20
© Berlin Economics WIRTSCHAFTSAUSBLICK ARMENIEN Ausgabe 04 | Januar 2021 Überblick 2020: BIP-Rückgang um 7,3% erwartet; Doppelschock: Corona und militärische Konfrontation Langsame Erholung erwartet; BIP-Wachstum von 1,0% im Jahr 2021 und 3,5% im Jahr 2022 Konsum wird 2021 wieder anziehen, Investitionen bleiben voraussichtlich schwach Haushaltsdefizit von 7,0 % des BIP in 2020 erwartet; Staatsverschuldung steigt 2021 auf 69% des BIP Leistungsbilanzdefizit voraussichtlich bei 6,0% in 2020; niedriger als 2019 Starker Rückgang der Exporte (v.a. Tourismus) wird durch noch stärkeren Importrückgang kompensiert Zugleich: FDI in 2020 um fast die Hälfte zurückgegangen, Erholung nur langsam zu erwarten Aufstockung des IWF-Kredits und Auszahlung von ca. 232 Mio. USD entscheidend für die Finanzierung des Haushaltsdefizits in 2020 Relativ stabiler Wechselkurs in 1H-2020, Abwertung des Dram wegen hoher Unsicherheit in Q3 Abwertung führt zu höherer Inflation (pass through); CBA Reaktion: Anhebung des Leitzins im Dez 20 Sonderthemen Corona. Aktuelle Daten und Maßnahmen der Regierung Geschäftsklima. Reformvorschläge in Kooperation mit deutschen und europäischen Firmen Handel mit der EU. Negative Auswirkungen der GSP+ Graduation auf die Textilexporte Regionaler Handel. Importverbot für türkische Waren

WIRTSCHAFTSAUSBLICK ARMENIEN · WIRTSCHAFTSAUSBLICK ARMENIEN Ausgabe 04 | Januar 2021 Überblick • 2020: BIP-Rückgang um 7,3% erwartet; Doppelschock: Corona und militärische Konfrontation

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WIRTSCHAFTSAUSBLICK ARMENIEN

Ausgabe 04 | Januar 2021

Überblick

• 2020: BIP-Rückgang um 7,3% erwartet; Doppelschock: Corona und militärische Konfrontation

• Langsame Erholung erwartet; BIP-Wachstum von 1,0% im Jahr 2021 und 3,5% im Jahr 2022

• Konsum wird 2021 wieder anziehen, Investitionen bleiben voraussichtlich schwach

• Haushaltsdefizit von 7,0 % des BIP in 2020 erwartet; Staatsverschuldung steigt 2021 auf 69% des BIP

• Leistungsbilanzdefizit voraussichtlich bei 6,0% in 2020; niedriger als 2019

• Starker Rückgang der Exporte (v.a. Tourismus) wird durch noch stärkeren Importrückgang kompensiert

• Zugleich: FDI in 2020 um fast die Hälfte zurückgegangen, Erholung nur langsam zu erwarten

• Aufstockung des IWF-Kredits und Auszahlung von ca. 232 Mio. USD entscheidend für die Finanzierung des Haushaltsdefizits in 2020

• Relativ stabiler Wechselkurs in 1H-2020, Abwertung des Dram wegen hoher Unsicherheit in Q3

• Abwertung führt zu höherer Inflation (pass through); CBA Reaktion: Anhebung des Leitzins im Dez 20

Sonderthemen

• Corona. Aktuelle Daten und Maßnahmen der Regierung

• Geschäftsklima. Reformvorschläge in Kooperation mit deutschen und europäischen Firmen

• Handel mit der EU. Negative Auswirkungen der GSP+ Graduation auf die Textilexporte

