis-Unterricht unter Einbeziehung von Computern in 11

Jens Weitendorf, Norderstedt

Stationen eines Analysis-Kurses - mit systematischer Berucksichtigung von Näherungsverfahre

Hartmuf Kümmel Biedenkopf

Integralrechnung mit dem TL92 Werner Peschek, KlagenfurV&terreich

Der kletternde Bar - Dynamik ohne Chaos Siegfried Zseby, Berlin

6 Arbeitsgruppen

,Terme verstehen - und auch umformen können? Wilfried Hergef & Karin Richter, Halle a d Saale

,'The Box - ein spielerischer Zugang zu den Modellbildungsprozessen'~ Frank Förste & Peter Kuhlmay, Braunschweig

,Computer-Algebra-Systeme in der Sekundarstufe II: Analysis" Achim Kleifeld, Duisburg

,Geometrie-Curriculum in der Sekundarstufe I'' Hinrich Lorenzen, Gettorf

,Neue Aufgabenkultur, verändert Lehrerrolle und Unterrichtspraxis" Kare1 Tschacher, Heroldsberg

,,Open Space" Barbe1 Barzel, Dorfe Haffendorn, Eberhard Lehmann, Alheide Röttger Guido von Saint-,George, Hubert Weller

0 Anhang Tagungsprogramm

Teilnehmerliste

Titelgraphik Rolf Sommer, aus Abbildungen irn Tagungsband und Microsoft @ Office 97

Standardthemen des Mathematikunterrichts in moderner Sicht

Zum Geleit - und ein große

Vom 24 bis 26 September 1999 veranstal- tete der Arbeitskreis ,,Mathematikunterricht und Informatik in der Gesellschaft fur Didak- tik der Mathematik e V (GDM) seine 17 Ar- beitstagung Diese jährlich ,,HerbsttagungU fand bereits zum 10 Mal in Folge in Wolfen- buttel statt

Danke, Horst Hischer!

Entgegen dieser örtliche Kontinuitä un- terschied sich die diesjährig Tagung in min- destens einem Aspekt von den Tagungen der Vorjahre Dies war die erste Tagung oh- ne die Teilnahme von Prof Dr Horst HISCHER, dem langjährige Vorsitzenden des Arbeitskreises, Begrunder und Organisator der Wolfenbutteler Tagungsreihe

Horst HISCHER hat durch sein persönliche Engagement, seine Sachkompetenz, seine Beiträg und sein Organisationstalent in ganz wesentlicher Weise dazu beigetragen, dass dieser Arbeitskreis zu einem der ak- tivsten Interessengemeinschaften innerhalb der GDM wurde Stets ging es ihm dabei darum, ein Forum fü einen regen und ge- haltvollen Austausch der Meinungen und Ideen zu schaffen

Neben der Organisation der Tagungen hat Horst HISCHER auch fur die Konzeption und die Herausgabe der Tagungsbänd verant- wortlich gezeichnet, die zweifellos zu Recht als ,,die HISCHER-Bände immer wieder er- wähn und herausgestellt werden

An dieser Stelle sei ihm deshalb im Namen all der vielen Teilnehmenden der ,,Welfen- butteler Tagungen" und aller Mitglieder des Arbeitskreises ,,Mathematikunterricht und In- formatik ganz herzlich fur seine Verdienste um ãseinen Arbeitskreis gedankt

Seit Februar 1999 haben nun Wilfried HERGET, Hans-Georg WEIGAND und Thomas WETH die Leitung des Arbeitskreises und die Tagungsleitung gemeinsam ubernommen Wir werden versuchen, den Leitideen und Maßstäbe die Horst HISCHER gesetzt hat, treu zu bleiben und gerecht zu werden.

Dankeschön

Die Teilnehmenden

Traditionell setzen sich die Teilnehmenden der ,,Wolfenbutteler Tagung" aus den ver- schiedenen Gruppierungen zusammen, die berufsmäß am Mathematik- und Informa- tikunterricht interessiert sind' Kolleginnen und Kollegen aus Haupt- und Realschulen und Gymnasien, aus Studienseminaren, aus den Fachdidaktiken und Fachwissenschaften der Hochschulen, aus der Lehrmittelindustrie und aus den Landesinstituten und Kultusmi- nisterien

Allgemein wird sehr geschätzt dass ,,Wal- fenbuttel" sich in zentraler Weise an der Theoriediskussion zum Computereinsatz im Mathematikunterricht beteiligt und auch viele Möglichkeite in Form von Unterrichtsbei- spielen - die sich auch in den Tagungsbän den wiederfinden - aufgezeigt hat Insbeson- dere von den ,,Praktikernu wurde aber gele- gentlich kritisiert, dass diese ,,vielen und schöne Beispiele" manchmal zu sehr Rand- themen (,,Oasenspiele") des Mathematikun- terrichts behandeln und sich eher an Kolle- ginnen und Kollegen wenden, die bereits ein fortgeschrittenes Wissen zum Computerein- satz im Unterricht besitzen Im Schulalltag stellen sich dagegen zumeist andere, näm lich ,,didaktisch-methodische Probleme zu mathematischen Standardthemen", zum Ein- satz des Rechners in alltägliche Unter- richtssituationen, und dies fur ,,ganz normale" Lehrerinnen und Lehrern

Das Tagungsthema

Deshalb sollte in diesem Jahr insbesondere auf eine Verbesserung der mathematischen Unterrichts- und Aufgabenkultur unter Be- rucksichtigung der Herausforderungen durch die neuen Medien (Computer-Algebra- Systeme, Taschenrechner, World Wide Web usw ) in einem realistischen Klassenunter- richt eingegangen werden Konkret waren damit Standardthemen wie z B Bruchrech- nung, Terme und Gleichungen, Funktionen, Kurvendiskussion usw. angesprochen, die aufbereitet und diskutiert werden sollten Naturlich war dies schon immer eines der Ziele des Arbeitskreises in den letzten Jah-

Vorwort

ren, es sollte aber nun ausdrucklich zum Ta- gungsschwerpunkt werden

Dieser Herausforderung sollte durch das Ta- gungsthema

Standardthemen des Mathematikunterrichts

in moderner Sicht Rechnung getragen werden Dies schlug sich insbesondere in der Auswahl der Hauptvor- träg nieder, die erstmals ausschließlic von in der Schule tätige Lehrerinnen und Leh- rern gehalten wurden

Ebenso zeigt ein Blick auf die Titel der Sekti- onsvorträge dass durchweg konkrete Unter- richtsthemen wie z B. ,,Integralrechnung mit dem Tl-92", ,,Was bleibt von Kurvendiskussi- onen im Zeitalter grafikfähige Taschenrech- ner?" oder ,,Geolog, Geobeweis und Geokon - Erfahrungen und Konzepte zum Unterricht" behandelt und diskutiert wurden Die positive Resonanz auf die ausdruckliche Betonung der ,,Praxisnähe spiegelt sich wohl auch in der Rekordteilnehmerzahl von 75 teilneh- menden Kolleginnen und Kollegen aus dem In- und Ausland wieder Sie alle haben zum Gelingen der Tagung und dieses Tagungs- bandes beigetragen Dafur machten wir uns bei allen bedanken

Unser Dank gilt außerde Elvira DYCK und Angelika JOESTER vom Institut fur Didaktik der Mathematik der Universitä Gieße und insbesondere Dr Rolf SOMMER vom Fachbe- reich Mathematik und Informatik der Martin- Luther-Universitä Halle-Wittenberg fur die geduldige und fachkundige Umsetzung der Beiträg in den vorliegenden Tagungsband

Januar 2000 Wilfried Herget Hans-Georg Weigand

Thomas Weth

0 Der Einsatz von Computeralgebrasystemen zum Elementarisieren irn Mathematikunterricht

Kla us Aspetsberger, Linz

Computeralgebrasysteme (CAS) ubernehmen unangenehme Rechenarbeit beim Umfor- men von Ausdrucken, Löse von Gleichungen, Berechnen von Grenzwerten usw Die Unterstutzung durch ein CAS erlaubt es, viele Probleme mit sehr elementaren Methoden bzw Operationen zu bearbeiten und zu löse So kann man exponentielle Vorgäng re- kursiv mit Hilfe der Grundrechnungsarten modellieren und muss nicht sofort mit unge- wohnten Exponentialfunktionen arbeiten Auch fur das Erarbeiten von neuen Begriffen (z B Differenzialquotient, Integrale) ist eine schrittweise Einfuhrung auf elementarem Ni- veau sehr anschaulich

1 Einleitung

Computeralgebrasysteme (CAS) sind mach- tige Softwarepakete, mit deren Hilfe man Terme umformen, Gleichungen (auch allge- mein) lösen Grenzwerte berechnen, Ablei- tungen und Integrale bestimmen und vieles mehr kann Zudem ermögliche sie auch rasch und auf einfache Weise - auf Knopf- druck - Funktionen graphisch darzustellen Auch die Handhabung dieser Programme wird ständi verbessert, und mit der Einfuh- rung des Tl-92, einem algebratauglichen Ta- schenrechner von Texas Instruments, fallen auch organisatorische Schwierigkeiten (wie die Verfugbarkeit von Computerlabors in den Schulen) weg So ist es nun grundsätzlic möglich dass jeder Schuler jederzeit ein CAS im Mathematikunterricht, zu Hause und bei Klausurarbeiten zur Verfugung stehen hat Seit Aufkommen von CAS werden Uberle- gungen und Untersuchungen angestellt, wie man diese Softwaresysteme im Mathematik- unterricht sinnvoll einsetzen kann Eine Mög lichkeit besteht darin, sich Beispielen zuzu- wenden, die mit traditionellen Mitteln nicht behandelt hätte werden könne Dies kann in der Schwierigkeit der zu Grunde liegenden Mathematik begrundet liegen (Auftreten von Gleichungen höhere Grades, Differen- zialgleichungen etc ) oder in einem enormen Rechenaufwand (dynamische Prozesse, Si- mulationen etc ) Bei all diesen Beispielen, die auf Grund ihrer Realitätsbezogenhei sehr interessant sind, ist die Verfugbarkeit von Computern bzw Computeralgebrasys- temen sehr willkommen Ein anderer Ansatzpunkt fur den Einsatz von CAS im Mathematikunterricht besteht aber darin, Standardthemen fur die Schuler leich-

ter zugänglic zu machen bzw den Compu- ter als didaktisches Hilfsmittel fur die Einfuh- rung neuer mathematischer Begriffe zu nut- zen Vielfach muss im Mathematikunterricht beobachtet werden, dass manche Schuler die Losungswege fur Problemgruppen nicht wirklich verstehen und die verschiedenen Rechenschritte auswendig nach einem star- ren Schema abarbeiten Weichen die Aufga- benstellungen geringfugig von gewohnten bzw geubten Beispielen ab, so stehen diese Schuler hilflos den neuen Problemen gegen- uber Man kann nun GAS auch dazu benut- zen komplexe Probleme mit einfachen, ele- mentaren Methoden (Auflisten von Funkti- onswerten, Aufsuchen von Lösunge anhand von Funktionsgraphen) zu löse zu versu- chen bzw errechnete Lösunge anhand von Graphen bzw Tabellen zu uberprüfe Durch die Möglichkei rekursiver Definitionen kann oftmals auch schon eine Vereinfachung bei der Modellbildung erreicht werden, so dass man z B exponentielle Prozesse mit Hilfe der vier Grundrechnungsarten, die allen Schulern vertraut sind, beschreiben kann und nicht auf ungewohnte Exponentialfunktionen zuruckgreifen muss Die im Folgenden angefuhrten Beispiele und Beobachtungen entstammen dem Einsatz des Tl-92 in einer Schulklasse am Stiftsgym- nasium Wilhering in der Näh von Linz in Osterreich Die Beobachtungen erstrecken sich uber drei Schuljahre von 1995 bis 1998 (zehnte bis zwölft Schulstufe) Die 15 Schu- ler (12 Mädchen 3 Burschen) der Klasse hatten je einen Tl-92 ständi im Mathe- matikunterricht, zu Hause und auch bei den Klausurarbeiten zur Verfugung und verwen- deten schließlic den Tl-92 auch beim Abitur (In Osterreich werden die Abiturthemen nicht zentral erstellt ) Der Schwerpunkt der Schule liegt im Unterricht von Fremdsprachen und

Klaus Aspetsberger

so liegen auch die Interessen der Schuler eher im musischen und kunstlerischen Be- reich und nicht so sehr im naturwissenschaft- lichen Wir setzten somit den Tl-92 dazu ein traditionelle mathematische Inhalte anschau- licher und einfacher zu behandeln

2 Elementare Operationen

Eine Art der Elementarisierung kann darin gesehen werden, dass man bei der Modellie- rung komplexer Vorgäng sich mitunter auf einfache Operationen beschränke kann So kann man z B mit einem Tabellenkalkula- tionsprogramm Zinsrechnungen, Kredittilgun- gen etc sehr einfach mit Hilfe der Grund- rechnungsarten behandeln bzw verschiede- ne Szenarien bei wechselndem Zinsfuà bzw unterschiedlichen Ruckzahlungsraten auf dem Computer simulieren Da man dabei fur die Modellierung nur die vier Grundrech- nungsarten benötigt könne diese Aufgaben bereits in der Sekundarstufe l behandelt werden und so den Schulern wichtige Ein- sichten in den so trugerischen Bereich des Kreditwesens vermittelt werden. CAS und auch der Tl-92 erlauben rekursive Definitionen von Folgen Dadurch lassen sich nun z B Wachstumsprozesse wesentlich einfacher als im traditionellen Unterricht mo- dellieren (ASPETSBERGER & FUCHS 1996), (SCHNEIDER 1998) Auch hier kommt man bei der Modellbildung diskreter Vorgäng mit den Grundrechnungsarten aus und benötig nicht die ungewohnten und unuberschauba- ren Exponentialfunktionen

Wachstumsprozesse

Im folgenden geben wir zwei Beispiele, die wir zum besseren Vergleich gegenuberstel- len Im Unterricht wurden die Beispiele aber hintereinander durchgefuhrt (ASPETSBERGER 1997a) Der Dieselgenerator einer Polarstation am Sudpol verbraucht im Monat 975 l Diesel In einem Vorratstank sind 10000 1 Diesel gela- gert Eine Glasplatte von 1 mm Dicke einer be- stimmten Sorte absorbiert 8 % des durchge- henden Lichtes Wir erstellen zunächs ein rekursives Modell beider Probleme Hier zeigt sich, dass sie sehr ähnlic aufgebaut sind

Rn = 10000 In = 100

Bei der Polarstation erhäl man den Vorrat nach n Monaten dadurch, dass man vom Vorrat des Vormonats den monatlichen Ver- brauch abzieht Ähnlic ist es bei der lnten- sitä des durch die Glasplatte durchgehenden Lichtes Nur häng hier die Abnahme von der Lichtintensitä selbst wieder ab Dies ist auch das wesentliche Unterscheidungsmerkmal von linearen und exponentiellen Prozessen, das hier sehr deutlich sichtbar wird Naturlich kann man auch im herkömmliche Unterricht rekursive Definitionen verwenden Sie sind aber fur ein praktisches Berechnen sehr umständlic Aus diesem Grund haben sie kaum Beachtung gefunden Am TI-92 hingegen lassen sich rekursive Modelle sehr leicht implementieren Typische Aufgabenstellungen wie ,,Wie groà ist der Olvorrat nach 5 Monaten?" bzw ,,Bei wie viel Platten dringt nur mehr 10 % des einfallenden Lichtes hindurch?" könne nun leicht mit Hilfe der Wertetabellen gelös wer- den Viele Schuler bevorzugen die Tabellendar- stellung, um einen ersten oberblick zu be- kommen bzw um Lösunge zu finden Ist aber die gewunschte Lösun nicht direkt ab- lesbar, so mussen die Schuler die Lösunge schätze oder zumindest geeignete Schran- ken angeben Grafische Darstellungen sind fur viele Schu- ler besonders wichtig Aus diesem Grund haben wir alle Beispiele auch grafisch unter- sucht (siehe Abb 1 und Abb. 2)

MAIN DEG ftUTD SEQ

Abb 1 : Lineare Abnahme

Abb 2: Exponentielle Abnahme

Hier ist es wichtig, dass die Schüle elemen- tare Begriffe wie ,,monoton fallend", ,,Be-

Der Einsatz von Computeralgebrasystemen zum Elementarisieren im Mathematikunterricht

schränktheit etc am Graphen erkennen und noch vor einer formalen Definition erleben könne Weiters kann auch der typische ge- radlinige Verlauf des Graphen bei linearen Prozessen, bedingt durch die konstante Zu- bzw Abnahme, beobachtet werden Im Ge- gensatz dazu ist der Graph bei exponentiel- len Prozessen gekrümmt da hier die Zu- bzw Abnahmen stets größ bzw kleiner werden All diese Zusammenhäng könne von den Schulern leicht beobachtet und er- klär werden. Um den Begriff der Nullfolge nahezubringen, kann man sich auch mit folgenden Frage- stellungen beschaftigen ,,Ist es möglich durch Aufeinanderlegen von hinreichend vielen Platten das Licht beliebig stark abzu- schirmen? Bei wie viel Platten dringt z. B nur mehr 1 % Licht hindurch?" Fragestellungen wie diese könne zwar grundsätzlic auch uber Tabellen und Graphen gelös werden, aber der Wunsch nach algebraischen Lö sungswegen ist nahe liegend Dies ist aber bei den rekursiv definierten Folgen nicht möglic Um den Befehl solve aus dem Alge- brafenster anwenden zu können muss erst eine explizite Darstellung fur die einzelnen Folgen gefunden werden

Die Schritte zur geschlossenen Formel wer- den per Hand durchgefuhrt Diese an und fur sich schwierigen Schritte stehen aber nun am Schluss der Betrachtungen und werden nur deshalb durchgefuhrt, da es die Frage- stellungen erfordern Im herkömmliche Unterricht stehen aber gerade diese Umfor- mungen am Beginn der Betrachtungen und fuhren so dazu, dass manche Schuler schon zu Beginn den Anschluss verlieren

1 0

Mit Hilfe der expliziten Darstellungen sowohl fÅ die linearen Prozesse

Rn = Ro - n - V

als auch die exponentiellen Prozesse

kann man nun die einzelnen Aufgaben auch im Algebrafenster nachrechnen bzw Umkeh- rungsaufgaben bearbeiten,

Grundgedanke dieses Elementarisierungs- Prozesses ist, dass die Schuler schon zu Be- ginn mit vielen Anwendungsbeispielen zu li- nearen und exponentiellen Prozessen kon- frontiert werden und die wesentlichen Unter- schiede zwischen diesen Vorgänge erkannt werden könne Durch die rekursive Dar- stellung wird der absolute Zuwachs klar er- sichtlich Die Schuler könne sich ganz auf das Modellieren konzentrieren, fü das ohne- dies nur die Grundrechnungsarten vonnöte sind Die Lösunge könne aus der Werteta- belle oder dem Graphen abgelesen werden In den Vordergrund tritt vielmehr die Frage, welches Wachstumsmodell geeignet ist (WURMIG 1996) Dabei könne auch be- schränkte oder logistisches Wachstums be- handelt werden Will man aber nicht nur diskrete, sondern auch kontinuierliche Prozesse untersuchen, ist die Behandlung von Exponential- und Lo- garithmusfunktionen und deren Eigen- schaften unerlässlic Deren Einfuhrung kommt nun aber erst nach einem ausfuhrli- chen Einstiegsblock diskreter Prozesse.

3 Elementare Methoden

Der Tl-92 und die meisten CAS erlauben es mathematische Funktionen auf unterschiedli- che Weise darzustellen So kann man beim Tl-92 ,,auf Knopfdruck sehr einfach zwischen einer algebraischen Termdarstellung, einer numerischen Darstellung als Wertetabelle und einer grafischen Darstellung als Funkti- onsgraph umschalten In jeder dieser Reprä sentationsformen kommen die einzelnen As- pekte einer Funktion unterschiedlich gut zur Geltung Aber auch Schuler bevorzugen eine dieser Darstellungsformen, in der sie Prob- leme am liebsten löse So kann man z B Extrema einer Funktion durch Untersuchen der Funktionswerte bzw. des Funktionsgraphen oder aber algebraisch uber die Differenzialrechnung bestimmen Das Aufsuchen von Extrema uber Werte- tabelle und Funktionsgraphen ist sehr an- schaulich und elementar, birgt aber auch ,Gefahrenu in sich Schuler durfen sich also nicht auf eine Repräsentationsfor verlas- sen Sie mussen ein Problem in allen Dar- stellungsformen löse könne Aber sie kön nen einen ersten Versuch in ihrer bevorzug- ten Darstellung durchfuhren bzw ein gefun- denes Ergebnis in eben dieser Darstellung uberprufen Grundsätzlic ist das Arbeiten in verschiede- nen Darstellungsformen nichts Neues, aber

Klaus Aspetsberger

gerade die ständig Verfugbarkeit und der rasche Wechsel zwischen den einzelnen Darstellung ist fü das Verständni von Vor- teil (PESCHEK 1998), Eine weitere Form der Elementarisierung kann auch darin bestehen, dass Schuler Lö sungen zu erraten versuchen oder sich durch mehrere Versuche oder durch Tabellieren an sie herantasten Dies kann z B bei der Be- stimmung von Konfidenzintervallen, wobei man jeweils die Irrtumswahrscheinlichkeiten fur verschiedene Anteilswerte p bestimmt, durchaus auch sehr sinnvoll sein, da dadurch der Charakter von Konfidenzintervalle sehr gut zur Geltung kommt Auch bei Normalverteilungen kann man die einzelnen Wahrscheinlichkeiten uber Inte- grale (sogar im Graphikfenster) bestimmen und muss nicht zuerst das Problem in eine Standardform bringen und anschließen in einer Tabelle nachsehen Auch wenn die In- tegrale schwierig zu berechnen sind - dies wird aber ohnedies vom Rechner durchge- fuhrt - so ist der Zusammenhang zwischen einem Flächeninhal und einer Wahrschein- lichkeit fur die Schuler sehr anschaulich (ASPETSBERGER 1998c) Gerade in der Finanzrnathematik gibt es viele Formeln fur Standardsituationen, die von Schulern oft ,,blindd1 und leider oft auch un- verstanden angewandt werden Man kann aber viele dieser Probleme wieder sehr ele- mentar uber Summen behandeln Betrachten wir dazu folgendes Beispiel (ASPETSBERGER 1997a)

Jemand nimmt einen Kredit in der Hö he von S 25000,- zu 5 % jährliche Zinsen auf und möcht ihn mit gleich bleibenden jährliche Zahlungen in der Höh von S 5000,- nachschlägi zu-. rückzahle Wie hoch ist die verblei- bende Schuld am Ende des 5. Jahres?

Als ersten Schritt erstellten wir eine Zeitlei- ste, um einen Uberblick uber die Zahlungen zu bekommen

Erstaunlich war, dass auch hier manche 2 5 0 0 0

Schuler rekursive Modelle erstellten und das Problem mit Hilfe von Tabellen (siehe Abb 3) lösten Das rekursive Modell ergab sich als Aufzinsung minus Ruckzahlung, wobei der Startwert der Anfangskredit von S 25000,- angenommen wurde,

ul(n) = ul(n - 1) - l,O5 - 500 uil = 25000

Abb 3: Rekursives Modell und Wertetabelle der Rück zahlung

Aus der Tabelle konnte man nun die Rest- schuld nach 5 Jahren ablesen Die Tabelle hatte aber auch den Vorteil, dass man nicht nur das Endergebnis sah, sondern auch die laufende Entwicklung des Kontos So ist die Schuldentilgung am Anfang wesentlich klei- ner als am Ende der Laufzeit

Fur die Arbeit im Algebrafenster musste eine explizite Formulierung des Problems gefun- den werden Wie man aus der Zeitleiste er- sehen kann, ist dies

Lief ein Kredit uber viele (z B 20) Jahre, so war diese Form der Eingabe sehr arbeitsin- tensiv Abhilfe schuf eine Formulierung unter Verwendung des E- Zeichens In der obigen Formel musste dafur die allgemeine Struktur des erzeugenden Terms fur die Summation erkannt werden

wobei die Summe folgendermaße eingege- ben werden musste: x ( R q i , i, 0, 4). Diese Formel bereitete zunächs einige Schwierig- keiten Die Grunde dafü sind aber vermutlich nicht in der komplizierten Syntax zu suchen, sondern vielmehr in der Rolle der Laufvaria- ble i und in der Bedeutung des Quantors E. Auch hier darf Elementarisieren nicht so ver- standen werden, dass man sich ausschließ lich mit elementaren Methoden begnugt Aber sie könne fur Schuler oft einen ersten Zugang zu einem Problem bedeuten oder als Probe fur ein gefundenes Ergebnis einge- setzt werden

Das Arbeiten in den einzelnen Darstellungs- formen erfordert von den Schulern das Erler- nen spezieller Techniken fü die jeweilige Repräsentationsfor und die Kenntnis uber möglich Probleme und ,,Gefahrenn,

Der Einsatz von Com~uteralaebrasvsternen zum Elementarisieren im Mathematikunterricht

4 Einführe neuer Begriffe

Auch beim Einfuhren neuer mathematischer Begriffe kann man sich das Prinzip der Ele- mentarisierung zu Nutze machen Dabei wird ein kompliziertes Problem zunächs mit ein- fachen Methoden bzw Operationen nähe rungsweise behandelt Dies hilft den Schu- lern, den Typ des Problems und die mit der Lösunge verbundenen Schwierigkeiten besser zu verstehen Erst in einer nachfol- genden Exaktifizierungsphase wird der ma- thematische Begriff formal eingefuhrt und be- handelt Im Folgenden werden als Beispiele fur diese Form der Elementarisierung die Einfuhrung des Differenzialquotienten und des Integrals besprochen (ASPETSBERGER 1998a)

4.1 Differenzialquotient

Die schrittweise Einfuhrung des Differenzial- quotienten demonstrieren wir am Beispiel ei- nes lotrecht nach oben abgeschossenen Körpers dessen Bewegung beschrieben

werden kann durch s( t ) = 64t - 5t2 (ASPETS- BERGER 1997b) Fur diesen Körpe sollen nun verschiedene Fragen beantwortet wer- den, wie z B nach der mittleren Geschwin- digkeit innerhalb der ersten beiden Sekun- den Dafur verwenden wir den Differenzen- quotienten s ( 2 ) - s ( @ , der meist schon aus

9 L,

dem Physikunterricht bekannt ist oder relativ einfach eingefuhrt werden kann (siehe Abb 4)

HE6 ftUTD FUNC 9 / 3 0

1- F Z T F3-r F I T F5 F6 &RlgebraCa loOtherPrgn IOClear a-z. .. I - T

MBIN DES HUT0 FUNC 9 / 3 0

Abb 4: Folge von Differenzenquotienten

Will man aber die Momentangeschwindigkeit nach 2 Sekunden bestimmen, muss man ei-

ne Folge von Differenzenquotienten fü die Zeitintervalle [I; 21, D.5; 21, [1.9; 21 usw be- rechnen, die sich immer enger um den Zeit- punkt 2 zusammenziehen Diese Folge kann man am TL92 sehr leicht dadurch generie- ren, dass man in die allgemeine Formel s(2)-s(z) fur z die unteren Grenzen 1, 1.5,

2 - 2 1 9 usw der Zeitintervalle einsetzt (siehe Abb 4) Man beobachtet, dass die Folgen- werte gegen 44 konvergieren Die Schuler könne aber nicht als untere Grenze z = 2 einsetzen

Den Grenzwert von +')-s(z), wobei z gegen 2 - 2

2 läuft berechnen wir mit dem Befehl limit Zu diesem Zeitpunkt ist fur uns nur die intuiti- ve Bedeutung des Grenzwertbegriffs wichtig Wir verwenden wir den Befehl limit als black box (HEUGL, KLINGER, LECHNER 1996), wobei eine exakte Definition des Grenzwertbegriffs erst späte erarbeitet wird

Nun kann man sich auch fur den höchste Punkt, den der Körpe erreichen wird, inte- ressieren Im Umkehrpunkt ist die Momen- tangeschwindigkeit 0 , aber man weià nicht, wann dies der Fall ist Wir berechnen somit die Momentangeschwindigkeit fur einen all- gemeinen Zeitpunkt t. Vereinfacht man

ms(t)s(Z), so erhäl man den Term z+t t - Z -2 (5 t - 3 2 ) , der die Momentangeschwin- digkeit fur jeden Zeitpunkt t liefert Auf diese Weise kann man den Begriff der Ableitung sehr anschaulich einfuhren Lös man nun die Gleichung -2 (5 t -32) = 0, kann man den Zeitpunkt fur das Erreichen der höchste Höh und in der Folge den höchste Punkt leicht berechnen

Den Differenzialquotienten und die Ableitung uber Folgen von Differenzenquotienten ein- zufuhren ist keine neue Idee Grundsätzlic geht man so auch im traditionellen Unterricht vor Der Vorteil des Computereinsatzes liegt nun darin, dass man bei vielen Anwendungs- beispielen die Folgen von Differenzenquoti- enten bzw deren Grenzwerte nun tatsächlic berechnen kann Im traditionellen Unterricht geht man auf Grund der Schwierigkeiten bei der Berechnung des Grenzwertes sehr rasch zum Ableitungskalkul uber Die Ableitung ist aber nicht mehr so anschaulich wie die Defi- nition des Differenzialquotienten selbst, bei der der Vorgang der Änderun schö er- sichtlich ist

Klaus Aspetsberger

4.2 Integrale

Im traditionellen Unterricht fuhren Lehrer häufi den Begriff des Integrals uber Stammfunktionen ein Dabei ist das Konzept uber obere und untere Rechtecksummen viel anschaulicher Rechtecksummen sind aber bei ihrer Berechnung sehr zeitaufwendig, und es ist ziemlich schwierig geschlossene For- men fur die Summen zu finden Aus diesem Grund wird im traditionellen Unterricht die meiste Zeit fur das Bestimmen von Stamm- funktionen und fur das Uben des Integrati- onskalkuls aufgebracht

Verwendet man aber ein CAS bzw den Tl- 92, so werden die aufwendigen Berechnun- gen von Summen und die Bestimmung der geschlossenen Formen vom Computer über nommen und der Schuler kann sich ganz auf den Modellbildungsprozess konzentrieren

Aber auch die Verwendung von Rechteck- summen erfordert einen erheblichen Auf- wand an mathematischen Formeln Ein stu- fenweise~ Verallgemeinern kann den Ein- stieg erleichtern (ASPETSBERGER 1998b)

Um z B die Fläch unter dem Graphen von x2 im Intervall [O; 21 zu berechnen, zerlegen wir das Intervall [O; 21 zuerst in drei Teilinter- valle und berechnen fur jedes dieser Teil- Intervalle die Rechtecke fur die Unter- bzw die Obersumme per Hand Dadurch wird die Summenbildung transparent

us: o'i+($$+($ f

Durch diese grobe Unterteilung kann der Flä cheninhalt aber nur sehr ungenau bestimmt werden Genauer kann der Flächeninhal be- stimmt werden, wenn man das Intervall [O; 21 in 10 Teilintervalle zerlegt Eine Zerlegung in 10 Teilintervalle kann aber nicht mehr per Hand durchgefuhrt werden Bei diesem Schritt muss die Summenbildung allgemein mit Hilfe des Summenquantors beschrieben werden (siehe Abb 5) Dies ist ein sehr schwieriger Schritt und benötig die meiste 'Modellierarbeit" von den Schulern

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Abb 5: Zerlegung in 10 Teiiinte~alie

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Abb 6: Zerlegung in 100 Teilinte~alle

Um Folgen von Unter- und Obersummen fur immer feinere Zerlegungen zu berechnen, zerlegen wir das Intervall [0;2] in 10, 20, 30, 100 usw Teilintervalle Dies kann man wieder dadurch erreichen, dass man eine Variable n fur die Anzahl an Teilintervallen einfuhrt und der Reihe nach die gewünschte Werte fur n substituiert (siehe Abb 6).

Interessiert man sich aber dafur, in wie viele Teilintervalle [O; 21 zerlegt werden muss, damit der Flächeninhal mit einer bestimmten Genauigkeit angegeben werden kann, so muss man Unter- und Obersummen fur be- liebige n allgemein berechnen lassen (siehe Abb 7) Der Tl-92 liefert in diesem Fall (bei nicht zu komplizierten Funktionen) die ge- schlossenen Formen fur die auftretenden Summen Gerade diese geschlossenen For- meln stellen die Hauptschwierigkeit im tradi- tionellen Unterricht dar und verhindern eine intensive Behandlung der Integrale uber Rechtecksummen

Abb 7 Geschlossene Formen

Der Einsatz von Com~uterataebrasvsternen zum Elementarisieren irn Mathernatikunterricht

Abb 8 Ãœbergan zur Integralfunktion

Nun ist der Schritt zu einer ,,unendlich feinen" Zerlegung nicht mehr schwierig Wieder ver- wenden wir den Befehl limit und bestimmen so die Grenzwerte von Unter- und Ober- summe

Im letzten Verallgemeinerungsschritt wähle wir eine variable obere Intervallgrenze, d, h wir berechnen den Flächeninhal im Intervall [O; U ] . Bei den Summen mtissen wir dazu die 2 " durch a ersetzen, Ähnlic wie vorhin bei der Einführun der Ableitungsfunktion ist auch hier der Schritt zur lntegralfunktion sehr einfach (siehe Abb. 8).

Elementarisieren darf aber auch hier nicht dahingehend missverstanden werden, dass wir uns auf die Berechnung von Summen beschränke Die Arbeit mit Summen stellt nur den Einstieg in die Thematik dar und kann, da der Computer als Rechenhilfe zur Seite steht, in viel gröi3ere Umfang stattfin- den, als es im traditionellen Unterricht mög lich wäre Ein spätere Ubergang zum Inte- gralkalkul und die Verwendung des vordefi-. nierten Befehles integrate erscheint sinnvoll, Die Schuler sollten schon zu Beginn viele Beispiele aus verschiedenen Anwendungs- bereichen der Integralrechnung löse und sich gerade auf das Modellieren der Sum- men konzentrieren Dies ist ein gutes Trai- ning fur das später Bestimmen der In- tergranden. Ein Zusammenhang zu Stamm- funktionen kann experimentell von den Schüler gefunden werden,

Als uberaus hilfreich erwies sich die ständig Verfugbarkeit der verschiedenen Darstel- lungsformen (Tabelle, Graph, algebraischer Term) Dies wurde auch von den Schulern in der Weise angenommen, als dass jeder die fur ihn anschaulichste Darstellungsart (z B beim Löse von Problemen, zum Veran- schaulichen oder um einen Uberblick zu ge- winnen) wähle konnte Bemerkenswert ist, dass nur sehr wenige Schuler die Termdar-

stellung als besonders anschaulich empfun- den haben Die meisten Schüle wählten wenn die Methode freigestellt war, lieber die Tabelle oder den Graphen zum Löse von Aufgaben Dieser Umstand scheint ein be- sonderes Handicap im herkömmliche Unter- richt zu sein, da man hier bei der Erarbeitung neuer Inhalte weitgehend auf die Termdar- stellung als Ausgangspunkt angewiesen ist

Rekursive Definitionen finden im herkömm lichen Unterricht wenig Anwendung, da sie sich bei Berechnungen als uberaus arbeits- intensiv und sperrig erweisen Wird jedoch das Evaluieren von Ausdrucken von Com- putern ubernommen, so erlauben rekursive Definitionen eine sehr problemnahe Be- schreibung von Situationen Rekursive Defi- nitionen von Folgen ermöglichen viele Sach- verhalte nur unter Verwendung der vier Grundrechnungsarten zu modellieren Man könnt somit schon viel fruher (auch schon in der Sekundarstufe 1) so wichtige Prozesse wie lineares und exponentielles Wachstum behandeln und gegeneinander abwäge

Neue mathematische Begriffe könne durch schrittweise Verfeinerungen bzw Verallge- meinerungen erarbeitet werden Diese Vor- gangsweise erlaubt es, mit elementaren, fur die Schuler anschaulichen Schritten zu be- ginnen und dann mittels Verallgemeinerun- gen, die oftmals auch durch das CAS er- zwungen werden, zum endgultigen Begriff zu gelangen Jeder der Schritte kann so vorbe- reitet und durch geschickte Fragestellungen motiviert werden, dass die Schuler leicht fol- gen konnen Der endgultige, oftmals schwie- rige Begriff muss den Schulern nicht als Ganzes vorgeworfen werden

Viele Probleme könne direkt uber die Defi- nition gelös werden Der neue Begriff wird aber dadurch gefestigt und veranschaulicht Leider ist diese Vorgangsweise meist sehr arbeitsintensiv (Berechnung der Grenzwerte, geschlossenen Formeln etc ), sodass man im traditionellen Unterricht darauf verzichten muss CAS ubernehmen die schwierige Re- chenaufgaben, sodass sich die Schüle auf die Erarbeitung der Begriffe konzentrieren könne

Die Schuler zogen mehr und mehr experi- mentelle (Versuchllrrtum, Wertetabellen etc ) geschlossenen, algebraischen Lösunge (durch einen allgemeinen Kalkul vorgegeben) vor Dies war an und fur sich von Vorteil, da diese Lösunge fü Schuler mitunter leichter verständlic waren bzw von den Schulern selbst gefunden werden konnten

Klaus Aspetsberger

Will man den Tl-92 sinnvoll im Mathema- tikunterricht einsetzen, ist das Erlernen eini- ger Techniken unumgänglic Diese Techni- ken beziehen sich einerseits auf die Hand- habung des Tl-92, wie z B das Zeichnen von Graphen oder das Erstellen von Tabel- len Andererseits mussen Schuler auch Fä higkeiten entwickeln, die von der Bedienung des Gerät unabhängi sind So mussen Schuler lernen, ihre Arbeit zu dokumentieren und das Wesentliche zu erfassen Das Er- lernen all dieser Techniken erfordert Zeit, die im Mathematikunterricht aufgebracht werden muss Es handelt sich bei den letzten beiden Anliegen aber um so wichtige Ziele, dass der Mehraufwand an Zeit durchaus gerechtfertigt erscheint

6 Literatur

ASPETSBERGER, K & FUCHS, K [1996]: DERIVE und der Rechner Tl-92 im Mathematikunter- richt der 10 Schulstufe International DERIVE and Tl-92 Conference, Bonn 1996, pp 18-27

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HEUGL, H; KLINGER, W & LECHNER, J [1996]: Mathematikunterricht mit Computeralgebra- Systemen (Ein didaktisches Lehrbuch mit Er- fahrungen aus dem österreichische DERIVE- Projekt) - Bonn: Addison-Wesley, 1996

PESCHEK, W [1998]: Mathematical Concepts and New Technology International Conference on

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SCHNEIDER, E [1998]: New Technology: a New Chance for "Old" Didactic Ideas?. Inter- national Conference on the Teaching of Ma- thematics, Samos, Greece, July 3-6, 1998, PP 263-265

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@ Selbsttätige Lernen - neue Methoden, neues Glück

Barbe1 Barzel, Düsseldor

Die Standardthemen des Mathematikunterrichtes veränder sich nicht nur inhaltlich in ih- rer Nuancierung und Betrachtungsweise, sondern vor allem auch in der Art, wie Aufga- ben der Standardthemen gestellt werden Gerade die neuen Technologien eröffne fur den Mathematikunterricht weitere Chancen, Standardthemen durch selbsttätige Lernen zu Wurzen

Erfahrungen im Unterricht und Gedanken zu den Fragen

Was ist Selbsttätigkeit Wie sehen ,,Selbsttätig Standardaufgaben" aus?

* Warum Selbsttätigkeit Was tun?

sollen zeigen, dass das Fragezeichen im Titel guten Gewissens in ein Ausrufezeichen umgewandelt werden kann

1 Einleitung deutigkeit der Zuordnung und die Bedeutung 1 der Beschriftuna der Achsen werden den

oder Mittätigkei anregen, I

Einen Vortrag zu halten uber selbsttätige Lernen ist ein Widerspruch in sich Die Form passt nicht zum Thema Diesem Dilemma kann und möcht ich nicht ausweichen, aber wenigstens zu Beginn sie zur Selbsttätigkei

Versuchen Sie, das folgende Zeit-Weg-Dia- 1 2 Was ist Selbsttätigkeit

Schulerinnen und Schuler quasi en passant klar und präge sich schnell ein Dies wird im folgenden Tafelbild (siehe Abb ,) dass in einer 8 Klasse in einer Unterrichts- stunde entwickelt wurde

gramm zu gehen.

Dazu steht Ihnen ein Bewegungs- messgerä (Computer Based Ran- ger, kurz CBR genannt, zusammen mit einem Taschenrechner Tl- 92/89 oder Tl-83 der Firma Texas Instruments) zur Verfugung

Wenn Sie in Richtung des Sensors gehen, wird ein Zeit-Weg- Diagramm Ihrer Bewegung aufge- nommen

Die Vorteile eines solchen Vorge- hens im Unterricht liegen vor allem darin, dass wichtige Kriterien einer Funktion hier erfahren bzw ergan- gen werden Aspekte wie die Ein-

Das ,,Funktionen-gehen" ist ein Beispiel fur Selbsttätigkei im Mathematikunterricht Be- vor ich weitere Unterrichtsbeispiele anfuhre, möcht ich kurz klären was sich aus meiner Sicht hinter dem Begriff ,,Selbsttätigkeif ver- birgt

Abb 1: Tafelbild

Barbei Barzel

Selbsttätigkeit Selbstständigkeit Seibstbe- stimmtheit, - Es gibt eine weite Begriffs- palette in diesem Zusammenhang, die ich hier nicht erschöpfen erörter kann und will Nur eine Klarstellung erscheint mir wichtig Die Selbsttätigkei geht der Selbstständigkei voraus Nur wer die Moglichkeit hat, selbsttä tig oder selbstbestimmt zu agieren, kann Selbstst3ndigkeit entwickeln Fur das unter- richtliche Handeln ist es deshalb wichtig, den Schulerinnen und Schulern die Möglichkei zur Selbsttätigkei einzuräume

Doch was ist nun selbsttätige Lernen? Er- lauben Sie mir die folgende pragmatische Definition Selbsttätigkei liegt vor, wann im- mer der Schuler/ die Schulerin selbst uber den Lösungswe entscheiden und dies durch eigene Tätigkei unterstutzen kann (z B Beispiele auswählen Experimentieren, Me- diennutzung, Raumnutzung) Zwei Aspekte erscheinen mir bei dieser Definition zur Ab- grenzung wichtig

Lernprogramme, die einen bestimmten Lö sungsweg vorschreiben, gehöre meines Er- achtens nach nicht zum selbsttätige Lernen

Die Entscheidung, wann und welches Medi- um zur Lösun herangezogen wird, sollte möglichs in der Hand der Schulerinnen und Schuler liegen Gerade hierin liegt ein große Vorteil beim Einsatz von Taschenrechnern im Vergleich zur Nutzung von Computerpro- grammen im Unterricht, solange nicht jedem Schulerl jeder Schulerin ein Laptop zur Ver- fugung steht

Auch in den Richtlinien (hier am Beispiel Nordrhein-Westfalen) fur die Sekundarstufe l findet man Hinweise und Beschreibungen dazu, was Selbsttätigkei im Unterricht sein könnt

In der Auseinandersetzung mit offenen Problemstellungen haben sie (Anm : die Schulerinnen und Schuler) die Möglichkeit ,mathematisch zu forschenu, d h. eigene Vermutungen selbstständi zu entwickeln, zu formulieren und zu uberprufen 1

Und im neuen Curriculum fur die Sekundar- stufe I I werden drei Bereiche als grundlegen- de Ziele des Mathematikunterrichts ausge- wiesen 1 Fachliche Inhalte 2 Lernen in Kontexten 3 Methoden und Formen selbstständige

Arbeitens

Hier erhäl die Selbststandigkeit als eigener Ziel-Bereich einen sehr hohen Stellenwert In

1 Richtlinen und Lehrplane Mathematik, Gymnasium, Sekun- darstufe I , Frechen 1993, S 62

der Beschreibung dieses Bereiches liest man

Die Lernenden erschließe eigenständi Informationsquellen, gehen heuristisch und systematisch an Probleme heran, doku- mentieren ihre Arbeitsschritte, uberprufen selbstkritisch Ergebnisse, diskutieren und präsentiere sie Schulerinnen und Schuler uben sich in ein zunehmend selbstständi ges und eigenverantwortliches Arbeiten wie auch in kooperative Vorgehensweisen ein, sie erschließe projektartige und fä cherverbindende Aktivitäten auch in Ver- bindung mit intelligenter Computernutzung, die zusätzlich Chancen bieten, Methoden selbstständige Arbeitens zu entwickeln 2

Dies ist sicher ein sehr hoher Anspruch, der auf verschiedenen Ebenen und in unter- schiedlichem Grad verwirklicht werden kann Die Bandbreite erstreckt sich von offenen Aufgaben innerhalb einer klassischen Unter- richtsstunde bis hin zu längerfristige Pro- jekten, die zudem fächerubergreifen sein könne und einen eigenen organisatorischen Zeitrahmen erfordern Ich möcht mich in diesem Beitrag im Sinne des Tagungsthe- mas auf die ,,unterste Stufe", die so genann- ten Standardaufgaben konzentrieren Das heißt die hier angefuhrten Unterrichtsbei- spiele erfordern keinen eigenen organisatori- schen Rahmen - sondern passen in eine ,normale" Unterrichtsstunde Es sollen Ideen vorgestellt werden, wie die so genannten Standardaufgaben vor dem Hintergrund des Rechnereinsatzes und im Sinne ubergreifen- der Lernziele veränder und geöffne werden könne Gerade solche Aufgaben sind wich- tig, um die Lehrerinnen und Lehrer von einer Offnung ihrer Haltung und ihres Unterrichts (oder umgekehrt) zu uberzeugen und ihnen so Geschmack auf ,,mehr" (z B Projekte) zu machen

3 ie sehen ,,Selbsttätig ndardaufgaben" aus?

Naturlich ist der Rechnereinsatz nicht not- wendig fur selbsttätige Lernen - es gibt wunderschön Beispiele offener Unterrichts- Sequenzen ohne Rechner Jedoch der Hin- weis in den Richtlinien, dass sich dadurch die zusätzlich Chance bietet, Methoden selbst- ständige Arbeitens zu entwickeln, läss sich durch vielfältig Erfahrung belegen Die hier

2 Schriftenreihe Schule in NRW, Nr. 4720, Sekundarstufe II Gymnasium1 Gesamtschule Mathematik, Frechen 1999, S 14

Selbsttätige Lernen - neue Methoden, neues Glück

aufgeführte Beispiele sind in dieser Form erst durch den Rechnereinsatz möglic

Der exemplarische Charakter der Beispiele ist dabei sehr wichtig - die zugrundeliegen- den Aufgabentypen lassen sich leicht auf an- dere Situationen und Themen ubertragen:

Experimentieren - Bilder schaffen - Genera- lisieren - Strukturieren

3.1 Experimentieren

Dazu gehör sicher das Einstiegsbeispiel, wobei sich hier weitere Ideen anschließe lassen Das CBR läss sich auch nutzen, um den Einstieg in den Ableitungsbegriff hand- lungsorientiert zu gestalten Ebenso könne auch andere Bewegungen simuliert und ma- thematisch modelliert werden, zum Beispiel eine Federbewegung oder das Fallen eines Balles

Die zu Grunde liegende Idee ist, durch Expe- rimente oder sogar durch eigene Bewegun- gen reale Daten als Grundlage fur die Beg- riffsbildung (z B der Funktion) zu nutzen Es ist der Appell, experimentelle Erfahrungen, wie sie im naturwissenschaftlichen Unterricht ublich sind, fur den Mathematikuriterricht zu nutzen An vielen Schulen stehen dazu Messgerät zur Verfugung, wobei transpor- table Gerät wie das CBR von Vorteil sind, um die Versuche im Klassenraum oder drau- ße durchfuhren zu könne (Ähnlic dem CBR gibt es ein CBL - Computer Based Labarotory - bei dem verschiedene Adapter und Sensoren angeschlossen werden kon- nen, siehe auch KEUNECKE) Reale Expen- mente sagen fur die Schulerinnen und Schuler mehr als tausend Worte. Wer selber die Temperatur beim abkuhlenden Kaffee misst und die dabei entstehende Tempera- turkurve verfolgt und mathematisch interpre- tiert, wird die Idee einer Exponentialfunktion sicher besser verstehen und in Erinnerung behalten

3.2 Bilder schaffen mit Funktionen

,Erzeuge dieses Bild mit Hilfe von Funktio- nen auf dem Bildschirm!" (Abb 2)

Diese Fragestellung - auch zu anderen Bil- dern - läss sich vielfälti im Unterricht nut- zen (aber bitte nicht abnutzen!).

Eine solche Frage kann, wie die ,,Potenzblu- me" in verschiedenen Phasen des Unter- richts eingesetzt werden - in der Vertie- fungsphase am Ende der Unterrichtsreihe genauso wie zum Einstieg in das Thema. Beide Wege wurden bereits erfolgreich durchgefuhrt,

Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist. Die Schulerinnen und Schüle müsse das Bild zunächs selbst strukturieren und einen Weg zur Lösun finden. Wenn die Aufgabe zum Einstieg ins Thema dient, müsse sie - zunächs selbst erkennen, dass die gege-

benen Graphen nicht mit Hilfe von quad- ratischen Termen beschrieben werden können da die Graphen gegenuber der Normalparabel nicht komplett gestreckt bzw gestaucht sind,

- nachdem die ersten Funktionsgraphen gefunden sind, uberlegen, wie an der x-Achse und an der y-Achse gespiegelt werden kann. Hier könne Erfahrungen aus der Modifikation der Normalparabel weiterhelfen,

- die Spiegelung an der ersten Winkelhal- bierenden vornehmen, Die Erinnerung an die Betrachtung der Quadratwurzetfunkti- on kann weiterhelfen und muss auf höhe re Potenzen übertrage werden.,

Entsprechendes gilt, wenn die Aufgabe als Ãœbungsaufgab den Stoff vertiefen soll.

Diese Aufgabenstellung läss sich auf viele andere Themenbereiche und Unterrichtssitu- ationen übertrage Die folgende Collage soll nur eine kleine Ahnung davon geben und die eigene Phantasie anregen (Abb. 3):: Im Wesentlichen sehe ich die folgenden Vorteile bei diesem Vorgehen-

- Die Schulerinnen und Schüle haben Spa an einem solchen Vorgehen.

- Der Rechner gibt unmittelbar feed back, ob die Idee richtig oder falsch war, und die Interpretation eines gegebenenfalls falschen Graphen hilft bei der Korrektur. Damit wird spielerisch die Wechselbezie- hung zwischen Term und Graph einer Funktion eingeübt

- Die Schulerinnen und Schüle arbeiten selbstständi - sind nicht zum Gleich- schritt gezwungen wie im Frontalunter- richt

Bärbe Barzel

. . . . , . . . . . . . . . . . . .

Abb. 3: Collaae -die Mickv Mouse ist von Sergej Birjukov; das ,,Gab-Bikeu von Martin Hollick; das Gesicht rechts unten von Agneda Torrei und der Geist von Paul Drijvers,

- Es werden verallgemeinerbare Regeln ge- nutzt, die bei der Modifikation von Gra- phen verschiedener Funktionsarten ge- braucht werden (z. B, Spiegelungen an den Achsen),

- Binnendifferenzierung ist ohne große Aufwand möglic und naheliegend, wie das folgende Beispiel zeigt (Abb 4a bis 4d), Das erste Bild (lachendes Gesicht) ist die Aufgabenstellung (nach einer Idee von Elke HOLSCHER, Dusseldorf) und die drei weiteren sind Realisationen der Schule- rinnen und Schuler (Michael MOERS, Wiebke BECKMANN und Max EMONDS, MARIE-CURIE-Gymnasium, Dusseldorf):

iT F2Ã F3 F1 F5f F f 7 lp +T~oonT~race l~e~raphf l~athfcrau~ 1

Abb 4a

.--- MAIN M D AUTO FUNC

F27 F3 F4 FSf F67 f~TzoonT~raceT~e~raphT~athT~raw!^ ^\

l \ MKIN DES AUTO FUNC

Abb. 4b bis d

Selbsttätige Lernen - neue Methoden, neues Glück

3.3 Generalisieren

Viele Lehrerinnen und Lehrer kennen das Problem, Ubungsaufgaben sinnvoll zu ges- talten Einerseits geht man davon aus, dass es wichtig ist, viele gleiche Aufgaben zu ,,trainierenu, und andererseits hasst man sel- ber die leidigen Aufgabenkaskaden des im- mer gleichen Typs So werden Terme ge- paukt, quadratische Gleichungen gedrillt, Potenzgesetze eingeschärf Die Idee, hier neben dem Rechnen ausgewählte Beispiele nach einem ubergeordneten Ganzen zu fra- gen, gibt dem ,,Trainingu einen anderen Wert Die Aufgaben werden aus ihrem Einerlei be- freit, der Bezug zu bereits Gelerntem wird hergestellt

Eine einfache Variante davon ist das Fragen nach einer allgemeinen Formel oder Regel, wenn mehrere Aufgaben des gleichen Typs gerechnet wurden (z B bei den Potenzge- setzen)

Die Funktion des Rechners bei einer solchen Aufgabenstellung kann die des ,,Beispiel- Generators" sein, der ausreichend viele Bei- spiele liefert, um induktiv auf eine allgemeine Formel o à zu schließe Ein Beispiel fur den Oberstufenunterricht ist die Frage, auf- grund von T~~LORpolynomen zur Sinus-, Co- sinus- und e -Funktion auf eine allgemeine Formel zu schließe (vgl BARZEL)

3.4 Strukturieren

Auch bei diesem Aufgabentyp ist der Rech- ner Lieferant von Beispielen - jedoch geht es hierbei nicht ums Schließe auf eine allge- meine Formel, sondern darum, eine Struktur zu finden, eine Klassifizierung der Beispiele vorzunehmen (Ideen zum Strukturieren und Generalisieren findet man bei J BECKER & Sh SHIMADA 1998)

Das Herausfinden der Bedeutung von Para- metern ist in diesem Bereich eine möglich Fragestellung Dies bezieht sich nicht nur auf Parameter bei Funktionen, sondern kann auch in anderen mathematischen Kontexten von Bedeutung sein, wie die folgende Aufga- be zeigt

1 Gegeben ist die Matrix 1

Welche elementargeometrische Bedeutung hat diese Matrix?

Auch wenn ich mir selber vor dieser Unter- richtsstunde unsicher war, ob diese offene

Fragestellung ohne weitere Angaben oder Tipps ausreicht, die Antwort zu finden, war ich doch von den Ergebnissen uberrascht Die Schulerinnen und Schuler haben in Gruppen gearbeitet und der Austausch war sehr rege, es waren nur wenige Impulse nö tig Eine Gruppe ist nicht nur selbsttätig son- dern auch selbstständi (!) zu folgendem Er- gebnis gekommen, das als Poster prasentiert wurde (Abb 5, von Jens HEDTKE, Carsten HEINEN und Matthias KIESLING, MARIE-CURIE- Gymnasium, Dusseldorf):

O>I<>--2: l t 18 @t?.t+t&UM-

und w* È/IL#~MMU

~piege?<-

Abb 5: Schulerposter

Diese Unterrichtsreihe ist ausfuhrlich be- schrieben in B BARZEL, J BOHM, P DRIJVERS, Dirk JANSSEN, D SJ~STRAND, T WATKINS

Gerade die Erfahrung mit dieser Aufgabe haben mich darin bestärkt Aufgabenstellun- gen stets dahin gehend zu uberprufen, ob sie knapp genug sind Häufi sind Aufgaben sehr detailliert gestellt Dies birgt die Gefahr, dass die Schulerinnen und Schuler auf den Weg der Lehrperson gedräng werden und so möglich eigene Lösungsweg verhindert werden Hier ist es sicher besser, mit offenen Ohren und Tipps in der Hinterhand die Schulerinnen und Schuler zu beobachten und ihnen bei Bedarf weiter zu helfen

4 Warum Sei bsttätigkeit

Ziel jeden Lehrens ist es, möglichs das Inte- resse fur die Sache selbst zu wecken - in- trinsisch zu motivieren Jedoch ist dies im Unterrichtsalltag häufi sehr schwer Es ist tröstlich dass wir nicht nur uber die intrinsi- sche Motivation erreichen, dass die Schuler und Schulerinnen eine Aufgabe zu ihrer ei- genen Sache erkläre Dieses Ziel könne wir auch erreichen, wenn wir den Schulerin- nen und Schulern Freiraum zur Selbsttätig keit gewähre Auch wenn die Motivation dann extrinsisch erfolgt, ist sie in ihrer Aus- wirkung auf das Lernen gleichwertig zu se- hen wie die intrinsische Motivation Dies ist eine Erfahrung vieler Lehrerinnen und Leh- rer, die auch von wissenschaftlicher Seite bestätig wird DECI und RYAN (1993) sowie auch Mitarbeiter des IPN in Kiel (vgl STRAK, 1999 und DRECHSEL U a 1998) haben die groß Bedeutung dieser Art der extrinsischen Motivation betont. DECI und RYAN nennen drei Aspekte, die bei selbsttätige Lernen langfristig geförder werden - Autonomieerieben, indem Aufgaben nach

eigenen Vorstellungen bearbeitet werden - Kompetenzerleben, indem Aufgaben

sachverständi gelös werden und man sich dabei selbst als wirksam erlebt

- Erleben sozialer Einbindung, indem man in einer Gruppe eingebunden ist und ge- meinsam Lösunge erarbeitet

Kommunikation gehör zum selbsttätige Lernen in Form des gemeinsamen Ringens, des Austauschs, des Darsteliens der eigenen Ideen, des Aneinander-Reibens, des Argu- mentieren~, Erklärens des Einlassens auf andere Ideen. In unserem Schulsystem ist das individuelle Ringen um eine Lösun sehr groà geschrieben .. schließlic macht es landauf-landab ca 50 % der Notengebung aus Hier den Gegenpart aufzuzeigen, indem auch gemeinschaftliche Produkte (wie Grup- penergebnisse in schriftlicher Form) adäqua bewertet werden, ist unabdingbar (vgl BERRY & SHARP 1999 und BERRY & NYMAN 1998)

, , faul, kein Engagement, unselbstsGindig, macht keinen Strich zu viel, Dienst nach Vor- schrift, uninteressiert, wähl den bequemsten Weg, . ,, ,,

Diese Eigenschaften beschreiben sicherlich keine Personengruppe ausreichend, aber

dennoch schwirren solche Adjektive in den Köpfe - einerseits zur Beschreibung von Schulerinnen und Schuler durch die Lehre- rinnen und Lehrer und andererseits zur Be- schreibung von Lehrerinnen und Lehrer durch Behörde und öffentlich Meinungen

Solange solche Adjektive in den Köpfe schwirren, ist selbsttätige Lernen unmög lich - eine solche Haltung entläss niemals in die Selbstständigkeit das heiß entläss keine souveräne Lehrerinnen und Lehrer, keine souveräne Schulerinnen und Schüler

Souverän Lehrerinnen und Lehrer sind nö tig, damit den Schulerinnen und SchŠle uberhaupt Selbsttätigkei gewähr wird und souverän Schulerinnen und Schuler sind nötig damit sie damit nicht uberfordert sind

Man könnt diesen Teufelskreis noch kom- plizierter machen - Solange die Lehrerinnen und Lehrer in

den Köpfe der Schulaufsicht und Lehr- planmacher mit den obigen Adjektiven belegt sind, wird ihnen auch kein Frei- raum gewahrt und sie bleiben ängstlic auf die Curriculumserfullung fixiert

- Solange Lehrerinnen und Lehrer klassisch hauptsächlic durch Vorlesungen ausge- bildet werden, veränder sich nichts

- Solange Lehrerinnen und Lehrer Einzel- kämpfe an ihren Schulen bleiben und gegen den Stil der Kolleginnen und Kolle- gen unterrichten, ist es ,,vertane Liebes- muh"

Uber allem steht die Frage, was ist Ursache, was ist Folge, was war zuerst? Jedoch ist die entscheidende Frage, wie der Teufelskreis zu durchbrechen ist, ohne in die Resignation zu verfallen

Ziel aller Bemühunge muss es sein, dass die Lehrer die innere und äuße Souverä nitä gewinnen, die sie brauchen, um ihren Schulerinnen und Schulern Offenheit im Lernprozess zu gewähren Dies heiß Abkehr von der Rolle als Hauptakteur im Unterricht; Abkehr davon, alle Fäde in der Hand zu halten Eine offene Haltung wird gepräg von Hinhören Zulassen und vor allem sich selbst zurucknehmen können

Anders ausgedruckt Wir mussen den Schu- lerl die Schüleri ins Zentrum unseres Han- delns stellen

Das fäll vielen von uns schwer - die schein- bare Effizienz des Durchhechelns des Stof- fes mit dem Gefuhl ,,Das habe ich jetzt ge- macht - das mussen die jetzt können! macht blind Das mit Stoff uberfrachtete Curriculum steht im Zentrum der Wahrnehmung - nicht

Selbsttätige Lernen - neue Methoden, neues Glück

der verstehende Schuler1 die verstehende Schulerin

Eine Veränderun kann nur stattfinden, wenn sie uberall, auf allen Ebenen, beginnt: In der Schule, in der Schulbehörde in der Ausbil- dung, an Universitäte und Seminaren und in der Fortbildung Ich möcht keiner Resigna- tion das Wort sprechen - im Gegenteil, ich möcht alle am Bildungsprozess Beteiligten aufrufen zu Offenheit und vor allem zum Austausch, Die Verantwortung darf nicht nur von einer Ebene auf die andere abgescho- ben werden - der Anfang muss uberall ge- macht werden.,

Dies heiß zum Beispiel fur Tagungen wie diese und viele andere im Land, dass wir die Kultur des Austausches und des gemeinsa- men Arbeitens mehr pflegen mussen, die den Ideen des Konstruktivismus mehr ge- recht wird Dies könnt zum Beispiel nach dem Austausch eigener Unterrichtsbeispiele ein gemeinsames Ringen nach allgemeinen Prinzipien, Leitideen sein Häufi bleibt fur derlei Arbeiten zu wenig Raum Brauchen Experten wirklich immer einen Input in Form von Vorträge - bringt nicht jeder genug ln- put mit??? Auf der letzten (meiner ersten) PME-Tagung3 ist mir der Widerspruch zwi- schen Theorie und Praxis sehr bewusst ge- worden Es wurde viel uber Konstruktivismus geredet, aber als Zuhöreri war man dazu verdammt, die Kommentare, Ideen, Kritiken, Fragen, Anmerkungen, Diskussionsbeiträge Beispiele, Erfahrungen, auf die 5 Minuten am Schluss zu reduzieren Die Auseinander- setzung blieb auf die Kaffeepause degradiert Wirkliche Kommunikation in der Sache ist hier nicht vorgesehen (Zum Gluck gibt es auf den Tagungen des Arbeitskreises ,,Ma- thematik und Informatik wenigstens Diskus- sionsgruppen!!!) Das Gleiche geschieht viel- fälti auf Fortbildungen - per Vortrag soll den Lehrerinnen und Lehrern Offenheit fur den Unterricht nahe gebracht werden Das geht nicht! 4

Interessanterweise werden bei Veranstaltun- gen in Wirtschaft und Industrie neuere und offenere Methoden erfolgreich umgesetzt (z. B, Open Space Technology)5, im Bereich

3 The International Group for the Psychology of Mathematics Education (PME) 23, 25 -30 7.1999 in Haifa, Israel

4 Einen anderen, offeneren Weg fur Lehrerfortbildung in Mathematik wird im Rahmen von "Teachers Teaching with Technologyu, einem Projekt der Universitä Münste ver- sucht; Infos unter: www.uni-muenster.de/zkl-t3

5 Die Homepage von Matthias zur BONSEN gibt davon einen Eindruck: www.zurBonsen.de

der Lehreraus- und Weiterbildung bzw auf Tagungen der Mathematikdidaktik findet man dies kaum, Das ist bedauerlich - aber viel- leicht auch zu ändern

Bleibt mir zum Schluss nur noch ein dickes Ausrufezeichen hinter den Titel dieses Vor- trages zu setzen Selbsttätige Lernen - neue Methode, neues Gluck!

Es ist meine Uberzeugung, dass der Weg der Selbsttätigkei nicht nur ,,neues Gluck bringt, sondern vor allem dabei hilft, dass der Rechnereinsatz kein bloße Knöpfchen Drucken wird und damit zum Niveauverfall degradiert!

