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Plenarprotokoll 802 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Amsterdamer Str. 192, 50735 Köln, Telefon: 02 21/9 76 68-0, Telefax: 02 21/9 76 68-338 ISSN 0722-7999 BUNDESRAT Stenografischer Bericht 802. Sitzung Berlin, Freitag, den 9. Juli 2004 Inhalt: Amtliche Mitteilungen Zur Tagesordnung 1. Frage an die Bundesregierung in Zusam- menhang mit dem Rechtsvereinfa- chungsprogramm der EU – gemäß § 19 Abs. 2 GO BR – Vorlage des Freistaates Bayern – (Drucksache 518/04) Eberhard Sinner (Bayern) Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit 2. Zwölftes Gesetz zur Änderung des Arz- neimittelgesetzes (Drucksache 511/04) Rudolf Köberle (Baden-Württem- berg), Berichterstatter Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84 Abs. 1 GG – Annahme einer Entschlie- ßung 3. Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombe- reich (Drucksache 512/04, zu Drucksache 512/04) Christian Wulff (Niedersachsen), Be- richterstatter Jörg Schönbohm (Brandenburg) Dr. Thomas de Maizière (Sachsen) Beschluss: Kein Einspruch gemäß Art. 77 Abs. 3 GG 4. Gesetz zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Al- kohol- und Tabakkonsums (Drucksache 513/04) Rudolf Köberle (Baden-Württem- berg), Berichterstatter Beschluss: Einspruch gemäß Art. 77 Abs. 3 GG 5. Gesetz zur Neuordnung des Gentechnik- rechts – gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG – (Drucksache 487/04, zu Drucksache 487/ 04) Petra Wernicke (Sachsen-Anhalt) Bärbel Höhn (Nordrhein-Westfalen) Dr. Werner Schnappauf (Bayern) Klaus Müller (Schleswig-Holstein) Matthias Berninger, Parl. Staats- sekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Beschluss: Anrufung des Vermittlungs- ausschusses 6. Gesetz zur Änderung des Futtermittelge- setzes und des Treibhausgas-Emissions- handelsgesetzes (Drucksache 488/04) Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84 Abs. 1 GG 7. Gesetz zur Förderung von Wagniskapital (Drucksache 489/04) Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105 Abs. 3 GG 8. Drittes Gesetz zur Änderung des Geset- zes zur Errichtung einer Stiftung „Erin- nerung, Verantwortung und Zukunft“ (Drucksache 502/04) Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG . . . . . . . . . 325 A . . . . . . . . . . 325 B . . . . . 325 D . . . . . 325 D . . . . 326 B . 346 A . . . . . 346 A . . . . . . . . . . . . . . 346 C . . . . . . . . . . . . . . 346 C . . . . . . 346 D, 377*A . . 378*B . 378*D . . . . . . . . . . . . 347 C . . . . . . . . . . . . . . 347 C . . . . . 347 C . . . . . . . . . . . . 347 D . . . . . . . . . . . . . . . . 355 D . 355 D 357 B . . 358 A . 359 B . . . . . . 360 C . . . . . . . . 361 D, 362 A . . 362 A . . . . . . . . . . . . 382*B . . . . . . . . . 362 A . . . . . . . . . . . . 382*B . . . . . . . . . 362 A . . . . . . . . . . . . 382*D

BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

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Plenarprotokoll 802

BUNDESRATStenografischer Bericht

802. Sitzung

Berlin, Freitag, den 9. Juli 2004

I n h a l t :

Amtliche Mitteilungen

Zur Tagesordnung

1. Frage an die Bundesregierung in Zusam-menhang mit dem Rechtsvereinfa-chungsprogramm der EU – gemäß § 19Abs. 2 GO BR – Vorlage des FreistaatesBayern – (Drucksache 518/04)

Eberhard Sinner (Bayern)

Wolfgang Clement, Bundesministerfür Wirtschaft und Arbeit

2. Zwölftes Gesetz zur Änderung des Arz-neimittelgesetzes (Drucksache 511/04)

Rudolf Köberle (Baden-Württem-berg), Berichterstatter

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84Abs. 1 GG – Annahme einer Entschlie-ßung

3. Gesetz zur Neuregelung des Rechts derErneuerbaren Energien im Strombe-reich (Drucksache 512/04, zu Drucksache512/04)

Christian Wulff (Niedersachsen), Be-richterstatter

Jörg Schönbohm (Brandenburg)

Dr. Thomas de Maizière (Sachsen)

Beschluss: Kein Einspruch gemäß Art. 77Abs. 3 GG

4. Gesetz zur Verbesserung des Schutzesjunger Menschen vor Gefahren des Al-kohol- und Tabakkonsums (Drucksache513/04)

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Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 BerlinVertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Amsterdamer Str. 192, 50735 KölnTelefon: 02 21/9 76 68-0, Telefax: 02 21/9 76 68-338ISSN 0722-7999

Rudolf Köberle (Baden-Württem-berg), Berichterstatter

Beschluss: Einspruch gemäß Art. 77Abs. 3 GG

5. Gesetz zur Neuordnung des Gentechnik-rechts – gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG –(Drucksache 487/04, zu Drucksache 487/04)

Petra Wernicke (Sachsen-Anhalt)

Bärbel Höhn (Nordrhein-Westfalen)

Dr. Werner Schnappauf (Bayern)

Klaus Müller (Schleswig-Holstein)

Matthias Berninger, Parl. Staats-sekretär bei der Bundesministerinfür Verbraucherschutz, Ernährungund Landwirtschaft

Beschluss: Anrufung des Vermittlungs-ausschusses

6. Gesetz zur Änderung des Futtermittelge-setzes und des Treibhausgas-Emissions-handelsgesetzes (Drucksache 488/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84Abs. 1 GG

7. Gesetz zur Förderung von Wagniskapital(Drucksache 489/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105Abs. 3 GG

8. Drittes Gesetz zur Änderung des Geset-zes zur Errichtung einer Stiftung „Erin-nerung, Verantwortung und Zukunft“(Drucksache 502/04)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

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Page 2: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

II Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

9. Gesetz zur Änderung der Abgabenord-nung und weiterer Gesetze (Drucksache508/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105Abs. 3 und Art. 108 Abs. 5 GG

10. Gesetz zur Neuregelung von Luftsicher-heitsaufgaben – gemäß Artikel 84 Abs. 1,Artikel 87d Abs. 2 GG – (Drucksache509/04)

Beschluss: Anrufung des Vermittlungs-ausschusses – Der Bundesrat hält dasGesetz für zustimmungsbedürftig

11. a) Gesetz zu dem Protokoll vom 16. Mai2003 zum Internationalen Überein-kommen von 1992 über die Errichtungeines Internationalen Fonds zur Ent-schädigung für Ölverschmutzungs-schäden (Drucksache 490/04)

b) Gesetz zur Änderung von Vorschriftenüber die Entschädigung für Ölver-schmutzungsschäden durch Seeschiffe(Drucksache 491/04)

Beschluss zu a) und b): Kein Antrag ge-mäß Art. 77 Abs. 2 GG

12. Gesetz zur effektiveren Nutzung von Da-teien im Bereich der Staatsanwaltschaf-ten (Drucksache 492/04)

Dr. Beate Merk (Bayern)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84Abs. 1 GG

13. Gesetz zur Einführung der nachträgli-chen Sicherungsverwahrung (Druck-sache 510/04)

Curt Becker (Sachsen-Anhalt)

Dr. Beate Merk (Bayern)

Brigitte Zypries, Bundesministerinder Justiz

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG – Annahme einer Entschlie-ßung

14. Gesetz zur Regelung von Rechtsfragenhinsichtlich der Rechtsstellung von An-gehörigen der Bundeswehr bei Koopera-tionen zwischen der Bundeswehr undWirtschaftsunternehmen sowie zur Ände-rung besoldungs- und wehrsoldrechtli-cher Vorschriften (Drucksache 493/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 74aAbs. 2 GG

15. Erstes Gesetz zur Änderung des Güter-kraftverkehrsgesetzes (Drucksache 494/04)

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Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84Abs. 1 GG

16. Gesetz zu dem Übereinkommen vom9. September 2002 über die Vorrechteund Immunitäten des InternationalenStrafgerichtshofs (Drucksache 495/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105Abs. 3 GG

17. Gesetz zu dem Abkommen vom 8. Juli2003 zwischen der Regierung der Bun-desrepublik Deutschland und der ma-zedonischen Regierung über SozialeSicherheit (Drucksache 496/04)

Walter Hirche (Niedersachsen)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84Abs. 1 GG

18. Gesetz zu dem Übereinkommen vom14. Oktober 2003 über die Beteiligungder Tschechischen Republik, der Repu-blik Estland, der Republik Zypern, derRepublik Lettland, der Republik Litauen,der Republik Ungarn, der RepublikMalta, der Republik Polen, der RepublikSlowenien und der Slowakischen Repu-blik am Europäischen Wirtschaftsraum(Drucksache 497/04)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

19. Gesetz zu dem Abkommen vom 14. Mai2003 zwischen der BundesrepublikDeutschland und der Republik Polen zurVermeidung der Doppelbesteuerung aufdem Gebiet der Steuern vom Einkommenund vom Vermögen (Drucksache 498/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105Abs. 3 GG

20. Gesetz zu dem Fakultativprotokoll vom25. Mai 2000 zum Übereinkommen überdie Rechte des Kindes betreffend die Be-teiligung von Kindern an bewaffnetenKonflikten (Drucksache 503/04)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

21. Entwurf eines … Gesetzes zur Änderungdes Berufsbildungsgesetzes – gemäß Ar-tikel 76 Abs. 1 GG – Antrag des LandesSachsen-Anhalt – (Drucksache 242/04)

Mitteilung: Absetzung von der Tagesord-nung

22. Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung desOpferschutzes bei Entscheidungen überAnordnung und Fortdauer der Untersu-chungshaft – Antrag der Länder Nieder-sachsen, Bayern, Hessen, Thüringen und

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Page 3: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 III

Sachsen – Geschäftsordnungsantrag desLandes Niedersachsen – (Drucksache459/03)

Elisabeth Heister-Neumann (Nieder-sachsen)

Walter Zuber (Rheinland-Pfalz)

Beschluss: Einbringung des Gesetzent-wurfs gemäß Art. 76 Abs. 1 GG beimDeutschen Bundestag in der festgeleg-ten Fassung – Bestellung von Minis-terin Elisabeth Heister-Neumann (Nie-dersachsen) zur Beauftragten desBundesrates gemäß § 33 GO BR

23. Entwurf eines Gesetzes zur Reform desRechts der Unterbringung in einem psy-chiatrischen Krankenhaus und in einerEntziehungsanstalt – Antrag der LänderBayern, Sachsen-Anhalt – (Drucksache455/04)

Curt Becker (Sachsen-Anhalt)

Beschluss: Einbringung des Gesetzent-wurfs gemäß Art. 76 Abs. 1 GG beimDeutschen Bundestag – Bestellung vonStaatsministerin Dr. Beate Merk (Bay-ern) zur Beauftragten des Bundesratesgemäß § 33 GO BR

24. Entwurf eines … Gesetzes zur Änderungdes Bundesnaturschutzgesetzes – gemäßArtikel 76 Abs. 1 GG – Antrag des Lan-des Niedersachsen gemäß § 36 Abs. 2 GOBR – (Drucksache 517/04)

Elisabeth Heister-Neumann (Nieder-sachsen)

Mitteilung: Überweisung an die zustän-digen Ausschüsse

25. Entschließung des Bundesrates „DenEuropäischen Stabilitäts- und Wachs-tumspakt einhalten“ – Antrag des Frei-staates Bayern – (Drucksache 470/04)

Mitteilung: Absetzung von der Tagesord-nung

26. Entschließung des Bundesrates zur Si-cherung der Mobilität und für fairenWettbewerb – Antrag des Freistaats Thü-ringen – (Drucksache 417/04)

Beschluss: Annahme der Entschließungin der festgelegten Fassung

27. Entschließung des Bundesrates zur Neu-regelung der Arzneimittelpreisgestal-tung zum 1. Januar 2004 – Antrag desSaarlandes – (Drucksache 208/04)

Beschluss: Annahme der Entschließungnach Maßgabe der beschlossenen Än-derung

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28. Entschließung des Bundesrates zur För-derung des Ehrenamtes durch Änderungurheberrechtlicher Vorschriften – Antragdes Landes Hessen gemäß § 36 Abs. 2GO BR – (Drucksache 505/04)

Dr. Christean Wagner (Hessen)

Mitteilung: Überweisung an die zustän-digen Ausschüsse

29. Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnungdes Lebensmittel- und des Futtermittel-rechts (Drucksache 429/04)

Wolfgang Gerhards (Nordrhein-Westfalen)

Rudolf Köberle (Baden-Württem-berg)

Beschluss: Stellungnahme gemäß Art. 76Abs. 2 GG

30. Entwurf eines Ersten Gesetzes zurÄnderung des Ausführungsgesetzeszum Chemiewaffenübereinkommen(CWÜAGÄndG 1) – gemäß Artikel 76Abs. 2 Satz 4 GG – (Drucksache 485/04)

Beschluss: Keine Einwendungen gemäßArt. 76 Abs. 2 GG

31. Entwurf eines Gesetzes zur Organisa-tionsreform in der gesetzlichen Renten-versicherung (RVOrgG) (Drucksache430/04)

Beschluss: Stellungnahme gemäß Art. 76Abs. 2 GG

32. Entwurf eines Gesetzes zur Änderungdes Gräbergesetzes (Drucksache 431/04)

Barbara Richstein (Brandenburg)

Beschluss: Stellungnahme gemäß Art. 76Abs. 2 GG

33. Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Ände-rung des Postpersonalrechtsgesetzes– gemäß Artikel 76 Abs. 2 Satz 4 GG –(Drucksache 432/04)

Beschluss: Keine Einwendungen gemäßArt. 76 Abs. 2 GG

34. Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzungder Richtlinie 2002/87/EG des Europäi-schen Parlaments und des Rates vom16. Dezember 2002 (Finanzkonglomera-terichtlinie-Umsetzungsgesetz) (Druck-sache 433/04)

Beschluss: Stellungnahme gemäß Art. 76Abs. 2 GG

35. Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Ände-rung des Transfusionsgesetzes und arz-neimittelrechtlicher Vorschriften (Druck-sache 434/04)

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Page 4: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

IV Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

Beschluss: Keine Einwendungen gemäßArt. 76 Abs. 2 GG

36. Entwurf eines Einundzwanzigsten Geset-zes zur Änderung des Bundesausbildungs-förderungsgesetzes (21. BAföGÄndG)(Drucksache 435/04)

Beschluss: Stellungnahme gemäß Art. 76Abs. 2 GG

37. Entwurf eines Gesetzes zur Anpassungvon Verjährungsvorschriften an das Ge-setz zur Modernisierung des Schuld-rechts (Drucksache 436/04)

Beschluss: Stellungnahme gemäß Art. 76Abs. 2 GG

38. Entwurf eines Gesetzes zur Änderungdes Patentgesetzes und anderer Vor-schriften des gewerblichen Rechtsschut-zes (Drucksache 437/04)

Beschluss: Stellungnahme gemäß Art. 76Abs. 2 GG

39. Entwurf eines Gesetzes zur Einführungder Europäischen Gesellschaft (SEEG)– gemäß Artikel 76 Abs. 2 Satz 4 GG –(Drucksache 438/04)

Beschluss: Stellungnahme gemäß Art. 76Abs. 2 GG – Annahme einer Entschlie-ßung

40. Entwurf eines Gesetzes zur Neugestal-tung des UIG – gemäß Artikel 76 Abs. 2Satz 4 GG – (Drucksache 439/04)

Wolfgang Gerhards (Nordrhein-Westfalen)

Annemarie Lütkes (Schleswig-Hol-stein)

Beschluss: Stellungnahme gemäß Art. 76Abs. 2 GG

41. Entwurf eines Gesetzes über die Feststel-lung des Wirtschaftsplans des ERP-Son-dervermögens für das Jahr 2005 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache440/04)

Beschluss: Keine Einwendungen gemäßArt. 76 Abs. 2 GG

42. Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Än-derung des Gesetzes gegen Wettbe-werbsbeschränkungen (Drucksache 441/04)

Erwin Huber (Bayern)

Wolfgang Clement, Bundesministerfür Wirtschaft und Arbeit

Walter Zuber (Rheinland-Pfalz)

Beschluss: Stellungnahme gemäß Art. 76Abs. 2 GG

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43. Strategien zur Stärkung der sozialen In-tegration – Nationaler Aktionsplan zurBekämpfung von Armut und sozialerAusgrenzung 2003–2005 – Aktualisie-rung 2004 – Deutschlands Beitrag zumersten europäischen Sozialschutzbericht– gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG – (Druck-sache 456/04)

Beschluss: Stellungnahme

44. Bericht der Bundesregierung über dieTätigkeit des Europarats für die Zeit vom1. Januar bis 30. Juni 2003 sowie vom1. Juli bis 31. Dezember 2003 (Druck-sache 484/04)

Beschluss: Stellungnahme

45. Vorschlag für einen Beschluss des Euro-päischen Parlaments und des Rates zurÄnderung des Beschlusses 1419/1999/EGüber die Einrichtung einer Gemein-schaftsaktion zur Förderung der Veran-staltung „Kulturhauptstadt Europas“ fürdie Jahre 2005 bis 2019 – gemäß §§ 3 und5 EUZBLG – (Drucksache 914/03)

Beschluss: Stellungnahme

46. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäi-schen Parlaments und des Rates zur Ver-wirklichung des Grundsatzes der Chan-cengleichheit und Gleichbehandlungvon Männern und Frauen in Arbeits- undBeschäftigungsfragen (Neufassung) – ge-mäß §§ 3 und 5 EUZBLG – (Drucksache366/04)