• Regionaler Handel. Importverbot für türkische Waren

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© Berlin Economics

Basisindikatoren

2

Armenien Aserbaidschan Georgien Belarus Ukraine Russland

BIP, Mrd. USD 12,7 42,6 16,2 60,3 154,7 1.464,1

BIP/Kopf, USD 4.264 4.219 4.358 6.379 3.717 9.973

Bevölkerung, Mio. 3,0 10,1 3,7 9,4 41,6 146,8

Handelsstruktur

Exporte Importe

Russland 26% | Schweiz 19% | EU 17% | Sonstige 37 % Russland 33% | EU 19% | China 15% | Sonstige 34%

Quellen: Nationale Statistikbehörden, IWF; Schätzungen für 2020

Quelle: Armstat; 10M2020; Anmerkung: Warenhandel

Kupfererze25%

Gold11%

Metalle (ohne Gold)10%

Tabak10%

Spirituosen9%

Mineralische Produkte

6%

Pflanzliche Produkte

5%

Bekleidung5%

Sonstiges18%

Maschinen19%

Mineralische Produkte

16%

Chemische Produkte

9%Metalle9%

Pflanzliche Produkte6%

Lebensmittel5%

Transport5%

Sonstiges32%

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Inlandsperspektive

• Doppelschock von Corona und militärischem Konflikt

• 2020: BIP-Rückgang von 7,3% erwartet

• Mittelfristige Auswirkungen: gedämpftes Wachstum, langsame Erholung

• 2021: 1% Wachstum erwartet

• Risiko: Stabilität des Waffenstillstands

Regionale Perspektive

• ARM: Verschlechterung der BIP-Prognosen im Jahr 2020 sehr groß (-12,8 %-Pkt.)

• Hauptgrund: Doppelschock, im Gegensatz zum Einzelschock (Corona) in den meisten Ländern

➢ Massive wirtschaftliche Auswirkungen des Doppelschocks

Wirtschaftswachstum

3

Reales BIP-Wachstum

Quelle: IWF; *Schätzung/Prognose

Quelle: IWF; Weltbank

-10

-5

0

5

10

2018 2019 2020* 2021* 2022*

% z. Vj.

BIP-Prognose (% z. Vj.) Veränderung(%-Pkt.)Anfang 2020 Letzte

Armenia 5,5 -7,3 -12,8

Azerbaijan 2,1 -4,0 -6,1

Georgia 4,3 -5,0 -9,3

Turkey 3,0 -5,0 -8,0

Iran 2,1 -5,0 -7,1

Russia 1,9 -4,1 -6,0

Germany 1,1 -5,0 -6,1

Veränderung in BIP-Prognosen für 2020

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BIP: Nachfrageseite

• Starker Rückgang des privaten Konsums und der Investitionen

• Unterstützende Rolle des öffentlichen Konsums / Staatsausgaben

• Erheblicher Rückgang der Exporte (v.a. Tourismus) wird durch starken Importrückgang kompensiert

BIP: Angebotsseite

• Starke Auswirkung von Corona auf Dienstleistungen, insb. Einzelhandel

• Schwache Entwicklung der Landwirtschaft, wo strukturelle Probleme fortbestehen

• Starke Entwicklung im Bergbau (13%)

➢ Haupttreiber der Rezession: Konsum / Investitionen und Dienstleistungen

BIP-Dynamik: Nachfrage- und Angebotsseite

4

Beitrag zum BIP-Wachstum (Ausgaben)

Quelle: IWF, *Schätzung/Prognose

Beitrag zum BIP-Wachstum (Produktion)

Quelle: Armstat

-10

-5

0

5

10

15

2018 2019 2020* 2021* 2022*

Konsum (privater und staatlicher)

Bruttoanlageinvestitionen

Nettoexporte

Reales BIP-Wachstum

%-Pkt. des BIP, z. Vj.

-5

0

5

10

2018 2019 9M2020

Landwirtschaft Bergbau Verarbeitendes Gewerbe Dienstleistungen

%-Pkt. des BIP, z. Vj.