Wie bereits am Anfang gesagt, ist ein Vortrag uber Selbsttätigkei ein Widerspruch in sich, deshalb möcht ich Sie am Schluss mit der folgenden Aufgabe zum ,,Selbst täti werden" einladen

Eine Getrankedose wird gleichmäß geleert. Bei welcher Fullhöh liegt der Schwerpunkt am niedriasten? 6

6 Literatur

BARZEL, B ; BUHM, J ; DRIJVERS, P ; JANSSEN, D ; SJ~STRAND, D & WATKINS, T : Neue Wege im Mathematikunterricht, Comenius-Projekt Zu beziehen uber Universitä Munster, ZKL, Prin- zipalmarkt 38, 48143 Munster

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BERRY, J & SHARP, J [1999]: Developing Student- centered Learning in Mathematics Through Cooperation, Reflection and Discussion - In: Teaching in Higher Education, Vol 4, No 1, 1999, p 27-41

BERRY, J & NYMAN, M [1998]: Use of Posters in assessment - In: Primus, June 1998; Vol VIII, NO 2,p 103-116

BIRJUKOV, S ; ,,From Fun to Joy" - In: DERIVE Newsleifer # 28, 1997

DECI, E & RYAN, R [1993]: Die Selbstbestim- mungstheorie der Motivation und ihre Bedeu- tung fur die Pädagogi -In: Zeitschrift fur Pa- dagogik 39, S 223-238

6 Der "Preis" (eine gefullte Bierdose) ging an Th WETH, der neben P BENDER, H WELLER, D HAFTENDORN, H JUNEK die Aufgabe gelost hat

Bärbe Barzel

DRECHSEL, B ; KLIEWE, A ; KRAMER, K ; PRENZEL, M & ROBER, N (IPN Kiel) [1998]: Lehrerrnate- rialien Informationen zu Lernrnotivation, Auto- nomieunterstutzung und Kompetenzunterstut- zung Dez 1998, hrsg vom MSWWF Dussel- dorf

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KEUNECKE, K : Computergestutzter Physikunter- richt, Experimente zur Mechanik - Auswertung mit dem CAS TL92 Texas Instruments

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Richtlinien und Lehrplän Mathematik, Gymnasi- um, Sekundarstufe I, Frechen 1993

Schriftenreihe Schule in NRW, Nr 4720, Sekun- darstufe 11 Gymnasium1 Gesamtschule Ma- thematik, Frechen 1999

STRAKA, G A [1999]: Mitarbeiter planen das Ler- nen eigenständi Frankfurter Rundschau 21 8 1999

Eberhard Lehmann

sinCx) f(x) f'x + ') - seks[x, h) h

a b + n (X-a) -Ègera(x ,n ,a ,b

I FUNC V 3 1

seks(x , 1) -Ã y3Cx)

Abb 1: Definition des Bausteins seks(x, h) am Tl-92 und Anwendungen auf die Sinus-Funktion und auf f ( x ) = xA3 - Dabei auch Schachtelung zweier Bausteine: Tangenten an die Sinuskurve

Eine Baustein-Aufruftabelle

3austeinaufruf [~edeutung des Aufrufs

Steigung der Sekante durch die Punkte Pl(3, sin(3)) und

Sekantensteigungen fü x e R und h = 1 Sekanten durch die Punkte Pl(x, f ( X ) ) und

P2(x+l , f ( x + l ) )

1) Die Punkte liegen nun schon sehr eng aneinander, h = 0 001

Steigungen aller Sekanten, die durch den Punkt Pl(3, f (3 ) )

gehen.

b+ m* ( X - f(b)) -à Definition eines Gera-, gera(x,m, a, b) denbausteins fü die Punkt-

Steigungsform

gera(x, Verknupfung von Sekantenstei- seks(x,0.,001) ,a,f(a)) gungsaufruf und Geradenaufruf l a = (-3,-1,0,1,2,3) Es sind die Sekanten mit

h = 0,001 fur laufende x - Werte, das sind fast die Tan- genten

Entspricht tienten an der Stelle a

Sekantensteigung fü PlP2 beträg -4 8979 ,

ausführlich mathematische Schreibweise, Ergebnis des Aufrufs

Interpretation des Ergeb- nisses

(sin(x + 1) - sin(x)) / 1 Es wird ein Graph fü die Differenzenquotientenfunk- tion gezeichnet

(sin(x + 0.001) - sin(x)) / 0,,001

(sin(3 + h) - sin(3)) / /i

Der Graph entspricht schoi fast dem Graphen der Ab- leitung f i x )

Bei Zeichnung der Sekan- ten entsteht ein Sekanten- büsche durch P1

/ (U) + (sin(x + 0 001) - sin(x)) / 0 001 * ( X - U )

i i i ((sin(a + h) - sin(a)) / h = cos ( U )

Es entsteht angenäher ei- ne Hullkuwe zu y = sin(x)

Tangentensteigung f ' (a ) , Ableitung von f an der Stelle a

CAS-Bausteine bei der Modellierung mathematischer Standardthemen

Neuartig fur den Unterricht durfte es sein, den Baustein nun gleich fur verschiedene Funktionenklassen zu benutzen, um die An- näherun an die jeweilige Ableitungsfunktion in Form von Animationen zu demonstrieren Die Schuler benutzen hierzu den PC mit dem Funktionenplotter PLOT1 1, der fur Animatio- nen verschiedene Optionen besitzt

Dabei zeigt sich, dass mit der Definition de

Abb 2: Graphen der Differenzenquotienten-Funktionen einiger Standardfunktionen

Bausteins fü alle Funktionen gleichermaße iorgegangen werden kann Der Baustein er- weist sich als ein mächtige Hilfsmittel,

Schließlic kann der Differenzenquotienten- 3austein auch mehrfach iteriert, verwendet werden Der Baustein dient damit zur nähe vngsweisen Bestimmung auch höhere Ab- eitungen der Sinusfunktion.

Eberhard Lehmann --

Die folge~den Anweisungen fur PLOT11 liefern die ersten vier Ableitungen der Sinus-Funk- tion, näherungsweis mit Hilfe der Differenzenquotienten

f 1 -+ sin(a) f 2 -+(fl(a+b)-fl(a))/b f 3 -+ f 2(a, 0.01)

f 4 -+(f2(a+b,b)-f2(a,b))/b f 5 -+ f 4(x, 0.01) f 6 -+ (f 4(a+ b, b) - f 4(a, b)) /b f 7 -+ f 6(x, 0.01) f 8 -+ (f 6(a+ b, b) - f 6(a, b)) /b f 9 -+ f 8(x, 0.01)

-Wir sehen die Systemoberflache -Wir erkennen die Bausteinen des Systems -wir erkennen seine Funktionen -wir erkennen die Vewendung vogefetügte -wir eriassen die Schnittstellen Prqrammbausteine -wir bemerken Teilsysteme -wir sehen prqrammtechnische Details

1 I

Wir blicken auf Wir blicken in das System und das System, indem analysieren es, wir erkennen wir es benufzen Teilsysteme

Komplexes INFORMATIKSY STEM

u k r das System verwenden und das System warten und damit neue Konstruktionen hinzufugen

Abb 4 Sichtweisen auf komplexe Systeme

Fur andere Funktionen muss nur f l geän dert werden

Spätesten bei der Näherungs-Darstellun der 4 Ableitung zeigen sich auch graphisch Abweichungen, uber die man sich durch Auf- ruf der Wertetafel nähe informieren kann (siehe Abb 3)

\--+--'

Abb 3: Iteration des Differenzenquotienten-Bausteins zur Näherun höhere Ableitungen

3 Geradenbausteine als Modelle der ,,Mathematik der linearen Funktionen''

lm Folgenden werden wir mathematische Teilbereiche als komplexe Systeme auffas- sen Komplexe Systeme haben sich fur den lnformatikunterricht als eine tragfähig Leit- idee erwiesen (siehe z B Berliner Lehrplan zur Informatik oder verschiedene Beiträg in der Zeitschrift LOG IN) Hierzu einige Aus- fuhrungen aus der Sicht der lnformatik Wir betrachten ein komplexes Softwaresystem, etwa ein Programmsystem ,,Mathematik- Zeitschriften-lnformationssystem" Die Abbil- dung 4 sagt Nähere uber die mögliche Sichtweisen

lm lnformatikunterricht interessieren uns an komplexen Systemen insbesondere die As- pekte e Benutzen, Anwenden (die Sicht von au-

ße auf das System) o Analysieren (der Blick in das System)

Konstruieren (der Bau eines neuen Sys- tems)

o Warten (die Anpassung eines vorhande- nen Systems an neue Anforderungen)

Wie ist es in der Mathematik? Wir benutzen als ein solches komplexes -System beispkl- haft einen Auszug aus dem Schulbuch ,,Spektrum der Mathematik, Klasse 8, Dies- terweg Verlag, 1987, S 32-53, uber Lineare Funktionen (Abb 5)

2 Lineare Funktionen 2 I Proportionale Funktionen 2 2 Schnittpunkte 2 3 Stuckweise lineare Funktionen

Details zu 2 I Anwendungsaufgaben (2 Eisenbahnzuge, Umwand- lung O R in OC) Definitionsmenge, Definition der proportionalen Funkti- onen, Funktionsterrn Nullfunktion y = 0, identische Funktion y = X

dbungsaufgaben (Trinkwasserkosten, .. ) Lineare Funktionen y = 2x - 1 usw X -+ ax + b, y = ax + b, Steigung, y -Abschnitt Aufgaben (Geradenbüschel parallele Geraden, Gera- dendreieck, Ferienwohnung, Auto-Benzinverbrauch, Airbus-Treibstoff, Schraubenfeder) Höhenanderung/Längenänderu a = (y2 - ,yl) /(x2 - xl)

Details zu 2 2 Schnittpunkte

Details zu 2 3 Stuckweise lineare Funktionen Abb 5: Das komplexe System der ,,Mathematik der linearen Funktionen" und die Rolle des Bausteins

m* X+ n --+ gerade(x, m, n) als ein Teilsystem

CAS-Bausteine bei der Modellieruna mathematischer Standardthemen

In ahnlicher Weise, wie ein Softwaresystem einen Ausschnitt aus der Realitä beschreibt, kann man sagen

Teilbereiche der Mathematik mit ihren Vernetzungen zu anderen Bereichen könne mit Hilfe von Bausteinen be- schrieben (und beherrscht) werden

Fü den oben abgebildeten Bereich der linea- ren Funktionen kann das zum Beispiel sein

0 der Baustein m* x+n + geradel(x, m, n) oder

e der Baustein gerade2(x, m, a, b) 1 Punkt- richtungsform oder

e der Baustein gerade3(x, a l , bl , a2, b2) I 2-Punkteform oder

e der Baustein m* X+ n I a < X and X <= b 1 Strecke, fur stuckweise definierte lineare Funktionen.

Wenn man auf diesen Bausteinen noch die CAS-Anweisung Solve operieren lässt er- schließ sich viel von den oben genannten Inhalten uber lineare Funktionen

= m x+n+gerade<x,m,nl Done =gerade(x,m,n)lx > a and x 5 b + s d d x , m &

Don6 msdg[x,2,1, -3911 2 x + l W sdg<x, 2, 1 , - 3 , l I + y1Cxl Done msdg(x, - l P 4 , 1 , 5 > + y 2 { x ) Donâ msdg(x> -1 , 3 7 5 , ? > + ~ 3 ( x ) Donâ

I

IM~IIH RhD hUT0 FUNC W30

Abb 6: Nach der Definition des Bausteins werden t definierte lineare

er mit Hilfe der zusätzliche Bedingungen stückweis %nktionen erzeugt

Die folgende Abbildung zeigt einige Anwendungsmöglichkeite des Bausteins gerade(x, m, n).

Geradenbuschel durch den Punkt

Der Punkt P(5, -13) liegt auf der

Abb 7: Stationen von Bausteinaufrufen mit aktuellen Parametern

Eberhard Lehmann

Man erkennt, dass die diversen Auf- rufe des Bausteins ,, gerade(x, m,n) '' einen erheblichen Teil der ,,Mathe- matik der linearen Funktionen" um- fassen (Abb 7)

W I ~ wenden uns nun wieder dem Modellbildungsaspekt zu Zur Ver- deutlichung des Modellbildungsvor- Itens m ~ t dem System- gangs bedient man sich häufi Ver- anschaulichungen wie der folgen- den Abbildung 8

Die Uberkgungen zum Baustein gerade(x, m, n) werden nun in die- Abb 8 Modelle konstruieren

Se Abbildung eingepasst.

1 Ein komplexes System Auswahl von Einflussgröß

(ein Ausschnitt aus der Realität 1 1 Weitere Einflussgröß

Ein Modell des komplexen Systems r

4 Gegebenenfalls Korrektur des Modells

Abb 9: Die Rolle von Bausteinen beim Modellieren

CAS-Bausteine bei der Modellierung mathematischer Standardthemen

Weitere geeignete Bausteine zum komplexen System der ,,Mathematik der linearen Funkti- onen",

Achsenabschnitt-Steigungsform , y=m*x+n m* X+ n -+ gerade1 (X, m, n)

(Strecke)

m * x + n l c < x and x < = d

-+ strecke(x, m, n, C, d)

Punkt-Steigungsform

y = yl+m*(x-XI) b+ m* (X- a) -+ geradeZ(x, m, a, b)

Zweipunkfeform

(Y - yl) /(X - xl) = (,yZ - ,yl)/(xZ - xl) b+ (X-a) * (d- b)/(c-a)

-+ gerade3(x, a, b, C, d)

Achsenabschnittsform

x / a + , y / b = l e y = b / a * / a - X ) b/a* (a- X) -+ gerade4(x, a, b)

Parameterform, Vekforform

x = x l + t * u , y = y l + t * v

Leitlinien

Streichen von Aufgabenkaskaden, Ent- rumpeln von stumpfsinnigen Aufgaben

Visualisieren von Anfang an, z B im Ko- ordinatensystem - schon in Klasse 7 Terme, Gleichungen, Ungleichungen

Die Bedeutung von Standardthemen fur den spätere Unterricht ist zu verdeutli- chen und in Aufgabenstellungen zu be- rucksichtigen (Warum ist ein Bereich zu einem Standardthema geworden?) Fruhzeitiges Arbeiten mit CAS und Com- putergrafik (Funktionenplotter), aber auch mit Tabellenkalkulation, dynamischen Ge- ometriesystemen, mit anderer spezieller Software, am PC, mit Taschencomputer, mit Grafikrechner

Einbeziehen neuer Medien (WWW)

Fruhzeitiges Arbeiten mit Parametern und damit fruhzeitige Nutzung des Baustein- prinzips!

Die Vorteile: -- Mathematische Themenbereiche (z,, B.

Standardthemen) könne als komplexe Systeme gedeutet werden - Bausteine kann man dann als Modelle solcher kom- plexen Systeme ansehen,

- Definieren von Bausteinen. Die geeignete Auswahl von Parametern ist ein wichtiges Element bei Modellierungsprozessen.

- Mit Hilfe von Bausteinen kann man (Ma- thematik-)Systeme in Teilsysteme zerle- gen und umgekehrt Teilsysteme zu grö ßere Systemen zusammenfugen

- Bausteine ordnen (Mathematik-)Systeme, Bausteine schaffen damit uberblick und fuhren zu Transparenz

- Bausteine sind gut geeignet zum Entde- cken von Mathematik (Analyse von Bau- steinen)

- Bausteine bieten sich an fur die Bearbei- tung von Standardaufgaben.

Man sieht.

Bausteine könne eine Leitlinie fur den Un- terricht bei Standardthemen sein!

5 Literatur zur Arbeit mit Bausteinen

LEHMANN, E [1998]: Wieviel White-Box und wann Black-Box? - Mathematik mit Computeralgeb- ra-Bausteinen des Tl-92. - In: Mathematik in der Schule, Heft 311 998, Pädagogische Zeit- schriftenverlag Berlin

LEHMANN, E [I998]: Lineare Algebra mit dem Tl- 92, Handreichung mit weit gehender Verfol- gung des Bausteinprinzips - Texas lnstru- ments 1998

LEHMANN, E [1999]: Mathematikunterricht mit ei- nem Computeralgebrasystem - Analyse des Bausteins Binobau (a, b, n) := (a+ b)% - In: MNU ( I 999) 5

0 Mathematische Grundfertigkeiten und Technologie - kein Widerspruch, sondern eine Ergänzun

Josef Bohm, St. Polten

Brauchen wir heute noch (rechnerische oder andere) Fertigkeiten im Mathematikunter- richt? Wenn, dann mussten wir einmal darübe sprechen, welche, und in welchem Aus- maà Einige Beispiele sollen zeigen, wie Computer und Taschenrechner eingesetzt wer- den können um Schuler und Studenten auf verschiedenen Ausbildungsstufen dafur zu gewinnen, genau jene Fertigkeiten zu uben und zu festigen, die Gefahr laufen gerade durch den Einsatz der modernen Technologien vernachlässig zu werden Die angege- benen Beispiele haben sich allesamt als erfolgreich im Unterricht erwiesen Sicher gibt es viele weitere Möglichkeite die Grundideen zu verwirklichen und zu verbessern, wenn man alle derzeit zur Verfügun stehenden Mittel ausschöpf

Bei fast allen Diskussionen uber den Einsatz eines CAS (Computer Algebra Systems) im Mathematikunterricht taucht die Frage auf, ob uberhaupt und welche mathematischen Grundfertigkeiten - meist rechnerischer Art - durch den Einsatz des Computers verloren gehen Bei den gleichen Gelegenheiten wird meist von den Diskussionsteilnehmern die Notwendigkeit einer Untersuchung, welche Grundfertigkeiten in welchem Ausmaà noch notwendig sind, unterstrichen

Nach meiner derzeitigen Meinung könne und sollen wir nicht ohne gewisse Basisfer- tigkeiten auskommen -fur mich sind sie ein unverzichtbarer Bestandteil eines - von mir nicht nähe beschreibbaren - mathemati- schen ,,Gespursl' Ich vermag allerdings keine Prognose fur die zukunfiige Entwicklung zu erstellen Ich bin sicher, dass wir die Akzep- tanz der Technologie im Mathematikunter- richt bei skeptischen und kritischen Lehrern, ja selbst bei technologiefeindlichen Unter- richtssystemen deutlich steigern könnten wenn wir die Computer nicht nur dazu ver- wenden wurden, um real-life Probleme zu lö sen oder neue - fur manche zu radikale - di- daktische Zugäng zu eröffnen sondern auch, um traditionelle rechnerische und gra- phische Grundtechniken zu uben und ma- thematische Fähigkeite zu verbessern und zu starken So paradox es klingt sehr be- wusst könne wir mit der Technologie gerade jene Techniken trainieren, die durch den Ein- satz eben dieser Technologie nur zu leicht vernachlässig werden könne

Es wär notwendig und hilfreich, k~nnten die Lehrer eine Liste von Fertigkeiten aufstellen, die sie von ihren Schulern gerne geüb wussten Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich nur sagen, dass es nutzlich ist, den

Schulern Werkzeuge zur Verfugung zu stel- len, mit denen sie sich selbst helfen könne Es ist meist nicht ausreichend, ein Ubungs- buch mit vielen Aufgaben und den zugehöri gen Lösunge durchzuarbeiten, wenn die Studenten den Weg zur Lösun nicht finden Andererseits ist es nicht immer ewunscht, dem Lernenden schrittweise die Lösun vor- zugeben Es scheint notwendig zu sein, eine interaktive Strategie zwischen Lernendem und Computer zu bemuhen, mit deren Hilfe manche Defizite aufgefullt werden könne

Die Lehrer sollten ihre Wunsche und Visio- nen unabhängi von Hard- und Software ar- tikulieren Deren Realisierung ist Sache der Softwaremacher Da gibt es jetzt schon An- satze und Möglichkeiten die den meisten von uns noch gänzlic unbekannt sind Ich habe verschiedene Ansätz schon gesehen (z B Applikationen von MuPAD bei der ACDCA Summer Academy 1999 U a )

Welche Fertigkeiten könnte mit dem Einsatz des Computers geubt, gefestigt und vei-fei- nert werden? Ich habe versucht, einige zu- sammenzustellen Wobei die Diskussion durchaus zum Schluss fuhren könnt ,,Aber das brauchen wir doch im Computer Zeitalter nicht mehr!"

* Schätze von numerischen Ergebnissen 0 Arbeiten mit Prozenten 0 Bruchrechnen * Elementare algebraische Operationen

(Faktorisieren, Potenzregeln, ) * Erkennen eines Funktionstyps anhand

des Graphen 0 Funktionen (Relationen) und deren viel-

fältig Darstellungen Gleichungen löse (lineare, quadratische und Systeme von Gleichungen, ..)

Mathematische Grundfertigkeiten und Technologie - kein Widerspruch, sondern eine Erganzung

Differenzieren und Integrieren Verbessern der 2D- und 3D- Vorstellung Kopfrechnen

e Transformation von Funktionen

An dieser Materie schon lange inte- ressiert und angeregt durch Ideen von Jan VERMEYLEN (Belgien), Heinz Rainer GEYER (Deutschland) und Johann WIESENBAUER (Oster- reich), habe ich versucht, Trai- nings- und Ubungsprogramme fur meine Schüle (Sekundarstufe 11) Abb 2

präsentiere möchte Die Plattfor- men sind DERlVE und der Tl-92., Der einzige Grund hierfur ist die Tatsache, dass ich hauptsächlic diese beiden CAS einsetze. Jedes verfugbare System kann verwendet werden, aber das Ziel müsst sein, Softwareprodukte zu entwickeln, die den Wunschen und Vorstellun- gen der Lehrer und Schüle entge- genkommen,

zu erzeugen, die ich gerne als eine

Ãœb den V I E T A ' S C ~ ~ ~ Wurzelsatz

Art Initialzundung fur weitere Entwicklungen

Ich versuche schon seit langem mit derartigen Werkzeugen zu arbei- ten In meinen ersten ,,Computer- Jahren" schrieb ich zu diesem Zweck eigene BASIC-Programme

Dann wechselte ich zu DERIVE und arbeitete im Computersaal (Abb 3)

Congratulations if you are right Nou try the next fiue problms!

Press d r y k q l o cmt inue- Sinp(tt51 Free: lW% Deriue fllgebr

Abb 3

Es ist reizvoll anhand eines Themas die Ent- wicklung von Hard- und Software zu verfol- gen: Der VIETA'SC~~ Wurzelsatz (Abb I),

I nuruahc z dauon richtig: 1

U i e heim d i e 1 Lösun q = ? 5 1

Uie h e i l n d i e 'i Losung q - / 7

le ider falsch !

l Abb 1

Ich gestatte mir und Ihnen einen nostalgi- schen Ruckblick in den Programmcode (Abb 2), Dabei bin ich jetzt froh, dies vor ei- nigen Jahren geschrieben zu haben. Es ist sehr hilfreich, um auch heute mit moderner Software zu programmieren.

Die Idee blieb die gleiche, das Werkzeug hat sich veränder und es verändert sich weiter hin zur handheld technology. Ich wiederent- deckte mein altes BASIC-Programm und schrieb es neu in TI-92-Syntax (Abb. 4).,

g 2 + l E g + 80 = 0 1. Solution:

2. Solution: -8 right End = ESC. next = any

DES HUT0 FUNC W 3 0

Problems: 3, correct 3 2 - 1 0 c - 11 = 0 I . Solution: -11 2. Solution: 1 sorry, false xl = 11, x2 = -1 End = ESC. next = any

MMN DCG AUTO FUNC W 3 0 oiod]

Abb 4

Die Schüle ubten den Vieta in den Unter- richtsstunden, in den Pausen, oft auch im Zug währen des Schulwegs oder auch nur so aus Spaà Eine Schulerin verwendete nach ihren eigenen Erzählunge den Vieta als Konzentrationsubung bevor sie fur ande- re Gegenständ lernte

Erlauben Sie mir noch eine kurze Erinnerung an meine BASIC-Vergangenheit (Abb 5):

Ziffer eingeben

Tei lmngen urnlen grŸ gefüll Beleg- tu Teilnennen kfinwn durch nochmaliges An-

ie Eirqabe kann ab eschlossen werden,

Abb 5

Ein Programm, das zur Wiederholung und Erweiterung des Wissens aus der Mengen- lehre gedient hat - und noch immer dient., Die Schuler arbeiten sehr gerne damit und sie erreichen nach kurzer Zeit auf spieleri- sche Art beträchtlich Kenntnisse,

Es folgen nun weitere Beispiele,

Ãœb das Faktorisieren

Das Programm POL(n) von Jan VERMEYLEN, Belgien (Abb, 6) erzeugt n zufällig - faktori- sierbare - Polynome Die Studenten faktori- sieren traditionell und uberprufen ihre Ergeb- nisse, Voreinstellungen definieren die Fakto- risierungsmöglichkeiten(vo rationalen bis zu komplexen Linearfaktoren) Das ,,Lernwerk- zeug" kann leicht besonderen Bedurfnissen angepasst werden (Dieses Beispiel hat schon einige Jahre auf dem Buckel und kann auch leicht auf andere Plattformen übertra gen werden),

Dann könnt es etwa so aussehen wie mein nächste Trainingswerkzeug (Abb. 7) , das

Abb. 6

ie Schüle sehr schätze und gerne ver-

leider falsch!

1oo-fz-eo-f0+9-02 Nenue = ESC, weiter = beliebig M h I N DES HUTD FUNC 1 / 3 0 m'm

MBIN DES M O FUNC 1 / 3 0

:.: <'-V : : 7 i' v {'.' i :: " 1; ,,,, ;, ?; ;;$.5?..;: ~ 1 . ~ :; i,:e:$.:. V:. : C: <;L:;.<::. .;: -::..

MAIN DEG AUTO FUNC 1 / 2 0

Abb 7

Mathematische Grundfertiakeiten und Technoloaie - kein Widers~ruch, sondern eine Eraanzuna

Sie übe das Quadrieren und Kubieren von Binomen und dreigliedrigen Termen, das Multiplizieren von Binomen im Kopf, und mit ,Bunt gemischt" wird ihnen eine Folge von zufälli generierten Problemen angeboten - ein ,,Algebra-Quiz" Es lassen sich Wettbe- werbe in der Klasse arrangieren und die Schüle werden auf einmal sehr, sehr eifrig, Auch die leistungsschwachen und unwilligen könne sich nur schwer der freundlichen Wettkampfatmosphare entziehen,

:

- 3 "18 elenent is :" V

[ 'M '' "wschi l is :" 19

3 "de elenent is :" 14

[ 'M '' "uemtiil is :" 1+

7 "de elment 1s :" -103 , 14 "de elenert 1s :"

Z "de sm is :" -39

Thomas HIMMELBAUER hat uns in Ossiach 1 1 1 [ I 0 OBde 'Imnt is "' 1 1

ansprechen kann

üb das Kopfrechnen

(ACDCA Sommerschule) gezeigt, wie man - mit einigem Programmieraufwand - auch ty- pische Fehler orten und gezielt

I 3 2 X + 1 = 2 ; LN<(?>

[1.~(3>1 Das nächst Beispiel stammt + = - 1

1 l- 14 "de e ~ m t is :" 113 J J

~ b b . 9

von H R GEYER (Abb 8) Seine DERIVE-lmolementation zielt aufs Kopfrechnen. Außerde war es reizvoll, so etwas mit DERIVE zu ..oroarammieren"

1 z2 X; 96 89 1 1224

139: CHECK [-2634- ; çt 34. 3, + 66 s 103. 59 - 55 = 4. 16 + 19 = 35, 38 36

Abb 8

üb Folgen

J VERMEYLEN erzeugte eine DERIVE Proze- dur (Abb. 9) zur zufällige Erzeugung von ,,Standardaufgaben" aus dem Themenkreis Arithmetische und Geometrische Folgen und Reihen (,,verschil" ist das flämisch Wort fur die Differenz d einer arithmetischen Reihe).

üb Gleichung löse

Der nächst Screenshot (Abb 10) ist das Er- gebnis einer sehr regen Internetdiskussion innerhalb der DERIVE-Gemeinschaft,, Man

Abb 10

wollte die Äquivalenztransfor mationen wahrend der Lösun einer Gleichung dokumentie- ren. Johann WIESENBAUER löst das Problem mit einem sehr eleganten Algorithmus

So könne die Studenten ar- beiten wie mit Papier und Blei- stift bzw, ihre händische Re- chenvorgäng mit dem Com- puter reproduzieren und allfäl

lige Rechen- und Uberlegungsfehler selbst aufspüren

,,Match the Line!"

Ich finde es sowohl nutzlich als auch notwen- dig, dass die Schuler eine lineare Funktion aus ihrem Graphen erkennen und zumindest ungefäh durch ihren Funktionsterm be- schreiben könne (Abb l l ) Umgekehrt sol- len sie auch rasch mit dem Funktionsterm ei- ne Vorstellung uber den Verlauf des Graphen verbinden

Josef Böh

Man gibt die Koordinaten des zweiten Punk- tes ein (Abb 12), sieht einen zweiten ,,Ball" und mit etwas Gluck verläuf der Graph durch die beiden Punkte Der Funktionsterm kann dabei verschiedene Gestalt annehmen (im- plizit, explizit, . )

Abb 12

y,Catch the Points!''

Ich biete hier noch ein ,,Ballerspiel" (Abb 13). Gegeben sind zufällig Gitterpunkte und die Schuler sollen diese mit so wenig Geraden wie nur möglic abschieße Das läss sich späte auch mit Parabeln oder anderen Funktionstypen wiederholen

Abb 13

richtig weiter: [ENTERI Menu: IE5CI

DEG fiUT0 FUNC 7/30

-5 [ X S - 4 x 2 - 3 , x - 2 ] ex

-5 ( x 3 - 7 x 2 + 11 x - 131 ex

Abb 14

Mathematische Grundfertigkeiten und Technolog~e - kein Widerspruch, sondern eine Ergänzun

- 1 F>" : ! 7 { ' X ? <: :. : -V < ::V 1 .. $.,A (,: ;.\j$.k?y: $ ;C (:yf:$ 1. F,: ,-$;C: i,;;::,;::: :+

Com~utim the derivative of

F<XI = x3 sin[x'] fix) = fl(x3 f2(x) d - dx[f<xI) =&fl(xI) f2(xI +&[f2<xI? f 1 W

Derivative of factor # I Computinq the derivative of

f l<x> = X3 STEPDER RhD EWCT FUMC 30830 l#m :.: -., Ir, F:." : ! ,. !.Y.- <: 5 GY

.# ..,, ;. ?>;.;;$.;;?-.:: C: $ (;y<;$.:. +,: ,?!$ ;C: :,; ;::,<:2: !,:<>

Com~utinq the derivative of

f lcx> = x3 1 (x"n1' = n xACn-1)

-qf d X l<x>) = 3 x2

Derivative of factor #2 Com~utinq the derivative of

Derivative of factor *2 Computin~ the derivative of

~ X X > = sin[x'I It's a functions composition f 2< X> = +< U< X>> +(X) = sin(x) u<x) = x3 STEPDER RhD EMCT FUMC 3 W 3 0 rEm :': F?" ; : 7 :Y.- <: $;Y

.. $..A :?L :;< ;;r.:, C, $ ; C :.:-:X i. + : ,.y ; C: .,; L:! < i? :,:<* *, d & l t \ * >

u<x) = X 3

The derivative of +<uCx>> is u'ix>.+'iu<x>> +<X) = sin<x) The derivative o f 4 is

&(+<X)) = cos<xI

Conputinq the derivative of

u<x>= x3 <xAn)' = n xA(n-1) d - dx[u~x~) = 3 x2

then . . .

The derivative of f<x) = f l<x) f2<x) is then : d x[~<x>]=3 X' ~o5[x3] + 3 X' sin[x3]

End of the step by step computation. STEPDER RhD EMCT FUNC 30830

Abb 15

üb Differenzieren und lntegrieren

Ein gehobeneres Werkzeug - mit viel Pro- grammieraufwand verbunden - half meinen Klassen, deren Fertigkeiten im Differenzieren und Integrieren zu steigern (Abb 14) Sie erhielten Per Kabel das Programmpaket calc( ) und von nun an konnten sie bei jeder Gelegenheit allfällig Defizite ausgleichen

Da gäb es noch eine Menge von Verbesse- rungen. Ich weiß dass es besser wäre im- mer auch zu erklären wie es denn richtig laufen sollte, anstelle nur das Ergebnis an- zugeben, Was sagen sie aber zum nächste Programm von Philippe FORTIN (Abb 15), Er nennt sein Programm stepder fü ,,Sfepwise deriving functions" :

obe Bruchrechnen

Als letztes möcht ich gerne anhand einer Ubungssequenz zeigen, wie sich Studen- ten - mit etwas Anleitung am Anfang - selbst helfen können ein bestimmtes Maà an Grundfertigkeiten im Bruchrechnen zu erlan- gen (Abb 16)

Bevor wlr mit den Bruchen arbeiteten, enhvi- ckelten wir gemeinsam eine Funktion kgV, die es gestattet das kgV von zwei allgemei- nen Ausdrucken zu ermitteln, um auch den gemeinsamen Nenner in der Bruchrechnung zu uberprufen Dann verwenden wir mit ew(expr) eine weitere ,,Do-it-yourself-Funk- tion", um die jeweiligen Erweiterungsfaktoren zum gemeinsamen Nenner gn zu finden

Schritt fur Schritt könne die Schüle ihre Bruchrechnung mit dem Computer uberpru- fen und die Fehler lokalisieren und verbes- sern

Aus dem Tl-92 Worksheet 3

zum gegebenen Hauptnenner gn fur jeden Einzel. nenner expr den entsprechenden Erweiterungs

üb Deine Fertigkeit im Bruchrechnen! Beispiel 2:

16a + 37b +

4a + l o b 4a2 - 25b2

Rechne ohne Tl und notiere das Ergebnis

.. . . .. ......... ....

Josef Böh

--

Hier ist es i v F2- F3- F 4 7 F5 F 6

~ ~ R l g e b r a C a l c O t h e r P r g n I O C l e a r a-z ...

Kannst du einen Grund angeben, warur diese Aufgabe gerade einen besondere1 Fehler produziert?

Vergleiche den gemeinsamen Nenner un die Erweiterungsfaktoren, die notwendi sind, um alle Bruche auf einen Hauptner ner zu bringen.

Erklär den letzten Teil in der Eingabezeik 4*gn. Könnt man hier auch mit einer Erweiterungsfaktor ew(?) arbeiten?

Die verbleibende Arbeit ist einfach

Erklär den Zusammenhang zwischen lir ker und rechter Seite in der letzten Zeil des l-iomescreens

Abb 16

Ich wiederhole die Basisidee dieses Vor- trags, die eigentlich sehr merkwurdig und auch widerspruchlich klingen mag

Zusatzlich zu den vielen wohlbekann- ten Gründen warum moderne Tech- nologien in den Mathematikunterricht eingebunden werden sollen - die ich auch in hohem Maß unterstutze - ver-

wende ich diese Technologien dazu, um gerade jene Fertigkeiten zu verbes- sern, die scheinbar gerade durch den Einsatz des Computers ihre Bedeutung verlieren - oder auch nicht???

Falls Sie Lust haben, das eine oder andere hier präsentiert Werkzeug einzusetzen, dann setzen Sie sich bitte mit mir in Verbin- dung Ich wurde mich sehr uber Kritik, Anre- gungen und Ideen zu diesem Thema freuen noio. [email protected]

Literatur

BOHM, J [2000]: Mathe-Trainer I - Version fur den Tl-89/92 - Hagenberg (Austria): Bk-Teach- ware-Lehrmittel GmbH, 2000,,

e Podiums- und Plenumsdiskussion

Muffried Hatfrnann, Nürnber & Silke Thies, Gieße

Das Podium bestand aus den Vortragenden des ersten Nachmittags Klaus Aspetsber- ger, Bärbe Barzel, Josef Böh und Eberhard Lehmann Die Vorträg sind in diesem Band abgedruckt. Die Diskussionsleitung hatte Rolf Neveling Nach einer ersten Runde von Statements wurde die Diskussion eröffne Dabei bildeten sich drei Diskussions- sträng heraus, die im folgenden wiedergegeben werden sollen

Eberhard Lehmann betont die Bedeutung von CAS-Bausteinen fur den Mathematikun- terricht, da sie integrierend, strukturierend bzw ordnend wirken und Modellierungen erleichtern könne Die Verwendung von ,,Bausteineni' unterstutzt das selbstständig Arbeiten und kann dazu beitragen, Stan- dardthemen spannender zu machen Er plä diert in seinem Statement dafur, dabei auch schon fruh mit Parametern zu arbeiten

Wilfried Herget bemerkt dazu, dass das Kon- zept der Bausteine in enger Beziehung zum Funktionsbegriff steht Es besteht schon seit Felix KLEIN ein Konsens daruber, den Funkti- onsbegriff als eine Leitidee im Mathematik- unterricht anzusehen lm Baustein-Konzept scheint ,,nut' die Funktionsidee in die Termi- nologie des Rechners ubersetzt worden zu sein Die neue Qualitä wird dabei nicht deut- lich

Eberhard Lehmann stimmt zu, dass das Funktionskonzept nicht neu ist Die Betrach- tung von Parametern war jedoch bisher im wesentlichen auf den Unterricht der Ober- stufe, insbesondere den Analysisunterricht beschränk Das Baustein-Konzept bietet je- doch auch in der Sek I die Möglichkeit die Vielfalt an Parametern von Anfang an in Termen besser bewusst zu machen Indem die Parameter unterschiedlich belegt werden, ist es möglich unterschiedliche Aufga- ben(typen) zu behandeln und zu löse Neue Technologien erleichtern dabei das Untersu- chen der Auswirkung der Parameter auf Graph und Tabelle Eberhard Lehmann weist zudem noch einmal auf die strukturierende Wirkung der Bausteine hin, wodurch die Schuler einen besseren Uberblick uber Ma- thematik bekommen

Hans-Georg Weigand befurwortet zwar eine Stärkun funktionaler Aspekte im Mathema- tikunterricht Parameterabhängigkeite soll- ten explizit angesprochen werden Er be- furchtet jedoch, dass der Umgang mit den

Bausteinen den Schulerinnen und Schulern Probleme bereiten könnte denn zum einen mussten die Namen der Bausteine memoriert werden und zum anderen die richtige Rei- henfolge der Parameter berucksichtigt wer- den Hans-Georg Weigand fuhrt als Beispiel den Baustein gerade(x, m, t) an, den er fur

schwieriger erachtet als die Funktion j mit f ( x ) = m x + t .

Dass grundsätzlic Probleme beim Arbeiten mit Bausteinen auftreten können schließ Eberhard Lehmann nicht aus Dadurch, dass man die Schuler anleitet, immer wieder die Bedeutung der Bausteine anzugeben bzw sie zu interpretieren, ist es möglic derarti- gen Problemen entgegenzusteuern Weiter- hin wird nicht verlangt, die Bausteine aus- wendig zu lernen Eberhard Lehmann macht darauf aufmerksam, dass die Bausteine eine sehr kompakte Beschreibung von Termen bzw Funktionen darstellen, die zudem die Parametervielfalt innerhalb eines Terms erst bewusst werden läss

Lothar Profke und Guido von Saint George interessierten sich fur Aspekte der Begriffs- bildung

Guido von Saint George bemerkt, dass die Schulerinnen und Schüle offensichtlich mit den Bausteinen sehr selbsttäti umgehen, Er fragt, wann und wie die Begriffsbildung statt- findet und welche Rolle dabei den Baustei- nen zukommt,

Bei der Begriffsbildung häl Eberhard Leh- mann sowohl den induktiven Weg als auch den deduktiven Weg fü möglich Beim in- duktiven Zugang erwächs der Baustein aus einer Reihe gleichartig strukturierter Proble- me Danach schließe in der Regel Fragen nach weiteren Einsatzmöglichkeite und -ge- bieten des Bausteins an Bei einer Lerngrup- pe, die mit einem Unterrichtsgegenstand be- reits hinreichend vertraut ist, ist es aber auch denkbar, den Baustein vorzugeben und de- duktiv zu arbeiten,

Mutfried Hartmann, Nurnberg & Silke Th~es, Gieße I

Lothar Profke interessiert in diesem Zusam- menhang, ob Bausteine auch als black box verwendet werden, deren innere Struktur im Unterricht nicht thematisiert wird

Nach Eberhard Lehmanns Angaben werden die Bausteine in seinem Unterricht sowohl als black box als auch als whife boxes ver- wendet In den meisten Fälle wie etwa beim Löse linearer Gleichungssysteme werden die Bausteine zunächs als white box behan- delt Wenn das grundsätzlich Prinzip des Lösen von Gleichungssystemen anhand einfacher Aufgaben jedoch verstanden ist, wird der Baustein als black box eingesetzt, so dass genugend Raum fur Interpretation der Ergebnisse geschaffen wird Die Frage nach dem Funktionsprinzip, das einem Bau- stein zugrunde liegt, kann bzw sollte durch- aus in spätere Phasen des Unterrichts wie- der aufgegriffen werden

Harald Junek gibt zu bedenken, dass Schule- rinnen und Schuler in den Bausteinen eine ,,anderec', ,,neue1' Mathematik sehen könnten und fragt nach Erfahrungen mit Langzeitwir- kungen, so etwa bei denjenigen, die an die Universitat wechseln Ergebnisse aus Lang- zeituntersuchungen stehen nach Eberhard Lehmann jedoch noch nicht zur Verfugung Eine andere Mathematik - bezogen auf die CAS-Lernumgebung - wird seiner Meinung nach nicht betrieben, da mit Befehlen wie 1'gauss112 ltsolvell etc bereits vordefinierte Bausteine vom CAS zur Verfugung gestellt werden Nach seiner Konzeption kommen nur selbst definierte Bausteine neu hinzu Außerde betont Eberhard Lehmann noch- mals den Vorteil des Strukturierens Die selbst definierten Bausteine gestatten es, Aufgabenklassen zu bilden

lm Verlauf der Diskussion zeigt sich ein weit gehender Konsens uber die Bedeutung des Arbeitens mit Funktionen von mehreren Ver- änderliche

W~lfried Herget veweist dabei auf die Arbei- ten von CQHQRS-FRESENBQRG, der schon ab Klasse 7 fur die Behandlung solcher Funktio- nen plädier lm Rahmen eines computerun- terstUtzten Unterrichts ergeben sich zudem neue Möglichkeite beim Arbeiten mit Funk- tionen von mehreren Veränderliche

Barbe1 Barzel bemerkt dazu, dass die Schu- ler an Beispielen wie etwa dem ,,Bino-Bau" (a -I- 6)' oder auch dem Geradenbaustein gerade(x, m, n) schon fruh die Weite des Begriffes der Variablen kennen lernen Die Schulerinnen und Schuler werden beweglich Im Umgang mit Termen und in der lnterpre- tation von Termen Sie regt an, daruber

nachzudenken, ob man den Begriff des ,,Bausteins6' durch den der ,,Funktion1' erset- zen kann

Nach Ansicht von Klaus Aspetsberger sind im allgemeinen zwei Schulertypen zu unter- scheiden Der eine Typ arbeitet gerne mit Termen, der andere Typ bevorzugt es, Funk- tionen zu definieren und die entsprechenden Funktionswerte auszuwerten. Er räum je- doch ein, dass bei längere Arbeiten mit ei- nem CAS der Gedanke der Funktion nahe- liegend ist, so dass man selbst bereit ist, Funktionen neu zu definieren Er sieht in der lnterpretation von Termen als Funktionen bei der Nutzung eines CAS einen Rechenvorteil, der auch von den Lernenden wahrgenom- men wird

Er warnt jedoch davor, zu schnell einen Bau- stein als black box zu verwenden Eine ein- malige Behandlung bzw eine einmalige whife box phase reicht seiner Meinung nach nicht aus Um die Bedeutung und den Auf- bau eines Bausteins deutlich zu machen und dem Vergessen vorzubeugen, mussen häufi Wiederholungen zwischengeschaltet werden Ein zu intensives Verwenden von Funktionen kann bei einer unsicheren Handhabung zu unuberschaubaren Situationen fuhren und insbesondere fur schwächer Schulerinnen und Schuler ein Problem darstellen

Peter Bender befuwortet grundsätzlic das Baustein-Konzept, weist jedoch auf zwei Probleme hin, die die Bausteine mit den ,,herkömmlichen Funktionen gemeinsam ha- ben Zum einen macht er darauf aufinerk- Sam, dass die unterschiedliche Bedeutung bzw Rolle der Variablen - einmal als Verän derliche, einmal als Parameter - etwa bei der Geradengleichung nicht aus den Augen ver- loren werden durfte Weiterhin vermutet er, dass Lernende Schwierigkeiten mit der An- zahl und der Bedeutung der Variablen haben könnten so etwa bei der Behandlung des Differenzen- und des Differenzialquotienten

Eberhard Lehmann stimmt den Argumenten Peter Benders grunds2tziich zu Er sieht je- doch gerade in dem Beispiel der Differen- zenquotientenfunktion D(x,h) eine Chance, durch Variation der Schrittweite h den Pro- zess der Näherun der Differenzenquotien- tenfunktion an die Ableitungsfunktion f f zu veranschaulichen Nach seinen bisherigen Erfahrungen bereitet dies den Schulerinnen und Schulern keine Schwierigkeiten, sondern träg zur Klarheit bei

Josef Böh bemerkt, dass Lernende durch die Nutzung von CAS dazu angeleitet wer- den, beim Löse von Problemen ,,Bausteine6'

Podiums- und Plenumsdiskussion

individuell zu definieren und zu benennen In den daraus resultierenden vielfältige Lö sungsstrategien sieht er eine Chance, das Verbalisieren im Unterricht etwas stärke in den Vordergrund zu rucken Daruber hinaus ermögliche diese Systeme den Schulerin- nen und Schulern, entsprechend ihren Fä higkeiten (Chance zur Binnendifferenzie- rung!) sich selbst Werkzeuge zu erstellen, mit deren Hilfe zunächs unubersichtliche Sachverhalte und Berechnungen dann präg nant dargestellt werden könne

Auf die Beziehung zwischen Bausteinen bzw. Modulen in der Algebra und Makros in der Geometrie - letztendlich auch ,,nur" Funktio- nen von mehreren Veränderliche -weist Gerhard Holland hin Diese Beziehung sollte den Lernenden deutlich gemacht werden

Elementarisieren im Mathemati kunterricht

Klaus Aspetsberger betont in seinem State- ment die Bedeutung von CAS bei der Lösun von Problemen mit elementaren Methoden bzw Operationen und bei der schrittweisen (elementaren) Einfuhrung neuer Begriffe Begriffe bedurfen jedoch i d R nach einer elementaren ersten Behandlung einer Exak- tifizierung, um unerlaubten Verallgemeine- rungen entgegenzuwirken

Bernard Winkelmann sieht in der elementa- ren Einfuhrung neuer mathematischer Beg- riffe ein altes didaktisches Prinzip verwirk- licht die Begriffsbildung durch Handlungs- anweisungen

Bei neuen Begriffen sollte man jedoch fra- gen, inwiefern sie mit Blick auf die Möglich keiten neuer Technologien noch weiter exak- tifiziert werden sollten So ist es z B. mit Ex- cel möglic einen Tilgungsplan zu erstellen, ohne die Tilgungsformel zu kennen,,

Bei anderen Begriffen, wie etwa dem Begriff der Exponentialfunktion oder der Ableitung, ist es notwendig, uber den konkreten Hand- lungszusammenhang, d h die Einfuhrung der Potenzen als fortgesetzte Multiplikation bzw die Folge von Differenzenquotienten, hinauszugehen

In diesen Fälle muss den Schulerinnen und Schulern deutlich gemacht werden, dass ein Begriff eingefuhrt wird, der gegenuber den elementaren, ,,alten" Begriffen eine neue Qualitä besitzt

Klaus Aspetsberger betont, dass es im Falle des Beispiels ,,Tilgungu tatsächlic ausreicht, die Zusammenhäng rekursiv darzustellen und eine Tabelle zu betrachten Eine weitere

Exaktifizierung - i S einer geschlossenen Formel aus der Finanzmathematik - er- scheint ihm dort nicht notwendig. Dagegen ist es bei der Begriffsbildung der Exponential- funktion erforderlich, den Übergan von dis- kret nach kontinuierlich zu präzisiere und mit traditionellen Methoden zu klären nach- dem die charakteristischen Eigenschaften exponentiellen Wachstums an einem diskre- ten Modell herausgearbeitet wurden

Die folgenden Diskussionsbeiträg kreisten um die Frage, inwiefern der Ubergang dis- kret-kontinuierlich bei Behandlung der Expo- nentialfunktion im Unterricht thematisiert wer- den sollte

Lothar Profke fragt an, ob es nicht genugen wurde, den Potenzbegriff diskret zu bilden und die Berechnung der ,,Zwischenwerte" - ohne theoretische Klärun - dem Rechner zu uberlassen

Kare! Tschacher befurwortet diesen Vor- schlag Auch bei einer linearen Funktion wird der Definitionsbereich ohne ausfuhrliche Thematisierung von den naturlichen bzw von den ganzen Zahlen auf die reellen Zahlen erweitert, indem der Graph durch eine durchgezogene Gerade wiedergegeben wird Mit CAS steht nun ein Werkzeug zur Verfu- gung, das auch bei exponentiellen Zusam- menhänge diese Interpolation auf Knopf- druck durchfuhren kann

Diesen Argumenten widerspricht Gerhard Holland, indem er betont, dass die Interpola- tion zu kontinuierlichen Werten keine größ ren Schwierigkeiten bereitet, wenn ein grundsätzliche Verständni fur den Wachs- tumsfaktor bereits vorhanden ist

Abwägen äuße sich Katja Maaà und Werner Peschek Katja Maaà gibt zu beden- ken, dass in jedem Fall das Niveau der Lern- gruppe zu berucksichtigen ist Werner Pe- schek sieht Elementarisierung als ein Mittel, um etwas verständliche bzw leichter zu ma- chen Guido von Saint George bemerkt, dass schwer zu entscheiden ist, wie viel Orientie- rungswissen und wie viel Detailwissen den Lernenden heutzutage mitgegeben werden sollte In Nordrhein-Westfalen wird diese Frage zur Zeit sehr kontrovers diskutiert In den Lehrpläne wird darauf gedrungen, dass die Schulerinnen und Schuler auf lebenslan- ges Lernen vorbereitet werden

Selbsttätige Lernen und Automatisierung

Barbe1 Barzel plädier in ihrem Statement dafur, vermehrt Lernumgebungen zu schaf-

Mutfried Hartmann, Nurnberg & Silke Thies, Gieße l l i

fen, in denen die Schulerinnen und Schuler selbstständi täti werden könne Dies schließ ein, dass sie selbst uber ihren Lö sungsweg und uber den Einsatz neuer Me- dien bzw Technologien entscheiden.

Hartmut Kummel bemerkt, dass Selbsttätig keit gewisse Grundfertigkeiten und ein Grund- wissen erfordert Ihn interessiert, inwieweit auch derartige Grundfertigkeiten durch Ler- nende selbstständi erarbeitet werden kön nen

Bärbe Barzel räum ein, dass ein solides Grundwissen fur das Bearbeiten offener Problemstellungen unabdingbar ist Uber den methodischen Weg, wie dieses Wissen er- reicht werden soll, ist dabei von Fall zu Fall zu entscheiden Das selbsttätig Arbeiten sieht sie als eine Möglichkei an, erworbenes Wissen zu vertiefen, zu uben, weiterfuhren- den Fragestellungen nachzugehen etc

Eberhard Lehmann ergänzt dass die Ler- nenden auch beim Erarbeiten von Fertigkei- ten und Grundwissen selbsttäti sein kön nen Arbeitsformen wie Partnerarbeit und Projektarbeit könne zur Entwicklung von Selbstständigkei beitragen

Siegfried Zseby fragt an, ob und inwiefern sich die im Vortrag von Bärbe Barzel vorge- stellten Beispiele fur selbsttätige Arbeiten weiter ausbauen bzw auf eine breitere Basis stellen lassen

Eine derartige breitere Basis ist nach Bärbe Barzel erstrebenswert Sie wurde es begru- Ben, wenn solche und ähnlich Beispiele Eingang in die Schulbucher finden wurden Das Nachlaufen des Graphen einer Weg- Zeit- oder Geschwindigkeit-Zeit-Funktion birgt eine groß Chance, Funktionen erfahrbar zu machen, und diese Beispiele sind auch sehr leicht umzusetzen

Josef Böh weist in diesem Zusammenhang auf das Buch ,,Neue Technologien - Neue Wege im Mathematikunterricht" (BARZEL, B , BOHM, J , DRIJVERS, P , JANSSENS, D , SJ~STRAND, D & WATKINS, A J P Neue Technologien - Neue Wege im Mathematik- unterricht - Hollabrunn Pädagogische In- stitut Niederösterreich 1999 ) hin Dieses Buch, welches zahlreiche Anregungen fur Unterrichtseinheiten mit dem Einsatz neuer Technologien bietet, wurde im Rahmen eines EU-Projekts von einer internationalen Grup- pe erarbeitet Es ist vorrangig gedacht als Materialsammlung fur Lehrerfortbildungen

Das Problem, wie die Idee eines selbsttäti gen, offenen Unterrichts vermittelt werden kann, wurde zu einem zentralen Gegenstand der weiteren Diskussion

Jens Weitendorf merkt an, dass der Aufruf zu ! mehr Selbsttätigkei und Selbstständigkei I

der Schulerinnen und Schuler an der gegen- wärtige Einstellung vieler Lehrkräft schei- 1 I tert Sofern sich nicht die Lehrbucher ändern i sieht er wenig Chancen, dass sich der Unter- I richt grundlegend änder I Karel Tschacher gibt zu bedenken, dass der experimentelle, handlungsorientierte Mathe- I

matikunterricht bisher eine Domän der Grund-, Haupt- und Realschulen war und im Gymnasium einem Paradigmenwechsel gleichkommt Das Hauptproblem liegt seines Erachtens darin, den Kollegen im Gymnasi- um zu vermitteln, dass auch experimentelle und nichtsymbolische Lösungsweg mathe- matisches Vorgehen widerspiegeln und ent- sprechend zu förder sind, so etwa bei der graphischen Lösun einer quadratischen Gleichung oder der Lösun einer Gleichung durch Probieren

Nach Dört Haftendorn stellen Lehrerfortbil- dungen eine geeignete Plattform dar, die Möglichkeite neuer Technologien zu ver- mitteln Schulbuchverlage reagieren ihrer Meinung nach zu langsam auf die neueren Entwicklungen

Auch Bärbe Barzel betont, dass Lehrerfort- bildungen eine Chance bieten, sowohl neue Technologien vorzustellen als auch methodi- sche Wege fur deren Einsatz im Unterricht aufzuzeigen

Eberhard Lehmann sieht in der Beobachtung realen, offenen Unterrichts eine weitere Mög lichkeit, die Idee des selbsttätige und des offenen Unterrichts zu vermitteln Insbeson- dere in der Referendarausbildung bieten sich hierbei Chancen, diese Unterrichtsform an konkreten Unterrichtsbeispielen zu verdeutli- chen und zu diskutieren

Wie kann die Selbsttätigkei im Lernprozess bewertet werden? Diese Frage interessiert Christine Bescherer Bärbe Barzel weist auf die verstärkt Bedeutung von Gruppenarbeit und damit auch von Gruppenarbeitsergebnis- Sen wie etwa Poster hin Man muss sich da- bei jedoch immer bewusst sein, dass es un- ter den Schulerinnen und Schulern auch ,Trittbrettfahrer" gibt Eine zusätzlich Be- wertung durch Beobachtung der Lernenden ist deshalb sinnvoll

Guido von Saint George fragt, ob Bärbe Barzel in ihrem Unterricht auch Prozesse der Selbststeuerung vorsieht, so dass sich fŠdie Schulerinnen und Schuler Freiräum nicht nur hinsichtlich der Problemlösung sondern auch hinsichtlich der Problemstellung erge- ben Bärbe Barzel zieht es vor, die Aufgaben

Podiums- und Plenumsdiskussion

so offen wie möglic zu stellen Nach ihrer Erfahrung kommen Lernende mit solchen Aufgaben gut zurecht Interaktion findet etwa bei Diskussionen und beim Präsentiere von Arbeitsergebnissen statt

Hans-Georg Weigand weist darauf hin, dass sich ,,Selbsttätigkeit bereits im Rahmen der Reformpädagogi Anfang des 20 Jh zu ei- nem Schlagwort entwickelte Es ist zu be- rucksichtigen, dass schon damals Pädago gen wie Hugo GAUDIG davor warnten, diesen Begriff unreflektiert zu verwenden und als pädagogische Wundermittel zu betrachten Auch heute sollte man beachten, dass sich nicht jeder Unterrichtsgegenstand fur entde- ckendes Lernen eignet An Bärbe Barzel richtet er die Frage, ob sie das übe im Sin- ne des Vortrages von Josef Böh fur Uben im Rahmen entdeckenden Lernens halte Jo- sef Böh hatte sich in seinem Vortrag fur das Einuben von Grundfertigkeiten mit Hilfe neuer Technologien ausgesprochen

Bärbe Barzel betont, dass die Förderun von Selbsttätigkei Aufgaben erfordert, bei denen Schulerinnen und Schuler selbst uber ihren Lösungswe entscheiden könne Derartige Aufgaben setzen häufi bei Anwendungen an Josef Böhm Aufgaben, die stärke auf das Trainieren von Fertigkeiten abzielen, sind demnach nicht Aufgaben im Sinne ent- deckenden, selbsttätige Lernens

Bärbe Barzel ergänzt dass sie sich gerade im Hinblick auf die Umsetzung didaktischer Konzepte eine stärker Zusammenarbeit zwischen Universitä und Schule wunschen wurde

Josef Böh sieht die Bedeutung seiner Auf- gaben jedoch weniger im Aufbau von inhaltli- chem Verständnis sondern vielmehr als Konzentrationsubung, als Automatisierungs- phase Es bleibt die Aufgabe der Lehrkraft, Prioritäte im Unterricht zu setzen und zu entscheiden, ob und inwieweit derartige Auf- gaben gestellt werden

Gerhard Holland betont, dass gewisse Kenntnisse und Fertigkeiten unabdingbar sind zum Erreichen von Prozesszielen wie etwa Problemlöse Er zeigt sich beeindruckt von den methodischen Möglichkeiten die der Tl-92 bietet So kann der Rechner offensicht- lich durch geeignetes Programmieren gewis- se tutorielle Funktionen ubernehmen Die ubungsaufgaben bieten weiterhin den Schulerinnen und Schulern die Chance, De- fizite durch Oben auszugleichen Ob und wie häufi dieses Ubungswerkzeug verwendet wird, kann der Selbstverantwortung der Ler- nenden uberlassen werden

Karel Tschacher macht auf ein Dilemma in der Vermittlung methodischer Ideen auf- merksam Seiner Meinung nach lernen viele angehende Gymnasiallehrer in ihrer eigenen Schulzeit und währen ihres Studiums einen traditionellen Unterricht kennen, in dem ein Bild von Mathematik als Fertigprodukt und nicht als Prozess vermittelt wird Hier ist Uberzeugungsarbeit zu leisten

Lothar Profke weist darauf hin, dass die Übunge Josef Böhm auf einer Fertigkeits- ebene stattfinden, die von der Verständnis ebene zu unterscheiden ist Dabei stellt er die These auf, dass ein Schuler etwas ver- standen haben kann, auch wenn er die ent- sprechende Rechenfertigkeit nicht besitzt

Es sollte hinterfragt werden, ob diese Fertig- keiten noch von Bedeutung sind, zumal der- artige Berechnungen heutzutage von Ta- schenrechnern oder CAS ubernommen wer- den könne

Auch Werner Peschek bemerkt, dass man sich in Zukunft verstärk Gedanken uber die (noch) notwendigen Grundfertigkeiten und Grundvorstellungen machen sollte Gewisse Grundfertigkeiten sind seiner Meinung nach zum Aufbau von Grundvorstellungen not- wendig Die Fertigkeiten, die mit den Aufga- ben Josef Böhm intendiert sind, tragen je- doch tendenziell wenig zum Aufbau von Ver- ständni bei Weiterhin wird die Frage nach Schwerpunkten im Unterricht an Bedeutung gewinnen. Auch hier ist zu fragen, ob es nicht interessantere und wichtigere Themen fur alle Schulerinnen und Schuler gibt als die Entwicklung von hoch entwickelten techni- schen Fertigkeiten

Rolf Neveling beschließ die Diskussion mit einem Hinweis auf die Problematik der Viel- schichtigkeit und ,,Undurchschaubarkeit" von Lernprozessen

o rie

Computergestützte Geometrie-Unterricht mit elektronischen Arbeitsblätter

Hans-Jiirgen Elschenbroich, Neuss

Der Geometrie-Unterricht hat durch Dynamische Geometrie-Software (wie Cabri, Euklid) in den letzten Jahren neue Impulse erhalten Diese Software zeichnet sich durch die Fä higkeiten ,,Beweglichkeit/Zugmodus", ,,Lernfahigkeit/Makrosu und ,,Ortslinien zeichnen" aus Klassische Sätz der Elementargeometrie erlebt man im Zugmodus als Invarianzen, neue Lösungsstrategie werden möglic Oft wird diesen Geometrieprogrammen entge- gengehalten, dass sie bei den Schulern das Beweisbedurfnis noch weiter verringern. Es wird im Beitrag auf die Auswirkungen auf das Beweisen eingegangen und ein Konzept visuell-dynamischer Beweise entwickelt Dazu werden konkrete Beispiele zum Einsatz von elektronischen Arbeitsblätter im Unterricht Klasse 718 vorgestellt, in denen der Schwerpunkt nicht mehr auf dem Erstellen von Figuren, sondern auf dem Arbeiten mit Fi- guren liegt, und es wird auf die geändert Rolle von Lehrern und Schulern eingegangen

Standardthemen in moderner Sicht: Was be-, deutet das fur den Geometrie-Unterricht? Nun, auch in moderner Sicht bleibt die In- nenwinkelsumme im Dreieck 180 und bleibt die Formel fur den Flächeninhal eines Drei- ecks.

Moderne Sicht heiß moderne Werkzeuge, moderne Methoden Zunächs eine kurze Ruckschau Die Geo- metrie der Antike basierte auf Konstruktionen mit Zirkel und Lineal (ohne Längenskala Objekte waren zunächst Punkte, Strecke IStrahlIGerade, DreieckeIPolygone, Kreis, Erst späte kamen Zahlen hinzu Längen Winkel, Flächeninhalte Als Werkzeug wurde das Lineal um eine Längenskal er- weitert und späte der Winkelmesser entwi- ckelt Das Geodreieck beinhaltete schließlic neben Länge und Winkeln auch Parallele und Senkrechte (frŸh Makros!) und ist mitt- lerweile unstrittiges Werkzeug des Geomet- rie-Unterrichts,.

Mit der zunehmenden Verbreitung von Com- putern gab es in den 80er Jahren Geometrie- software der 1 Generation, mit der man wie mit Zirkel und Lineal konstruieren konnte (z, B KOBESCti) Diese brachte aber keine wesentlichen Impulse und didaktischen Neu- erungen und konnte sich nicht durchsetzen

Neue Impulse sowohl inhaltlicher als auch methodischer Art kamen erst durch die Dyna- mische Geometrie-Software (DGS) wie z B Cabri, Euklid, Geolog Zugmodus, Makros und Ortslinien sind die typischen Eigen- schaften Sie ermöglichte experimentelles Arbeiten, visuelles Argumentieren sowie heu- ristische Strategien Inhaltlich gab es einer- seits neue Themenbereiche (z. B EULER-

Gerade, Ortslinien, Kreisinversion), die vor- her nicht zugänglic waren, andererseits kam man oft wieder zu klassischen Konstruktio- nen und Problemen zuruck

Der unterrichtliche Einsatz ist aber nicht ohne Tucken W Zunächs braucht man einen freien Com-

puterraum mit genugend Arbeitsplätze W Dann ist in der Regel eine länger Durst-

strecke von Konstruktionen zu uberwin- den, bevor mathematische Aktivitaten an- hand der konstruierten Figuren stattfinden könne

W Es passiert häufig dass etliche Schuler- gruppen nicht fertig werden

W Ständi kommt es auch vor, dass durch Fehler in der Konstruktion Figuren entste- hen, die nicht das leisten, was sie sollen, und deshalb fur den weiteren mathemati- schen Unterrichtsgang ungeeignet sind!

Neben der Angst vor solchen Fallen in der Durchfuhrung gibt es bei vielen Lehrern auch grundsätzlich Vorbehalte, z B dass die Schuler den Umgang mit Zeichengeräte ganz verlernen oder dass die im Zugmodus erlebte Evidenz das Beweisbedurfnis weiter vermindert

Auch muss zu den sowieso vorhandenen An- forderungen an geometrische Konstruktionen (oder Beweisfuhrungen) jetzt noch ein Wis- sen uber die Bedienung von DGS und deren Objekt-Philosophie (Unterscheidung in freie Punkte I gebundene Punkte 1 Schnittpunkte, Konzept der Freiheitsgrade, Hierarchien von Objekten) hinzukommen, um erfolgreich täti zu sein

Hans-Jürge Elschenbroich

Neuer Ansatz: Elektronische Arbeitsblatter

All das fuhrte dazu, dass zwar auf der theo- retischen Ebene der Hochschul-Didaktik die Auswirkungen der DGS auf die Konzeption von Geometrie-Unterricht beachtlich waren, im real existierenden Unterricht es aber bei vereinzelten Aktionen von uberzeugten En- thusiasten blieb

Das Konstruieren geometrischer Figuren mit DGS erwies sich letzten Endes als eine spe- zielle Form des Programmierens, sei es als mausgesteuertes Programmieren auf einer graphischen Benutzeroberfläche sei es als tastaturgesteuerte Eingabe von Konstrukti- onsbefehlen im Sinne eines Konstruktions- Programms. Dies geometrische Programmie- ren in einer Klasse 7-8-9 war zeitaufwendig und fehleranfälli und stellte an Lehrer und Schüle hohe Anforderungen.

Hier setzt nun die Idee elektronischer Ar- beitsblätte an:

Weg vom Programmieren als Konstruieren von Figuren ist die Devise, hin zum Arbeiten mit geometrischen Figuren, zum Experimentieren, zum Deuten von Ortslinien, zum Aufstellen und überprüf von Vermutungen, zum Entdecken von Eigenschaften, in der Folge auch zum Her- stellen von Querverbindungen und Begrun- dungszusammenhangen.