Beschluss: Stellungnahme

47. Mitteilung der Kommission der Europäi-schen Gemeinschaften über die Reaktionauf den Reflexionsprozess auf hoherEbene über die Patientenmobilität unddie Entwicklungen der gesundheitlichenVersorgung in der Europäischen Union– gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG – (Druck-sache 336/04)

Beschluss: Stellungnahme

48. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäi-schen Parlaments und des Rates überDienstleistungen im Binnenmarkt – ge-mäß §§ 3 und 5 EUZBLG – (Drucksache128/04)

Beschluss: Stellungnahme

49. Vorschlag für eine Verordnung des Euro-päischen Parlaments und des Rates überden Zugang zur Außenhilfe der Gemein-schaft – gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG –(Drucksache 371/04)

Beschluss: Stellungnahme

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Page 5: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 V

50. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäi-schen Parlaments und des Rates über dieRückversicherung und zur Änderung derRichtlinien 73/239/EWG und 92/49/EWGdes Rates sowie der Richtlinien 98/78/EGund 2002/83/EG – gemäß §§ 3 und 5EUZBLG – (Drucksache 370/04)

Beschluss: Stellungnahme

51. Mitteilung der Kommission der Europäi-schen Gemeinschaften an den Rat unddas Europäische Parlament: Clearingund Abrechnung in der EuropäischenUnion – Künftige Maßnahmen – gemäߧ§ 3 und 5 EUZBLG – (Drucksache 407/04)

Beschluss: Stellungnahme

52. Grünbuch der Kommission der Europäi-schen Gemeinschaften zu öffentlich-pri-vaten Partnerschaften und den gemein-schaftlichen Rechtsvorschriften füröffentliche Aufträge und Konzessionen– gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG – (Druck-sache 408/04)

Beschluss: Stellungnahme

53. Grünbuch der Kommission der Europäi-schen Gemeinschaften über die Anglei-chung, die gegenseitige Anerkennungund die Vollstreckung strafrechtlicherSanktionen in der Europäischen Union– gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG – (Druck-sache 410/04)

Beschluss: Stellungnahme

54. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäi-schen Parlaments und des Rates über dieAnerkennung von Befähigungszeugnis-sen der Mitgliedstaaten für Seeleute undzur Änderung der Richtlinie 2001/25/EG– gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG – (Druck-sache 381/04)

Beschluss: Stellungnahme

55. Vorschlag für eine Empfehlung des Euro-päischen Parlaments und des Rates zumSchutz von Jugendlichen, der Men-schenwürde und dem Recht auf Ge-gendarstellung hinsichtlich der Wett-bewerbsfähigkeit der europäischenaudiovisuellen Medien und der europäi-schen Informationsdienste-Industrie – ge-mäß §§ 3 und 5 EUZBLG – (Drucksache411/04)

Beschluss: Stellungnahme

56. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäi-schen Parlaments und des Rates über Be-schränkungen des Inverkehrbringens

. . . . 362 A

. . . . . . 383*C

. . . . . . . . . . . . . . . . 362 A

. . . . . . 383*C

. . . . . . . . . . . 362 A

. . . . . . 383*C

. . . . . . . . . . . 373 D

. . . . . . 374 A

. . . . . . . . . . . 362 A

. . . . . . 383*C

. . . . . . . . . . . . . . 362 A

. . . . . . 383*C

und der Verwendung von Toluol und Tri-chlorbenzol (Achtundzwanzigste Ände-rung der Richtlinie 76/769/EWG des Ra-tes) – gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG –(Drucksache 401/04)

Beschluss: Stellungnahme

57. Elfte Verordnung zur Änderung saatgut-rechtlicher Verordnungen (Drucksache418/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG nach Maßgabe der ange-nommenen Änderungen

58. Verordnung zur Änderung der Zucker-Produktionsabgaben-Verordnung (Druck-sache 442/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG

59. Verordnung zur Festlegung lebensmittel-hygienerechtlicher Anforderungen an dieHerstellung, Behandlung und an das In-verkehrbringen von Kollagen und andessen Ausgangserzeugnisse (Kollagen-Verordnung – KolV) (Drucksache 443/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG nach Maßgabe der beschlos-senen Änderung

60. Vierte Verordnung zur Änderung fleisch-und geflügelfleischhygienerechtlicherVorschriften (Drucksache 444/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG

61. Verordnung zur Änderung marktord-nungsrechtlicher Vorschriften für Milch(Drucksache 459/04, zu Drucksache 459/04)

Wolfgang Gerhards (Nordrhein-Westfalen)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG nach Maßgabe der beschlos-senen Änderungen

62. Verordnung über Arbeitsstätten (Druck-sache 450/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG – Annahme einer Entschlie-ßung

63. Zehnte Verordnung zum Geräte- undProduktsicherheitsgesetz (Verordnungüber das Inverkehrbringen von Sport-booten – 10. GPSGV) (Drucksache 461/04)

Rudolf Köberle (Baden-Württem-berg)

. . . . . . . . 374 A

. . . . . . 374 A

. . . . . . . . . . . . . . 374 A

. . . . . . 374 B

. . . . . . . . . . . 362 A

. . . . . . . . . . . . 384*B

362 A

. . . . . . . . . 383*C

. . . 362 A

. . . . . . . . . . . . 384*B

. . . . . . . . . . . . . . . . 374 B

. . . . . . . . . . 408*B

. . . . . . . . 374 C

. . . . . . . . . . . 374 C

. . . . . . . . . . . . . . 374 D

. . . . . . . . . . . . . . . . 362 A

. . . . . . . . . . . . 385*C

Page 6: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

VI Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG nach Maßgabe der beschlos-senen Änderung

64. Neunte Verordnung zur Neufestsetzungder Beträge nach § 7 Abs. 1 des Gesetzeszur Hilfe für Frauen bei Schwanger-schaftsabbrüchen in besonderen Fällen(Drucksache 445/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG

65. Erste Verordnung zur Änderung der An-lageverordnung (Drucksache 446/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG

66. Vierte Verordnung zur Änderung derHebammenhilfe-Gebührenverordnung(Drucksache 343/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG in der festgelegten Fassung

67. Zehnte Verordnung zur Änderung derVerordnung über Standardzulassungenvon Arzneimitteln (Drucksache 426/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG in der festgelegten Fassung

68. Erste Verordnung zur Änderung der Aus-schussmitglieder-Verordnung (Druck-sache 462/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG

69. Verordnung zur Änderung der Apothe-kenbetriebsordnung (Drucksache 463/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG in der festgelegten Fassung

70. Verordnung zur Änderung der Versatz-verordnung und zur Zweiten Änderungder Deponieverordnung (Drucksache464/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG

71. Verordnung zur Änderung Seefahrtbezogener Ausbildungsverordnungen(Drucksache 412/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG nach Maßgabe der beschlos-senen Änderung

72. a) Vierte Verordnung zur Änderung per-sonenbeförderungsrechtlicher Vor-schriften (Drucksache 465/04)

. . . . . . . . . 383*C

. . . . . . . . 362 A

. . . . . . . . . . . . 384*B

. 362 A

. . . . . . . . . . . . 384*B

. . . . . . . . 374 D

375 A

. 362 A

383*C

. . . . . . . . . . . 362 A

. . . . . . . . . . . . 384*B

. . . . . . . . . . . . . . . . 362 A

383*C

. . . . . . . . . . . . . . 362 A

. . . . . . . . . . . . 384*B

. . . . . . . . 362 A

. . . . . . . . . 383*C

b) Allgemeine Verwaltungsvorschrift zurVerordnung zur Durchführung vonVerordnungen und Abkommen derEuropäischen Gemeinschaft über denPersonenverkehr mit Kraftomnibus-sen (Drucksache 447/04)

Beschluss zu a): Zustimmung gemäßArt. 80 Abs. 2 GG

Beschluss zu b): Zustimmung gemäßArt. 84 Abs. 2 GG

73. a) Erste Verordnung zur Änderung derEnergieeinsparverordnung (Druck-sache 448/04)

b) Allgemeine Verwaltungsvorschrift zurÄnderung der Allgemeinen Verwal-tungsvorschrift zu § 13 der Energie-einsparverordnung (Drucksache 449/04)

Beschluss zu a): Zustimmung gemäßArt. 80 Abs. 2 GG

Beschluss zu b): Zustimmung gemäßArt. 84 Abs. 2 GG

74. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zurKennzeichnung von Luftfahrthindernis-sen (Drucksache 506/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 85Abs. 2 GG

75. Benennung von Vertretern in Beratungs-gremien der Europäischen Union (Stän-dige Arbeitsgruppe der Kommission „In-dikatoren“) – gemäß § 6 Abs. 1 EUZBLGi.V.m. Abschnitt IV der Bund-Länder-Ver-einbarung – (Drucksache 467/04)

Beschluss: Zustimmung zu der Empfeh-lung in Drucksache 467/1/04

76. Gesetz zur Steuerung und Begrenzungder Zuwanderung und zur Regelung desAufenthalts und der Integration vonUnionsbürgern und Ausländern (Zuwan-derungsgesetz) (Drucksache 528/04)

Peter Müller (Saarland), Bericht-erstatter

Peter Müller (Saarland)

Walter Zuber (Rheinland-Pfalz)

Jörg Schönbohm (Brandenburg)

Corinna Werwigk-Hertneck (Baden-Württemberg)

Otto Schily, Bundesminister des In-nern

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84Abs. 1 GG

77. Gesetz zur optionalen Trägerschaft vonKommunen nach dem Zweiten Buch

. . . . . . 362 A

. . . . . . . . . 384*B

. . . . . . . . . 384*B

. . . . . . . . . . . . . . 362 A

. . . . . . . . . 384*B

. . . . . . . . . 384*B

. . . . . . . 362 A

. . . . . . . . . . . . 384*B

. . . 362 A

. . . . 384*D

. . 337 D

. . . . . . . . . . . 338 A

. . . . . 338 C

. . 340 D

. . 342 C

. . . . . . . . 344 A

. . . . . . . . . . . . 344 D

. . . . . . . . . . . . 346 A

Page 7: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 VII

Sozialgesetzbuch (Kommunales Options-gesetz) (Drucksache 529/04)

Roland Koch (Hessen), Berichterstat-ter

Heide Simonis (Schleswig-Holstein)

Roland Koch (Hessen)

Prof. Dr. Wolfgang Böhmer (Sach-sen-Anhalt)

Helma Orosz (Sachsen)

Wolfgang Clement, Bundesministerfür Wirtschaft und Arbeit

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2, Art. 84 Abs. 1 und Art. 87 Abs. 3Satz 2 GG

Mitteilung: Die von den Ländern Nord-rhein-Westfalen und Schleswig-Hol-stein beantragte und zurückgestellteEntschließung in Drucksache 339/2/04wird für erledigt erklärt

78. Gesetz zur Intensivierung der Bekämp-fung der Schwarzarbeit und damit zu-sammenhängender Steuerhinterziehung(Drucksache 530/04)

Erwin Huber (Bayern), Berichterstat-ter

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84Abs. 1, Art. 105 Abs. 3 und Art. 108Abs. 5 Satz 2 GG

79. Gesetz zur Umsetzung der Reform derGemeinsamen Agrarpolitik (Drucksache531/04)

in Verbindung mit

80. Erstes Gesetz zur Änderung desBetriebsprämiendurchführungsgesetzes(Drucksache 532/04)

Rudolf Köberle (Baden-Württem-berg), Berichterstatter

Petra Wernicke (Sachsen-Anhalt)

Bärbel Höhn (Nordrhein-Westfalen)

Dr. Till Backhaus (Mecklenburg-Vorpommern)

Klaus Müller (Schleswig-Holstein)

Renate Künast, Bundesministerinfür Verbraucherschutz, Ernährungund Landwirtschaft

Erwin Huber (Bayern)

Rudolf Köberle (Baden-Württem-berg)

Beschluss zu 79: Zustimmung gemäßArt. 84 Abs. 1 GG – Annahme einerEntschließung

Beschluss zu 80: Zustimmung gemäßArt. 84 Abs. 1 GG

. . . . . 327 A

. . . . . . . . . . 327 A, 377*A

327 D

. . . . . . 329 B

. . . . . . . . . 332 B

. . . . . 333 B

. . . . 334 C

. . . . . . . . . . . . 337 D

. . . . . . 337 D

. . . . . . . . 347 D

. . . . . . . . . . 348 A, 379*A

. . . . . . . . . 348 C

. . . . . . . . . 348 C

. . . . . 348 C

. 349 A

350 B

. . . . . . . . 351 A

. 351 D

. . . . . . 353 A

. . . . . . 379*B

. . . . . . . . . . . . 380*A

. . . . . . . . . . 354 A

. . . . . . . . . 354 A

81. Elftes Gesetz zur Änderung des Außen-wirtschaftsgesetzes (AWG) und derAußenwirtschaftsverordnung (AWV)(Drucksache 533/04)

Gernot Mittler (Rheinland-Pfalz), Be-richterstatter

Beschluss: Kein Einspruch gemäß Art. 77Abs. 3 GG

82. Gesetz zur Sicherung und Förderung desFachkräftenachwuchses und der Berufs-ausbildungschancen der jungen Gene-ration (Berufsausbildungssicherungsge-setz – BerASichG) (Drucksache 534/04)

Gernot Mittler (Rheinland-Pfalz), Be-richterstatter

Dr. Gitta Trauernicht (Schleswig-Holstein)

Gernot Mittler (Rheinland-Pfalz)

Wolfgang Gerhards (Nordrhein-Westfalen)

Rolf Schwanitz, Staatsminister beimBundeskanzler

Prof. Dr. Dr. Hans-Robert Metelmann(Mecklenburg-Vorpommern)

Beschluss: Keine Zustimmung gemäßArt. 87 Abs. 3 Satz 2 GG – Vorsorgli-cher Einspruch gemäß Art. 77 Abs. 3GG

83. Gesetz über den nationalen Zuteilungs-plan für Treibhausgas-Emissionsberech-tigungen in der Zuteilungsperiode 2005bis 2007 (Zuteilungsgesetz 2007 – ZuG2007) (Drucksache 535/04, zu Druck-sache 535/04)

Klaus Müller (Schleswig-Holstein),Berichterstatter

Beschluss: Einspruch gemäß Art. 77Abs. 3 GG

84. … Gesetz zur Änderung des Hochschul-rahmengesetzes (… HRGÄndG) (Druck-sache 536/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84Abs. 1 GG

85. Erstes Gesetz zur Modernisierung derJustiz (1. Justizmodernisierungsgesetz)(Drucksache 537/04)

Dr. Thomas de Maizière (Sachsen)

Brigitte Zypries, Bundesministerinder Justiz

Curt Becker (Sachsen-Anhalt)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

. . . . . . . . 354 A

. . . . . . . . . 354 B

. . . . . . . . . . . 354 C

. 354 C

. . . . . . . . 354 C

. . . . . . . . . . 381*A

. . 381*B

. . . . . . . . . . 381*C

. . . . . . . 382*A

. . . 382*A

. . . . . . . . . . . . . 355 A, C

. . . . . . . . . . . 355 C

. . . . . . . 355 C

. . . . . . . . . . . . 355 D

. . . . . . . . . . . 362 A

. . . . . . . . . . . . 382*B

. . . . . . . . 368 C

. 390*B

. . . . . . . . . . 391*B

. . 392*C

. . . . . . . . . . . . 368 C

Page 8: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

VIII Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

86. Viertes Gesetz zur Änderung der Bun-desnotarordnung – gemäß Artikel 84Abs. 1 GG – (Drucksache 538/04)

Beschluss: Anrufung des Vermittlungs-ausschusses

87. Erstes Gesetz zur Änderung des Bundes-schienenwegeausbaugesetzes (Druck-sache 539/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 87eAbs. 5 GG

88. Fünftes Gesetz zur Änderung des Fern-straßenausbaugesetzes (Drucksache 540/04)

Dr. Thomas de Maizière (Sachsen)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG – Annahme einer Entschlie-ßung

89. Entwurf eines Gesetzes zur Änderungdes Gesetzes über den Ladenschluss– gemäß Artikel 76 Abs. 1 GG – Antragdes Landes Baden-Württemberg gemäߧ 36 Abs. 2 GO BR – (Drucksache 526/04)

Rudolf Köberle (Baden-Württem-berg)

Mitteilung: Überweisung an die zustän-digen Ausschüsse

90. Entwurf einer … Verordnung zur Ände-rung der Verpackungsverordnung – ge-mäß Artikel 80 Abs. 3 GG – Antrag desFreistaates Bayern gemäß § 36 Abs. 2 GOBR – (Drucksache 542/04)

Mitteilung: Überweisung an die zustän-digen Ausschüsse

91. Entschließung des Bundesrates zur Auf-hebung der Einstufung des westlichenMaiswurzelbohrers (Diabrotica virgiferaLe Conte) durch die Kommission als Qua-rantäneschadorganismus in der Europäi-schen Gemeinschaft – Antrag des LandesBaden-Württemberg gemäß § 36 Abs. 2GO BR – (Drucksache 527/04)

Rudolf Köberle (Baden-Württem-berg)

Mitteilung: Überweisung an die zustän-digen Ausschüsse

92. Entschließung des Bundesrates zur Stär-kung der Rechtsstellung von Lebenspart-nerschaften – Antrag der Freien undHansestadt Hamburg gemäß § 36 Abs. 2GO BR – (Drucksache 523/04)

Dr. Roger Kusch (Hamburg)