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© Berlin Economics

0

1

2

3

4

5

0

100

200

300

400

500

2018 2019 2020* 2021* 2022*

FDI-Nettozuflüsse in Mio. USD

FDI-Nettozuflüsse in % des BIP

% Mio. USD

Coronaeffekt auf die Leistungsbilanz

• Niedrigere Exporte von Waren und Dienstleistungen (vsl. -33,5% in 2020)

• Importeinbruch von 28,1% erwartet; in absoluten Zahlen stärker alsExportrückgang

➢ Leistungsbilanzdefizit hat sich 2020 auf schätzungsweise 6,0% des BIP verringert

Finanzierung des Leistungsbilanzdefizits

• Geringere private Kapitalzuflüsse

• FDI-Zuflüsse nach Schätzung um mehr als die Hälfte gesunken (1,4% des BIP im Jahr 2020), langsame Erholung erwartet

➢ IWF-Programm zentral für die externe Stabilität

Leistungsbilanz

5

Leistungsbilanzsaldo

FDI-Nettozuflüsse

Quellen: IWF, Armstat; *Schätzung/Prognose

-8

-6

-4

-2

0

2018 2019 2020* 2021* 2022*

Quelle: IWF; *Schätzung/Prognose

% des BIP

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1H2020: Volatilität aufgrund von Corona• Wechselkursschwankungen im März/April

• Aber: CBA schaffte es, die Volatilität zu reduzieren

➢ Kein langfristiger Einfluss von Corona auf den Wechselkurs

Seit Sep 2020: Abwertung aufgrund des Konflikts• Dram wertete im 4. Quartal um 6,5%

gegenüber dem USD ab

• CBA intervenierte am FX-Markt; Nettoverkauf von ca. USD 110 Mio.

• Nach einem Rückgang im Sep-Nov erholten sich die Devisenreserven im Dez 2020

• Währungsreserven auf adäquatem Niveau, decken mehr als 5 Monate der Importe ab

➢ Erheblicher Einfluss des Konflikts auf Wechselkurs und Währungsreserven

➢ Aber: Währungsreserven auf angemessenem Niveau

Wechselkurs

6

Quelle: Armenische Zentralbank (CBA)

Wechselkurs

Währungsreserven

Quelle: Armenische Zentralbank (CBA)

470

480

490

500

510

520

530

Jan

18

Mrz

18

Mai

18

Jul 1

8

Sep

18

No

v 1

8

Jan

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Mrz

19

Mai

19

Jul 1

9

Sep

19

No

v 1

9

Jan

20

Mrz

20

Mai

20

Jul 2

0

Sep

20

No

v 2

0

Jan

21

AMD/USD

1.500

2.000

2.500

3.000

Jan

18

Mrz

18

Mai

18

Jul 1

8

Sep

18

No

v 1

8

Jan

19

Mrz

19

Mai

19

Jul 1

9

Sep

19

No

v 1

9

Jan

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Mrz

20

Mai

20

Jul 2

0

Sep

20

No

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0Mio. USD

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Exporte

• Warenexporte kaum betroffen

• Nur 4% Rückgang in 10M2020

• Grund: Anstieg der Weltmarktpreise für die beiden wichtigsten Exportprodukte Armeniens, Kupfer und Gold

Importe• Deutlich stärkere Auswirkungen auf

Importe

• Rückgang von 15% in 10M2020

• Insbesondere Pkw: Rückgang um 322 Mio. USD (86%)

• Aber v.a. aufgrund des Basiseffekts: hohe Importe und Re-Exporte von Pkw in die Mitglieder der EAWU im Jahr 2019