Solche elektronischen Arbeitsblätte enthal- ten vorbereitete Konstruktionen und integ- rierte Aufgabentexte Sie verstehen sich als eine mediale Brucke zwischen der Welt der Mathematik (den geometrischen Sätzen und der Welt der DGS (mit ihrer Objektphiloso- phie, ihren Konstruktionsbefehlen, dem Zug- modus und den Ortslinien), sie könne ohne vertiefte Kenntnis des jeweiligen Programms eingesetzt werden

Jeder Schuler ist aktiv täti statt passiv zuhö rend Durch ein interaktives Werkzeug wird individuelles und selbstgesteuertes Lernen möglich Experimentieren, Vermuten und U- berprufen wird selbstverständliche Teil des Lernprozesses

Mit solchen elektronischen Arbeitsblätter wandelt sich die Rolle des Schulers Vom Objekt der Belehrung wird er mehr zum Subjekt eigenen Lernens Die Zulassung und Betonung des Visuellen und die Aufforderung zum experimentellen Arbeiten geben dem Geometrie-Unterricht einen anderen Cha- rakter und erhöhe die Möglichkeite zum selbstständige Arbeiten

Rolle des Lehrers

Akzeptiert man den derzeitigen Stand der Lernpsychologie, so konstruiert sich jeder Schuler auf der Basis seiner Vorerfahrungen sein eigenes Wissen (Subjektive Erfahrungs- bereiche im Sinne von BAUERSFELD) Besteht schon im klassischen lehrerzentrierten Unter- richt die Gefahr eines Flickenteppichs aus unterschiedlichem Wissen, so kann es bei elektronischen Arbeitsblättern die auf ein hohes Maà an Eigentätigkei der Schuler ab- zielen, noch eher passieren, lauter isolierte Wissensinseln zu produzieren Die neue Rol- le des Lehrers wird deshalb darin bestehen, die im Einzelnen aufgebauten subjektiven Erfahrungen und Deutungen der Schuler zu sammeln, ggf zu korrigieren, zu organisieren und vernetzen und eine gemeinsame Wis- sensbasis fur zukunftiges Arbeiten herzustel- len Dabei ist es wichtig, verschiedene Lö sungswege einzubeziehen und auch auf un- fertige oder fehlerhafte Ansatze einzugehen

Der Lehrer ist in der Zeit, in der die Schuler an den Arbeitsblätter arbeiten, nicht ar- beitslos Seine gewandelte Aufgabe besteht darin, herumzugehen und den Arbeitspro- zess der Schuler zu beobachten und sich in- nerlich Notizen zu machen uber Aspekte, die in der Auswertung angesprochen werden sollen Falls erforderlich gibt er einzelnen Gruppen Hinweise (notfalls auch zentral) oder besonders schnellen Schulern Zusatz- aufgaben Entdeckendes Arbeiten braucht Zeit und Ruhe, eine Wettkampfmentalitä ist da eher hinderlich

Die Arbeit am Computer ist nur ein Teil der Schuleraktivitä Eine Dokumentation gehör untrennbar dazu und ist wesentliche Voraus- setzung fur die abschließend Besprechung Fur eine solche Dokumentation sind mehrere Formen denkbar eine Notiz im Heft oder e- lektronisch in Textboxen oder Word-Texte, ein Ausdruck der Lösungsfigu oder eine Zeichnung mit Zirkel und Lineal oder eine einfache Handskizze Fur die Auswertung und Besprechung ist genugend Zeit vorzuse- hen

Dabei wird auch ein anderer Umgang mit Fehlern erforderlich Zum visuellen und expe- rimentellen Arbeiten gehör das Aufstellen von Vermutungen ,,Falsche" Vermutungen kommen dabei häufi vor und sind nicht als Fehler zu bewerten, sondern als Stufen im Erkenntnisprozess und als Chance im Lern- prozess Dafur ist wesentlich, dass die Schuler in einer Lernumgebung arbeiten, die zum Vermuten und Ausprobieren ermutigt. Das in Deutschland vorherrschende fragend-

Computerunterstutzter Geometrie-Unterricht mit elektronischen Arbeitsblätter

entwickelnde Lehrer-Schuler-Unterrichtsge- sprach erweist sich als Unterrichtsmethode eher hinderlich, weil es zum einen sehr stark den Denkprozess in Richtung der vor Lehrer vorgedachten Lösun einengt und weil es unausgesprochen Lernsituation und Leis- tungsfeststellung verquickt,

Visuell dynamische Beweise

Experimentelles oder anschauliches Arbeiten hat keine Tradition im Geometrie-Unterricht Seit mehr als 2000 Jahren ist unser Geo- metrie-Verständni durch das Werk Euklids gepräg Auf Axiomen aufbauend, gibt es ein Gebäud von Lehrsätzen die durch logische Deduktionen aus den Axiomen oder schon bewiesenen Sätze hergeleitet werden, ohne auf die Anschauung zurückzugreife

Dies ist aber nicht der Weg, wie Erkenntnis entsteht und sich individuell Wissen aufbaut! Der Geometrie-Unterricht war mehr wissen- schaftstheoretisch als lernpsychologisch und erkenntnistheoretisch konzipiert Das Auf- kommen der Abbildungsgeometrie verstärkt die Problematik, weil zur verfruhten Formali- sierung noch eine Algebraisierung der Geo- metrie hinzukam Auf die Problematik, in der Sekundarstufe l Beweise(n) in strenger for- maler Weise zu unterrichten, wurde von Di- daktikern schon immer warnend hingewie- sen

WITTMANN & MULLER haben als Alternative zum streng formalen deduktiven Beweis das Konzept des ,,inhaltlich-anschaulichen Beweises" entwickelt und dazu ausgefuhrt ,,Inhaltlich-anschauliche, operative Beweise stutzen sich dagegen auf Konstruktionen, von denen intuitiv erkennbar ist, dass sie sich auf eine ganze Klasse von Beispielen an- wenden lassen und bestimmte Folgerungen nach sich ziehen" (WITTMANN & MULLER 1988, S 249)

Von BLUM & KIRSCH wurde dies zum ,,prg- formalen Beweis" weiterentwickelt, worunter sie ,,eine Kette von korrekten Schlussen ver- stehen, die auf nicht-formale Prämisse zu- ruckgreifen " (BLUM & KIRSCH 1989, S 202 f ) WINTER spricht von ,,Siehe-Beweisen", in denen sich ,,praktische Handlungen widerspie- geh" (WINTER 1991, S 136 f )

Fur den Einsatz von DGS wurde das zu ,,vi- suell-dynamischen Beweisen" weiterentwi- ckelt, die (im Gegensatz zur reinen Evidenz- Feststellung) eine Antwort auf die Frage ,Wa- rum ist das so?' geben sollen (ELSCHEN- BROICH 1999, S 159)

,Sie sind visuell anschaulich, auf eine Zeichnung bezogen als Figur, Eigenschaften und Be- zeichnung dynamisch keine einzelne, starre Zeich- nung, sondern eine ideale Zeichnung, ei- ne ganze Klasse von Figuren mit gleichen Eigenschaften, ermöglich und sichtbar gemacht durch den Zugmodus von DGS

e Beweis ein vollgultiger Beweis in dem Sinne, dass er nicht durch rationale Argu- mentationen zu erschütter ist und in dem Sinne, dass eine Antwort auf die Frage nach dem 'Warum' gegeben wird "

In der Folge der Bilder, die im Zugmodus ent- stehen, kann ein Beweis als eine Geschichte in Bildern aufgefasst werden Das Arbeiten im Zugmodus hat so gewisse Verwandt- schaften mit einem Trickfilm, der vor dem Auge (späte auch vor dem geistigen Auge) abläuf

Hier muss darauf hingewiesen werden, dass dazu auch das Sehen geschult werden muss und dies ein Lernziel fur sich ist! Es ist immer wieder zu be- obachten, dass Schuler eine (fur den Lehrer) be- merkenswerte Invarianz gar nicht beobachten, weil sie diese nicht sehen oder nicht fur bemer- kenswert halten Das ist auch nicht verwunderlich, da die Schuler sowohl evolutionsgeschichtlich als auch als Kinder der Nintendo-Generation so ge- präg sind, dass sie zunächs auf Veränderunge achten und nicht auf Invarianzen Das Sehen im Zugmodus erfordert insofern zu guten Teilen eine Umkehrung der Sehgewohnheiten in Alltagssitua- tionen

Die lern psychologisch entscheidenden Unter- schiede bestehen darin, dass bei DGS als interaktivem Medium o Schuler nicht passive Betrachter sind,

sondern aktiv Handelnde, e nicht mehr ein fur alle gleicher Film ab-

läuft sondern dass es individuelle Filme gibt, in denen Schuler selber Regisseure sind,

e der Zugmodus Möglichkeite zum experi- mentellen Arbeiten, zum Neuansatz bie- tet,

* der Zugmodus Vermutungen produziert und gleichzeitig eine Kontrollinstanz fü diese Vermutungen bietet,

Die vorgegebenen Konstruktionen sind dabei nicht als Einschränkunge der Möglichkeite fü Schüle zu sehen; die mediale Brucke der elektronischen Arbeitsblätte bietet uber unsi- cherem Geländ den Schulern eine feste Ausgangsposition fur eigene Erkundungen.

Hans-Jürge Eischenbroich

gaben orientieren sich zu große Teilen am Standardstoff und bieten ihn in dynamischer Form an Hier gibt es viele klassische Ansät ze, die mit DGS jetzt einsichtiger und mit größer Schuleraktivitä unterrichtet werden könne Fur den Lehrer gibt es zusätzlic zu jeder Aufgabe eine schnelle Ubersicht uber Lernziele, Lernvoraussetzungen und erwar- tete Lösung(en Um Missverständnisse vorzubeugen, soll an dieser Stelle noch be- tont werden, dass es nicht Ziel der elektroni- schen Arbeitsblätte ist, Geometrie-Unterricht ausschließlic auf diese Weise zu betreiben Handlungserfahrung (Schneiden, Falten, Basteln, Herstellen beweglicher Modelle) ist wesentlich fŠden internen Aufbau abstrakter Vorstellungen Ebenso das händisch Um- gehen mit Zirkel und Lineal, das auch im computergestutzten Geometrie-Unterricht sei- ne Rolle behält z. B bei der Sicherung der Ergebnisse und bei Hausaufgaben, in denen eine spezielle Figur aus der irn Zugmodus erlebten Bilderfolge gezeichnet wird

1 Beispiel 2:

Hierin unterscheiden sie sich auch von man- chen Java-Applets im Internet, in denen der Schuler nur noch auf den Play-Knopf dru- cken kann, um eine trickfilmgleiche Animati-

Umfangswinkel, Mittelpunktswinkel. Lehrer-Information

Beispiel 1: im ~,.~i~,.k,

SchÅ ler-Arbeitsb'at

Lernziel Die Schuler sollen einen Beweis des Umfangswin- kelsatzes entdecken

on z B zum Beweis des Satzes von Pytha- goras zu starten und somit wieder zum passi- ven Betrachter gemacht wird, etwa b) Was bedeutet das fur die Summe der http //didaktik.phvsik uni- Innenwinkel im Dreieck ABC? wuerzbura.de/-pkrahrnerliava /pvthaqo/~vthaqo. htrn 1

Im Folgenden sollen nun einige Beispiele von elektronischen Arbeits- --.W. - .--- - - blattern vorgestellt wer- den (ELSCHENBROICH & SEEBACH 1999) Die Auf- I

Voraussetzungen Außenwinkelsat bei Drei- ecken, Satz des THALES

1 Euklid-Datei: A4-07 geo

In den folgenden Beispiel-Aufgaben werden teils Schuler-Arbeitsblatter und teils Lehrer- Informationen vorgestellt Sie vermitteln auf dem Papier leider nur einen ungenugenden Eindruck von den unterrichtlichen Chancen, die in ihnen stecken Die Beispiele könne als EUKLID-Dateien aus der Mathe-Werkstatt geladen werden

/

I l

a) Was stellst du fü die markierten Teilwin- kel bei C und bei M fest?

4rbeitsauftrag Auf einem Kreis um M liegen ^unkte A, B, C. Sie bilden die Dreiecke ABC md ABM.

Die Bezeichnung der Dateien bezieht sich auf ELSCHEN- BROICH & SEEBACH

Com~uterunterstützte Geometrie-Unterricht mit elektronischen Arbeitsblattern

b) Veränder die Dreiecke durch Ziehen an C (an A, an B ) Was beobachtest du? Warum muss das so sein? Tipp Betrach- te das Dreieck AMC.

C) Was kann man entsprechend fur die an- deren Teilwinkel bei C und M aussagen?

d) Der Mittelpunktswinkel bei M bleibt beim Bewegen von C konstant. Was folgt dar- aus fur den Umfangswinkel bei C?

Was dabei beobachtet werden kann

a) Der Teilwinkel bei M ist doppelt so groà wie der Teilwinkel bei C

b) Diese Eigenschaft bleibt beim Ziehen er- halten Der gemessene Teil des Mittel- punktswinkels ist nach dem Außenwinkel satz doppelt so groà wie der gemessene Teil des Umfangswinkels, da das Dreieck AMC gleichschenklig ist

C) Fur die jeweiligen Restwinkel gilt das glei- che

d) Der Umfangswinkel an einem Kreisbogen ist konstant

Weitere Hinweise Auch den Winkel ZMDA findet man als Außenwinke in doppelter Gröà wieder bei Winkel ZCMâ und Winkel ZBDM bei Winkel ZBMC. Aus dem Satz des THALES folgt, dass der Winkel Z.MDA den Winkel Z.MCA zu 90 O ergänz Infolge- dessen ist der Umfangswinkel bei D das 180 O-Komplement zum Umfangswinkel bei C.

Beispiel 3: Umkreis. Schuler-Arbeitsblatt

Beispiel 4: Erste Binomische Formel.

ehrer-In formation

.ernziel Die Schuler sollen die erste binomische Formel geometrisch entdecken.

loraussetzungen Rechteckflächenberech nung

EUKLID-Datei A7-01 .geo

4rbeifsauftrag: Ziehe an Zug-a und an Zug-b.

a) Wie groà ist die Fläch des gesamten Quadrates?

3) Aus welchen Teilfläche besteht das gro- ß Quadrat? Welche Gleichung gilt somit offenbar? Tipp: Du kannst an den Teilflä chen ziehen.

Der Kreis k um M verläuf immer durch A Ziehe nun an M

a) Wo muss M liegen, wenn k auch durch B verlaufen soll ?

b) Binde M an mc Was beobachtest Du7 Warum ist das so?

C) Wo muss M liegen, wenn k auch noch durch C verlaufen soll?

d) Lose die Bindung von M an mc und binde nun M an mb Beobachtung?

l e) Welcher Punkt der Zeichenebene spielt in Bezug auf A, B und C eine ganz besondere Rolle? Welche? Warum?

C) Welche Gleichung gilt somit offenbar?

Was dabei beobachtet wer- den kann.

a) (a+b)2

b) a2 , b2, ab, ba.

C) Aus der Flächengleich heit folgt die erste bino- mische Formel,

(a+b)2 =a2 +2ab+b2.

Hans-Jurgen Elschenbroich

Beispiel 5: Dreiecksflächeninhalt

SchŸler-Arbeitsblat

ELSCHENBROICH, Hans-Jürge [ I 9961: Geometrie beweglich mit Euklid - Bonn: Dümmler 1996.

ELSCHENBROICH, Hans-Jürge [1997]: Dynamische Geometrieprogramme: Tod

Zu einem Dreieck ABC ist ein Rechteck konstruiert, dessen eine Seite auf C liegt und dessen ge@nüberliegend Seite durch C verlauft

a) Ziehe so an R und S, dass das Rechteck den gleichen Flacheninhalt wie das Dreieck hat

1 b) Bleibt die Lösun erhalten, wenn man an A, B, C, H zieht? l C) Wie kann man ein solches Rechteck konstruieren? Leite eine Formel iü den Flacheninhalt eines Dreiecks ABC her

des Beweisens oder Ent- wicklung einer neuen Be- weiskultur? - ln: MNU 5018, 1997

ELSCHENBROICH, Hans-Jurgen [ I 9991: Visuelles Beweisen - Neue Möglichkeite durch Dynamische GeometrieSoft- Ware - In: Beiträg zum Ma- thematikunterricht 1999 Vor- träg auf der 33 Tagung fur Didaktik der Mathematik - Hildesheim, Berlin: Verlag Franzbecker, 1999

ELSCHENBROICH, Hans-Jurgen & SEEBACH, Gunther [1999]: Dynamisch Geometrie ent- decken Elektronische Ar-

Elektronische Arbeitsblätte bieten eine Chance fur den Geometrie-Unterricht, Stan- dard-Themen in moderner Form zu unter- richten

Sie ermögliche dem normalen Lehrer im normalen Unterricht ohne Spezialkenntnisse die Vorteile der DGS zu nutzen,,

Sie gehen auf die Erkenntnisse der Lern- psychologie ein.

Sie ermögliche selbsttätige Lernen,

In den nachsten Jahren wird sich in dieser Hinsicht viel bewegen Multimedia-Umgebun- gen und Internet werden diesen Prozess noch weiter beschleunigen Java-basierte Programme (z B Cinderella) werden erwei- terte Möglichkeite fur schulerorientierte Ar- beitsblätte bieten

BENDER, Peter [ I 9891: Anschauliches Beweisen im Geometrieunterricht - unter besonderer Be- rucksichtigung von (stetigen) Bewegungen bzw Verformungen - In: KAUTSCHITSCH & METZLER (1 989)

BLUM, Werner & KIRSCH, Arnold [1989]: Warum haben nichttriviale Lösunge von f ' = f kei- ne Nullstellen? Beobachtungen und Bemer- kungen zum 'inhaltlich anschaulichen' Bewei- sen - In: KAUTSCHITSCH & METZLER (1989)

beitsblätte mit Euklid, Klasse 718 - Köln Dummler-Stam, 1999

HOLLAND, Gerhard [1996]: Geometrie in der Se- kundarstufe - Heidelberg: Spektrum Akade- mischer Verlag, 1996

HOLZL, Reinhard [1994]: Im Zugmodus der Cabri- Geometrie - Weinheim: Deutscher Studien Verlag, 1994

KAUTSCHITSCH, H & METZLER, W. (Hrsg ) [1989]: Anschauliches Beweisen 7 und 8 Workshop zur ,,Visualisierung in der Mathematik in Kla- genfurt im Juli 1987 und 1988 - Wien: Hölder Pichler-Tempsky, 1989

WINTER, Heinrich [1991]: Entdeckendes Lernen irn Mathematikunterricht - Braunschweig: Vie- weg, 1991

WITTMANN, Erich Christian & MULLER, Gerhard [1988]: Wann ist ein Beweis ein Beweis? - In: Mathematikdidaktik: Theorie und Praxis Fest- schrift fur Heinrich Winter - Berlin: Cornelsen, 1988

Q Zum Beweis der Richtigkeit geometrischer Konstruktionen

Gerhard Holland, Gieße

Was heiß es, die Richtigkeit einer geometrischen Konstruktion zu beweisen? In welchen Fälle ist ein solcher Beweis erforderlich? Welches sind die jeweiligen Voraussetzungen? Welche Fähigkeite sind zum Beweis der Richtigkeit erforderlich? Nach Klärun dieser Fragen wird gezeigt, wie das wissensbasierte Geometriesystem GEOLOG-WIN irn Unter- richt eingesetzt werden kann, um nach Durchfuhrung einer Konstruktion mit dem integ- rierten DGS einen Beweis der Richtigkeit zu erhalten Lernziele, zu denen dadurch ein Beitrag geleistet werden kann, sind insbesondere

wissen, was es heißt die Richtigkeit einer Konstruktion zu beweisen,

nstruktion die unmittelbar aus der Konstruktion folgenden Re-

1 Einleitung

Zur vollständige L,ösun einer geometri- schen Konstruktionsaufgabe (HOLLAND 1992, 1996 a) gehöre neben der Zeichnung 0 die Konstruktion (als Plan oder Konstruk-

tionsbeschreibung), 0 ein Nachweis der Durchführbarkei der

Konstruktion, o ein Beweis der Richtigkeit der Konstrukti-

on

Bei der Benutzung eines dynamischen Geo- metriesystems (DGS) zur Lösun von Kon- struktionsaufgaben im Geometrieunterricht wird die Konstruktion meist menugesteuert durchgefuhrt, eine Beschreibung der Kon- struktion wird allenfalls nachträglic geliefert (Lediglich in dem vom Verfasser entwickelten DGS ,GEOLOGJ hat der Benutzer die Mög lichkeit, die Konstruktion durch ein Programm zu repräsentiere und dieses uber die Tas- tatur einzugeben ) Die Durchfuhrbarkeit der Konstruktion wird dadurch gesichert, dass alle Schritte - insbesondere die Erzeugung von Schnittpunkten - vom DOS korrekt aus- gefuhrt werden Die Richtigkeit der Konstruk- tion wird meist nur empirisch durch Variation der erzeugten Konfiguration im Zugmodus plausibel gemacht Wenn die Relationen der Zielkonfiguration im Zug modus dem Augen- schein nach erhalten bleiben, so wird die Richtigkeit der Konstruktion attestiert. Ein auf logischer Argumentation beruhender Beweis der Gultigkeit der Relationen wird von den Schulerinnen und Schüler meist nicht ver- langt Allerdings wurde auch schon irn traditi- onellen Geometrieunterricht -selbst an Gym- nasien - auf einen Beweis der Richtigkeit ei-

ner Konstruktion wenig Wert gelegt, Das mag daran liegen, dass Lehrerinnen und Lehrern häufi nicht klar ist, was es eigentlich heißt die Richtigkeit einer Konstruktion zu bewei- sen, in welchen Fälle überhaup etwas zu beweisen ist und wann nicht. (Wenn ein Dreieck aus gegebenen Seitenlangen kon- struiert wird, erubrigt sich offensichtlich ein Beweis der Richtigkeit.)

inf U hrendes

Aufgabe

Es soll ein Parallelogramm ABCD konstruiert wer- den mit AD = AB und AD LAB.

Konstruktion (in der Notation von GEOLOG )

Gerhard Holland

Abb 1

Beweis der Richtigkeit der Konstruktion

Zu beweisende Relationen der Zielkonfi- guration: (1) ABCD ist ein Parallelogramm

(2) AD = AB (3) A D M

Unmittelbare Folgerungen der Konstruk- tion:

ACBA = 90' <= C ist Punkt von hg(h(B, A), - 90 BC = BA <= C ist Punkt von k(B, A)

ZDAB = 90Â <= D ist Punkt von hg(h(A, B), 90) AD = AB c= D ist Punkt von k(A, B)

Wie man sieht, ist Relation (2) eine Folge- rung der Konstruktion Daher brauchen nur (1) und (3) bewiesen zu werden

eis von (1): (Als Satznamen werden die von GEOLOG benutzten Kurznamen verwendet )

BC =BA (vor' AD =AB (vor:

ZCBA =90 (vor] ZDAB =90 (vor'

BC = AD C BC = BA, AD = AB (sksk; CB orth BA G ZCBA = 90 (orth-% DAorthABc=ZDAB=90 (orthw CB par DA G CB orth BA,

DA orth AB (Par-orih; pgr ABCD C= BC = AD,

CB par DA (~gr-skp;

Abb 2

Beweis von (3):

ZDAB =90 (vor) A D orth AB <= Z DAB = 90 (orthw)

Abb 3

Zur Deduktion benutzte Lehrsätze s k s k AB =CD <= Ab = EF, CD = EF or thw AC orth CB <= Z ACB = 90 par-orth a par b <= a orth C , b orth C

pgr-skp pgr ABCD <= AB = CD, AB par DC

eht man unter weis der Richtig-

onstru ktion?

An dem obigen Beispiel wird deutlich:

e Zum Beweis der Richtigkeit einer Kon- struktion muss die GŸltigkei derjenigen Relationen nachgewiesen werden, die in der Konstruktionsaufgabe als Bedingun- gen vorgegeben sind (Relationen der Zielkonfiguration).

@ Der Beweis der Richtigkeit erfolgt in zwei Schritten:

Zum Beweis der Richtigkeit geometrischer Konstruktionen

(1) Ermittlung aller Relationen, die sich unmittelbar aus der Konstruktion er- geben (im Folgenden K-Relationen genannt)

(2) Beweis derjenigen Relationen der Zielkonfiguration, die nicht zu den K- Relationen gehöre Als Vorausset- zungen stehen alle K-Relationen zur Verfugung - aber nicht alle mussen benutzt werden Zur Deduktion wer- den geometrische Lehrsätz ange- wendet

4 Regelsystem zur Deduk- tion der Folgerungen einer Konstruktion

Die folgenden 12 Regeln dienen dazu, um aus einer Konstruktion die Folgerungen zu deduzieren. (Das Regelsystem wird auch in GEOEXPERT verwendet, siehe Abschnitt 6.)

Sfreckenabtragung Falls der Punkt S durch Abtragung einer Strecke der Läng d auf einer Halbgeraden km konstruiert wurde, dann folgt AS = d.

Mittelpunkt einer Strecke Falls der Punkt S als Mittelpunkt einer Stre- cke AB konstruiert wurde, dann folgt AS = BS.

Punktspiegelung Falls der Punkt S als Bildpunkt eines Punk- tes A bei Punktspiegelung an einem Punkt M konstruiert wurde, dann folgt S M = AM.

Orthogonale durch einen Punkt zu einer Ge- raden Falls S als Schnittpunkt einer Ortslinie mit einer Orthogonalen durch den Punkt P zur Geraden g konstruiert wurde, dann folgt

SP ig.

Parallele durch einen Punkt zu einer Gera- den Falls S als Schnittpunkt einer Ortslinie mit einer Parallelen durch den Punkt P zur Ge- raden g konstruiert wurde, dann folgt

SP \\ g.

Parallele zu einer Geraden in vorgegebenem Abstand Falls S als Schnittpunkt einer Ortslinie mit einer Parallelen zur Geraden AB im Ab- stand d konstruiert wurde, dann folgt

abst (S , AB) = d.

Mittelsenkrechte einer Strecke Falls S als Schnittpunkt einer Ortslinie mit der Mittelsenkrechten einer Strecke AB konstruiert wurde, dann folgt SA = SB.

Winkelantragung Falls S als Schnittpunkt einer Ortslinie mit der durch Antragung des Winkels a an die Halbgerade hAB entstandene Halbgerade konstruiert wurde, dann folgt ZSAB = a.

Kreis mit Mittelpunkt M durch Punkt A Falls S als Schnittpunkt einer Ortslinie mit einem Kreis um M durch A konstruiert wurde, dann folgt SM =AM.

Kreis mit Mittelpunkt M und Radius r Falls S als Schnittpunkt einer Ortslinie mit einem Kreis um M mit dem Radius r kon- struiert wurde, dann folgt SM = r.

Thaleskreis Falls S als Schnittpunkt einer Ortslinie mit dem Thealeskreis zum Durchmesser AB konstruiert wurde, dann folgt SALSB.

Fasskreis Falls S als Schnittpunkt einer Ortslinie mit dem Fasskreis zu einer Sehne AB und dem Peripheriewinkel y konstruiert wurde, dann

folgt ZASB = Y .

5 Welche Fiihigkeiten werden zum Beweis der Richtigkeit einer Konstruktion benötigt

Wenn man die Fähigkei zum Beweisen der Richtigkeit geometrischer Konstruktionen als ubergeordnetes Lernziel anstrebt, so sind folgende Kenntnisse und Fähigkeite als Teillernziele zu realisieren- (1) Wissen, was es heißt die Richtigkeit ei-

ner Konstruktion zu beweisen (2) Zu einer gegebenen Konstruktion die

unmittelbar aus der Konstruktion folgen- den Relationen (K-Relationen) folgern könne

(3) Mit den K-Relationen als Voraussetzun- gen durch Anwenden bekannter Theo- reme die nicht zu den K-Relationen ge- hörende Relationen der Zielkonfigurati- on deduzieren könne

Zu (2). Zur Realisierung dieses Zieles ist es sicherlich hilfreich, wenn die Konstruktion nicht nur durch die Zeichnung, sondern zu- sätzlic durch eine Konstruktionsbeschrei-

Gerhard Holland

bung repräsentier ist, denn nur dann, wenn die Schulerlinnen die Konstruktion gedank- lich rekonstruieren können werden sie die Folgerungen richtig ermitteln könne Dar- uber hinaus sollten die Regeln des Regel- systems im Unterricht explizit thematisiert werden Zu (3) Die allgemeine Fähigkei zum Fuhren geometrischer Beweise sollte bereits mit an- gemessenem Kompetenzgrad erfullt sein, bevor man das ubergeordnete Lernziel an- strebt Somit sind nur die Lernziele (1) und (2) neu

6 Wie kann der Computer das Beweisen der Rich- tig keit einer Konstruktion unterstutzen?

Die vom Verfasser entwickelte Geometrie- software GEOLOG-WIN enthäl neben dem DGS GEOLOG ein tutorielles System GEOBEWEIS (zur Unterstutzung von Be- weisaufgaben), ein tutorielles System GEOKON (zur Unterstutzung von Konstrukti- onsaufgaben) und ein Expertensystem GEOEXPERT (HOLLAND 1994, 1996 b) Das letztere ist in erster Linie als Werkzeug fur die Lehrerin oder den Lehrer vorgesehen, nämlic zur Erzeugung von Aufgaben und Lernsequenzen fur die beiden tutoriellen Systeme GEOEXPERT kann aber auch fur spezielle Aufgabenstellungen von den Schulerinnen und Schulern benutzt werden, insbesondere auch als Werkzeug, um sich den Beweis der Richtigkeit einer (vom Be- nutzer oder vom Konstruktionsexperten durchgefuhrten) Konstruktion vorfuhren zu lassen

Das geschieht in folgenden Schritten 1 Eingabe der Konstruktionsaufgabe durch

den Benutzer in zwei Teilschritten.

Anfertigung einer Planskizze im Plan- fenster,

8 Eingabe der Zielkonfiguration, also der Relationen, die erfullt werden sollen

2 Durchfuhrung der Konstruktion entweder durch den Benutzer oder den Konstrukti- onsexperten des Systems

3 Beweis der Richtigkeit durch den Beweis- experten in folgenden Teilschritten (1) Nach Betätigun eines Menupunktes

werden vom Beweisexperten mit Hilfe des in Abschnitt 4 angegebenen Re- gelsystems alle Folgerungen der

Konstruktion (K-Relationen) deduziert und in einem Listenfeld zur Kenntnis- nahme durch den Benutzer ausgege- ben

(2) Nach Schließe des Listenfeldes werden diejenigen Relationen der Zielkonfiguration ermittelt, die nicht zu den K-Relationen gehöre und deshalb mit Hilfe geeigneter Lehrsät ze bewiesen werden mussen Es wird gefragt, ob ein Beweis durchgefuhrt werden soll

(3) Nach Bejahen tritt der Beweisexperte von GEOLOG-WIN erneut in Aktion, um mit Hilfe der zugelassenen Sätz alle Folgerungen aus den K-Rela- tionen (als Voraussetzungen) zu de- duzieren Anschließen wird gepruft, ob sich alle zu beweisenden Relatio- nen unter den deduzierten Relationen befinden Ist das der Fall, so werden diese Relationen in einem Listenfeld ausgegeben Anderenfalls werden die nicht deduzierten Relationen als nicht bewiesen angezeigt Anschlie- ßen werden diejenigen Relationen der Zielkonfiguration aufgelistet, fur die ein Beweis gefunden wurde

(4) Nach Anklicken einer der bewiesenen Relationen wird der Beweis als Be- weisgraph ausgegeben (Abb 2 und 3)

Da der Beweis der Richtigkeit vollstandig vom System ubernommen wird, stellt sich die Frage, ob sich durch Benutzung von GEOXPERT im Sinne von ,,Lernen an Bei- spielen" ein Lerneffekt bezuglich der oben genannten Lernziele (1) und (2) erzielen läss

Fur Lernziel (1) kann man erwarten, dass die Schulerlinnen verstehen lernen, was es heißt den Beweis der Richtigkeit einer Kon- struktion zu fuhren, d h insbesondere zu er- kennen,

8 dass die Gultigkeit aller Relationen der Aufgabenstellung nachgewiesen werden muss,

dass einige (oder sogar alle) dieser Rela- tionen unmittelbare Folgerungen der Kon- struktion sind und daher nicht bewiesen zu werden brauchen,

* dass diejenigen Relationen, die nicht aus der Konstruktion folgen, mit Hilfe von Lehrsätze bewiesen werden müssen

* dass die aus der Konstruktion gefolgerten Relationen als Voraussetzungen zum Beweis der ubrigen dienen

Zum Beweis der Richtigkeit geometrischer Konstruktionen

Aber auch fur Lernziel (2) kann man einen Lerneffekt erwarten, insbesondere dann, wenn man mit den Schulerinnen und Schuler das oben angegebene Regelsystem be- spricht und ihnen klar macht, dass auch GEOEXPERT dieses Regelsystem benutzt, um die unmittelbaren Folgerungen einer Konstruktion zu ermitteln Wie weit diese Er- wartungen zutreffen, muss der Einsatz der Software zeigen Leider liegen bisher keine diesbezuglichen Ergebnisse vor

Anmerkung nach Drucklegung: In der nächste Version von GEOLOG erhäl der Benutzer die Moglichkeit, den Beweis der Richtigkeit einer Konstruktion selber zu fuh- ren

Literatur

HOLLAND, G [ I 9921: Computerunterstutzung beim Löse geometrischer Konstruktionsaufgaben - In: ZDM 9214, S 136-143

HOLLAND, G [1994]: Aufgabenorientierte tutorielle Systeme fur den Geometrieunterricht - In: H HISCHER (Hrsg.): Mathematikunterricht und Computer- neue Ziele oder neue Wege zu alten Zielen? - Hildesheim: Franzbecker, 1994

HOLLAND, G. [I996 a]: Geometrie in der Sekundar- stufe: didaktische und methodische Fragen 2. Auflage - BerlinIHeidelberg: Spektrum Akademischer Verlag 1996

HOLLAND, G [I996 b]: GEOLOG-WIN: Konstruie- ren, Berechnen, Beweisen, Problemlosen mit dem Computer - Bonn: Dummler, 1996

0 Kongruenzgeometrische BeweisŸbunge mit der Computersoftware GE BEWEIS - Erfahrungen mit einer Unterrichtskonzeption in einer 7. Klasse

Hinrich Lorenzen, Gettorf

Der Vortrag gibt den Inhalt und die Erfahrungen einer Unterrichtseinheit mit einer 7 Klas- se zum Thema Beweisen wieder Dazu wurde das im Programmpaket enthaltene Teil- Programm GEOBEWEIS auf seine Einsetzbarkeit und Wirkungsweise im Geometrieun- terricht untersucht Nach einer kurzen Beschreibung der Funktionsweise des Programms GEOBEWEIS werden dann aus einigen methodischen und didaktischen Uberlegungen Entscheidungen fur eine möglich Skizzierung einer Unterrichtseinheit entwickelt Eine detaillierte Auswertung dieser im Unterricht praktizierten Konzeption schließ den Vortrag ab

1 Funktionsweise von

Das GEOLOG-WIN Computerprogramm von Gerhard HOLLAND (1 996) besteht aus insge- samt vier Unterprogrammen Es enthäl das Konstruktionsprogramm GEOLOG, das Auf- gabenerstellungsprogramm GEOEXPERT, und die Programm-Systeme GEOKON und GEOBEWEIS die das Löse von Konstrukti- ons-, Berechnungs-, und Beweisaufgaben tutoriell unterstutzen

GEOBEWEIS gibt dem Schuler die Möglich keit, selbstständi kongruenzgeometrische Beweise durchzuführe Entsprechende Auf- gaben sind dem System beigefugt, könne aber auch durch den Lehrer im Programmteil GEOEXPERT neu konzipiert und erstellt werden

Zur visuellen Unterstutzung erscheint dem Schuler eine Planfigur zur Aufgabe in der lin- ken unteren Ecke des Bildschirms (Abb 1) Im daruber liegenden Fenster (Operatoren- fenster) steht die maximale Auswahl der er- forderlichen Sätz (elementargeometrische Sätze) die er fur den Beweis benötige darf Im eigentlichen Arbeitsfenster, dem so ge- nannten Beweisfenster, sind die Vorausset- zungen der jeweils gewählte Aufgabe und die Behauptung als so genannte Knoten dar- gestellt Ziel ist es, durch Anwendung von aus der Planfigur ersichtlichen Identitäte (hier A M ) und den Sätze aus dem Operatorenfenster weitere Knoten zu setzen Bei korrekt ausgefuhrten logischen Schluss- folgerungen werden die Knoten miteinander verbunden Eine Beweisaufgabe ist beendet, wenn die Voraussetzungen mit der Behaup- tung verbunden sind Am Ende einer Aufga-

benbearbeitung gibt eine Prozentzahl Auf- schluss uber die Gute der Beweisfuhrung

Außerde besteht in GEOBEWEIS die Mög lichkeit, sich so genannte Schulerprotokolle anzusehen In diesen Protokollen sind nach Bearbeitung einer Aufgabe alle Eingaben uber die Tätigkeite der Schüle (Hilfeaufruf, Richtigkeit der Anwendung der Sätz usw ) detailliert aufgeschlusselt

Voraussetzung: AB = DC ; AD = BC

Behauptung. LADC = LCBA L'

Abb 1

GEOBEWEIS läss sowohl das Vorwärts als auch das Ruckwärtsschließ zu,

Uber den Nutzen und die Bedeutung der Ge- ometrie im Schulunterricht sind schon zahl- reiche Veröffentlichunge erschienen, vg! etwa USISKIN oder WAGENSCHEIN (1970) Ich denke, dass gerade die Geometrie als eine Art Entfaltungsstoff (wogegen die Algebra eher als Aufbaustoff verstanden werden kann) zur Entwicklung geistiger Dispositionen

Kongruenzgeornetr~sche Beweisubungen mit der Computersoftware GEOBEWEIS

wie Denkfähigkei und Problemlösefähigke angesehen werden kann Dabei sollte die Geometrie nicht als eine streng deduktiv axi- omatisch zu behandelnde Theorie, sondern als eine Art Lehre vom Anschauungsraum gesehen werden, die der lokalen Ordnung bedarf, indem sich ein Ubungsfeld fur zahl- reiche Problemlöseprozess aufspannt - da- runter sicherlich im Besonderen das Prob- lemfeld Beweisen Nicht die Frage, ob ein Satz Allgemeingultigkeit besitzt, sondern die Frage, warum ein Satz Allgemeingultigkeit besitzt, sollte im Vordergrund der Betrach- tung stehen Primäre Ziel bei der Behand- lung des Themenkomplexes Beweisen ist al- so nicht die Einsicht in die GŸltigkei eines Satzes, sondern die Deduzierbarkeit dieses Satzes aus anderen Die hierfur notwendigen Argumentationsketten könne gerade in der Geometrie durch vielfältig Modelle und Va- riationen der Konfigurationen dargestellt werden

Bei der Bearbeitung des Themas sollte man aus der Palette von heuristischen Strategien (Spezialisierung, Generalisierung, Analogi- sieren, Umkehrung, Vorwärtsschließe Ruckwärtsschließ etc ) nur einige, ja viel- leicht nur eine einzige auswähle

Das Programm GEOBEWEIS eignet sich fur diese Zwecke besonders Die logische Grundlage des Programms ist die Implikation und als heuristische Strategie kann man sich zunächs nur auf das Vorwärtsschließ be- schränke

Ich denke, dass die Beschränkun auf ein heuristisches Vorgehen ,,Vorwärtsschließe in Form eines logischen Zeichens der Impli- kation sinnvoll ist

In der Geometrie der Sekundarstufe l treten zum ersten Mal ,,echteu mathematische Sätz auf In diesen lassen sich die Voraussetzung und die Behauptung durch die Wenn-dann- Form sehr deutlich formulieren und bearbei- ten Wie in kaum einer anderen mathemati- schen Disziplin (z B Algebra) lassen sich hier die Zusammenhäng durch Figuren und Modelle visualisieren, was gerade in diesem kognitiven Entwicklungsstand der Schuler besonders hilfreich ist Besonders in dieser Entwicklungsphase der Schuler und im Ge- biet der Geometrie kann deutlich hervorge- hoben werden, dass die Beweisnotwendig- keit und die Begrundung eines Phänomen nicht die bloß Anschauung eines geometri- schen Objekts liefert (,,das sieht man ja"), sondern möglichs losgelös von der Figur durch Anwenden von Sätze und logischen Regeln entsteht

anders als bei Beweisen in anderen Gebie- .en lassen sich die Sätz und Aufgaben der Seometrie bezuglich ihrer Beweisschwierig- <eit und ihrer Komplexitä klarer operationali- sieren und vor allen Dingen analysieren Da- durch könne die Sätz und Aufgaben so ausgewähl werden, dass die gesetzte Lern- zielerreichung optimiert wird

Besonders mit Hilfe der kongruenzgeometri- sehen Sätz lassen sich die vorher erfahre- nen Sätz gut kombinieren und variieren, ohne dass die Aufgabenlösun schematisch oder routinemäß möglic ist Fast immer beinhaltet die Behandlung der Kongruenz- sätz einen Vergleich zweier mathematischer Objekte Gerade die Analyse dieser Objekte zwingt die Suche nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden auf, eine bekannterma- ße äußer wertvolle mathematische Vor- gehensweise, die einem die Möglichkei bie- tet, zu einem tieferen Verständni der Ma- thematik vorzudringen.

3 Ein Unterrichtsvorschlag [mit GEOBEWEIS - me- thodische un sehe Hinweise]

Das Programm GEOBEWEIS liefert eine Grobstruktur der methodischen Vorgehens- weise

So erscheint es sinnvoll, Beweise nicht durch eine separate Analyse der logischen Struk- tur, sondern durch direktes Uben an konkre- ten mathematischen Beweisaufgaben zu schulen, um daran die logische Struktur zu verdeutlichen Naturlich sollten die Aufgaben, einem methodischen Grundprinzip vom Leichten zum Schweren Rechnung tragend, zunächs von einfachem Charakter sein Das kann man dadurch erreichen, dass zunächs nur ganz wenige Sätz zur Anwendung kommen, also z B nur der Kongruenzsatz SSS und der Winkelkongruenzsatz Eine hö here Komplexitat erreicht man dadurch, dass zum Beweis mehrere Beweisschritte not- wendig sind Zu Beginn der Unterrichtsein- heit sollte die erste Aufgabe zunächs mit der ganzen Lerngruppe im Plenum grundlich be- sprochen und auf die mögliche Fehlermel- dungen hingewiesen werden

Eine weitere Komplexitätssteigerun der Be- weisaufgaben in den nachfolgenden Stunden wird dann durch Hinzunehmen weiterer im Vorunterricht besprochener Sätz erzielt, wo- durch die Auswahl an anzuwendenden Sät

Hinrich Lorenzen -

Zen vergröße wird Gleichzeitig werden da- durch durch GEOBEWEIS die Aufgaben komplexer Eine routinierte Aufgabenlösun ist mit GEOBEWEIS in diesem Stadium nicht mehr möglich

Naturlich wär es methodisch auch möglich einen Satz dann neu einzufuhren, wenn er gebraucht wird Ich denke aber, dass da- durch der eigentliche Hauptgegenstand der Unterrichtseinheit - das Uben von Beweisen - verwischt wird Denn es besteht ein erheb- licher mathematischer Struktur-Unterschied in der Einsicht und im Beweis eines Satzes und in seiner Anwendung Zudem bedarf die Einfuhrung eines elementargeometrischen Satzes (z B Winkelsummensatz im Dreieck) ohnehin einer Schulstunde Das Anliegen sollte aber im gezielten und kontinuierlichen Uben einer heuristischen Beweisstrategie liegen

Um die mathematische Sprache zu schulen und um die Symbolik, die Abkurzungen und die graphische Darstellung der Beweise nicht ausarten zu lassen, erachte ich -auch im Hinblick eines sinnvollen Methodenwechsels - die Formulierung der Beweisfuhrung als schriftliche Dokumentation in einer mathe- matischen Sprache als eine notwendige methodische Maßnahm Denn die Schuler haben oft groß Probleme, ihre gedanklichen Uberlegungen in eine sprachliche Form zu ubersetzen Zugleich erhoffe ich mir die Ein- sicht in die Notwendigkeit der Decodierung einer symbolisierten Tätigkei und in die Äs thetik der mathematischen Sprache Mathe- matik wird dann nämlic nicht mehr nur ein bezauberndes und manchmal undurchsichti- ges Jonglieren mit mathematischen Symbo- len und Hyroglyphen, sondern gerade die Formulierung kann ein zusätzliche klären des Bewusst machen und ein uberdenken des Erarbeiteten liefern

Die ersten Lernsequenzen sollten mit Aufga- ben zu den ,,voraussetzungsstarken" Kon- gruenzsätze beginnen, damit gleich an die- ser Stelle die Notwendigkeit der Unterschei- dung von Voraussetzung und Behauptung erfolgen kann Zudem lassen sich mit diesen Sätze schön und einfache Aufgaben fin- den, die das Prinzip des Vorwärtsschlie§e erkennbar machen

Die ,,etwas seltsam" (naturlich vom Autor be- wusst deklarierten) anmutenden Kurzbe- zeichnungen der Satznamen von GEO- BEWEIS, z B ,, dk-wk", könne (und soll- ten) durch einsichtigere Satznamen (Winkel- summensatz) geänder werden, die den Satznamen des Vorunterrichts wenn möglic

entsprechen sollten Auch sollte bei der Ver- wendung der mitgelieferten Aufgaben jeweils fur jede Unterrichtsstunde eine neue über schaubare Lernsequenz erstellt werden Die- ses kann leicht durch den Programmteil GEOEXPERT realisiert werden

Jede neue Unterrichtsstunde sollte im Ple- num, wenn möglic unabhängi von den Computeranlagen, mit einer kurzen Erinne- rung des neu hinzukommenden Satzes be- ginnen Die erste Aufgabe einer Lernsequenz sollte gleich die Anwendung des ,,neuenU Satzes beinhalten Ein Vorschlag fur eine möglich Unterrichtseinheit (Verteilung der säGe ergibt sich aus folgender ~ a b e l l e

Lernsequenz 1 Kongruenzsatz SSS und Winkelkongruenz- satz

Lernsequenz 2 und Lernsequenz 3 Kongruenzsätz SWS, Kongruenzsatz WSW und Streckenkon- gruenzsatz

Lernsequenz 4 Winkelsummensatz fur Dreiecke

Lernseauenz 5 Basiswinkelsatz fur Dreiecke

Lernsequenz 6 und Lernsequenz 7 Scheitelwinkelsatz und Wechselwinkelsatz

Lernsequenz 8 - Diffe- renzierungsangebot Alle bisherigen Sätz

Alle bisherigen Sätz

Es zeigte sich, dass dieses Thema sehr effi- zient und motivierend durch den Computer- einsatz, insbesondere durch das fast unein- geschränk zu empfehlende Programm GEO- BEWEIS, unterrichtet werden kann.

Durch die Unterrichtseinheit ist den Schüler der Computer als beweisunterstützende Werkzeug bewusst geworden. Er diente als

Kongruenzgeometrische Beweisübunge mit der Computersoftware GEOBEWEIS

nutzliches Medium, um einen Beweisprozess zu begleiten Dabei veranschaulichte er die Gedanken der Schuler durch Graphen und fuhrte durch seine Fehlermeldungen die Denkprozesse in die richtige Richtung Den Schulern wurde deutlich, dass nicht der Computer die Beweise liefert, sondern dass nur sie fur die Handlungen verantwortlich sind Die Schuler erlernten also ein eigen- verantwortliches und selbständige Handeln, bei dem der Computer zwar den Denkpro- zess visuell unterstutzt, aber nicht ausfuhrt Als Nebenprodukt dieser Tätigkeite erlern- ten sie den Umgang mit der Software GEOBEWEIS und der Hardware des Com- puters Die Funktionsweise der verschiede- nen Fenster des Programms, der Maus und der Tastatur wurden en passanf erlernt

Durch die Vielzahl von Beweisaufgaben konnten die kongruenzgeometrischen Sätz und die heuristischen Verfahren an vielen unterschiedlichen kongruenzgeometrischen Problemsituationen effizient trainiert und da- mit verinnerlicht werden Das damit naturlich keine Garantie fur die Erzeugung einer Lö sungsidee der Beweisaufgaben gewährleiste werden kann, versteht sich von selbst So könne die Sätz und heuristischen Strate- gien ,,nur" ein mathematisches Handwerk- Zeug bilden, ein Hilfsmittel, dessen Effizienz von der mathematischen Geschicklichkeit abhäng Die sichere Auswahl eines Satzes nach einer erbrachten Behauptung zeigte die Gute seiner Anwendung Die hohe Gute konnte diesbezuglich in den Schulerproto- Rollen nachgelesen werden, so dass man von einer sicheren Identifikation einer Be- hauptung mit dem entsprechenden Satz ausgehen kann

Durch die Gruppenarbeit und durch die vie- len Problemlösephase konnte die mathe- matische Kommunikationsfähigkei auf den Gebieten der Logik und der Kongruenzgeo- metrie stark verbessert werden So war im Unterricht besonders bei den mittleren und starken Gruppen eine deutliche Präzisierun der mathematischen Ausdrucksweise zu er- kennen Ausdrucke wie ,,die und die Strecke" (Schuler zeigt auf das Figurfenster) wurden durch eine explizite Streckenangaben ,,die Strecke AB und die Strecke CD " ersetzt und erleichterten somit das gegenseitige Verständni

Die Unterscheidung und die verschiedenen Anwendungsmöglichkeite der Begriffe Vor- aussetzung und Behauptung konnten an vielen Beispielen deutlich gemacht werden. Die von GEOBEWEIS erzeugten verschie- denen Farben fur diese beiden Begriffe in der

Beweisfigur erleichterten deren Identifikation und lieferten somit auch eine visuelle Unter- scheidungshilfe

Es zeigte sich, dass die Geometrie als Übungsfel fur Problemlöseprozess sehr gut geeignet ist Im Bezug auf das Thema Beweisen zeichnet sich die Kongruenzgeo- metrie durch die Fulle von Aufgaben und durch den Aufgabentyp aus. Die Aufgaben lassen sich sehr gut aufgrund ihrer Operatio- nalisierbarkeit nach dem Grad ihrer Schwie- rigkeit ordnen Dieses ermöglich eine Ak- zentuierung der Unterrichtsinhalte und ges- tattet somit eine sichere Realisierung der ge- setzten Lernziele

Zu einer Menge von Voraussetzungen mit Hilfe einer Menge von Sätze uber eine Menge von Zwischenbehauptungen auf eine gegebene Behauptung vorwärt zu schlie- ßen bestimmt einen ganz klaren Aufgaben- typ, der die Konzentration auf einen trainier- baren Beweistyp erst ermöglich Gerade diese logischen und heuristischen Reduzie- rungen der Beweisaufgaben lassen den Un- terrichtsgegenstand Beweisen systematisch und gewinnbringend mit Erfolg unterrichten Die Schuler bewegen sich auf sicherem Ter- rain

Die Formulierung der Sätz in der Wenn- dann-Form erleichtert die Unterscheidung und die Anwendbarkeit der Begriffe Voraus- setzung und Behauptung fur die Schuler Diese Formulierung sollte bei gleichen Lern- zielabsichten, auch wenn sie sprachlich nicht immer die Schönst ist, schon im Vorunter- richt gewähl werden

Das Programm GEOBEWEIS im Programm- paket GEOWIN eignet sich in besonderer Weise fur die Erarbeitung des Themas Be- weisen Das uberaus leistungsstarke Pro- grammpaket zeichnet sich durch seinen zu- verlässige und leicht erlernbaren Umgang aus So genugen nur ganz wenige Voraus- setzungen und Informationen, um den Schu- lern die Arbeit mit diesem Programm zu er- mögliche

Die uberaus wichtigen und detaillierten Schu- lerprotokolle geben uber alle getätigte Schuleraktivitäte am Computer Hinweise, die eine genaue und individuelle Analyse der mathematischen Fertigkeiten und Fähigkei ten ermögliche In dieser Form gibt es wohl im traditionellen Unterricht keine Alternative Das Bewusstsein uber die Existenz dieser

Hinrich Lorenzen

Schulerprotokolle läss bei den Schulern ein respektvolles Handeln entstehen

Die Möglichkei zur selbständige Erstellung von Aufgaben und sogenannter Lernsequen- Zen, wobei die Anordnung der Aufgaben nach Schwierigkeit vom System selbst durchgefuhrt werden kann, erachte ich als besonders wertvoll Zum einen ist man somit nicht auf die etwa 50 vorprogrammierten sehr guten Aufgaben angewiesen und zum ande- ren läss sich der Unterricht klar strukturie- ren Die Darstellungsweise der Problemlöse zuständ durch Graphen verdeutlicht die lo- gischen Strukturen und Zusammenhäng und bietet den Schulern eine groß logische Hilfe

Das methodische Vorgehen, jede Stunde mit einer leichten Einfuhrungsaufgabe zu begin- nen und die Komplexitä der Beweisaufgaben im Laufe der Stunden durch die Hinzunahme immer weiterer Sätz zu erhöhen erwies sich als sinnvoll und motivierend Dadurch konnte das Löse von Beweisaufgaben durch Anwendung logischer Regeln und heu- ristischer Strategien immer wieder geubt werden, ohne dass eine routinemäßi Be- handlung möglic war Bei der Auswahl der Aufgaben muss man unbedingt darauf ach- ten, dass ein systematisches Beweislöse nicht möglic ist, da sonst die Zielsetzung verfehlt wird Ich denke, die etwa funfminuti- gen Plenumsphasen am Anfang und am En- de einer Stunde schufen einen guten Ord- nungsrahmen und ermöglichte die unbe- dingt erforderliche Wiederholung der neuen Sätz und einen abschließende Erfah- rungsaustausch Die geringe Anzahl von Nachfragen der Schuler in Bezug auf die Funktionsweisen einzelner Bedienungsele- mente zu Beginn der Unterrichtseinheit rechtfertigen die Entscheidung, sofort, ohne die oft Ÿbliche stundenlangen informellen Unterweisungen, die Arbeit am Computer aufzunehmen Die Doppelstunden erwiesen sich als uberaus fruchtbar und ließe viele methodische Maßnahme und Unterrichts- formen zu, die von hoher Konzentration und einer angenehmen Ruhe begleitet waren So Ware es sicherlich gewinnbringend, alle Stunden in Form von Doppelstunden durch- zufuhren

Die hohe Eigenmotivation der Schuler ist si- cherlich auch durch die Gruppenarbeit zu er- kläre Meine anfängliche Befurchtungen, die Dreiergruppe wurde sich untereinander am Lernerfolg behindern, haben sich in kei- ner Weise bestätigt im Gegenteil' Ich sehe inzwischen mindestens zwei entscheidende Grunde, eine Dreiergruppe einer Zweier-

gruppe im Themenkomplex Beweisen am Computer vorzuziehen Die problemlösend Diskussionsrunde wird um einen Ideengeber und Diskussionspartner bereichert Also wird die Chance fur eine selbständig Ideenfin- dung und eine echte Diskussion erhöh Die Dreiergruppe liefert damit einen dimensions- erweiterten Beitrag zur Steigerung der Kom- munikationsbefähigun Bei diesem komple- xen Themengebiet und der beabsichtigten Leistungsdifferenzierung liegt der zweite Vorteil in der geringeren Anzahl von zu betreuenden Gruppen Eine höher Anzahl von Gruppen wurde zwangsläufi die Belas- tung und Anforderung an eine Lehrkraft er- höhen mit der Folge, in manchen Situatio- nen keine umfassende und flexible Betreu- ung realisieren zu könne Bei reinen Lern- programmen zur Rechenfertigkeit trifft dies nicht zu

Die allgemein zu beobachtende Verbesse- rung der logisch mathematischen Kommuni- kationsfähigkei ist auch ein Ausdruck der (fast) homogenen Gruppenbildung Dadurch konnte innerhalb der Gruppe eine funktionale und einheitliche Gesprächseben erzeugt werden, die der Gefahr ,,aneinander vorbei- zureden" entgegenwirkte

Durch die homogene Gruppenarbeit konnte die mathematische Differenzierung effizienter gestaltet werden und zudem wurde dadurch die Lehrerhilfe, die dann meist die ganze Gruppe betraf, optimiert Jede Gruppenarbeit dient auch der Realisierung bekannter sozi- aler Lernziele Dabei konnte in dieser Unter- richtseinheit besonders die Teamarbeit und die Akzeptanz der Schuler untereinander be- zuglich ihrer deutlich erkennbaren Starken und Schwäche geschult werden Das sonst im Mathematikunterricht besondere Talent einiger Schuler, sich in der Gruppe zu ,,ver- stecken", war durch den häufige Wechsel am Computer verhindert

Die Rolle des Lehrers veränder sich inso- fern, dass nicht er, sondern der Computer die Problematisierung vornimmt und dass er die Rolle des Moderators an die Gruppe weiter- gibt, die jetzt ohne Gesprächsanleitun und - lenkung den Problemkreis bearbeitet Die in- dividuellen Kontroll- und Hilfefunktionen des Lehrers werden gegenuber dem Klassenver- band weit optimiert Durch die vielen unter- schiedlichen Gesprächsfuhrunge erfähr der Lehrer ein genaues Bild uber die Realisie- rung seiner beabsichtigten Lernziele und die Gute seiner methodisch-didaktischen Vor- uberlegungen

Auch die Schuler erfahren im Computerun- terricht eine andere Rolle. Sie lernen eine

Kongruenzgeometrische BeweisŸbunge mit der Computersoftware GEOBEWEIS

stärker Interaktion untereinander kennen Zwischen ihnen und dem Lehrer werden neue Interaktionsformen möglic Durch die Möglichkeite der individuellen Selbstkon- trollen könne andere Motivationskanäl an- gesprochen werden Die zwangsläufig Ver- balisierung von mathematischen Zusam- menhänge und das eigenständig Prob- lemlosen eröffne dem Schuler die Möglich keit zum selbstentdeckenden, experimentel- len und aktiven Lernen Mit dieser gewonne- nen Freiheit mussen die Schuler lernen um- zugehen Dieses fäll um so leichter, je moti- vierender das Problem ,,verpackt" ist

Die Notwendigkeit von Beweisen nicht nur zur Wahrheitssicherung, sondern auch als eine Art geistige Auseinandersetzung mit dem mathematischen Gegenstand, wurde auch im Nachfolgeunterricht als ein Teil der Mathematik akzeptiert und zum Teil sogar gefordert

Es hat sich gezeigt, dass sich besonders der Geometrieunterricht mit seinen interessanten Phänomene und insbesondere die Kon- gruenzgeometrie zur Bearbeitung des Prob- lemkreises Beweisen eignet Insofern bietet das Programm GEOBEWEIS einen interes- santen und fast uneingeschränk zu befur- wortenden Gewinn fur den heutigen prob- lemorientierten Mathematikunterricht Dabei sollten stets der Computereinsatz und die Programme kritisch betrachtet werden Auf gar keinen Fall sollte der Eindruck entstehen, dass durch das Medium Computer der Leh- rer uberflussig wird Gerade durch den Com- putereinsatz als unterstutzendes Werkzeug erfähr der Lehrer neue Wirkungsweisen und Interaktionsformen Die groß Faszination, die der Computer heute auf die Schuler aus- ubt, muss ausgenutzt werden, um effiziente und vielschichtige Diskussionen uber Lö sungsansätz zu interpretieren

Die Schuler erkannten, dass der Computer ihnen nicht das Denken abnimmt Vielmehr wurden durch seinen Einsatz neue Denk- und Aktionsformen möglic Der Computer ist - vergleichbar mit dem Taschenrechner - kein Allheilmittel, sondern ein instrumentelles Werkzeug, das bei sinnvollem Einsatz den Mathematikunterricht um eine weitere inte- ressante Komponente ergänz und effizienter gestalten läss

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8 Fü und Wider von Termumformungen mit einem CAÂ

Ingmar Lehmann, Berlin

Am Beispiel von Termumformungen wird diskutiert, inwiefern ein Computer-Algebra- System (CAS) sich einerseits als nutzliches Handwerkszeug erweisen wird, andererseits ohne entsprechende Fertigkeiten per Hand (HAS = Hand-Algebra-System) kaum sinnvoll einzusetzen ist Dabei spielt das Erkennen bzw Wiedererkennen von Mustern ebenso wie eine Reihe weiterer Techniken (bzw Strategien) eine wichtige Rolle beim Termum- formen Es werden verschiedene Vorgehensweisen vorgestellt

Dabei zeigt sich, dass es in entscheidender Weise vom eingeschlagenen Weg abhänge kann, ob die Schuler eine einfache oder eben keine einfache Termumformung vor sich haben

Wir beginnen mit der folgenden Aufgabe

Vereinfachen Sie den Term 1

Zunächs werden Schuler ,,in der Ÿbliche Weise" versuchen, diesen Term umzufor- men Ganz fixe ,,Umformer" präsentiere stolz ihr Ergebnis mit

Hier wurde hemmungslos der Wurzelbalken ,durchgezogen" (julial, Klasse 12):

Ist das Ergebnis T = 0, so kann man ziem- lich sicher davon ausgehen, dass daruber hinaus auch noch vergessen worden ist, Klammern zu setzen (Maximilian, Klas- se 12): r-

druck wird das richtige Ergebnis angezeigt Der (Taschen-)Symbolrechner Tl-92, der mit einer nur leicht abgerusteten Version von DERIVE ausgestattet ist, versagt dagegen an dieser Stelle Schlimmer noch Wird eine vermutete Identität die sich späterhi als wahr erweisen wird, mit dem Tl-92 getestet, erscheint die Meldung ,,Falschu

Bildet man die dritte Potenz des Terms, so ist - selbst fur ein geubtes Auge - kaum ein Weiterkommen zu entdecken!

Mit X = - M5-2 erhalten wir

=i/3(2-&) (1/5+212 + f c ^ / 5 - 2 ~ ~ (,/5+2) + 4 Nachdem solche Ergebnisse als falsch erkannt worden sind, folgt in der Regel bald die Ernuchteruna, dass - trotz aller Versuche - es ,,irge;dwie nicht weiter- geht" (Sven, Klasse 12)

Ein Computer-Algebra-System (CAS) -wie z B DERIVE - hat mit der Vereinfachung dieses Terms keine Probleme Per Tasten-

Sie kannte die Eselsbrucke .Aus Differenzen und Summen kurzen nur die Dummen: hat diesen Spruch aber wohl zu selten auf Wurzeln ausgedehnt

Das sieht kaum nach *VereinfachungN aus, die Radikanden verstellen hier eher den Blick auf möglich Vereinfachungen Mit der drit- ten Strategie kommen wir auf diesen Term zuruck

Auch der Tl-92 bietet hier im ubrigen keine weitergehende Vereinfachung an'

Hand-Algebra-System

Fur und Wider von Termumformungen mit einem CAS

der Gleichung zu ein und demselben Term zu vereinfachen (Das dem TL92 zugrunde- liegende Computer-Algebra-System ist eine fur diesen Taschenrechner neu program- mierte DERIVE-Variante, also nicht eine Re- duzierung einer der DERIVE-Versionen )

Das Computer-Algebra-System DERIVE lie- fert fur beide Modi das korrekte Resultat Wie von Zauberhand erscheint ein (das) Ergeb- nis! DERIVE hat also mit der Vereinfachung dieses Terms keine Probleme Aber wie kommt das Ergebnis zustande? Wie wird die black box DERIVE weiß

Wie beweisen wir, dass tatsächlic

i / & + 2 - W - 2 = l ist?

Um zu verstehen, dass der Term gleich 1 ist, muss der Term Schritt fur Schritt umgeformt werden Erst dann könne wir sicher sein

3 Strategie: Vereinfac

Oft genugt schon eine winzige Änderun im Vorgehen, um aus der festgefahrenen Situa- tion herauszukommen Es muss kein gene- reller Standpunktwechsel sein, aber ein neu- er Gesichtspunkt, ein anderer Blickwinkel auf das vorliegende Problem reichen mitunter um weiterzukommen Eine Substitution kann z B den komplizierten Term vereinfachen (Das Vereinfachen ist eine wichtige Strategie beim Problemlosen )

Schuler, die schon erfahrener sind im Um- gang mit Termumformungen, werden viel- leicht die folgende Substitution vornehmen (andernfalls erfolgt vom Lehrer ein entspre- chender Hinweis)

e a = & + 2 , also a - 4 = & - 2 .

Damit nimmt der Term x die Gestalt

3&- 3/§- an.

Erheben wir x =3&-3/fl-4 in die dritte Po- tenz, erhalten wir mittels Vorwärtsarbeite und Rücksubstitutio

Dann ergibt sich

also eine Gleichung dritten Grades

Bekanntlich gibt es fü Gleichungen bis vier- ten Grades Lösungsformel Aber die Car- danische Formel zur Berechnung der Lösun gen der reduzierten Form der Gleichung 3 Grades x 3 + px+ q = 0 ist bereits derart kompliziert, zumal auch die Einfuhrung kom- plexer Zahlen notwendig wäre dass sie zu Recht im Mathematiklehrgang fehlt (In die- ser Lösungsforme treten selbst dann kom- plexe Zahlen auf, wenn alle drei Lösunge reell sind! Es ist sogar unmöglich das Kom- plexe durchweg zu vermeiden, daher auch der Name Casus irreducibilis ) Selbst in der Praxis wird die Auflösun nach dieser direk- ten Methode kaum benutzt

in der Schule durfen die Schuler i Allg er- warten (leider!), dass sie eine Lösun einer Gleichung 3 Grades durch Probieren finden werden (diese ist zumeist noch ganzzahlig), so dass nach Polynomdivision noch eine quadratische Gleichung per Formel gelös werden muss

Dass XP 1 eine Lösun der obigen Glei- chung ist, läss sich durch Probieren ermit- teln Sie ist auch die einzige (reelle) Lösun

Mit x 3 +3x - 4 = ( X -1) - ( x 2 + X + 4 ) ergibt sich unmittelbar, dass die restlichen Lösunge komplex sind

Ergebnis - 'W-2 = 1.

ie: Visualisierun

Probieren allein wird verständlicherweis von manchem als unbefriedigend empfunden Da

eine aeschlossene, also exakte ~ Ã ¶ s u n einer Gleichung dritten

xs(%)'-3 (G)' (G)' (3/ç^--(3/f l-4) Grades in der Schule nur in

= ~ - 3 ~ @ ~ a ^ + 3 & . v d l - 4 ) 2 - ( ~ - 4 ) Ausnahmefälle möglic ist, muss man dann auf ein Nähe

= 4 - 3(&&F4) - &Gv) rungsverfahren zuruckgreifen (Ziel solcher Verfahren ist es,

i h n n ist a = & +2 , a -4 = & -2 , also

a2 =4&+9, (a -412 = - 4 & t 9 , komplizierte Terme bzw Rechenoperationen durch einfachere zu ersetzen )

Ingmar Lehman

4.1 Grafisches Losen

Anstelle der exakten Lösunge erhalt man Näherungswert Das gilt auch fur das grafi- sche Löse einer solchen Gleichung

Die Vorteile einer grafischen Lösun liegen auf der Hand Das grafische Löse ist an- schaulich und es liefert - falls mehrere Lö sungen existieren - eine vollständig Uber- sicht uber die Lösunge einer Gleichung Der Nachteil die Genauigkeit der ermittelten Nä herungslösunge ist beschränk Infolgedes- sen fäll es auch schwer, den Fehler der durch eine grafische Darstellung gelieferten Lösun abzuschätze

Dieser Nachteil wird durch einen anderen Vorteil z T wieder aufgehoben Wenn man einen Computer (oder den Tl-92) zum Zeich- nen des Graphen nutzt, kann man die ZOOM-Funktion nutzen, um die Genauigkeit in die Höh zu treiben Dieses - auch Funk- tionenmikroskop genannte - Werkzeug liefert in der Tat z T schon entscheidende Ein- sichten in den Verlauf des Graphen

Will man die Gleichung x3 + 3x - 4 = 0 nähe rungsweise lösen liest man z B die Null- stelle vom Graphen der Funktion f mit

f ( x ) = x 3 + 3 x - 4 ab (Abb.3) x à § l Eine Probe bestätig 1 als exakte Losung der Gleichung.

Abb 3

Grafisches Löse beschränk sich nicht auf die Nullstellenbestimmung einer Funktion Zerlegt man den Term f i x ) in einfachere Teilterme, etwa f ( x ) = g ( x ) - h ( x ) = 0, also

g ( x ) = h ( x ) , kann man auch die Schnittpunk-

te der Graphen von g und h mit g ( x ) = x3 und h ( x ) = -3x + 4 bestimmen. Da beide Funktionen stetig und streng monoton sind

( g ist monoton steigend und h ist monoton fallend), gibt es genau einen Schnittpunkt S ( l ; l ) der beiden Graphen (Abb, 4)

Abb 4

Schließlic fuhrt auch der Schnitt der beiden Graphen der Funktionen p und q mit

1 4 P(x) = X und q ( x ) = - - x 3 +- zu diesem

3 3 Resultat (Abb 5),

Abb 5

4.2 Sukzessive Approximation (Algorithmus zur schrittwei- Sen Annäherung

Die Form der Gleichung x = ~ ( x ) kann als Einstieg fur das allgemeine Iterationsveriah- ren genutzt werden Im Unterschied zu grafi- schen Lösungsverfahre zeichnen sich die Iterationsverfahren dadurch aus, dass bereits gefundene Näherungslösung (eine An- fangslösun kann z B grafisch ermittelt werden) weiter verbessert werden konnen (sofern die Folge der Näherungslösung konvergiert)

Fur und Wider von Tennumfonnungen mit einem CAS

Diesen Algorithmus zur schrittweisen Anna- herung (sukzessiven Approximation) per Hand auszufuhren, wär sehr muhselig Hier also schläg die Stunde des Computers! Ite- rationsverfahren sind, wenn sie konvergie- ren, selbstkorrigierend Aus diesem Grunde spielen Rundungsfehler auch nur eine unter- geordnete Rolle Ein solcher Fehler fuhrt letztendlich lediglich zu einer Verlangsamung des Verfahrens Schließlic wird hier auch klar, dass - obwohl das Newfonverfahren von vielen vorgezogen wird - es egal ist, ob man ,,ein paar Schritte" mehr oder weniger braucht Das ubernimmt ja der Computer!

(Im Allgemeinen benötig man sowohl den Begriff der Stetigkeit als auch den der Ablei- tung Da die Bedingungen, unter denen die Folge der Näherungslösung konvergiert, sehr kompliziert sein können verzichtet man häufi darauf, entsprechende Untersuchun- gen anzustellen )

Um nun eine gegebene Gleichung f (X) = 0 iterativ löse zu können bringen wir sie in die sogenannte Fixpunktform x = p(x). Die

Lösunge von f (X) = 0 sind dann gerade die Fixpunkte der Abbildung p. Da es eine gut entwickelte Theorie bzgl Existenz, Einzigkeit und Konstruierbarkeit solcher Fixpunkte gibt, sind Gleichungen der Form x = p(x) im All- gemeinen leichter zu löse als solche vom Ty P /W = 0.