Mitteilung: Überweisung an die zustän-digen Ausschüsse

. . . 368 C

. . . . . . . . . . . 368 D

. . . . . . . . . . . 375 A

. . . . . . . . . . . . 375 A

. . . . . . . . . . . . . . . 375 A

. 408*D

. . . . . . . . . . . . . 375 A, B

362 D

. . . . . . . . . . . . 385*D

. . . . . . . . 362 D

. . . . . . 370 B

. . . . . . . . . 370 B

. . . . . 370 C

. . . . . . . . . . . . 401*D

. . . . . . . . . 370 D

. . . . . 370 D

. 370 D, 402*C

. . . . . . . . . 371 C

93. Verordnung über die Anwendung derGuten Klinischen Praxis bei der Durch-führung von klinischen Prüfungen mitArzneimitteln zur Anwendung am Men-schen (GCP-Verordnung – GCP-V) (Druck-sache 515/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG in der festgelegten Fas-sung – Annahme einer Entschließung

94. a) Entwurf eines Gesetzes zur Änderungdes Grundgesetzes (Artikel 92 und108) – gemäß Artikel 76 Abs. 1 GG –Antrag der Länder Baden-Württem-berg, Sachsen und Bremen, Nieder-sachsen, Sachsen-Anhalt gemäß § 36Abs. 2 GO BR – (Drucksache 543/04)

b) Entwurf eines Gesetzes zur Öffnungdes Bundesrechts für die Zusam-menführung von Gerichten derVerwaltungs-, Sozial- und Finanz-gerichtsbarkeit in den Ländern (Zu-sammenführungsgesetz) – gemäß Arti-kel 76 Abs. 1 GG – Antrag der LänderBaden-Württemberg, Sachsen undBremen, Niedersachsen, Sachsen-An-halt gemäß § 36 Abs. 2 GO BR –(Drucksache 544/04)

Corinna Werwigk-Hertneck (Baden-Württemberg)

Wolfgang Gerhards (Nordrhein-Westfalen)

Elisabeth Heister-Neumann (Nieder-sachsen)

Mitteilung zu a) und b): Überweisung andie zuständigen Ausschüsse

95. Entschließung des Bundesrates zur Her-beiführung eines EU-Programms zur Kul-turpflege europäischer Vertreibungsge-biete – Antrag des Freistaates Bayerngemäß § 36 Abs. 2 GO BR – (Drucksache546/04)

Dr. Beate Merk (Bayern)

Mitteilung: Überweisung an die zustän-digen Ausschüsse

96. Entschließung des Bundesrates zurEnergiepolitik – Antrag des FreistaatesBayern gemäß § 36 Abs. 2 GO BR –(Drucksache 545/04)

Mitteilung: Überweisung an die zustän-digen Ausschüsse

97. Entwurf eines … Strafrechtsänderungs-gesetzes – Gesetz zur Bekämpfung un-zumutbarer Belästigungen – („Stalking-Bekämpfungsgesetz“ – … StrÄndG)– gemäß Artikel 76 Abs. 1 GG – Antrag

. . . . . . . . . . . 375 B

375 B, C

. . . . . . . 369 B

. . . . . . . . 369 C

. . . . . . . . . . 397*C

. . . . . . . . . . . 398*A

. . . . 370 A

. . . . . . . . . . . . . 371 C

. . . . . 404*A

. . . . . . . . 371 D

. . . . . . . . 375 C

. . . . . . . . 375 C

Page 9: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 IX

des Landes Hessen gemäß § 36 Abs. 2GO BR – (Drucksache 551/04)

Dr. Christean Wagner (Hessen)

Mitteilung: Überweisung an die zustän-digen Ausschüsse

98. Viertes Gesetz zur Änderung des Melde-rechtsrahmengesetzes (Drucksache 549/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84Abs. 1 GG

99. Benennung von zwei Mitgliedern undzwei stellvertretenden Mitgliedern desKuratoriums der Stiftung „Erinnerung,Verantwortung und Zukunft“ – gemäߧ 5 Abs. 1 EVZ-StiftG – (Drucksache 472/04)

Beschluss: Zustimmung zu dem Antragder Länder Nordrhein-Westfalen und

. . . . . 370 A

. . 399*A

. . . . . . . . . 370 B

. . . . . . . . . . . . . . . . 375 C

. . . . . . . . . . . . 375 C

. . . . . . . . . . . . . . . . 375 C

Baden-Württemberg in Drucksache472/1/04

100. Zweites Gesetz zur Änderung des Zivil-dienstgesetzes und anderer Vorschriften(Zweites Zivildienstgesetzänderungs-gesetz – 2. ZDGÄndG) – gemäß Artikel77 Abs. 2 GG – (Drucksache 556/04)

Peter Ruhenstroth-Bauer, Staats-sekretär im Bundesministerium fürFamilie, Senioren, Frauen und Ju-gend

Beschluss: Anrufung des Vermittlungs-ausschusses

Nächste Sitzung

Beschlüsse im vereinfachten Verfahren ge-mäß § 35 GO BR

Feststellung gemäß § 34 GO BR

. . . . . . . . . . . . 375 D

. . 375 D

. . . . . . . . . . . . 409*A

. . . . . . . . . . . 376 A

. . . . . . . . . . . . 376 C

. . . . . . . . . . 376 A/C

. . . . 376 B/D

Page 10: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

X Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

Verzeichnis der Anwesenden

V o r s i t z :

Präsident D i e t e r A l t h a u s , Ministerprä-sident des Freistaats Thüringen

Amtierender Präsident K u r t B e c k , Minis-terpräsident des Landes Rheinland-Pfalz– zeitweise –

Amtierender Präsident J o c h e n R i e b e l ,Minister für Bundes- und Europaangelegen-heiten in der Staatskanzlei des Landes Hes-sen – zeitweise –

S c h r i f t f ü h r e r i n n e n :

Annemarie Lütkes (Schleswig-Holstein)

Dr. Beate Merk (Bayern)

B a d e n - W ü r t t e m b e r g :

Erwin Teufel, Ministerpräsident

Corinna Werwigk-Hertneck, Justizministerin

Rudolf Köberle, Minister und Bevollmächtigterdes Landes Baden-Württemberg beim Bund

Gerhard Stratthaus, Finanzminister

Willi Stächele, Minister für Ernährung undLändlichen Raum

B a y e r n :

Dr. Edmund Stoiber, Ministerpräsident

Erwin Huber, Staatsminister für Bundesangele-genheiten und Verwaltungsreform und Leiterder Staatskanzlei

Eberhard Sinner, Staatsminister für Europaange-legenheiten und regionale Beziehungen inder Staatskanzlei

Dr. Werner Schnappauf, Staatsminister fürUmwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz

Dr. Beate Merk, Staatsministerin der Justiz

B e r l i n :

Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister

Karin Schubert, Bürgermeisterin und Senatorinfür Justiz

B r a n d e n b u r g :

Jörg Schönbohm, Minister des Innern

Barbara Richstein, Ministerin der Justiz und fürEuropaangelegenheiten

B r e m e n :

Dr. Kerstin Kießler, Staatsrätin, Bevollmächtigteder Freien Hansestadt Bremen beim Bundund für Europa

Thomas Röwekamp, Senator für Inneres undSport

H a m b u r g :

Dr. Roger Kusch, Senator, Präses der Justiz-behörde

H e s s e n :

Roland Koch, Ministerpräsident

Jochen Riebel, Minister für Bundes- und Europa-angelegenheiten und Bevollmächtigter desLandes Hessen beim Bund

Dr. Christean Wagner, Minister der Justiz

M e c k l e n b u r g - V o r p o m m e r n :

Prof. Dr. Wolfgang Methling, Umweltminister

Dr. Till Backhaus, Minister für Ernährung, Land-wirtschaft, Forsten und Fischerei

Prof. Dr. Dr. Hans-Robert Metelmann, Ministerfür Bildung, Wissenschaft und Kultur

Page 11: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 XI

N i e d e r s a c h s e n :

Christian Wulff, Ministerpräsident

Walter Hirche, Minister für Wirtschaft, Arbeitund Verkehr

Elisabeth Heister-Neumann, Justizministerin

Hans-Heinrich Sander, Umweltminister

N o r d r h e i n - W e s t f a l e n :

Wolfgang Gerhards, Justizminister

Bärbel Höhn, Ministerin für Umwelt und Natur-schutz, Landwirtschaft und Verbraucher-schutz

R h e i n l a n d - P f a l z :

Kurt Beck, Ministerpräsident

Gernot Mittler, Minister der Finanzen

Walter Zuber, Minister des Innern und für Sport

Herbert Mertin, Minister der Justiz

Margit Conrad, Ministerin für Umwelt undForsten

S a a r l a n d :

Peter Müller, Ministerpräsident

Peter Jacoby, Minister für Finanzen und Bundes-angelegenheiten

Monika Beck, Staatssekretärin, Bevollmächtigtedes Saarlandes beim Bund

S a c h s e n :

Prof. Dr. Georg Milbradt, Ministerpräsident

Dr. Thomas de Maizière, Staatsminister derJustiz

Helma Orosz, Staatsministerin für Soziales

S a c h s e n - A n h a l t :

Prof. Dr. Wolfgang Böhmer, Ministerpräsident

Curt Becker, Minister der Justiz

Petra Wernicke, Ministerin für Landwirtschaftund Umwelt

S c h l e s w i g - H o l s t e i n :

Heide Simonis, Ministerpräsidentin

Annemarie Lütkes, Ministerin für Justiz, Frauen,Jugend und Familie

Klaus Müller, Minister für Umwelt, Naturschutzund Landwirtschaft

Dr. Gitta Trauernicht, Ministerin für Soziales,Gesundheit und Verbraucherschutz

T h ü r i n g e n :

Gerold Wucherpfennig, Minister für Bundes-und Europaangelegenheiten und Chef derStaatskanzlei

Harald Schliemann, Justizminister

V o n d e r B u n d e s r e g i e r u n g :

Otto Schily, Bundesminister des Innern

Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz

Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirt-schaft und Arbeit

Renate Künast, Bundesministerin für Verbrau-cherschutz, Ernährung und Landwirtschaft

Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundes-kanzler

Hans Martin Bury, Staatsminister im Auswärti-gen Amt

Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär bei derBundesministerin der Justiz

Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärinbeim Bundesminister der Finanzen

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XII Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

Matthias Berninger, Parl. Staatssekretär bei derBundesministerin für Verbraucherschutz,Ernährung und Landwirtschaft

Simone Probst, Parl. Staatssekretärin beim Bun-desminister für Umwelt, Naturschutz undReaktorsicherheit

Peter Ruhenstroth-Bauer, Staatssekretär im Bun-desministerium für Familie, Senioren, Frauenund Jugend

Dr. Klaus Theo Schröder, Staatssekretär im Bun-desministerium für Gesundheit und SozialeSicherung

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802. Sitzung

Berlin, den 9. Juli 2004

Beginn: 9.32 Uhr

Präsident Dieter Althaus: Meine sehr verehrtenDamen und Herren, ich begrüße Sie sehr herzlichund darf die 802. Sitzung des Bundesrates eröffnen.

Bevor ich mich der Tagesordnung zuwende, habeich gemäß § 23 Abs. 1 unserer GeschäftsordnungVeränderungen in der Mitgliedschaft bekannt zu ge-ben:

Aus der Regierung des Freistaats Thüringen unddamit aus dem Bundesrat sind am 8. Juli 2004 FrauMinisterin Professor Dr. Dagmar S c h i p a n s k i so-wie die Herren Minister Dr. Michael K r a p p undHans K a i s e r ausgeschieden.

Die Landesregierung hat mit Wirkung vom selbenTage den Ministerpräsidenten des Freistaats Thürin-gen sowie Frau Ministerin Birgit D i e z e l und dieHerren Minister Gerold W u c h e r p f e n n i g undHarald S c h l i e m a n n zu Mitgliedern des Bun-desrates bestellt. Die weiteren Mitglieder der Lan-desregierung wurden zu stellvertretenden Mitglie-dern des Bundesrates bestellt.

Den ausgeschiedenen Mitgliedern danke ich fürihre Arbeit in den Organen des Bundesrates.

Mein besonderer Dank gilt Frau Ministerin Profes-sor Dr. Schipanski für ihre Arbeit als Vorsitzende desAusschusses für Kulturfragen. Herrn Minister Kaiserdanke ich für seine Arbeit im Ständigen Beirat undauch in den Plenarsitzungen, die er gelegentlich alsamtierender Präsident geleitet hat.

Den neuen Mitgliedern und der neuen Bevoll-mächtigten des Freistaats Thüringen beim Bund,Frau Staatssekretärin Dr. Renate M e i e r , wünscheich mit uns allen hier im Hause eine gute und ver-trauensvolle Zusammenarbeit.

Ich komme nun zur Tagesordnung. Sie liegt Ihnenin vorläufiger Form mit 99 Punkten vor.

Wir sind übereingekommen, die Tagesordnung umeinen Punkt 100 – Zweites Gesetz zur Änderung desZivildienstgesetzes und anderer Vorschriften (Druck-sache 556/04) – zu ergänzen.

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Von der Tagesordnung abgesetzt werden die Punk-te 21 und 25.

Zur Reihenfolge der Tagesordnung ist vorgesehen,dass die Punkte 77 und 76 – in dieser Reihenfolge –nach Punkt 1 aufgerufen werden. Nach Punkt 4 wer-den zunächst Punkt 78, danach die verbundenenPunkte 79 und 80, anschließend die Punkte 81 bis 83aufgerufen. Die Punkte 89 und 42 werden nachPunkt 10 behandelt. Nach Punkt 13 folgen diePunkte 85 und 86. Nach Punkt 24 werden – in dieserReihenfolge – die Punkte 94, 97 und 90 aufgerufen.Die Punkte 91, 92 und 95 schließlich werden nachPunkt 28 behandelt. Im Übrigen bleibt es bei der aus-gedruckten Reihenfolge der Tagesordnung.

Gibt es Wortmeldungen zur Tagesordnung? – Dasist nicht der Fall.

Dann ist sie so festgestellt.

Punkt 1:

Frage an die Bundesregierung in Zusammen-hang mit dem Rechtsvereinfachungsprogrammder EU – Vorlage des Freistaates Bayern –(Drucksache 518/04)

Der Freistaat Bayern hat in Drucksache 518/04 eineFrage an die Bundesregierung gestellt.

Das Wort hat Herr Staatsminister Sinner.

Eberhard Sinner (Bayern): Herr Präsident, meineDamen und Herren! Der Ratsvorsitz hat am 10. Juni2004 die Mitgliedstaaten aufgefordert, bis zum19. August prioritäre Politikbereiche für das Rechts-vereinfachungsprogramm der Gemeinschaft zu be-nennen.

Ziel ist es, in Umsetzung der Lissabon-Strategie dieDeregulierung des EU-Rechts zu betreiben, umWachstumsimpulse zu initiieren. Die EU hatte einstdie Idee und den Plan, von 100 000 Seiten 25 % zustreichen. Es wäre eine Sensation, wenn ein Vierteldes europäischen Rechts entfallen könnte. Das wäreein optimales Konjunkturprogramm und könnte diedeutsche und die europäische Wirtschaft, die nachAussagen des europäischen Unternehmerpräsidenten,

Redetext

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)Jürgen S t r u b e , wie Gulliver durch 1 000 Fädengebunden sind, entfesseln. Der Rat hat den Auftragerteilt, das Aktionsprogramm in gezielten Schrittenumzusetzen und im November 2004 erste Ergebnissevorzulegen. Wir halten diese Initiative für sehr wich-tig.

Der niederländische Finanzminister Z a l m hatdas Programm als Programm zur Einsparung vonMilliardenkosten für die Unternehmen bezeichnet.Ähnlich hat sich der Ford-Vorstand für Europa geäu-ßert. Er hat erklärt: Wenn wir so weitermachen wiebisher, entfällt in wenigen Jahren die Hälfte des Prei-ses für einen Mittelklassewagen auf Bürokratie.

Meine Damen und Herren, es ist angesagt, das ge-samte europäische Sekundärrecht zu überprüfen. DieStaatsregierung des Freistaates Bayern hat die Bun-desregierung deshalb am 24. Juni darum gebeten,ihre Vorstellungen zur Umsetzung des Programmsder Deregulierung darzulegen. Wir begrüßen es sehr,dass die Bundesregierung auf Arbeitsebene die Län-der angeschrieben hat. Allerdings sind wir der Mei-nung, dass die gesetzte Frist – 14. Juli – zu kurz ist.Wenn die Europäische Union bis zum 19. August dieVorschläge erhalten will, könnten wir uns durchausbis Anfang August Zeit lassen.

Wir halten es darüber hinaus für wichtig, keine ein-malige Hauruckaktion durchzuführen, sondern denProzess kontinuierlich fortzusetzen und letzten Endesals Dauerprozess anzulegen. In einer Zeit zunehmen-der Haushaltsnöte könnte ein solches Programm aufder einen Seite sparen helfen, auf der anderen SeiteKonjunktur- und Strukturimpulse auslösen. Es wäreein Masterplan für Europa, der uns dem Ziel näherbrächte, bis 2010 der wachstumsstärkste Raum derWelt zu werden.

Wir sind gespannt, wie sich die Bundesregierungdie Initiative vorstellt und welchen Beitrag sie ge-meinsam mit den Ländern leisten will. – Dankeschön.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Für die Bundesregierung antwortet Herr Bundes-minister für Wirtschaft und Arbeit, Clement.

Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaftund Arbeit: Herr Präsident! Ich bedanke mich sehrherzlich für die Anfrage des Herrn Staatsministersaus dem Freistaat Bayern. Es ist mir ein Vergnügen,darauf zu antworten. Die Anfrage ist nach meiner Er-fahrung ein im Bundesrat außerordentlich selten ge-nutztes Instrument. Umso erfreulicher ist es, wenn eseinmal benutzt wird.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Ich begrüße die Initiative der Europäischen Kom-mission und der neuen niederländischen Ratspräsi-dentschaft – vorher hatte Irland die Ratspräsident-schaft inne –, die Signale zur Rechtsvereinfachung inEuropa gesetzt hat. Ich stimme dem Herrn Staatsmi-nister darin zu, dass es ein sehr wichtiges Projekt ist,das europäische Recht zu vereinfachen, zu entschla-

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cken, möglichst zu reduzieren und die bürokrati-schen Belastungen von Bürgern und Unternehmendamit zurückzudrängen. Wir alle wissen, dass dieskein einfaches Unterfangen ist. Es hat schon mehrereAnläufe dieser Art gegeben.