➢ Begrenzte Auswirkung von Corona auf den Export von Waren

Warenhandel

7

Exporte nach Warengruppen

Quelle: IWF

Quelle: Armstat, 10M2020

Weltmarktpreise für Kupfer und Gold

Kupfererze25%

Gold11%

Metalle (ohne Gold)10%Tabak

10%

Spirituosen9%

Mineralische Produkte

6%

Pflanzliche Produkte

5%

Bekleidung5%

Sonstiges18%

1.000

1.200

1.400

1.600

1.800

2.000

2.200

5.000

5.500

6.000

6.500

7.000

7.500

Jan

17

Mrz

17

Mai

17

Jul 1

7

Sep

17

No

v 1

7

Jan

18

Mrz

18

Mai

18

Jul 1

8

Sep

18

No

v 1

8

Jan

19

Mrz

19

Mai

19

Jul 1

9

Sep

19

No

v 1

9

Jan

20

Mrz

20

Mai

20

Jul 2

0

Sep

20

No

v 2

0

Kupferpreis pro Tonne (l.S.)Goldpreis pro Feinunze (r.S.)

USD/t USD/oz. tr.

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© Berlin Economics

0

500

1.000

1.500

2.000

2.500

3.000

2017 2018 2019 9M2019 9M2020

Mio. USD

1.205 1.341 1.5351.151

248

212252

262

178

239

606626

634

447

340

0

500

1.000

1.500

2.000

2.500

3.000

2017 2018 2019 9M2019 9M2020

Sonstige IKT TourismusMio. USD

Relevanz des Handels mit Dienstleistungen

• Exporte von Dienstleistungen traditionell sehr stark in ARM

• 2019: 43% der Gesamtexporte

• Hauptposten: Tourismus und IKT-Sektor

Corona-Effekt

• Tourismus: massive negative Auswirkungen durch Reise-beschränkungen: -78% in 9M2020

• IKT: Exporte steigen um 35% in 9M2020; d.h. sie profitieren von der Corona-Krise

➢ Positive Perspektiven für den IKT-Sektor

➢ Tourismus viel anfälliger; übermäßige Abhängigkeit sollte vermieden werden

Handel mit Dienstleistungen

8

Quelle: Armenische Zentralbank (CBA)

Export von Dienstleistungen

Dienstleistungsexporte nach Branche

Quelle: CBA; Tourismus: tourismusbezogene Dienstleistungen im Reise- und Personen-verkehr; IKT: Telekommunikations-, Computer- und Informationsdienstleistungen

-53%

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0

1

2

3

4

5

6

2018 2019 2020 2021* 2022*

% z. Vj.

Inflation

• Dez 2020: Inflation auf 3,7% gestiegen, wegen höherer Lebensmittelpreise

• Grund: pass through-Effekt der Abwertung des Dram

• Inflationsrate im Einklang mit dem mittelfristigen Ziel der CBA (4,0% mit einem Toleranzbereich von +/-1,5%)

➢ Inflation im Toleranzbereich der Zentralbank

Leitzins

• Aufgrund der niedrigen Inflation in 9M2020 konnte die CBA ihren Leitzins senken, um die Wirtschaft zu stützen

• Im Dez 2020 wurde der Leitzins jedoch auf 5,25% erhöht

• Grund: deutlicher Anstieg der Inflation und der Inflationserwartungen im Dez 2020

➢ Anhebung des Leitzinses zur Reduzierung des Inflationsdrucks

Inflation und Geldpolitik

9

Inflationsrate

Leitzins der Zentralbank

Quelle: Armenische Zentralbank (CBA)

Toleranzbereich der Zentralbank

Quelle: CBA; *IWF-Prognose; Anmerkung: Jahresendwerte (Verbraucherpreise)

Ziel

4

5

6

7

Jan

18

Mrz

18

Mai

18

Jul 1

8

Sep

18

No

v 1

8

Jan

19

Mrz

19

Mai

19

Jul 1

9

Sep

19

No

v 1

9

Jan

20

Mrz

20

Mai

20

Jul 2

0

Sep

20

No

v 2

0% p.a.