Es sei X* eine Lösun von /(X) = 0. Die grafische Lösun der Gleichung x = p(x) er- gibt sich dann als Schnittpunkt der Geraden y = x mit der durch y = p(x) bestimmten Kurve Die Abszissen dieser Schnittpunkte sind die Nullstellen der Funktion f Will man das (allgemeine) Iterationsverfahren mit Hilfe eines Taschenrechners realisieren, sieht der zugeherige Rechenablaufplan fur die Glei-

chung X =- , die zur Ausgangsglei- x 2 t 3

chung3 äquivalen ist, folgendermaße aus:

1 4 Die Gleichung x = -^x3 + -, die sich unmittelbar an-

hand der Ausgangsgleichung anbietet, ist dagegen fur x >. 1 nicht iterierfähi (fur x < 1 konvergiert das Verfah- ren sehr langsam; daruber hinaus kann der Rechner hier schnell in einer Endlosschleife hänge bleiben)

Tl-92 0,5 SR 1. 0,5 1,230 76 1,230 769 2

0,885 976 0,885 97 1,056 81 1,056 816

0,971 614 0,971 614 3 1,014 18 1,014 19

0,992 905 0,992 90 1,003 54 1,003 547 3

0,998 226 0,998 22 1,000 88 1,000 886 8

0,999 556 0,999 55 1,000 22 1,000 221 7

0,999 889 0,999 88 1,000 05 1,000 055 4

0,999 972 0,999 97 1 1,000 013 9

1 0,999 99 Abb 6

Immerhin muss die Schleife 15-mal (SR1 25-mal) durchlaufen werden, ehe das Verfah- ren eine vermutete Lösun liefert (Abb 6) Fur den Startwert 1000 muss die Schleife 17-mal durchlaufen werden DERIVE benö tigt dafur 0,l Sekunden Das Abarbeiten ei- nes Algorithmus (oder kalkulmäßig Arbei- ten) kann also sehr wohl einhergehen mit mathematischem Experimentieren

Es liegt oszillierende (oszillierende Konver- genz -1 < $(X) 0; monotone Konvergenz: 0 M x ) < I ) , springende bzw. alternierende Konvergenz vor. Grafisch erhäl man ein so- genanntes Spinnweben-Diagramm (COBWEB- Diagramm) (Abb 7)

Abb 7

Das Computer-Algebra-System DERIVE stellt mit den beiden Funktionen

ITERATE (q(x), X, s, n) bzw

ITERATES ((p(x) , X, s, n)

Ingrnar Lehman

zwei komfortable Möglichkeite zur Verfü gung, iterativ zu arbeiten

Dabei bedeuten (D - die iterierfähig

Funktion, x - die Iterations-

variable, s - der Startwert xO

und n - die Anzahl der

Iterationsschritte (optional)

Währen ITERATE sofort das Endergeb- nis liefert, erzeugt ITERATES auch alle Zwischenergebnisse des Iterationsprozes- Ses (Abb 8) Wird in ITERATE daruber hi- naus noch die Anzahl n der Iterationsschrit- te vorgegeben, stoppt der Prozess nach n +1 Schritten.

0 0.5

1 1.23076

2 0.885976

3 1.05681

4 0.971614

5 1.01418

6 0.992905

7 1.00354

8 0.998226

9 1.00088

10 0.999556

11 1.00022

12 0.999889

13 1.00005

14 0.999972

15 !3 Abb 8

5 Strategie: Muster erkennen (und Rkkwärtsarbeiten

Anstelle des Terms ?+2-= be- trachten wir zunächs einmal die Teilterme

+ 2 und V=,, Die Äquivalen der F

' 5 + einerseits sowie Terme und - 2

& - 1 W-2 und - andererseits liefert die 2

gewunschte Vereinfachung unseres Terms, ohne die Schuler ja mitunter abstoßend ,,Umformungsakrobatik bemuhen zu mus- Sen Dieser elegante Weg setzt jedoch vor- aus, dass bestimmte Muster, hier zunächs in Gestalt der Dezimalen zweier Teilterme, be- kannt sind

Tl = i/,/5+2 = 1,618033, .. und

T, = 1/5-2 = 0,618033 ...

Die erste Feststellung lautet; (*) Beide Zahlen haben dieselben ,,Nach-

kommastellen" und sie unterscheiden sich um 1.

Die zweite Feststellung lautet (**) Das Produkt der beiden Zahlen ist 1.

Wo ist uns das schon einmal begegnet?

Entscheidend fü den Fortgang ist jetzt die Erinnerung an den Goldenen Schnitt.

- J5 +1 -=1,618033 ... und

2

&+I &-I Esist -=.---=I und

2 2

Das fuhrt zu der Vermutung, dass die ent- sprechenden Teilterme T, und T2 zu r bzw,, zu p äquivalen sind:

Also hat der Term T, - T2 den Wert 1.

Fehlt der Bezug zum Goldenen Schnitt, lasst sich die obige Äquivalen auch anders zei- gen Wir fragen uns, welche Zahlen a und b die beiden Eigenschaften (*) und (**) erfülle (1) b = a - 1 (2) a b = l .

Als Losung dieses Gleichungssystems er- halten wir

7 -

J5 -1 ao = -- = -p und damit b - J5 +1

2

Fur und Wider von Termumformungen mit einem CAS

Da Tl und T2 positiv sind, ist T = Tl und

p=T2.

Die letzte Strategie hat den Vorteil, dass die Schüle hier wohl am ehesten verstehen, wa- rum Tl - T2 = 1 ist Der Einsatz technischer Hilfsmittel beschränk sich auf den Einsatz des Taschenrechners.

Insgesamt bestätig sich,, So wie der Taschenrechner das numerische Arbeiten entlastet, so wird ein Computer-Algebra-System das algorithmische Arbeiten entlas- ten

Ob Rechnen oder Termumfor- men, die Argumente ähnel sich, Kompetenz im Zahlenrechnen setzt voraus, mit Zahlen umge- henzukönne

näherungsweis Variante allerdings ,,richtig" an, DERIVE vereinfacht T zu

Weitere Umformungen nimmt DERIVE nicht vor Vergleichen wir mittels DERIVE die

Terme T und &, so stellen wir wieder voll- standige Ubereinstimmung der Nachkomma- stellen fest (z B Einstellung. 50 Stellen, Abb 9)

Kompetenz im symbolischen Rechnen setzt voraus, mit Termen umgehen zu könne

Die folgenden beiden Beispiele untermauern, dass die genannten Fur und Wider beim Termumformen mit einem CAS zur Vorsicht mahnen Es kommt darauf an. ein solches Hilfsmittel zielgerichtet (und erst nach ent- sprechender Vorbereitung) einzusetzen Auf das Umformen per Hand kann man dabei keineswegs verzichten

Aufgabe:

1 Vereinfachen Sie den Term !

Tl-92: Der Term T wird zunächs in die ,Schönschrift (Pretty Print Modus) übersetz und dann wie folgt ,,vereinfacht"

f i + i / ~ s 2 * J - ( 2 i - 2 ) + 1 / 2 ^ 1 , Das ist zwar per Hand nachvollziehbar, aber dieser Term sieht nicht nach einer Vereinfa- chung von T aus Bestimmen wir den Term jedoch näherungsweise erhalten wir als Er- gebnis

Das erinnert uns an & ; fur & gibt der Tl- 92 dieselben Nachkommastellen aus

6 1, 73 20 50 80 75 7. Ist also T = ?

Wir testen mit Hilfe des TL92 die Gleichung

Das Resultat ist ernuchternd Sie wird als ,,falsch" ausgewiesen. Als Trost bietet die

Abb 9

Das legt die Vermutung nahe, dass - trotz

der vom TL92 verworfenen Identitä - & die gesuchte Vereinfachung von T ist. Greifen wir also auf das altbewährt HAS (Hand- Algebra-System) zuruck',

Eine geschickte Substitution erweist sich wieder als sehr hilfreich Als erster Vorschlag

kommt wahrscheinlich der Vorschlag a = /4. der in eine Sackgasse fuhrt Wir setzen

a = $2, also ist a2 = 3& und a4 = G. Dann lasst sich T zunächs wie folgt vereinfachen

Quadrieren liefert dann

3 = a 4 +2a -2a-1, die entsprechende Rucksubstitution dann

=3^/16+2.3^/4Â¥3^/2-2-3/2-

=3f i+23&-2 '3 /2- l

also ist T = 3 Die Rücksubstitutio ( U = '&) in dem Term

(a2 -1) (a+l)2 fuhrt beim Tl-92 auch weiter-

Ingmar Lehman

hin nicht zum Ziel [(2'13 + I ) ~ ( z 2 1 3 -l)], erst fur den ausmultiplizierten Term, also

a4 + 2a3 - 2a - 1, liefert der Rechner (uber

den Zwischenschritt z413 - 2 21'3 + 3) das vermutete Resultat 3.

Wenn wir- aufgrund der Vermutung T 2 = 3 - die Gleichung 3 = a4 + 2a3 - 2a - 1 betrachten und zu löse versuchen, erhalten wir (Ruck- wärtsarbeiten

a 4 + 2 a 3 - 2 a - 4 = 0 bzw ( a + 2 ) ( a 3 - 2 ) = 0 .

Diese Gleichung hat die (reellwertigen) Lö

sungen a =-2 oder a = /2 Beide Lösun

gen liefern T 2 = 3; a = -2 entfällt da sie nicht mit der gewählte Substitution uberein- stimmt

Das Löse dieser Gleichung bereitet weder dem Tl-92 noch der DERIVE-Version 4 ir- gendwelche Schwierigkeiten (Die komplexen Lösunge lassen sich auch im Tl-92 anzei- gen )

Die Zahl 345, die in der Substitution eine Schlusselrolle spielt, bzw eine Strecke der

Läng 3fi benötig man, will man das Prob- lem der Verdoppelung des Wurfels löse Werden nämlic die Kanten k eines Würfel

um den Faktor 3& gestreckt, wird sein Volu- men verdoppelt

Vn = k 3 , Vl =(3&-k)3 = 2 Vo.

Bekanntlich kann eine solche Strecke nicht mit Zirkel und Lineal allein konstruiert wer- den Sowohl ARCHIMEDES VON SYRAKUS (um 287 - 212 V Chr ) als auch APOLLONIUS VON PERGE (um 260 - 190 V Chr ) haben, indem sie allerdings zusätzlich Hilfsmittel benutzt haben, die Verdoppelung erreicht. Beide Mathematiker sind dabei auf die oben be- trachtete Gleichung

a4+2a3-2a-4=(a+2)(a3-2)=0

gestoßen

Aufgabe:

1 Vereinfachen Sie den Term I

TL92 Der Term T wird in die ,,Schönschrift (Pretty Print Modus) übersetzt

und das war es dann auch schon Dass aus der Summe eine Differenz geworden ist,

nehmen wir zunächs hin (die Teilterme unter der zweiten Wurzel wurden dabei ver- tauscht)

Bestimmen wir den Term jedoch näherungs weise, erhalten wir als Ergebnis

7+5 +&TZ = 2. 1st also T = 2 ?

Wie im vorigen Beispiel geht es auch hier weiter Wird die vermutete Identitä eingegeben, lie- fert der Tl-92 als Antwort

/7+5i/2 + = 2 (ENTER) fazse

In KONFOROWITSCH 1997, S 88 werden zum Beweis der Identitä zunächs die folgenden Umformungen eines Schüler vorgestellt:

Jetzt setzt der Schuler den Wert aus der ersten Gleichung fur den rechten Faktor ein und erhäl

3 ^(7+5&) ( 7 - 5 4 5 ) 2 = - 6 1:6

^ 4 9 - 5 0 = - 1

- I = - 1

,Damit ist die Identitä bewiesen", sagte der Schuler Den Lehrer befriedigte dieser Be- weis nicht Warum?

In den ,,Antworten und Lösungen (S 99) kri- tisiert KONFOROWITSCH (zu Recht), dass die erst zu beweisende Identitä benutzt wurde Er schläg vor, folgendermaße zu argumen- tieren

,Gleichung (*) ist nicht die zu beweisende Identität und deshalb begehen wir keinen lo- gischen Fehler, wenn wir sie jetzt benutzen

Fur und Wider von Terrnumforrnungen mit einem CAS

Das bedeutet, dass in Gleichung (*) die linke Seite nur eine Lösun der kubischen Glei- chung (**) sein kann Die einzige Lösun dieser Gleichung ist aber a = 2, womit die Identitä bewiesen ist." Wiewohl das Büchlei sonst zu empfehlen ist, hier irrt der Autor,

ist eben nicht gleich -1; der Aus- druck ist gar nicht definiert, weil der Radi- kand negativ ist.

Es wär zwar denkbar, = -1 zu setzen,

denn es gilt ja (-1)3 = -1.

Das ist aber nicht sinnvoll, weil sonst (sollen die bekannten Potenz- und Wurzelgesetze weiterhin gelten) zum Beispiel zu beweisen wäre

=1 Ein Blick auf den zweiten Radikanden des gegebenen Terms hätt von Anfang an fü Klarheit gesorgt Er ist negativ, so dass (im Bereich der reellen Zahlen) der Wert 2, wie er durch den Tl-92 zunächs nahegelegt worden ist, gar nicht in Betracht kommen kann,

Abb 10

DERIVE (Version 4 0) liefert in der Tat auch sofort:

uch wenn diese nicht die Hauptwurzel ist 4bb 12)

±/ 113 (7 + 5 ^ > + (7 - 5 - G ? )

3 G! 1 - + -

46 4.3 + 2 - [^ - -)

2 2 2

Branch := Real

a Abb 12

io wird z. B bei dieser Einstellung zu

-2 und nicht zu 1 + 6 - i vereinfacht Diese Anstellung wird bei den meisten Analysis- mwendungen (laut DERIVE-Hilfe) von Vor- i l sein

IERIVE weist schließlic der Gleichung

= 2 den Wert false zu - ~uch im Falle einer approximativen Lösun iier bestehen also doch Unterschiede zwi- chen dem TL92 und DERIVE Im übrige ~eruht die TI-92-Umformung auf demselben %hier wie oben Von der zunächs vorge- ichlagenen (aber falschen) Vereinfachung

:5 f i+7) ' l3 -(5. f i -7) l I3 fur T käm nan schließlic wirklich zu T = 2.

5 Literatur

(ONFOROWITSCH, A G : Logischen Katastrophen auf der Spur - Leipzig: Fachbuchverlag 1997

Wähl man allerdings unter Definieren1 Algebra StatusNereinfachen/Wurzelzweig die Option Real, so liefert DERIVE ebenfalls den Wert 2.

Die voreingestellte Option fur die Wahl des Wurzelzweigfeldes ist Principal, die Haupt- wurzel Wähl man Real aus, so gibt DERIVE die reelle Wurzel, falls eine existiert, aus,

Quadratische Gleichungen - eine Unterrichtsvorbereitung

Lothar Profke, GieBen

Am Unterrichtsgegenstand quadratische Gleichungen erörter ich einige allgemeine di- daktische Probleme des Mathematikunterrichts fü schwächer oder weniger interes- sierte Schuler

e Was kann, was sollte ein Schuler zu quadratischen Gleichungen lernen? Eine Antwort ergibt sich aus der Analyse eines traditionellen Lehrgangs. Und was lernt ein SchŠle tatsächlich

1 Skizze eines minimalen Lehrgangs unter Berucksichtigung der vorigen Befunde

e Skizze eines Lehrgangs, welchem die Nutzung graphischer Taschenrechner oder von Computer-Algebra zugrunde liegt Diskussion von Einwände gegen den Lehrgang

1 Einleitung

Das Thema quadratische Gleichungen als ein Standardthema

Von einem Standardthema spreche ich hier, wenn - der Stoff durch den Lehrplan vorgeschrie-

ben und - seine Behandlung aufgrund langer Tradi-

tion beinahe kanonisch ist

In diesem Sinne ist das Thema quadratische Gleichungen ein Standardthema

Seine Behandlung erfolgt auf einem der bei- den folgenden Wege (wenn man methodi- sche Feinheiten unberucksichtigt lasst)'

e Weg 1 (Normalparabel als Graph der Quadrat- funktion vorweg) quadratische Gleichungen quadratische Funktionen

e Weg 2 quadratische Funktionen quadratische Gleichungen

Entscheidungen fur einen der beiden Wege werden zwar - psychologisch (was lernt sich leichter?), - didaktisch (was möcht man erreichen?), - empirisch (welche Erfahrungen hat man?)

begrundet, aber keiner der Wege konnte den anderen verdränge

Eingrenzung und Ausweitung

Eingrenzung Ich wäg hier nicht die beiden Wege gegen- einander ab, sondern frage nach den damit verbundenen erhofften und tatsächlic er- reichten Lehrzielen. Dabei denke ich haupt- sächlic an schwächer und weniger interes- sierte Schuler

Verallgemeinerung' Die Diskussion am Thema quadratische Glei- chungen soll exemplarisch sein fur entspre- chende Erörterunge bei vielen Algorithmen im Mathematikunterricht Doch muss man je- des Mal neu Ÿberlege und entscheiden.

2 Traditionelle Behandlung quadratischer Gleichungen

Hier betrachte ich nur Weg 1, vgl. etwa bei H GRIESEL & H, POSTEL (Hrsg ): Mathematik heute 9 - Hannover: Schroedel 1996, Kapi- tel 6.

2.1 Lehrgangsskizze

o Löse quadratischer Gleichungen durch planmäßig Probieren (mit ganzen Zah- len)

0 Graphisches Löse mit Hilfe der Normal- parabel und Geraden

0 Herleiten rechnerischer Verfahren der Reihe nach fur die Gleichungstypen

Quadratische Gleichungen - eine Unterrichtsvorbereitung

2 a x + b x + c = O

mittels quadratischer Ergänzun

d) p, q - oder a, b, c - Lösungsforme

Anwendungen fur quadratische Gleichun- gen Zusatzstoffe

- Gleichungen, welche auf quadratische Gleichungen fuhren

- Satz von VIETA

- Parameteraufgaben, die auf quadrati- sche Gleichungen fuhren

2.2 Lehrziel-Analyse

Zum Gewinnen von Lehrzielen

Aus Erziehungszielen der Gesellschaft folgt im Allgemeinen nicht, welche Inhalte im Ma- thematikunterricht behandelt werden mus- Sen. Man befragt daher Inhalte, ob eine ge- eignete Behandlung im Mathematikunterricht beitragen kann zur Erziehung, Allgemeinbil- dung, Ausformung der Persönlichkei

An welche Lehrziele könnte die Autoren des Lehrgangs gedacht haben, welche Wirkun- gen erhoffe ich als Lehrer von dem Lehrgang in einem idealen Mathematikunterricht?

Spezielle inhaltliche Lehrziele

(1 ) Wissen Was ist eine quadratische Gleichung? Was bedeutet, eine Gleichung zu lösen Wie viele Lösunge kann eine quadrati- sche Gleichung haben? Lösungsverfahre kennen - systematisches Probieren, - graphisches Lösen - quadratisches Ergänze und/oder ei-

ne Lösungsforme (2) Das Wissen sicher gebrauchen könne

(teilweise bis zum Automatisieren)

Allgemeinere Lehrziele

(3) Einsicht gewinnen beim Herleiten der rechnerischen Lösungsverfahre

(4) Heuristische Strategien kennen lernen Lös zuerst Spezialfälle fuhre dann den allgemeinen Fall aul Spezialfäll zuruck

Immanentes Wiederholen und Trainieren von Term- und Gleichungsumformungen

6) Verschiedene verfahren problemange- messen einsetzen

7) Gleichungs- und Funktionenlehre mit- einander verknupfen

8)

Noch allgemeinere Lehrziele

9 ) Algebraisches Denken entwickeln. - Zahlen durch Variable ersetzen - Zulassigkeit beispielgebundener

Ãœberlegunge erkennen (1 0) Algorithmisches Denken entwickeln,

Algorithmen verständi benutzen, - Bedeutung von Input und Output

feststellen, - Leistungsfähigkei erkunden, - Plausibilitä von Ergebnissen ab-

schatzen, Berechtigung von Algorithmen anerken- nen

Noch allgemeinere Lehrziele

fuhre ich hier nicht auf, da sie stark mit der ,Unterrichtskultur" und nur sehr locker mit dem Stoff zusammenhänge

2.3 Was erreichen wir im realen Mathematikunterricht tat- sächlich

Alltäglicher realer Mathematikunterricht ver- wirklicht die Inhaltsziele nur teilweise (mit viel Muhe und nach langem üben) allgemeinere Ziele häufi nicht. Dementsprechend (?) be- schränk sich das Festigen auf Inhaltsziele.,

Zu befŸrchte ist aber, dass SchŸle folgenden heimlichen Lehrplan lernen:

0 Es gibt schlechte Lösungsverfahre Probieren ist unmathematisch Graphische Verfahren löse Gleichungen nur ungenau

0 Man darf nicht alle quadratischen Glei- chungen mit der Formel (oder quadrati- schem Ergänzen löse

o Exakte Lösunge sind besser als Nähe rungswerte

0 Zu jedem Gleichungstyp muss es Verfah- ren geben, welche alle Lösunge in ex- akter, geschlossener Form liefern

(Stichhaltige Begrundungen fur solche Mei- nungen bekommt der Schuler meistens nicht )

Lothar Profke

Auf diesen enttäuschende Befund reagieren wir üblicherweis mit der Forderung, unsere didaktischen Anstrengungen im Mathematik- unterricht noch mehr zu verstärken.

Dem halte ich die empirische Evidenz entge- gen, dass viele Schüle allen Bemühunge zum Trotz allgemeinere Lehrziele nicht errei- chen (wollen).

Das legt nahe, sich beim Thema quadrati- sche Gleichungen auf ,,Machbares" und den im nächste Abschnitt skizzierten ,,Minimal- kurs" zu beschränke

3 ,,Minimalkurs" zu quadra- tischen Gleichungen

3.1 Lehrziele

(1) Zu einer vorgelegten quadratischen Glei- chung alle Lösunge bestimmen könne - Wissen, was bedeutet

Eine Zahl a lös eine Gleichung Term l (x ) = Term 2(x).

- Zu gegebener Gleichung ein passen- des Lösungsverfahre aussuchen, die vorkommenden Variablen richtig deu- ten und das Verfahren durchfuhren

- Die gegebene Gleichung auf Normal- form bringen, falls erforderlich

(2) Gewisse Anwendungsaufgaben mit Hilfe quadratischer Gleichungen modellieren könne

Es fehlen allgemeinere Lehrziele, welche oh- nehin kaum erreicht werden

3.2 Unterrichtssequenz zur Reali- sierung von Lehrziel (1)

Eine knappe stichwortartige Beschreibung zeigt das Wesentliche Einfuhrung quadrati- scher Gleichungen und eines Lösungsverfah rens durch Information

Einstieg:

0 Welche Gleichungen haben wir bisher gelöst Heute lernen wir, wie man Gleichungen der Art

2 x 2 -11-x+7=0 lös Man nennt sie quadratische Glei- chungen, weil die Variable x im Quadrat auftritt

0 Eventuell Einbettung in ein Anwendungs- problem (unter Verzicht auf eine Modellie- rung)

Problementfaltung:

* Gegeben 2 x2-11 x + 7 = 0 Was ist gesucht? Versuche, Lösunge zu erraten. Es wär schön wir hätte eine Methode, die zu jeder quadratischen Gleichung alle Lösunge in wenigen Schritten liefert

Information:

Der Lehrer teilt ein Lösungsverfahre mit, z B das folgende

a) Gegeben a - x 2 + b - x + c = 0 mit festen Zahlen a, b und C sowie der Variablen x

b) Bestimme: D = b2 - 4 a - C

C) Dann sind 1

XI = - (- b + JE) 2a

und

die Lösunge der gegebenen Gleichung,,

Einführung

Anwenden der Formel auf Beispiele (anfangs nur mit D > 0 ) samt Proben (im frontalen Klassenunterricht)

Festigung:

Isoliertes und stufiges Uben an Aufgaben mit D > 0

o Vertiefung an Aufgaben mit D < 0 und D = 0.

Variationen:

Anstelle der Mitteilung eines Lösungsverfah rens durch den Lehrer kann man die Schüle ein solches im Schulbuch oder in einer For- melsammlung aufsuchen lassen Auch bietet sich die Verwendung eines Rechners mit ein- gebautem symbolischem Lösungsverfahre an

Naturlich verfolgt man dann doch (bewusst oder auch nicht) allgemeinere Lehrziele (3) Informationen beschaffen (4) Rechenhilfsmittel gebrauchen

4 Ein anderer Lehrgang

Auch dieser Vorschlag beschränk sich auf ,Machbares", bezieht aber Grafikrechner fruhzeitig mit ein

Der Lehrgang stutzt sich auf Erfahrungen zum Funktionsbegriff, setzt aber die ubliche

Quadratische Gleichungen - eine Unterrichtsvorbereitunc)

Behandlung quadratischer Funktionen nicht (Bei quadratischen GleichungenIFunktionen voraus 1 wird man anfangs nur Nullstellen mit Vorzei-

4.1 Skizze des Lehrgangs

Zuordnungen (Funktionen)

ab Klasse 7 und weitgehend wie ublich,

1 chenwechsel betrachten,)

Schreibe die Gleichung in der Form Term(^) = 0

r wähl (Teil-)Intervall, das eine Nullstelle enthalt

spreize dieses (verkleinere Schrittweite mit Faktor G ) 1 berechne Wertytabelle

- Daten in ,,beiden Richtungen" entneh- men. Zeitpunkt i-> Temperatur Zu welchen Zeitpunkten hatte die Temperatur einen vorgegebenen Wert?

- Zwischenwerte durch lineares Interpo- lieren bestimmen

- Zu gegebenem (Funktions-)Term Wertetabellen berechnen

- Zuordnungen, die nur durch Werteta- bellen definiert sind

Ebenso Umgang mit Funktionsgraphen e Von einer Wertetabelle zum Graphen und

umgekehrt (auch bei empirischen Zuord- nungen)

Wesentliche Schritte zunächs von Hand an einfachen Beispielen ausfuhren - Berechnen einzelner Funktionswerte, um

dabei die Funktionseigenschaft zu erfah- ren Zu jedem zugelassenen Argument liefert die Zuordnungsvorschrift genau ei- nen Wert

- An einem Funktionsgraphen zu Argu- menten die zugehörige Funktionswerte ablesen und umgekehrt, danach zu ein- zelnen Wertepaaren (Argument, Funkti- onswert) einer Funktion die Punkte in ein Koordinatensystem eintragen und nach Augenmaà zum Funktionsgraphen ver- vollständigen um den Zusammenhang zwischen Wertetabelle und Funktions- graph zu erarbeiten

Dann fruhzeitig Rechenhilfsmittel (ETR, GTR, CAS, ) einsetzen

Lineare Gleichungen und Funktionen mit einer Variablen

in Klasse 8 wie ublich,

Lineare 2,2-Gleichungssysteme, quadratische Gleichungen:

Löse durch systematisches Probieren und Spreizen von Wertetabellen,

Beispiel: 2 2 - X -11 ~ + 7 = 0 Lösun zwischen 4 und 5 wegen des Vor- zeichenwechsels:,

Schrittweite 0.1

r

Schrittweite 0.01 :

9 Graphisches Löse sofort mit GTR oder CAS: - Schreibe die Gleichung in der Form

Term(x) = 0 und zeichne den Gra- phen der Funktion x H Term(x).

- Im TRACE-Modus fuhrt man den Cur- sor läng des Funktionsgraphen zur in-

Lothar Profke

teressierenden Nullstelle Dies läss sich zusätzlic kontrollieren durch die in der Statuszeile angezeigte Ordinate des Cursors Man liest dann in der Statuszeile die Abszisse des Cursors als Näherun fur die Nullstelie ab

- Durch ZOOMen vergröße man den Bereich um die Nullstelle und erhöh so die Treff- und die Ablesegenauig- keit

- Und so weiter In Gedanken läss sich auf diese Weise jede Lösun beliebig genau ermitteln

Sowohl beim systematischen Probieren als auch beim graphischen Löse Probe durch Einsetzen samt einfacher Genauig- keitsbetrachtung

o Verknupfen beider Verfahren - Eine Zeichnung zeigt die Lage von

Nullstellen Rechnerisches systemati- sches Probieren liefert dann ,,beliebigu genaue Werte

- Das Verfahren mittels TRAGE und ZOOM ist im Prinzip verstehbar Das Programm berechnet Funktionswerte zu wählbare Schrittweite und zeichnet den Funktionsgraphen

Graphisches Löse von Gleichungen auch bei Nullstellen ohne Vorzeichen- wechsel

0 Gleichungen löse mit der eingebauten Löse-Funktio des GTR bzw des CAS - Der Modus APPROXIMATE automati-

siert das systematische Probieren Der Modus EXACT verwendet eine Lö sungsformel

- Wir suchen eine Lösungsforme im Schulbuch, in einer Formelsammlung, im Internet oder der Lehrer teilt eine solche mit

4.2 Allgemeinere Lehrziele zum Lehrgang

(1) Allgemein einsetzbare Verfahren zum Löse von Gleichungen kennen und ge- brauchen

(2) Rechenhilfsmittel sachangemessen (je nach den Anforderungen der aktuellen Aufgabe) verwenden

(3) Verbindungen zwischen Gleichungs- und Funktionenlehre sehen und nutzen

(4) Erste (?) Erfahrungen zur Numerik sammeln

5 Diskussion

Ich setze mich hier (in knapper Form) mit oft vorgebrachten Einwände gegen meine Vor- schläg auseinander

5.1 Verlust inhaltlicher Lehrziele?

(1) Die sogenannten ,,exakten1' Verfahren liefern bei linearen Gleichungssystemen und quadratischen Gleichungen alle Lö sungen Aber - Bisher wird dies bei den Herleitungen

nicht thematisiert Der dazu erforderli- che Begriff der Äquivalenzumformun erscheint (fast) nur bei einzelnen line- aren Gleichungen und wird späte von vielen Schulern gedankenlos auf alle Umformungen von (Systemen von) Gleichungen ubertragen.

- Möglich Typen von Lösungsmenge einer Gleichung Terml(x) =Term2(x) veranschaulicht man anhand der Gra- phen von Term1 und Term2 (ent- sprechend bei Gleichungssystemen) Das ist nicht besser als das graphi- sche Löse von Gleichungen

- Wo braucht man alle Lbungen einer Gleichung?

- Fur den Mathematikunterricht genugt es, auf das Problem hinzuweisen

(2) Be/ ,,kritischenu Gleichungen versagen die Verfahren aus 4 Aber Solche Gleichungen kommen derzeit im Mathematikunterricht kaum vor Weshalb sollte der Schuler sich kunftig damit aus- einandersetzen?

(3) Die ,,exaktenu Verfahren liefern ,,exakteu Lösunge in endlich vielen Schritten und sind zu vermittelndes Kulturgut Aber - Was heiß exakte Lösung (s U ) - Weshalb Kulturgut? - Uber das Problem der Auflösun al-

gebraischer Gleichungen durch Radi- kale erfahrt der Schüle nichts Der Mathematikunterricht stutzt eher den Irrglauben, zu jedem Gleichungstyp musse ein ,,exaktesu Lösungsverfah ren existieren

(4) ,,Exakteu Lösunge sind besser Aber - Was heiß exakte Lösung

Quadratische Gleichungen - eine Unterrichtsvorbereitung

,,&" ist nur eine Abkürzun fur ,dasjenige x mit x^O und x2 =7 ' I

Ebenso könnt man schreiben ,(o := dasjenige x mit cos(x)=x" (vgl auch n, sin(50°) ln(3), )

- Wie wenig sich beide Fäll voneinan- der unterscheiden, zeigt sich, ersetzt man zur numerischen Auswertung die ublichen geschlossenen Lösungsfor mein durch Rechenplän

- Das Problem der Existenz und Em- deutigkeit wird im Mathematikunter- richt gelös durch numerisches Be- rechnen oder durch graphisches Ver- anschaulichen

- Es gibt einen Unterschied

Die Zahlen V?, T I , sin(50°) ln(3), kommen auch ,,woandersd vor, und die Bezeichnungen dienen dem Wie- dererkennen Dazu braucht man Re- chengesetze fur Wurzeln, Potenzen,

Solche fehlen fur (o

(5) Man muss die Scheitelbestimmung bei Graphen quadratischer Funktionen vor- bereiten Aber Wie wichtig ist die Scheitelbestimmung?

5.2 Verlust allgemeinerer Lehr- ziele?

Eine Bemerkung vorweg Allgemeinere Lehrziele, die man beim Vor- schlag aus 4 vielleicht vermisst, lassen sich auch an anderen Inhalten realisieren Aller- dings mussen allgemeinere Lehrziele an mehreren Inhalten verfolgt (!) werden Das vorige Argument darf man daher nicht zu oft wiederholen Sicher ist Allgemeinere Lehrziele erfordern Muß im Mathematikunterricht Man darf da- her nicht jedes Ziel an jedem Inhalt erreichen wollen

Im Folgenden erörter ich einige Argumente zur Forderung Mathematikunterricht muss Einsicht ver- mitteln: (6) Verstandenes bleibt besser haften

Aber Sind dauerhafte Behaltenseffekte nach- gewiesen? Wenn ja, musste auch gelten Weil der Schüle so vieles vergisst und durchein- ander wirft, hat er die entsprechenden Inhalte nicht verstanden

Dagegen spricht jedoch unsere eigene Lebenserfahrung

(7) Wenigstens einfache Fäll muss man verstehen Jede Hack box muss prinzipiell auch einmal white sein Aber - Was heiß verstehen? Welches sind

die einfachen Falle? Welche weiß Schachtel gehör zu welcher schwar- zen?

- MUSS der Schuler logische Beziehun- gen erkennen oder genugt es, wenn er Analogien herstellte

Wir sollten uns die Antworten auf solche Fragen nicht zu leicht machen Denn zum Beispiel läss sich - Grundsi%zliches zum Losen von Glei-

chungen wie. Wann ist eine Zahl oder ein Term (k)eine Losung? Sinn der Pro- be) verständi von linearen Gleichungen auf andere Gleichungen ubertragen,

- das systematische Probieren und graphische Losen von einfachen Gleichungen analog auf andere uber- tragen, auch auf GTR und CAS,

ohne die Theorie der neuen Falle behan- deln zu müssen

(8) Verstehen ist Menschenrecht!" Aber - Ist dies auch die Pflicht jedes Schu-

lers? Hat nicht der Schuler das Recht, auch im Mathematikunterricht sich gelegentlich auf Autoritäte verlassen zu wollen? (Machen wir doch auch.)

- MUSS und kann jeder Schuler alle In- halte des Mathematikunterrichts ver- stehen (im Sinne von herleiten)?

Ich sage. Nein!

6 Literatur

HOLE, V : Erfolgreicher Mathematikunterricht mit dem Computer - Donauwörth Auer, 1998

SUTHERLAND, R ; HOWELL, D ; Wolf A : A Spread- sheet Approach to Maths for GNVQ Enginee- ring - London/Sydney/Auckland: Arnold, 1996

* Binomische Formeln - eine nicht endende Aufgabe

Kare1 Tschacher, Heroldsberg

Die binomischen Formeln sind in der Algebra der Schulmathematik eine ergiebige Quelle von Schulerfehlern Dieses Standardthema des Unterrichts wird im Zusammenhang mit wichtigen Unterrichtsprinzipien und deren praktischer Umsetzung besprochen Es wer- den viele Wege und Verfahren vorgestellt, wie Schülerinne und Schulern der verständ nisvolle und einsichtige Zugang und die fehlerfreie Verwendung der Binomischen For- meln nähe gebracht werden könne

1 Einleitung

Eine Untersuchung von KUCHEMANN (1978) läss vermuten, dass nur etwa 10 % der Schuler der Sekundarstufe l ,,uber ein voll bewegliches Verständni des Buchstabens verfugen" Dieses Ergebnis lasst sich in der Schulpraxis insbesondere an den Problemen beleuchten, die Lernende mit den binomi- schen Formeln haben Die algebraischen Zu- sammenhäng der binomischen Formeln werden von Klasse 7 an bis zum Leistungs- kurs in vielfältige Situationen behandelt und immer wieder geubt, subjektiv mit wenig Er- folg Der Thematik der Tagung folgend, soll ver- sucht werden, die Bearbeitung der binomi- schen Formeln operativ zu entwickeln Die Prinzipien des operativen Ubens sind ent- standen aus der Interpretation der Theorien PIAGETS, BRUNLERS und AUSUBELS und ande- ren Dabei sollen diese typischen Lernprinzi- pien berucksichtigt werden Anlass und Auslöse des Vortrags war die Erfahrung bei der Korrektur einer Aufgabe in einer Schulaufgabe in Klasse 9 (wirtschafts- wissenschaftlich ausgerichtetes Gymnasium in Bayern) Dort hatte ich nach vielen Ubun- gen und Hinweisen auf Fehlerquellen diese Wurzelgleichung gestellt und erfahren mus- Sen, dass keiner die Aufgabe abschließen richtig bearbeitet hatte

d9x2 +14x+9 -3x=1. Die Standardldsung sah dann so aus Glei- chung quadrieren,

9x2+14x+9-9x2 =1, und so weiter Dann habe ich uberlegt, warum treten diese Fehler immer und immer wieder auf Ich möcht auf der Basis einiger Prinzipien des Mathematikunterrichts Wege zeigen, wie das Verständni bei Schulern zunimmt und diese Fehler einsichtig vermieden werden könne

2 Prinzip des aktiven Lernens

Der Unterricht soll an der vorliegenden kog- nitiven Struktur des Lernenden ansetzen, wobei die Probleme verstandlich gemacht werden mussen, damit der Schuler aktiv den neuen Lernstoff er- und bearbeiten kann Erproben und Entdecken des Zusarnmen- hangs auch mit dem Taschenrechner, erste Erfahrungen mit Rechenubungen.

0 Rechenbeispiele fur (U + b)2 112 = 121, 1012 = 10201, 10012 = 1002001, 12' = 144, 1022 = 10404, 10022 = 1004004,

132 = 169, 1032 = 10609, 10032 = 1006009, 142 = 196, 1042 = 10816, 10042 = 1008016,

Rechenbeispiele fur (U + b) (U - b)

0 2=0; 1-3=3; 2 4=8; 3 5=15;

12-1; 22-1; 32-1; 42-!;

4 6=24; 5 7=35; 6 8=48;

52-1; 62-!; 72 - l ; ,..

3 Integrationsprinzip

Die Themen des Mathematikunterrichts sol- len in inhaltliche Beziehungsnetze integriert werden, d h das Lernen erfolgt in Zusam- menhänge Dieses Prinzip steht im Wider- spruch zu einigen traditionellen Lehr-Lern- Prinzipien, wie z B dem Prinzip der Isolie- rung der Schwierigkeiten, dem Prinzip des Lernens in kleinen Schritten, dem Prinzip des linearen Aufbaues eines Curriculums a - b als Flächeninhal eines Rechtecks, a2 als Flächeninhal eines Quadrats, (a+b)(c+d) =ac+ad+bc+bd und dann

(a + b) (a + b) = a2 + 2ab + b2, Rechteckbilder und Quadratbild,

(a+b)(c-d)=ac-ad+bc-bd und

(U+&)(§-b)=a -b2,

Flächeninhal als Differenz von Fläche

4 Prinzip der Redundanz

Schuler sollen neue Inhalte in Situationen kennen lernen, bei denen nur einzelne As- pekte bzw Elemente wirklich neu sind, so dass eine Einbindung des neuen Wissens in bereits vorhandenes Wissen erfolgen kann. Einbindung neuer Situationen, die mit dem bisherigen Wissen bearbeitet werden kön nen

Vorkenntnisse Auswerten von algebraischen Summen

( a + b ) ( c + d ) und dann ( a + b ) ( a + b ) ,

( a + b ) ( c - d ) und dann (a+b) (a -b ) .

Vorkenntnisse geometrische Deutung der bi- nomischen Formeln

Berechne ( a + b + ~ ) ~ und deute es geome- trisch

5 Prinzip der Stabilisierung

Wissen und Fähigkeite müsse von Zeit zu Zeit in neuen, anregenden Kontexten wieder geubt und angewendet werden, damit sie sich stabilisieren.

Training und anregendes übe auf passen- den Seite im Internet: h t tp. / /w.db~.r t . bw.schule.de/lehrerlritters/ mathe/binform/binform. htm http.//www.univie.ac.at/future.media/mo/tests /var/binomischeFormeln. html Training und anregendes Uben mit einem PC-Lernprogramm ,,Binomil', SMILE, Teil Bi- nomi Autor Dr K GUTSCHKE, Hildesheim, zu beziehen uber Cotec, 83026 Rosenheim Training und anregendes Uben mit einem PC-Lernprogramm ,,Numerus 2" Autoren LACHNER und KUBIN, zu beziehen uber die Autoren, Keramikstr 28, A-4810 Gmunden

Ubungen dieser Art:, Berechne.

( 1 - X ) ( l + x + x 2 + x 3 + x 4 ) : Was fäll dir auf?

Oder auch

( P Y ) ( x 3 + x 2 y + x y 2 + y 3 ) ;

( 1 - x ) ( l + x + x 2 + x 3 + x 4 ) : Was fäll dir auf?

Karel Tschacher

6 Operatives Prinzip

Mathematische Begriffe, Techniken U a sollten insbesondere beim Einstieg in die Al- gebra mit Hilfe von Handlungen (Operatio- nen) erarbeitet werden Operative Begriffe mussen daher im Mathematikunterricht auf die sie begrundenden Handlungen zuruck- gefuhrt und zu Operationen verinnerlicht wer- den Beim sogenannten operativen Durch- arbeiten eines Themas kommt es darauf an, vielfältig Zusammenhäng und Beziehun- gen herzustellen (operatives Uben) Das Prinzip des aktiven Lernens kann man als ei- nen Teilaspekt des operativen Prinzips an- sehen

Mit Hilfe von Lernspielen gehen die Schuler handgreiflich mit dem Stoff um. Eine Reihe von derartigen einfachen Materialien stehen bereits zur Verfugung Exemplarisch seien hier zwei Spiele und zwei Bastelarbeiten auf- gezeigt

e Summandenklau

Material Je Spielgruppe 50 Summandenkärt chen (Kopiervorlage)

Lernziel Einfache Binome erkennen und richtig ausklammern Die drei binomischen Formeln anwenden

Spielziel: Mit jeweils 3 oder (bei der 3 bino- mische Formel) 2 Kartchen binomische Sum- men bilden

Spielregel Die 50 Summandenkärtche wer- den verdeckt auf den Tisch gelegt Die Spie- lerinnen und Spieler ziehen je 8 Kärtche und prufen, ob sie damit ein Binom (etwa a2 + 2 a + l ) legen könne

Als Erste ist Gabi an der Reihe Falls sie 2 oder 3 Kärtche zu einer binomischen Sum- me gruppieren und den entsprechenden Klammerausdruck nennen kann [etwa ( a + l ) ( a + l ) ] , läss sie die Summe liegen und ergänz die Handkarten wieder auf 8 Gelingt das nicht, zieht Gabi eine weitere Karte und steckt sie zu den Handkarten Sie muss nun allerdings ein Kärtche offen auf den Tisch zurucklegen, da die Anzahl Hand- karten nicht mehr als 8 sein darf Eine bino- mische Summe kann sie erst im nächste Umgang ablegen Als nachster Spieler zieht Marcel ein Kartchen Falls von fruheren Run- den aufgedeckte Kärtche auf dem Tisch lie- gen (z B von Gabi) kann er auch davon aufnehmen Auch er muss eine Karte zu- rucklegen, falls er keine binomische Summe findet Es gewinnt, wer zuerst 4 binomische Summen abgelegt hat

Beispiele fur abgelegte Kärtchen

(Zitat aus. Beat WALTI: Mathespiele fur die Sek 1, 1996, Zurich,)

Fläche legen mit Quadraten und Rechtecken aus Karton

In der Art eines Tangrams werden spielerisch aus Quadraten und Rechtecken Fläche ge- legt, die dann als Term geschrieben werden Man kann zunächs Fläche vorgeben, die dann ausgefullt werden sollen Späte kön nen die Schulerinnen und Schuler eigene Aufgaben erstellen

@ Bingo zu Binomischen Formeln

Spielanleitung' ,,In der Klasse werden Teams mit je drei oder vier Mitgliedern gebildet je- des Team erhäl das gleiche Bingo-Blatt so- wie zwei verschiedene Würfe (z B einen weiße und einen blauen Wurfel) Jedes Bingo-Blatt hat sechs Zeilen und sechs Spalten, insgesamt also sechsunddreißi Felder In den Feldern stehen Aufgaben, mit denen der jeweilige Lehrstoff eingeubt wird, auf jedem Blatt finden sich aber auch sechs Felder, in denen jeweils keine Aufgabe, son- dern statt dessen das Wort "Joker" steht Ein Mitglied des Teams beginnt, indem es mit den beiden Wurfeln einmal wurfelt Zeigt der eine (z B der weiße Wurfel die Augenzahl x (z B drei), der andere (im Beispiel der blaue) Wurfel die Augenzahl y (z B vier), so geht man wie in einem Koordinatensys- tem von der linken unteren Ecke aus x (im Beispiel drei) Felder nach rechts und dann y (im Beispiel vier) Felder nach oben, lös die in dem betreffenden Feld gestellte Auf- gabe und schreibt die Lösun mit Farbe in dieses Feld Trifft man auf einen Joker, so wird das Feld mit Farbe markiert, ohne dass eine Aufgabe gelös werden muss Dann verfähr das nächst Mitglied des Teams in gleicher Weise, anschließen das dritte Mit- glied (und ggf das vierte Mitglied) und dann wieder das erste usw Es wird so lange reih- um gewurfelt, bis alle Aufgaben einer Zeile, einer Spalte oder einer der beiden Diagona- len gelös sind Wenn ein Team so weit ge- kommen ist, läss es seine Bingo-Ergebnisse von der Lehrkraft uberprufen Waren alle Aufgaben richtig gelöst dann ist das betref-

Binomische Formeln -eine nicht endende Aufaabe

fende Team Bingo-Sieger. Waren nicht alle Aufgaben richtig gelöst so kann das Team seine Fehler korrigieren, wenn es beim Wei- terwürfel Felder mit fehlerhaften Lösunge erreicht.

Hat ein Team bereits ein Bingo erreicht, so

ger ist das Team, das als erstes ein Bingo richtig gelös hat Bingo-Sammel-Sieger ist das Team, welches die meisten Bingos die- ses Blatts richtig gelost hat."

(Zitat aus dem Arbeitsmaterial, zu beziehen uber Frau Ulrike Schätz Bingo Mathematik,

Binomische Formeln 0 U SCHATZ Bingo Mathematik 7/10

setzt es das Spiel fort, um auf dem Bingo- Blatt weitere Bingos zu sammeln Bingo-Sie

0 Wurfel

Munchen ) -

fur ( a + b)3 = a3 + 3a2b + 3ab2 + b3 und das Ergebnis deuten,

(2a - 3b)(2a + 3b)

--

Man stellt den Schulerinnen und Schulern viele kleine Wurfel - bis zu 343 Stuck - zur Verfugung Dann werden Wurfel mit der Kantenläng 3, 4, 5, 6 und 7 hergestellt Die Kante des Wurfels wird nun in zwei Teilstrecken zerlegt und alle drei Wurfel- ebenen werden nun in dieser Weise zer- schnitten, es entstehen acht Teilkörper die dem Ergebnis der Binomischen Formel ent- sprechen Alternativ kann ein Styroporwur- fel zersäg werden oder ein transparenter Wurfel durch geeignete Fäde im Inneren passend zerlegt werden

Operatives Durcharbeiten, - Reversibilität/Umkehraufgabe

Ist s2 +16s+64 ein Quadrat?

- Kompositionsfähigkeit/Nachbaraufgabe Schreibe s2 + 16s + 60 als eine Differenz mit einem Quadrat als Minuend,,

( s + ~ ) ~ - z ~ =[ (s+S)-2I [ ( s+8)+21

- AssoziativitWTauschaufgabe: Ist die Umformung richtig? Begründe

( 2 f -4r)Zf + 4 r ( Z / - 4 r ) = ( 2 f - 44 ' . Finde weitere ähnlich Aufgaben,

- Zerlegungsaufgabe: Schreibe als Produkt a2 +3a+2.

7 Spiralprinzip

Grundlegende Begriffe sollten im Mathe- matikunterricht in mehreren Durchgänge auf jeweils verschiedenem Niveau durch- gearbeitet werden, wobei jeweils Darstel- lungsmittel, Sprache und didaktische Mo- delle verwendet werden, die dem Entwick- lungsstand der Schüle angemessen sind. Die Erkenntnisse eines Wissensgebietes werden schrittweise (spiralig) entwickelt Daraus ableitbar sind drei weitere didakti- sche Prinzipien - Prinzip des vorwegneh- menden Lernens - Prinzip der Fortsetz- barkeit eines Themas - Prinzip der Präfi guration von Begriffen

Karel Tschacher

Der Lehrstoff taucht schon in Klasse 5 bei sogenannten Rechenvorteilen auf, er wird in allen Jahrgangsstufen in immer neuen Fragestellungen offenkundig Stichworte ei- nes Vorgehens in den Jahrgangsstufen

Klasse 5 Rechenvorteile Klasse 6 Produkte von gemischten Zahlen Klasse 7 Erarbeitung der typischen For-

meln Klasse 8. Kurzen von Bruchtermen Klasse 9 Quadratische Ergänzung Para-

beln, Wurzelgleichungen

Klasse 10 Polynomdivision, Potenzgesetze

Klasse 11. Differentialquotient, Horner- schema

Kollegstufe Hebbare Stetigkeit, Skalarpro- dukt, Binomialverteilung

8 Zusammenfassung

Die Bemuhungen, ein tieferes Verstandnis fur die Bedeutung der binomischen Formeln und fur deren Nutzen bei Anwendungen zu entwickeln, sollen im Vordergrund stehen Selbst beim Einsatz von CAS-Rechnern fur Termumformungen muss das Verstandnis fur die Grundprobleme zunächs beim Ler- nenden vorhanden sein Die vielseitigen Formen des Erarbeitens könne dazu einen wichtigen Beitrag leisten.

Manche glauben allerdings, dass schon ein witziger Merksatz alle Probleme last-

FrŸhe (klimm + bim)2 = klimm2 + 2 klimbim + bim2. Heute- "(Wolfen- Büttel) =

Wolfe$ -2 Wolfenbütte + Büttel2

9 Literatur

KUCHEMANN [1978]: Children's Understanding of Numerical Variables. - In: Mathematics in School 714, 1978 Zitiert in: ANDELFINGER: A- rithmetik, Algebra und Funktionen Landes- institut fur Schule und Weiterbildung, Soest, 1987

Bernd Hafenbrak

Mit zum Verschwinden des Programmierens in der Sekundarstufe I beigetragen haben die Schmähungen die der gute alte BASIC- Zehnzeiler auf sich zog Wer mit seiner Klas- se kleine Programme behandelte, musste sich von uberlegenen Geistern belehren las- sen, dass dies mit Programmieren nichts zu tun habe und eher schädlic als nützlic sei

Nun ist tatsächlic unbestreitbar, dass zwi- schen einem schlichten Zehnzeiler und ei- nem komplexen Programm ein große Unter- schied besteht Aber was soll bei dem fol- genden BASIC-Vierzeiler schädlic sein?

n = 1 0 0 FOR t = 1 T 0 n

I F n MOD t = 0 THEN PRINT t NEXT t

Das Programm zeigt uns die Teiler von 100 bzw nach einer kleinen Veränderun die Teiler einer anderen Zahl Wer solch kurzen, schlichten Programme versteht, veränder oder gar selbststandig programmiert, hat gelernt, was algorithmisches Vorgehen heiß Er hat eine gewisse Grundlage fur das Ver- stehen von komplexeren Programmen, die späte in seiner Ausbildung eine Rolle spie- len Aber hier sei stärke der Nutzen fur den Ma- thematikunterricht betont Die Lernenden könne durch Veränderun der ersten Zeile verschiedene Zahlen untersuchen Welche haben zwei Teiler, welche drei, bei welchen Zahlen ist die Anzahl der Teiler gerade, bei welchen ungerade? Sicher kann man dieses Programm auch durch eine Tabelle ersetzen (HOLE 1994), a- ber der Algorithmus ist in dieser Tabelle eher versteckt, wer sich nicht sehr gut in dem spe- ziellen Tabellenkalkulationsprogramm aus- kennt, wird Schwierigkeiten haben, den Ab- lauf des Algorithmus zu verstehen und wird die Tabelle nur als black box verwenden Auch der obige Vierzeiler kann als black box verwendet werden, die Lernenden haben aber die Möglichkeit in diese box hinein zu sehen und die Chance, darin wenigstens teilweise das algorithmische Vorgehen zu er- kennen Das Programm läss sich recht ein- fach in eine umgangssprachliche Beschrei- bung des Vorgehens ubersetzen

3 Vorschlag fü die Behandlung des Programmierens

Unser Ansatz sollte nicht sein, ein möglichs benutzerfreundliches Programm zu erstellen, das falsche Eingaben abfängt den Benutzer nach seinem Namen fragt und das Ergebnis mit Sternchen umrahmt Wir benutzen das Programm nur, um einen Algorithmus vom Computer durchfuhren zu lassen. Wir brau- chen nur einfache Schleifen und Verzwei- gungen, die Wertzuweisung und die Grund- rechenarten Selbst der INPüT-Befeh ist entbehrlich, da die Lernenden die Program- me nur fur sich schreiben, nicht fü irgendei- nen gedachten Benutzer. Unwichtige Einzel- heiten der Programmiersprache könne in einer Prozedur untergebracht werden, wie im folgenden Beispiel zum Zeichnen eines Funktionsgraphen

ACHSENKREUZ FOR X = - 2 T 0 2 STEP 0 . 0 0 1

y = x*x PSET (x,y)

NEXT X

Durch Veränderun des Funktionsterms könne verschiedene Funktionen dargestellt werden Sicher gibt es auch einzelne Schule- rinnen und Schuler, die in die Prozedur ACHSENKREUZ hinein schauen, auch dort Veränderunge vornehmen und dadurch auch andere Darstellungsbereiche auswäh len könne Dann muss aber auch die Schrittweite veränder werden Vielleicht ent- steht der Wunsch, dass diese Anpassung automatisch geschieht.

Es gibt genugend Stellen im Lehrplan, in de- nen solche kleinen Programme eingesetzt werden könne (und ja auch frühe einge- setzt wurden), der EuKLlDsche Algorithmus, das Bestimmen der Primfaktoren einer Zahl, das näherungsweis Bestimmen von Wur- zeln mit dem HE~O~-verfahr@n, Berechnen von Näherunge fur TC Solche Programme von höchsten 10 Zeilen und einer klaren Struktur sind durchschaubar und bilden das algorithmische Vorgehen angemessen ab, angemessener als eine Tabelle, in der Ele- mente des Programmierens eher versteckt auftreten Die Beschäftigun mit ihnen ist fur das mathematische Verständni hilfreich, sie behindert das später Erlernen einer ande- ren Programmiersprache nicht, sondern macht mit den grundlegenden Strukturen ei- ner imperativen Programmiersprache be- kannt, Folgen, Wiederholungen und Ver-

Proarammieren im Mathematikunterricht der Sekundarstufe I

zweigungen, die gleichzeitig die Grundlage der Algorithmen in der Mathematik bilden Schließlic lernen die Schulerinnen und Schuler mit den Prozeduren das Konzept der Modularisierung kennen, das als eine fun- damentale mathematische Arbeitsweise ganz sicher in unserer heutigen Zeit zur Allge- meinbildung gehöre sollte,

4 Die Sprachenfrage

Seit an der Schule programmiert wird, disku- tiert man daruber, welche Sprache die dafur geeignete ist Dass hier nie Einvernehmen bestand, ist sicher einer der Grunde fur das Verschwinden des Programmierens aus der Sekundarstufe I

Wenn wir, wie oben vorgeschlagen, auf ei- nen systematischen Programmierkurs ver- zichten, ist diese Frage nicht mehr ganz so wichtig, aber sicher auch nicht unwichtig Ge- rade wenn kein Programmierkurs gemacht wird, sollten die Programme möglichs selbst- erklären sein und man sollte bequem mit Ihnen umgehen könne Aus diesem Grund scheinen mir Programmiersprachen wle DELPHI oder Visual-Basic eher ungeeignet

Die obigen Beispielprogramme sind In Q-Basic geschrieben Fur diese Sprache spricht, dass sie es erlaubt, Programme von klarer Struktur zu schreiben (die Mänge fru- herer BASIC-Dialekte im Bereich der Steuer- struktur sind verschwunden) und dass ihre Sprachelemente in Visual-Basic und in vielen Anwendungsprogrammen der Firma Micro- soft Verwendung finden Leider wird aber Q-Basic von der Firma Microsoft nicht mehr weiterentwickelt, weder werden die Fehler behoben, noch wird sie an den Windows- Standard angepasst Cadurch 1st der Um- gang mit der Programmierumgebung, der ei- gentlich sehr angenehm ist, in den letzten Windows-Versionen etwas umständliche ge- worden, in der Zukunft könnte diese Prob- leme wohl noch größ werden, so dass ir- gendwann doch ein Umstieg auf Visual-Basic oder DELPHI erforderlich wird Hier musste dann von der Lehrperson eine geeignete Lernumgebung geschaffen werden, um die fur unsere Zwecke störende Einzelheiten auszublenden

Die Sprachen der programmierbaren grafik- fähige Taschenrechner sind naturlich auch in Betracht zu ziehen, falls diese in der Schule eingeführ sind

Als Alternative, die immer mehr Bedeutung gewinnt, bietet sich die Sprache LOGO an,

Auch bei ihr ist der Zugang zu einfachen Programmen sehr leicht, und die Programme (mit deutschen Schlusselwörtern sind gut lesbar, auch fur Lernende, die keinen Pro- grammierkurs hinter sich haben Hier gibt es verschiedene moderne Dialekte und Neu- entwicklungen Diese zeigen allerdings ihre Stärk erst dann richtig, wenn man entgegen dem hier geschilderten Konzept bewusst auf das Programmieren setzt und bewusst auch Themen außerhal des derzeitigen Lehr- plans behandelt Dazu wurde an dieser Stelle schon ausfuhrlich berichtet (LOTHE 1997) Ei- ne interessante Weiterentwicklung der Spra- che LOGO, das Werkzeug MicroWorlds, ist im lnternet unter der Adresse http.//www.lcsi.ca zu besichtigen

Eine Entscheidung fur eine Programmier- sprache sollte auf jeden Fall in enger Ab- sprache mit den lnformatiklehrenden der Schule erfolgen, dabei mussen sicher auch Kompromisse geschlossen werden Fur un- sere Zwecke sollten wir aber auf Klarheit und Uberschaubarkeit der Sprache achten

5 Literatur

HOLE, V [1994]: Mathe mit Excel - Dusseldorf: Data Becker, 1994

LOTHE, H [19971: Räumlic agieren - Raumigel und Raumgeometrie - In: HISCHER, H (Hrsg ): Geometrie und Computer, Bericht uber die I 5 Arbe~tstagung des Arbeitskreises "Mathernatik- unterricht und Informatik" - Hildesheim: Franz- becker, I997

SCH~NBECK, J & SCHUPP, H (Hrsg ) [1978]: PLUS Mathematisches Unterrichtswerk 9 Schuljahr - Paderborn: Ferdinand Schöningh 1978

ZIEGENBALG, J [1996]: Algorithmen - Heidelberg: Spektrum Verlag, 1996

0 Bericht übe den Schulversuch ,,CuMaU" (Computerunterstützte Mathernatikunterricht)

Reinhard Schmidt, Görlit

lm Rahmen des Schulversuches ,,CuMaU1' wurde und wird mit Schulerinnen und Schu- lern der 7 bis 9 Klasse ein Mathernatikunterricht unter Nutzung aktueller Software (Ta- bellenkalkulation, DGS und CAS) praktiziert

Anhand ausgewählte Beispieldokumente mit EXCEL, GeologWin und Mathcad soll der Prozess der Einbindung des PC als ,,Werkzeug und Partner" illustriert werden Wie kön nen so die Forderungen nach einer Reformation des Mathematikunterrichtes praktisch realisiert werden und welcher Zuwachs (inhaltlich und methodisch-didaktisch und bzgl der Schuleraktivitäten ist durch PC-Einsatz denkbar? Außerde werden erste organi- satorische, didaktische und lernpsychologische Erfahrungen fur einen computerunter- stutzten Mathernatikunterricht diskutiert

I Einleitung

Seit Anfang der 90er Jahre wird in den ver- schiedensten Gremien und Publikationen daruber diskutiert und polemisiert, dass der heutige Mathernatikunterricht defizitä bzgl der Praxisorientiertheit, der Methodenaktua- litä und Modernitä der Hilfsmittel und Werk- zeuge ist In sehr vielfältige Vorträge und Veröffentli chungen wurden und werden Hunderte von mehr oder weniger sinnvollen bzw realisier- baren Beispielen des PC-Einsatzes im Ma- thematikunterricht, der Nutzung von Tabel- lenkalkulationsprogrammen, Computeralgeb- rasystemen, Funktionenplottern, dynami- scher Geometriesoftware und Grafikfähige Taschenrechner vorgestellt und illustriert (Der Inhalt der Beiträg der diesjährige Ta- gung unterstutzt diese Aussage ) Dieser Beitrag soll nicht vordergrundig die Liste von Beispielen erweitern, sondern in Kurzform uber praktisch Realisiertes und Realisierbares berichten, sowie erste Erfah- rungen und Konsequenzen mitteilen Um- fangreiche inhaltlich, organisatorische und methodische Informationen dazu sind in un- serem Erfahrungsbericht ,,Computerunter- stutzter Mathematikunterricht'' (im lnternet unter http llmarvin Sn schule del-cumaul) enthalten Besonders auf den alljährliche Tagungen des Arbeitskreises ,,Mathematik und Informatik innerhalb der Gesellschaft fur Didaktik der Mathematik und auf den Tagun- gen der MNU wurde die stringente Notwen- digkeit eines problemorientierten Mathema- tikunterrichtes angemahnt

In die Entwicklung einer nachhaltigen Unter- richtskultur muss die sinnvollen Nutzung mo-, derner Rechenwerkzeuge integriert sein,

Theoretisch war und ist also der Weg fur eine Modernisierung des Mathematikunterrichtes geebnet Nicht ob Mathernatikunterricht mit modernster Software gelehrt werden muss, ist die Frage, sondern wie!

Also ergab sich fur uns die sinnvolle Frage Wer soll diesen notwendigen Wandel prak- tisch realisieren? Alle theoretischen Vor- uberlegungen und Appelle bedeuten noch keine einzige ,,modernisiertei' Mathematik- stunde (Was das auch immer bedeuten mag?) Seit 1994 identifizierten sich am Christian- Weise-Gymnasium Zittau einige Kollegen mit diesen ,,IdealencL und kreierten den Namen ,,CuMaU1' Nach mehrjährige und muhseligen Beach- tungskämpfe und Beantragungsformalitäte (Vorbereitung ab 1993, Beantragung 1996, Genehmigung Ende 1997, Auflage. mit wis- senschaftlicher Begleitung) begannen wir im Schuljahr 1997198 mit zwei 7 Klassen, 1998199 mit drei und dieses Schuljahr mit vier 7 Klassen den Mathernatikunterricht am PC namens ,,CuMaU1' durchzufuhren

Bericht uber den Schulversuch ,,CuMaUL'

lm Folgenden sollen an einigen ausgewähl ten Beispielen das organisatorische, inhaltli- che und methodische Konzept fUr den Schul- versuch ,,CuMaU" beschrieben werden. Da- bei ist zu beachten, dass es sich bei allen Anfangserfolgen erst um den Beginn eines Prozesses handelt,, In den nächste Jahren wird es notwendig sein, in anderen Klassen- stufen, mit mehreren Klassen und vor allem an möglichs vielen Schulen, computerunter- stutzten Mathematikunterricht als Prozess zu praktizieren,

2 Kurzportrat von ,9CuMaU''

2.1 Ziele

2.1 .I Äuße Ziele (aus dem Antrag zum Schuiversuch)

- Empfehlungen zum Computereinsatz in Sek, I (späte Sek ll), zur Lehrplange- staltung und zur Lehrerausbildung,

- Qualifikation der Lehrer in Zusammenar- beit mit dem COMENIUS-Institut, dem Regionalschulamt Bautzen und der Hoch- schule ZittaulG6rlitz.