Die Zielsetzung ist richtig. Die Bundesregierungarbeitet bekanntlich zurzeit an Vorschlägen, um dasinnerstaatliche Regelungsumfeld ebenfalls zu verein-fachen. Eine Verzahnung der Projekte auf nationalerund europäischer Ebene ist sehr vernünftig.

Wir begrüßen die Initiative, die die niederländischeRatspräsidentschaft übernommen hat. Zurzeit wer-den durch das Bundesministerium für Wirtschaft undArbeit Vorschläge von Seiten sowohl der Bundes-ressorts als auch der Länder und der Verbände derWirtschaft erfragt und ausgewertet, auf welchen Fel-dern das europäische Recht wie vereinfacht und ent-schlackt werden kann.

Wegen des auch aus meiner Sicht sehr engen undehrgeizigen Zeitplans der Präsidentschaft sind wirdaran interessiert, Herr Staatsminister, noch im Julizu einem aussagefähigen Katalog mit konkreten Vor-schlägen zu kommen, der dann Anfang August zuge-leitet werden kann. Ihr Hinweis, dass der zeitlicheRahmen außerordentlich eng sei, ist berechtigt. Wirwerden uns deshalb bemühen, auch das, was zu ei-nem späteren Zeitpunkt an uns herangetragen wird– Sie nannten die erste Augusthälfte –, in die Debattein Brüssel einzubringen, natürlich unter der Voraus-setzung, dass es umsetzungsfähig ist. Ich erwarteentsprechende Vorschläge von Ihnen.

Wir tun dies vor allem deshalb, weil wir daran inte-ressiert sind, alles zu unternehmen, um Belastungenfür Unternehmen und unternehmerisches Handeln inDeutschland und Europa so gering wie möglich zuhalten und abzubauen. Ich darf die Chance der Fragedazu nutzen, die Länder genauso wie die Wirt-schaftsverbände zu ermutigen und zu ermuntern,möglichst konkrete Beispiele zu benennen und,wenn es wegen des Zeitablaufs notwendig ist, ineinem zweiten Schritt an Beschlüssen national wieauf gemeinschaftlicher Ebene mitzuwirken.

Für die Bundesregierung ist die bessere Rechtset-zung in Europa ein sehr wichtiges Thema. Wir sehendarin eine Chance auf Rechtsbereinigung undRechtsvereinfachung auf der europäischen Ebene. Eswäre gut, wenn sich auch die BundesrepublikDeutschland auf diesem Feld positionieren und einemotorische Rolle übernehmen könnte.

Der Erfolg der Initiative wird sehr davon abhängen,ob und inwieweit nicht nur der Bund und die Länder,sondern vor allen Dingen die deutsche Wirtschaftnunmehr ihre – das darf man so sagen – langjährigeKritik an der Brüsseler Regelungswut, wie es oftheißt, durch konkrete Vorschläge für eine Deregulie-rung des europäischen Rechts unterlegen können;Begründung ist, dass dies für die Wettbewerbsfähig-keit der deutschen Wirtschaft von Bedeutung sei.Wir haben diese Kritik oftmals gehört, bisher aber, of-fen gesagt, relativ wenige Anregungen aus der Wirt-

Eberhard Sinner (Bayern)

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)schaft erhalten, die sich konkret auf eine Verände-rung des europäischen Rechts beziehen.

Ich nutze deshalb die Gelegenheit, die deutscheWirtschaft, die deutschen Wirtschaftsverbände aufzu-rufen, sich an dem Prozess zu beteiligen, und zwar,wenn der Zeitablauf zu knapp ist, in einem zweitenSchritt. Ich stimme der Bayerischen Staatsregierungdarin zu, dass wir es hier nicht mit einem einzigenSchritt zu tun haben, sondern dass wir einen Prozesseinleiten sollten, der das europäische Recht insge-samt vereinfacht und entschlackt. – Schönen Dank.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgeschlos-sen.

Punkt 77:

Gesetz zur optionalen Trägerschaft von Kom-munen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetz-buch (Kommunales Optionsgesetz) (Druck-sache 529/04)

Zur Berichterstattung über das Vermittlungsverfah-ren hat Herr Ministerpräsident Koch das Wort.

Roland Koch (Hessen), Berichterstatter: Herr Präsi-dent! Meine sehr verehrten Damen und Herren! DerBundesrat hat am 14. Mai 2004 zum KommunalenOptionsgesetz den Vermittlungsausschuss angeru-fen und eine grundlegende Überarbeitung des Ge-setzes gefordert.

Der Vermittlungsausschuss hat am 30. Juni nachverhältnismäßig schwierigen Verhandlungen einenKompromissvorschlag vorgelegt. Ich will mich in derBerichterstattung angesichts der vielen Details, diebekannt sind, auf den Kern des Kompromisses be-schränken.

Im Mittelpunkt des Einigungsvorschlags stehenzwei Fragestellungen: zum einen die Beteiligungkommunaler Träger an den Aufgaben der Betreuungvon Menschen, die längere Zeit arbeitslos sind, zumanderen die Finanzierung des Anspruchs auf Wohn-geld und Unterbringungskosten, der nach dem imDezember beschlossenen Gesetz in Zukunft gegen-über den Kommunen zu erheben ist.

In der Frage der kommunalen Trägerschaft bestehtdie Einigung in der Schaffung einer Experimentier-klausel. Diese sieht vor, dass im Wege der Erpro-bung für zunächst sechs Jahre kommunale Trägerals Träger der Leistungen der Grundsicherung fürArbeitsuchende zugelassen werden können. DieAnzahl der kommunalen Träger wird – genius lociBundesrat – in Anlehnung an die Stimmenzahl diesesHauses auf 69 beschränkt.

Für die Finanzierung der Leistungen, die durch dieKommunen zu erbringen sind, hat der Vermittlungs-ausschuss den Weg gefunden, dass die Kosten für dieAufwendungen der Grundsicherung für Arbeit-suchende einschließlich der Verwaltungskosten vom

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Bund getragen werden, sofern nicht die Kommunen,wie bei den Kosten für Unterkunft und Heizung, ver-antwortlich sind. Diese Regelung wird in dem zu be-schließenden Gesetz dadurch ergänzt, dass von denKosten für Unterkunft und Heizung der Bund 29,1 %übernehmen wird, was einer Entlastung der Kommu-nen in Höhe von insgesamt 3,2 Milliarden Euro ent-spricht.

Dies ist mit einer Revisionsklausel verbunden, diefür beide Seiten Wirksamkeit hat und die in einemvergleichsweise komplizierten Verfahren im Laufedes nächsten und der darauf folgenden Jahre die tat-sächlichen Finanzbelastungen der Kommunen fest-stellen und den ursprünglich gefundenen Grundsatzdauerhaft sicherstellen wird, dass die kommunaleGemeinschaft durch das Projekt, das wir mit dem Na-men „Hartz IV“ bezeichnen, eine Gesamtentlastungvon 2,5 Milliarden Euro erhält.

Der Bundestag hat das Gesetz am 2. Juli 2004 inder Fassung des Kompromissvorschlags des Vermitt-lungsausschusses beschlossen. Der Bundesrat hatheute über seine Zustimmung zu dem Gesetz zu ent-scheiden.

Ich habe Sie noch darauf hinzuweisen, dass dieBundesregierung zu der Beschlussempfehlung desVermittlungsausschusses eine Erklärung abgegebenhat, die sich mit möglichen Finanzierungsrisiken derneuen Bundesländer in dieser Frage beschäftigt unddie ich absprachegemäß im Bundesrat zu Protokoll*)

gebe.

Außerdem hat sich der Vermittlungsausschuss da-rauf verständigt, zu Protokoll zu geben, dass die Effi-zienzgewinne durch Hartz IV im Jahre 2004 nicht,wie bisher von der Bundesregierung angenommen,bei 7,5 %, sondern bei rund 3 % liegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, so weitder Bericht, den ich Ihnen zu erstatten habe.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Ich komme zu den Wortmeldungen. Als Erster er-teile ich Frau Ministerpräsidentin Simonis (Schles-wig-Holstein) das Wort.

Heide Simonis (Schleswig-Holstein): Herr Präsi-dent! Meine sehr verehrten Damen und Herren! End-lich, am 30. Juni, wurde im Vermittlungsausschussder Weg für eine wirksame Reform des Arbeitsmark-tes frei gemacht. Wie bereits den übrigen Teilen derArbeitsmarktreform stimmt Schleswig-Holstein demletzten und wichtigsten Eckpfeiler dieses Projekteszu.

Wir hoffen, dass gemeinsam mit den übrigen In-strumenten, wie den Ich-AGs, den Minijobs und derNeustrukturierung der Bundesagentur für Arbeit,nun auch durch die Zusammenlegung von Arbeitslo-sen- und Sozialhilfe die Vermittlung von Arbeitslosenin eine neue Beschäftigung gelingen kann. Bisherige

*) Anlage 1

Bundesminister Wolfgang Clement

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)erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger werden in dieVermittlungsarbeit einbezogen und erhalten so neueChancen auf einen Job. Wir rechnen mit rund900 000 Menschen, für die übrigens durch Hartz IVBeiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversiche-rung gezahlt werden.

Dabei bleibt uns bewusst, dass der Staat letztlichkeine Arbeitsplätze in der Wirtschaft schaffen kann.Aber es ist unsere Pflicht, den Arbeitsmarkt so zu re-formieren, dass die Bedingungen für eine Arbeits-aufnahme erleichtert werden. Dies können wir heutedurch Zustimmung zu dem Gesetz tun. Mit Hartz IVsollen Arbeitslose schneller in den Arbeitsmarkt ein-gegliedert werden. Vor allem für erwerbsfähigeLangzeitarbeitslose steigen die Chancen auf einenneuen Job.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir füh-ren quer durch die Parteien und die Gesellschaft eineDebatte darüber, ob diese Arbeitsmarktreform dieLasten gerecht auf alle Schultern verteilt. Wir habengenau hinzusehen, wenn wir vor allem finanziellschwach ausgestatteten Bürgerinnen und Bürgern et-was zumuten. Wir haben hier auch eine Reihe vonfreistellenden Vermögensgrenzen gezogen. Aber indieser Gerechtigkeitsdebatte muss eines klar blei-ben: Die Chance für Arbeitslose auf einen Arbeits-platz ist das Wichtigste, was wir kurzfristig erreichenmüssen.

Übrigens erreichen wir dies nicht, indem wirSchutzrechte für Arbeitnehmer abbauen oder die50-Stunden-Woche wieder einführen. Das schreibtselbst die OECD in ihrem jüngsten Arbeitsmarktbe-richt, wo es heißt, dass wir „eine angemessene sozi-ale Sicherung und eine stärkere Versöhnung vonArbeit und Familienleben“ in unserer Beschäfti-gungspolitik zu berücksichtigen hätten. Der sozialeSchutz hemme keinesfalls unsere Wirtschaftsent-wicklung. Die OECD ist hinsichtlich der Entwicklungam deutschen Arbeitsmarkt gedämpft optimistisch;sie rechnet mit einem Beschäftigungszuwachs. IhreVoraussagen können aber nur wahr werden, wennauch ihre Mahnungen ernst genommen werden.

Zur Unterstützung dieses Trends dient auch HartzIV. Hartz IV liegt das grundlegende Prinzip unsererArbeitsmarktpolitik zu Grunde, das wir mit „Fördernund Fordern“ beschreiben. Wir erwarten, dass sichjeder zuerst selbst um Arbeit bemüht und Arbeit an-nimmt, auch wenn die Entlohnung niedriger als inder früheren Beschäftigung ist.

Die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe undSozialhilfe zum neuen Arbeitslosengeld II muss aller-dings reibungslos funktionieren. Wir sind es einer-seits den Betroffenen schuldig, dass sie keine Zah-lungsausfälle erleiden; andererseits müssen wirunseren Kommunen eine gewisse Sicherheit bieten.Deswegen erwarten wir von der Bundesregierung,dass sie alle möglicherweise noch bestehenden Um-setzungsschwierigkeiten rasch löst. Technische Pro-bleme dürfen nicht zu sozialen Problemen führen.Wir reden in diesem Zusammenhang allein in Schles-wig-Holstein von rund 130 000 Betroffenen und de-ren Familien.

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Arbeitslosengeld II und Sozialgeld müssen ter-mingerecht ausgezahlt werden; darauf müssen alleBeteiligten bestehen. Sollte der Probelauf im Oktoberschief gehen, müssten wir neu darüber nachdenken,wie es weitergehen kann. Bis jetzt deutet alles daraufhin, dass im Oktober nichts schief geht; man musssich dennoch auf Eventualfälle vorbereiten. Wirselbst werden für eine reibungslose Abwicklung un-ser Möglichstes tun.

Natürlich gehen wir davon aus, dass mit dem Da-tum 1. Januar 2005 auch die Vermittlungs- und Be-treuungsangebote unmittelbar greifen. Wir setzengroße Hoffnung auf das Fallmanagement als wirksa-mes Instrument der Vermittlung. Was auf der per-sönlichen, individuellen Ebene klappen muss, mussauch für die Kommunen gelten.

Schleswig-Holstein weist darauf hin, dass durchdie Berechnungsmodalitäten des Bundes rechnerischEinsparungen im Wohngeldbereich der Länder ent-stehen, die sich nicht vollständig mit den tatsächli-chen Einsparungen decken müssen. Da die Landes-regierungen nur die tatsächlichen Einsparungen andie Kommunen weiterleiten, kann zumindest inSchleswig-Holstein unter Umständen eine nicht un-erhebliche Lücke zwischen den den Kommunen zu-stehenden und den tatsächlichen Erstattungsleistun-gen entstehen. Wir erwarten, dass der Bund hier beiBedarf nachsteuert.

Außerdem erwarten wir, dass bei der Überprüfungder finanziellen Wirkungen auf die kommunalenHaushalte auch indirekte Belastungen, etwa durchGebührenausfälle im Kita-Bereich, berücksichtigtwerden. Hinsichtlich der Finanzierung der Einrich-tungen für die Null- bis Dreijährigen müssen wir si-cher sein, dass keine zusätzlichen Kosten durch eineeventuelle Gesetzgebung des Bundes auf die Kom-munen und Länder zukommen.

Die Schleswig-Holsteinische Landesregierung hältüber den 1. Januar 2005 hinaus die Angebote derkommunalen Beschäftigungs- und Qualifizierungs-gesellschaften für unbedingt erforderlich; denn nurso können die angesichts der Arbeitsmarktlage wei-terhin notwendigen Beschäftigungsmaßnahmen fürEmpfängerinnen und Empfänger des Arbeitslosen-geldes II in ausreichender Zahl bereitgestellt werden.Auch die Agentur für Arbeit sagt uns, dass sie auf dieUnterstützung durch die Beschäftigungsgesellschaf-ten angewiesen ist. Diese arbeiten effizient, kosten-günstig und kompetent sowie mit regionalem Bezug.In Schleswig-Holstein sind wir unverzüglich daran-gegangen, Arbeitsgemeinschaften zur Umsetzungdes neuen Rechts zu bilden. Das Sozial- und dasWirtschaftsministerium haben gemeinsam mit derAgentur für Arbeit erste Gespräche geführt undPläne aufgestellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wennimmer weniger Menschen für immer mehr Menschenhinsichtlich Renten-, Kranken- und Arbeitslosenver-sicherung aufkommen müssen, wird das soziale Netzüberstrapaziert, es muss neu konstruiert werden, undzwar so, dass diejenigen, die das alles finanzieren,nämlich die Beitragszahler, nicht in die Knie gehen.

Heide Simonis (Schleswig-Holstein)

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)Mit den Arbeitsmarktreformen muss also auch ein

Bewusstseinswandel in unserem Land eingeleitetwerden. Wenn wir unser Sozialsystem erhalten wol-len, wenn wir mehr Menschen in Arbeit bringen wol-len, wenn wir die nächsten Generationen nicht über-fordern und mehr Geld für Bildung und Wissenausgeben wollen, dann müssen wir heute von ge-wohnten Leistungen Abschied nehmen, so schmerz-haft es für den Einzelnen leider ist.

Wir müssen von der langjährigen Finanzierung derArbeitslosigkeit wegkommen. Stattdessen müssenwir unsere Finanzierungsinstrumente dafür einset-zen, dass mehr Arbeit entstehen kann: durch Weiter-bildung, durch Zuschüsse an Unternehmen unddurch direkte Arbeitsplatzfinanzierung. Unsereskandinavischen und andere europäische Partnermachen uns vor, wie man hier sehr erfolgreich voran-kommen kann.

Es muss im Rahmen unserer Arbeitsmarktpolitikmöglich sein, die vielen unerledigten Aufgaben insozialen, kulturellen und in sonstigen Bereichen sozu organisieren, dass heute Arbeitslose neue Arbeitfinden. Die meisten Arbeitslosen – davon gehe ichfest aus – wollen arbeiten. Sie wollen lieber eigenesGeld verdienen, als auf die Fürsorge angewiesen zusein. Wenn wir allerdings die kommunalen Aufgabenvon vornherein in eine Schmuddelecke stellen oderals „Ekeljobs“ bezeichnen – das Gerede vom Auf-sammeln von Einwegspritzen und Ähnliches gehörtdazu –, brauchen wir uns nicht über die mangelndeMotivation der Betroffenen zu beklagen. Arbeitslosebrauchen Arbeit und Motivation, kein Resozialisie-rungsprogramm und Demotivation.