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Öffentliche Finanzen 2020

10

Quelle: IWF, *Schätzung/Prognose

Haushaltsdefizit

Staatsverschuldung (Zentralregierung)

Quelle: IWF, *Schätzung/Prognose, Anmerkung: öffentliche und öffentlich garantierte Schulden der Zentralregierung

-1,8-1,0

-7,0

-5,6

-2,6

-8

-6

-4

-2

0

2018 2019 2020* 2021* 2022*

% des BIPHaushaltsdefizit 2020

• Ursprünglicher Plan vor Corona: 2,3% des BIP

• Schätzung zum Jahresende: 7,0% des BIP

Einnahmen und Ausgaben

• Einnahmen: -6,3% (9M2020 zum Vj.)

• Ausgaben: +16,3% (9M2020 zum Vj.), insbesondere durch höhere Sozialtransfers und Corona-bezogene Ausgaben

• Kosten Corona-Maßnahmen ca. 400 Mio. USD

Staatsverschuldung (Zentralregierung)

• Starker Anstieg von 49,9% in 2019 auf 63,1%

des BIP in 2020

• Verstößt technisch gegen die Fiskalregel, aber

Ausnahme aufgrund des militärischen

Konflikts

➢ Schlüsselrolle der Aufstockung des IWF-Programms bei der Finanzierung des zusätzlichen Defizits 2020

51,249,9

63,1

69,4 68,5

45

50

55

60

65

70

75

2018 2019 2020* 2021* 2022*

% des BIP

Fiskalregel

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Öffentliche Finanzen 2021

11

Quelle: Finanzministerium, Anmerkung: USD-Werte berechnet mit Jahresdurchschnittskurs für 2020, Wechselkurs vom 31.12.2020 für 2021

Haushaltsdefizit

Finanzierung des Haushaltsdefizits 2021

Quelle: IWF, Finanzministerium, USD-Werte auf Basis des Wechselkurses vom 31.12.2020

Überarbeiteter Haushalt für 2021

• Okt-2020: Haushaltsentwurf verabschiedet

• Dez-2020, d.h. nach Konflikt: Überarbeitung des Haushalts für 2021

– Geringere Einnahmen

– Praktisch keine Veränderung der Ausgaben

– Leichter Anstieg des Defizits um USD 130 Mio.

➢ Fiskalische Kosten von Maßnahmen zur Konfliktnachsorge nicht angemessen berücksichtigt

Ausblick

• Mögliche Revision der Ausgaben / des Haushaltsdefizits hängt von den Finanzierungsmöglichkeiten ab

– Von internationalen Finanzinstitutionen

– Aus inländischen und internationalen privaten

Quellen

➢ Angespannte Haushaltslage im Jahr 2021

Haushaltsdefizit 2021 ca. 650 Mio. USD

Inländische Quellen ca. 380 Mio. USD

Ausländische Quellen ca. 270 Mio. USD

3.5583.289 3.175

3.886 3.813 3.828

-328 -524 -653-1.000

0

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

Plan für 2020 Plan für 2021 (Oktober,Entwurf vor Konflikt)

Plan für 2021 (Dezember,Haushaltsgesetz nach

Konflikt)

Mio. USD

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© Berlin Economics

-200

-100

0

100

200

2017 2018 2019 10M2020

Deutsche Exporte Deutsche Importe Saldo

Quelle: Statistisches Bundesamt; Anmerkung: Warenhandel

Mio. EUR

Umsatz

• 10M2020: 223 Mio. EUR, Rückgang um 10% zum Vj.

Deutsche Exporte

• 10M2020: Anstieg um 16%, trotz negativer Dynamik über den größten Teil des Jahres

• Grund: starker Anstieg im April und Juli, vermutlich durch Auslieferung einer Gasturbine von Siemens und anderer Investitionsgüter

Deutsche Importe

• 10M2020: fiel um 47%, hauptsächlich aufgrund von Metallen (mit Ausnahme der positiven Dynamik bei metallischen Erzen und Metallabfällen)