- Evaluation der Computereinsatzmöglich keiten, Berichte der Arbeitsgruppe, Erfah- rungen und Empfehlungen zur Software- auswahl,

2.1.2 Innere Ziele (Inhaltliche Ausgangs- Ãœberlegungen

Erprobung der Einsatzmöglichkeite und Wir- kungen des Werkzeuges Computer im Ma- thematikunterricht ab Klassenstufe 7: - Analyse und Simulation von dynamischen

Prozessen (Beispiel, Vergleich verschie- dener Sparformen),

- Veranschaulichung von Gesetzmäßigke ten (Beispiel:, Buchstabenhäufigkeit)

- Verarbeitung große Datenmengen (Bei- spiel, Augensumme bei zweimaligem Wurfeln),

- Kennen lernen von Algorithmen zum ite- rativen Löse von Problemen (Beispiel, lntervallhalbierungsverfahren),

- Verbesserung der sprachlichen Fähigkei ten der Schuler durch Erarbeitung von ,!Mathematischen Aufsätzen zur Doku- mentation eigener Lösungsweg (Bei- spiel: Sstz des Pythagoras),

- Experimentelles Lernen (Beispiel, Finden von Sätze am Kreis),

In Klammern wird je ein Referenzbeispiel ge- nannt, wodurch qualitative Verbesserungen der Fähigkeite und Fertigkeiten (durch Zu- wachs an mathematisch relevanten Inhalten)

der Schuler möglic sind Verbunden mit in- tensiveren Schuleraktivitäte ergibt sich auch ein verbessertes Problemlöseverhalte der Schuler

2.2 Inhalte

Ausgehend von der Akzeptanz der Lehrplan- inhalte der Klassenstufen 7 und 8 wurde in der Vorbereitungsphase der maßvolle klein- schrittige und sinnvolle Einsatz des PC im ,,CuMaU1' geplant (siehe www.sn.schule.de/ -cumau) In den 7 Klas- sen wurde die Tabellenkalkula- tion mit EXCEL in den Unter- richt integriert (Lernbereiche ,,Prozent- und Zinsrechnung", ,,Elemente der Stochastik), Dabei konnte auf Grundkennt- nisse aus dem lnformatikunter- richt (Tabellenaufbau, Tabellenbereiche, Ad- ressierung usw ) aufgebaut und z B im Lernbereich ,,Rationale Zahlen" bei der Be- rechnung von Termen zuruckgegriffen wer- den In den 8. Klassen wurde weiter mit EXCEL gearbeitet (Lernbereiche ,,Zufällig Ereignis- seNVahrscheinlichkeit", ,,Arbeit mit Variab- len", ,,Lineare Funktionen") und mit der Geo- metriesoftware GeologWin die Lernbereiche ,,Kreis1' und ,,Satzgruppe des Pythagoras" be- gleitet Fur den Lernbereich ,,Lineare Funk- tionen" wurde außerde mit dem Programm WinFunktion gearbeitet In den 9 Klassen wird wiederum EXCEL ge- nutzt (Reelle Zahlen, lineare Gleichungssys- teme, Statistik und Verteilung von Zufalls- größe und das CAS Mathcad (Reelle Zah- len, quadratische Funktionen, Rechnen mit Potenzen) eingefuhrt

2. 3 Methoden I Organisation

Zur Vorbereitung von ,,CuMaU1' wurde ein PC-Kabinett ( I 5 Schulerarbeitsplätze LAN, Windows 95) eingerichtet (Bezahlung durch Schulträge Per Leasing) Die erforderlichen Klassenraumlizenzen der Software wurden uber Sponsoren beschafft In den 7 und 8 Klassen (je 128 Mathematik- stunden) fanden Ca 50 Stunden CuMaU in jeder Klassenstufe statt Dabei wurden die

Reinhard Schmidt

Klassen teilweise in zwei Gruppen geteilt, um jedem Schuler individuell die Arbeit am PC zu ermögliche (Fur diese Stunden musste neben dem CuMaU-Kabinett ein zweiter Un- terrichtsraum eingeplant werden ) Oft arbei- teten aber je zwei Schuler gemeinsam am PC, so auch währen der Projekte ,,Sparen1' und ,,Statistische Erhebung" (freie Gruppen- arbeit) Organisatorische Details dazu kön nen in dem ausfuhrlichen Erfahrungsbericht nachgelesen werden Der PC-Einsatz in allen Lernbereichen er- scheint nicht sinnvoll, da nach wie vor alle mathematische Grundlagen Per Hand ein- gefuhrt und geubt werden mussen Zur Fes- tigung durch Wiederholung und Ubung wurde ab und zu mit anderen Beispielen am PC ge- arbeitet Außerde ist zu beachten, dass in den ers- ten Stunden der Arbeit mit dem PC eine Ko- ordination mit dem lnformatikunterricht not- wendig ist Wir haben an unserem Gymnasi- um zum Schuljahresbeginn einen ,,Tag der lnformatik durchgefuhrt, im Rahmen dessen grundlegende Informationen gegeben wur- den und die Dateiarbeit (offnen, Speichern) und das Aufrufen von Programmen geubt wurde Auch anschließen muss sehr maß voll bei den Aufgabenstellungen und Zeitvor- gaben geplant werden Zur Absicherung der wissenschaftlichen Be- gleitung wurde im Juli 1997 eine Arbeits- gruppe gebildet, der Kollegen aus Hochschu- len, dem regionalem Schulamt, eines Schut- buchverlages und verschiedener Gymnasien angehöre Die inhaltliche langfristige Vorbe- reitung des Schulversuches etfolgte in jähr lich stattfindenden (teilweise mehrtägigen Arbeitsgruppentagungen in Zittau (siehe www.sn.schule.de/-cumau) Die unmittelbare Vorbereitung des Unterrichtes, die Durchfuh- rung und Auswertung und organisatorische Koordination wurde operativ von den Kolle- gen in Zittau realisiert Parallel dazu fanden Beratungen und Absprachen in kleinen Gruppen statt So trafen sich z B Dr RUPRECHT, B LANGER, R SCHMIDT und M HANS mindestens viermal pro Schuljahr zur Diskussion der fachlichen und didaktischen Details

Ausgehend von der Annahme, dass im Fol- genden keine ausfuhrlichen fachlichen und inhaltlichen Erläuterunge notwendig sind, werden nur einige neue lnhalte und Möglich

keiten durch dieser Beispiele beleuchtet und Hinweise zu den Schuleraktivitaten gegeben Dabei soll insbesondere der Prozesscharak- ter bei der Nutzung geeigneter Software zur Lösun schulmathematischer Probleme (aus- gewählt Lernbereiche ) im Rahmen des Schulversuches ,,CuMaU1' illustriert werden! Aufbauend auf Kenntnisse und Fertigkeiten der Schuler aus dem lnformatikunterricht wurde zunächs an Beispielen von Termbe- rechnungen der Aufbau einer Tabelle wie- derholt Neue Inhalte und Mdglkhkeiten Tabellenstrukturen (Zellnamen), Adressie- rung (relativ und absolut), Bereichsarten (Textbereich, numerischer Bereich, Berech- nungsbereich), dynamische Termberechnung

Bemerkungen Die langjährig Diskussion uber notwendige oder uberspannte Forderungen der Jnforma- tikef an einen modernen Mathematikunter- richt soll hier nicht fortgesetzt werden Auch nicht die Frage, wie viele ,,Grundlagen der lnformatik in anderen Fächer gelehrt wer- den mussen Aber Die Frage, welche ,,Grundlagen1' fur computerunterstutzten Mathematikunterricht (und alle anderen Fächer in denen moderne Medien eingesetzt werden sollen) im Fach lnformatik geschaffen werden mussen, ist interessanter Welchen Beitrag liefert umge- kehrt ein computerunterstutzter Mathematik- unterricht dazu?

Beispiel I : Analyse und Simulation dynamischer Prozesse Da in der Mathematik algorithmisches und strukturelles Denken realisiert werden sollen, unterstutzen wir die Forderung nach einem informatikfundierten Mathematikunterricht (WAGENKNECHT 1999) Bewusste Kenntnis und Anwenden der entsprechenden Denk- weisen (ob nun mit Turbo-Pascal, Tabellen- kalkulation, Geometriesoftware oder CAS) sind die Grundlage der Arbeit mit moderner mathematisch orientierter Software Also ist die Beziehung zwischen Mathematik und lnformatik gerade bei CuMaU sehr wechselwirkend, so wie diese Wechselwir- kung auch bei anderen Fächerkombinatione möglic und notwendig ist

Neue lnhalte und Möglichkeite Adressierungsarten (relativ und absolut), Er- weitern von Zellbereichen (Bearbeiten, Aus- fullen), Summenfunktion In diesem Dokument wird der eigentliche Vorteil von Tabellenkalkulationsprogrammen s~nnvoll genutzt, um am Beispiel Zinseszins

- Bericht übe den Schulversuch ,,CuMaU"

Beispiel 1: Sparbuch (B LANGER)

komplexe Probleme ohne große Rechen- 1 SchŸleraktivitaten

- -

men verbunden

aufwand und praxisbezogen diskutieren zu könne Aufgabe e) erlaubt eine Differenzie- rungsmöglichkei Außerde werden wiederum Denkweisen der Informatik mit mathematischen Proble- 1 diePanderen Teilaufgaben bearbeiten

Ausgehend von einer entsprechenden Haus- aufgabe (Aufgabe a) erstellen die Schuler ei- ne entsprechende Tabelle Anschließen wird im Unterrichtsgespr3ch der Zinseszins einqefuhrt und danach könne die Schüle

"- W -" -..-------~--.....---------

- * & * G

- W- M-- ---

Groesse 10. isl eingestellt. Die Anzahlder Leerstellen istbeliebig.+ I 1 <

> P ? l i $

L n < 8 ~ ~ ~ l l ~ ~ ~ & 3 i > : b , ' i-i l i * ,

Beispiel 2: Buchstabenhäufigkei (G RUPRECHT, C WURM)

Reinhard Schrnidt

Beispiel 2: Veranschaulichung von Gesetzmäßigke ten: Neue Inhalte und Möglichkeite Veranschaulichung des ,,Stabilwerdens von relativen Häufigkeiten Auch in diesem Do- kument offenbaren sich die Vorteile der Nut- zung von EXCEL Ohne große Aufwand kann eine Vielzahl von Ergebnissen wahr- scheinlichkeitstheoretisch analysiert werden

Schuleraktivitäte Das komplette Dokument wird den Schulern zum Beginn der Stunde zur Verfugung ge- stellt, so dass ,,nur" uber mathematische In- halte diskutiert wird

Beispiel 3: Verarbeitung groller Datenmengen Neue Inhalte und Möglichkeiten Verarbeitung und Nutzung große Mengen von empirischen Daten Anschließen wird dieses Zufallsexperiment am PC mit Zufallszahlen simuliert und erst danach werden Baumdiagramm und Pfadre- geln eingefuhrt Somit ist der Zugang zum Wahrscheinlichkeitsbegriff bei mehrstufigen Zufallsexperimenten vielfältiger siehe auch (RUPRECHT & SCHWIER 1997)

Schuleraktivitäte Jeder Schuler wurfelt 50 mal, der jeweilige Nachbar fullt eine Strichliste aus Danach wird (bei geteilter Klasse) die eigene Häufig keitstabelle mit Diagramm erstellt Währen dessen erfasst der Lehrer die Daten aller Schuler und ubergibt die Zusammenfassung per Projektor an die Schuler Nach Fertig- stellung und Vergleich erfolgt ein Ausdruck fur jeden Schuler, um späte die relativen Häufigkeite mit den Wahrscheinlichkeiten nach der Simulation mit Zufallszahlen und der Berechnung mit den Pfadregeln verglei- chenzu könne

Beispiel 4: Kennen lernen von Algorithmen zum ite- rativen L6sen von Problemen Neue Inhalte und Möglichkeite Anwenden des iterativen Vorgehens zum Finden einer Naherungslösung Diskussion und Vergleich verschiedener Iterationsver- fahren, Verinnerlichung der Iterationsidee

Schuleraktivitäte

Nach Einführun des Halbierungsverfahrens im Unterrichtsgespräc erstellen die Schuler selbstständi das Dokument bis zur erste Zeile Anschließen wird die WENN-Funktion erläuter und leistungsstarke Schuler wenden diese ohne Hilfe fü die 2 Zeile an Den meisten Schulern wird eine Möglichkei der WENN-Funktion angeboten Dann erfolgt das automatische Ausfülle durch die Schuler Mittels verschiedener Ausgangswerte fur X ,

l und r sollen die Schuler nun mit diesem Dokument experimentieren und Zusammen- häng erkennen, die abschließen diskutiert und aufgeschrieben werden. Naturlich erhäl jeder Schuler dann einen Ausdruck seines Dokumentes

Bemerkungen Die Tabellenkalkulation erweist sich wieder- um als notwendig und sinnvoll, um das Hal- bierungsverfahren fur grot3e n anzuwenden

Anschließen wird analog dazu das HERON- Verfahren eingefuhrt, mit EXCEL realisiert und beide Verfahren bzgl Konvergenz (ohne den Begriff einzufuhren) verglichen

Möglichkeite der Modernisierung des Ma- thematikunterrichtes - Umkehrung des Verhältnisse zwischen

der maßlose und unsinnigen Uberbe- wertung der so genannten ,,Äquivalenz umformungen" (z B stundenlanges uben mit der Lösungsforme fŠquadratische Gleichungen) und der Bedeutung von ite- rativen Lösungsverfahre oder mit grafi- schen Mitteln,

- Hervorheben des Prozesscharakters vie- ler mathematischer Lösungsverfahren

- Geeignete Dokumentation dieser L.0- sungsstrategien (auch zur Entwicklung der sprachlichen Fähigkeite der Schüler durch ,,mathematische Aufsätze" z. B Erläuter das Verfahren durch Angabe eines Ablaufplanes mit Zahlenbeispielen.

Das folgende Beispiel mit dem CAS Mathcad soll die Forderung nach Integration von sprachlichen und mathematischen Fähigkei ten weiter illustrieren

Bericht übe den Schulversuch "CuMaUU

I 1 1 I. Tabelle und Diagtarnrn (darunter) Deinen Zufdkvemueh

1 Fü . . 1 2700 . 1 Wurfe 1

h(e) aller Versuche

- - L-"."- 1 - - Zifs tabelle (Erfassung ler "Massendaten")

8 b S c beide e I ~ ( e \ I ~ ( e \ I ~ f e \ I

h(e) aller Versuche 1 L77,

-- * I & ' i - - - - - " 1 - - - \ T i

Beispiel 3: Augensumme bei zweimaligem Würfel (R SCHMIDT)

Beispiel 4: lnte~allhalbierung (B LANGER)

Reinhard Schmidt I

Beispiel 5: Erarbeitung von ,,Mathematischen Auf- sätzen zur Dokumentation eigener Er- kenntnisse Neue lnhalte und Möglichkeite Ausgehend von der Kenntnis mathemati- scher Gesetze wird selbstständi ein ,,Mathe- matischer Aufsatzes'' geschrieben, der einer- seits den Lösungswe und eine Lösun do- kumentiert, andererseits ein dynamisches Arbeitsblatt darstellt, d h gleichartige Aufga- benklassen könne damit gelös werden (In der nächste Tagung wird daruber ausfuhrli- cher berichtet!)

Schuleraktivitäte Nachdem die Schuler in einem ,,Schnellein- stieg Mathcad" (SCHMIDT, R 1999) einfache Mathcad-Dokumente erstellen können soll in diesem Beispiel die eigene Dokumentation mathematischer Verfahren im Mittelpunkt stehen, einschließlic der Einbindung von grafischen Elementen (z B aus Grafikpro- grammen) Naturlich werden bei diesem Beispiel die Möglichkeite eines CAS ,,etwas6' unterfordert und symbolische Operationen fehlen (noch), aber darum geht es in dieser Phase nicht Der Einstieg in dieses Programm als ,,rech- nendes Textprogrammc' hat sich bewahrt (Welche andere Software gestattet gleichzei- tig die freie Gestaltung von Dokumenten (oh- ne feste Struktur) und eine dynamische Be- rechnung?) Bemerkungen Zum Thema ,,Mathematische Aufsätze - er- gebnisorientierter undloder handlungsorien- tierter Mathematikunterricht (Was soll bzw muss der Schuler jetzt noch dokumentieren?) könnt in der nächste 'Tagung vom Autor ein Vortrag gehalten Beispiel 6: Experimentelles Lernen, Finden von Sat- Zen am Kreis Aufgabe I Zeichne ein Sehnenviereck mit

GEOLOG 0 Deakfiviere ,,Autoname" I / !

0 Zeichne einen Kreis k = kr(M, Y) um M mit ~ = 7 .

0 Lege auf dem Kreis k vier Punkte A,

B, C und D mit punktauffigur) fest Achte dabei auf eine sinnvolle Rei- henfolge der Punkte!

0 Verbinde die Punkte als Vieleck mit PoIY(A, B, C, D).

2 Miss nun die Winkel a, b, C und d !

I ! !

3 Ermittle die Summen sl bis s6 aller Win kelpaare!

4 Veränder nun die Lage der Punkte auf dem Kreis und die Lage des Kreismittel- punktes Was stellst du fest, wenn du die Winkelsummen beobachtest?

5 Formuliere einen entsprechenden Satz in deinem Hefter!

6 ZusatzaufgabelHausaufgabe Zeichne ein 5-Eck und untersuche die Summen aller Winkelpaare sinnvoll, entsprechend deinem Satz aus 5

Neue lnhalte und Möglichkeite Experimentelles Lernen durch Verknupfung der Möglichkeite des DGS GeologWin (Zugmodus, Dynamik und Programmierung)

Schuleraktivitäten Diese Aufgabe kann nach der Beherrschung der Grundelemente von GeologWin durch die Schuler vollkommen selbstständi (lt Ar- beitsblatt) gelös werden Außerde ergeben sich beim Einsatz von GeologWin durch schrittweise Einbindung von Makros die Möglichkeite des modularen Arbeitens, welches von uns praktiziert wurde,

4 Reaktionen der Schüle

4.4 Vorbetrachtungen

Wie in den Zielen des Schulversuches ,,Cu- Mau" fixiert, wurden in bestimmten Ab- schnitten die Schuler nach ihren Meinungen und Hinweisen zum Computereinsatz im Mathematikunterricht befragt Zunächs wurden in den entsprechenden Klassen so genannte freie Befragungen durchgefuhrt Einerseits, um die verschiede- nen Meinungen der Schuler zu bundeln, an- dererseits aus mangelnder Erfahrung bei der Durchfuhrung eines computerunterstutzten Mathematikunterrichtes Mathematik mit dem PC wird nicht nur inte- ressanter und moderner, sondern auch er- lebbarer betrieben Außerde ist beach- tenswed, dass die meisten Schuler besser in der Lage sind, sich einerseits selbstständi mit bestimmten Problemen auseinander zu- setzen oderlund sich bestimmte Kenntnisse und Erkenntnisse anzueignen, andererseits durch die aktive Tätigkei (gemeint sind hier hauptsächlic selbstständig Vorausdenkleis- tungen zum Finden der Ansätze Modellie- rung der Probleme usw ) am PC, anders zur Lösun von mathematischen Problemen mo- tiviert sind Diese Aussagen werden erfreuli- cherweise auch von anderen Fachlehrern in

Bericht übe den Schulversuch ,,CuMaU

(2) ABCD 1st ein Rechteck [MtU, Klasse 9, Heft 2, Se~te 251 Deses 13ki ; Geaeben kann unter T ihfathcad g ; a = 10 Sem d s pflhagoras {2) bmp :

:F geladen wrden Nach Markerung m ~ f \

b = 4 2 m emem Rahmen wrd es ; kopdett und Gesucht b , ~ anschj~eßen In das ;

Umfang und Flachen~nhalte MathCad - Dokument ; der Te~lflachen emgefugt

B A Losunq

b Umfang U = a + - + 1 PYTHAGORAS

2 zur Berechnung von C .= [q + [ b

U = a + - + C u=25.14 m c=11.24.m 2

l b 2 Flachenmhalt des Dreiecks E ~ D ECD = - - ECD 16'74 2 2

Flache des Rechtecks ABCD { Flachenmhalt des Trapezes ABED als i3fferenz

A m c D = w b der Rectiteckflache A hBcD und Dreiecksflache A E,AD

Beispiel 5: Pythagoras (R SCHMIDT)

s2 = atc s3 = a t d s4 = btc s5 = b+d s6 = c+d

I I

Beispiel 6: Sehnenviereck (B LANGER)

Reinhard Schmidt

anderen Fächer (Biologie, Physik, , ,,, ) bes- tätigt Diese positiven Ansätz ubertragen sich (leider) nicht auf alle Schuler, Einige ha- ben nach wie vor eine Abneigung gegenübe mathematischen Problemen und ,,Freude am Knobeln und Denken" Auch die Bereitschaft, den PC als Werkzeug und Partner zu nutzen, ist bei den Schüler sehr unterschiedlich ausgeprägt, Diese Aspekte müsse in weite- ren Klassen genauer betrachtet werden,

4.2 Freie Frageböge 1997 - 1999

In Absprache mit Frau Dr, DOMEL (Schulpsy- chologin im RSA Bautzen) wurden in den ersten 2 Jahren insgesamt 6 freie Befragun- gen durchgefuhrt, die zunächs am Christian- Weise-Gymnasium und dann durch Frau Dr DOMEL ausgewertet wurden,

Interessant und signifikant ist die Polarisation der vielfältige Schulerantworten auf folgen- de Bereiche

Jan. 98 Juli 98

EiArbeit mit dem PC wird positiv hervorgehoben

I MErIeichterungiVorteile fü den Mathematikunterricht W erden hervorgehoben 1 MgrCiiiere Anstrengung wird 1 hervorgehoben

sein erhöhte Bklarungsbedarf wird angezeigt

Es ist deutlich ersichtlich, dass die positiven Eindrucke bei der PC-Arbeit (Erleichte- rungNorteile) zunehmen, währen Aspekte

der Einarbeitung und größer Schwierigkeit 1

beim Umgang mit dem PC in den Hinter- grund treten. Diese Tendenz wurde und wird I

in den nächste Monaten genauer unter- i sucht 1

I

Die Auswertung dieser Frageböge ist noch nicht beendet, kann aber unter CuMaUat- online de angefordert werden

5 Zusammenfassung

5.1 Ergebnisse bei ,,CuMaU6'? Schulerleistungen und Kompetenzen sind schwer messbar!

Ein Vergleich von ,,CuMaU"-Schulern mit an- deren anhand von Beispielaufgaben wurde bisher nicht gezogen. Bei so wenigen Ver- suchsklassen (bis jetzt 9 Klassen der Klas- senstufe 7 bis 9) sind fundierte Aussagen nicht möglic Unsere Kräft wäre fur sol- che notwendigen Untersuchungen auch maßlo uberfordert

Anliegen des Schulversuches ist ja auch nicht eine umfangreiche Analyse der Ent- wicklung der Schulerleistungen, sondern der Beginn des Prozesses der Einbeziehung des PC in den Mathematikunterricht Insofern könne und wollen wir ,,nur" neu@ Möglich keiten aufzeigen und testen, um inhaltliche und didaktische Erfahrungen weitergeben zu könne

Ausfuhrlichere Erfahrungen werden mit Si- cherheit nach dem 3 Versuchsjahr (und der beantragten Fortsetzung von ,,CuMaU4') mit- geteilt und ausgetauscht

Wie aber durch die o g Beispiele (aus ei- nem reichhaltigen Spektrum in der Praxis re- alisierter und erprobter Möglichkeiten ge- zeigt wurde, ergeben sich durch ,,CuMaU1' Ansätz fur folgende Aussagen

5.2 Aussagen zu ,,CuMaU6'

(noch ungeordnet und fragmentarisch, aber als Grundlage fur Lehrplanempfehlungen ge- dacht)

5.2.1 äuße Aspekte - ,,CuMaU1' ist keine Vision, sondern der Be-

ginn eines Prozesses - ,,CuMaU" ist praktizierbar, bedeutet aber

einen erheblichen Mehraufwand der Vor- bereitung und Unterstützun (Wohlwollen,

Bericht uber den Schulversuch ,,CuMaU

Einfuhlungsvermöge und perspektivi- sches Denken) aller Beteiligten

- Unsere aktuelle Bildungspolitik ver- bzw behindert computerunterstutzten Mathe- matikunterricht Ohne eine aktive, massi- ve und provokative Unterstutzung der staatlichen Bildungsträge und der Schul- leitungen (und der Wirtschaft) ist compu- terunterstutzten Mathematikunterricht nur fur Idealisten

- ,,CuMaU" kann aber inhaltliche und didak- tische Anregungen und Hinweise fur eine Lehrplanuberarbeitung geben

- Die Erfahrungen von ,,CuMaUi' werden in der Lehrerfortbildung und als Erfahrungs- bericht weitergegeben und publiziert

5.2.2 innere Aspekte - ,,CuMaUc' ist handlungsorientierf und pro-

zessorientiert (nicht vordergrundig ergeb- nisorientiert)

- ,,CuMaU" bedeutet Das didaktische Prin- zip des aktiven Lernens innerhalb eines operativen Mathematikunterrichtes wird (endlich) verifiziert und praktiziert Hierzu sind weitere Analysen der Didaktik und Lernpsychologie notwendig

- ,,CuMaU" bedeutet nicht, dass das opera- tive Prinzip, nämlich dass Handlungen (durch Verinnerlichung) zu E~nsichten fuh- ren, automatisch vewirklicht wird Mit je- der Aufgabenstellung und deren Analyse am PC sind Fragen nach dem Sinn des PC-Einsatzes, nach mathematischen Hin- tergrunden (Grundlagen, Grundbegriffe) und zur Interpretation der PC-Arbeit zu stellen

- Der Werkzeugcharakter (und dessen Ak- zeptanz, Handhabung und Beherrschung) zur Lösun mathematischer Aufgaben- stellungen ist zunächs ein (fur viele Schuler und Lehrer) zu beachtender Faktor, tritt aber mit zunehmender PC- Kompetenz der Schuler in den Hinter- grund

- Der PC-Einsatz wird bei ungeeigneten Fragestellungen fragwurdig

- Die vielfältig Nutzung der Methoden der geistigen Arbeit (selbstständiges Verifi- zieren, Manipulieren, Verallgemeinern und Konkretisieren könne durch com- puterunterstutzten Mathematikunterricht mit geeigneten Fragesteliungen provoziert und entwickelt werden (Aussagen ande- rer Fachlehrer in anderen Fächer deuten dies an )

- Selbstständig Arbeit und freie Grup- penarbeit werden fur die Schuler zur Normalitä (,,Wann könne wir mal wieder amlmit PC in Ruhe und in Gruppen ar- beiten?")

- ,,CuMaU1' bedeutet Medienkompetenz Auch wenn nicht alle Aufgaben und Fra- gestellungen sofort und vollständi erfasst und bearbeitet werden, die Schüle ent- scheiden selbstst&~dig, ob mit PC, GTR oder Per Hand eine Aufgabenlösun fur sie sinnvoll erscheint

- ,,CuMaU" bedeutet die Absage an kalkül mäßi (sinnlose) Rechenfertigkeiten

- ,,CuMaU1' bedeutet die zunehmende Ent- wicklung und Förderun der Abstraktion durch Modellbildung und Symbolik.

- ,,CuMaU1' provoziert heuristisches Prob- lemlöseverhalten

- ,,CuMaU1' bedeutet vielfältig Differenzie- rungsmögiichkeite bei Aufgabentypen und Schwierigkeitsstufen entsprechend der Fähigkeite und Fertigkeiten der Schuler

Und

- ,,CuMaU" beinhaltet Muß und auch Freude bei der Lösun mathematischer Probleme,

Zweifelsohne maße wir uns in Zittau nicht an, mit ,,CuMaU1' den ,,Stein der Weisen'' ge- funden zu haben In vielen Lehrwerken und Publikationen werden wesentlich mehr (und vielleicht auch bessere) Beispiele fü den PC-Einsatz im Mathematikunterricht geboten Uns ging und geht es auch nicht um Selbst- darstellung

Wir wollen einen Beitrag zur ubetfällige Mo- dernisierung der Unterrichtsinhalte und - methoden leisten und andere Kollegen dazu anregen und befähigen die vielen bereits e- xistierenden erprobten Beispiele fur den Mathematikunterricht zu nutzen und den Er- fahrungsaustausch diesbezuglich zu forcie- ren (siehe auch die Forderung von KUMMEL nach einer Materialbörse

Wir wünsche einen Erfahrungsaustausch mit anderen Kollegen und CuMaU auch an vielen anderen Schulen,, Die Fortsetzung un- seres Schulversuchs wird beantragt,,

Reinhard Schmidt

6 Literatur

Mathematische und naturwissenschaftliche Bil- dung an der Schwelle zu einem neuen Jahr- hundert, Bonn, Mai 1998, MNU

Forderungen an einen Mathematikunterricht der nichtgymnasialen Schulformen in der Sekun- darstufe l - mehr als eine Lehrplantagung, Deutscher Verein zur Förderun des mathe- matischen und naturwissenschaftlichen Unter- richts e V ; Juni 1999

Empfehlungen zur Gestaltung von Lehrpläne bzw Rahmenpläne fur den Mathematikunter- richt; Deutscher Verein zur Förderun des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts e V ; Januar 1999

Positionen zur informatorischen Bildung an deut- schen Schulen" in Auswertung des MNU-GI- Gespräch zur 89 Hauptversammlung des Förderverein MNU 1998 in Leipzig

BENKER, H [1994]: Mathematik mit dem PC - Braunschweig U a : Vieweg, 1994

ELSCHENBROICH, H -J [1998]: Geometrie beweg- lich mit BEOLOG - Bonn: Dummler, 1998

HEINRICH, R [1999]: Erziehen wir durch Verwen- dung Grafikfähige Taschenrechner zu Knöpfchendruckern' - In: Mathematik in der Schule 37 (1 999) 2, S 107-1 10

HISCHER, H & WEIGAND, H -G [ I 9981: Mathema- tikunterricht und Informatik - In: LOG IN (1 998), Heft 2

HOLLAND, G [I 9961: GEOLOG-WIN: Konstruieren, Berechnen, Beweisen, Problemlosen mit dem Computer - Bonn: Dummler, 1996

KUMMEL, H [I9981 : Bericht zur Arbeitsgruppe ,,Computer im Mathematikunterricht" - In. HISCHER, H (Hrsg ): Geometrie und Compu- ter - Suchen, Entdecken und Anwenden Be- richt uber die 15 Arbeitstagung des Arbeits- kreises ,,Mathematik und Informatik vom 24 bis 27 September 1997 in Wolfenbuttel Hil- desheim: Franzbecker, 1998, S 141

RUPRECHT, G & SCHWER, M [1997]: Themenar- beitsheft Stochastik fur die Sekundarstufe I - Berlin: Paetec, 1997

SCHMID, A [o J 1: Quo vadis - Schulmathematik? Ein Vortrag anlässlic des ,,Tag der Mathema- tik" am 14 November 1995 an der Universitä Stuttgart: Klett

SCHMIDT, Chr [1999]: Wickie und der danische Zoll Ein Einstieg in die Prozentrechnung - In: mathematik lehren (1 999) 94, S 54-57

SCHMIDT, R [ I 9941: Bericht zur Arbeitsgruppe ,Reflexionen uber (alte) Ziele des Mathematik- unterrichts " - In: HISCHER, H (Hrsg ): Mathe- matikunterricht und Computer - neue Ziele o- der neue Wege zu alten Zielen? Bericht uber die 11 Arbeitstagung des Arbeitskreises ,,Ma- thematik und Informatik" vom 8 bis 10 Okto- ber 1993 in Wolfenbuttel Hildesheim: Franz- becker, 1994, S 158f

SCHMIDT, R [1999]: Schnelleinstieg Mathcad, eine moderne Art und Weise, Mathematik zu betreiben, 1999; CuMaU@t-online de

SCHMIDT, R & WAGENKNECHT, Chr [1995]: Abitur 1994: Moderne Mathematikwerkzeuge verbo- ten! - In: Praxis der Mathematik, Heft 2/73, Köln Aulis, 1995, S 84-89

WAGENKNECHT, Chr [I 9951: Gedanken zum Pro- jektvorhaben ,,Computerunterstutzter Mathe- matikunterricht", HTWS GörliWZitta (FH), 1995

WAGENKNECHT, Chr [ I 9991: Informatikfundierter Mathematikunterricht - In: Praxis der Mathe- matik, (1999) 3, S 124f

WEIGAND, H -G [1995]: Brauchen wir ein Krisen- management fur die Mathematische Schulbil- dung 2001? - In: Mathematik in der Schule 33 (1995) 9, S 450-458

WEIGAND, H -G 119971: Was könne wir aus der Vergangenheit fur den zukunftigen computer- unterstützte Unterricht lernen? - 10 Thesen - In: Mathematik in der Schule 35 (1997) 6, S 322-334

WETH, Th [1995]: Arbeitsbuch GEOLOG - Bonn: Dummler, 1995

tio

0 Entwicklung des funktionalen Denkens im Mathematikunterricht

Rainer Heinrich, Dresden & Jiirgen Wagner, Radebeul

Kritiken an der Behandlung von Funktionen im Mathematikunterricht aus allgemein di- daktischer, fachdidaktischer und informatischer Sicht fuhren auf einen Ansatz, der durch einen veränderte Umgang mit dem Begriff Funktion im Mathematikunterricht sowie durch eine verändert Linienfuhrung zur Behandlung von Funktionen im Mathematikun- terricht charakterisiert ist

Der Funktionsbegriff wird als nicht definierter Grundbegriff eingefuhrt (analog zu den Begriffen Zahl und Menge) und nach Erfordernis schrittweise entwickelt. Die Vertraglich- Reit zum Vorgehen in der Informatik wird hergestellt, indem der Aspekt der Zuordnung durch den einer Ausgabeanweisung ersetzt wird Die vorgestellte verändert Linienfuh- rung hebt die 'klassische' sequentielle Behandlung ausgewählte Funktionsklassen auf und verschiebt unter Nutzung geeigneter Hilfsmittel die Balance vom Statischen hin zum Dynamischen sowie von der Stoffvermittlung zur Kompetenzentwicklung

Die Vorschläg zielen auf eine wirkungsvolle Unterstützun der Lehr- und Lernprozesse, insbesondere im Sinne eines tieferen Verständnisse und einer höhere Motivation. Erste Erfahrungen bei der unterrichtlichen Umsetzung in der Klassenstufe 8 werden vor- gestellt,

1 Bemerkungen zur Entwicklung des Fun ktionsbegriffes

Die Auffassungen zum Funktionsbegriff ha- ben im Verlauf der Entwicklung der Mathe- matik eine mehrfache Wandlung erfahren Markante Eckpunkte lassen sich wie folgt charakterisieren (TIETZE, KLIKA, WOLPERS 1997, S 185 f) - Funktion als geometrischer Begriff

(LEIBNIZ, 1673) ,,Das Wort functio taucht zum ersten Mal 1673 bei LEIBNIZ auf - ganz in geometrische Zusammenhäng eingebettet LEIBNIZ nennt Größe die zu einer gegebenen Kurve gehöre (wie Or- dinaten, Tangenten- oder Normalenstu- cke), 'Funktionen' dieser Kurve "

- Funktion als analytischer Begriff (JOHANN BERNOULLI, 1696) ,,Eine Funktion einer veränderliche Zahlgroß ist ein analyti- scher Ausdruck, der auf irgendeine Weise aus der veränderliche Zahlgroß und aus eigentlichen Zahlen oder aus con- stanten Zahlgroße zusammengesetzt ist "

- Funktion als geometrischer und analyti- scher Begriff (EULER, 1755) ,,Wenn also x eine veränderlich Gröà bedeutet, so heiße alle Größe welche auf irgendei-

ne Art von x abhänge oder dadurch be- stimmt werden, Funktionen von x " Fur die Beschreibung der Abhängigkei läss EULER neben analytischen Ausdrucken auch willkurliche Kurven zu

- Funktion als mengentheoretischer Begriff (DIRICHLET U a , ca 1820 - 1860).

- 'Pathologische' Funktionen erzwingen ei- ne Fundierung der Grundlagen bezuglich der Begriffe Funktion, Stetigkeit, Differen- zierbarkeit, Umgebung und Grenzwert (BOLZANO, CAUCHY, DIRICHLET, FOURIER, RIEMANN, WEIERSTRASS U a ), die schließ lich zum mengentheoretischen Funktions- begriff fuhren Beispiele fur derartige Funktionen sind neben komplizierten tri- gonometrischen Reihen auch Funktionen wie

1 fur x rational

0 fur x irrational

Die Entwicklung der Informatik in den letzten Jahrzehnten hat zur Herausbildung eines weit gefassten Funktions- und Prozedurkon- zeptes geführt das zunächs als Modifizie- rung des mathematischen Ansatzes separat entstand und späte mit Objekten und deren Hierarchien verknüpf wurde. Eine Funktion

Rainer Heinrich & Jurgen Wagner

kann im Sinne der Informatik aufgefasst wer- den als ein Programmteil, das spezielle Aus- gabedaten erzeugt ,,In der Informatik sind die Begriffe Funktion und Prozedur festge- legt Währen eine Prozedur lediglich einen Einfluss auf den Speicher (Variablenwerte, Bildschirm) ausubt, gibt eine Funktion da- ruber hinaus einen Wert zuruck" (WAGEN- KNECHT 1994, S 20)

Zusammenfassend kann festgestellt werden

,Der Funktionsbegriff gehör zu denjenigen zentralen Begriffen der gesamten Mathema- tik, um die jahrhundertelang gerungen wurde, die einen tiefgreifenden Entwicklungs- und Exaktifizierungsprozess durchgemacht ha- ben " (TIETZE, KLIKA, WOLPERS 1997, S 185)

2 Behandlung von Funktionen im Mathemati kunterricht

Analog zur Entwicklung des Funktionsbegrif- fes in der Mathematik gab es auch im Ma- thematikunterricht unterschiedliche Schwer- punktsetzungen bei der Behandlung von Funktionen (die Entwicklungen in der Infor- matik konnten bis jetzt nur in geringem Maß auf den Mathematikunterricht ausstrahlen) Wesentliche fachdidaktische Präferenze und Entwicklungslinien bezuglich der Be- handlung von Funktionen im Mathematikun- terricht lassen sich wie folgt charakterisieren

(1) Verwendung des Funktionsbegriffs ohne Definition (SIMON, 1908)

Anfang unseres Jahrhunderts benutzte SIMON den Funktionsbegriff lediglich als Sprechweise bei der Behandlung der Trigo- nometrie, wunschte allerdings eine grundli- ehe Behandlung des Funktionsbegriffes im Elementarunterricht (WETH 1993, S 17

(2) Verwendung des Funktionsbegriffes im EuLERschen Sinn (KLEIN, 1908)

Ein Hauptziel der KLElNschen Reformen ('Meraner Beschlusse') bestand in der Ver- knupfung von Geometrie und Algebra Dabei forderte er ,, , dass der allgemeine Funkti- onsbegriff in der einen oder anderen EuLERschen Auffassung den ganzen mathe- matischen Unterricht der höhere Schulen wie ein Ferment durchdringe, er soll gewiss nicht durch abstrakte Definition eingefuhrt, sondern an elementaren Beispielen, wie man sie schon bei EULER in große Zahl findet, dem Schuler als lebendiges Besitztum uber- liefert werden" (zitiert nach WETH 1993, S 209

Im Mittelpunkt der unterrichtlichen Behand- lung stehen die Schulung des funktionalen Denkens sowie Anwendungen von Funktio- nen und ihren Graphen, die systematische Einfuhrung und Definition eines Funktions- oder Kurvenbegriffes stellen keinen Schwer- punkt dar Werden Zuordnungen betrachtet, dann erfolgt in dieser Zeit keine Einschrän kung auf eindeutige Zuordnungen

(3) Funktion als spezielle Relation bzw als Menge geordneter Paare mit spezieller Eigenschaft (PICKERT, 1958, 1961, STEI- NER, 1965 U a )

PICKERT, STEINER U a grunden den Umgang mit Funktionen im Mathematikunterricht im Zuge der 'Strengewelle' auf mengentheoreti- scher Grundlage Heute wird der rnengen- theoretische Zugang nicht mehr als sinnvoll angesehen (TIETZE, KLIKA, WOLPERS 1997, S 248)

(4) Funktion als eindeutige Zuordnung (BLUM, KIRSCH U a , ca 1979)

,Ab Mitte der siebziger Jahre tritt eine gene- relle Ernuchterung gegenuber den Möglich keiten der exakten, fachwissenschaftlich ori- entierten Schulanalysis ein " (TIETZE, KLIKA, WOLPERS 1997, S 220) Im Ergebnis der Dis- kussionen hat sich uberwiegend die Auffas- sung durchgesetzt, Funktionen im Mathema- tikunterricht unter verschiedenen Aspekten zu behandeln (TIETZE, KLIKA, WOLPERS 1997, S 245) e als eindeutige Abbildung bzw eindeutige

Zuordnung (statischer Aspekt), e zur Beschreibung einer dynamischen Ab-

hängigkei zwischen zwei Größ (dyna- mischer Aspekt),

e als Objekt (Metaebene)

3 Kritik am gegenwärtige Vorgehen

Am gegenwärti realisierten Umgang mit Funktionen im Mathematikunterricht wird konstruktive Kritik geubt unter allgemein di- daktischer, fachdidaktischer und informati- scher Sicht,

3.1 Kritik aus allgemein didakti- scher Sicht

Kritik aus allgemein didaktischer Sicht wird insbesondere von COHORS-FRESENBORG; KAUNE und GRIEP (z B. 1991a und 1991b) unter einem kognitionswissenschaftlich be- gründete Ansatz geübt An der übliche

Entwicklung des funktionalen Denkens im Mathematikunterricht

Einfuhrung des Funktionsbegriffes kritisieren sie insbesondere die

- Bevorzugung eines statischen, prädikati ven Denkansatzes,

- unzureichende Einbettung des Begriffes Funktion in das intuitive Wissen der Schuler durch Vorgabe eines 'fertigen', abstrakten Begriffsinhaltes mit der Gefahr der Herausbildung einer unflexiblen Be- griffsvorstellung in den Köpfe der Schu- ler,

- Vermittlung des Funktionsbegriffes als spezielle Relation nur zweier Veränderli cher (1 991 b, S, 38 f, S 8),

COHORS-FRESENBORG, KAUNE und GRIEP schlagen zur Uberwindung der von ihnen kri- tisierten Sachverhalte eine grundlegende Änderun der Behandlung von Funktionen im Mathematikunterricht vor, die grob wie folgt charakterisiert werden kann (1991 a, 1991 b)

- Ergänzun des prädikative Denkansat- zes durch unterschiedlich repräsentiert funktionale Prozesse (handelnder Robo- ter, Zählerbaustein Computerprogramm),

- Einfuhrung des Begriffes Funktion als un- definierter Grundbegriff (analog zu den Begriffen Zahl und Menge), der schritt- weise modifiziert wird,

- Behandlung von Funktionen mehrerer Veränderliche durch Verwendung von Tupeln fur Argument und Funktionswert

TIETZE, KLIKA und WOLPERS bewerten den durch COHORS-FRESENBORG, KAUNE U a re- alisierten Ansatz als ,,vielversprechenden Weg" (TIETZE, KLIKA und WOLPERS 199'7, S 246)

3.2 Kritik aus fachdidaktischer Sicht

Am Umgang mit den Begriffen Funktion und Kurve im Mathematikunterricht der Oberstufe kritisiert WETH (1993, S 27 ff) insbesondere die

- ungerechtfertigte Dominanz des Funkti- ons- uber den Kurvenbegriff,

- von der M E N G E R S C ~ ~ ~ Kurvendefinition abweichende Verwendung des Kurven- begriffes (z B ist der Graph der Funktion

1 ,/ mit f ( X ) = - wegen des fehlenden Zu- X

sammenhanges der beiden disjunkten Äst keine Kurve). ,, , dem Schuler wurde nicht einmal mitgeteilt, dass es sich bei einer Kurve um einen mathematisch defi- nierten Begriff handelt, der anders als der

der 'Linie' nicht nur der Anschauung und Erfahrung entnommen wird "

WETH zeigt Wege auf, die Verbindung von Geometrie und Algebra im K~ElNschen Sinne durch Berucksichtigung der Begriffe Funktion und Kurve unter Einsatz des Computers im Mathematikunterricht zu realisieren (er ver- weist darauf, dass sogar wahrend der 'Stren- gewelle' ein intuitiver Kurvenbegriff verwen- det wurde)

In TIETZE, KLIKA und WOLPERS (1997) wird auf S 188 zum Umgang mit dem Begriff Kur- ve ausgefuhrt ,,In der Schulanalysis wird 'Kurve' meist synonym mit 'Graph einer reel- len Funktion' gebraucht und fast ausschließ lich in einem kartesischen ( X , y ) - Koordina- tensystem dargestellt " Es wird empfohlen, diese Einschränkun aufzugeben, indem auch

- implizit gegebene Relationen wie,

- andere Darstellungsarten wie die Para- meterdarstellung t ~ ( x ( t ) , y ( t ) ) mit te[a;b]~Z? und die Polarkoordinatendarstellung be- handelt werden

Im November 1998 berieten zum wiederhol- ten Male Vertreter der MNU uber Anforde- rungen an einen zeitgemäß Mathematik- unterricht Dabei wurde U a gefordert, dass - die Lehrplän den jeweils geeigneten Ein-

satz von grafikfähige Taschenrechnern, Taschencomputern oder Computern fur den Unterricht aller Klassenstufen fordern mussen,

- die ständig Verfugbarkeit der Technik in den Hände der Schuler anzustreben ist (MNU 1999),,

Traditionell werden ab Klasse 8 beginnend einzelne Funktionsklassen meist losgelös voneinander sehr detailliert betrachtet Dabei geht es stets um die Eingrenzung (Definition) der Klasse, um Darstellungsformen und um wenige, ausgewahlte Eigenschaften Breiten Anteil nimmt das Zeichnen von Graphen und Berechnen von Nullstellen ein Die Einfuh- rung weiterer Eigenschaften (lokale und glo- bale Extrema, Symmetrie, Polstellen, Ver- halten im Unendlichen, .. ) bleibt der gymna- sialen Oberstufe vorbehalten und kostet dort viel Zeit Die Logik dieses Vorgehens ent- stammt einer Zeit, da der Schule nichts an- deres ubrig blieb, als die durch eine (der Fantasie des Lehrers entsprungenen) Glei- chung bestimmte Funktion so lange analy- tisch zu untersuchen, bis man eine Samm-

Rainer Heinrich & Jürge Wagner

lung charakteristischer Punkte des Graphen zur Verfugung hatte und aus diesem wieder- um Eigenschaften der Funktion abgelesen werden konnten Vor dem Hintergrund der ständige Verfugbarkeit grafikfähige Ta- schenrechner (GTR), wie z B in Sachsen ab Klasse 8 realisiert, ist eine solche Einengung weder notwendig noch sinnvoll Welcher Schuler will in Klasse 8 nur Geraden auf dem Display darstellen?

3.3 Kritik aus informatischer Sicht

Aus informatischer Sicht fuhrt WAGENKNECHT insbesondere folgende Kritikpunkte zum ge- genwärtige Umgang mit Funktionen im Ma- thematikunterricht an (WAGENKNECHT 1994, S 32) ,Mit dem Phänome der nullstelligen Funkti- on setzten wir ein erstes Achtungszeichen, das auf den 'kleinen Unterschied' zwischen dem Funktionsbegriff in der klassischen ge- genuber der computer-orientierten Mathema- tik hinwies Eine zweite wichtige Feststellung war, dass der Umgebungsbegriff in den Funktionsbegriff integriert werden muss Unsere Hoffnung besteht darin, dass sich die traditionelle zur computer-orientierten Ma- thematik hin wandelt "

Beispiel fur die Existenz variabel- und nullstelliger Funktionen (WAGENKNECHT 1994, S 19, 144) in Scheme-L (Programmierspra- che aus der Familie der Sprachen mit funkti- onalem Paradigma wie Lisp und Logo), Die vordefinierte Funktion 'produkt' ist eine variabelstellige Funktion, die auch als nullstellige Funktion verwendet werden kann, wie folgender 'Mensch-Maschine-Dialog' zeigt,,

(produkt 2 3)

6 (Produkt 2 3 4)

24 (Produkt)

Aus mathematischer Sicht sehr interessant sind die 'GTR-Funktionen' zur Erzeugung von Pseudo-Zufallszahlen Bei der Routine 'rand()' handelt es sich z B um - eine variabelstellige 'Funktion', da der

Aufruf argumentfrei oder mit einem Argu- ment möglic ist,

- keine eindeutige Zuordnung, da ein mehr- maliger Aufruf mit gleichem Argument i a

zu unterschiedlichen Funktionswerten fuhrt,

- eine eindeutige Ausgabeanweisung, da bei jedem Funktionsaufruf genau ein Funktionswert ausgegeben wird

Die Abbildung illustriert die Verwendung von r and ( ) '

4 Änderungsvorschlag

4.1 Vorschlag zum künftige Vorgehen

Ausgehend von den in Kapitel 3 zusammen- gestellten Kritikpunkten beim gegenwärtige Umgang mit Funktionen im Mathematikunter- richt und unter Beachtung des Aspektes der Verfugbarkeit von GTR bzw. Computern werden folgende Vorschläg abgeleitet

o Verlagerung der Schwerpunktsetzung von der systematischen Behandlung des 'Stoffes Funktion' zu einer Leitlinie 'Ent- wicklung des funktionalen Denkens', z B durch - bewusstes Verflechten des neuen Wis-

sens mit dem Vorwissen der Schuler, - Aufgreifen funktionaler Abhängigkeite

in Arithmetik, Geometrie, Stochastik, Physik, Geografie U a ,

- schrittweises Modifizieren der Begriffe Funktion, Graph und Kurve, das nach Erfordernis erfolgt und der aktuellen Lernsituation Rechnung trägt

- Aufgeben der ublichen Reihenfolge in der Behandlung der Funktionsklassen,

- Beseitigen der Einengung der Be- trachtungen auf einstellige Funktionen in expliziter Darstellung,

- Wahlen eines stärke anwendungsori- entierten Ansatzes unter Nutzung ver- schiedener Darstellungsformen mit geeigneten Hilfsmitteln

Beseitigung der Bevorzugung prädikative Denkstrukturen durch ein Vorgehen, wel- ches auch funktionale mentale Modelle angemessen berucksichtigt, z. B durch

Entwicklung des funktionalen Denkens im Mathematikunterricht

- Experimentieren mit ein- und mehrstelligen Funktionen in expliziter und impliziter Darstellung sowie in Pa- rameter- und Polardarstellung unter Einsatz von geeigneten Hilfsmitteln,

- Programmieren von einfachen Anwen- derfunktionen mit dem GTR,

- Ubersetzen zwischen unterschiedli- chen Formen der Darstellung

Wegen der Existenz nullstelliger Funktionen wird der Begriff 'Funktion' nicht mehr wie bis- her als 'eindeutige Zuordnung' definiert, son- dern als 'eindeutige Ausgabeanweisung' ein- gefuhrt. Zunächs erfolgt die Begriffsbildung 'Ausgabeanweisung', die nach dem Kennen- lernen ein- und mehrdeutiger Ausgabean- weisungen präzisier wird Die Autoren ver- treten die Position, 'pathologische' Fäll erst in der gymnasialen Oberstufe zu behandeln und stimmen mit der Auffassung von LIETZMANN uberein, der in diesem Punkt zur Vorsicht riet: ,,, , , man soll sich . . huten, sol- che pathologischen Dinge als das Normale hinzunehmen. Gewiss kommen zuweilen auch Kälbe mit zwei Köpfe vor . . . aber darum wird es dem Zoologen nicht einfallen, nun erst den allgemeinen Begriff Kalb mit n Köpfe zu bilden und dann so nebenbei als einen ganz speziellen Fall n = 1, die Kälbe mit einem Kopf, zu behandeln," (zitiert nach WETH 1993, S. 23)

Die unterbreiteten Vorschläg zielen auf Qualitätssteigerunge in verschiedenen Ebe- nen, insbesondere auf die

Unterstutzung der Lehr- und Lernprozes- se, z B durch - Umsetzen kognitionswissenschaftlicher

Erkenntnisse als Voraussetzung zum Erreichen tieferen Verständnisse und höhere Motivation,

- stärkere Einbeziehen zeitgemäß Hilfsmittel,

- Verschieben der Balance vom Stati- schen hin zum Dynamischen, von der Stoffvermittlung zur Kompetenzent- wicklung, vom Formalen zur Anwen- dung,

0 Entwicklung der Curricula und aller Fol- gematerialien, z, B durch - Vermeiden von Dopplungen, - Konzentrieren auf das Wesentliche, - Schaffen von Freiräumen - Entlasten der gymnasialen Oberstufe.

Beim experimentellen Arbeiten und Prob- lemlosen soll die Theorie im Sinne von STEINBERG eine verändert Bedeutung er- halten: ,,Theorie wird nicht als lästig Vor-

stufe, sondern als Hilfe bei der Problemlö sung anerkannt und verstanden." (zitiert nach TIETZE; KLIKA; WOLPERS 1997, S. 300)

4.2 Vorschlag einer Linienfüh rung bis zur Klassenstufe 8

Bereits vor Beginn der systematischen Be- handlung von Funktionen im Mathematikun- terricht lernen die Schuler unterschiedliche Sachverhalte kennen, die Bezuge zu funktio- nalen Betrachtungen aufweisen und damit geeignet sind, wichtiges Vorwissen aufzu- bauen

Es wird folgende Linienfuhrung fü die Leitli- nie 'Entwicklung des funktionalen Denkens' vorgeschlagen.

e Klassenstufen 5 bis 7 Zielgerichtetes Anlegen von Vorwissen fur die Arbeit mit Funktionen sowie Entwickeln elementaren funktionalen Denkens an klassi- schen Inhalten des Mathematikunterrichts dieser Klassenstufen, insbesondere durch die

Darstellung von gebrochenen und ratio- nalen Zahlen auf dem Zahlenstrahl bzw auf der Zahlengeraden sowie von Punkt- mengen im x - y -Koordinatensystem,

Behandlung der direkten und indirekten Proportionalität

Arbeit mit Pfeildarstellungen, Tabellen, Diagrammen und Wertepaaren,

Untersuchung von Beziehungen wie Zahl -+ Vorgänge 1 Nachfolger 1 Quad- rat der Zahl, Menge von naturlichen Zahlen -+ kgV I ggT9 Gleichung 1 Ungleichung -+ Lösungs menge, Originalpunkt -> Bildpunkt, Datenliste -> arithmetisches Mittel 1 ab- solute 1 relative Häufigkeit (Länge Breite eines Rechteckes) -à Um- fang 1 Flächeninhalt (Länge Breite, Höh eines Quaders) -+ Volumen 1 Oberflächeninhalt

Auch in anderen Fächer werden wichtige Grundlagen fü funktionale Betrachtungen gelegt, insbesondere bei der - Darstellung von Abhängigkeiten z B

(Wege, Zeiten) -+ Weg-Zeit-Diagramm, Höhenlag -> Fdbwert in der physischen Karte,

Rainer Heinrich & JŸrge Wagner

geografischer Ort -+ Koordinaten im Gradnetz,

- Behandlung quantitativ formulierter Ge- setze, z B Reflexionsgesetz Einfallswinkel -> Refle- xionswinkel, H o o ~ ~ s c h e s Gesetz Kraft -> Federdeh- nung, Gesetzmäßigke fur die Spannung im un- verzweigten Stromkreis. (Teiispannungen) -+ Gesamtspannung,

- Einfuhrung abgeleiteter Größe z B (Weg, Zeit) -> Geschwindigkeit, (Masse, Volumen) -> Dichte, (Kraft, Weg) -+ mechanische Arbeit, (Einwohnerzahl, Fläche -+ Bevölkerungs dichte,

- Auswertung statistischer Daten, z B Zeitreihe eines Merkmals -> Diagramm, (Temperatur, Niederschlagsmenge, Zeit)

Klimadiagrarnm

e Klassenstufe 8

Einfuhren eines einfachen Funktionsbegriffes (unter Ruckgriff auf das Vorwissen der Schu- ler) als nicht definierter Grundbegriff

'Eine Funktion - kann Abhängigkeite beschreiben, z B

zwischen Zahlen, Größe geometrischen Objekten,

- arbeitet einen Algorithmus ab, der zu ei- ner Ausgabe fuhrt, z B Ausgabe einer Zahl oder einer Gröà oder eines geomet- rischen Objektes,

- ist eine Ausgabeanweisung '

Arbeiten mit Funktionen 1 Erweitern des Wis- sens:

- Untersuchungsschwerpunkt sind ganz- und gebrochenrationale Funktionen (ohne diese Begriffe zu verwenden) sowie Wur- zelfunktionen Motiv fur die Untersuchung von ganzrationalen Funktionen und Wur- zelfunktionen sollten in der Regel reale Sachverhalte darstellen, währen der Untersuchung könne dann auch inner- mathematische Fragestellungen entste- hen Lineare Funktionen werden als spe- zielle Funktionen behandelt

- Es werden unterschiedliche Darstellungs- formen von Funktionen verwendet und nach Vor- und Nachteilen bewertet: Wort- vorschrift, Wertetabelle, Gleichung, Graph.

- Die Schuler könne wesentliche Eigen- schaften von Funktionen aus dem Verlauf des Graphen und durch Analyse der Funktionsgleichung bestimmen größ mögliche Definitionsbereich, Monotonie, Symmetrie, Anstieg des Graphen an einer Stelle, Existenz von Nullstellen, Polstel- len, Lucken, Sprungen und lokalen Ex- trema, asymptotisches Verhalten.

- Bei der handlungsorientierten Untersu- chung von Funktionen ist neben der Ar- beit per Hand der Einsatz von Hilfsmitteln unbedingt erforderlich, z B GTR, Com- puter, in COHORS-FRESENBORG, KAUNE und GRIEP (1 991 a und 1991 b) beschrie- bene Gerät Die Hilfsmittel sind ebenfalls Gegenstand der Betrachtung, indem auf dem GTR implementierte Funktionen bzw. Standardfunktionen der verwendeten Software als Funktionen erkannt und un- tersucht werden. Außerde erstellen die Schuler einfache Anwenderfunktionen durch Programmierung selbst

- Die Untersuchung von Zuordnungen fŸhr auch auf den Begriff Kurve, der als nicht definierter Grundbegriff im Sinne von 'zu- sammenhängende Linienzug' verwendet wird

Prazisieren des Funktionsbegriffes 'Eine Funktion erzeugt im Ergebnis ihres Auf- rufes genau eine Ausgabe Diese Eigen- schaft von Funktionen nennt man Eindeutig- keit Eine Funktion ist eine eindeutige Ausgabe- anweisung '

Erste Erfahrungen

5.1 Konkretisierung der Leitlinie 'Entwicklung des funktionalen Denkens' in Klassenstufe 8

Die Autoren begannen im Schuljahr 1998199 im Rahmen des BLK-Programms SINUS mit der Erarbeitung und praktischen Umsetzung ihres Konzeptes in einer Klasse 8, in der je- dem Schuler ein Tl-92 ständi zur Verfugung stand Es konnten erste Erfahrungen gesam- melt werden bei - der Umsetzung einer ganzheitlichen Be-

trachtung von Funktionen, die nicht von einzelnen Funktionsklassen ausgeht,

- der schrittweisen Erweiterung des Funkti- onsbegriffes,

- einem Vorgehen, das von der Betrach- tung und Analyse des Graphen zu Eigen-

Entwicklung des funktionalen Denkens im Mathernatikunterricht

schaffen der Funktion und zur analyti- schen Untersuchung (falls erforderlich) verläuft

Lerneinheit 1 Einfuhrung des Funktionsbe- griffes (2 Stunden)

Die Bildung des Funktionsbegriffes erfolgte (wie in Kapitel4 beschrieben) im Rahmen der Suche nach Gemeinsamkeiten bei der Ausfuhrung unterschiedlicher bekannter Operationen wie - dem Ausfullen von Tabellen, - dem Erstellen von Wertetabellen fur pro-

portionale Zuordnungen, - dem Löse von Gleichungen und Unglei-

chungen, - dem Konstruieren von Bildfiguren zu Ori-

ginalfiguren, - dem Ermitteln von absoluten und relativen

Häufigkeite bei der Durchfuhrung von Zufallsexperimenten und statistischen Er- hebungen,

- dem Berechnen von Wahrscheinlichkeiten fur zufällig Ereignisse,

- dem Berechnen physikalischer Größ

Der Begriff 'Funktion' wurde unter Ruckgriff auf das Vorwissen der Schuler als nicht defi- nierter Grundbegriff so eingefuhrt, wie in Ka- pitel 4 2 beschrieben Dabei kam ein vorläu figer Algorithmusbegriff zur Anwendung. 'Ein Algorithmus ist eine Anweisungsfolge, die z B in Form einer Wortvorschrift oder ei- ner Gleichung oder eines Programms ange- geben werden kann '

Die Schuler lernten die Begriffe 'Funktions- wert" und 'Argument' kennen 'Gibt eine Funktion eine Zahl aus, dann nennt man diese Funktionswert Sind zum Aufruf einer Funktion Zahlen anzugeben, von denen der Funktionswert abhängi ist, dann bezeichnet man diese Zahlen als Argumente '

Lerneinheit 1 wurde auch zur Sicherung des Ausgangsniveaus genutzt, insbesondere zur Reaktivierung wichtiger Begriffe, Methoden und Darstellungsweisen

Lerneinheit 2 Darstellungsformen von Funk- tionen (3 Stunden)

Die Schuler erkannten Vor- und Nachteile unterschiedlicher Darstellungsformen fur Funktionen und lernten die zweckmäßi Handhabung eines Hilfsmittels kennen

Die Untersuchung wurde an Beispielen durchgefuhrt, die sich nicht auf eine spezielle Funktionsklasse beschränkten indem ganz- rationale Funktionen, Wurzelfunktionen und gebrochenrationale Funktionen betrachtet wurden Inhalte waren funktionale Betrach-

tungen aus unterschiedlichen Teilgebieten der Mathematik, z B - Jeder Kantenläng eines Würfel wird

dessen Volumen zugeordnet - Jedem Ereignis E,, (lsns6) mit der Be-

deutung 'Eine Zahl kleiner gleich n wird mit einem idealen Wurfel gewürfelt wird seine Wahrscheinlichkeit zugeordnet.

Nach Behandlung der Beispiele diente fol- gende Tabelle der Systematisierung des Wissens

Beispiele fur das Erstellen von Wertetabel- len

h Graph <-> Table: OFF+ I ndependeni: RUTO -Ã

=Tp.- L ,. . &

yi<x>=<xA3-3*xA2+4>/<2*xA2-8> MATHE DES EXACT FUNC

x=5. MATHE DES EXACT FUNC

Rainer Heinrich & Jürae Waanei

Lerneinheit 3 Eigenschaften von Funktionen (13 Stunden)

Bei den zu betrachtenden Funktionen haben sich die Autoren auf ganz- und gebrochenra- tionale Funktionen, einfache Wurzelfunktio- nen sowie GTR-Routinen (insbesondere zur Berechnung von Potenzen und Wurzeln, zur Ermittlung von Pseudo-Zufallszahlen) be- schränk

Die Ermittlung von Eigenschaften der Funkti- onen sowie die Untersuchung 'interessanter Stellen' erfolgten stets anschaulich anhand des Graphen, notwendige Definitionen und ggf analytische Untersuchungen von Ter- men wurden danach behandelt So erkann- ten die Schuler an Beispielen (vgl Abb zu Lerneinheit 2), dass nicht immer fur jedes reelle Argument ein Funktionswert existiert, damit war die Frage nach dem großtmögl chen Definitionsbereich motiviert

Das Vorgehen wird in 5 2 anhand der Be- schreibung einer Unterrichtsstunde zur Ein- fuhrung von Nullstellen verdeutlicht

Die Schwerpunkte der Untersuchung könne wie folgt angegeben werden - Untersuchen des funktionalen Zusam-

menhanges im kartesischen Koordinaten- system, z B durch Einsetzen der TRACE-Routine und Formulieren von 'Wenn-dann-Aussagen' bezuglich der Än derungen und von Änderungsraten Vari- ieren von Parametern, Untersuchen von 'besonderen Stellen' und Interpretieren ih- rer Bedeutung fur den jeweiligen Sach- verhalt (Nullstellen, lokale Extrema, Pol- stellen, Sprungstellen, Lucken), Erzeugen von Wertetabellen per Hand und mit der UST-Routine des GTR,

- Verdeutlichen der 'schrittweisen Annähe rung an interessante Stellen' des Gra- phen,

- Unterscheiden zwischen ein- und mehr- deutigen Ausgabeanweisungen sowie zwischen Graphen und Kurven,

- Erstellen einfacher GTR-Programme zur Berechnung von Funktionswerten

Fur die Untersuchung auf Achsensymmetrie zur y-Achse und Zentralsymmetrie zum Ko- ordinatenursprung wurde der Nachweis ge- fordert

Bei der Behandlung von Extrema könne diese durch die Schuler noch nicht rechne- risch gefunden und nachgewiesen werden Hier erfolgte eine Beschränkun auf die in- haltliche Erschließun und Realisierung der Begriffe lokales Extremum, globales Extre- mum, Extremstelle und Extremwert Zur Ver-

tiefung wurden einfache Extremwertaufgaben gelös

Lerneinheit 4 Steigung und Änderungsrat (3 Stunden)

Wegen seiner gro§e Bedeutung fur die Ent- wicklung des funktionalen Denkens und die Fundierung der Analysis wurde der Eigen- schaft der Änderungsrat einer Funktion eine eigene Lerneinheit zugeordnet

Die Schuler wurden mit der Eigenschaft 'mo- noton fallend 1 steigend' vertraut gemacht Anhand geeigneter Beispiele wurde ihnen klar, dass die Angabe der Monotonie zur Charakterisierung des Änderungsverhalten einer Funktion häufi nicht ausreicht Der GTR lieferte den Schulern mit der 'ersten Ableitung an einer Stelle' eine Angabe, die das Änderungsverhalte einer Funktion an einer Stelle kennzeichnet und als 'Anstieg' bezeichnet wird,

dV#dX=-U. Dg5

Anstieg: 4,095

Anstieg: 5,0476

Die Schuler untersuchten den Zusammen- hang von Anstieg und Änderungsverhalte der Funktion Sie erkannten z B , dass bei negativem Anstieg der Graph der Funktion fällt bei positivem steigt, und formulierten Beziehungen wie ,,Je größ der Betrag des Anstieges, desto steiler steigt bzw fäll der Graph der Funktion,"

Funktionen mit konstantem Anstieg m (4 wurden als lineare Funktionen defi- niert. Fur linear,e Funktionen wurde die Ände rungsrate mithilfe des Differenzenquotienten berechnet

Rainer Heinrich & Jurgen Wagner

Ablesen aus der Grafik mit Ablesehilfe

Löse der Gleichung mit Computer- Algebra- System des GTR

Untersuchen der Funktion mit einer Ta- belle

Eine ähnlich Aufgabe wurde in der spätere Klassenarbeit gestellt, wobei festgestellt wer- den konnte, dass Schuler die verschiedenen Verfahren weitgehend kannten und bewerten konnten

6 Literatur

BETTINAGLIO, M ; HARTMANN, W ; SCHNEEBELI, H R [1994]: Mathematik Sehen - Graphikrechner irn Unterricht: Beispiele und Aufgaben - Zu- rich: Sabe, 1994

COHORS-FRESENBORG, E ; KAUNE, C ; GRIEP, M [1991a]: Einfuhrung in die Cornputerwelt mit Registerrnaschinen Textbuch fur Schuler - Schriftenreihe des Forschungsinstituts fur Ma- thernatikdidaktik; Nr 10 - Osnabruck, 1991.

COHORS-FRESENBORG, E ; KAUNE, C ; GRIEP, M [1991b]: Einfuhrung in die Cornputerwelt mit Registerrnaschinen Handbuch fur Lehrer - Schriftenreihe des Forschungsinstituts fur Ma- thernatikdidaktik; Nr l l - Osnabruck, 1991

MNU [1999]: Empfehlungen zur Gestaltung von Lehrpläne bzw Rahrnenpläne fur den Ma- thernatikunterricht. - Deutscher Verein zur Förderun des mathematischen und naturwis- senschaftlichen Unterrichts e V - In: MNU 52 (1999) 3, Beilage

TIETZE, U ; KLIKA, M ; WOLPERS, H [1997]: Mathe- matikunterricht in der Sekundarstufe II Band 1 : Fachdidaktische Grundfragen Didaktik der Analysis - Braunschweig: Vieweg, 1997

WAGENKNECHT, C [ I 9941: Rekursion Ein didakti- scher Zugang mit Funktionen - Bonn: Durnrnl- ers Verlag, 1994

WETH, T [1993]: Zum Verständni des Kurvenbe- griffs irn Mathernatikunterricht - Hildesheirn: Franzbecker, 1993

@ Was bleibt von Kurvendiskussionen im Zeitalter grafikfiihiger Taschenrechner?

Henning Körner Oldenburg

Währen bei der Kurvendiskussion bisher das Ermitteln von Extrem- und Wendepunkten wesentliche Voraussetzung fü die Skizze war, die dann eben auch das wesentliche Mo- tiv zu deren Bestimmung darstellte, liegt jetzt - mit grafischen Taschenrechnern - die Skizze auf Knopfdruck vor, mit der Möglichkeit charakteristische Punkte, zumindest gra- fisch-numerisch, zu ermitteln Warum soll man dann noch Extrempunkte ermitteln? Bleibt hier nur der, bei Schulern aber oft nur schwach ausgebildete, ästhetisch Reiz der analy- tischen Lösung Gibt es daneben noch weitere Argumente fü Analytik? Welche Proble- me könne sich im Zusammenhang mit grafischen Lösungswege ergeben?