Mit unserer heutigen Zustimmung zu der kompli-zierten, aber realisierbaren Zusammenlegung vonArbeitslosenhilfe und Sozialhilfe machen wir einenRiesenschritt nach vorne. Wenn wir die noch vorhan-denen Probleme lösen können – nichts spricht dafür,dass wir sie nicht lösen können –, wird diese Reformihre Wirkung entfalten. – Ich bedanke mich bei Ihnenfür Ihre Aufmerksamkeit.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Herr Ministerpräsident Koch (Hessen).

Roland Koch (Hessen): Herr Präsident! Meine sehrverehrten Damen und Herren! Die Diskussion, diewir heute führen, ist nicht neu, sondern sie beschäf-tigt uns in ihren unterschiedlichen Facetten seit einerganzen Reihe von Jahren. Was die Möglichkeiten desExperimentierens und der kommunalen Absicherungangeht, habe ich Sie seit dem Jahre 2001 mehrfachmit Gesetzentwürfen des Landes Hessen belästigt.Insofern stellt dieser Teil aus meiner Sicht eineChance dar, in der Bundesrepublik Deutschland ineiner nicht unwichtigen Frage einen Wettbewerb umdie richtige administrative Lösung eines allgemeinanerkannten Problems zu eröffnen.

Ich räume ein, dass dies bei der heutigen Be-schlussfassung nur einer der Punkte ist, auf die es an-kommt. In den letzten Wochen haben wir eine nicht

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einfache Diskussion über die Fragen geführt, was wirden Menschen mit einem solchen Gesetz zumuten,wie es sich in der Bundesrepublik Deutschland regio-nal auswirkt und ob es eine hinreichende Legitima-tion gibt, es zu beschließen. Dabei mag das von demeinen oder anderen für heute angekündigte Abstim-mungsverhalten von seiner Erinnerung daran gelei-tet sein, dass wir die Grundfragen am 19. Dezemberdes vergangenen Jahres und kurz zuvor im Vermitt-lungsausschuss einem Ergebnis zugeführt haben unduns heute hier nur über zwei für die von der Organi-sation Betroffenen in jeder Hinsicht positive Regelun-gen zu unterhalten haben, während die öffentlichdiskutierten, möglicherweise belastenden Regelun-gen im Vergleich zu dem im Dezember des vergan-genen Jahres beschlossenen Gesetz unverändertbleiben, so dass Argumente, die sich mit dieser Fragebeschäftigen, nicht leicht in die Verhandlungen unddie Ergebnisse der Beratungen des Vermittlungsaus-schusses eingefügt werden können.

Trotzdem bleiben das Projekt und das Gesetz, dasdie Bundesregierung mit dem Namen „Hartz IV“ be-schrieben hat, natürlich eine Einheit. Deshalb kön-nen die Fragen, wer was ausprobieren kann, wer anwelcher Stelle welche finanziellen Risiken trägt undwelche Folgen für einzelne Bürgerinnen und Bürgerin ihrer jetzigen Situation als Arbeitslosenhilfe- oderSozialhilfeempfänger sowie für Kommunen und dieInstitution der Bundesagentur für Arbeit eintretenwerden, nur im Zusammenhang gesehen werden.

Dabei fällt es mir und sicherlich auch vielen Kolle-ginnen und Kollegen, die meiner politischen Über-zeugung nahe stehen, wiederum aus Gründen, die inden Verhandlungen liegen, nicht leicht, dem Gesetzzuzustimmen. Der Weg der letzten drei Jahre zeigt,dass das, was wir im Zusammenhang mit dem Op-tionsgesetz oder dem Existenzgrundlagengesetz imBundesrat diskutiert und mit einer Mehrheit verse-hen haben, auf Vorstellungen zurückgeht, die anderswaren und über das hinausgehen, was nun in Formdes Gesetzes vorliegt. Das Gesetz entspricht in ge-wisser Weise durchaus den Ideen, die es vor langerZeit in dem amerikanischen Bundesstaat Wisconsingegeben hat, was das Prinzip des Forderns angeht.Dies bedeutet sicherlich eine erhebliche Verände-rung in Deutschland. Es geht bei dem Prinzip desFörderns aber längst nicht so weit, wie es bei demModell der Fall war, das uns als Vorbild diente. Diesmuss festgehalten werden, weil nach einer gewissenZeit eine Bilanz des Gesetzes gezogen werden wird.Dann wird sich zeigen – deshalb ist es mir wichtig,dies heute zu sagen –, welcher Teil des Gesetzesnicht ausreichend den Erwartungen entsprochen hat.

Wenn wir nicht die volle Leistungsfähigkeit errei-chen, kann es daran liegen, dass wir nicht genug för-dern, und das legitimiert kein schärferes Fordern,wie es in dem Gesetz steht.

Deshalb wird sich nach meiner Ansicht die Diskus-sion über die Fortentwicklung des Gesetzes über denKompromiss hinaus, über den wir heute diskutieren,auf diese Frage richten. Denn wir muten es den Men-schen zu, wie Frau Kollegin Simonis es beschrieben

Heide Simonis (Schleswig-Holstein)

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)hat, Arbeit zu einem wesentlich geringeren Entgelt,weit unterhalb der nach unseren gewohnheitsrechtli-chen Regeln ursprünglich vorhandenen Qualifikati-onsstufen und Abstufungen, anzunehmen. Gleichzei-tig muten wir ihnen generell eine erheblichschnellere Degression von staatlichen finanziellenLeistungen an der Stufe zwischen der Arbeitslosen-versicherung, in die man selbst einbezahlt hat unddie kein Almosen des Staates ist, sondern der einselbst erarbeiteter und wohl erworbener Anspruch zuGrunde liegt, und staatlichen Hilfen zu, wobei wirdie früheren Kategorien Sozialhilfe und Arbeitslosen-hilfe in Zukunft zusammenführen, und zwar eher –nicht immer, aber in der Regel – auf dem Niveau derSozialhilfe.

Die Kolleginnen und Kollegen aus den neuen Län-dern stellen mit großem Nachdruck die Frage: Ist dasVerlangen des Staates, Arbeit aufzunehmen, an jederStelle so zu erfüllen, dass Arbeit auch angebotenwird? Ist der Staat in der Lage, seiner Verpflichtungzur Reintegration in den Beschäftigungskreislaufnachzukommen?

Dabei werden Begriffe wie Niedriglohn auch inZukunft eine Rolle spielen. Dieser Sektor ist nicht an-gemessen ausgebaut; er bietet weitere Chancen, dieman hätte nutzen können, wenn man es anders gere-gelt hätte.

Eine Chance wird in der Frage liegen, wie man So-zialhilfe- oder Arbeitslosenhilfezahlungen, jetzt dasArbeitslosengeld II, mit eigenem Erwerbseinkom-men verbinden kann. Wir haben im Vermittlungsaus-schuss einen Kompromiss gefunden, welcher auchmit der Bereitschaft und den Möglichkeiten des Bun-des, sich finanziell zu engagieren, zu tun hat, der voneiner sehr restriktiven Regelung, insbesondere beisehr niedrigen Einkommen, ausgeht.

Was wir beschließen, ist nach meiner Überzeugungwesentlich besser als das, was wir haben. Aber wiebei vielen Elementen, die die Bundesregierung inden letzten Jahren eingeführt hat, ist die spannendeFrage – dabei ist jedenfalls Vorsicht geboten –, ob sieausreichen werden, um die Motivation und den An-reiz, Beschäftigungsverhältnisse einzugehen, tat-sächlich an der richtigen Stelle auszulösen.

Auch mit der Experimentierklausel bleibt im Streit,dass wir den Menschen eine individuellere adminis-trative, verwaltungsmäßige – oder wie immer man dasnennen will – Betreuung zuteil werden lassen müs-sen. Derjenige in der staatlichen Organisation, derdafür verantwortlich ist, sich mit dem individuellenSchicksal eines Menschen zu beschäftigen, der schonseit längerer Zeit arbeitslos ist, muss Zeit und genugKreativität haben, sich auf dessen persönliche Le-benssituation einzustellen. Er darf nicht nach Form-blatt, sondern muss nach Problemlage arbeiten – inSchleswig-Holstein nicht nach den gleichen Regelnwie in Bayern, in Frankfurt nicht nach den gleichenRegeln wie in Kassel, weil die Verhältnisse in den Re-gionen je nach Branche sehr unterschiedlich sind.

Dazu sind nach meiner Überzeugung und nach derÜberzeugung der Hessischen Landesregierung die

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kommunalen Träger nach wie vor sehr viel besser inder Lage, als eine noch so gute, gutwillige Bundes-agentur mit ihren zentralen organisatorischen Erfor-dernissen es sein kann. Das ist keine Frage des Wol-lens, sondern des Könnens. Wir werden das an69 Stellen miteinander austesten. Aber dies bedeutet,dass an den übrigen Stellen im Augenblick, jeden-falls zu Beginn des Jahres 2005 und, ich fürchte, nochfür längere Zeit, Frau Kollegin Simonis, ein Betreu-ungsschlüssel vorhanden sein wird, der von dem vonuns allen fachlich für geeignet gehaltenen Betreu-ungsverhältnis von 1 : 75 oder 1 : 80 sehr weit ent-fernt ist und eher in der Größenordnung von 1 : 250liegt.

Diese Differenz in der Struktur der Bundesagenturfür Arbeit aufzuholen wird, wenn es überhauptmöglich ist, relativ lange Zeit dauern. Aber die An-sprüche, die gegen die Menschen, die längere Zeitarbeitslos sind, gerichtet werden, setzen am1. Januar 2005, nicht erst dann ein, wenn in demArbeitsamts- oder Agenturbezirk ein bestimmter Be-treuungsschlüssel hergestellt ist. Auch das wird zuDiskussionen führen; das hätte man anders regelnkönnen.

Ich trage das vor, weil dieses Gesetz sicherlich eineder einschneidendsten Veränderungen in der Sozial-politik und der Arbeitsmarktpolitik der Bundesrepu-blik Deutschland ist. Wenn wir diese Veränderungherbeiführen und anschließend bewerten, welche Er-folge und welche Misserfolge es gab, müssen wir unsklar darüber bleiben, wer was zu welchem Zeitpunktgesagt hat, weil das Rückschlüsse darauf zulassenkönnte, was man ändern muss, wenn man nicht zu-frieden ist. Vor diesem Hintergrund will ich begrün-den, warum das Land Hessen – und, ich glaube, dieMehrheit des Bundesrates – diesem Gesetz am Endezustimmen wird.

In Abwägung der Veränderungen, der Schwächenund des Weges, den wir zurückgelegt haben, wäre essehr reizvoll – und ich habe dazu einen relativ rei-chen Zitatenschatz –, einmal darüber zu diskutieren,was mir seit August 2001, seitdem ich mich an derDiskussion beteilige, von vielen heute noch im Amtbefindlichen Mitgliedern der Bundesregierung ent-gegengehalten worden ist und wie abwegig in vielenTeilen der Diskussion öffentlich zunächst argumen-tiert worden ist.

Ich glaube, diesen Maßstab muss man auch anle-gen, wenn man sieht, wie weit wir in der Diskussiongekommen sind. Ich weiß, dass diese Debatte in denBundesländern unterschiedlich beurteilt wird, nichtnur in Ost und West, sondern auch in den Landkrei-sen und kreisfreien Städten. In meinem Bundeslandist im Augenblick die Frage, ob sich von den21 Landkreisen 13, 17 oder 19 für die Option bewer-ben. Nach dem Gesetz stehen Hessen allerdings zu-nächst nur fünf Optionen zu, die bei Verzicht andererLänder bestenfalls zu einer Erhöhung von fünf aufacht führen könnten, um die Optionsmodelle auszu-nutzen, aber nie zu den gewünschten Zahlen. Daszeigt, dass wir uns wahrscheinlich länger als andereBundesländer damit beschäftigt haben.

Roland Koch (Hessen)

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)Für meinen Freund und Kollegen Christian Wulff in

Niedersachsen gilt Ähnliches. Unsere beiden Bun-desländer haben sich der Diskussion in besondererWeise gewidmet, in Partnerschaft mit Baden-Württemberg, das ein eigenes Modell vorgestellt hat,und anderen.

Auf dieser Basis komme ich zu dem Ergebnis, dasses nicht verantwortlich ist, dies alles wieder zu zer-stören, weil man mit einigen erheblichen Punktenimmer noch nicht einverstanden ist. Wenn es eineGestaltungsmehrheit derjenigen, denen ich mich zu-gehörig fühle, auch im Deutschen Bundestag gäbe,würde das Gesetz anders aussehen. Wenn der Bun-desrat es mit seiner Mehrheit beschließen könnte,würde es in den von mir genannten Punkten – nichtdes Forderns, sondern des Förderns – anders ausse-hen. Aber es ist besser, mit diesem Gesetz die Verän-derung herbeizuführen, als weiterhin eine sich im-mer stärker verfestigende Langzeitarbeitslosigkeit zupflegen. Neben dem Instrument des Förderns brau-chen wir die Mitwirkung der Betroffenen, und hin-sichtlich der Mitwirkung der Betroffenen müssen wirklare Signale setzen.

Es gibt Verschlechterungen im Verhältnis zu denderzeitigen Zahlungen. Ich bin wahrlich der Unge-eignetste, die Bundesregierung zu verteidigen. Aberich möchte an dieser Stelle, weil es um das Schicksalsehr vieler Menschen geht, in aller Offenheit sagen:Wenn in einem Fragebogen steht, dass man ein Hausbesitzt, heißt das noch lange nicht, dass man es beider Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld II abge-ben muss. Im Gesetz ist vielmehr ausdrücklich gere-gelt, dass das selbst genutzte Haus zu dem geschütz-ten Bereich gehört; sonst hätte niemand von uns,welcher politischen Gruppe auch immer er angehört,dem zugestimmt.

Es gibt Übergangsregelungen, die verhindern,dass am 1. Januar 2005 die ökonomischen Systemebei den betroffenen Menschen vollständig zusam-menbrechen, selbst wenn sie in einer langfristigenPerspektive das Signal bekommen, dass sie mit staat-licher Unterstützung in der bisherigen Form nichtmehr rechnen können. Das ist nicht von heute aufmorgen möglich. Wenn eine Familie mit zwei Kin-dern Bedarfsgemeinschaft ist, dann wird am Endedes Prozedere das Arbeitslosengeld II inklusive desWohngeldes immer noch eine Höhe haben – ich sahgestern Abend in einer eigentlich für vernünftige Re-cherchen bekannten Fernsehsendung, dass das zuzahlende Arbeitslosengeld ohne die Unterstützungs-einkünfte, also ohne das Wohngeld und die Heizkos-ten, gerechnet wurde, was natürlich zu Panik bei denBetroffenen führen muss –, wenn ich die Gesamtzu-wendungen der so genannten Bedarfsgemeinschaf-ten nehme, dass ein alleinverdienender Erwerbsträ-ger in dieser Familie bei 160 Monatsarbeitsstundenetwa 12 Euro Bruttolohn haben müsste, um zu demgleichen Nettoeinkommen zu kommen, wie es unserTransfersystem mit dem Arbeitslosengeld II herbei-führt.

Ich will nicht sagen, dass das üppig ist, keines-wegs! Aber ich darf in der gebotenen Vorsicht darauf

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hinweisen, dass das Gesetz, das mit Mehrheit be-schlossen wird, kein Gesetz ist, das programmatischsoziale Verelendung in Deutschland hervorruft undhervorrufen will. Wenn es in den neuen Ländern einePartei gibt, die glaubt, auf diese Weise politischesProfil gewinnen zu können, dann muss man ihr ant-worten, dass das mit dem wahren Sachverhalt nichtszu tun hat.

Nur unter diesem Gesichtspunkt ist zu begründen,warum wir trotz Schwächen bereit sind, die Mitver-antwortung für den Kompromiss zu übernehmenund die Mitverantwortung dafür zu tragen, dass dieWahlfreiheit von Beschäftigungsverhältnissen ent-sprechend der jeweiligen persönlichen Biografie kei-nen so großen Stellenwert hat, dass eine zu hoheZahl von Menschen – auch hier sage ich ausdrück-lich: mehr im Westen als im Osten – in den letztenJahren die soziale Unterstützung als eine akzeptableAlternative zur Suche nach einer möglicherweise ge-ringerwertigen Beschäftigung als vorher angesehenhat. Dazu sind staatliche Finanzierung und staatlicheSozialsysteme nicht geeignet und in der Lage, und esist auch gegenüber den steuerzahlenden Bürgerin-nen und Bürgern nicht legitim.

An dieser Stelle ist eine Korrektur notwendig, weilwir sonst in einer schwieriger werdenden Zeit keineSysteme haben, in denen sich jeder nach seinen Kräf-ten bemüht: derjenige, der Arbeit sucht, aber auchderjenige, der in der politischen Verantwortungsteht, Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denenBeschäftigung möglich ist.

Damit komme ich zu meiner letzten Bemerkung.Jede Debatte über die Organisation des Arbeitsmark-tes und jede Debatte über die Frage, wie wir Lang-zeitarbeitslosigkeit beseitigen können, ist immer nureine komplementäre Debatte zu der Frage, in wel-chen wirtschaftlichen Verhältnissen wir leben. Je hö-her die Wachstumsraten sind, je höher die allge-meine Beschäftigungsintensität ist, desto leichter istes möglich, Menschen, die langzeitarbeitslos sind, inden Arbeitsmarkt zurückzuführen, und umso gerin-ger ist die Gefahr, dass das Potenzial von Menschen,die lange Zeit arbeitslos sind, wächst.