➢ Deutlicher, aber nicht gravierender Rückgang des bilateralen Handels

Bilateraler Handel zwischen Deutschland und Armenien

12

Deutscher Handel mit Armenien

Quelle: Statistisches Bundesamt; 10M2020; Anmerkung: Warenhandel

Deutsche Exporte nach Armenien

Kfz und Teile22%

Maschinen21%

Textilien16%

Chemische Erzeugnisse

9%

Mess- und Kontrollgeräte

6%

Elektogeräte3%

Sonstige23%

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Corona: Fallzahlen

13

Inlandsperspektive

• Nach einem verzögerten Start stiegen die Fälle in Q2 exponentiell

• Im Laufe des Sommers stabilisierten sich die Fälle

• Zweite Welle in Q4 mit Höhepunkt Anfang November

Internationaler Vergleich

• Sehr hohe Anzahl von Fällen und Todesfällen im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße

• Jüngste 7-Tage-Inzidenz im Vergleich relativ niedrig, aber über dem Schwellenwert für effektive Kontaktverfolgung

0

2

4

6

8

0

100

200

300

400

500

600

7-Tage-Inzidenz (l. Skala) Tote i. d. letzten 7 Tagen (r. Skala)

7-Tage-InzidenzTote in den

letzten 7 Tagen

Armenien 83 2,1

Aserbaidschan 26 1,0

Iran 52 0,7

Türkei 72 1,4

Georgien 231 4,3

Russland 112 2,5

Deutschland 145 7,2

Europäische Union 223 5,6

Quelle: Johns Hopkins University. Werte pro 100,000 Einwohner

Quellen: Johns Hopkins University, Worldometer. Werte pro 100,000 Einwohner. Daten vom 17. Januar 2021

7-Tage-Inzidenz und Todesfälle

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Corona: staatliche Unterstützung

14

Quelle: Armenische Regierung

Bevölkerung / schutzbedürftige Gruppen

• Unterstützung für betroffene Familien / Schwangere• Verstärkte Unterstützung für Arbeitslose oder

vorübergehend Teilzeitbeschäftigte• Unterstützung für Arbeitnehmer/Selbstständige in

betroffenen Branchen (insb. Tourismus)• Unterstützung einkommensschwacher Haushalte bei

Energierechnungen• Ermäßigung der Studiengebühren als

Leistungsstipendium

Unternehmen

• Zinssubventionen für Unternehmenskredite• Zuschüsse als Anteil an den Gehältern• Zinssubventionen/Kofinanzierung für Landwirtschaft• Zuschüsse für erfolgreiche High-Tech-Unternehmer

Spezifische Maßnahmen für KMU und Start-ups

• Kredite für KMU in betroffenen Branchen (v.a. Tourismus, Transport, Gesundheit, Bau)

• Gemischte Unterstützung für Neugründungen • Gezielte Unterstützung für Kleinstunternehmen

Maßnahmen

• 24 Förderpakete genehmigt

• Gesamtbetrag von AMD 192,3 Mrd. (ca. USD 400 Mio.)

Hauptpunkte

• Einmalige Transfers an bedürftige Gruppen der Bevölkerung

• Zinssubventionen und Zuschüsse als kurzfristige Unterstützung für Unternehmen

• Zusätzliche spezifische Maßnahmen für KMU und Existenzgründer

• Gezielte Unterstützung für besonders betroffene Sektoren und sowie zukunftsträchtige Branchen

Auswahl der Unterstützungsmaßnahmen

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Corona: Eindämmungs- und Lockerungsmaßnahmen

15

Quelle: Armenische Regierung

Bewegungsfreiheit

• Grenzschließung• ÖPNV-Verbot• Sperrstunde• Reiserestriktionen in Großstädte• Private Kfz-Nutzung eingeschränkt• Maskenpflicht im öffentlichen Raum

Bildung

• Schließung von Vorschulen und Kindergärten• Schließung von Schulen und Universitäten• Fernunterricht

Wirtschaft

• Absage von Veranstaltungen • Schließung von Einkaufszentren, Hotels und

Restaurants• Aussetzung von Lieferdiensten• Auswahl des Baustellenbetriebs• Schließung von Einzelhandel und Reparaturgewerbe