Es ist klar Wenn das Ermitteln von charakteristischen Punkten das alleinige Ziel von Funktionsuntersuchungen ist, verliert der klassische 'Katechismus' der Kurvendiskussion seine zentrale Bedeutung Aber auch Grafiken könne problematisch sein! Zeigen Sie alles, was man wissen will? Wo liegen ihre kategorischen Grenzen?

Es ist jetzt nicht mehr allein der Term, der Fragen stellt, sondern auch die Grafik und das Wechselspiel von beiden Eine Grafik ist sofort hergestellt, aber ist dann auch alles klar? Welchen Stellenwert hat die analytische Behandlung noch?

Die Kenntnis von Extrem- und Wendepunk- ten stellt eine zentrale Möglichkei zur Klassi- fikation von Funktionen dar Dies betrifft aber in erster Linie die Anzahl und weniger die genaue Lage Ist die aber auch bekannt, dann kann der Graph qualitativ vollständi skizziert werden Die Kenntnis einiger weni- ger ausgewählter besonderer Punkte liefert damit einen hinreichenden Uberblick uber den gesamten Funktionsverlauf Das dem zugrunde liegende methodische Prinzip, nämlic das Erfassen eines Ph3nomens in seiner Gesamtheit uber die genaue Kenntnis von ausgewählten charakterisierenden Teil- aspekten, rechtfertigt eine Thematisierung von Extrem- und Wendepunkten auch unab- hängi von grafischen Taschenrechnern F R ) Klassische Kurvendiskussionen sind von fol- genden Prinzipien gepräg ^ Beschränkun auf das analytisch Mach-

bare (nach Nullstellen wird nur gefragt, wenn diese auch analytisch ermittelbar sind) Vom Term zur Grafik (Bild 1)

l I

Bild 1

^ Abarbeiten eines vorgegebenen Kalkuls,

Hierarchisierung des Anspruchsniveaus nach Komplexitä der Termumformungen

^ Dominanz der Methode vor den Objekten, die zu reinem Ubunqsmaterial der Metho- de degenerieren ( ~ i d 2)

Bild 2

Ist der Funktionsterm gegeben, stehen mit dem GTR Grafik und Tabelle quasi zeitgleich zur Verfugung (Bild 3) Daruber hinaus kann

Bild 3

Henning Körne

mit diesen auf dynamische Art und Weise gearbeitet werden (TRACE-Funktion, ZOOM- Funktionen, Skalierungen, Intervallschach- telungen, grafische und numerische Iterati- onsverfahren) Neben die Analytik treten damit grafisch- numerische Methoden, die jetzt nicht mehr den analytischen Verfahren nachgeordnet sind Damit entsteht ein 'Methodenpool', der den Werkzeugkasten fur die Untersuchung von Funktionen darstellt, das jetzt im Mittel- punkt stehende Objekt ,,Funktionu wird mit unterschiedlichen Methoden untersucht (Bild 4) Die Dominanz der Methode vor den Objekten innerhalb der klassischen Behand- lung von Kurvendiskussionen wird durch ei- ne, zumindest partielle, Dominanz des Ob- jektes vor der Methode ersetzt

*

Bild 4

Stehen mehrere Methoden zur Verfugung, mussen Schuler die Kompetenz uber die Adäquatheit Möglichkeite und Grenzen der einzelnen Methoden erwerben Nicht das Ab- arbeiten eines Kalkuls steht mehr im Mittel- punkt, sondern der Erwerb von Methoden- kompetenz Wie dies zu verwirklichen ist und wie erfahrbar gemacht werden kann, dass es sich bei zusätzliche zur Verfugung stehen- den Methoden nicht allein um eine additive Komponente handelt, dass es nicht die Me- thode gibt, sondern je nach Objekt mehr oder weniger geeignete, sollen folgende Beispiele zeigen Dass dabei auch manchmal Fragen nach innermathematischen Zusammenhän gen provoziert werden und Turen zu neuen Themen geöffne werden können ist sicher nicht von Nachteil

Beispiel 1:

Eine erste Skizze liefert:

Vermutlich haben beide Funktionen einen Tiefpunkt in (0;l) und keine Wendepunkte Die Rechnung ergibt aber

jl : HP(0; 1);

f2 : TP(0; 1); keine Wendepunkte.

Die Rechnung gibt Anlass zum Zoomen (Hät te man dies auch ohne Rechnung getan?).

Der Rechenaufwand lohnt sich hier!

Bemerkungen: 1 Durch Analyse der Termstruktur (Ver-

gleich mit x4 +1) läss sich das Wesent- liche des Kurvenverlaufs auch ohne Gra- fik erschließe

2 Selbst wenn hier gleich gerechnet wird und dann erst das Bild im Standardinter- vall betrachtet wird, kann es passieren, dass Schuler zuerst an der Richtigkeit der Rechnung zweifeln, die Dominanz des Bildes kann grenzenlos sein!

Beispiel 1 ist Wasser auf die Mühle der Analytiker, Bilder verwirren nur! Bevor diese sich aber zu sehr freuen, hier das

Beispiel 2:

Was bleibt von der Ku~endiskussion irn Zeitalter grafikfähige Taschenrechner?

Dass beide Funktionen durch (0-0) verlau- fen, ist klar; aber wo liegen weitere Nullstel- len und wie viele gibt es? Wie viele Extrem- punkte gibt es?

Nullstellen und Extrempunkte könne hier analytisch nicht ermittelt werden; man ist auf grafisch-numerische Verfahren angewiesen

Da eine ganzrationale Funktion 4 Grades maximal 4 Nullstellen und 3 lokale Extrem- punkte haben kann, stellt sich die Frage, ob hier weitere solche Punkte existieren

Währen Nullstellen und Extrempunkte in der Skizze gut erkennbar sind, sind Krum- mungswechsel (Wendepunkte) nur schwer erkennbar Augenscheinlich interessant ist hier der Bereich zwischen X=-1 und x=l Der Versuch, hier durch Zoomen Aufklärun zu erhalten, liefert

Egal, wie skaliert wird, es sieht immer wie ei- ne Gerade aus, was auch klar ist, weil dies ja das Prinzip der Differenzierbarkeit darstellt

^ Wendepunkte könne nicht ,,gezoomt werden!

Woran liegt das? Das Phänome der Line- arisierung tritt auch in der Umgebung von Extrempunkten auf, kann aber dort durch ge- eignete Skalierung (breite, schmale ZOOM- BOX) umgangen werden Extrempunkte sind eben abhängi vom Koordinatensystem, also extrinsische Eigenschaften Krummung, und damit auch Punkte mit Krummungswechsel, sind dagegen der Kurve immanente Eigen- schaften, also intrinsische Eigenschaften Man macht sich diesen Unterschied einfach

dadurch klar, dass man z B f (x )=x3 -X dreht Hoch- und Tiefpunkt änder sich, der Wendepunkt bleibt. Hier liegt ein schöne Beispiel dafur vor, wie das Arbeiten mit ei-

nem technischen Gerä Anlass zum Nach- denken und Erarbeiten innermathematischer Zusammenhäng sein kann

Da die zweite Ableitung beider Funktionen quadratisch ist, läss sich die Frage der Wendepunkte hier durch Rechnung kläre

f 1 : W , ( 0 ; 0 ) ;

& : keine Wendepunkte Die Verläuf beider Funktionen sind also qualitativ verscheiden

Mit der rechnerischen Bestimmung der Wen- depunkte ist auch die Frage geklärt ob wei- tere Nullstellen oder Extrempunkte existie- ren Eine weitere Nullstelle oder ein weiterer Extrempunkt wurde einen Wendepunkt er- zwingen (Stetigkeit vorausgesetzt), bei f2 existiert aber keiner, und weil eine ganzratio- nale Funktion vierten Grades maximal zwei Wendepunkte hat, hat auch fl keinen weite- ren

^ Grafik kann helfen, wo Analytik versagt.

^ Grafik kann - konstitutiv - nicht alles zeigen nicht alles ist visualisierbar, aber dann hilft vielleicht wieder Analytik

Die bisherigen Beispiele loten kategorische Grenzen analytischer und grafisch-nume- rischer Verfahren aus Es gibt aber auch pragmatische Kriterien, siehe

Beispiel 3:

Eine Skizze im Standardfenster mutet zuerst einmal seltsam an; hier verschafft man sich am besten erst einmal einen Uberblick durch eine Tabelle, ehe man

Beim Versuch, die Nullsteilen durch Zoomen zu bestim- men, erlebt man wieder eine Uberra- schung, der Cursor 'springt' weit uber die y-Achse, er ist nicht zu sehen, erst mehrmaliges Zoo- men liefert y -Werte nahe Null

Die Skizze läss aber vermuten, dass ± und vielleicht ± Nullstellen sind.

neu skaliert.

Henning Körne

Eine uberprufung zeigt, dass ± tatsächlic Nullstellen sind, womit dies analytisch ge- zeigt ist, ±?dagege nicht,

Aufgrund der Struktur der zu lösende Glei- chungen, lassen sich hier alle charakteristi- schen Punkte rechnerisch ermitteln:

Nullstellen

Lokale Extrempunkte: Die zu lösend Gleichung lautet

Man erhält xl,2,3,4 = F Der Rechenaufwand ist ziemlich hoch und nicht nur dies Fur eine Einschätzun der Größenordnu der Extremstellen wird man wohl auf Numerik zuruckgreifen Eine analy- tische Ermittlung der y -Koordinaten der Ex- trempunkte ubersteigt dann jedes - mindes- tens auf Schulniveau - sinnvolle Maß spä testens hier wird man auf eine grafische Un- tersuchung zuruckgreifen Man erhäl dann

Wendepunkte

Die Bestimmung der y -Koordinaten fur

WP2,3 ist wieder sehr aufwendig, TRAGE/ ZOOM liefert: W P ~ , , ~ (±4,4497 ±510,65

^ Die Skalierung ist entscheidend fur das Aus- sehen, eine sinnvolle Skalierung kann mit Tabellen oder auch durch Termbetrachtung antizipiert werden

^ Rechnungen könne zwar prinzipiell möglic sein, sind aber häufi sehr aufwendig Selbst wenn diese mit CAS leichter zugängi sind, welche Aussagekraft haben dann die oft sehr komplizierten Zahlterme? Aus pragmatischen Grunden wird man hier auf grafisch-nume- rische Untersuchungen zuruckgreifen

Bemerkungen 1 Die Untersuchung von Termen zeigt die

innere Struktur (hier doppelte Symmetrie der Extrempunkte), der Sinn von Analytik liegt, nicht nur hier, weniger in der Be- stimmung als vielmehr in Begrundung und Einsicht

Häufi ist es möglich aus der Grafik eine Vermutung uber eine gesuchte Stelle ab- zuleiten, die dann verifiziert oder falsifi- ziert werden kann, man erhäl dann auch einen analytischen Abschluss Metho- disch wird hier Mathematik zur Naturwis- senschaft Aus einem Experiment wird eine Vermutung abgeleitet, deren Rich- tigkeit, jetzt im Gegensatz zu den Natur- wissenschaften, bewiesen werden kann

In den Beispielen 1 bis 3 war immer der Funktionsterm vorgegeben, es geht auch umgekehrt Zu einem Forschungsprogramm en miniature' kann sich die Aufgabe entwi- ckeln, zu vorgegebenen Ausschnitten von Funktionsgraphen die zugehörige Terme zu finden bzw zuzuordnen Es zeigt sich dann schnell, dass alleiniges 'trial and error' wenig erfolgreich ist, je mehr Wissen daruber vor- handen ist, wie sich Funktionsverläuf im Term widerspiegeln (Symmetrie, Anzahl von Extrem- und Wendepunkten) und je produkti- ver das Wechselspiel zwischen grafischen und analytischen Methoden gestaltet wird, desto zielgerichteter und schneller kommt man hier zu Ergebnissen Wissen und Me- thodenkompetenz könne hier ihre ganze Kraft entfalten!

Durch unterschiedlich extreme Skalierungen und Auswahlen von Ausschnitten bei den Bildern lassen sich hier fast beliebige Stu- fungen im Schwierigkeitsgrad vornehmen, die Aufgabe, die Funktionen dann anschlie- ßen wieder zu untersuchen, runden dieses Projekt dann ab Die Komplexitä der Aufga- ben wird nicht mehr vom Umfang der Term- umformungen geprägt sondern von Wissen uber Zusammenhäng von Term und Grafik und der Wahl adäquate Methoden

Beispiel 4: Gegeben ist folgender ,,Funktionenzoo" Welches Bild gehör zu welcher Funktion (zwei Bilder je Funktion)?

Was bleibt von der Ku~endiskussion irn Zeitalter arafikfahiaer Taschenrechner?

Die schnelle Verfugbarkeit der Skizzen einer Vielzahl von Funktionen durch grafische Ta- schenrechner macht diese hier zu einem ge- haltvollen heuristischen Instrument zur Er- zeugung von Fragen und zur Erarbeitung neuer Inhalte Um hier nicht zusätzlich Schwierigkeiten zu schaffen, sollte man sich - zumindest zu Anfang - auf elementare Funktionen beschränken um das Augen- merk auf neue Phänomen richten zu kön nen Es gilt dann wieder

Die Scharen sind Objekte, die untersucht werden, die Fragen erzeugen, zu deren Be- antwortung dann neue Methoden erarbeitet werden Die Schuler entdecken dabei die Phänomen selbst, sie mussen nicht von auße an sie herangetragen werden (Orts- kurven, Hullkurven) Ortskurven gehöre zwar zum Standard, könne aber nur einge- schränk behandelt werden, wenn Kurven in Parameterdarstellung nicht zur Verfugung stehen und man auf Parameterelimination

angewiesen ist, die zudem noch möglichs einfache Funktionen liefern muss, weil an- sonsten wieder nur durch - z T umfangrei- che - Termumformungen, diese erschlossen werden könne Beispiele werden dann nach diesen Kriterien konstruiert und folgen un- verbunden aufeinander. Stehen grafische Taschenrechner zur Verfugung, könne Pro- bleme und ihre Variation ins Zentrum rucken, wodurch dann wiederum Sinnzusammen- h2nge und rote Faden entstehen, Filter bei der Auswahl von Beispielen und Inhalten sind nicht mehr die Termumformungen, also die Syntax, sondern Semantik und Verwen- dungszusammenhZmge

Von entscheidender Bedeutung ist wieder die Meglichkeit, mit unterschiedlichen Methoden die Probleme zu bearbeiten, wobei naturlich zu beachten ist, dass nicht jede Methode von gleichem Wert und Anspruchsniveau ist Dies schafft auf der einen Seite fur Schuler sicher die Schwierigkeit, geeignete Methoden zu finden und auszuwählen Lösungsweg sind nicht mehr ,,fest verdrahtet", auf der anderen Seite aber gibt es jetzt unterschiedliche Ver- arbeitungsniveaus, von grafischen Verfahren mit 'trial and error' bis zum analytischen Ab- schluss Ähnliche gilt fur Fragestellungen, die jetzt offener gestaltet werden kannen, et- wa derart, dass einfach Scharen vorgegeben werden und Schuler die Fragen und Phäno mene behandeln, die sie entdecken oder in- teressant finden, zu fast jeder Frage gibt es nämlic mindestens einen grafisch-numeri- sehen Lösungswe Was nütze aber die besten Fragen, wenn zu deren mögliche Be- antwortung nur analytische Verfahren zur Verfugung stehen, deren Komplexitä dann häufi dazu fuhrt, dass die Fragen eben nicht beantwortet werden können Wenn man zur Beantwortung jeder Frage erst einmal durch das Nadelöh der Termumformungen muss, vergeht vielleicht irgendwann einmal die Lust zu fragen Naturlich muss auch das Stellen von Fragen erlernt und geubt werden

Die folgenden Beispiele 5 und 6 beschränke sich bewusst auf Parabelscharen Dies hat den Vorteil, dass der bekannte Funktionstyp den Blick frei halt fur neue Fragen und In- halte

Beispiel 7 hat seinen Ausgangspunkt in der geometrischen Konstruktion von Parabeln, Parametervariationen fuhren auch hier wie- der zu Entdeckungen Beispiel 8 hat seinen Ausgangspunkt in einer Aufgabe aus einem Schulbuch, aber dann stellt ein Schuler Fra- gen

Henning Körne

Beispiel 5: Ausgangspunkt ist die allgemeine Form f (x)=ax2 +bx+c einer Parabelgleichung

Wie wirken sich Variationen eines Parame- ters aus, wenn die beiden anderen fest ge- lassen werden?

(Al /ã (x )=ax + x + l

Wo liegen die Scheitelpunkte? Bei (C) wohl 1

auf X = - - , bei (B) könnt es eine Parabel 2

sein ( y=-x2 + I ? ) , ist es bei (A) eine Gera- de? Eine zusätzlich Eingabe der vermuteten Ortskurve in (B) liefert hohe Plausibilität in (A) könnt man mit einem Geradenbuschel durch ( 0 ; l ) experimentieren Lassen sich die Ortskurven auch berechnen?

Die Bestimmung der Scheitelpunkte liefert

Mit den Scheitelpunkten ist ihre Ortskurve auch gegeben, und zwar in parametrisierter Form

1 b (A) x ( a ) = - - (B) x(b) =-- 2 a 2

1 (C) x (c )= - - 2

Auch wenn die Skizze kaum Zweifel lässt handelt es sich bei (A) um eine Gerade (wel- che?) und bei (B) um die vermutete Parabel? Parameterelimination liefert

1 (A) Y = - x + l ; (B) ~ . ~ = - x ~ + l

2 Möglich weitere Fragen und Untersu- chungspunkte sind dann

Anzahl der Nullstellen in Abhängigkei des Parameters Gemeinsame Punkte aller Scharkurven Uberdeckt die Schar die gesamte Ebene?

Bemerkungen 1 Dieser Aufgabentyp kann naturlich auf

Polynomfunktionen höhere Grades ubertragen werden Hier eignet sich dann besonders Gruppenarbeit

2 Wie könne - generell - Polynomfunkti- onen n-ten Grades aussehen? Was läss sich hier durch Kenntnis des Terms und der Ableitungen antizipieren?

Beispiel 6:

(A) f t (x)=tX2 + 2 x - t ;

Was bleibt von der Kurvendiskussion irn Zeitalter arafikfähiae Taschenrechner?

zu (A) ^ Es gibt zwei gemeinsame Punkte, nämlic

(-1;-2) und (1;2). Inwiefern folgt daraus, dass jede Parabel der Schar zwei Null- stellen hat?

^ Die Ortskurve der Scheitelpunkte ist nur schwer antizipierbar Dass kein Scheitel- punkt zwischen ,y =-2 und y=2 ist klar (warum?) Gibt es auf der y-Achse einen Scheitelpunkt? Fur welches t sind die gemeinsamen Punkte Scheitelpunkte? Hier lohnt sich das Rechnen

1 , Ortskurve y=x+-

X

Es gibt keinen Scheitelpunkt auf der y-Achse (kann man dies nicht antizipie- ren?) Fur t=± sind die gemeinsamen Punkte Scheitelpunkte

^ Dass ,y=x2 die Ortskurve der Scheitel- punkte ist, ist klar

^ Die Parabeln scheinen eine Parabel ein-

1 zuhullen ( y=-x2 7) Diese Entdeckung

2 könnt der Anlass sein, sich mit Hullkur- ven zu beschäftige

^ Mit Hilfe der Scheitelpunktform könne Parabelscharen mit vorgegebener Orts- kurve der Scheitelpunkte konstruiert wer- den 0 Was gibt es dabei zu entdecken? 0 Wer erzeugt die schönste Bilder?

Beispiel 7: Wo liegen alle Punkte, die denselben Ab- stand von einer Geraden g : y=m und einem

Punkt F(a;b) haben?

d(F; P ) = 4-

(,y-m)2 =(X-U)' +(y-b)2

1 2 0 a2 +b2 -m2 Y X +-, X+

2(b-m) m-b 2(b - m)

Parabeln sind nicht nur eine Funktionsklasse, sondern auch geometrisch konstruierbare Kurven! (F: Brennpunkt, g Leitlinie)

Häl man jetzt zwei der drei Parameter fest und läss einen variabel, erhäl man einpa- rametrige Parabelscharen,

l 2 k (A) F(0;k); g:y=O; y = ~ x +- 2k 2

^ Die Parabeln hullen y=± ein (?!)

-1 2 k (B) F(0;O); g:y=k; y = ~ x +-

2k 2

^ Die Parabeln schneiden SICH rechtwink- lig (?!)

Weitere Variationen seien hier als Aufgabe formuliert

(E) F(cos(t) ; sin(t)); g : y = 0

Bemerkungen

1 Die Konstanz der Abstandssumme bzw -differenz zu zwei festen Punkten fuhrt

Hennina Körne

dann zu Ellipsen bzw Hyperbeln (weitere Kegelschnitte)

2 Die Eigenschaft aus (B) gilt fur alle Ke- gelschnitte Konfokale Kegelschnitte schneiden sich rechtwinklig

Beispiel 8: Jede der Funktionen

hat eine Wendestelle Fur welchen Wert von liegt die Wendestelle am nächste bei Null? Gib den zugehörige Wendepunkt an (LS Analysis Leistungskurs Gesamtausgabe, - Stuttgart: Klett, S 151, Aufgabe 24)

Lösun

Wendestelle berechnen, Ableitung Null set- zen, Rechnen, fertig. Aber,

Wie hat man sich das vorzustellen? Gibt es keine Wendestellen zwischen und Wie sieht die Ortskurve der Wendepunkte aus? Warum Was ist mit Warum ,,Wendestelle"? Ist der zugehörig Wen- depunkt nicht der am nächste lie- gende?

Zuerst einmal wird man sich einige Funktio- nen der Schar anschauen

Meinem Schüle Oliver ROES gewidmet, der mit seinen Fraugen diese Untersuchungen in Gang setzte

Sehr viel Aufschluss geben die Bilder noch nicht Also zuerst einmal berechnen

Dies entpuppt sich aber als äußer aufwen- dig, CAS muss her, es liefert,

Mit

depunkte; diese ist keine Funktion; zwi-

0.5 i I ' - .

sehen und

scheint es tatsächlic keine Wende-

punkte zu geben, der Wendepunkt fur liegt wohl nähe am Ursprung Die Parameterelimination ist wieder sehr aufwendig

Mit Hilfe der Funktionsdarstellungen der Ortskurve läss sich aber die Ausgangsauf-

gabe sofort löse Fü ist sie

nicht definiert (Bestätigun der Vermutung aus Skizze) Jetzt möchte wir es naturlich genauer wis- sen o Anzahl der Nullstellen? (Zoomen in obi-

gen Skizzen zeigt, dass wohl alle drei mögliche Fäll auftreten, aber fur welche

) Lokale Extrempunkte (in obigen Skizzen gibt es, nach Zoomen, immer zwei)

Nullstellen

Die Anzahl häng von der Diskriminante ab: könne wir nicht rechne-

risch lösen also Grafik,

V6=K*'f+Zli2-W+!

'i Nullstelle mi 2 Nullstellen

3 Nullstellen

Bemerkung: ist exakte Nullstelle.

Was bleibt von der Kurvendiskussion irn Zeitalter grafikfahiger Taschenrechner?

Lokale Extrempunkte,

Die obigen Skizzen lassen vermuten, dass zwischen und Funktionen mit kei- nem lokalen Extrempunkt existieren Eine Skizze liefert immer noch zwei lokale Ex- trempunkte, aber vielleicht gibt es ja irgend- wo zwischen 0,5 und 0,6

Es muss wieder gerechnet werden

Die grafische Untersuchung der Diskrimi- nante zeigt jetzt deutlich, dass immer zwei lokale Extrempunkte existieren

Bemerkung Die Ortskurve der lokalen Extrempunkte ist ein richtiges Monster!

Gibt es noch mehr zu entdecken?

Skizzieren wir ein- mal ganz viele Funktionen der Schar

Es gibt wohl eine Hullkurve! Spätes tens jetzt will man wissen, wie man so etwas berechnet

Bemerkung Wussten die Lehrbuchautoren von alledem? Was fur ein kummerliches Teilproblem stellt die Aufgabe dar, wenn man sich allein auf Standardkalkule beschränkt

Zur Unterrichtskultur

Die schnelle Verfugbarkeit von Grafik und Tabelle durch den GTR hat nicht nur Auswir- kungen auf die Auswahl geeigneter Funktio- nen, sondern auch auf die Art ihrer Behand- lung im Unterricht (,,Unterrichtskultur") An die Stelle der Vorgabe einzelner Arbeitsaufträg

durch den Lehrer, mit Beschränkun auf das analytisch Machbare, tritt die 'offene' Aufga- be ,,Hier ist eine Funktion, untersuche sie" Oder ,,Hier ist eine Funktionenschar; unter- suche, was dir daran interessant erscheint Stelle Fragen " Die Fragen nach Ortskurven und Hullkurven etc werden durch die Grafik augenscheinlich, sie mussen nicht mehr durch den Lehrer von auße vorgegeben werden Dies hat dann naturlich unmittelbar zur Folge, dass nicht mehr alle Schuler zwangsweise dieselben Fragen behandeln, obwohl ein Standardkanon wohl erhalten bleibt Das Erkennen entscheidender, spezi- fischer Fragen ist aber eine nicht zu unter- schatzende Fähigkeit deren Bedeutung nicht nur im Unterricht, sondern auch in der Wis- senschaftsgeschichte bislang zu wenig Be- achtung findet

Ein häufi zu horender Vorwurf gegen die Benutzung von grafikfähige Taschenrech- nern etc liegt dann, dass den schwächere Schulern die Möglichkei genommen wird, durch Abarbeiten eines einfachen Kalkuls hinreichend viele Punkte zu bekommen Ab- gesehen davon, dass es fast zynisch ist, von Schulern etwas zu fordern, was zwar nicht mehr sinnvoll ist, aber dafur das Erreichen des 'Klassenziels' ermöglicht trifft dieses Ar- gument auch nicht zu Sicherlich erhöhe Methodenvielfalt, nicht fest verdrahtete Lö sungswege sowie selbstständige Fragen und Entdecken das Anspruchsniveau, aber dafur wird die Bandbreite mögliche Lösun gen und Lösungsweg größ Von rein gra- fischen Behandlungen uber rechnerische Nachweise numerisch gefundener Werte, von Begrundungen uber Anzahl charakteris- tischer Punkte bis zum analytischen Ab- schluss, ist die Diskretisierung im Schwierig- keitsniveau wesentlich größ als im kalkul- orientierten Standardunterricht, wo die Terrn- umformungen ein häufi nicht zu bezwingen- des Nadelöh darstellen Wer nicht rechnen kann, hat immer noch eine Chance!

@ Vorschläg zu einem anwendungsbezogenen Analysis-Unterricht unter Einbeziehung von Computern in 11.

Jens Weitendorf, Norderstedt

Im folgenden wird beschrieben, wie sich Ableitung und Integral anwendungsbezogen mit Computerunterstutzung einfuhren lassen Der Unterrichtsverlauf wird grob skizziert und auf zwei Beispiele wird genauer eingegangen

1 Einleitung

Der Analysis-Unterricht ist in besonderer Weise von den Entwicklungen in den letzten Jahren betroffen Hier ist naturlich in erster Linie die Entwicklung der CAS-Systeme zu nennen Daneben gibt es die Forderung und damit verbundene Ansätze anwendungsbe- zogener zu unterrichten Ich möcht einen Vorschlag fur einen anwendungsbezogenen Unterricht fur die 11 Klasse machen (3-stundiger Unterricht im Klassenverband), in den Computeranwendungen integriert sind Als Programme benutze ich DERIVE und DYNASYS Naturlich kann man auch andere CAS-Systeme oder Software fur dy- namische Systeme benutzen Bei meinem Vorschlag geht es mir vor allem darum, die fur die Analysis zentralen Begriffe wie Ablei- tung und Integral anwendungsbezogen und

rechnerunterstutzt einzufuhren, Untersu- 1 chungen haben ergeben, dass die Frage nach der Ableitung von Schulern mit der Po- tenzregel beantwortet wird und das Integral nur mit der Fläch assoziiert wird Daher ist es erforderlich, mehr auf die Bedeutung der Ableitung einzugehen und den Kalkul in den Hintergrund zu rucken Bei der Einfuhrung des Integrals sollte nicht die Fläche sondern die verallgemeinerte Summe im Vordergrund stehen Dafur mussen anwendungsbezogene Beispiele so ausgewähl werden, dass sie zu den Begriffen hinfuhren, und es sollte nicht erst die mathematische Theorie entwickelt werden und danach die Beispiele bespro- chen werden Mein Ansatz ist durch BLUM & KIRSCH (1996) gepräg Das wesentliche die- ses Artikels ergibt sich aus den folgenden zwei Tabellen, die BLUM & KIRSCH (1996) entnommen sind

. . . . . . - - . . .- - - - . .

den vom Start bis zum Zeitpunkt x zurückgelegte 1 die Geschwindigkeit zu diesem Zeitpunkt

Bedeutet f ( X ) die Ordinate des Punktes (auf einer geeigneten Kur- vel) mit der Abszisse x

dann bedeutet df ( X ) / & die Steigung der Kurve in

das Volumen der Kugel vom Radius x V

das Volumen eines Körper bis zur Höh h 1 den Querschnitt des Körper in dieser Höh 1

die Einkommenssteuer beim zu versteuernden Ein- kommen x die vom Anfangspunkt bis zur Wegstel- E den Grenzsteuersatz (,,Steuer fü die letzte Marku)

bei diesem Einkommen die an dieser Stelle wirkende Kraftkomponente

den Flächeninhal unter einer Kurve (oberhalb der ersten Achse) bis zur Stelle x

"Geeignet" als Kurven sind die Graphen differenzierbarer Funktionen

die Ordinate des Kurvenpunktes mit der Abszisse ,X (die Höh der Fläch bei X )

das Integral g(u) du einer Funktion g im f Intervall [U; X]

den Funktionswert g ( x )

Vorschlage zu einem anwendungsbezogenen Analysis-Unterricht!

Bedeutet f ( X ) (fur a< x 5 b )

die Ordinate des Punktes (auf einer geeigneten Kur- ve oberhalb der ersten Achse) mit der ~bszisse x die Geschwindigkeit im Zeitpunkt x

1 den ~renzsteuersatz beim Einkommen x

die an der Wegstelle x wirkende Kraftkomponente

den Oberflacheninhalt der Kugel vom Radius x

den Querschnitt eines Körper in der Höh X

die Steigung einer Kurve im Punkt mit der Abszisse X

die Ableitung d F ( x ) / d x einer Funktion F an der Stelle x

Es ist klar, dass ich hier nur eine grobe Übersich geben kann und auch nicht im ein- zelnen diskutiert werden kann, in wie fern sich alle obigen Beispiele in einer 11 Klasse umsetzen lassen Ich werde daher einen mögliche Unterrichtsverlauf skizzieren und exemplarisch auf einige Abschnitte genauer eingehen Ich fuhre zur Zeit einen Unterricht durch, der sich an dem unten skizzierten Unterrichtsverlauf orientiert Durch dieses Projekt möcht ich vor allem herausfinden, ob sich durch einen anwendungsorientierten computerunterstutzten Unterricht die Beg- riffsbildung unterstutzen läss Ein am Kalkul orientierter Unterricht wird weit gehend ver- mieden

2 Unterrichtsverlauf

Allgemeiner Begriff der Funktion

Arten der Darstellung Beschreibung mit Worten, Tabelle, Graph, Gleichung Ziel Wenn also X , y, veränderlich Grö ße bedeuten, so heiße alle Größe wel- che auf irgendeine Art von X, y, abhän gen, oder dadurch bestimmt werden, Funkti- onen von X, y, (EULER 1755 fur eine ver- änderlich Gröà x ) Eine Gleichung ist die beste Art der Darstel- lung, läss sich aber nicht immer angeben Einschränkun auf eine Variable aus ma- thematischen Grunden Bemerkungen Um den Funktionsbegriff nicht zu sehr einzuschränken sollte auch eine Be- schreibung mit Worten möglic sein, da es

b

dann bedeutet ! / ( X ) dx

legten Weg die Einkommenssteuer beim zu versteuerndem Ein- kommen b (sofern a = Existenzminimum) die zwischen den Stellen a und b verrichtete Ar- beit das Volumen der Kugelschale vom inneren Radius a und äußer ~adius b das Volumen des Körper zwischen den Höhe

F(a} und F ( b )

durchaus Funktionen gibt, die sich mit Wor- ten besser beschreiben lassen. Die Möglich keit der mathematischen Bearbeitung darf nicht das einzige Kriterium sein Aus dem gleichen Grunde werden auch Funktionen, die von mehr als einer Variablen abhängen besprochen

Lineare Funktionen

Beispiele Proportionalitäten lineares Wachs- tum, Bewegungen mit konstanter Geschwin- digkeit, Umfäng von Figuren, H o o ~ ~ s c h e s Gesetz, Arbeitszeit - Lohn usw. Ziel Erkennen, dass die Steigung konstant ist, das heißt wenn das Argument sich im- mer um das gleiche verändert ist auch der Zuwachs gleich Bemerkungen Hier ist es wichtig, dass die Schuler nicht nur die Gleichung y = m - x + b mit der linearen Funktion verbinden, da damit ein Bewusstsein fur eine konstante Steigung nicht gleichzeitig verbunden ist

Ganzrationale Funktionen 2. Ordnung

Beispiele Steuergesetz (Herleitung aus dem Text des Gesetzes, Einsatz von Tabellenkal- kulation oder DERIVE) Ziel Die Grenzsteuer entspricht der Stei- gung, Steuern und Grenzsteuern sind stetig Eisenbahntrasse (Zusammensetzung aus 2 Parabeln) Ziel Die Parabeln mussen stetig und diffe- renzierbar zusammengesetzt werden Minimaler Abstand zwischen Erde (eben und am Hang) und Hochspannungsleitungen (Be-

Jens Weitendorf

stimmung einer Parabel, Bestimmung des Minimums) Ziel Der Punkt der Parabel, der den kleins- ten Abstand zum Hang hat, ist der Punkt, an dem die Steigung der Parabel mit der Stei- gung des Hanges ubereinstimmt

Beschleunigte Bewegung mit a = konstant (DY NASYS)

Ziel s( t) und v ( t ) lassen sich aus ,,proporti- onalen" Zuwachsen und Anfangswerten bestimmen

v=As/At; s = z v At. V ist eine lokale, s ei-

ne globale Größ Bemerkungen. Bei allen Beispielen spielt auch die Ableitung eine Rolle Bei der Steu- erfunktion hat man stetige und bis auf einen differenzierbare Übergäng wenn man das Steuergesetz fur 1998 zu Grunde legt Eine Eisenbahntrasse läss sich mit Parabeln na- turlich nicht modellieren, da an der Stelle, an der sie zusammengesetzt werden, die zwei- ten Ableitungen nicht Ÿbereinstimme Dar- aus ergibt sich aber die Möglichkeit dieses Beispiel noch einmal wieder aufzunehmen, wenn die Schüle geeignetere Funktionen kennen gelernt haben Hochspannungslei- tungen hänge naturlich nicht wie Parabeln zweiter Ordnung. Der Unterschied der Gra- phen obiger Parabel und der Kettenfunktion ist nicht sehr groß Auch hierauf wird späte an geeigneter Stelle eingegangen

Ganzrationale Funktionen höhere Ordnung

Beschleunigte Bewegung mit a = k - t Ziel. siehe oben Bestimmung von Gefäßinhalt (Zylinder und Kegel)

Ziel Q=AV/Ah; V = ~ Q Ah.

Bestimmung des minimalen erforderlichen Preises bzgl einer s - ffirmigen Kostenfunkti- On Ziel Grenzkosten = Preis Bemerkungen Auf die beschleunigte Bewe- gung mit einer zur Zeit t proportionalen Be- schleunigung wird späte genauer eingegan- gen

Definition von f ' ( X ) und F ( X ) an Hand der Beispiele

Ziel / ' beschreibt die lokale Änderungsrat

F beschreibt den Gesamteffekt von Ände rungsraten

Veranschaulichung von f ' ( X ) und F(x) an Funktionsgraphen Ziel Die Tangentensteigung an der Stelle x entspricht f ' ( X )

Die Fläch unter f zwischen 0 und x ent- spricht F(x) . Bemerkungen An dieser Stelle muss es sich zeigen, ob den Schulern die Gemeinsamkeit der Beispiele bewusst geworden ist An die- ser Stelle lassen sich CAS-Systeme hilfreich einsetzen, um mit Differenzenquotienten zu arbeiten und Summationen durchzufuhren Der Differenzenquotient läss sich als Funkti- on von der Differenz h und der Stelle xo de- finieren Man läss zunächs xo fest und läss h immer kleiner werden und fuhrt so den Grenzwert anschaulich ein Die Variation von xn ergibt die Ableitung als Funktion

Experimente mit DYNASYS zu höhere Ordnungen

Ziel Vermutungen zur Potenzregel fur Ab- leitungen und Stammfunktion Anschaulicher Beweis der Potenzregel fur Ableitungen. Bemerkungen' Man kann hier relativ einfach mit DYNASYS experimentieren, da sich fur a(t) bzw v( t ) beliebige Funktionen einset- zen lassen; auch Anfangswerte könne problemlos variiert werden. Der Zusammen- hang zwischen F(x) und f ( x ) ergibt sich automatisch aus dem Zusammenhang zwi- schen s( t) und v ( t ) .

Formulierung und Beweis der beiden Hauptsätz

Bemerkungen Der Zusammenhang zwi- schen F(x) und f ( x ) ist aus den obigen Beispielen schon deutlich geworden, trotz- dem werden die beiden Hauptsätz allge- mein formuliert, wie in BLUM & KIRSCH (1996) angegeben, bewiesen und gemä der Ta- bellen, die in der Einleitung angegeben sind, interpretiert

Anwendungen auf Graphen von ganzrationalen Funktionen (DERIVE)

Ziel Allgemeiner Uberblick, besondere Punkte Wiederaufnahme des Beispiels mit der Ei- senbahntrasse

Ziel Bedeutung von f " ( X ) in Bezug auf den Wendepunkt

Vorschläg zu einem anwendungsbezogenen Analysis-Unterricht!

Graphisches Bestimmen von / ' und F. Bemerkungen Auf die Kurvendiskussion im herkömmliche Sinn wird verzichtet, trotz- dem kann und sollte naturlich nicht auf die Zusammenhäng zwischen erster Ableitung und Extrema und zweiter Ableitung und Wendepunkten verzichtet werden Dieses könne Schuler selbsttäti herausfinden, wenn man sie mit den Graphen obiger Funk- tionen experimentieren läss und nach be- sonderen Punkten fragt Eine Wiederauf- nahme des Beispiels Eisenbahnfrasse zeigt die anwendungsbezogene Bedeutung des Wendepunktes Auch der prinzipielle Verlauf der Graphen (Anzahl von Nullstellen, Extre- ma und Wendepunkten) wird an dieser Stelle diskutiert

Exponentielles Wachstum (DYNASYS) an Hand von Beispielen

Zinseszins, Wachstum von Bakterien, Radio- aktiver Zerfall, Entladung eines Kondensa- tors usw Ziel Die Proportionalitä von &/ /At zu / fuhrt zum exponentiellem Wachstum Es gilt

xa=xo (l+k)".

f (x+y)=f ( X ) /(Y),

f (xÈ)= f (X).

Einfuhrung von e 1

Ziel Ein stetiges Wachstum ergibt (1+ -)" n

Bemerkungen Eine Behandlung des expo- nentiellen Wachstums sollte in keinem Fall fehlen In MEADOWS, MEADOWS, RANDERS (1 998) wird beklagt, dass in der Gesellschaft fur dieses Wachstum kein Bewusstsein vor- handen ist und zwischen linearem und expo- nentiellem nicht unterschieden wird So ist vor allem dieser Unterschied heraus zu ar- beiten Dieses kann man mit der Diskussion des Terms f ( x t y ) und mit DYNASYS- Modellen unterstutzen

Weitere Wachstumsarten (DYNASYS) an Hand von Beispielen

Explosives Wachstum Ziel Wenn A.x/At=k x/2 x/2 oder der Wachstumsfaktor exponentiell wächst kommt es zwangsläufi zu einer Wachs- tumskatastrophe Wettrusten ist nicht be- zahlbar Logistisches Wachstum Beispiele von oben Ziel Alles Wachstum ist letztlich beschränk

Rückkopplunge (DYNASYS): f (t) = -k f i t )

Ziel Nur das Minus-Zeichen ergibt etwas ,Neuesu

Interpretation von f (t) als s(t) und f'(t) als a(t) fuhrt zu Schwingungen Räuber-Beute-System Bemerkungen An dieser Stelle könne und sollen naturlich keine Differentialgleichungen besprochen werden Aber ich denke schon, dass man den Schulern den numerischen Prozess verständlic machen kann, wenn man sich in Bezug auf DYNASYS darauf be- schränkt das EULER-CAUCHY-Verfahren zu benutzen Außerde möcht ich zum Schluss noch einmal deutlich machen, dass Funktionen im allgemeinen Funktionen von mehreren Veränderliche sind Dieses läss sich mit den Modellen erreichen

3 Beispiele

Beispiel 1: Die ,,Kalbe~erordnung"

Dieses Beispiel wurde HERGET & SCHOLZ (1 998) entnommen,

Amts-Mathematik

,Bei Gruppenhaltung muss fur jedes Kalb in Abhängigkei von der Widerristhohe in Zenti- metern eine frei verfugbare Mindesffläch in Quadratmetern gemä nachstehender Formel vorhanden sein: (Mathematische Exponenten- schreibweise) Mindesffläch cm (hoch) 2 gleich 0,40 X (hoch) 2 plus 70 X plus 2720 (Aus dem neuen Entwurf des Bundes fur eine Kälberhal tungsverordnung ) Den Landwirten diesen Entwurf zu verdolmetschen und amtlichen Bei- stand in Rechenhilfe zu leisten hat der hessi- sehe CDU-Abgeordnete Dieter Weirich (Hanau) in Wiesbaden empfohlen Man musse sich fra- gen, meinte Weirich, ob die Bauern angesichts eines ,,solchen Mists aus den Amtsstuben" uberhaupt noch dazu kämen ihren Stall aus- zumisten

Abbildung 1 zeigt den Graphen der im Text beschriebenen Funktion in einem sinnvollen Bereich Es iäss sich leicht heraus arbeiten, dass der Unterschied zu einer Geraden nicht sehr groà ist Eine möglich Gerade ist eben- falls mit eingezeichnet An dieser Stelle läss sich leicht das Bestimmen von Geradenglei- chungen wiederholen, ohne dass es sich da- bei um das Einuben eines Kalkuls handelt Fragen nach der Gröà des Fehlers, der ent- stehen wurde, wenn man die quadratische

Jens Weitendorf

Abb 1

Funktion durch eine lineare ersetzt, fuhrt zur Bestimmung des Scheitelpunktes einer Pa- rabel Eine weitere Betrachtung der Aus- gangsfunktion und der ,,Ersatzgeraden" zeigt, dass beim X-Wert des maximalen Fehlers die beiden Steigungen ubereinstimmen Die- ses Beispiel zeigt, dass es möglic ist, Wie- derholung mit einer Vorbereitung auf neuen Stoff zu verknupfen

Beispiel 2: Bewegungen mit konstanter Geschwindigkeit, konstanter Beschleunigung und zur Zeit proportionaler Beschleunigung

Abb 2

Abbildung 2 zeigt das DYNASYS-Modell fur eine Bewegung mit konstanter Geschwindig- keit Dieses Modell läss sich erweitern, so dass beschleunigte Bewegungen modelliert werden Die Beschleunigung a braucht da- bei nicht konstant zu sein, sondern man kann fur a( t ) beliebige Funktionen wähle So lasst sich einem Fehler vorbeugen, der vor allem in Physik-Kursen auftritt, wenn Schuler

in die Formel s=%a t 2 fur a einfach die Funktion a( t ) einsetzen

Abbildung 3 zeigt ein dreistufiges Modell, bei dem a(t)=k t vorausgesetzt wurde. Ein sol- cher Ansatz fur a( t ) ist zwar eher theoreti- scher Natur, er ist aber sehr hilfreich bei der Uberlegung, wie man ausgehend von dem vorgegebenen a zu der Funktion fur s(t) gelangt Dass dieses möglic ist, wird im Folgenden gezeigt Die Beweisidee, einfach mit den proportionalen Zuwachsen zu arbei- ten, ergibt sich aus der folgenden Abbildung

Abb 3

Herleitung fü Funktionsgleichungen fü s(t) .

1) v=konst, sO=0 >s1 = v A t

s2 =s,+v At=2 v.At

sn = n V A t=v-At fur t = n At

2) a = konst, uo = 0, so = 0 >v1 =a-A t

v2 =vl+a At=2 a-At

V,, = n a At=a-At fur t=n -A t

s1 =v0 At s2 = s ~ + v ~ - A ~ = ( v ~ + v ~ ) . A ~

~3 =s2+u2 At=(vO+ul t u 2 ) - A t

Sn =sn-l+Vn-l At=(u0+u1+ At

=At ( a At+2 a At+ ...+( n-1) -a At)

= a ~ t ' (1+2+3+ ...+ n-1)

=a 0,5 n (n-1)

=0,5 a t 2 fur t = n At

Fur große n und damit kleines At gilt

n (8 -1 )=n2)

3) a=k t, ao=O, v0=O, sQ=0

>an =n k-At wie oben folgt

vn=k 0,5 n (H-1 )

=0,5 k t 2 sn=vl At++ At+v3-At+ + v ~ _ ~ At

=At (v1+v2+v3+ + v ~ _ ~ ) =At (an At +an At +al At +an At +al At+a2 At+ ...+ ao At+ ...+an_2 At)

Vorschläg zu einem anwendungsbezogenen Analysis-Unterricht!

= 1 / 6 k - t 3 fü t=n At

a=k- t => U=% k- t2 und s=l/6 k t3 (*) Die Summe in der Klammer läss sich folgendermaße bestimmen

Es sei

Dfi =l+2+3+4+ ...+ n=0,5 n (%+I),

(W-2). l+(n-3) 2+(n-4) 3+ .. +(n-(n-2)) (W-3)+(n-(n--1)) (n-2)

=n+2 n+3 n+. +(n--2) W-[2 1+3 2 +4 3 + +(n-1) (n-2)l

= n -[Dnw2 +12 +22 +32 +.. +(n-2)']

=(%-I) D.,-, -[12 +22 +32 + + ( ~ - 2 ) ~ ] = ( % - I ) 0,5 (n-2) (W-1)

-1/6 (W-2) ( ~ - 1 ) - ( 2 ~ -3) =(W -2) ( n -1)-[1/2 (M-1) -1/6 (2% -3)l

=(W-2) (n-1) (1/6 n - X )

=1/6-(n-2)-(M-1) (M-3)

Man erkennt, dass auch dieser Ansatz dazu fuhrt, dass Summen von naturlichen Zahlen, Quadratzahlen, Kubikzahlen usw berechnet werden mussen Eine anschauliche Bestim- mung dieser Summen findet man in HISCHER & SCHEID (1995) Die Umformungen sind si- cher umfangreicher als bei ,,Flächenberech nungen" Dafur wurde aber auch erheblich mehr gezeigt, nämlich dass sich hohere Potenzfunktionen aus mehrstufigen Proporti- onalitaten ergeben Und wenn die Dominanz des Flächenbegriff vermieden werden soll,

a vergleich

Abb 4

muss uber andere Zugäng nachgedacht werden In Abbildung 4 erkennt man ein etwas abge- änderte Modell Fur a lassen sich verschie- dene Funktionen eingeben Fur ,,Vergleichc könne die Schuler ihre Vermutungen fur s(t) einsetzen und diese uberprufen lassen Durch Veränderun von At in der Numerik von DYNASYS kann untersucht werden, wie gut ,,Vergleichfi vom Modell approximiert wird.

4 Schlussbemerkung

Kritiker werden anmerken, dass das von mir vorgestellte Konzept zu umfangreich ist Da- zu ist zu bemerken, dass ich auf sture Wie- derholungen verzichte, sondern dass diese, wie in Beispiel 1 gezeigt, in Anwendungsauf- gaben integriert werden Ebenso wird auf viele formale Definitionen und deren Anwen- dungen in dieser Klassenstufe verzichtet, auch das Einpauken von Kurvendiskussio- nen entfäll Die Begriffe lassen sich im Leistungskurs dann späte immer noch in der ublichen Art definieren Fur Schuler, die nicht Mathematik oder verwandte Fäche studieren wollen, ist es sicher wichtiger, dass sie Beg- riffe mit Inhalten fülle können als dass sie in der Lage sind, mit Kalkulen umzugehen Das letztere könne CAS-Systeme im allge- meinen besser Diese Aussage stimmt mit dem Ergebnis der Arbeitsgruppe, die sich mit dem Thema CAS-Systeme in der Sek. 11 be- schäftig hat uberein, (siehe entsprechenden Bericht in diesem Band) In der folgenden Literaturangabe habe ich nur diejenigen aufgefuhrt, auf die ich mich di- rekt in dem Aufsatz bezogen habe Zu dem Thema gibt es naturlich sehr viele Veröffent lichungen Auf diese im einzelnen einzuge- hen ist im Rahmen dieser Abhandlung un- möglic

5 Literatur

BLUM, W & KIRSCH, A [1996]: Die beiden Haupt- sätz der Differential- und Integralrechnung - In: mathemafik lehren (1996) 78, S 60-65

[2] MEADOWS, D H ; MEADOWS, D L ; RANDERS, J [1998]: Die neuen Grenzen des Wachstums - Reinbeck: Rowohlt, 1998

[3] HERGET, W & SCHOLZ, D (1998): Die etwas andere Aufgabe aus der Zeitung - Seelze: Kallmeyersche Verlagsbuchhandlung, 1998

[4] HISCHER, H & SCHEID, H [1995]: Grundbegriffe der Analysis - Heidelberg: Spektrum Akade- mischer Verlag, 1995

Stationen eines Analysis-Kurses - mit systematischer Berücksichtigun von Näherungsverfahre

Hartmut Kümmel Biedenkopf

Angesichts der Ÿberwältigend Bedeutung empirischen Erkenntnis-Gewinns in der heu- tigen Entwicklung von Technik und Wissenschaft erscheint es nicht angemessen, wenn die dabei benötigte heuristisch-empirischen Arbeits- und Denkweisen aus dem Mathe- matik-Unterricht ausgesperrt bleiben Vielmehr sollten Schulerinnen und Schuler den Unterschied zwischen einer experimentellen Bestätigun und einem mathematischen Beweis ohne einseitige Uberbetonung von Gesichtspunkten der reinen Mathematik ein- schätze könne

Da bei Anwendungen der Mathematik fast ausschließlic Näherungswert benutzt wer- den, bietet der korrekte Umgang mit fehlerbehafteten Zahlenangaben einen Einstieg in dieses Thema Eine konsequente Fortsetzung liegt in der vertieften, systematischen Be- handlung von Näherungsverfahre - dies wird anhand einiger Fragestellungen zu Grundbegriffen der Analysis diskutiert

Eine interessante Ergänzun des Analysis-Curriculums durch die Behandlung dynami- scher Systeme greift fächerübergreifen Fragestellungen auf Neben der Betrachtung empirischer und computerorientierter Fragestellungen wird gezeigt, dass durchaus Raum bleibt fur die Anwendung und das Training klassischer Methoden

Zusammenfassung wichtiger Gesichtspunkte in Thesenform

Näherungsverfahre setzen bei den Grundbegriffen und ihrem ursprunglichen Sinnzusammenhang an Das unterstutzt den Erwerb nachhaltigen Wissens Ÿbe Grundbegriffe

Mit Näherungsverfahre wird Datenmate- rial uber zunächs unlösbar Probleme erzeugt Das motiviert zur Hypothesenbil- dung Freude am Entdecken anstelle alt- klugen Vertagens!

Die Einbeziehung des Thernenbereichs Dynamische Systeme und Differenzial- gleichungen bereichert den Analysis- Unterricht um vielfältige aktuelle und weitreichende (fächer-ubergreifende Fra- gestellungen

Der Umgang mit der (wenig komplexen) algebraischen Repräsentatio der Mo- delle entspricht den Zielen des MU eher als das Betrachten von Fluss- Diagrammen! Dabei steht nicht die - nur in einfachsten Fälle erreichbare - sym- bolische Lösun der Modellgleichungen im Vordergrund, sondern die Analyse der Modelleigenschaften aufgrund ihrer Re- präsentatio im Differenzial-Operator

Wichtige Modell-Eigenschaften (stationär Zustände Attraktor-Zustände könne mit traditionellen Methoden durch ,,Kurvendis- kussion" des Differenzial-Operators ana- lysiert werden Weitere Informationen werden durch Näherungsmethode er- mittelt (im Sinne einer experimentellen Mathematik)

Die Diskussion von Fehlereffekten der bei der Analyse von Modelleigenschaften be- nutzten Näherungsverfahre fuhrt auf in- teressante Fragestellungen. Solche Erfah- rungen wirken einer unkritischen Akzep- tanz von Computer-Berechnungen entge- gen,

2 Zum Tangenten-

Die ,,klassische" Themenfolge einer Einfuh- rung in die Differenzialrechnung sieht das Berechnen der Sekantensteigung als Nähe rungswert fur die Steigung des Funktions- graphen vor, um dann eine Präzisierun des Begriffs ,,Steigung einer Kurve" mit Hilfe ei- nes - möglicherweis propädeutisc einge- fuhrten - Grenzwertbegriffs zu erreichen Zur Veranschaulichung werden Sekantenstei- gungen fur ,,immer kleinere" Steigungsdrei- ecke berechnet und als Näherun der Tan- gentensteigung interpretiert

Stationen eines Analysis-Kurses - mit systematischer Berucksichtigung von Näherungsverfahre

Probleme bei der Ausfuhrung solcher Be- rechnungen mit einer Dezimal-Rechen- maschine (z B mit Taschenrechnern) moti- vieren das Bemuhen um eine symbolisch- exakte Problem-Lösun

2.1 Unerwartete rechentechni- sehe Probleme: Die Subtrak- tions-Katastrophe

Wir betrachten einige Berechnungen mit ei- nem Algebra-Rechner (Tl-92) in der Be- triebsart Approximate (Rechnen mit Dezi- malbruchen) Im Algebra-Fenster wird zu- nächs ein Funktionsterm und die zugehörig DQF definiert,:

In der Tabelle wird die Schrittweite fur die Steigungsberechnung (hier mit X bezeichnet) fortlaufend verkleinert Wo sollte das beste hier berechnete Ergebnis zu finden sein?

Die Ergebnisse zeigen einen von Schu- lerlinnen nicht erwarteten Effekt Das ,,Auslö schen" von Dezimalstellen bei der Subtrakti- on nahezu gleicher Zahlen auf einer Maschi- ne mit fester Stellenzahl (hier im Zähle der DQF) wird als Subtraktionskatastrophe be- zeichnet

2.2 Ganzschritt-DQF - symbo- lisch: Sekanten werden zu Tangenten

Bei allen rationalen Funktionen kann die DQF durch Kurzen mit der Schrittweite h so umgeformt werden, dass dieser Wert nicht mehr im Nenner auftritt Setzt man nun - lo- gisch nicht ganz korrekt - den Wert 0 fur die Schrittweite ein, so erhäl man den exakten Wert der Tangentensteigung Mit dem Grenzwert-Begriff kann dieses Vorgehen le- gitimiert werden

(Bei der Form dq f (a,x) = f ( X ) - f W ent- x-a

spricht das Kurzen einer Polynom-Division), Bei einigen Funktionen kann man die DQF nicht durch h kürzen

lim (dq f (a,h)) = 2' , lirn h-+0

Ergebnisse der symbolischen Behandlung von Funktionen dieses Typs: -- Die Ableitung an der Stelle a ist proporti-

onal zum Funktionswert f ( a ) . - Mit einem Grenzwert kann die Ableitung

fŸ jede Stelle a angegeben werden! - Weitergehende Aussagen sind zunächs

nur mit Näherungswerte möglich

ilemma der Numerik

Es gibt eine Konkurrenz zwischen dem Ver- fahrensfehler (Sekanten sind keine Tangen- ten) und dem Maschinenfehler (Subtraktions- katastrophe) Der Verfahrensfehler wird klei- ner, der Maschinenfehler jedoch größe wenn die Schrittweite des Steigungsdreiecks - .

verkleinert wird

Fehlertypen und Schrittweite

Schrittweite

Hartmut Kummel

In der Praxis muss eine optimale Schrittweite gewähl werden, die von der Stellenzahl der verwendeten Maschine und von der Größe ordnung des Ergebnis abhäng Man kann - durch Beobachten der Veränderunge der Näherungswert - eine Faustregel bilden Ist die Steigung von der Größenordnu 1 , so ist h = 10 halbeStellenzahl eine gute Wahl

2.4 Ein Test zur Beurteilung des Ganzschritt-Verfahrens

Testfunktionen mussen sich leicht handha- ben lassen und die exakten Ergebnisse mus- Sen (zum Vergleich mit probeweise berech- neten Näherungswerten bekannt sein Dazu eignen sich besonders Polynome bzw Po- tenzfunktionen

Fragestellung 5 f ( X ) : = X ,

d q f ( U $ ) = 5a4 t10a3h+l0a2h2 +5ah3 +h4

f ' ( U ) = 5 a4 Err(h) := dq f (a,h) - f ' ( U )

Err(h) = 10a3h+10a2h2 +5ah3 + h

Wie häng der Verfahrensfehler von der Schrittweite ab?

Der Fehler ist proportional zu h und höhere Potenzen von h.

Fur kleine h ist der Fehler nahezu proportio- nal zu h ,,

Die Jig- Oh" -Notierung (LANDAU-Symbol, er- klär und verwendet z, B. in GRAHAM, KNUTH .,, , , Concrete Mathematics, Addison Wesley 1996) drück das Wesentliche aus,

Wir haben es hier mit einem Verfahren erster

Ordnung zu tun^ Fehler (h) = O(hl) .

2.5 Mittelpunkt-DQF: ,,Bessere Sekanten" liefern genauere Ergebnisse

Es erscheint nicht sinnvoll, wenn im Mathe- matik-Unterricht eine Möglichkei zur drasti- schen Verbesserung von Steigungs-Be- rechnungen verschwiegen wird, obwohl sie im Alltag wie im Physik-Unterricht - etwa bei Geschwindigkeits-Messungen - als selbst- verständlic erscheint: Die Sekantensteigung wird als Steigung der Kurve (Momentange-

schwindigkeit) in der Mitte des betrachteten Intervalls interpretiert.

Bei der Suche nach einem ,,guten Schätz wert" wird man den Kurvenverlauf links und rechts vom gewunschten Beruhrpunkts be- rucksichtigen Das fuhrt auf eine Intervall- schachtelung mit der Ganzschritt-DQF oder gleich auf eine bessere Näherungsforme

Eine Untersuchung dieses Verfahrens mit den neu entwickelten Gute-Kriterien zeigt, dass der Verfahrensfehler schon bei größ ren Schrittweiten recht klein wird Dadurch kann der Einfluss des Maschinenfehlers auf das Ergebnis reduziert werden - auf einer vorgegebenen Maschine erhalten wir we- sentlich genauere Naherungswerte Wie häng bei der Mittelpunkt-DQF der Verfah- rensfehler von der Schrittweite ab?

mdq f (a ,k) := f ( a + k ) - f ( a - k ) 2 - k

Err(h) := mdq f ( a , h) - f ' ( U )

Wir haben hier ein Verfahren zweiter Ord- nung. Der Fehler ist proportional zu h2 und höhere Potenzen von h : Fehler (h) = 0 ( h 2 ) .

Die nachfolgend skizzierte Analyse einer Be- rechnung mit der Mittelpunkt-DQF zeigt, dass Parabeln besondere geometrische Eigen- schaften haben Die heuristische Erkundung dieses Zusammenhangs gelingt durch ma- thematische Experimente unter der Frage- stellung ,,Was fäll am Ergebnis auf?" und bietet sich an fur entdeckendes Lernen in handlungsorientierten Arbeitsformen

Die Berechnung einer Sekantensteigung mit der Mittelpunkt-DQF zeigt, dass die Werte offenbar unabhängi von der gewählte Schrittweite sind:

f ( a + k ) - f ( a - k ) mdq f ( U , k ) :=

2 k 9

Eine symbolische Betrachtung beweist den vermuteten Sachverhalt fur alle quadrati-

Stationen eines Analvsis-Kurses - mit svstematischer Berucksichtiauna von Näherunasverfahre

sehen Funktionen und zeigt damit eine inte- ressante geometrische Eigenschaft der Pa- rabel-Form,,

Bei der symbolischen Berechnung hat man keinen Gewinn von der Mittelpunkt-DQF, da die Ganzschritt-DQF fü die Grenzwertbil- dung ,,ausreicht".

2.6 Ein zusätzliche Kriterium zur Beurteilung von Näherungs Verfahren

Je höhe der Grad eines Polynoms ist, desto ausgeprägter Krummungswechsel sind möglic Diese Krummungswechsel bewirken die Abweichung der Sekantensteigung von der Steigung der Kurve, deshalb ist ein Nä herungsverfahren umso besser zu bewerten, je geringer sich dies auswirkt Als Kriterium zur Beurteilung von Näherungsverfahre kann man demnach die Frage stellen Bis zu welchem Grad ergibt sich fur Polynome ein exaktes Ergebnis?

Währen die Ganzschritt-DQF nur fur Poly- nome ersten Grades exakte Werte liefert, gilt dies bei der Mittelpunkt-DQF fur alle Poly- nome bis zu zweiten Grades Durch Anwen- den der Mittelpunkt-DQF erreichen wir kleine Verfahrensfehler bei Schrittweiten, bei denen sich der Maschinenfehler noch nicht so dras- tisch auswirkt So könne wir mehr ,,sichereu Dezimalstellen des gesuchten Werts ermit- teln

2.7 Entdeckungen anhand von Zahlenmaterial

Wir verallgemeinern das Problem des kon- stanten Faktors in 2.2 auf eine beliebige Ex- ponentialfunktion

und verwenden zu seiner Berechnung Schrittweiten, mit denen wir ,,gute Erfahrun- gen" haben.

Die numerischen Werte fuhren auf eine ei- genartige Entdeckung:

k := 0.0001, NotationDigits := 8

Die Zahlen in dieser Tabelle verhalten sich, wie ,,irgendwelcheU Logarithmen!

Zu welcher Basis gehöre diese Logarith- men? - 2 0.69314717 3 1.0986122 4 1.3862943 6 1.7917594 8 2.0794415

9 2.1972245 -

Beim systematischen Suchen nach einer Antwort durch Konstruktion einer Inter- vallschachtelung haben wir eine heuristische Begegnung mit der Eulerschen Zahl!

VECTOR [[ b, - bk i :h] , b, [2.7,2.8 ,... l]

Vielleicht unterstutzt es das Interesse, wenn diese Zahl in unterschiedlichen Kontexten immer wieder auftaucht

3 Das Flacheninhalts- Problem - kurz gestreift

Die Approximation mit Unter- und Obersum- men betont die Konstruktion des Flächenin halts als Intervallschachtelung (mit Fehlerab- schätzung und bereitet auf die symbolische Behandlung als Riemann-Integral vor Dage- gen liefert Trapezregel eine Antwort auf die Frage nach ,,gutenu Näherungswerten die mit dem Simpson-Verfahren weiter verbes- sert wird

3.1 Unter- und Obersummen - numerisch

Zur Einfuhrung des Grundbegriffs vom be- stimmten Integral werden Näherungswert ermittelt - dabei bildet die Konstruktion einer Intervallschachtelung mit Ober- und Unter- summen einen heuristisch naheliegenden Ansatz Bei der numerischen Berechnung ist zu beachten, dass die Auswertung der Ober- summe bzw Untersumme nur in Monotonie- Intervallen einfach zu ,,programmierenu ist Bei der Diskussion der zu erwartenden Feh- ler wird der Streifen der Flächendifferenze

Hartmut Kümme

betrachtet Das fuhrt zur naheliegenden Hypothese, dass die maximal zu erwartende Abweichung der Ober- bzw Untersumme vom gesuchten Wert proportional zur Schrittweite (Breite der Teilintervalle) ist

Da Ober- bzw Untersummen die Grenzen fur den gesuchten Wert abstecken, liefern sie keine genaue Information uber den gesuch- ten Wert Es ist naheliegend, das arithmeti- sche Mittel von Unter- und Obersumme als ,guten Näherungswert fur ein Integral anzu- sehen und so die Trapezregel zu ,,erfindenn

3.2 Verbessertes Näherungs Verfahren und entdeckendes Lernen

Das Simpson-Verfahren beruht auf der Ap- proximation des Original-Graphen durch Pa- rabel-Abschnitte, die dann integriert werden Die Herleitung der Näherungsforme (fur ein Teilintervall) beansprucht algebraische Fä higkeiten und legt den Einsatz eines CAS nahe

Die Bildschirmfotos von einigen Experimen- ten mit dem Algebra-Rechner Tl-92 zeigen die Programmierung der Simpson-Näherun und einige - auch mit der Trapezregel durchführbar - Rechenexperimente,

Definition (Programmierung) des Simpson- Verfahrens:

: : -, F5 f :;V

(Ã 3 ; ;;(.l;~'.;: C';: t."':(.;. pr'g"10 Ci:;.<:;? :.:C< 1 .- + f (x1 X GEBE

simp<l,2,103 R f f l W P R U X FUNC l t 4

Heuristische Entdeckung der Stammfunktion zu l /x als Logarithmus:

yl <x>=simp<l, X, IOCÃ MAIN RAD W P R D S FUN<

Das Entdecken der Tabellenregeln einer Lo- garithmus-Funktion weist auf den Typ der entsprechenden Stammfunktion hin Die Su- che nach der Basis dieser Logarithmen (durch Intervallschachtelung) fuhrt wieder zu einer Begegnung mit der Eulerschen Zahl!

Eine anschließend Einfuhrung des Rie- mann-Integrals beantwortet Fragen nach der Existenz des Flächeninhalt als reelle Zahl, die bei der numerischen Annäherun offen geblieben sind

4 Dynamische Prozesse und Differenziaig leichungen

Ein dynamischer Prozess ist definiert durch eine Funktion, die Änderungsrate einer Zu- standsgröà abhängi von dieser Gröà und von weiteren Parametern (z B der Zeit) an- gibt Es erleichtert das Erlernen der Begriffe, wenn zunächs stets zeitliche Änderunge von Zustände betrachtet werden

Bei der Behandlung dynamischer Prozesse im Analysis-Unterricht kommt den Nähe rungsverfahren eine zentrale Rolle zu, weil die betrachteten Differenzialgleichungen nicht mit ,,schulgängigen und z. T auch nicht mit ,,wissenschaftlichen" symbolischen Me- thoden lösba sind Die folgenden Vorschlä ge zur Einbeziehung dieses Themenkreises in den Analysis-Unterricht halten sich (nach Vorgabe durch das Tagungsthema) ,,nahe am Standard-Kurs"

Als Prototyp werden stetige Prozesse vorausgesetzt - Ergebnisse könne zu- sätzlic als angenähert Aussage uber diskrete Prozesse interpretiert werden.