Deshalb ist die Kernantwort in der BundesrepublikDeutschland auf die Frage, ob es uns gelingt, Men-schen lange Arbeitslosigkeit zu ersparen oder sie ausder Langzeitarbeitslosigkeit herauszuführen, eineder Wirtschaftspolitik, keine des Designs von Sozial-und Arbeitsmarktgesetzen wie diesem. Aus diesemGrunde konzentriert sich die Kernauseinanderset-zung zwischen der Bundesregierung und uns auf dieFrage: Wie sind die allgemeinen Arbeitsmarktbedin-gungen? Wie können dezentrale Arbeitsmarktbedin-gungen in den Regionen legal – nicht faktisch –geschaffen werden? Wie können wir attraktive Rah-menbedingungen für unsere Arbeitsmarktordnungschaffen, so dass unser Arbeitsmarkt wettbewerbsfä-hig ist mit den Arbeitsmärkten z. B. der Niederlande,Dänemarks, Frankreichs, Polens – nicht in der Frageder Bezahlung, sondern hinsichtlich der Struktur vonArbeit, der Begründung und der Auflösung vonArbeitsverhältnissen –, um Jobs in Deutschland zu

Roland Koch (Hessen)

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)haben? Dabei wird eine Rolle spielen, wie viel wir inDeutschland in der Summe, in der Relation zu unse-ren Arbeitskosten, bereit sind zu arbeiten. Wenn wirdiese Frage nicht beantworten können, können wirnoch so viele Hartz-IV-Gesetze „basteln“, wir wer-den das Problem am Ende nicht lösen können.

Dann stellt sich die Frage nach der Technologie-politik, der Innovationsfreundlichkeit und danach,welche Voraussetzungen für neue Erfindungen wiranzubieten haben, und viele andere mehr.

Mit dem, was wir heute tun, lösen wir nicht dasProblem, Beschäftigung in Deutschland zu finden.Aber es ist in der Abwägung ein richtiger Schritt, einuns drängendes Problem der Lösung ein Stück näherzu bringen, weil die Steuerungsmechanismen imPrinzip richtig sind.

Ich werde dem Gesetz zustimmen mit der Erklä-rung: Es ist ein Kompromiss, der nicht leicht fällt,aber den abzulehnen aus meiner Sicht ein größererFehler wäre als zu sagen: Lasst uns die Chancen, diesich daraus ergeben, nutzen und im Zweifel mit derErfahrung der nächsten Monate und Jahre die ge-machten Fehler korrigieren! – Vielen Dank.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Ministerpräsident Professor Dr. Böhmer (Sachsen-Anhalt).

Prof. Dr. Wolfgang Böhmer (Sachsen-Anhalt): HerrPräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!Spätestens an dieser Stelle muss ich noch einmal da-rauf hinweisen, dass sich eine Reihe von praktischenProblemen in den neuen Bundesländern mit einerArbeitslosigkeit zwischen 16 und 20 % eben dochganz anders darstellen und zu ganz anderen Konse-quenzen führen als in den alten Bundesländern, inLändern mit einer Arbeitslosigkeit von 6, 8 oder 9 %.Das ist nicht neu. Das alles ist vielfach rückwärts undvorwärts durchdiskutiert worden. Trotzdem muss eshier noch einmal gesagt werden, weil es unser Ab-stimmungsverhalten beeinflussen wird.

Wir teilen grundsätzlich die Meinung, dass wir inDeutschland mehr gestalten müssen und Arbeitslo-sigkeit nicht nur verwalten dürfen. Darüber bestehtKonsens. Ich bekenne mich heute noch dazu, dassSachsen-Anhalt im Dezember dem Vierten Gesetz fürmoderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt zu-gestimmt hat – aus Überzeugung, weil wir der Auf-fassung waren und sind, dass dies der richtige Wegist. Das Prinzip „Fördern und Fordern“ muss deutli-cher ausgestaltet werden. Die Zusammenlegung derArbeitslosenhilfe mit der Sozialhilfe war und ist rich-tig; auch die Absenkung der steuerfinanzierten so-zialen Transfers ist unvermeidbar. Aber wir habenschon in den Diskussionen im Dezember gesagt, dasssie dort, wo die Arbeitslosigkeit besonders hoch ist,mit einem Beschäftigungsangebot verbunden seinmuss.

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Wir sind damals gehört, aber nicht berücksichtigtund im Grunde genommen vertröstet worden mitdem Hinweis: Wir machen ein Optionsgesetz. Wirorganisieren die kommunale Verwaltung dieser An-gelegenheit, und in diesem Zusammenhang müssenwir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass dieKommunen in die Lage kommen, wenigstens etwasmehr Arbeit anzubieten. – Die Voraussetzungen da-für schienen günstig. Es ist uns immer wieder vorge-rechnet worden, dass das System dann zu einer ge-wissen Haushaltsentlastung der Kommunen führenwerde, wodurch die Kommunen in die Lage versetztwürden, wenigstens etwas mehr Arbeit, zusätzlicheBeschäftigung für Sozialhilfeempfänger oder für Ar-beitslosenhilfeempfänger, anzubieten.

Deshalb haben wir damals nicht insistiert und ge-sagt: Wir werden versuchen, den Teil des Fördernsmit dem Optionsgesetz hinzubekommen und dafüreine Regelung zu schaffen. Dass das für uns inSachsen-Anhalt, wo gegenwärtig etwa 8 % der ge-samten Wohnbevölkerung von diesem Gesetz betrof-fen sind, wichtig ist, dürfen Sie uns bitte abnehmen.

Wir haben vermutet und gehofft, dass es eine Lö-sung geben werde, mit der wir auch das Fördern bes-ser konstruieren und den betroffenen Bürgern sagenkönnen: Ihr bekommt zwar 100, 120, 130 Euro weni-ger an Sozialtransfer, aber wir suchen für euch nacheiner Chance, dieses Geld hinzuzuverdienen. – Daswäre meiner Ansicht nach im Sinne eines gewissensozialen Ausgleichs, da so viele betroffen sind, not-wendig gewesen.

Wir haben dies nicht geschafft. Das muss ich sehrdeutlich bekennen. Die Zuverdienstmöglichkeitensind sicherlich unter anderen Gesichtspunkten kon-struiert worden. Wer bis zu 400 Euro dazuverdient,muss sich 85 % anrechnen lassen, nur 15 % bleibenihm übrig. Wer mehr dazuverdient, kommt in einegünstigere Proportion. Das hat Gründe, die ich sogarverstehe. Sie nutzen uns bloß nichts. Sie nutzen unsdeswegen nichts, weil wir keine Angebote mit höhe-ren Verdienstmöglichkeiten organisieren können.Solange – und das trifft nicht nur auf Sachsen-Anhaltzu – auf jede freie Stelle etwa 25 Arbeitslose kom-men, so lange haben Sie keine Möglichkeit mehr,viel zu gestalten.

Deswegen wäre uns eine Zuverdienstmöglichkeitrecht gewesen – und wir haben auch in den Arbeits-gesprächen immer wieder dafür geworben –, die we-nigstens diejenigen günstiger stellt, die etwas dazu-verdienen müssen, um das ausgleichen zu können,was wir ihnen durch die Zusammenlegung von So-zialhilfe und Arbeitslosenhilfe – aus guten Gründen,die ich alle erklären kann – wegnehmen.

In dieser Beziehung haben wir keine Lösung ge-funden. Deswegen sieht unsere Entscheidung jetztanders aus als noch im Dezember, obwohl dies keingrundsätzlicher Widerspruch ist, sondern auf eineranderen Einschätzung der Konsequenzen beruht, diesich bei der praktischen Umsetzung ergeben werden.

Wir haben andere Probleme, die ich in den Gesprä-chen im Dezember noch nicht angemeldet habe, weil

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)sie mir selber erst in der letzten Zeit deutlich gewor-den sind.

Wir haben – das ist ermöglicht worden durch § 428SGB III – 58-jährigen und älteren Arbeitslosen ange-boten, wenn sie mit der Arbeitslosenhilfe zufriedensind und ohne weiteres keine Chance mehr auf demArbeitsmarkt haben, durch Unterschrift zu erklären,dass sie für den Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfü-gung stehen. Das hatte den großen Vorteil, dass sieaus der Arbeitslosenstatistik herausgerechnet wer-den konnten. Dies sind allein in den neuen Bundes-ländern etwa 140 000 Personen. Diese 140 000 Perso-nen haben im Vertrauen auf das Fortbestehen derbisherigen Regelung unterschrieben, dass sie fürden Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen,und haben dadurch die Statistik entlastet. Ihnen wer-den wir jetzt sagen müssen: Die Verhältnisse habensich geändert; ihr lebt in einer Bedarfsgemeinschaftoder habt andere Einkünfte, und die Bezüge werdengekürzt. Das wussten wir damals, als ihr unterschrie-ben habt, auch noch nicht; aber das ist nun einmal so.

Ich bitte um Verständnis: Das ist eine Situation, dieman ernst nehmen und in der man eine Lösung su-chen muss, und sei es nur eine Übergangslösung fürdie Betroffenen, um aus dem juristischen Konflikt he-rauszukommen. Bisher waren wir nicht in der Lage,diese Probleme zu lösen. Deswegen hat sich unsereEinschätzung zu diesem Gesetz geändert.

Es gibt weitere Probleme. Die finanzielle Entlas-tungssituation der Kommunen ist sehr unterschied-lich. Die Kollegin aus Sachsen, die nach mir sprechenwird, wird – darauf haben wir uns geeinigt – schwer-punktmäßig auf dieses Thema eingehen.

Der Bund hat eine Revisionsklausel zugesagt. Dasheißt: Keine Kommune wird zusetzen müssen. AberKommunen mit einer niedrigen Arbeitslosigkeit rech-nen sich jetzt schon aus, dass sie ihren Haushalt ent-lasten können. Kommunen mit einer hohen Arbeits-losigkeit haben die Zusage, dass sie bestenfalls nichtin ein noch größeres Defizit kommen, wenn sie sichauf die Revisionsklausel berufen. Sie werden keiner-lei zusätzliche Möglichkeiten haben, den BetroffenenStellen im Niedrigtarifbereich oder auch nur einenZuverdienst bis 400 Euro anzubieten. Das war abergenau das, was wir uns erhofft und erwartet hatten,um eine gerechte Balance zwischen Fordern und För-dern auch unter den Bedingungen einer hohen Ar-beitslosigkeit in den neuen Bundesländern herzustel-len.

Dies ist uns nicht gelungen. Deswegen muss ich fürdas Land Sachsen-Anhalt sagen: Aus diesen Grün-den – nicht aus den prinzipiellen Gründen, in denenwir alle einer Meinung sind – werden wir dem Op-tionsgesetz unsere Zustimmung nicht geben.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Frau Ministerin Orosz (Sachsen).

Helma Orosz (Sachsen): Sehr geehrter Herr Präsi-dent! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

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Schon im September vergangenen Jahres hat HerrMinisterpräsident Professor Dr. Milbradt an dieserStelle an die Zusammenführung von Arbeitslosen-hilfe und Sozialhilfe folgende drei Anforderungengestellt: zum Ersten eine geeignete effiziente Admi-nistration, zum Zweiten einen fairen vertikalen undhorizontalen Ausgleich zwischen Bund, Ländern undKommunen und zum Dritten eine Antwort auf dieFrage, wie wir mehr Menschen in Arbeit bringen.Letzteres ist gerade für ein ostdeutsches Land mit ho-her Arbeitslosigkeit entscheidend.

Diese drei Punkte sind bis heute nicht im Entfern-testen zufrieden stellend gelöst. Im Gegenteil: Mitdem Gesetz in der vorliegenden Form wird die Situa-tion in Ostdeutschland eindeutig verschärft, und zwarzu Lasten der Langzeitarbeitslosen. Deshalb kannSachsen ihm nicht zustimmen.

Bevor ich aus unserer Sicht kurz die kritischenPunkte darstelle, möchte ich darauf verweisen, dassSachsen die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfeund Sozialhilfe grundsätzlich unterstützt. Die nunvorliegenden Rahmenbedingungen eignen sich abernicht für eine effiziente Umsetzung des hehren Zieles„Fördern und Fordern“.

Mein erster Kritikpunkt ist, dass die im Vermitt-lungsausschuss im Dezember 2003 gegebene Zusagenicht eingehalten worden ist, dass alle Kommuneneine Option erhalten. Ursprünglich sollte damit eineBündelung der Zuständigkeiten angestrebt werden.Jetzt können nur noch höchstens 69 Kommunen op-tieren. In Sachsen sind es zunächst vier Städte oderLandkreise, die diese Möglichkeit erhalten. Es habenaber schon deutlich mehr sächsische Kommunen ihrInteresse an der Übernahme der Aufgaben der Agen-turen für Arbeit bekundet. Wie soll ich den übrigenKommunen in Sachsen klar machen, dass ihrEngagement für die Verbesserung der Situation derArbeitslosen nun nicht mehr gewollt ist, wie es in§ 6a SGB II ursprünglich vorgesehen war?

Die so genannte Arbeitsgemeinschaft ist keine Lö-sung, da ihr die klare politische Verantwortungszu-ordnung fehlt. Auf die verfassungsrechtliche Proble-matik einer solchen Mischverwaltung hat ebenfallsbereits der Deutsche Verein für öffentliche und pri-vate Fürsorge als ausgewiesener Fachverband auf-merksam gemacht. Das angestrebte Ziel, nämlicheine Leistung aus einer Hand zu erbringen, wirdlediglich in wenigen Ansätzen erreicht. Die Chanceeiner kommunalen Option, die Nutzung der reichhal-tigen Erfahrungen und des kreativen Engagementsunserer Kommunen bei der Eingliederung der Ar-beitslosen, wird leider nur unzureichend wahrge-nommen. Das ist aus unserer Sicht ein höchst unbe-friedigendes Ergebnis.

Völlig unbefriedigend sind auch die regionalenVerteilungswirkungen der Reform, wie sie im Kom-munalen Optionsgesetz vorgesehen sind. Daran än-dern auch die bereits im September 2003 beschlosse-nen Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungennichts, die zum Ausgleich der überproportionalenLasten für die ostdeutschen Länder vorgesehen sind.

Prof. Dr. Wolfgang Böhmer (Sachsen-Anhalt)

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)Diese wurden nämlich nicht an die aktualisierten An-gaben zu den Be- und Entlastungen in den einzelnenLändern angepasst.

Daran ändert auch nichts, dass sich die Bundes-regierung durch die so genannte Revisionsklauseleine Zusage abtrotzen ließ, die die Kommunen im Er-gebnis tatsächlich um 2,5 Milliarden Euro entlastensoll. Aber eine vergleichbare verbindliche Zusage,dass diese Entlastung in allen Ländern gleicherma-ßen ankommt, fehlt. Unsere Berechnungen weisenaus, dass von 2,5 Milliarden Euro Gesamtentlastungauf die sächsischen Gebietskörperschaften nur rund16 Millionen Euro entfallen; das entspricht einem Be-trag von 4 Euro pro Einwohner. Zum Vergleich: An-dere Länder – im Westen – erreichen in der SpitzeNettoeinsparungen von 285 Millionen Euro; das sindpro Einwohner 165 Euro. Das ist das Vierzigfache dessächsischen Wertes.

Diese extreme Ungleichbehandlung per Gesetzkönnen wir im Hinblick auf die Verantwortung unse-res Landes für die Kommunen und für die Menschenin Sachsen nicht hinnehmen. Schon die Zuständig-keitsstruktur erschwert eine konzentrierte Betreu-ung der Arbeitsuchenden erheblich. Auch die für dieEingliederung zur Verfügung stehenden Mittel sind,bezogen auf die Zielvorgaben, äußerst knapp bemes-sen.

Wesentlich ist, dass insbesondere Personen miteiner niedrigen Ausgangsqualifikation keine aus-reichenden Anreize erhalten. Für sie wäre es erfor-derlich, dass der Lohn, der entsprechend der Qualifi-kation bzw. der daraus resultierenden Produktivitätvergleichsweise niedrig sein wird, durch Lohnergän-zungsleistungen ausreichend aufgestockt wird. Nurdann ist das Zustandekommen eines Beschäftigungs-verhältnisses für beide Seiten ein Vorteil.

Die vorgesehene Anrechnung eigenen Erwerbs-einkommens wird keinen Motivationsschub bewir-ken. Bei einer Anrechnung auf die Sozialleistungenvon 70, 85 oder 100 % ist eine verstärkte Eingliede-rung in den ersten Arbeitsmarkt nicht zu erwarten,eher die weitere Flucht vor den Abgaben in dieSchwarzarbeit. Damit, meine sehr geehrten Damenund Herren, können wir uns nicht zufrieden geben.

Den Anreizen für die Arbeitslosen müssen kon-krete Möglichkeiten zur Arbeitsaufnahme gegen-überstehen. Auf die Frage, wohin ein Langzeit-arbeitsloser in den östlichen Ländern, aber auch inden strukturschwachen Räumen im Westen vermitteltwerden soll, bleibt die Bundesregierung eine Ant-wort schuldig. Wer in dieser Situation noch, wie vomBundeswirtschaftsminister erwogen, die Mittel fürden Aufbau der regionalen Wirtschaftsstruktur imOsten kürzt, zeigt deutlich, dass er die Aufbauerfor-dernisse und die Problemlage in Ostdeutschlandnicht richtig einschätzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Hartz IVbleibt ohne die von Sachsen und anderen Länderngeforderten parallelen Änderungen insbesondere derwirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Rahmen-bedingungen zu Gunsten der Schaffung von Arbeits-

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plätzen ein Torso. Mit diesem Gesetz werden vorallem in strukturschwachen Regionen die arbeitsu-chenden Menschen stark belastet, ohne dass ihneneine Perspektive aufgezeigt werden kann. Ohne eineAntwort auf die Frage, was getan wird, damit für dieArbeitsuchenden Arbeitsplätze entstehen können,laufen die ohnehin geringen Anreize zur Arbeitsauf-nahme vollends ins Leere.