Eindämmungsmaßnahmen

• Im Frühjahr 2020 waren erhebliche Einschränkungen in Kraft

• Die meisten wurden im Mai aufgehoben, einige später

• Corona-Ausnahmezustand lief am 12. September 2020 aus

Derzeit geltende Regelungen

• Quarantäneregelung bis 11. Juli 2021, d.h. Tests bei Einreise, 14-tägige Selbstisolierung

• Persönliche Schutzausrüstung (Masken) in öffentlichen Räumen vorgeschrieben

• Social Distancing-Regeln bei Versammlungen / Treffen

Auswahl der Eindämmungsmaßnahmen 2020

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Corona: Internationale Unterstützung

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Unterstützung durch internationale Finanzinstitutionen und Geber

Organisation Unterstützungsvolumen

IWF ca. 175 Mio. USD (Aufstockung des 3-jährigen “stand-by arrangement“)

EU Kommission92 Mio. EUR (medizinische Ausrüstung und Training, KMU, soziale Maßnahmen)

ADB 20 Mio. USD (Notkredit: COVID-19 Working Capital Support Projekt)

U.S. / USAID 6,6 Mio. USD (Notunterstützung, Gesundheit, Unternehmen, Soziales, NGOs)

Weltbank 3 Mio. USD (medizinische Unterstützung)

EBRD 167 Mio. USD (v.a. Kredite für Banken, sowie Bereiche Energie und Transport)

ISAR Germany Technische medizinische Unterstützung (v.a. Ärzte und Ausrüstung)

World Food Programme

44.000 Lebensmittelrationen für von Corona betroffene Bevölkerungsgruppen

Quellen: jeweilige Institutionen; Hinweis: Auswahl neuer Maßnahmen; Unterscheidung von Corona-spezifischer von anderer Förderung nicht immer möglich

• IWF führte im November die dritte Überprüfung im Rahmen des stand-by arrangement durch

– Ergebnis: Armenische Behörden können ca. 37 Mio. USD abrufen

– SBA insgesamt: ca. 443 Mio. USD (Aufstockung im Mai 2020), bisher ausgezahlt: ca. 332 Mio. USD

• EU hat bisher 59,6 Mio. EUR (von 92 Mio. EUR) für Gesundheitsversorgung und Anti-Krisen-Maßnahmen für gefährdete Gruppen und Unternehmen ausgezahlt

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Geschäftsklima – Vorschläge in Kooperation mitdt./europ. Unternehmen

Hintergrund

• Gemeinsame Studie von GET und deutschen und europäischen Wirtschaftsverbänden in Armenien mit Reformvorschlägen

• Ziel: Verbesserung des Investitionsklimas durch Lösung praktischer Probleme der Unternehmen

Studienmethodik

• Bottom-up-Ansatz: Vorschläge von Unternehmen wurden von GET-Experten analysiert und bearbeitet

• Insgesamt 13 Vorschläge in 3 Kategorien: Regulierung, Steuern und Außenhandel

• Fokus auf Lösungen für praktische Probleme, ergänzend zur Arbeit an wirkungsvollen Reformen

➢ Realistische Reformvorschläge zur Verbesserung des Geschäftsklimas in Armenien

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Umfangreiche Reformen

1. Stärkung der Antimonopolbehörde

2. Reformierung des Arbeitsrechts

„Quick win“-Vorschläge

1. Abschaffung der Verpflichtung, physische "Kassenbücher" zu führen

2. Akzeptanz von Rechnungen als Basis für die Zollfreigabe

3. Anerkennen von Weiterbildungskosten alsBetriebskosten

Quelle: Improving the Business Climate – Boosting Private Investment: Proposals from German and European business in Armenia, PS/03/2020

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Handel mit der EU –Auswirkungen der GSP+ Graduation auf Textilexporte