Durch Analyse des Differenzial-Operators mit klassischen Methoden der Analysis werden grundsätzlich Aussagen übe dynamische Prozesse gewonnen,, Damit werden Kurvendiskussionen und Extrem- wertaufgaben um ein weiteres Anwen- dungsfeld ergänzt

4.1 Logistisches Wachstum (VERHULST-Modell) als Prototyp

Als Prototyp eines dynamischen Modells sei das logistische Wachstum betrachtet::

Stationen eines Analysis-Kurses - mit systematischer Berücksichtigun von Näherungsverfahre

Istwert Kapazitä

Die grafische Repräsentatio wird alge- braisch wiedergegeben durch die Differenzi- algleichung

Fur dieses Modell gibt es interessante Inter- pretationen und eine ,,Modell-Umgebung" von grundlegenden und erweiterten Modellen (exponentielles Wachstum, logistisches Wachstum mit Ernte), die auch mit klassi- schen Methoden untersucht werden können

These: Der Umgang mit der (meist wenig komplexen) algebraischen Repräsentatio der Modelle entspricht den Zielen des MU eher, als das Betrachten von Fluss- und Einfluss-Diagrammen oder gar der Erwerb von Bedienungswissen fü spezielle Soft- ware-Produkte!

4.2 Differenzialgleichungen im Analysis-Kurs

Eine Differenzialgleichung wirft im Analysis- Kurs neuartige Fragestellungen auf Die Lö sung besteht aus allen Funktionen, die diese Gleichung erfullen Im einfachsten Fall schränk man die Lösungsvielfal mit einer Anfangsbedingung ein und behandelt so das klassische Anfangswertproblem

Die ,,statischeu Betrachtung i S der klassi- schen Behandlung scheitert schnell an der unzureichenden Übersich der Schuler uber diverse Funktionsklassen In der Schule las- sen sich gewöhnlic nur ganz elementare Modelle behandeln

Beispiel 1: Begrenztes Wachstum (z B Kondensator-Aufladung)

.YW = f ( k - y ( t ) )

Als ,,trivialen Lösun kann man sofort eine konstante Funktion erraten. y ( t ) = k. In diesem konstanten Zustand kann das System demnach verharren, Mit der Sub- stitution z ( t ) = k - y ( t ) gelingt die Trans- formation auf die Gleichung fü das expo- nentielle Wachstum, Durch Rücksubstitu tion gewinnt man die allgemeine Lösung,

mit dem Anfangszustand ,y(O) = k - yã

Beispiel 2: Logistisches Wachstum (VERHULST-Modell)

Auch die ,,triviale" Lösungsfunktio y(t) = 0 stellt eine sinnvolle Aussage u- ber das Modell-Verhalten dar Nicht- triviale Lösunge des VERHULST-Modells sind die Funktionen (klassisch herleitbar durch Trennung der Variablen und Um- kehrfunktion)

mit dem Anfangszustand y(0) = yÃ

Vom Standpunkt der Näherungsverfahre aus ergibt sich eine ,,dynamischeN Betrach- tungsweise Von einem Startzustand aus werden Veränderunge schrittweise berech- net Dabei spielt es keine Rolle, wie kompli- ziert die Differenzialgleichung ist - sie muss lediglich ,,berechenbar" sein

4.3 Symbolische Analyse dynamischer Prozesse

Nachfolgend wird ein spezielles VERHULST- Modell mit klassischen Methoden untersucht

Die Auffassung der rechten Seite als ,,Ope- rator" (Funktion von t und y ) erlaubt es, all- gemeine Aussagen uber die Modellentwick- lung algebraisch herzuleiten - auch wenn noch keine Lösungsfunkfione bekannt sind. Allgemein bedeutet die Gleichung

Vom Zustand ( t , y ) aus wird sich die Zu- standsgröà y mit der ,,Geschwindigkeit"

Hartmut Kümme

,, y -Einheiten/ t -Einheit" veränder Die Fra- ge ,,Gibt es stationär Zustände? wird uber- setzt in die Sprache der AlgebraIAnalysis

y, ist stationär falls DiffOp(t,ys) =0,

,ys =0 oder y =7,5,

Mit den beiden Lösunge sind alle stationä ren Zustande des durch DiffOp(t,y) be- schrieben Modells gefunden - mit den be- kannten Methoden der Analysis! Auch die Frage nach attraktiven Zustände kann in die Sprache der AlgebraIAnalysis ubertragen werden'

yà ist attraktiv, falls yà stationä ist

und folgendes gilt:

Y >Y^ => DiffOp(t,y)<o,

,Y <Y^ Di f fO~( t , ,~ )>o .

Man kann nachrechnen, dass der Zustand y = 7,5 attraktiv ist, y = 0 jedoch nicht

Um Aussagen uber Zuständ maximalen Zuwachses herauszufinden, betrachten wir die (partielle) Ableitung nach der Zustands- gröà y :

9 - ( ~ i f f 0 ~ ( t , ~ ) ) = 0 , wenn y=3,75 ist., 9y

Weil der Differenzial-Operator nicht von der Zeit t abhängt ist die Antwort fur alle Zeit- punkte gleich: Es gibt also genau einen Zu-

malern Zuwachs, Da die hinrei- chende Bedin- gung fur ein Ma- ximum nachge- wiesen werden kann, ist es ein Zustand mit ma- ximalem Zu- wachs, Die Inter- pretation des Er- gebnis ist offen- sichtlich: Der Zu- wachs ist maxi- mal, wenn sich das System im Zustand der hal- ben Kapazitä befindet,

stand

5 Numerische Analyse dynamischer Prozesse

Mit symbolischen Analysen werden einige globale Eigenschaften eines dynamischen Systems nachgewiesen, wie z B Attraktor- Zustände zu denen sich das System im zeit- lichen Ablauf hin entwickelt Damit ist jedoch nicht bekannt, in welcher Weise sich die zeit- liche Entwicklung abspielt Wenn eine sym- bolische Lösun nicht bekannt ist, kann man sich diese Information durch Näherungsver fahren verschaffen Der dazu erforderliche Rechenaufwand ist so groß dass dieser Weg erst durch Computereinsatz durchfuhr- bar geworden ist

5.1 Der Differenzial-Operator stellt das Modellverhalten numerisch dar

Die Auffassung der rechten Seite als ,,Ope- rator" (Funktion von t und y ) erlaubt es, numerische Aussagen uber die Modellent- wicklung zu gewinnen

Vom Zustand ( t = 2, y = 9,O ) aus wird sich in dem in 4 3 betrachteten System die Gröà y mit der ,,Geschwindigkeit"

y = DiffOp(2; 9,O)

, y -Einheiten/ t -Einheit" verändern

Die im Differenzial-Operator enthaltene In- formation übe das Richtungsfeld wird in ei- nem geeigneten Raster grafisch dargestellt.

B 12 : "Uerhu Ist-Rode 1 1 . . , . . . , . " B13 : "UERHULSG . RTH" B14: "Differential-Operator:"

B16 : "auswerten : "

B17: gp := Gitterç) 10, 1, 0, 1

B18: RchtFeld(gp1

BIS: Lauf(C0, 11, 0.1, 100)

BZO: Lauf(C0, 0.21, 0.1, 100)

BZI: Lauf(C0, 21, 0.1, 108)

Abb

Stationen eines Analysis-Kurses - mit systematischer Berucksichtigung von Näherungsverfahre

Durch angenäherte Verfolgen der Richtun- gen von bestimmten Anfangs-Zustände ausgehend wird das dynamische Verhalten erkennbar Man erkennt im Richtungsfeld die oben nachgewiesenen Attraktor-Eigenschaft des Zustands y = 7,5 ebenso wie den statio- näre Zustand y = 0, der nicht attraktiv ist (siehe Abb 1).

Ein solches Systemportrait zeigt alle Ent- wicklungsmöglichkeite des dynamischen Systems Diese grafische Repräsentatio veranschaulicht die allgemeine Lösun und dient in Fällen wo keine symbolische Lösun bekannt ist, auch als Ersatz dafur

5.2 Die Umkehrung des Tangentenproblems: Tangenten fü Sekanten

Hier liegt eine Umkehrung des Tangenten- problems vor Die Tangentensteigung ist be- kannt - um jedoch vom ,,ZustandN ( a l / ( a ) ) aus einen ,,Folge-Zustand" ( a + h l f ( a + h)) der Lösungskurv zu finden, musste mit der Sekante gerechnet werden Stattdessen wird die bekannte Näherun verwendet

Unter Einsatz des Differenzialoperators wird ein Lösungsverfahre konstruiert, das die Lösungskurv Zustand fur Zustand nähe rungsweise bestimmt Mit dem Verhulst- Modell

als Beispiel ergibt sich ein naheliegendes Ite- rations-Verfahren

5.3 Analyse der Fehler des Ganzschritt-Verfahrens

Bei der Beurteilung von schrittweise arbei- tenden Lösungsverfahre ist zwischen dem lokalen Fehler (bei einem Rechenschritt) und dem globalen Fehler (Gesamt-Fehler nach einer Serie von Rechenschritten) zu unter- scheiden Im globalen Fehler laufen zusätzli che Abweichungen von der exakten Lösun auf durch das Weiterarbeiten mit fehlerbe- hafteten Zwischenwerten

Währen Aussagen übe den lokalen Fehler durch symbolische Berechnung im Vergleich mit einer Testfunktion gewonnen werden

können ist es schwierig, Aussagen übe den globalen Fehler herauszufinden. Hier wird man sich im Unterricht mit empirischen Un- tersuchungen zufrieden geben mŸsse Die Fehlerordnung eines Verfahrens ist das wichtigste Kriterium, weil sie angibt, wie die Genauigkeit mit dem Rechenaufwand (Ver- kleinerung der Schrittweite) anwächst

Die Rechnung zeigt, dass der lokale (bei ei- nem Rechenschritt anfallende) Fehler pro- portional zur zweiten und höhere Potenzen der Schrittweite ist

Fehler (h ) = 0 ( h 2 ) .

Bei Halbierung der (kleinen) Schrittweite musste der Fehler auf ein Viertel zurückge hen

DiffOpt(t , ,y) := 4

,,Exakte Lösung.

( a + h 4 ) = a 4 + 4 a 3 h + 6 a 2 h 2 + 4 - a - h 3 + h 4

Fehler (h ) := ( a + h ) 4 - ( a 4 + h 4 . a 3 )

Fehler ( h ) = 6 a2 h2 + 4 a h3 + h 4 .

Ein Experiment mit einer Stammfunktions- Aufgabe veranlasst die Hypothese, dass der globale Fehler beim Ganzschritt-Verfahren proportional zur Schrittweite ist, d h fü den

globalen Fehler gilt: Fehler (h) = O(h l ) , sie- he Abb 2.

5.4 Zur Behandlung verbesserter Naherungsverfahren

Mit der Behandlung besserer Näherungs verfahren (z B. des Verfahrens von HEUN oder des ,,klassischen" R u ~ ~ ~ - K u n ~ - V e r f a h - rens) könne Fragestellungen wie die nach der Fehler-Ordnung wieder aufgegriffen wer- den Das wurde jedoch eine erhebliche - wenn auch interessante - Abwandlung des traditionellen Analysis-Kurses bedeuten Mit Rucksicht auf das Tagungsthema und die verfugbare Zeit wird dieser Ansatz hier nicht weiter verfolgt,

andlungen des ERHULST-SVIO~~I~~

Die hier kurz angedeutete Analyse des logis- tischen Wachstums mit ,,Abfischungn benutzt numerische und symbolische Methoden im Wechselspiel, Die grafisch-numerische Dar-

Hartmut Kummel

I B2 : "Exakte Losung : "

Ç? Lauf(16)

SB: 1[0, 01, C0.375, 0.3751. C0.75, 0.733852

Abb 2: Ganzschrittverfahren

stellung erleichtert Entdeckungen und Inter- pretationen des Modellverhaltens Die sym- bolischen Methoden sichern Hypothesen ab, indem z B gezeigt wird, dass genau zwei und nicht mehr stationär Zuständ existie- ren Solche Untersuchungen eines Modells mit Abwandlungen eignen sich - nicht zu- letzt wegen des große Arbeitsaufwands beim Dokumentieren der Ergebnisse - gut fur Projektarbeiten

Eine Abwandlung des VERHULST-MO~~~~S be- steht in der Annahme dass die Population ,abgefischt" wird So eine Entnahme wird im Differenzial-Operator mit der Fangrate als

zusätzliche Subtrahend be- rucksichtigt (im Beispiel ist die Fangrate= 0,95 ), siehe Abb 3

Das Richtungs- feld und einige Probeläuf zei- gen deutlich ver- ändert Eigen- schaften Von gewissen Start- zustände (un- terhalb von y = 2 ) aus bricht die Population immer zusam- men (ãUberfi schung"), von

anderen aus scheint sie stets zu einem att- raktiven Zustand hinzulaufen

6.2 Logistisches Wachstum (VERHULST-Modell) mit Abfischung - symbolisch

Die ,, y -Nullstellen" (der Differenzialoperator häng hier nicht von der Zeit t ab) zeigen, dass das System zwei stationär Zuständ hat

#13: ",. ., ,, Uerhulst-Modell (logist

19: LaufCC0, 2.51, 0.1, 105)

20: LaufCCO, 3.751, 0.1, 105)

21: Laul'CC0, 7.51, 0.1, 105)

22: Lauf([@, 111, 0.1. 105)

fiUTHOR expression: DiffOpCt, yl := 0 . 6 ~ - ( 1 - y/'7,,53 - 0.95

Abb 3: Logistisches Wachstum mit Abfischung - numerisch

Die Wertetabelle legt nahe, dass y = 5,22901 ein attraktiver Zu- stand ist, wäh rend y = 2,27098 abstoßen ist Das kann mit der Ableitung des Differenzialope- rators auch sym- bolisch nachge- wiesen werden

Stationen eines Analysis-Kurses - mit systematischer Berucksichtigung von Naherungsverfahren

VECTOR (k Dif fop( t , y, [2.2,2.3,5.2,5.31)

2.2 -0.0172 2 . 3 0.00681

6.3 Logistisches Wachstum mit Abfischung und Korrektur der Fang rate

Das hier betrachtete Szenario untersucht ei- ne Entwicklung, bei der die Fangrate zu ei- nem bestimmten Zeitpunkt reduziert wird Die Frage ist, welche Reduktion das Uberfischen des Systems verhindern kann Das System- portrait zeigt, dass die Antwort unterschied- lich ausfallen kann, je nachdem, wie desolat der bisher erreichte Zustand ist, siehe Abb 4

Fur die reduzierte Fangrate 0,95 kann man die Ergebnisse der vorherigen Analyse an- wenden und damit das komplexe Verhalten des hier behandelten Modells nach dem Zeitpunkt der Reduktion erklaren

Der facherubergreifende Zusammenhang solcher Untersuchungen ist unmittelbar er- kennbar - man braucht nur an die Diskussion uber die globalen Fangrate fur Wale zu den- ken! Vielleicht erzeugen die schwer voraus- sehbaren dynamischen Eigenschaften der simulierten Modelle einen gewissen Respekt 1 vor Eingriffen in real existierende dynami-

-. sche Systeme, ===.**--==-

815: gp := GittertO, 10. 1, 0, 11 '1 \ * - 'X, '* \ \ U16 : RchtFeldCgp) 'Â '. '-. --,

818: LaufttO, 101, 0 1, 105)

U19: LaufiCO. 61, 0 1, 105)

È20 LaufiCO, 4 751. 0.1, 105)

821: LauftC0, 4.251. 0.1, 105)

822: LaufCCO, 3 251, 0 1, 105) ' -2

817 : " uereinfachen und plotte

4 6 8 10

ftUTHOR expression: DiffOpit, y) := 0.6 y d - y i 7 5) - IF(t < 5 5, 1.5, 0 951 1

Abb 4: Systemportrait

Bei der symbolischen Analyse der dynami- schen Modell-Eigenschaften könne die bei- den betrachteten Fangraten getrennt behan- delt werden Fur die hohe Fangrate 1,5 vor 1 7 Weiterführend Literat, dem Zeitpunkt t = 5,5 der Reduktion hat das System keine stationäre Zuständ mehr und der Differenzialoperator ist immer nega- tiv - die Population wird stets unabhängi vom Startzustand aussterben'

,,es gibt keine stationäre Zustände

BOSSEL, H [1992]: Modellbildung und Simulation - Braunschweig [U a 1: Vieweg, 1992

HOFBAUER, J & SIGMUND, K [1984]: Evolutions- theorie und dynamische Systeme - Berlin: Parey, 1984

KOLLER, D (Hrsg ) [1995]: Simulation dynamischer Vorgäng - Stuttgart: Klett, 1995

SCHECKER, H [1998]: Physik modellieren - Stutt- gart: Klett, 1998

* Integralrechnung mit dem Tl-92

Werner Peschek, Klagenfurt

Zwischen didaktischen Vorschläge und Anspruchen und einem ,,realistischen Klassen- unterricht" zur Integralrechnung zeigen sich - mindestens in Osterreich - beträchtlich Unterschiede Stark verkurzt lassen sich diese Unterschiede durch den (nicht notwendi- gerweise, aber doch praktisch oft vorfindlichen) Gegensatz ,,anwendungsorientiertes Begriffsverständni versus Beherrschung von Integrationstechniken" charakterisieren (Abschnitt 1 )

Die durchgängig Verfugbarkeit eines CAS legt es nahe, die Beherrschung diverser In- tegrationstechniken an die Maschine auszulagern, womit bisherige unterrichtliche Schwerpunktsetzungen radikal in Frage gestellt werden In einem Unterrichtsprojekt fuhrte dies zu einer grundlegenden Revision der unterrichtlichen Zielsetzungen (Ab- schnitt 2) und zu einer Neukonzeption des Unterrichts zur Integralrechnung (Abschnitt 3)

1 Integralrechnung im schulischen Alltag

In der didaktischen Literatur findet man zahl- reiche Arbeiten und methodische Vorschläg zur schulischen Behandlung der Integral- rechnung ohne und neuerdings auch mit CAS Stellvertretend fur viele sei dazu auf Arbeiten von P BENDER (1990), W BLUM (z B 1975, 1995), A KIRSCH (z B 1976, 1996), W BLUM & A KIRSCH (1996), R FISCHER (1982) bzw auf Arbeiten (mit CAS- Bezug) von K ASPETSBERGER (1998), J BERRY (1997), J BOHM (1992), J BOHM & W PROPPER (1999), W FRAUNHOLZ (1999) oder V KOKOL-VOLJC (1999) verwiesen, H HISCHER & H SCHEID (1995) sowie U -P TIETZE, M KLIKA & H WOLPERS (1997) geben einen umfassenden Einblick in und Uberblick uber die Art und den Stand der didaktischen Diskussion Die hier genannten und einige nicht ge- nannte Arbeiten zeichnen sich durch tiefge- hende didaktische Sachanalysen, durch inte- ressante methodische Zugäng und lokale Ideen, durch ein hohes Anspruchsniveau und das durchgängi spurbare Bemuhen aus, die Lernenden zu einem elaborierten Verständ nis des Integralbegriffs hinzufuhren Zweifel- los wird man diese Arbeiten als Didaktikerlin wie als Lehrerlin mit Gewinn lesen, und es ist wohl auch kaum daran zu zweifeln, dass viele dieser Uberlegungen und Konzepte unter bestimmten Voraussetzungen und Rahmenbedingungen in der Schule machbar sind und dass dabei einiges an interessanter und sinnvoller Mathematik gelernt werden kann

Im krassen Widerspruch dazu stehen die Darstellung der Integralrechnung in so man- chem (österreichischen Lehrbuch wie auch die in der Regel kummerlichen Kenntnisse und Vorstellungen der Schul-Absolven- tenlinnen gerade (auch) bei diesem mathe- matischen Inhalt In einem häufi verwende- ten österreichische Lehrbuch (STEINER & WEILHARTER 1996, S 1 15) etwa heiß es

,Was ist ungewöhnlic kurz - wenn sich \ dieses Kapitel auf 22 Seiten erstreckt?"! könnt sich der Leser denken Eine be- '; rechtigte Frage, auf die es eine Antwort ; und mehrere Hinweise gibt.

Der Text beschränk sich darauf, den ! L.ernenden so rasch und einfach wie \ möglic die Technik des Integrierens" ; beizubringen Davon ausgehend, da der Leser fü \ tiefe mathematische Zusammenhäng ", nicht empfänglic ist, wurden sämtlich '; Beweise und zahlreiche Uberlegungen ; im Aufgabenteil behandelt

Dem ersten Spiegelstrich entsprechend fol- gen dann jeweils nach Bekanntgabe diverser Integrationsregeln und -methoden (von den Lehrbuchautoren mehrfach selbst als ,,Koch- rezepte" diskriminiert) umfangreiche Aufga- benblöck mit insgesamt uber 600 Ubungs- aufgaben von folgendem Typ

Bei den folgenden Aufgaben sind die gege- benen unbestimmten Integrale zu berechnen!

Integralrechnung mit dem Tl-92

bzw,

Bei den folgenden Aufgaben sind die gege- benen bestimmten Integrale zu berechnen!

(Allenfalls erfolgt eine ,,Einkleidungu dieser Aufgaben in Flächeninhalts oder auch Vo- lumenberechnungen ) Die im zweiten Spie- geistlich avisierten Beweise und uberlegun- gen hingegen findet man höchs selten und vorwiegend im ,,KieingedrucktenU, das - nach Aussage der Lehrbuchautoren - ,,ohne Be- einträchtigun der Verstiindlichkeit weg- gelassen werden" kann (a. a 0 ). Es kann kein Zufall sein, dass das zitierte Lehrbuch das an österreichische Handels- akademien (eine Art wirtschaftliches Gymna- sium) am häufigste verwendete Mathema- tiklehrbuch ist (und leicht verändert Versio- nen sich auch an Gymnasien und Höhere Technischen Lehranstalten große Beliebt- heit erfreuen) Mehr noch Die Realitä des mathematischen Schulalltags in Osterreich scheint auch dort, wo andere Lehrbucher verwendet werden, weit weniger durch die vielen wertvollen Vorschläg in didaktischen Arbeiten und in guten Lehrbuchern gepräg als durch eine Praxis, fŠdie das hier ge- nannte Schulbuch durchaus charakteristisch ist (Wobei noch beobachtet werden kann, dass bald nach dem Abitur auch die extensiv eingeubten ,,Kochrezeptefi kaum noch be- herrscht werden ) Selbstverständlic gibt es auch sehr positive Gegenbeispiele und Ausnahmen, aber fur den ,,realistischen Klassenunterricht" er- scheinen mindestens in Osterreich die fol- genden Aussagen doch recht zutreffend

Vordringliches Anliegen ist meist die Be- herrschung diverser Techniken zur Er- mittlung von Stammfunktionen Bemu- hungen um begriffliches Grundverständ nis und um Grundvorstellungen von theo- retischen Begrundungen oder auch von Anwendungen fehlen oder verlieren sich in der Fulle rechentechnischer Aufgaben

e Viele Lehrerlinnen sehen keine didakti- sche Notwendigkeit, von dieser Praxis wesentlich abzuweichen, gelegentlich gibt es wohl auch fachmathematische Barrie- ren Viele Lehrerlinnen sind der Ansicht, dass bei Schwerpunktsetzungen jenseits routi- nisierbarer Rechenabläuf die Mehrheit ihrer Schulerlinnen in ihrer Leistungsfä higkeit wie auch in ihrer Motivation über fordert wäre daraus - aber nicht nur daraus - ergilben sich auch Probleme bei der Leistungsbeurteilung

2 Ãœberlegunge zur Integ- ralrechnung in einem Un- terrichtsprojekt ,,Mathe- matik mit dem Tl-92"

Seit einiger Zeit sind Edith SCHNEIDER (Uni- versitä Klagenfurt) und ich in ein Unter- richtsprojekt involviert, in dem zwei Lehrerin- nen versuchen, ihren Mathematikunterricht unter Verwendung des Tl-92, uber den alle Schulerlinnen verfugen, didaktisch sinn- voll(er) zu gestalten Das Unterrichtsprojekt wird an zwei Handelsakademien durchge- fuhrt und geht soeben ins dritte und letzte Schuljahr Edith SCHNEIDER und ich haben in diesem Projekt beratende und unterstützen de Aufgaben in fachmathematischer, fachdi- daktischer und auch organisatorischer Hin- sicht - und wir haben gewisse For- schungsinteressen, auf die hier aber nicht nähe eingegangen werden soll (vgl etwa SCHNEIDER 1999a, 1999b) Im Schuljahr 1998199 war gemä Lehrplan die Analysis (einschließlic Kosten und Preistheorie) zu behandeln, wobei einer Leh- rerin drei, der anderen Lehrerin nur zwei Unterrichtsstunden pro Woche zur Verfugung standen Fur die Integralrechnung wurden von den beiden Lehrerinnen ca 6 Wochen vorgesehen Die bisherigen Vorstellungen und unterrichtlichen Erfahrungen der beiden Lehrerinnen zur Integralrechnung bewegten sich uberwiegend in dem in Abschnitt 1 skiz- zierten Rahmen Im Folgenden sollen einige Uberlegungen umrissen werden, die entscheidenden Ein- fluss auf die Entwicklung des Unterrichtskon- zepts und der Unterrichtsmaterialien in die- sem Projekt hatten

e Es war beiden Lehrerinnen sehr rasch klar, dass ihre bisherigen, verfahrensori- entierten Vorstellungen und Unterrichts- Konzepte zur Integralrechnung mit der Verfugbarkeit des TL92 schwer verträg lich sind Der Unterricht könnt sich auf eine Bekanntgabe der Eingabe von Integ- ralen am Tl-92, auf einige Hinweise zur Berechnung von Flächeninhalte (Prob- lem der ,,negativen Flächen" und auf die Bekanntgabe der Formeln zur Berech- nung von Volumina von Drehkörper be- schränke Bei einem geschätzte Zeit- aufwand von 2 bis 3 Unterrichtsstunden wäre fur die Schulerlinnen alle bisher behandelten Aufgabenstellungen zur Inte- gralrechnung lösba - und das bei deut- lich reduziertem Zeitaufwand und deutlich reduzierter Fehleranfälligkei Diese Per-

Werner Peschek

spektive wurde als unbefriedigend emp- funden, ein Verzicht auf den Tl-92 wurde jedoch nicht in Erwägun gezogen, Ausfuhrlich diskutiert wurde im Folgenden die Frage, was verloren geht, wenn man die Ermittlung von Stammfunktionen gänzlic an den Rechner auslagert Ge- messen an der bisher geubten Praxis ver- zichtet man auf die Kenntnis von Integra- tionsregeln und Verfahren, auf Ubungen zum routinemäßig oder auch kreativem symbolischen Operieren (was nach Ein- schätzun der Projektlehrerinnen zwar ein wesentlicher Bestandteil mathematischer Tätigkei ist, hier aber nur wenig zum Ver- ständni des Integralbegriffs beitragen kann) und man verzichtet eventuell auf Moglichkeiten, die Integration zumindest exemplarisch als Umkehroperation der Differenziation zu erleben Jenseits diverser Integrationsverfahren fuhrte die Diskussion auf zwei Anliegen Zum einen wollte man eine mathematisch korrekte Erklärun und Begrundung des Integralkonzepts anbieten, zum anderen sollten von den Schulernlinnen aber auch eher anschauliche Grundverständniss und Grundvorstellungen aufgebaut wer- den, die einen verständige Umgang mit Anwendungen ermögliche Beide Anlie- gen zugleich zu verfolgen wurde als me- thodisch (zu) schwierig erachtet, im Hin- blick auf die Ausrichtung des Schultyps einigte man sich darauf, dem Anwen- dungsaspekt Prioritä einzuräume Be- griffliche Exaktifizierungen sollten allen- falls - d h nach Maßgab der verfugba- ren Zeit - erst im Anschluss daran erfol- gen (vgl dazu FISCHER 1978)

Als Anwendungen sollten neben Flachen- und Volumenberechnungen auch die Er- mittlung von Weglängen von Bogenlän gen, die physikalische Arbeit, vor allem aber auch wirtschaftliche Anwendungen (wie Konsumenten- und Produzenten- rente, Einkommensteuer U à ) behandelt werden Die fur solche Anwendungen zentrale Idee wurde im Kumulierungsas- pekt gesehen, salopp ausgedruckt das Integral als ,,unendliche Summe von Pro- dukten mit einem unendlich kleinen und einem sich verändernde Faktor" bzw als Grenzwert von Summen derart verallge- meinerter Produkte Den Arbeiten von P BENDER (1990) und W BLUM (1995) ver- danken wir die Einsicht, dass man diese Kumulierungsidee auch der Argumenta- tion mit Stammfunktionen zugrunde legen kann

Diese Uberlegungen fuhrten letztlich zu ei- nem Unterrichtskonzept, das im folgenden Abschnitt entlang einiger wesentlicher Stellen kurz skizziert wird

3 Skizze eines Unterrichts- Konzepts

Einstieg Der Einstieg in die Integralrechnung sollte uber ein (anwendungsorientiertes) Beispiel erfolgen, bei dem die gegebene Funktion als Ableitungsfunktion bekannt ist, z B

Einstiegsbeispiel: Es sei v(t) die Ge- schwindigkeit eines Autos zum Zeitpunkt t , Ermittle den im Zeitintervall [tl, t y ] zurück gelegten Weg!

Argumentation 1 :

Weg = Geschwindigkeit * Zeit

Da sich die Geschwindigkeit in einem (länge ren) Zeitintervall [t^, t 2 ] ständi veränder wird, empfiehlt es sich nicht, fur das gesamte Intervall mit derselben Geschwindigkeit (wel- che?) zu rechnen, fur kleine Teilintervalle scheint dies weniger problematisch Die so fur kleine Teilintervalle ermittelten Weglan- gen ergeben aufsummiert eine brauchbare Näherun

i=1

mit (, beliebiger Zeitpunkt im i -ten Teilin- tervall,

Argumentation 2: v(t) = s f ( t )

Aus der Differentialrechnung weià man, dass die Geschwindigkeit die Ableitung der Zeit- Weg-Funktion s ist, somit v( t ) = sl(t) gelten muss.

Dabei ist s f ( t i ) (= v( i i ) ) ungefäh die Verän derung (der Zuwachs) der Wegläng in ei- nem kleinen Teilintervall, Summiert man die- se Zuwachse auf, so erhalt man ebenfalls

Fur beide Argumentationen ist - mit oder ohne grafische Veranschaulichung - im Kontext einsichtig, dass die Näherun umso besser sein sollte, je kleiner die einzelnen Teilintervalle gewähl wurden Fü n - > W

Integralrechnung mit dem Tl-92

sollte der Fehler also gegen 0 gehen und somit gelten::

n

s ( t l , t2 ) = lim x r ( Ã ˆ , ) ~ n + m . .

(Gemeint ist hier der Grenzwert von Zwi- schensummen; Ober- und Untersummen sind als Spezialfäll mit inkludiert; mit s(ti , t2) = s( t2) - s(t,) aus Argumentation 2 ist auch der Hauptsatz unmittelbar gegeben )

Das 1-syrnbol

Schwieriger als die Entwicklung einer an- schaulichen Vorstellung von diesem doch etwas ungewöhnliche Grenzwert ist dessen Berechnung, bei der das wesentlichste Problem darin besteht, sich des Summenzei- chens zu entledigen Man kann dies fur ein- fachere Fäll händisc oder auch - wie z. B ASPETSBERGER (1998) zeigt - mit CAS-Unterstutzung schrittweise vorfuhren, man kann dies nach BERRY (1997) fur viele Fäll auch direkter mit Hilfe der limit- Funktion des Tl-92 demonstrieren (Abb 1) oder auch gleich darauf verweisen, dass der

Rechner mit (v ( t ) , t , t i , ( 2 ) ) in vielen Fäl J len imstande ist, den fraglichen Grenzwert zu berechnen (Abb 2)

I I n b - a lim (v(a+ i h) h)[h=- n+Ã i = 1

llimi~<!<v<~+i*h>*h,i.l.n>.n.*..][ MAIN KM EKACT FUNC 4/30

Abb 1

\He"<t /~ ) . t .2 .6> MnIN M D ExncT FuNc itso

Abb. 2

Man kann es bei dieser knappen Erklärun des J- Symbols am Rechner belassen oder auch gleich eine (der Rechnerfunktion ent-

sprechende) vorläufig Definition fü das In- tegral in der Form

angeben In jedem Fall zeigt sich an dieser Stelle ein sehr bedeutsamer Unterschied zur händische Vorgehensweise. Auch bei ei- nem händische Vorgehen kann man natur- lieh fur den Grenzwert der Zwischensummen

das f - Symbol einfuhren, aber man wird dann doch sehr bald zum Hauptsatz und zur Ermittlung von Stammfunktionen (zuruck-) kommen mussen, da obiger Grenzwert kei- nen sehr praktikablen Weg zur händische Berechnung von Integralen eröffne Unter Verwendung von CAS ist die Situation völli anders, da hat man an dieser Stelle das Problem der Berechnung von Integralen weitgehend gelös Der Hauptsatz in der Form

b

jf ( X ) & = W ) -F@) a

steckt schon in der zweiten Argumentation Darauf kann man hinweisen, auch auf die dadurch eröffnete Möglichkeite zur Be- rechnung von Integralen mit oder ohne CAS Man muss das an dieser Stelle aber nicht tun, sondern kann damit auch warten, bis man mit Hilfe der Integralfunktion den Haupt- satz exakter fassen kann

Anwendung und Vertiefung Das Integral sollte zur Berechnung von Weglangen, Geschwindigkeiten (aus gege- bener Beschleunigung), Flächeninhalten Volumina, Bogenlängen der physikalischen Arbeit (in verschiedenen Zusammenhängen) fur wirtschaftliche Anwendungen (Konsumen- ten- und Produzentenrente, Volkseinkom- men, Steuern, ) usw eingesetzt werden Wichtig erscheint dabei nicht nur, dass viel- fältig Anwendungsgebiete der Integralrech- nung kennen gelernt und entsprechende Aufgaben gelös werden, es geht vielmehr auch ganz wesentlich darum, das Kumulie- rungskonzept in unterschiedlichen Kontexten als Mittel zur Beschreibung und Darstellung bestimmter Sachverhalte zu erfahren und damit das Verständni solcher Grenzwerte von Zwischensummen zu vertiefen

Exaktifizierung Eine mathematische Reflexion der bis dahin entwickelten Begriffsvorstellungen kann auf ganz traditionellem Weg zumindest skizziert werden (vgl etwa KRONFELLNER & PESCHEK

Werner Peschek

1997, BURGER U a 1992) Man zeigt z B an der Geschwindigkeitsfunktion des einfuhren- den Beispiels, dass mit Hilfe von Unter- und Obersummen bei gleichmäßig Zerlegung der maximale Fehler nicht nur abgeschätzt sondern auch kleiner als ein beliebiges E

gemacht werden kann (Der Tl-92 wird bei der Ermittlung der Ober- und Untersummen nutzlich sein ) Damit ist aber auch gezeigt, dass in jeder &-Umgebung fast alle Zwi- schensummen liegen, dass also der Grenz- wert der Zwischensummen existiert Eine Verallgemeinerung dieser Vorgehensweise fur beliebige Zerlegungen fuhrt auf eine all- gemeine Definition von Ober- und Unter- summen und macht deutlich, dass man in je- dem Intervall globale Maxima und Minima braucht (was fur stetige Funktionen immer erfullt ist, fur unstetige Funktionen aber nicht gelten muss)

Man nennt schließlic eine Funktion f dann integrierbar auf [a,b], wenn sich der Unter- schied zwischen Ober- und Untersummen beliebig klein machen lässt d h wenn die Grenzwerte gleich sind Dieser Grenzwert wird dann Integral genannt, (Wobei noch zu zeigen wäre dass alle mög lichen Folgen von Ober- bzw Untersummen auf denselben Grenzwert fuhren - darauf kann man zumindest hinweisen ) Die bekannte Beziehung (bzw fruhere Defi- nition)

wird damit zum beweisbaren Satz fur stetige Funktionen Fasst man die obere Grenze als unabhängi ge Variable auf, so fuhrt dies zum Begriff der Integralfunktion und ermOglicht eine mathe- matisch exaktere Fassung des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechnung'

Es sei f : A -+ B eine stetige Funktion und [U, bl c: A Dann ist die Funktion

0

eine Stammfunktion von f , d h , es gilt F; = f Der schon aus der Einfuhrung bekannte

h

Sachverhalt f ( X ) dx = F(b) - F(a ) läss sich I daraus recht einfach herleiten Wichtig erscheint, dass bei einer solchen Begriffsexaktifizierung bewusst und deutlich

wird, dass eine solche Reflexion auf eine mathematisch-formale Rechtfertigung des zuvor intuitiv-anschaulichen Vorgehens ab- zielt und damit ganz andere Zielsetzungen verfolgt als die Berechnung von Integralen oder deren Anwendung Darauf sollte auch geachtet werden, wenn ein CAS etwa zur Berechnung konkreter Ober- und Untersum- men oder von Werten der Integralfunktion eingesetzt wird (siehe etwa ASPETSBERGER & SCHL~GLHOFER 1996, ASPETSBERGER 1998, BAUMANN 1996, B ~ H M 1992, BOHM & PROPPER 1999) Die theoretische Reflexion sollte nicht zu Berechnungsverfahren (oder technologischen Visualisierungsaufgaben) degradiert werden und damit eine ähnlic traurige Rolle zugewiesen bekommen wie einst der ,,Gruppenerkennungsdienst" in der schulischen Algebra

4 Zwei Nachbemerkungen

1. Die beiden in Abschnitt 2 und 3 genannten Lehrerinnen folgten in ihrem Unterrichtspro- jekt im Wesentlichen dem hier skizzierten Konzept Fur die Exaktifizierung blieb aller- dings in einem Fall wenig, im anderen Fall gar keine Zeit Dies und ein paar andere Schwachstellen sollen bei einem neuerlichen Durchgang behoben werden 2. Computer und insbesondere CAS verhel- fen einigen wichtigen didaktischen Ideen zu einer Renaissance Experimentieren, Ele- mentarisieren, Modularisieren, Verknupfen von Darstellungsformen Zweifellos handelt es sich dabei um sehr wichtige und nutzliche Aspekte des Einsatzes neuer Technologien, die weiter untersucht und entwickelt werden sollten Zugleich ist (mir) aber auch kaum verstandlich, warum diese Möglichkeite so sehr in den Vordergrund gestellt und zugleich so zögerlich ja geradezu schamhaft, mit der Fähigkei von CAS umgegangen wird, die das Wesen(tlichste) von CAS ausmacht, nämlic die Fähigkeit algorithmisierbare Abläuf symbolischen Operierens sicher und schnell durchzufuhren Die Möglichkeit symbolische Operationen an den Computer auszulagern (vgl PESCHEK 1999a, 1999b) schafft Freiräum fur andere grundlegende mathematische Tä tigkeiten (etwa Darstellen und Interpretieren) und Zielsetzungen (etwa Begriffsverständnis Anwendungen), die bislang in der mathema- tischen Ausbildung oft sehr vernachlässig wurden - das in Abschnitt 2 genannte Pro- jekt war in dieser Hinsicht jedenfalls sehr er- mutigend

Integralrechnung mit dem TL92

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@ Der kletternde Bä - Dynamik ohne Chaos

Siegfried Zseby, Berlin

Bei der Behandlung dynamischer Phänomen landet man als Mathematiker leicht im Chaos, welches zwar äußer interessant ist, jedoch als Unterrichtsgegenstand kaum ,elementar" genannt werden kann

Da fur chaotische Vorgäng sowohl Dynamik als auch Nichtlinearitä notwendig sind, liegt es nahe, sich zunächs auf eine Problematik zu konzentrieren Ich habe mich fur die Dynamik entschieden - einerseits weil sie in der Wirtschaftsmathematik eine groß Rolle spielt, andererseits weil ich die Untersuchung dynamischer Modelle mit Hilfe von Tabel- lenkalkulation und Computeralgebrasystemen fur besonders motivierend halte

Anhand einiger Beispiele möcht ich zeigen, dass ein Lottogewinner, Bayern München die Aktien der Deutschen Bank und ein kletternder Bä einige Gemeinsamkeiten aufwei- sen und dass es sich lohnt, auch außerhal des Chaos nach Ordnung zu suchen,

1 Der kletternde Bä

1.1 Die Aufgabe

Ein Bä möcht auf einen 10 Meter hohen Baum klettern Er beginnt am Montag um 8 Uhr Jeden Tag bewältig er 3 Meter In der Nacht rutscht er jedoch immer wieder 2 Me- ter herunter, so dass sich sein Karriere- Netto-Ertrag in engen Grenzen häl Wenn er angekommen ist, möcht er dies durch ein Glas Honig feiern Wann ist er oben?

1.2 Modellanalyse

Wir möchte nun die Zusammenhäng ana- lytisch, grafisch und tabellarisch darstellen Mit den Bezeichnungen

xt = Höh am Tag t morgens

yt = Höh am Tag t abends

gilt zunächs (wenn wir bei der Zählun mit 0 beginnen)

yt = Xt + 3

^+I = Y t -2, ( .yt 5 10) X. = 0.

Dies könne wir als ein mul- tivariates, lineares, deter- ministisches, dynamisches Modell ansehen. Durch Eli- mination von yt erhalten wir das univariate Modell

Xt^ = X^ + 1, ( X ( :Â 7) xo = 0.

Wahrend die beiden bisheri-

gen Formulierungen als Bewegungsglei- chungen iterative Modelle waren, erhalten wir als Lösun das finale Modell

Xf = t , ( t 5 7 ) ,

das uns zu jedem Wert von t unmittelbar die Höh r , und somit die Lösun der ur- sprunglichen Aufgabe t = 7 liefert Die grafische Darstellung enthalt die Höhe morgens und abends, die der Anschaulich- keit wegen verbunden wurden

Abb 1: Grafische Darstellung

Die tabellarische Darstellung mit Excel zeigt 1 die Ergebnisse und die ~ormeln, -

-

Abb 2: Tabellarische ~arstel lun~

Der kletternde Bä - Dynamik ohne Chaos

1.3 Aufgabentypen

Wir könne einige typische Aufgaben for- mulieren, die sich bereits an diesem einfa- chen Beispiel erkennen lassen

(AO) Identifikation der Parameter

Die Parameter (Höh des Baumes, täglich Veränderungen sind in diesem Beispiel ex- plizit angegeben Man muss sie nicht erst aus anderen Angaben erschließe

(Al) Enumeration Ausrechnen von Funk- tionswerten

Aus dem iterativen oder aus dem finalen Mo- dell könne wir zu jedem Tag die zugehörig Höh ermitteln

(A2) Zielsuche: Ermittlung des Wertes der

als anderes Extrem die multivariaten, linea- ren, stochastischen, dynamischen Modelle betrachtet, die mittels Matrizen und Zufalls- vektoren recht allgemein folgendermaße formuliert werden können

Yt = AoYt + A,Y^ + Boxt + Zt

Xf = ( ^ ( I , . * . >^(,J Yt = ( ^  ¥ I . . >^tW)>

zt = ( Â ¥ " ( I ... ,ztm)- Innerhalb meiner Systematik, die sich vom einfachsten Startmodell (System SOOOO) bis hin zum recht allgemeinen multivariaten nichtlinearen stochastischen dynamischen Modell (System S I 11 1) erstreckt, konnen wir deutlich das Teilspektrum der linearen dy- namischen Modelle erkennen, das von den

1 Modellen der ersten Ebene (den ,,Basis- 'unabhängigen variable (Einflussgrö 1 modellen") bis zur dritten Ebene reicht:, ße bei numerischer Vorgabe des FunktiOnswertes (der 1 Modelle: Systematik 1 ~ ~ : , , ~ ~ ~ ~ a ~ - ~ = ~ . ~ ~ ~ , ~ ~ ~ ~ ~ , ~ ~ 1 große)

Dies ist hier die eigentliche Aufgabe

(A3) Inversion Zielsuche bei allge- meiner (nicht-numerischer) Vor- gabe von Sollwerten

(A4) Optimierung (hier nicht formu- liert)

1.4 Die Losung

Analytische, grafische und tabellari- sche Darstellung liefern die Lösun t = 7 . Der kletternde Bä erreicht am Montag Abend sein Ziel.

dynamisch W

Abb 3: Systematik mathematischer Modelle

2 Das Spektrum linearer dynamischer Modelle

Wenn wir uns auf lineare dynamische Mo- delle beschränken haben wir es im ein- fachsten Fall mit einem univariaten, li- nearen, deterministischen, dynamischen Modell zu tun

Y t = ayt-1 + bxt.

Die Beschäftigun mit solchen Modellen ge- hör durchaus zu den Standardthemen des Mathematikunterrichts Die moderne Sicht er- gibt sich daraus, dass man diese Aufgaben unter dem Gesichtspunkt eines bestimmten Modelltyps betrachtet,, Dadurch läss sich der 'kletternde Bär beispielsweise als Vorübun fü Aufgaben der Finanzmathematik verwen- den. Dass das Spektrum linearer dynamischer Modelle dann sogar uber die Schulmathe- matik hinausreicht, erkennt man, wenn man

Hierbei sieht man auch, dass wegen der Voraussetzung der Linearitä das Chaos vermieden wurde Eine vollständig Uber- sicht und eine ausfuhrlichere Diskussion der gesamten Systematik findet man unter der angegebenen Internetadresse

Im gesamten (Teil-)Spektrum linearer dyna- mischer Modelle zeigt sich, dass die oben zusammengestellten Aufgaben relevant sind,

(AO) Identifikation der Parameter Beispiel. Lineare Regression

(Al) Enumeration Ausrechnen von Funkti- onswerten zu vorgegebenen Parame- ter- und Anfangswerten

Fur das (multivariate) lineare deterministi- sche Modell (finale Form)

kann bereits diese Aufgabe praktisch sehr aufwendig sein, so dass man Methoden jen-

Siegfried Zseby

seits der Schulmathematik (Eigenwert- theorie) heranziehen muss Im Prinzip läss sich die Enumeration jedoch in vielen Fallen mit Excel erledigen (A2) Zielsuche Im Fall univariater deterministischer Modelle läss sich auch hier - bei numerisch gegebe- nen Sollwerten - mit der ,,Zielwertsuche" von Excel, aber auch mit anderen numerischen oder sogar mit analytischen Methoden eine Lösun finden Fur statische und dynamische Modelle stellt sich diese Aufgabe naturlich auf unterschiedlichen Ebenen (A3) Inversion Eine allgemeine Inversion, die bei statischen (multivariaten linearen deterministischen) Modellen auf die Ermittlung der inversen Matrix hinausläuft ist bei dynamischen Mo- dellen nur in einfachen Fälle möglic Die Finanzmathematik liefert hierfur allerdings einige praxisrelevante Beispiele (A4) Optimierung Die Optimierung linea- rer dynamischer Sys- teme, die durch ent- sprechende Modelle beschrieben werden, ist naturlich ein noch weiteres Feld Den- noch läss sich zumin- dest die Aufgaben- stellung und die Moti- vation, hierfur Lösun gen zu suchen, an-

Wie beim Muster des kletternden Baren for- mulieren wir zunächs die Bewegungsglei- chungen Da es sich um eine vorschüssig Ruckzahlung handelt, gilt

Kt = (~^-r) 9, (q = 1 +P). Bei nachschussiger Rückzahlun gilt statt- dessen

Kf = Kt.q- r.

Beide Formeln könne wir zusammenfassen:,

1, vorschussig, Kt = K,. - rq', V = {

0, nachschussig.

Die entsprechende finale Formel lautet

Mit Excel könne wir die numerische Aus- wertung vornehmen (Abb 4): Die Analogie zum Problem des kletternden

hand einfacher Bei- spiele vermitteln., Ersetzt man beispielsweise beim kletternden Bäre die Höh durch einen Lagerbestand, so sieht man ein, dass es sinnvoll ist, etwa bei unregelmäßig Lagerabgang den Zu- gang unter Berucksichtigung von Lager- und Fehlmengenkosten optimal festzulegen

3 Spezialproblerne

3.1 Der Lottogewinner (Zinses- zinsrechnung)

Als erstes Spezialproblem betrachten wir die folgende Aufgabe,

Ein Lottospieler hat eine Million DM gewonnen und hebt am Anfang jedes Jahres 100 000 DM ab Wie viel Geld hat er nach 5 Jahren noch auf seinem Konto, wenn er eine Verzinsung von 4 % erhält

Abb 4: Der Lottogewinner

Bäre wird auch bei der tabellarischen und grafischen Darstellung deutlich. Um die Stu- fenform zu realisieren wurden in der Tabelle zu jedem ganzzahligen Zeitpunkt zwei Werte ermittelt, wobei naturiich jeweils nur der erste den tatsächliche Kontostand angibt

Weitere Fragen, die sich unmittelbar an- schließen sind - Wie häng das Restguthaben von r rund

q ab? - Wie lange kann er von dem Lottogewinn

leben?

Die Ermittlung von 7 und q läss sich als Identifikationsproblem (AO) ansehen, die Be- rechnung der Laufzeit als Zielsuche (A1). Wenn wir statt des Lottogewinns ein Darle- hen betrachten, könne wir mit diesen For- meln ebenso einen Tilgungsplan fü ein auf- genommenes Darlehen erstellen

Der kletternde Bä - Dvnamik ohne Chaos

3.2 Bayern Münche (Verteilung einer Prämi bei Spielab- bruch)

Als zweites Spezialproblem betrachten wir die folgende Aufgabe,

Spieler M. ist bereit, vor Saisonende bei Bayern Munchen aufzuhören möcht sich a- ber die Chance der Meisterschaft, die mit 100 000 Euro prämiier wurde, bar auszahlen lassen,

Wir vereinfachen die Aufgabe, indem wir nur den letzten Spieltag betrachten, Dazu sehen wir uns die Tabelle und die letzten Ansetzun- gen an:

1 Sp 1 Gew 1 Un IVerlI Tore 1 Pkte Bayern 133 1 20 1 8 1 5 7 2 : 331 68 ~Ÿnche 1 Borussia 1 33 1 19 1 10 1 2 165 : 361 67

Hertha BSC - Bayern Münche Borussia Dortmund - Hamburger SV

Fur unser Modell setzen wir voraus, dass die ,Favoriten" jeweils mit den Wahrschein- lichkeiten % gewinnen ( 3 Punkte), mit % unentschieden spielen ( 1 Punkt) und mit % verlieren (0 Punkte). Mit diesen Modellan- nahmen könne wir den weiteren Verlauf si- mulieren - mit Hilfe von zwei Wurfeln - oder auch analytisch verfolgen,:

11~avern Münche 1 2 W urfel, Je 10 W urfe I

6 8 67

Spiel A Punkte Sp ie l B Punkte Sieger A

B 7 1 B 70 1

daraus eine Wahrscheinlichkeit von 0,6 als Schatzung ablesen.

Bei der analytischen Lösun sehen wir zu- nächst dass Bayern Munchen die Meister- schaft gewinnt, es sei denn, Dortmund ge- winnt das letzte Spiel und Bayern Münche gewinnt es nicht Aus der Tabelle der 36 Möglichkeite erkennen wir, dass 27 fur Bayern und 9 fur Dortmund gunstig sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass Bayern Meister wird, ist damit 0,75

Man könnt somit einen Betrag von 75 000 Euro als angemessene Prämi ansehen, wenn man eine risikoneutrale Einigung an- strebt

Vergleichen wir nun Bayern Munchen mit dem kletternden Bären so bemerken wir, dass wir es hier mit einem stochastischen Modell zu tun haben Ohne die Bewe- gungsgleichungen zu formulieren, haben wir unter der Voraussetzung bekannter Pa- rameter die Aufgabe der Enumeration (Al) simulatorisch und analytisch löse könne Dass die Beschreibung des Systemzustan- des nicht ganz einfach ist, liegt U a daran, dass hierfur nicht allein die Bundesliga- tabelle, sondern auch die bereits absolvierten Spiele und ggf weitere Details maßgeblic sind

3.3 Die Aktien der Deutschen Bank (Black-Scholes-Theorie)

Ein Beispiel fü

Abb 5: Bayern München Simulation und analytische Lösun

Bei 10 Simulationen eraab sich sechsmal 1

das Zusam- menwirken der finanzmathe- matischen In- halte und der stochastischen Modellvoraus- setzungen ist die Modellie- rung von Akti- enkursen Von ähnliche Struktur wie das soeben betrachtete Problem, aber von weitaus größer Be- deutung fü die Praxis ist da- her die folgen- de Aufgabe.

Bayern Münche als sTeger, Wir würde Wir möchte in sechs Wochen 200 Aktien der Deutschen Bank zum gegenwartigen

Siegfried Zseby

Kurs von 50 Euro kaufen Welchen Preis mussen wir jetzt fü diese Option zahlen?

Die Option, in sechs Wochen eine Aktie der Deutschen Bank zum gegenwärtige Kurs kaufen zu können hat einen Wert, der von der Wahrscheinlichkeitsverteilung des spate- ren Kurses abhäng Wir mussen also den Kursverlauf der Aktie analytisch oder simu- latorisch untersuchen.

Wenn wir die Aktie der Deutschen Bank mit dem kletternden Bäre vergleichen, so ha- ben wir es nun wieder mit einem stochasti- schen System zu tun Gegenübe der Festle- gung der Prämi (bei Bayern Munchen) kommt hinzu, dass jetzt die Wahrscheinlich- keitsverteilung schwieriger zu berechnen ist

Wir verwenden dafur das folgende Modell

&+I = K + Z t und nehmen der Einfachheit halber an, dass sich der Kurs in jeder Woche entweder um 0,30 Euro nach oben oder um 0,20 Euro nach unten bewegt, und zwar jeweils mit Wahr- scheinlichkeit 0,5 und unabhängi von voran- gegangenen Bewegun- gen Damit haben wir einen positiven Trend vorausgesetzt, der in der Praxis durch die Al- ternative eines risiko- freien Zinses gerecht- fertigt wird. Währen die analytische Lösun des Problems, den Wert ei- ner Option zu berech- nen, auf die berühmt Black-Scholes-Formel fuhrt, beschränke wir uns auf die Simulation

Aktien der Deutschen Bank.

6. Munzwurfe. . +

Kopf (1) = Kurs + , 0,3 Zahl (0) = Kurs - 0,2

In unserer (einmaligen) Simulation hat die Aktie nach sechs Wochen den Kurs 50,30. Die Option, die Aktie nun zum Kurs 50,OO kaufen zu können erweist sich als nützlich sie bringt uns einen Gewinn von 0,30 Euro Wenn der Kurs am Ende unter 50 liegt, ver- zichten wir naturlich auf unsere Option Man sieht daran, dass es mathematisch darauf ankommt, den Erwartungswert der kupierten (bei Null abgeschnittenen) Verteilung zu er- mitteln

3.4 Der Schweinezyklus

Als letztes Beispiel betrachten wir ein ein- faches Preismodell,

Pt = Pt-1 + k(xt-1 - yt-1) xf = a - bpt Nachfrage ,yt = -C+ dpt Angebot

~ ~ f f e r e n z e n g l e ~ u n g e r s t e r O r d n u n g 1

Abb 7: Stabiler, nicht konjunktureller Preisverlauf

Abb 6: Aktien der Deutschen Sank

dieses vereinfachten Modells (siehe Abb 6)

daraus durch Elimination ein univa- riates Modell machen

Hierbei handelt es sich, wie bei der ur- sprunglichen Formulierung des kletternden

Pt = (1 - k(b + d))p^ + k(a + C )

Das Hauptproblem besteht wieder in der Enumeration (Al), also der Un- tersuchung des Preisverhaltens in Abhängigkei von der Zeit Je nach Wahl der Parameter erhalten wir da- bei unterschiedliches Stabilitätsver halten

Bären um ein multivariates, linea- res, deterministisches, dynami- sches Modell. Auch hier könne wir

Der kletternde Bä - Dynamik ohne Chaos

Mit dem ,,kletternden Bären haben wir zu- nächs eine sehr einfache Aufgabe formuliert Wie wir gesehen haben, ist diese Aufgabe jedoch in gewisser Weise typisch und Aus- gangspunkt fur wesentlich komplexere und praxisrelevantere Fragestellungen

Wenn wir uns auf lineare dynamische Mo- delle beschränken haben wir damit diejeni- gen Probleme ausgespart, die im Zusam- menhang mit chaotischem Verhalten in letz- ter Zeit Aufmerksamkeit erregt, aber nicht immer die mathematisch erwunschten Lernerfolge gebracht haben Stattdessen ha- ben wir gesehen, dass auch Dynamik ohne Chaos ein reichhaltiges Thema ist, das gera- de auch in der Wirtschaftsmathematik inzwi- schen sehr beliebt ist

Währen die erste Möglichkei wieder an den kletternden Bäre erinnert, wobei es sich al- lerdings um einen monoton wachsenden Verlauf handelt (siehe Abb 7), kommt es bei der zweiten Möglichkei zu einem zyklischen Verlauf, der eher an ein schleuderndes Auto erinnert und in der Preistheorie als ,,Schwei- nezyklus" bekannt ist (siehe Abb 8)

Die einfachsten dieser Modelle, nämlic die univariafen deterministischen, decken voll- ständi die elementare Finanzmathematik ab Hier geht es tatsächlic um Standard- themen des Mathematikunterrichts Die Ein- bettung dieser Modelle und der damit ver- bundenen Aufgabentypen in eine allgemeine

Systematik verstehe ich als moderne Sicht, die uns darauf hinweist, dass sich verschie- dene Darstellungsmethoden (analytisch, ta- bellarisch, grafisch) und Lösungsmethode (algebraisch, numerisch, simulatorisch) auch bei komplexeren Problemen erfolgreich an- wenden lassen,

insbesondere die Einbeziehung von Tabel- lenkalkulationen und Com- puteralgebrasystemen erfor- dert meines Erachtens eine stärker Betonung der Sys- tematik bei den Modellen und

y l t , - p l t - l l . ,. h l k - l l - v l t - l l , Aufgaben, damit eine besse- re Übersich Ÿbe die Vielfalt der Probleme, eine bewusste Zuordnung der Lösungsme thoden zu den Aufgaben und ein kreativer Umgang mit neuartigen Fragestellungen geförder werden

Abb 8: Stabiler. koniunktureller Preisverlauf

Bericht zur Arbeitsgruppe * Y ) Terme verstehen - und auch umformen können?' Grundverständni und Grundfertigkeiten angesichts leistungsfähige Taschenrechner

Wilfried Herget & Karin Richter, Halle a. d. Saale

Schon heute sind Grafik-Taschenrechner in vielen Schulklassen der Sek l eingefuhrt Durch Knopfdruck ubernimmt dieser das Zeichnen eines Funktionsgraphen und das Berechnen einer Wertetabelle, und damit sind Funktionsgleichung, Tabelle und Graph stets einfach und leicht nebeneinander fur jede Schulerin und jeden Schuler verfugbar Noch leistungsfähige sind die modernen symbolischen, algebra-fähige Taschen- rechner Neben Tl-92 und Tl-89 gibt es seit diesem Jahr mit dem CASIO FX2 0 einen weiteren, durchaus erschwinglichen Ta- schencomputer auch fur den Unterricht Ver- einfachen von Termen, Löse von Gleichun- gen und Gleichungssystemen, symbolisches Differenzieren und Integrieren werden damit zu Aufgaben, die grundsätzlic nicht schwe-

rer sind als etwa ,,Berechne cosq- 0,123) ' I

Was änder sich dadurch im Mathematikun- terricht? Lassen sich die uns so vertrauten (und von nicht wenigen so gehassten) Ubun- gen zum Umformen von Termen und zum Löse von Gleichungen noch lange gegen diese Realitä verteidigen? Erfordert dies nicht eine entsprechende Verschiebung der Schwerpunkte im Unterricht, weniger Ein- uben von Rechentechniken, sondern stärke res Betonen eher schöpferischer beschrei- bender, begrundender und beurteilender Fä higkeiten? Diese Fragen wurden bereits vor vielen Jahren gestellt (HERGET l992), und seither haben wir im GDM-Arbeitskreis ,,Ma- thematikunterricht und Informatik versucht, neue und alte Antworten zu finden

Was ist unverzichtbar?

Es ist zu erwarten, dass in der Sekundarstu- fe II die leistungsfähige Symbol-Taschen- rechner bald ebenso selbstverständlic als Werkzeuge verwendet werden wie dies heute fü die einfachen Taschenrechner gilt, Die Situation in der Sekundarstufe l dagegen

ist vergleichbar der Grundschule Hier wie dort werden die Grundlagen gelegt, wird das Grundverständni fur die Grundbegriffe er- worben Ohne diese Grundlagen kann späte keine sinnvolle Mathematik-Allgemeinbildung vermittelt werden Wie viel Tascherechner- Verwendung ist dann aber richtig, ange- messen, sinnvoll? Und wie viel Grundver- ständnis wie viele Grundfertigkeiten sind - unabhängi vom Taschenrechner! - weiter- hin oder jetzt erst recht unverzichtbar?

Terme - eine ,,harte NUSS"

Variable, Funktion, Term, Gleichung gehöre ohne Zweifel zu den wichtigsten Grundbeg- riffen, die der Mathematikunterricht in der Sekundarstufe l zu vermitteln hat Unsere Arbeitsgruppe einigte sich, sich auf den Termbegriff zu beschränke - wohl wissend, wie sehr die anderen Begriffe damit verwo- ben sind

Schwierigkeiten im Umgang mit Termen stellen fur viele Schulerinnen und Schuler ein grundsätzliche Problem dar Dabei muss es gar nicht um Term-Monster der Art

gehen Schon viel elementarere Fragen kön nen Kopfzerbrechen bereiten, - Wie muss die Zahl 2 1 gelesen werden?

Meint das vielleicht 2 1 ?

- Warum ist eigentlich - x2 etwas anderes

als (-X)' ?

- Meine Rechnungen fuhren auf Was fange ich damit an? Ist das vielleicht ein Indiz, dass meine Rechnungen nicht stimmen können

* Teilnehmende: Christine Lenck-Ackermann (Leitung), Wilfried Herget, Henning Korner (Eingangsreferate), Margrit Dachtler, Ingmar Lehmann, Dietmar Meyer, Karin Richter, Reinhard Schmidt, Sibylle Stachniss-Carp, Jurgen Wagner, Siegfried Zseby

Wilfried Heraet & Karin Richter

Diese ,,Problemliste" ließ sich leicht fortset- zen Die Arbeitsgruppe nahm solche Erfah- rungen als Ausgangspunkt der Diskussion

Die ,,harte Nuss", die die Terme und der Um- gang mit ihnen fur Schulerinnen und Schuler darstellen (darstellen können) gilt es zu kna- cken Das Hilfsmittel Taschenrechner schafft dieses grundsätzlich Verständnisproble (naturlich!) nicht aus der Welt - macht es im Gegenteil vielleicht nur noch deutlicher Vielmehr geht es darum, Möglichkeite zu suchen und zu entdecken, den prinzipiellen Zugang zu Termen zu erleichtern und damit ihre Nutzung sicherer und durchschaubarer zu machen Ein stumpfes, rein kalkulhaftes Training im Umgang mit Termen hilft jedenfalls nicht - inhaltliches Verständni ist gefragt Das Wis- sen um Grundlegendes bei der Bildung von Termen kann ihre Nutzung nicht nur erleich- tern, sondern zu einer gewissen Selbstver- ständlichkei und Souver3nitä dabei fuhren Ein wichtiger Schritt auch dazu, den Ta- schenrechner von der black box zum effektiv genutzten Arbeitsmittel werden zu lassen!

Möglich Ansatzpunkte

Demgemäs konzentrierte sich die Ausein- andersetzung in der Arbeitsgruppe auf die Frage nach Möglichkeiten den Zugang zu Termen zu erleichtern, grundsätzliche Ver- ständni bei Schulerinnen und Schüler zu fördern, Wenn man nach Ansatzpunkten zu fragen beginnt, eröffne sich ein durchaus breites Spektrum:

Weniger ist oft mehr! Schon an einfachen Termen läss sich Wesentliches lernen!

Wenn eine bestimmte Darstellungsform Verständnisschwierigkeite bietet - dann führ vielleicht eine andere, aber äquiva lente Beschreibung leichter an den Kern des Problems, (Term - Graph - Tabelle - Sprache - , . .) Es kann helfen, den Term in seinem Kontext und nicht nur herausgelös zu betrachten (Umwelt~Umfeld - mathematische Kom- primierung im Term)

Erst die Struktur verstehen, dann mit dem Umformen oder Rechnen beginnen!

Diese Uberlegungen stellen einen ersten Zu- gang zu dem diskutierten Problemfeld dar Es gilt, sie in der Zukunft weiter fortzusetzen und zur Diskussion zu stellen Unterschied- lichste Mittel sind jedenfalls willkommen, sind

wichtig und notwendig, um das Verständni fur Terme bei Schulerinnen und Schüler zu vertiefen' Gerade in ihrer wechselseitigen Ergänzun rundet sich das Bild fur die Ler- nenden ab

Die Rolle des Taschenrechners

Der Taschenrechner erleichtert die Rechen- arbeit, er enthebt aber nicht der Notwendig- keit, Terme - und damit auch die Funktions- weise des Taschenrechners selbst - grund- sätzlic zu verstehen Zugleich eröffne er Möglichkeiten mit seiner Hilfe zu neuen, grundsätzliche Einsichten zu gelangen: - Lasst uns an verschiedenen Beispielen

nachprüfen ob ( X + 2)2 = x2 + Z2 richtig sein kann.

- Was liefert der Taschenrechner fü die Ausdrück 3'+4' und 7', wenn x = 2 oder x = 3 oder X = 4 oder . ,,,, gewähl wird? Das heiß doch dann aber; dass 3' + 4' und 7' nicht gleich sein können oder?

Die modernen Taschenrechner verlangen - wie auch viele gängig Computer-Algebra- Systeme - eine lineare Eingabe der mathe- matischen Terme. Bemerkenswert ist, dass diese rein technische Einschränkun zu ei- nem Ubersetzungsprozess zwingt, der das grundlegende Verständni fü die Struktur ei- nes Terms fordert und fördert - Warum akzeptiert der Rechner nicht die

Eingabe x + l / ( x - 1 ?

- Ist x + l / ( x - 1 ) die richtige Eingabe fü x+1

den gewünschte Term - ? X - 1

Wenn wir den Bildungsauftrag der Schule ernst nehmen, dann mussen wir uns der Herausforderung durch Hardware und Soft- ware stellen Dann muss es noch mehr als bisher darum gehen, die Bedeutung und die Tragweite eines mathematischen Begriffes (wie hier exemplarisch fur Terme erörtert zu vermitteln, und weniger darum, ein (Re- chen-)Rezept souverä zu beherrschen - das kann der Taschencomputer besser,

Literatur

HERGET, W [I 9921: Mathematikunterricht - wie geht es weiter? - In: HISCHER, H (Hrsg ): Ma- thematikunterricht irn Umbruch? Erörterunge zur mögliche ,,Trivialisierung" von mathema- tischen Gebieten durch Hardware und Soft- ware - Hildesheim: Franzbecker, 1992,

Frank Förste & Peter Kuhlmay

C) Eventuell wird auch erst der momen- tane Kenntnisstand (,,state of the art") als Realitä angesehen - ohne dass hiermit eine konstruktivistische Sicht- weise (vgl z B. KRAINER & WALLNER 1995) verbunden wäre

0 Der Schluss vom mathematischen Modell auf die Realitä erfolgt als Kausalitäts schluss.

a) Ad-hoc Modellierungen im Realmodell erhalten nachträglic durch das ma- thematische Modell eine Rechtferti- gung Das Ergebnis sieht doch ganz richtig aus, also muss die Annahme richtig sein!

b) Noch krasser Die Simulationsergeb- nisse beweisen die Richtigkeit des Modells Das sieht doch ganz richtig aus, also muss das Modell richtig sein!