Was bleibt, ist lediglich ein Spargesetz auf demRücken der Betroffenen. Was fehlt, sind nachhaltigwirkende Anreize auf der Seite der Arbeitsplatz-suchenden und Anreize auf der Seite der Arbeits-platzanbieter.

Ich fasse zusammen: Die Einschränkung der Op-tion, die den Osten benachteiligende Verteilungswir-kung des Gesetzes und die unzureichende Umset-zung des Prinzips „Fördern und Fordern“ lassen dieZustimmung zu dem Gesetz nicht zu.

Sachsen kann dem Gesetz aus diesem Grundenicht zustimmen. – Danke.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Das Wort hat der Bundesminister für Wirtschaft undArbeit, Herr Clement.

Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaftund Arbeit: Herr Präsident! Meine sehr verehrtenDamen und Herren! Bis zu dem vorangegangenenRedebeitrag bin ich davon ausgegangen, dass wiruns in Deutschland in einem einig sind: Die bishe-rige Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik istnicht ausreichend erfolgreich. Sie ist trotz eines ge-waltigen Kapitaleinsatzes und trotz eines gewal-tigen bürokratischen Aufwandes erschreckenderfolglos. Wir können es nicht verantworten, dieseArbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik fortzuset-zen.

Es ist nicht vorstellbar, dass in der BundesrepublikDeutschland nicht gelingt, was in den meisten Nach-barstaaten gelingt, nämlich die Arbeitslosigkeitdurch Wachstumspolitik, durch entsprechendesEngagement der Unternehmen, aber auch durch einemoderne Vermittlungspolitik zu verringern. Ich sehenicht, warum dies in Deutschland nicht gelingensollte, während es in den skandinavischen Staaten, inGroßbritannien, in den Niederlanden und in anderenStaaten gelingt.

Das ist der eigentliche Grund, weshalb wir hier zueiner Veränderung kommen müssen. Ich bin sehrdankbar dafür, dass wir im Vermittlungsverfahrendiesbezüglich zu einer Verständigung gekommensind. Herr Ministerpräsident Koch, selbstverständlichhaben Sie nicht alle Ihre Vorstellungen durchsetzenkönnen. Das gilt aber auch für uns. Das ist das Weseneines Kompromisses. Außer der Bundesregierungund demjenigen, der es umzusetzen hat, wird späterniemand für Erfolg oder Misserfolg verantwortlichgemacht.

Ich setze darauf, dass wir Erfolg haben. Ich setzedarauf, dass wir mit dem, was wir einleiten, jeden-

Helma Orosz (Sachsen)

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)falls mehr Erfolg haben als mit der bisherigen Ar-beitsmarkt- und Beschäftigungspolitik.

Angeblich besteht Übereinstimmung. Wenn ich dasWörtchen „grundsätzlich“ höre, wenn ich höre, dassman grundsätzlich der gleichen Meinung sei, dannweiß ich schon, dass wir wieder in einer typisch deut-schen Diskussion landen. Wir sollten uns nicht nurgrundsätzlich einig sein, sondern es sollte klar sein,dass es unsinnig ist und nicht mehr verantwortetwerden kann, in einem Staat zwei Fürsorgesystemenebeneinander, die Arbeitslosenhilfe und die Sozial-hilfe – die eine staatlich, die andere kommunal getra-gen –, zu unterhalten. Sie arbeiten nebeneinanderher und haben sehr unterschiedliche Ergebnisse.Dass diese beiden Systeme, die bisher ziemlich los-gelöst voneinander gearbeitet haben, nun zu einemstaatlichen Fürsorgesystem zusammengeführt wer-den, ist, glaube ich, nicht nur grundsätzlich richtig,sondern das ist einfach richtig. Deshalb tun wir es.

Das Zweite ist: Auf Grund der Arbeitsmarktpolitik,die wir bisher in Deutschland betrieben haben, wis-sen wir, dass wir Arbeitslosigkeit – das habe ich in je-der Sonntagsrede gehört; dies habe ich übrigensauch selbst immer gesagt – überwiegend adminis-triert und finanziert haben. Aber wir haben sie nichtverringert. Im Gegenteil, die Langzeitarbeitslosig-keit wächst und wächst, auch in Ostdeutschland.

Das ist ein strukturelles Problem. Es hat offensicht-lich damit zu tun, dass wir keine ausreichenden An-reize geschaffen haben, übrigens auch keine Sank-tionen. Nur dann nimmt das Prinzip „Fördern undFordern“ Gestalt an. Das muss man umsetzen. Mandarf nicht sagen: „Wir sind zwar für Fördern und For-dern, aber bitte nicht so“, sondern das muss Gestaltannehmen. Das ist der Grundsatz, den wir hier ein-bringen müssen.

Das Dritte ist, dass wir hin zu Vermittlung in Arbeitkommen müssen. Wir brauchen Arbeitsvermittlerin-nen und Arbeitsvermittler in den Agenturen undKommunen, die sich konkret des einzelnen Betroffe-nen und der einzelnen Betroffenen annehmen.

An dieser Stelle, Herr Ministerpräsident Koch,muss ich Ihnen leicht widersprechen. Sie haben ge-sagt, dass eine Quote von einem Vermittler auf 75 Ar-beitsuchende in absehbarer Zeit wohl nicht zu er-reichen sei. Völlig klar ist jedoch: Ab 1. Januarwerden wir bei jugendlichen Arbeitslosen, bei denunter 25-Jährigen, bei einem Vermittlungsverhält-nis von 1 : 75 sein. Wir werden bei den Älteren beieinem Vermittlungsverhältnis von 1 : 140 bzw. 1 : 150sein. Es ist nicht sicher, ob wir dieses Verhältnis wei-ter reduzieren müssen. Wir werden im Laufe des Pro-zesses sehen, ob das vernünftig ist.

Das Vermittlungsverhältnis betrug vor zwei Jahren1 : 800. Deshalb hat Arbeitsvermittlung in Deutsch-land nicht funktioniert. Wir sind jetzt bei einem Ver-hältnis von 1 : 250 bzw. 1 : 300. Die Arbeitsvermitt-lung hat in der Vergangenheit nicht funktioniert, weiles keinen Vermittler gab, der sich direkt um den Ein-zelnen oder die Einzelne kümmern konnte.

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Das ist, vermute ich, die wichtigste Änderung, diewir vornehmen. Wenn es gelingt, sich um den einzel-nen Arbeitsuchenden zu kümmern und mit ihm eineZielvereinbarung über den Weg zu treffen, den er zu-rücklegen muss, um möglichst in den ersten Arbeits-markt zurückzukommen, führt dies zu erheblichenVeränderungen am Arbeitsmarkt. Die Erfahrungenin Großbritannien zeigen, dass die Arbeitslosigkeitum 15 bis 20 % gesenkt werden kann, wenn das Sys-tem so angelegt ist, wie ich es angedeutet habe.

Darum geht es im Kern. Dies sind die Grundsätze,an denen wir gearbeitet haben und weiterhin arbei-ten. Wenn Sie das Gesetz passieren lassen, werdenwir sie in der Bundesrepublik Deutschland umsetzen.

Ich muss Folgendes sagen, auch wenn es profanklingt: In diesem Zusammenhang wird sehr oft überdie Finanzen gesprochen, und zwar auch von denostdeutschen Ländern. Zunächst ist festzuhalten,dass die Bundesregierung zugesagt hat – dies ist imGesetz ausdrücklich vorgesehen –, alle Städte undGemeinden in Deutschland um insgesamt 2,5 Mil-liarden Euro zu entlasten. Sie hat zugesagt – das istuns nicht leicht gefallen –, sich in Zukunft in ganzDeutschland an den Unterbringungskosten mitknapp 30 % zu beteiligen, und zwar so, wie die Kos-ten anfallen. Wir können nicht zwei Probleme aufeinmal lösen, Frau Kollegin: Wir können uns nichtmit knapp 30 % an den tatsächlichen Unterkunfts-kosten beteiligen und gleichzeitig Finanzausgleichs-probleme in Deutschland bewältigen. Dazu habenSie andere Instrumente. Sie sind nicht zu unterschät-zen.

Da ich höre, was die Bundesregierung alles nichttut, möchte ich darauf hinweisen, dass durch gemein-same Anstrengungen des Bundes und der Länder inDeutschland ein Finanzausgleichs- und Solidarsys-tem entwickelt worden ist, das auf der Welt einmaligist. Ich meine, das darf man hervorheben.

Wir alle haben wunderbare Grafiken. Ich kann Ih-nen die folgende Grafik gerne zur Verfügung stellen:Der Anteil des Bundes an den Wohnkosten in Europro Einwohner ist in den Stadtstaaten am höchsten.Am höchsten ist er in Berlin mit 82,80 Euro pro Ein-wohner. In Bremen liegt er bei 70 Euro, in Hamburgbei 63 Euro. Aber er liegt in Brandenburg bei57 Euro, in Mecklenburg-Vorpommern bei 66 Euro,in Sachsen bei 55 Euro, in Sachsen-Anhalt bei65 Euro und in Thüringen bei 47 Euro. Das ist keines-wegs schlechter als in den übrigen Ländern im Wes-ten. Ich kann Ihnen wirklich nicht empfehlen, dieDiskussion in Bezug auf West und Ost in der Weisezu führen, wie Sie es tun. Ich bedauere zutiefst dieWest-Ost-Diskussion, die hierzu in den letzten Tagengeführt worden ist. Das habe ich im Vermittlungsver-fahren und in anderen Verfahren anders erlebt.

Ich kann Ihnen das alles anhand von Grafiken imEinzelnen darstellen. Meines Erachtens verhalten wiruns fair. Wenn Sie aber meinen, gleichzeitig zusätz-liche Finanzausgleichssysteme von West nach Ostinstallieren zu können, dann muss ich Ihnen sagen:Das bekommen Sie nicht hin. Das geht nicht. Es ist

Bundesminister Wolfgang Clement

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)technisch nicht möglich und, ich glaube, auch nichtverständlich.

Wenn Sie mir vorwerfen, wir hätten Kürzungen beider Gemeinschaftsaufgabe vorgenommen, dannfinde ich das nicht ganz fair. Wir haben es in denHaushaltsverhandlungen unter schwierigsten Bedin-gungen hinbekommen, dass für die Gemeinschafts-aufgabe stabil 700 Millionen Euro zur Verfügungstehen. Darüber hinaus bleiben – das war bisher nieder Fall – nicht genutzte, zurückfließende Mittel biszu einer Höhe von 35 Millionen Euro im Topf. Ichglaube, das ist sehr ansehnlich. Damit werden wir In-vestitionen, die in Ostdeutschland zu tätigen sind,auch weiterhin tätigen können. Deshalb glaube ich,dass Sie ein bisschen neben der Sache argumentie-ren.

Die Revisionsklausel will ich Ihnen jetzt nicht imEinzelnen erläutern. Im Zusammenhang mit denFinanzen darf ich darauf hinweisen, dass die Bundes-regierung in einer Protokollnotiz zusätzlich Folgen-des zugesagt hat: Sollte es wider Erwarten, wider alleBerechnungen – hier hat man es mit Prognosen zutun – in irgendeiner Stadt in Ostdeutschland oder inWestdeutschland zu einer negativen Situation kom-men, werden wir dort im Nachhinein für einen Aus-gleich sorgen. – Also auch das ist zugesagt. Ich mussIhnen offen sagen: Nach den intensiven Diskussio-nen und dem, was die Bundesregierung materiellund rechtlich im Vermittlungsverfahren zusätzlichzugesagt hat, bin ich ein bisschen enttäuscht. Ichmeine, dass das Gesetz zustimmungsfähig ist.

Ich möchte gerne auf zwei, drei Punkte eingehen,die Sie, Herr Professor Böhmer, angesprochen haben.Es gibt – ich bin Herrn Ministerpräsident Koch dank-bar, dass er auf einige Aspekte hingewiesen hat – öf-fentlich verzerrte und verzerrende Darstellungen.

Gestatten Sie mir zunächst eine Grundsatzbemer-kung: Das, was in Deutschland von Staats wegen fürsoziale Hilfe aufgewandt wird, ist eine der höchstenQuoten der Welt. Es gibt zwei, drei Staaten – dazugehört, glaube ich, Dänemark –, in denen die Quotenoch etwas höher ist als zurzeit bei uns in der Bun-desrepublik Deutschland. Andere Staaten habenauch nicht die besondere Aufgabe des Aufbaus Ostzu bewältigen. Kaum eine Volkswirtschaft bzw. so-ziale Gesellschaft auf der Welt tut auf diesem Sektormehr als die Bundesrepublik Deutschland.

Herr Professor Böhmer, in den Diskussionen wirdeines auf bemerkenswerte Weise vernachlässigt – ichsage das übrigens in aller Klarheit auch in Diskussio-nen mit Gewerkschaften –: Eine Gruppe wird durchdie Bank besser gestellt – die Sozialhilfeempfänger.Wir haben eine Million erwerbsfähige Sozial-hilfeempfänger. Auch in Ostdeutschland gibt esSozialhilfeempfänger. Von den gut eine Millionerwerbsfähigen Sozialhilfeempfängern und derenFamilienangehörigen wird jeder Einzelne besser ge-stellt. Ich höre immer, dass von „Abbruch“ und „Ab-sturz“ geredet wird. In keiner Presseveröffentlichungwird auch nur in einem Satz erwähnt, dass es ihnenbesser gehen wird.

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Diejenigen, die bisher Sozialhilfe beziehen, wer-den zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesre-publik in das Zentrum der Arbeitsvermittlung vonKommunen und Arbeitsagenturen gestellt. Darüberhinaus können sie mehr dazuverdienen als je zuvor;ihre Zuverdienstmöglichkeiten, Herr Professor Böh-mer, sind besser als je zuvor. Sie werden allesamterstmals rentenversichert sein, sie werden gegen Ar-beitslosigkeit versichert und in der Pflegeversiche-rung sein. Das alles ist bei diesem Personenkreis vor-her nicht der Fall gewesen.

Frau Kollegin und Herr Professor Böhmer, auch daserwähnen Sie nicht: Es geht nicht nur um die kollek-tiven Zuverdienstmöglichkeiten. Vielmehr haben wirausdrücklich vorgesehen, und zwar sehr bewusst,dass der einzelne Arbeitsvermittler und die einzelneArbeitsvermittlerin individuell auf Zeit etwas dazu-zahlen kann, damit der Betroffene oder die Betrof-fene den Weg möglichst zurück in den ersten Arbeits-markt findet. All diese Instrumente sind sehr gezielteinzusetzen. Das werden wir tun. Angesichts dessenist Ihre Darstellung der Zuverdienstmöglichkeiten– ich sage es einmal vorsichtig – doch sehr verkürzt.

Sie sagen, wir wollten hinsichtlich der kommuna-len Verwaltung einen anderen Weg einschlagen. Dashaben wir getan. Klar, das ist ein Kompromiss. Wirwerden – ich finde das gut – jetzt im Wettbewerb, je-denfalls im Vergleich, feststellen, welches Systembesser ist, das kommunale oder die Arbeitsgemein-schaft, die in den meisten Städten und Kreisen ent-stehen wird.

Herr Professor Böhmer, Sie sagten vorhin, Sie er-warteten, dass die Kommunen wenigstens etwasmehr Arbeit anbieten könnten. Jawohl, Herr Profes-sor Böhmer, das wird möglich sein, und zwar in West-deutschland wie in Ostdeutschland. Ich will Ihnenauch sagen, wie ich mir das vorstelle. Es gibt in ganzDeutschland viele gesellschaftliche Aufgaben – beiIhnen in Ostdeutschland, in Westdeutschland, inNorddeutschland und in Süddeutschland.

Im Übrigen, was die Betrachtung von Ostdeutsch-land angeht, so bin ich inzwischen auch sehr oft inOstdeutschland unterwegs und sehe, welche Unter-schiede bestehen. Ich glaube nicht, dass Sie es nochlange durchhalten können – erst recht nicht Sach-sen –, immer nur von Ostdeutschland zu reden. Wirmüssen gezielter über das sprechen, was in Dresden,in Jena, in Leipzig oder anderenorts geschieht.

Wir haben überall in Deutschland viele gesell-schaftliche Aufgaben, die bisher nicht wahrgenom-men werden. Nehmen Sie die Kinderbetreuung: Dienicht ausreichende Kinderbetreuung ist eine derHauptursachen dafür, dass die Arbeitslosigkeit vonFrauen mit Kindern so hoch ist.

Nehmen Sie die Bildungsangebote in den Schulen:Wir versuchen, überall Ganztagsbetreuung aufzu-bauen. Gibt es dafür genügend qualifizierte Lehre-rinnen und Lehrer? Gilt das für die Ganztagsschulen,für die Berufsschulen nicht in besonderer Weise? Esgibt in Deutschland 70 000 arbeitslose Ingenieure,aber es gibt in den Berufsschulen nicht genug Tech-

Bundesminister Wolfgang Clement

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Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 337

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)nikunterricht und naturwissenschaftlichen Unter-richt. Befindet sich unter den 70 000 arbeitslosen In-genieuren keiner, der dort eingesetzt werden kann?

Wir haben einen Mangel in der Pflege und Betreu-ung von alten Menschen. Dort besteht ein gewaltigerBedarf an Arbeitskräften, den man nicht hoch genugveranschlagen kann.