Hintergrund

• Armenien wird Jan-2022 aus GSP+ ausscheiden und damit den zollfreien Zugang zur EU verlieren

• GET-Studie ergab, dass die Exporte von Bekleidung durch höhere Zölle erheblich beeinträchtigt werden könnten

Auswirkungen auf den Textilsektor

• GET führte Interviews mit Unternehmen, die Textil-und Bekleidungsprodukte in die EU exportieren

• Ergebnis: 3.300 Arbeitsplätze hängen vom Export in die EU ab

• 90% Frauen, meist ohne höhere Bildung

• Arbeitsplätze sind über ganz Armenien verteilt

➢ Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen nicht zu unterschätzen

➢ Mögliche Unterstützung der ARM Regierung / int. Geber: Beratung der betroffenen Unternehmen zu Produktivitätssteigerung und Kostensenkung

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Grad der Abhängigkeit vom

EU-Markt(Exporte in die EU

in % der Produktion)

Anzahl der

Firmen

Mitarbeiter, die an EU-Exporten arbeiten

Starke Abhängigkeit

(95-100%)3 3.276

Mittlere Abhängigkeit

(20-50%)4 211

Niedrige Abhängigkeit

(0-10%)2 n/a

Quelle: GET-Berechnungen auf Basis von Interviews

Abhängigkeit der Firmen vom EU-Markt

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223253 268

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0

50

100

150

200

250

300

2017 2018 2019 10M2020

Mio. USD

5.4%5.1%

4.8%

4.9%

Hintergrund

• Der Handel zwischen ARM und TUR ist wegen der geschlossenen Grenzen eingeschränkt

• Handel ist nur über Georgien möglich

• Türkische Produkte machen ca. 5% der armenischen Importe aus

• Hauptartikel: Textilien, Maschinen, Chemikalien, Mineralprodukte und Früchte

Importverbot

• Im Zusammenhang mit dem militärischen Konflikt verbot Armenien ab Jan-2021 den Import einer breiten Palette türkischer Waren, zunächst für sechs Monate

Effekt des Verbots

• Importe aus der TUR werden laut ARM-Wirtschaftsministerium um ca. 200 Mio. USD pro Jahr zurückgehen

• Wesentliche Umorientierung von Importen unwahrscheinlich, wenn Verbot nur für 6 Monate aufrechterhalten wird

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Struktur der armenischen Importe türkischer Waren

Quelle: Armstat, Anmerkung: Prozentangaben zeigen Anteil an Gesamtimporten

Quelle: GET-Berechnung, Eurasische Kommission, Wirtschaftsministerium, Anmerkung: basierend auf Daten von 2019

Armenische Importe türkischer Waren

Regionaler Handel – Importverbot für türkische Waren

ProduktgruppeARM Importe,

Mio. USDVom Verbot

betroffen, Mio. USD

Textilien, Bekleidung und Schuhe 76,5 49,4

Maschinen, Anlagen und Fahrzeuge 46,3 46,3

Produkte der chemischen Industrie 45,2 37,7

Mineralische Erzeugnisse 25,1 24,5

Lebensmittel und Agrarerzeugnisse 22,1 21,8

Metalle und Metallprodukte 21,6 20,4

Leder- und Pelzprodukte 15,0 14,1

Sonstige 13,0 13,0

GESAMT 264,8 227,0

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Über das German Economic Team

Finanziert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), berät das German

Economic Team (GET) die Regierungen von Moldau, Georgien, Ukraine, Belarus und

Usbekistan zu wirtschaftspolitischen Fragen. Darüber hinaus werden spezifische Themen in

weiteren Ländern wie Armenien untersucht. Mit der Umsetzung der Beratung wurde Berlin

Economics betraut.

K O N T A K T

Nikolas Schmidt, Länderkoordinator [email protected]

German Economic Team Tel: +49 30 / 20 61 34 64 0c/o BE Berlin Economics GmbH [email protected]ße 59 www.german-economic-team.com10627 Berlin