C) Bei konkurrierenden Modellen zeigt ein Entscheidungsexperiment (,,Experi- mentum crucis") die Richtigkeit einer Modellbildung: Wenn das eine Modell falsch ist, muss das andere richtig sein!

o Der Modellbildungskreislauf wird als ky- bernetischer Regelkreis betrachtet:

a) Optimalitätsglaube Es wird immer besser, je dfter ich den Kreislauf durchlaufe!

b) Modellbildungsoptimismus Was vieles erklärt kann nicht prinzipiell falsch sein!

e Schwierigkeiten im Umgang und Akzep- tanz von subjektiven Komponenten des Modellbildungsprozesses (insbesondere Zielvorstellungen, individuelle Ansätz und Kenntnisse des Modellbildners)

(Mathematische) Modellbildung als sol- ches ist Unsinn!

a) Bevorzugung mathematikfreier Be- schreibungen. (Prinzipiell ist das keine fehlerhafte Sichtweise Gemeint ist die Haltung, mathematische Modellbildung abzulehnen, obwohl diese angemes- sen ist,)

b) Bevorzugung theoriefreier Beschrei- bungen bzw Beobachtungen Wir ste- hen auf dem Standpunkt, dass dies prinzipiell unmöglic ist, da bereits die Beschreibung einer Situation ein Mo- dell konstituiert (vgl. FORSTER 1997, S, 124 ff ),

Die aufgezeigten Schwierigkeiten aus Sicht der Lernenden stellen keine typisierende Strukturierung im Sinne einer qualitativen In-

haltsanalyse dar (vgl z B MAYRING S 90 ff ) Sie sind zudem zum Teil vielfälti miteinander verwoben bzw argumentieren erkenntnistheoretisch betrachtet auf unter- schiedlichen Ebenen Wir verzichten an die- ser Stelle auf eine Explikation der einzelnen Schwierigkeitstypen und verweisen Interes- sierte auf FORSTER & KUHLMAY (2000) Die kursiv gesetzten Textstellen geben Zitate von Studierenden in paraphrasierter Form wie- der

Diese prinzipiellen Schwierigkeiten der Stu- dierenden mit dem Modellbildungsprozess scheinen interessanterweise weitgehend un- abhängi vom Typ des Lehramtsstudiums (Grund- und Hauptschule, Realschule bzw gymnasiales Lehramt) und von den weiteren Studienfächer zu sein Nur bei Studieren- den des gymnasialen Lehramtes mit zweitem Fach Physik oder Chemie im höhere Se- mester stellten wir zum Teil gefestigte Mo- dellbildungskenntnisse fest.

1.3 Ein kurzer Blick in (mathemati k-) didaktische Publikationen

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Schulerinnen und Schuler, Studentin- nen und Studenten mit diesen Meinungen nicht allein stehen Auch in (mathematik-) didaktischen veröffentlichungen findet sich solches Metawissen zu Modellbildungspro- zessen wieder

Da wird die Richtigkeit von Modellen experi- mentell bewiesen, da wird aus den anschau- lichen Ähnlichkeite der Simulationsergeb- nisse auf die Richtigkeit der Annahmen ge- schlossen Beispielsweise folgern RECK & SPINDLER (1998) in ihrer Arbeit ,,Wie kommt der Leopard zu seinen Flecken?" ,,Die groß Ähnlichkei der durch die Modellsimulation erzeugten Muster mit den naturlichen Fell- mustern legt nahe, dass ein [in der Modellbil- dung benutztes und als TURING-Maschine implementiertes] Aktiva tor-Inhibitor-System auch der Ausbildung von Fellmustern zu Grunde liegt " (S 41) Oder auch' ,,Aber erst 38 Jahre späte konnten 'Turing-Muster' auch experimentell erzeugt werden und da- mit die Richtigkeit des Modells von TURING

Dass sämtlich im folgenden zitierten Artikel aus der Zeit- schrift des MNU stammen, liegt schlicht daran, dass wir in Vorbereitung der Tagung Artikel zu mathematischer Mo- dellbildung der letzten beiden Jahrgäng dieser Zeitschrift - zumindest im gymnasialen Bereich, die unter Lehrerin- nen und Lehrern wohl verbreitetste (mathematik-) didakti- sche Zeitschrift - analysiert haben

Arbeitsgruppe ,,The Box - Ein spielerischer Zugang zu Modellbildungsprozessen"

bewiesen werden." ( S 39) Das scheint kein Versehen zu sein. Ähnlich Argumentationen wie ein Beispiel fur die Rechtfertigung biolo- gisch zumindest fragwurdiger Vorannahmen durch die Simulationsergebnisse finden sich in RECK & SCHILL ,,Mechanismen der Schwarmbildung" (1 999): ,,Die Ähnlichkei der Bewegungen des virtuellen Schwarms mit denen eines realen Schwarms ist beeindru- ckend, offenbar sind die Modellannahmen vernünftig. (S 234)

Da wird aber auch behauptet, Modelle seien prinzipiell zur Beschreibung von Natur nicht tauglich Beispielsweise zitiert GONNER (1998) aus WISSEL (1989, S 83) ~ o d e l l e könne nicht zur Beschreibung der Natur be- nutzt werden" und folgert, ,,[Statt dessen sei es] fü Schuler sehr wichtig, da auch natur- wissenschaftliche Aussagen dem Prozess- charakter von Forschung unterliegen und die Erkenntnisse Vorläufigkeitscharakte besit- zen " (S 262) Ist die Argumentation als sol- che schon nicht nachvollziehbar - wodurch, wenn nicht gerade durch den Prozess der Modellbildung, wird der vorläufig Charakter von Forschungsergebnissen ausgedruckt - so erhäl dieses Beispiel eine besondere Note dadurch, dass es im Original bei WISSEL heißt "Strukturell instabile Modelle [!!!I könne daher nicht zur Beschreibung der Natur benutzt werden " (ebd ) Bereits auf der ersten Seite seiner Einleitung schreibt WISSEL programmatisch ,,Der menschliche Geist ist unfähig anders als in Modellen zu denken Wir machen uns auch von der Natur immer vereinfachte Bilder [ ] Bereits beim Nachdenken daruber, was wesentlich ist, be- ginnt eine Theorie " (S 1)

Zunächs einmal ist naturlich festzuhaken, dass Modellbildung als ein problernlösende Prozess generell schwierig ist - der Aufbau von Metawissen uber Modellbildungsprozes- se somit erst recht Schwierig fur die Schule- rinnen und Schuler, aber auch schwierig fur die Lehrkräft Betrachtet man die Ausfuh- rungen in 1 1 und 1 2 und zieht weiterhin in Betracht, dass angehende Mathematiklehre- rinnen und -lehrer im Fachstudium Mathe- matik zumeist wenig Erfahrungen mit ma- thematischem Modellbilden sammeln kön nen, so uberrascht es kaum, dass auch bei Lehrerinnen und Lehrern Kenntnisdefizite im Bezug auf Modellbildungen auftreten Diese, von Lehrerinnen und Lehrern durchaus auch selbst wahrgenommenen Schwierigkeiten sind ein wichtiger, wenn auch nicht der we- sentliche Grund, der eine nennenswerte Be-

handlung von außermathematische Anwen- dungen im Unterricht verhindert (vgl. FORSTER 1997, S. 140 ff, ),,

Der unterschiedliche Gebrauch des Begriffs ,,Modelln innerhalb der Mathematik und in an- deren modellbildenden Wissenschaften ver- kompliziert die Situation schließlic zusätz lich Insbesondere hatte und hat der Begriff der Modellbelegung innerhalb der Mathema- tik eine (scheinbar) gänzlic andere Bedeu- tung als der hier angesprochene Modellbil- dungsbegriff Vergleicht man diesen z B mit den Stichworten ,,Mathematisierung" und ,Modellbelegung" in ATHEN & BRUHN (1977) so ist kaum zu erkennen, dass beide Sicht- weisen in der allgemeinen Modelltheorie auf- gehen - insbesondere ist dieser Hinweis fur Schulerinnen und Schuler, Studentinnen und Studenten wenig hilfreich

Es gibt daruber hinaus aber auch drei grund- sätzlich Dilemmata,. * Der unterrichtliche Aufwand steigt mit

dem Realitätsgehal der Modellbildungen,

Das Problem ist hierbei, dass in aller Regel auf schulischem, aber auch Hochschulni- veau, die Validierung des Modells nur bis zu einem gewissen Punkt durchgefuhrt werden kann Validierungen und mehrfaches Durch- laufen des Kreislaufes sind - zumindest bei sachrelevanten Themen - meist sehr auf- wendig Zeitaufwendig, aber auch zu kom- plex, zu teuer, zu gefährlich ethisch nicht vertretbar U a m Die Alternative, Informati- onen (soweit diese uberhaupt verfugbar sind) durch den Lehrer anzugeben, ist auf Dauer ebenso unbefriedigend wie ein Abbruch der Modellbildung, bevor ein zufriedenstellender Zustand erreicht wurde. ,,Wozu haben wir dann uberhaupt solange daran gearbeitet, wenn wir es doch nicht (selbst) kläre kön nen!" s Es gibt im Unterricht meist keine ,,echtenu

Alternativen bei der Mathematisierung

Hiermit ist das begrenzte (mathematische und sachbezogene) Repertoire der Schule- rinnen und Schuler angesprochen Insbe- sondere die mathematischen Kenntnisse sind oft zu begrenzt, um uberhaupt zu unter- schiedlichen Modellbildungen zu gelangen Meist ist man doch froh uberhaupt einen ver- nunftigen Modellierungskreislauf bzw sogar nur einen vernunftigen Modellierungsschritt hin zu bekommen ober größe Alternativen wie z B deterministische oder stochastische Modellierung nachzudenken, muss in aller Regel entfallen s Die Realitä kann prinzipiell nicht aufge-

deckt werden.

Frank Förste & Peter Kuhlrnay

Dies ist unserer Meinung nach das grund- sätzlich Dilemma von Modellbildungspro- zessen Natürlic ist es vom Modellbildungs- standpunkt aus betrachtet eine triviale Fest- stellung, dass man niemals nachschauen kann, ,,wie es denn nun wirklich ist" Anderer- seits meinen wir, dass genau dieser Um- stand wesentlichen Anteil am Auftreten der in 1,2 skizzierten Schwierigkeiten hat.

Hier setzt nun das Programm ,,The Box" an, indem einige der angesprochenen Probleme auf schulischem Niveau fü die Schulerinnen und Schüle uberhaupt erst einmal sichtbar - und somit fur den Unter- richt handhabbar - werden Es ist aber auch ein Programm, das einen schulernahen, spielerischen Zu- gang zum Modellbildungsprozess erlaubt,

2 Das Spiel

,The Box" wurde ursprunglich 1990 von Jörg-Andrea RAMB als Share- wareprodukt auf dem Atari ST ent- wickelt Aufgrund von Emulations- software ist es möglich das Spiel vollständi auf einem PC (mit nur geringen Leistungsanforderungen) darzustellen. Die Bedienung dieses virtuellen Atari ST ist dank einer graphischer Oberflache intuitiv ein- fach Rechtlich ist sie (nur) insofern eingeschränkt dass der Benutzer (irgendwann einmal) einen original Atari ST und somit das Betriebs- system TOS erworben haben muss. Fur Interessierte möchte wir auf die Internetadressen im Anhang verweisen Dort sind zahlreiche In- formationen zu Emulatoren und de- ren lauffahigen Umgebungen (Hardware und Software) zu finden

2.1 Das Spielprinzip

1 6 ^ = 1 0 ~ ~ ergibt Zur Erforschung der Box hat man zwei sich gleich verhaltende Kugeln (schwarz und weiß) die von den 32 Randfel- dern der Spielfläch aus eingeschossen werden könne Beobachten läss sich nun zum einen, an welchem Randfeld die Kugeln wieder austreten Zum anderen steht ein Feldzähle zu Verfügung der die Anzahl der uberlaufenen Fläche fur jede der beiden Kugeln wiedergibt Da die Geschwindigkeit der Kugeln im Spiel konstant ist, gibt dieser Feldzähle somit auch die benotigte Zeit zwi-

Jhe Box" ist eine verdeckte quadratische Spielfläch von acht mal acht Feldern (vgl Abb 1 oben links) Diese soll auf einer offe- nen ,,Test Box" (vgl Abb 1 unten links) re- konstruiert werden

Auf der verdeckten Spielfläch sind soge- nannte Funktionsfelder abgelegt, welche Ku- geln umlenken und abprallen lassen können weiterhin gibt es Sprungschanzen und Lö cher Insgesamt gibt es 16 unterschiedliche Funktionsfelder, woraus sich die Anzahl un- terschiedlicher verdeckter Boxen zu

1 sehen Einschuss und Austreten wieder

Abb 1: Bildschirmauszüg von ,,The Box"

Um eine verdeckte Box vollständi zu erfas- sen, wäre 496 unterschiedliche Einschuss- Kombinationen zu testen Eine Kompatibili-

1 tätsanzeia (,,Check it") vergleicht das beob- achtbare~e-rhalten der beiden Spielfelder, und zeigt prozentual den Anteil richtiger Ein- schusskombinationen, bezogen auf die 496 möglichen an Ab einer Kompatibilitä von 93 % kann man Hinweise erhalten, welche Kombinationen noch unterschiedlich sind Das Spielziel ist erreicht, wenn sich die re- konstruierte ,,Test Box" gleich wie die ver- deckte originale Spielfläch (,,The Box") ver- häl Dies entspricht einer Kompatibilitä von 100 % und man erhäl dann die Möglichkeit die verdeckte Box offen anzeigen zu lassen

Arbeitsgruppe ,,The Box - Ein spielerischer Zugang zu Modellbildungsprozessen'~

2.2 Die Analogie zum Modellbil- dungskreislauf

Der Spieler wird folgende, sich wiederholen- den Schritte zur vollständige Rekonstruktion der verdeckten Box durchfuhren - diese sind (dank der intuitiven Bedienung des Pro- gramms) schon nach einer kurzen Einarbei- tungszeit erkennbar (Abb. 2),

l Validieren I Abb 2: Lösungskreislau ,,The Box"

1 . Testlauf auswählen/ausgewählt Test- lauf. Der Spieler fuhrt einen speziellen Testlauf mit ausgewählte Einschusslö ehern durch (Vereinfachen). Er beobach- tet, wo und nach welcher Zeit die beiden Kugeln austreten (Experiment durchfüh ren).3 Nun versucht der Spieler alle mög lichen Verläuf gedanklich nachzuvollzie- hen und wähl schließlic aus diesen Möglichkeite einen Verlauf aus (Struktu- rieren).

2 Formalisieren Um den Verlauf in der ,Test Boxi' entsprechend nachbauen zu können wähl der Spieler adäquat Funk- tionsfelder aus Fü diesen Spielzug gibt es meist keine eindeutigen Funktionsfel- der; vielmehr existieren mehrere, sich im globalen Verhalten durchaus unterschei- dende Kombinationen von Funktionsfel- dern, die den angenommenen Lauf dieser Kugeln lokal veranlasst haben könnten, Schließlic legt sich der Spieler auf eine möglich Test-Box durch sinnvolle Wahl einer Kombination von ßunktionsfelder fest (erstes Modell).,

Fallt eine Kugel in ein Loch, tritt sie gar nicht mehr aus Der Zahler lauft dann unbegrenzt weiter, der Spieler muss selbst entscheiden, welche Wartezeit er fü die Entschei- dung .Die Kugel kommt nicht mehr raus" fur angemessen häl

3 Testen Innerhalb der Testbox wird nun ebenfalls der in Schritt 1 ausgewählt Testlauf durchgefuhrt Das Programm zeigt, wo und nach welcher Zeit die bei- den Kugeln wieder austreten.

4 Hiernach kann der Spieler

a) zum einen den Testlauf in seiner ,,Test Box" mit dem in der verdeckten Box ver- gleichen (Interpretieren),

b) zum anderen anhand eines anderen Test- laufs in der verdeckten Box die Gultigkeit seiner Test-Box prufen (Validieren).

Zusätzlic erhäl der Spieler die Möglichkei anhand der Kompatibilitätsprufun (s o ), die gesamte ,,Test Box" mit der verdeckten Box in Ein- und Ausgangsverhalten zu verglei- chen Dies umfasst somit auch seinen aus- gewählte Testlauf

In jedem Fall wird der Spieler weitere Test- laufe durchfuhren, andere Einschusskombi- nationen wählen um die gesamte verdeckte Box rekonstruieren zu könne Er fangt hier- bei wieder mit Schritt 1 an Dieser Kreislauf wird solange durchschritten, bis das Spielziel erreicht ist, sich also beide Boxen in Ein- und Ausgabe gleich verhalten.

V a l ,

Abb 3: Modellbildungskreislauf (vgl BLUM 1985)

Vergleicht man diesen ,,Spielkreistauf" mit dem Modellbildungskreislauf (vgl Abb 3), so erkennt man folgende Analogien. 1 Schaffung eines Realmodells In diesem

Schritt sollen möglichs alle Einflussgrö Ben des Problems erfasst werden Dies ist bei der Komplexitä der Realitä zwangsläufi mit Vereinfachungen und Idealisierungen verbunden - In dem Spiel ,The Box" stellt die verdeckte Box die re- ale Situation dar Der Spieler (Modellbild- ner) betrachtet nur einen speziellen Fall, indem er zwei Einschussl~cher auswähl und beobachtet, was passiert Er muss entsprechend strukturieren und vereinfa- chen

Frank Förste & Peter Kuhlmay

Mathematisierung des Realmodells Es wird eine Ãœbersetzun des noch um- gangssprachlich formulierten Realmodells in ein formales mathematisches Modell, beispielsweise mit Hilfe von Gleichungen, Funktionen usw vorgenommen - Dieser Schritt entspricht der Formalisierung im Spiel, indem der Spieler eine Auswahl an Funktionsfeldern trifft, die seinen Testlauf hinreichend beschreiben

3 Erarbeitung einer mathematischen Lö sung - dies entspricht dem Testlauf in- nerhalb der Test-Box Es klingt im ersten Moment erstaunlich, dass bei diesem Schritt ,,so wenig zu tun ist". Hierbei ist je- doch zu beachten, dass das Erarbeiten einer mathematischen Lösun bei gege- benem mathematischen Modell zwar muhsam (im schlimmsten Fall sogar un- möglich sein kann, aber genau genom- men keine Modellbildungsaktività t, son- dern innermathematische Aktivitä erfor- dert Der Computer ubernimmt im Spiel diese Auswertung

4 Interpretation der mathematischen Lö sung und Validierung der Modells - Die Validierung der vorliegenden Tesfbox fin- det sich im Spiel durch das überprüf des Gesamtverhaltens beider Boxen wie- der (4b). Hingegen kann der Spieler durch Vergleich des ausgewahlten Testlaufs mit der verdeckten Box eine Interpretation vornehmen: ,,Habe ich fur diesen speziel- len Testlauf wirklich die richtige Lösun erarbeitet?" (4a).

Weiterhin findet sich im Spiel der Grad der Komplexitä der Realitä in der Anzahl der unterschiedlichen Einschusskombinationen der beiden Kugeln wieder. Obwohl diese endlich ist, scheint es dennoch zu zeitauf- wendig das Verhalten aller 496 mögliche Kombinationen erfassen zu wollen Daruber hinaus zeigt das Spiel, dass es nicht möglic ist, alle Facetten der Realitä (also der ver- deckten Box) gleichzeitig sichtbar zu machen - sonst brauchte man ja auch keine Modell- bildung! (Hieran änder auch die o a Kom- patibilitätsprufun wenig, da das Verhalten zwar intern verglichen, aber fur den Spieler nicht sichtbar gemacht wird ) Schließlic bietet das Spiel eine groß Anzahl mögliche

Boxenkombinationen ( 1 6 ~ ~ ) , was in der Ana- logie ja fü eine entsprechende Anzahl an re- al existierenden Problemen steht

2.3 Die Realitä wird aufgedeckt

Das Spiel bietet bei einer erreichten Kompa- tibilitä von 100 % die Möglichkeit die ver- deckte Box sichtbar zu machen Auch wenn diese Option naturlich keine Analogie zu re- alen Modellbildungen besitzt, liegt gerade hierin der größ Vorteil des Spiels Es las- sen sich Einsichten gewinnen, welche an- sonsten, wenn uberhaupt, nur sehr aufwen- dig erarbeitet werden könne

The Box" Test Box"

Abb 4: The Box - Level 16

"V - Umlenker

.The Box" ..Test Box"

Abb 5: The Box - Level 5

0 - Loch, ?!$ - Einbahnstraß in Pfeilrichtung

1. Das Modell ist einfacher oder komplexer strukturiert als die Realitat Betrachtet man sowohl in Abb 4 als auch in Abb, 5 jeweils nur die Ein- und Ausgangs- kombinationen und die Zeit, die beide Kugeln im Verlauf benötigen verhalten sich diese Systeme jeweils identisch. Tatsächlic aber sind die jeweils erarbeiteten Lösunge (Abb. 4 rechts und Abb., 5 rechts) im folgen- den Sinne ,,andersu als die vorgegebenen verdeckten Boxen. Der Weg, den die Kugeln innerhalb der Boxen durchlaufen, ist unter- schiedlich! (Ein Beispiel fur unterschiedliche Wege einer Kugel ist jeweils in die Abbildun- gen als Linie eingezeichnet.) Die Kugeln überschreite zum Teil andere Felder (Abb 4) oder bleiben in Löcher auf unter- schiedlichen Spielfeldern liegen (Abb 5). Be- stünd schließlic die Möglichkeit die Kugeln auch von Feldern innerhalb der Boxen zu starten - beispielsweise durch die Hinzu- nahme einer weiteren Dimension (vgl. Fuß note 4) -, so ergäbe sich hierdurch auch völli andere Ausgabeverhalten,

- Arbeitsgruppe ,,The Box - Ein spielerischer Zugang zu Modellbildungsprozessen"

2. Darstellunq individueller Lösunasansät

Test Box 1" ..Test Box 2"

>3 - Prellbock, - Sprungschanze

Abb 6 stellt Lösungsansät unterschiedli- cher Personen dar In dem aufgefuhrten Weg (wieder durch die Linie gekennzeichnet) wird eine Kugel in die Box geschossen, die nicht wieder herauskommt Je nach Ansatz, ,,Auf- bau mit Löchern (Abb 6 links) bzw ,,pen- delnder Aufbau" (Abb 6 rechts), ergeben sich die unterschiedlichen Lösungsansätz die im Folgenden auch zu unterschiedlichen Modellen fuhren Dieser prinzipielle Unter- schied kann aus den individuellen Vorkennt- nissen resultieren (d h kennt der Spieler die Pendelbewegung als Alternative zum Loch uberhaupt), aber auch eine rein subjektive Vorliebe des Modellbildners darstellen In unseren Seminaren waren diese individuel- len Neigungen deutlich zu erkennen Auf Grund der unterschiedlichen Komplexitä in der Lösungsstruktu fuhren beide Ansätz auch unterschiedlich schnell zum Ziel

3. Erreichen eines ,,suboptimalen Modells"

Bei dem eben angesprochenen Beispiel fuh- ren beide Lösungsansät zum Ziel Es gibt aber auch Fälle in denen ein Lösungsansat nur zu einem ,,suboptimalen Modell" fuhrt D h es wird zwar eine Kompatibilitä von nahezu 100 % erreicht, aber nur ein radikaler Standpunktwechsel fuhrt zur Lösun Bei- spielsweise läss der oben erwähnt Lö sungsansatz ,,Aufbau mit Löchern in Level 20 nur eine solche suboptimale Lösun zu Mit diesem Ansatz wird ein Eingangs- und Ausgangs- sowie Zeitverhalten von 99 % Kompatibilitä erreicht Es ist nicht möglic mit nur ,,geringenu Veränderunge zum Ziel zu kommen Der Ansatz ,,Aufbau mit Lö chern" muss verworfen werden, und die Test- Box mit dem Ansatz ,,pendelnder Aufbau" vollkommen neu konstruiert werden Dies ist insofern schwierig, da das erste, suboptimale Modell dem Spieler im Große und Ganzen vernunftig erscheint ,,Nun habe ich schon 99 % Kompatibilitä erreicht - also muss ich doch auf dem richtigen Weg sein!"

3 Fazit

Das Spiel ist aufgrund der einfachen, intuiti- ven Bedienbarkeit ohne Vorkenntnisse und mit nur geringem zeitlichen Aufwand einzu- setzen Sehr deutlich läss sich die weitrei- chende Analogie zwischen Spielkreislauf und Modellbildungskreislauf aufzeigen (vgl. 2 2). Es ist möglic diesen Kreislauf innerhalb kür zester Zeit mehrere Male zu durchlaufen Da dies bei Anwendungsaufgaben im Mathema- tikunterricht häufi nicht möglic ist (vgl 1.4), tritt hier der Kreislaufcharakter der Modellbil- dung deutlicher hervor Die ubliche ,,Hurde der Mathematik" fur einen Mathematisie- rungsschritt ist beim Spiel nicht vorhanden, da durch die eng begrenzte Anzahl an Funk- tionsfeldern das Formalisieren schnell zu er- lernen ist und keiner Vorkenntnisse bedarf Dies, und die nicht eindeutige Zuordnung der Funktionsfelder, erlaubt die Möglichkei ,,Re- almodelle" unterschiedlich zu formalisieren Das Programm zeigt insbesondere auch dann Unterschiede in den Modellbildungen, wenn keine ,,Modellbildungsfehler" gemacht werden Hieraus ergeben sich auch individu- eile Lösungsansätz die selbst ohne differie- rende Zielsetzungen zu unterschiedlichen Modellen fuhren könne (vgl 1 4 und 2 3)

Dadurch, dass auf der Ebene des Spiels ,,die Realitä aufgedeckt werden kann", könne weitere typische Schwierigkeiten mit Modell- bildungen fur die Schulerinnen und Schuler sichtbar gemacht werden Beispielsweise könne die unterschiedlichen Lösunge im Spiel zu der Einsicht fuhren, dass ein Real- modell nicht mit der Realitä gleichzusetzen ist - auch dann nicht, wenn dieses alle mo- mentan bekannten Beobachtungen erklär Die Schulerinnen und Schuler sehen, dass der Schluss vom Modell auf die Realitä kein kausaler Schluss ist, sondern Simulationser- gebnisse stets ,,nur" möglich Szenarien kennzeichnen Durch das Erreichen von ,suboptimalen Modellen" im Verlauf des Spiels erkennen die Schulerinnen und Schuler, dass der Modellbildungskreislauf kein kybernetischer Regelkreis ist, der zwangsläufi zu einem ,,richtigen Modell" fuhrt (vgl 2 3)

Wir meinen, dass anhand dieses kleinen Spiels ein Großtei der Eigenschaften des Modellbildungsprozesses, sowie der Modell- bildungsprozess selber, einfach und effizient vermittelt werden könne Andere mathema- tikdidaktische Ansätz (vgl. z B JABLONKA 1999, MAASS & SCHL~GLMANN 1993) schla- gen hierzu das gemeinsame Bewerten ferti- ger Modelle vor Die angesprochenen Bei-

Frank Förste & Peter Kuhlrnay

spiele rucken aber entweder Modellbil- dungsfehler in den Vordergrund oder geben wenig Anlass zu eigenen Modellbildungsakti- vitäte

Das Spiel bietet somit einen spielerischen, schulernahen Zugang zu der Theorie der Modellbildung und förder nebenbei auch an- dere Fähigkeite wie logisches Kombinati- onsvermögen planvolles experimentelles Vorgehen oder Denken in Symmetrien Dar- uber hinaus machte das Spiel allen bisheri- gen ,,Testpersonenu auch Spaß Die angesprochenen Analogien wurden von Studentinnen und Studenten bei ersten Test- einsätze im Seminar als plausibel erkannt, es zeigte sich auch eine deutlich differen- ziertere Sicht mathematischer Modellbildung Das Programm ist naturlich nicht geeignet, den ,,Sinn mathematischer Modellbildung" zu verdeutlichen Die Forderung nach einer re- alitätsbezogene Komponente des Mathe- matikunterrichts ist aus unserer Sicht unein- geschränk zu begruße Der unterrichtliche Zugang durch eine vielfältig Behandlung von Anwendungsaufgaben und Modellbil- dungsbeispielen (vgl z. B FORSTER 1997) kann und soll durch das Spiel nicht ersetzt, sondern erganzt werden Nach unseren Er- fahrungen aus Seminarveranstaltungen be- träg der Zeitumfang ungefäh zwei bis drei Stunden Um den Lernenden kritische Refle- xion zu ermöglichen ist ein Zugang zur Me- tatheorie der Modellbildung unerlässlic

4 Literatur

ATHEN, H & BRUHN, J (Hrsg ) [1977]: Lexikon der Schulmathematik, Band 3 - Augsburg: Welt- bild, 1994 (Unveränderte Nachdruck der Au- lis-Ausgabe)

BLUM, W [ I 9851: Anwendungsorientierter Mathe- matikunterricht in der didaktischen Diskussion - In: Mathemat Semesterberichte 32 (1985) 2, S 195-232

FORSTER, F [1997]: Anwenden, Mathematisieren, Modellbilden - In: TIETZE, U -P ; KLIKA, M ; WOLPERS, H : Mathematikunterricht in der Sll, Band 1 - Braunschweig: Vieweg, S. 121-150

FORSTER, F. & KUHLMAY, P [2000]: "The Box" - Ein Computerspiel hilft beim Verständni von

P SCHROTH machte uns darauf aufmerksam, dass sich hinter dem Spielprinzip von Jhe Boxu auch ein hochaktu- elles mathematisches Modellierungsschema zur Diskreti- sierung dynamischer Systeme verbirgt (vgl HEIN 1998): Zum Beispiel zur Simulation physikalischer Prozesse in Halbleiterkristallen (Input-Output-Analyse), aber auch zur Modellierung von Börsenkurse U a m So betrachtet ist Jhe Boxu sogar mehr als .nur ein Spielu.

Modellbildungsprozessen. - In: FORSTER, F ; HENN, H -W ; MEYER, J (Hrsg ): Materialien fur einen realitätsbezogene Mathematikunterricht (ISTRON) Bd 6. - Hildesheim: Franzbecker

GONNER, W [1998]: Das Thema ,,Stabilitä von Okosystemenu im Biologieunterricht - In: MNU 51 (1 998) 5, S 260-266

HEIN, 0 [1998]: Rekursive Modelle in Physik, Okonomie und anderen Naturwissenschaften - ihre Behandlung als Synthese aus Operator- kalkul und Computeralgebra Diplomarbeit am Institut fur Analysis der TU Braunschweig (Be- treuer: P SCHROTH)

JABLONKA, E [ I 9991: Was sind ,,guteu Anwendungs- beispiele - In: MAASS, J & SCHL~GLMANN, W (Hrsg ): Materialien fur einen realitätsbezoge nen Mathematikunterricht (ISTRON) Bd 5. - Hildesheim: Franzbecker, S. 65-74.

KAISER-MESSMER, G [ I 9861: Anwendungen im Mathematikunterricht - Band 2: Empirische Untersuchungen - Bad Salzdetfurth: Franz- becker, 1986

Krainer, K & WALLNER, F [1995]: Von der Abbil- dung zur Handlung: Konstruktiver Realismus in der Mathematikdidaktik - In: math did 18 (1 995) 1, S 109-1 33

MAASS, J & SCHL~GLMANN, W [1993]: Der Stoß ofen - Ein Beispiel fur Industriemathematik als Unterrichtsthema - In: BLUM, W (Hrsg ): An- wendungen und Modellbildung im Mathema- tikunterricht, - Hildesheim: Franzbecker, (1 993), S 74-85.

MAYRING, Ph [1997]: Qualitative 1nhaltsanalyse.- Weinheim: Beltz, 1997

RECK, M & SCHILL, F. [1999]: Mechanismen der Schwarmbildung - In: MNU 52 (1999) 4, S 232-235

RECK, M & SPINDLER, H [1998]: Wie kommt der Leopard zu seinen Flecken? - In: MNU 51 (1 998) 1, S 38-41

WISSEL, Ch [1989]: Theoretische Okologie Berlin: Springer, 1989

5 Internetadressen

http.//www. atari.org - Atari User Homepage

http:I/www.atarist.com oder http://lqd.fatal- design.com - Little Green Desktop

http.//www.milan-computer.de - Milan Com- puter Deutschland

http://www.emulators.com - diverse (nicht nur Atari-) Emula toren

Bericht zur Arbeitsgruppe *

fl CAS in der Sekundarstufe 11: Analysis"

Achim Kleifeld, Duisburg

1 Praemissum

Aus Zeitgrunden erfolgte eine Einschränkun des Themas ,,CAS in der S II" Da die Analy- sis Ÿblicherweis in der S II das zentrale Thema ist, ebenso das curricular erste und das in den Vorträge dieser Tagung haupt- sächlic besprochene, einigte sich die Ar- beitsgruppe auf ein dementsprechendes Schwerpunktthema Es könnt etwa lauten

Analysis -Warum? Wie viel? Was? Wie und womit? Mit welchen Zielen? Unter anderem wegen der zahlreichen Vor- träg uber CAS-Einsatz in der Analysis ver- lagerte sich der Schwerpunkt von der Dis- kussion der CAS-Verwendung zur allgemei- neren Frage nach Analysis als Unterrichts- thema uberhaupt

2 Abstractum

Im Folgenden bemuhe ich mich, die mehr- heitliche - aber nicht immer einstimmige - Meinung der Arbeitsgruppe in Thesenform wiederzugeben 0 Die Analysis hat bisher zu sehr im Vor-

dergrund gestanden Sie sollte aber keinesfalls ganz oder fast ganz abgeschafft werden, weil man durch sie wesentliche mathematische und all- gemeinbildende Ideen und Denkweisen lernen kann, die durch andere mathemati- sche Gebiete schlechter oder gar nicht vermittelbar sind (vgl 3) Empfohlen wird lerngruppenunabhängi ein etwa einjährige erster ,,Schnelldurch- gang" mit heuristischem Zugang und dem Hauptziel, ein Grundverständni fur die wesentlichen Begriffe zu vermitteln, wobei Formalismus (Exaktifizierung) und Kalkul nachrangig und zu minimieren, aber nicht ganz wegzulassen sind - Lerngruppen- abhängi werden im Rahmen eines Spi- ralcurriculums Anwendungen oder Ver- tiefungen behandelt

Die Parallelitä von grafischer, numeri- scher und symbolischer Darstellungsform ist förderlic fur das anschauliche und be- griffliche Grundverständnis bedeutet aber Mehraufwand, daher ist im Zweifelsfall der Stoff zu reduzieren Auch fur die Anwendung im Fach Physik ist ein solcher Schnelldurchgang gunstig Ein anwendungsorientierter heuristischer Einstieg könnt z B uber den Zusam- menhang von Weg, Zeit und Geschwin- digkeit, also As = U At und geeignete Um- formungen, vom zentralen Begriff der ,,An- derung" bis zum Integralbegriff fuhren Leistungsuberprufungen mussen den be- handelten Schwerpunkten entsprechend modifiziert werden Irn Sinne obiger Uberlegungen ist der Ein- satz von CAS in der Analysis didaktisch zentral, da CAS die Verwendung nichttri- vialer Datenmengen fur einen heuristi- schen, anwendungsorientierten Ansatz und die gleichzeitige Verwendung der verschiedenen Darstellungsformen unter- stutzen, wenn nicht uberhaupt erst sinn- voll ermöglichen so kann der Schwer- punkt vom ublichen Lernen operativer Umformungen im Symbolischen verlagert werden hin zur Ausbildung von Grundwis- Sen, Grundverständni und Grundvor- stellungen

~ontrovers diskutiert wurde die Möglichkei einer stärkere Herstellung von Bezugen zur Realitä mit Hilfe eines Modellbildungssys- tems wie DYNASYS (etwa ,,Veränderung oder ,,Wachstum" als roter Faden) - kann Analysis mit dessen Hilfe zu einem Stuck Weltverständni beitragen? Problematisch erschien die im System ,,versteckte" unbe- kannte Mathematik Es wird behauptet, dass die in der rechten Spalte aufgefuhrten Begriffe oder Ideen mehr- heitlich im Rahmen anderer mathematischer Gebiete schlechter oder gar nicht vermittelt werden könne Im Sinne des auf dieser Ta- gung zentralen Begriffes der Selbsttätigkei werden Korrekturen, Verbesserungen und Komplettierung den Lesenden uberlassen

* Teilnehmende: Achim Kleifeld (Eingangsreferat), Klaus Aspetsberger, Walter Gussmann, Hartrnut Kummel, Klaus-Peter Röttger Edith Schneider, Silke Thies, Jens Weitendori

Achim Kleifeld

3 Concretum

Fragmentarische Skizze eines ersten Analysis-Durchgangs

Inhalte

Begriff der Ände rung(srate) - mittlere - lokale

Differenzenquotient

Grenzwert

Ableitung

Ableitungsterrn

Ableitungskalkul

Funktionsdiskussion

Anwendung

mathematisches Model- lieren

Summieren, Verfeinern (,,unendliche Summe"). Integral als Grenzwert

Hauptsatz

methodische und sonstige Bemerkungen Lernziele I Legitimation PP--

z B. Tacho vs Geschwindigkeitsmessung,

- numerische Berechnung: Folgen (kein selbst. Thema) mit nichttrivialen Daten

- numerisch (CAS) - Visualisierung des Prozesses - lokale Linearisierung (Zoom)

- CAS ,,kannu jetzt jeden einzelnen Grenzwert berechnen: Ableitung als Grenzwert (nicht formal)

- Vorstellung der Ableitung als Steigung reicht nicht aus

CAS und Realitätsnä erleichtern den Schritt vom Diskreten zum Kontinuierlichen, vom empi- risch Konkreten zum logisch Abstrakten; voll- ziehen muss ihn der Lernende selbst. - Behandlung von Beispielen, die eine echte

globale Betrachtung erfordern - minimal (symbolisch mit CAS) Auswendig-

lernen ist kein S 11-Lernziel

Ja - aber nicht als Schema! Ziel ist das Verständni der fur einen Graphen wesentlichen Begriffe.

Auch virtuose CAS-Handhabung und Komple- xitä von Anwendungsbeispielen sind kein Lernziel Sondern:

- Problemlosen - sprachliche Darstellung

(MathematisierunglInterpretation) - Visualisierung V Prozessen

- Nun z B. umgekehrt' von der Geschwindig- keit zum Weg (Fahrtenschreiber)

- Fur jedes nichttriviale Beispiel ist hier ein CAS endgultig unabdingbar!

- Vorstellung als Fläch ist in manchen An- wendungskontexten nicht unmittelbar hilf- reich; stattdessen verallgemeinertes Pro- dukt; evtl Überlager die Flächenvorstellun die der Produktsumme, also Vorsicht!

- Thematisierung von ,, dx " fur Physik- Anwendungen sinnvoll

,,Wegu aus ,,Geschwindigkeit": keine Fläche

- "Änderung als fundamentaler Begriff

- Im Weiteren: fundamentale Ideen der Zahl und der Funktion

- lokale Linearisierung als grundle- gendes Denkschema aus dem alltägliche Denken

- fundamentale Idee des Grenz- wertes

- Beitrag zu einem Konzept des Begriffs des Unendlichen (klein1 groß unendlich viele unendlich klein werdende Summanden)

Viele Prozesse aus der Realitä (alle zeitlichen) werden als kontinuierlich empfunden Sie könne oft mit Funktionen mathematisch modelliert und analysiert werden

- Kumulierungskonzept - Idee der verallgemeinerten Pro-

duktsumme

0 Bericht zur Arbeitsgruppe *

9 9 Geometrie-Curriculum in der Sekundarstufe l"

Hinrich Lorenzen, Gettorf

Allgemeine Ãœberlegunge

Geschichtliche Aspekte der Geometrie

Niedergang der Schulgeometrie: selbst geschwäch (Arithmetisierung, Algebrai- sierung, Strukturmathematisierung, For- malisierungl Verbot der Anschauung, un- durchschaubare Konstruktionen),

Geometrie regeometrisieren! Auch Geo- metrische Aspekte in der Algebra mehr betonen!

Mangelnde Raumerfahrung! Ab Klasse 5 auch Raumgeometrie unterrichten, auch elementar Aspekte der Darstellenden Geometrie (Schrägbilder

Lebensweltlicher Bezug/ Anwendungen

(Mehr) lokales Arbeiten statt (ausschließ lich) strenger Deduktion. Arbeiten in The- menkreisen, vertikale Vernetzung,

Experimentelles Arbeiten zulassen

Handlungsorientierung Auch Geometrie mit Basteln, Malen, Schneiden, Falten

Rolle der Anschauung betonen, visuelles Argumentieren zulassen. Auch ,,sehenu lernen bzw schulen!

Fundament klären Welche Satze, welche Fertigkeiten sind unverzichtbar? Was ist geometrisches Grundverständnis Wel- che Werkzeuge? Rolle von DGS (Dyna- mische Geometrie-Software)/ neuen Me- dien klären

Neue Probleme durch DOS?! DGS als Werkzeug, Analogie zu CAS:

Black box Ñ Whife box, Whife box Ñ black box

Welche Gründ sind fü die Anwesenheit der Erschienenen verantwortlich? Was versprechen Sie sich von diesem Arbeitskreis?

Defizite in der Raumvorstellung

3D im Vergleich zu 2D Möglichkeiten Grenzen, Chancen DGS, tutorielle Systeme

Impulse zum neuen Lehrplan Stellenwert von Zirkel und Lineal Niedergang der Geometrie -warum?

Sinnvolle Aufgabenstellungen

MUSS jede Aufgabe ,,eingekleidet" sein? Welche Ziele verfolgen wir mit welchen Inhalten? Verhältni Geometrie - Algebra, nach Qualitä und Quantitä

Welche Ergebnisse liefert(e) die Kogniti- onsforschung?

Die Fragen - Ist der Geometrieunterricht uberhaupt

noch sinnvoll? - Wie viel Geometrie braucht der Mensch? - Könne wir nicht auf die Geometrie ver-

zichten?

Das Wertvolle an der Geometrie bzw. am Geometrieunterricht

0 Allgemein: Geometrie als historisches Kulturgut

0 Geometrie als Mittel zur Schulung der all- gemeinen geistigen Fähigkeite

Geometrie als strenge deduktive Disziplin

Geometrie zur Ausbildung und Unterstut- zung der Raumvorstellung, Raumdarstel- lung, der Anschauung, der Wahrnehmung

e Erfassen von Formen, Visualisierung, funktionales Denken

* Teilnehmende: Hans-Jürge Elschenbroich, Gaby Heintz, Monika Schwarze (Leitung), Eike A Detering, Thornas Gawlik, Ger- hard Holland, Martin Janßen Willi Lichtenberg, Hinrich Lorenzen, Lothar Profke, Sigune Rottmann, Günte Ruprecht, Melina Seifert, Klaus Wolff.

Hinrich Lorenzen

Ästheti der Geometrie, das Schön der Geometrie

Entdecken von Strukturen und Unterstut- zung der Begriffsbildung fur andere Fach- gebiete Die Geometrie bietet vielschichtige Kom- petenzerweiterungen in dem Bereich Sprache (innermathematisch und außer mathematisch).

Aus dieser Existenzberechtigung fur die Ge- ometrie ergaben sich

Drei Arbeitsgruppen (immer in Bezug des Computers)

Zur Raumgeometrie

e Grundsätzlich Uberlegungen bzw Vor- aussetzungen Allgemein sollten zunächs Orientierungsubungen stattfinden, bevor die Arbeit mit dem Computer beginnen soll

Möglich Beispiele 1 Als Leitlinie ,,Wir bauen eine Stadt, ein

Haus, "

2 Beschreibung des Weges (zum Haus- meister der Schule, )

3 Kurzester Weg (uber eine Straße .) 4 Messen und Schätze (von einer Fuß

spur zur Gröà eine Menschen, Höh eines Baumes oder eines Kirchturms,

5 Nachbauen von realen Objekten (Schulgebaude, )

Idee:: Zunächs sammeln von Inhalten, dann mit Struktur versetzen

0 Keine Aussage uber den Aufbau von Raumvorstellung möglich Kognitionsfor- schung muss hierzu befragt werden Vielleicht könne konkrete Modelle (Pa- kete packen, ) beim Aufbau helfen

Zur Handlungsorientierung und zur Schönhei im Geometrieunterricht

Als primäre Ergebnis der Diskussion konnte festgehalten werden, dass die Schönhei geometrischer Figuren mathe- matische Strukturen widerspiegelt und somit kein 'Additum' gegenuber dem ma- thematischen Gehalt darstellt Die Erfah- rung schöne Figuren dient damit neben einer ästhetische Bildung auch der Aus- bildung des eigentumlich mathematischen Begriffs von Schönheit welcher sich nicht nur auf unmittelbar sinnlich wahrnehmba- re, sondern auch auf symbolisch darge- stellte Gegenständ bezieht Impliziert ist damit die Aufforderung, die kunstliche Trennung zwischen Algebra und Geomet-

rie aufzugeben und vielmehr deren Inter- dependenzen aufzuzeigen

Neben diesem erkenntnisleitenden Aspekten motiviert die Betrachtung einer schöne ge- ometrischen Figur auf der Handlungsebene zudem fur eine weitere Beschäftigun mit mathematischen Gegenständen wenn bei- spielsweise die Frage entsteht, ob eine Ro- sette mit allen mögliche Zirkeleinstellungen gelingt oder wie es möglic ist, den Umkreis zu einem Dreieck zu zeichnen Bei solcher- maße heuristischem Arbeiten leisten mo- derne Computerprogramme - etwa zur Er- stellung von Escher-Parketten - und Dyna- mische Geometrie Systeme gute Dienste Die Abbildung bringt das komplexe Bezie- hungsgefuge im Zusammenhang der Wahr- nehmung von Schönhei bei geometrischen Figuren zum Ausdruck Motivation

I Wahrnehmung der Erkenntnis ma- Schönhei geome- ¥<Ñà thematischer trischer Figuren Strukturen

Handlun

Der Natur systemischer Prozesse entspre- chend kann der 'Einstig' in den oben darge- stellte Kreislauf an jeder Stelle beginnen und auf den verschiedenen mögliche Wegen mit allen Abzweigungen auch mehrmals durch- laufen werden

Zum Beweisen und zur Ausübun von geistigen Aktivitäte in der Geometrie

Feststellung Die Beschäftigun mit der Geometrie ist fur die Förderun von geis- tigen Dispositionen oder Aktivitäte nutz- lieh und förderlic

Die Geometrie bietet die Möglichkei zum Erlernen von Argumentieren, Analysieren, Begrunden bzw Beweisen

Möglichkei zur Verbalisierung und For- malisierung

Kompetenzerlebnisse, Motivation durch Erfolg anhand angemessener Problem- stellungen

Grundgedanke Wir wollen die Computer- software nutzen, um diese geistigen Fä higkeiten zu schulen, zu förder und zu wecken

DGS und tutorielle Systeme visuell dy- namische Beweise, Mut und Akzeptanz zur Beweislucke (auch auf Anschauung beruhen lassen, wenn es sinnvoll er- scheint), Beweis- und Konstruktionsver- ständni fördern visuelle Effekte

 Bericht zur Arbeitsgruppe * Y , Neue Aufgabenkultur, verändert Lehrerrolle und Unterrichts praxis"

Karel Tschacher, Heroldsberg

Aus dem Einleitungsreferat von Rüdege Baumann, Celle

,Neue Medien, selbstständiger Schulerin- nen und Schuler!" -aufs Sehnlichste zu wun- sehen. Analysen von gedruckt oder elektro- nisch (z B www.learnline.nrw.de/Faecher) publizierten Unterrichtseinheiten und Erfah- rungen aus der Lehrerfortbildung zeigen, dass die Kolleginnen und Kollegen auch beim Einsatz von Computeralgebrasystemen nach wie vor an der fragend-entwickelnden Unterrichtsform mit starker Lehrerdominanz festhaken Von der (in ministeriellen Ab- sichtserklärungen Kommissionsberichten oder der didaktischen Literatur) geforderten vermehrten Eigentätigkei der Lernenden und neuer Lehrerrolle keine Spur

Dieser Vorwurf richtet sich zum Teil auch ge- gen die hier in Wolfenbuttel gehaltenen Vor- trage bzw ihre Publikation in den Tagungs- bände Häufi werden lediglich (neue) In- halte vorgestellt und dabei erörtert welche Rolle der grafische Taschenrechner oder das Computeralgebrasystem ubernimmt, vom konkreten Unterrichtsablauf und dem Lehrer- verhalten dagegen ist kaum die Rede Unter dem Stichwort ,,methodische Freiheit" wird den Lehrenden die Lizenz erteilt, in den alten Sunden zu verharren

Zu erörternd Fragen.,

(1) Was tritt an die Stelle des fragend- entwickelnden Unterrichts? Wie sehen die vom Lehrer zu schaffenden Lernar- rangements aus? (Möglich Antwort Unterricht in zwei Phasen zunächs Ar- beit am Computer ohne Lehrereingriff, dann Vorstellung der Ergebnisse )

(2) Wie werden die Phasen gemeinsamen Unterrichts organisiert?

(3) Wie agieren die Schüler wie sieht das von ihnen zu erstellende Produkt aus? (Möglich Antwort DERIVE-Protokoll oder TI-89192-Skript,,)

der anschließende Diskussion wurde unter anderem vorgebracht, dass der fra- gend-entwickelnde Unterricht nicht so schlecht sei, wie er heute gerne gemacht werde, seinerzeit sei er als methodische Er- rungenschaft gepriesen worden ,,Selbstst$n- digkeit" der Schuler sei nicht gleichbedeu- tend mit - eventuell mehrstundiger - Arbeit am Computer ohne Lehrereingriff, dies setze vorstrukturierte Arbeitsblätte voraus, welche die Aktivitäte der Schuler mOglicherweise zu sehr kanalisieren Der Lehrer musse einen Problemkontext schaffen, innerhalb dessen die Schuler explorierend täti werden kön nen, er durfe diese aber nicht vOllig allein lassen, sondern rndsse mit weiteren Anstö ße und Hilfen stets zur Stelle sein

Tätigkei der Arbeitsgruppe

In drei Untergruppen wurden anschließen Stundenbilder konzipiert, wobei folgende As- pekte zu beachten waren: (1) Wahl der Einstiegsaufgabe, (2) Varianten des Lehrerverhaltens, (3) Formen der Schulertätigkeit (4) Art der SchŸlerergebnisse (5) Art und Weise der Diskussion der Ergeb-

nisse unter den Mitschulern, (6) Benotung der Gruppenarbeit,,

Auf ein Stundenbild sei hier kurz eingegan- gen Thema der Stunde Die Erweiterung des Potenzbegriffs auf negative Exponenten

Vorkenntnisse Die Schuler kennen die Po- tenzgesetze fur naturliche Exponenten

Eingeubte Regeln. Die Schuler sind mit der Gruppenarbeit vertraut und bereits in feste Gruppen eingeteilt, Fragen an Mitschuler und Lehrer sind Ÿblich gegenseitiges Erkläre und Helfen gehöre dazu, Hausaufgabe ist immer ein Aufsatz uber die Ergebnisse der

* Teilnehmende; Karel Tschacher (Leitung), Rudeger Baumann (Eingangsreferat), Christine Bescherer, Josef Böhm Bernhard Brockmann, Stefan Griebel, Bernd Hafenbrak, Mutfried Hartmann, Theo Heußer Matthias Hofer, Elvira Malitte, Konrad Mey- farth, Wolfgang Pröpper Alheide Röttger Klaus Sibum, Rolf Sommer, Hans-Jurgen Tiernann.

Karel Tschacher

Gruppenarbeit Diese werden späte der ge- samten Lerngruppe vorgestellt und als Grup- penleistung bewertet.

Einstieg Lehrer schreibt (ohne weitere Erklä rung oder Erläuterung z 3 (zwei hoch minus drei) an die Tafel Nach einigen Minuten äu ßer die Schuler erste Uberlegungen dazu Der (die) Lehrende fordert zur Gruppenarbeit auf, geht durch die Reihen, gibt Hilfen im Sinne von Ermunterung, Ruckfragen und Hinweisen, ohne eine bestimmte Lösungs strategie oder das Ziel zu verraten Im Fall völlige Hilflosigkeit stehen Kärtche mit (mehr oder weniger kryptischen) Hinweisen zur Verfugung

Nach der Gruppenarbeitsphase wird vom Lehrer die Reihenfolge der Schüle~ortrag festgelegt, und zwar so, dass nicht das wei- test gehende Ergebnis zuerst kommt, auch ,falsche" oder wenig zum Ziel führend Bei- träg sollen vorgestellt werden

Die abschließend Bilanz in der Arbeitsgrup- pe lieà einen verhaltenen Optimismus und groß Handlungsbereitschaft erkennen Nicht vollständi beantwortet wurde die Frage nach den Umsetzungsstrategien Wie lassen sich mehr Lehrerinnen und Lehrer fü offene Unterrichtsformen und den entsprechenden Einsatz von Computeralgebrasystemen ge- winnen bzw. befähigen

@ Bericht zur Arbeitsgrupp 11 pen Space"

Barbe1 Barzel, Dode Haftendorn, Eberhard Lehmann, Alheide Rottger, Guido von Saint-George, Hubert Weller

Hinter diesem Titel verbarg sich der Wunsch, im Rahmen des Tagungsthemas ,,Standard- themen des Mathematikunterrichts" unter be- sonderer BerŸcksichtigun moderner Tech- noiogien zusammenzuarbeiten, ohne von ei- ner festen Vorgabe fur die Arbeitsgruppe auszugehen.,

Zur Information' Open Space Technology ist eine Tagungs- kultur, die im Rahmen von Industrie und Wirtschaft immer häufige genutzt wird, um das Ideenpotenzial von möglichs vielen Teilnehmenden zu nutzen. Sie wurde von Harrison OWEN vor etwa 12 Jahren entwickelt und im Laufe der fol- genden Jahre erprobt. Sie ermöglich es, komplexe Themen mit vielen Menschen zu bearbeiten, viele Menschen rasch zu akti- vieren und die Intelligenz und das Wissen vieler zu nutzen Anwendbar ist sie mit 10 bis 750 Personen. Immer sitzen am Anfang alle in einem gro§e runden Kreis, bei ho- hen Teilnehmerzahlen in mehreren Krei- sen Open Space-Konferenzen haben ein Ge- neralthema - mehr nicht (in unserem Fall war es das Tagungsthema) und der zeitli- che Rahmen ist klar Der Rest wird aus- gefullt von den Teilnehmenden der Gruppe (siehe http.//www.zurBonsen.de)

In diesem Sinne haben wir uns zunächs uber unsere Themenwunsche und Fragen kurz ausgetauscht und dann entschieden, die Frage ,,Was sind Standardaufgaben?" an ei- nem konkreten Unterrichtsthema zu behan- deln

Im Rahmen unserer Diskussion und auch bei der Bearbeitung des konkreten Beispiels ha- ben wir die folgenden allgemeinen Aspekte herausgestellt e Es kann keine Standardaufgaben irn en-

geren Sinne geben, da dadurch der Leh- rer/ die Lehrerin in der eigenen Souverä nitä zu stark eingeschränk wird Unserer Uberzeugung nach sollte vielmehr die Souveränità als allgemeiner Standard so- wohl fur Lehrerlinnen als auch fur Schu- lerlinnen gelten Es ist sinnvoller, statt von Aufgabenstan- dards von Kompetenzstandards (oder Standards in den Zielen) zu sprechen Wir unterscheiden zwischen globalen und lokalen Standards Global sind Standards, wenn sie sich auf mehrere Themen des Unterrichts beziehen, lokal bleibt auf ein konkretes Thema beschränkt

* Im Sinne von Open Space sind wir alle Autorinnen und Autoren

Es gibt Standards in den Methoden, die den Handiungsspielraum der Lehrperson erweitern Dazu gehöre 1 Experimentieren lassen 2 Simulieren 3 Beobachten lassen 4 Animationen durchfuhren1 Möglichkei

ten der dynamischen Visualisierung nutzen

5. Handlungsorientiertheit berucksichti- gen

Als konkretes Unterrichtsthema wählte wir Trigonometrie (1 0. Klasse),

Trigonometrie (1 0.

Globale Standardthemen, die fur diese Unterrichtsreihe wichtig sind

Variation der Parameter

0 Vernetzung mit anderen Themen

o Wechselbeziehung Graph-Term-Tabelle

Lokale Standardthemen: Kompetenzen des ,,Pflichtteils" 1 Grundvorstellungen von sin, cos und tan

a) als periodische Funktion b) anhand der Definition am Einheitskreis

2 Dreiecksberechnungen, Sin- und Cos-Satz

3 Periodische Prozesse a) Anwendungen b) Modellbildung

4 Abgrenzungen a) keine Additionstheoreme

- J2 , , b) Konkrete Werte wie sin45O=- mus- 2

Sen nicht ,,abrufbar" sein

Kompetenzen des ,,Kur-Teils" (Reihenfolge nach Präferenzen 1 Anwendungen der Trigonometrie in der

Raumgeometrie 2 Sphärisch Geometrie

Als Ziele ergeben sich damit

Die Schulerinnen und Schuler sollen

o die Begriffe erkläre könne 0 periodische Prozesse mit trigonometri-

schen Funktionen verbinden können o Figuren berechnen könne 0 erkennen, dass die weiße Flecken auf

der ,,Dreiecks-Landkarte" getilgt sind 0 modellieren könne (auch mit Trigono-

metrie) o Probleme einordnen und adäquat Lö

sungswege wähle könne

Unsere Absicht ist es, diese ,,Standardsn im nächste Schuljahr zu realisieren Auf der nächste Tagung des Arbeitskreises wollen wir die Erfahrungen austauschen und reflek- tieren

ITeil l: Grundsatzvorträg inkl. Diskussion 1 1 13.45 Iwilfried Herget Eröffnun 1

Bärbe Barze l Selbsttätige Lernen im Mathematikunterricht Diisseldorf - neue Methoden, neues Glück

Klaus Aspetsberger Der Einsatz von Computer-Algebra-Systemen ~schach/Österreic zum Elementarisieren im Mathematikunterricht

Eberhard Lehmann CAS-Bausteine bei der Modellierung mathema- Berlin tischer Standardthemen 1

15.50

Josef Böh Grundfertigkeiten und Technologie St. ~ö/ten/Österrei - kein Widerspruch, sondern eine Ergänzun

Kaffee- bzw. Teepause

1 20.00 heil 2: Podiums- und Plenumsdiskussion 1 18.45

1 [mit den Referenten - Leitung: Rolf Neveling, Wuppertal 1

1 Abendessen

21 3 0 - ... 11 ~emütliche ~ u s k l a n ~ : ,,Kamingespracher', handgemachte Musik, . . .

Sonnabend, 25.09.

Teil 3: Sektionsvortrà Hinrich Lorenzen, Kiel Geolog, Geobeweis und Geo- kon - Erfahrungen und Kon- zepte zum Unterricht

Gerhard Holland, Gieße Zum Beweis der Richtigkeit geometrischer Konstruktionen

le (30 min Vortrag zuzüglic 15 min Diskussion, 5 min Wechsel)

Gunter Schmidt, Stromberg Norderstedt

ziehung von Computern

Ingmar Lehmann, Berlin Hartmut KŸmmel Fü und wider von Termumfmun- Biedenkopf gen mit einem GAS Näherungsverfahre und

Modellbildung im Analysis- Unterricht

Tagungsprogramm

H.-J. Elschenbroich, Lothar Profke, Korschenbroich Gieße Einsatz elektronischer Arbeits- Quadratische Gleichungen blätte im Geometrieunterricht - eine Unterrichtsvorbereitung

10.20

Bernd Hafen brak, Karel Tschacher, Weingarten Nürnber Programmieren im Mathematik- Binomische Formeln unterricht der Sekundarstufe I - eine nicht endende Aufgabe

I

Kaffee- bzw. Teepause

Henning Körner Braunschweig Was bleibt von Kurvendiskus- sionen im Zeitalter grafikfähige Taschenrechner?

1 . danach

12.30

. . . PC-Labor, Poster, Plaudern ... oder einfach mal gar nichts ...

Mittagessen

Teil 4: Sektionsvortrage (30 min Vortrag zuzüglic 15 min Diskussion)

Jürge Wagner, Siegfried Zseby , Radebeul Berlin Zur Entwicklung des funktiona- Der kletternde Bä len Denkens im Mathematikun- - Dynamik ohne Chaos terricht

Teil 5: Arbeitsgruppen mit Eingangsreferaten

Neue Aufgabenkultur, verändert Lehrerrolle und Unterrichtspraxis Rüdege Baumann Celle

Sinnvolles Curriculum zur Geometrie in der Sek I Monika Schwarze, Hamm

Gleichungen und Funktionen in der Sekundarstufe l Henning Körner Braunsch weia "

,The Boxu - ein schulernaher Zugang zu Modellbildungsprozessen 1 Frank Förster Braunschweig

Computer-Algebra-Systeme in der Sekundarstufe ll Achim Kleifeld, Duisbura

1 19.30 - l ~ e i l 6 : Arbeitsgruppen - Fortsetzung vom Nachmittag 1 18.30

20.30 ...

. danach

Abendessen

Tagungsprogramm

Materialien und Erfahrungen der Bericht übe den Schulversuch Zentralstelle fur Computer im CuMaU (Computerunterstützte

Mathematikunterricht)

09.45

Teil 9: Tagungsbilanz (Plenum) 11.30 e Abschlussdiskussion:

Konsequenzen aus der Tagung fur die Umsetzung in der Schulpraxis? Leituna: Hans-Geora Weiaand. Giegen

Pause

ca. 11.00

13.30 1 Tagungsende

Kaffee- bzw. Teepause

7 Aspetsberger, Prof Klaus, PA des Bundes, Linz

2 Barzel, Bärbel Universitä Munster

3 Baumann, Rudeger, Celle, Gymnasium Ernestinum

4 Bender, Prof Dr. Peter, Universitä Paderborn

5 Bescherer, Christine, PH Ludwigsburg

6 Böhm Josef, Bundeshandelsakademie St Polten

7 Brockmann, Bernhard, Augsburg, Zentralstelle fur Computer im Unterricht

8 Bruns, Prof Dr Martin, Universitä Paderborn

9 Christmann, Norbert, Universitat Kaiserslautern

10 Dachtler, Margrit, Springe, Otto-Hahn-Gymnasium

11 Detering, Eike A., Berlin, BICS - Landesbildstelle Berlin

12. Elschenbroich, Hans-Jurgen, Neuss, Studienseminar

13 Förster Frank, TU Braunschweig

14 Friebe, Christine, Mainz, Kanonikus-Kir-Realschule

15 Gawlik, Dr Thomas, Universitat Vechta

16 Griebel, Stephan, Tl - Freising

17 Gussmann, Walter, FU Berlin

18 Hafenbrak, Prof Dr Bernd, PH Weingarten,

19 Haftendorn, Dr Dörte Luneburg, Johanneum

20 Hartmann, Mutfried, Universitat Nurnberg

21 Harzbecker, Ulrich, Bezirksregierung Luneburg

22. Heintz, Gaby, Neuss, Studienseminar Sek II

23. Herget, Prof. Dr Wilfried, Universitat Halle- Wittenberg

24 Heußer Dr Theo, Gymnasium Hemsbach

25 Hofer, Matthias, Universitat Wien

26 Holland, Prof Dr Gerhard, Universitä Gießen

27 Hußmann Stephan, Universitat Essen

28 Janßen Martin, Tonisvorst, Michael-Ende- Gymnasium

29 Junek, Prof Dr Heinz, Universitä Potsdam

30 Kleifeld, Achim, Studienseminar Krefeld (S 11)

31 Knoche, Prof Dr Norbert, Universitä Essen

32 Köppen-Castrop Gudrun, Universitä Osnabruck

33 Körner Henning, Wolfsburg-Kolleg

34 Kümmel Hartmut, Biedenkopf, Gymnasium Lahntal- schule

35 Krieger, Barbara, Wuppertal, C -Fuhlrott-Gymnasium

36 Lehmann, Eberhard, Berlin, Fachseminar Informatik 1 Ruckert-Oberschule

37 Lehmann, Dr Ingmar, Humboldt-Universitat zu Berlin

38 Lenck-Ackennann, Christine, Bad Gandersheim, Roswitha-Gymnasium

39 Lichtenberg, Willi, Halle (Saale), LISA

40 Lorenzen, Hinrich, Gettorf

41 Maaß Katja, Bergkamen, Willy-Brandt-GE

42 Malitte, Dr Elvira, Universitat Halle-Wittenberg

43 Manthey, Hasso B , Berlin, VH-Kolleg Charlottenburg

44 Meyer, Dietmar, Soest, Landesinstitut fur Schule und Weiterbildung

45 Meyer, Jorg, Hameln, Studienseminar

46 Meyfahrt, Konrad, FU Berlin

47 Neveling, Dr Rolf, Wuppertal, C -Fuhlrott-Gymnasium

48 Möller Dr. Regina, Universitat Landau

49 Pröpper Wolfgang, Nurnberg-Kolleg

50. Profke, Prof Dr Lothar, Universitat Gieße

51 Peschek, Prof. Dr Werner, Universitat Klagenfurt

52 Richter, Doz. Dr Karin, Universitä Halle-Wittenberg

53 Röttger Klaus-Peter, Haselunne, Kreisgymnasium St Ursula

54 Röttger Alheide, Haselunne, Kreisgymnasium St Ursula

55. Rottmann, Sigune, Bad Gandersheim, Roswitha- Gymnasium

56 Ruprecht, Dr. Gunther, Universitä Dresden

57 Schmidt, Gunther. Bad Kreuznach, Studienseminar

58. Schmidt, Reinhard, Zittau, Christian-Weise-Gymnasium 59 Schneider, Dr. Edith, Universitä Klagenfurt

60 Schwarze, Monika, Hamm, Beisenkamp-Gymnasium

61 Sibum, Klaus, Gifhorn, Otto-Hahn-Gymnasium

62 Sommer, Dr Rolf, Universitä Halle-Wittenberg

63 Stachniss-Carp, Dr Sibylle, Biedenkopf, Lahntalschule

64 Thies, Silke, Universitat Gieße

65 Tiemann, Hans-Jurgen, BezReg. Weser-Ems

66 Tschacher, Karel, Nurnberg, Johannes-Scharrer- Gymnasium

67 von Saint George, Guido, Soest, Landesinstitut fbr Schule und Weiterbildung

68 Wagner, Jurgen, Dresden, Comenius-Institut

69 Weigand, Prof Dr Hans-Georg, Universitä Wurzburg

70 Weiß Michael, Gifhorn, Humboldt-Gymnasium

71 Weitendorf, Jens, Norderstedt, Gymnasium Harksheide

72 Weller, Dr Hubert, Gießen Studienseminar

73 Weth, Prof Dr Thomas, Universitä Nurnberg

74 Winkelmann, Dr Bernard, Universitä Bielefeld

75 Wolff, Klaus, Germersheim, Geschwister-Scholl-Schule

76 Zseby, Prof Dr Siegfried, Fachhochschule fur Wirt- schaft Berlin / FU Berlin