Ich nenne als weitere Beispiele Nachbarschafts-dienste, die Pflege der Umwelt und von Ge-meinschaftsanlagen sowie Arbeitsplätze, die bishervon Zivildienstleistenden eingenommen wurden. Esgibt in Deutschland zurzeit 60 000 unbesetzte Zivil-dienststellen. Wir haben 250 000 arbeitslose Akade-miker. Wir haben, wie gesagt, 70 000 arbeitsloseIngenieure. Wir haben 30 000 arbeitslose Erzieherin-nen und Erzieher. Wir schätzen, dass die Zahl derunbesetzten Stellen allein in diesen Sektoren beietwa 300 000 liegt. Selbstverständlich werden wirdiese 300 000 Arbeitsplätze besetzen.

Herr Professor Böhmer, wir können erst tätig wer-den, nachdem das Gesetz verabschiedet worden ist.Deshalb bitten wir zurzeit alle kommunalen Beschäf-tigungsgesellschaften weiterzumachen und sagen ih-nen zu, dass sie weitergeführt werden. Wir bitten dieBeschäftigungsgesellschaften der Wohlfahrtsver-bände weiterzumachen, da wir die Arbeitsplätzebrauchen, die von ihnen angeboten werden. Ich kannalle Stiftungen und Einrichtungen nur bitten weiter-zumachen und solche Beschäftigungsmöglichkeitenzu schaffen; denn wir werden sie brauchen.

Selbstverständlich – das wissen wir auch – werdennicht alle bisherigen Sozialhilfeempfänger, die in dieArbeitsvermittlung aufgenommen werden, sofort ei-nen Arbeitsplatz im ersten Arbeitsmarkt finden, son-dern dazu brauchen wir andere Möglichkeiten. Diesebieten wir an.

Auf ein Letztes, das bisher noch keine Rolle ge-spielt hat, möchte ich aufmerksam machen. Sie sa-gen, das sei nichts für Ostdeutschland. Wir haben imGesetz vorgesehen – dies ist eine gesetzliche Ver-pflichtung –, dass jeder heute arbeitslose jungeMann und jede heute arbeitslose junge Frau unter25 Jahren ein Angebot bekommt – in Ostdeutsch-land, in Westdeutschland, in Norddeutschland und inSüddeutschland. In Deutschland erhalten 250 000junge Leute Sozialhilfe. Jeder von ihnen wird ein An-gebot bekommen: auf einen Ausbildungsplatz, eineberufsvorbereitende Maßnahme, eine schulischeMaßnahme, ein Sprachen-Traineeprogramm oderÄhnliches. Allerdings sind wir darauf angewiesen,dass diese Angebote auch angenommen werden.Sollte dies nicht der Fall sein – was ich aber nichthoffe und nicht vermute –, werden entsprechendeSanktionen greifen.

Ich möchte eine Bitte an die Ministerpräsidenten, andie Verantwortlichen in den ostdeutschen Ländernrichten und hoffe, dass dies noch etwas nutzt: Ichdenke, dass es ein Fehler ist, wenn Sie die Chancen,die dieses Gesetz bietet, nicht nutzen. Dies sind Chan-cen für sehr viele Menschen in Ostdeutschland wie inWestdeutschland. Ich meine – darin werden Sie mir

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nicht nur grundsätzlich zustimmen –, wir dürfen mitder bisherigen Arbeitsmarktpolitik nicht fortfahren.Niemand kann das verantworten. Nun besteht dieChance, zu einer Veränderung zu kommen. MeineBitte ist es, dass wir diese Chance gemeinsam nutzen.

Anschließend wird es darum gehen, dass darausauch wirklich Arbeitsmarktpolitik gemacht wird. Na-türlich bewirkt ein Gesetz nicht alles, was notwendigist. Wir brauchen, wie gesagt, eine Wachstumspolitik,wir müssen Unsicherheiten auf Seiten der Wirtschaftbeseitigen. Aber Gott sei Dank haben wir eine etwasbessere Entwicklung vor uns, als es noch vor einigerZeit schien.

Die Frage, die wir beantworten müssen, lautet: Ge-lingt uns die Wende am Arbeitsmarkt, gelingt uns einAufbruch am Arbeitsmarkt? Er gelingt uns, wenn wirwirtschaftliches Wachstum in Deutschland haben. Ergelingt uns, wenn die Unternehmen beispielsweise inder Berufsausbildung Verantwortung zeigen, wie derPräsident des Deutschen Industrie- und Handelskam-mertages, B r a u n , es getan hat, indem er denAusbildungspakt abgeschlossen hat, der sich bereitspositiv auszuwirken beginnt. Er gelingt uns, wenn dieArbeitsagenturen, die Kommunen, die kommunalenBeschäftigungsgesellschaften und andere Beschäfti-gungsmöglichkeiten in Deutschland mobilisiert wer-den und wenn jeder und jede von uns daran mitwirkt.

Der Aufbruch am Arbeitsmarkt wird sich nicht vonheute auf morgen vollziehen, aber er wird gelingen;wie ich hoffe, zuallererst bei den jungen Leuten, de-nen gegenüber wir verantwortlich sind. Dabei gehtes, wie ich schon oft gesagt habe, darum, dass wir derhohen Arbeitslosigkeit den Nachwuchs entziehenund alles daransetzen, die Jugendarbeitslosigkeit inDeutschland zu überwinden. Das ist ein Ziel, mitdem wir auch in Europa anders als sonst, wenn es umden Arbeitsmarkt geht, auf uns aufmerksam machenkönnten. Damit könnten wir für Europa ein Beispielgeben. Unser Ehrgeiz sollte es sein, jungen Leutenmit der Berufsausbildung sowie mit anderen Mittelnund Angeboten den Weg in eine berufliche Zukunftzu eröffnen. – Ich danke Ihnen sehr.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Das Gesetz ist zu-stimmungsbedürftig. Ich frage daher: Wer stimmtdem Gesetz in der Fassung des Vermittlungsaus-schusses zu? – Das ist die Mehrheit.

Der Bundesrat hat dem Gesetz zugestimmt.

Die von den Ländern Nordrhein-Westfalen undSchleswig-Holstein beantragte und zurückgestellteEntschließung in Drucksache 339/2/04 ist erledigt.

Punkt 76:

Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zu-wanderung und zur Regelung des Aufenthaltsund der Integration von Unionsbürgern undAusländern (Zuwanderungsgesetz) (Druck-sache 528/04)

Bundesminister Wolfgang Clement

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)Auch dieses Gesetz kommt aus dem Vermittlungs-

ausschuss zurück. Zur Berichterstattung erteile ichHerrn Ministerpräsidenten Müller (Saarland) dasWort.

Peter Müller (Saarland), Berichterstatter: Herr Prä-sident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!Der vorliegende Gesetzesbeschluss beruht auf einemGesetzentwurf der Bundesregierung. Der Bundesrathatte dem Gesetz in seiner Sitzung vom 20. Juni 2003die Zustimmung verweigert. Daraufhin hat die Bun-desregierung den Vermittlungsausschuss angerufen,der im September 2003 eine Arbeitsgruppe einsetzte.Die Arbeitsgruppe hat intensiv beraten und konnte inder Mehrzahl der ursprünglich strittigen Punkte eineEinigung erzielen.

Nach den Gesprächen zwischen den Parteivorsit-zenden und dem Bundeskanzler wurden der Bundes-minister des Innern, der Staatsminister des Innerndes Freistaates Bayern und ich selbst mit der weite-ren Formulierung des Gesetzestextes beauftragt. Dergemeinsame Vorschlag fand im Vermittlungsaus-schuss am 30. Juni 2004 sowie im Deutschen Bundes-tag am 1. Juli 2004 breite Unterstützung.

Ziel des Gesetzes ist die umfassende Reform desAusländerrechts durch Regelungen zur Zuwande-rung und zur Integration. Der Vorschlag des Vermitt-lungsausschusses sieht im Vergleich zum Gesetzes-beschluss des Bundestages eine Reihe vonÄnderungen vor. Insbesondere sind die folgenden zunennen:

Das nach § 20 vorgesehene Punktesystem entfällt.

Der Anwerbestopp wird für Hochqualifizierte ge-lockert.

Sicherheitsrechtlich kann eine Ausweisung bereitsauf Grund einer auf Tatsachen gestützten Gefahren-prognose erfolgen.

Schleuser sind bei einer Verurteilung zu einer Frei-heitsstrafe ohne Bewährung zwingend auszuweisen.

Die Ausweisung von Unterstützern terroristischerVereinigungen, Leitern verbotener extremistischerOrganisationen und Hasspredigern wird erleichtert.

In Fällen, in denen bestehende Ausweisungsverfü-gungen oder Abschiebungsanordnungen nicht voll-zogen werden können, besteht die Möglichkeit, um-fangreiche Meldepflichten, Kommunikationsverboteund Aufenthaltsbeschränkungen gegenüber Auslän-dern anzuordnen.

Die Regelanfrage beim Verfassungsschutz erfolgtkünftig auch vor der Erteilung einer Niederlas-sungserlaubnis.

Der Schutz nichtstaatlich und geschlechtsspezi-fisch Verfolgter wird an die europarechtlichen An-forderungen angepasst. Den Ländern wird die Mög-lichkeit eröffnet, im Rahmen einer Härtefallklauseleigenständige Regelungen zu treffen.

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Die Integration der Neuzuwanderer und auch derso genannten Bestandsausländer wird gesetzlich ge-regelt.

Das Vermittlungsverfahren war eines der langwie-rigeren Verfahren. Im Ergebnis hat es zu Änderun-gen des Gesetzes geführt, die von einem breitenKonsens getragen sind. Darüber ist heute im Bundes-rat abschließend zu beraten.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Ich komme zu den Wortmeldungen und darf HerrnMinisterpräsidenten Müller (Saarland) erneut dasWort geben.

Peter Müller (Saarland): Herr Präsident! Meine sehrverehrten Damen und Herren! Das Gesetz in der Fas-sung des Vermittlungsausschusses beinhaltet einegroße Zahl weit reichender Neuregelungen des Zu-wanderungsrechts in der Bundesrepublik Deutsch-land. Es stellt im Ergebnis eine deutliche Verbesse-rung im Vergleich zum Status quo dar und hat nachdem Gang der bisherigen Debatten die Chance aufbreite Zustimmung.

Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses stellteinen Kompromiss dar. Er trägt deshalb auch die We-senszüge eines Kompromisses. Das heißt: Alle an derDiskussion Beteiligten haben ihre Bereitschaft unterBeweis gestellt, von ihnen vertretene Positionen imInteresse einer gemeinsamen Lösung im Einzelfallzurückzustellen.

Das Verfahren war langwierig. Dies ist an der ei-nen oder anderen Stelle durchaus kritisch begleitetworden. Aber ich darf in diesem Zusammenhang aufzwei Dinge hinweisen, meine sehr verehrten Damenund Herren.

Erstens. Im Zuge der Gespräche im Vermittlungs-ausschuss sind weit reichende Änderungen des Ge-setzes vereinbart worden. Dies war nur auf der Basisintensiver Beratungen möglich. Am Ende der Bera-tungen steht ein Gesetz, das sich an dem orientiert,was typischerweise Regelungsbestand von Zuwande-rungs- und/oder Einwanderungsgesetzen auf dieserWelt ist. Alle Einwanderungsgesetze, die wir kennen,sind nicht in erster Linie Gesetze im Interesse derEinwanderer, im Interesse der Zuwanderer, sondernGesetze im Interesse der aufnehmenden Staaten. Inihnen definieren die aufnehmenden Staaten, in wel-chem Umfang die Möglichkeit zur Aufnahme vonMenschen besteht und nach welchen Kriterien dieAufnahme dieser Menschen stattfindet. Damit sindalle Zuwanderungsgesetze der Welt Zuwanderungs-begrenzungsgesetze. Nach der intensiven Debatte,die wir geführt haben, können wir feststellen, dassder vorliegende Kompromiss genau dem Rechnungträgt. Auch das in der Fassung des Vermittlungsaus-schusses vorliegende Gesetz ist ein Einwanderungs-begrenzungsgesetz.

Zweitens hat dieses langwierige Verfahren zu derChance geführt, das Gesetz mit breiter politischerAkzeptanz zu versehen. Es wird von allen wesentli-

Präsident Dieter Althaus

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Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 339

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)chen Gruppierungen des politischen Spektrumsmehrheitlich inhaltlich vertreten. Deshalb glaube ichfeststellen zu können: Es ist allemal besser, nach ei-ner langen Diskussion ein gutes Gesetz auf der Basiseiner breiten Mehrheit zu beschließen, als nach einerkurzen Diskussion eine knappe Mehrheit für einschlechtes Gesetz im Beschlusswege herbeizuführen.

Das Gesetz trägt im Wesentlichen vier ZielenRechnung, die zentrale Zielsetzungen jeder Zuwan-derungsregelung sein müssen:

Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzungder Zuwanderung in der Bundesrepublik Deutsch-land.

Das Gesetz trägt den humanitären Verpflichtun-gen, zu denen wir uns bekennen und die uns vor demHintergrund unserer eigenen Geschichte heilig seinmüssen, Rechnung.

Das Gesetz berücksichtigt die legitimen Eigeninte-ressen der Bundesrepublik Deutschland.

Das Gesetz bekennt sich zum notwendigen Zusam-menhang von Zuwanderung und Integration.

Unter diesen Gesichtspunkten sind die einzelnenBereiche geregelt. Ich will dazu wenige Bemerkun-gen machen.

Im Bereich der Arbeitsmigration verbessert dasGesetz die Position der Bundesrepublik Deutschlandim weltweiten Wettbewerb um die besten Köpfe. ImBereich der Höchstqualifizierten schaffen wir dieMöglichkeit, sehr schnell, sehr unbürokratisch undsehr weit reichend Daueraufenthaltsrechte zu ge-währen. Diese Regelungen sind großzügiger gestal-tet als in klassischen Einwanderungsländern. Ichglaube, dass dies richtig ist. Richtig ist allerdingsauch, dass sich der weltweite Wettbewerb um diebesten Köpfe nicht nur am Aufenthaltsrecht entschei-den wird. Er wird sich im Hinblick auf die Möglich-keiten zur Ausübung von Wissenschaft und For-schung entscheiden, und er wird sich an denökonomischen Rahmenbedingungen entscheiden,die ein Land bietet.

Darüber hinaus hält das Gesetz – ich meine, dies istrichtig – am Prinzip des Anwerbestopps fest. Vordem Hintergrund einer Arbeitslosenzahl von weitüber 4 Millionen und der Tatsache, dass nicht auszu-schließen ist, dass die Arbeitslosenzahl in absehbarerZukunft, im kommenden Winter, sogar die 5-Millio-nen-Grenze erreicht, ist es nicht vermittelbar undauch nicht vertretbar, den Arbeitsmarkt für Zuwan-derung zu öffnen, wenn nicht alle Möglichkeiten aus-genutzt worden sind, die Arbeitsplätze denjenigenzur Verfügung zu stellen, die sich bereits in der Bun-desrepublik Deutschland aufhalten und keinenArbeitsplatz haben. Daher war es richtig, den Anwer-bestopp, der unter Willy B r a n d t bei einer Ar-beitslosenquote von 1,6 % eingeführt wurde, fortzu-schreiben.

Ersatzlos entfallen ist das Punktesystem, das nachdem Gesetzentwurf ein Instrument der angebotsori-entierten Steuerung der Zuwanderung ist. Dafür be-

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steht bei der derzeitigen Situation auf dem Arbeits-markt sicherlich keine Notwendigkeit.

Im Bereich der humanitären Zuwanderung ist esmit dem vorliegenden Gesetz gelungen, eine Harmo-nisierung der nationalen Regelungen mit dem euro-päischen Recht herbeizuführen. Dabei hat sich daseuropäische Recht in diesem Bereich während derDebatte des Vermittlungsausschusses fortentwickelt.Dass diese Fortentwicklung möglich war, war auchein Ergebnis des Vermittlungsverfahrens und derVereinbarungen, die wir dort getroffen haben. Ichmeine, damit sind Regelungen gefunden worden, diedas Zuwanderungsrecht in der BundesrepublikDeutschland unter humanitären Gesichtspunktenvorbildlich ausgestalten.

Ein neues Instrument ist die Möglichkeit, Härte-fallkommissionen in den Ländern zu bilden. Darüberbestand Übereinstimmung. Ich meine, dies ist für denGesetzgeber zu markieren, weil bei der Auslegungdes Gesetzes durch die Gerichte dieser Gesichts-punkt eine Rolle spielen wird. Dabei ist darauf hinzu-weisen, dass es gemeinsamer Wille ist, dass dieHärtefallregelung nicht zur Eröffnung neuer, lang-wieriger Gerichtsverfahren führen darf. Die Justizia-bilität der Härtefallregelung entspricht nicht demWillen des Gesetzgebers. Ich will dies hier deutlichsagen, weil ich davon ausgehe, dass bei der Interpre-tation des Gesetzes der Wille des Gesetzgebers ein-deutig markiert werden muss.

Natürlich gehört auch die Sicherheit zwingend zueiner Gesamtregelung der Zuwanderung. Deshalbwar es richtig, dass die Änderungsbegehren zu demGesetzentwurf der Bundesregierung von Anfang anin einem erheblichen Umfang auch Fragen derSicherheit betroffen haben. Wir können heute fest-stellen, dass eine ganze Reihe von Regelungen ver-einbart worden sind, die Gewähr dafür bieten, dassdie Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland imRahmen der Zuwanderung besser berücksichtigtwird, als dies nach der geltenden Rechtslage der Fallist. Ich will nicht auf die Einzelfälle eingehen – Hass-prediger, Schleuser, Sicherheitsgefährder, das neueInstrument der Abschiebungsanordnung.

Insgesamt bin ich fest davon überzeugt, dass diesein notwendiger Teil der Regelung ist. Gerade vordem Hintergrund neuer Sicherheitsbedrohungen,vor dem Hintergrund neuer Herausforderungen, aufdie wir zu reagieren haben, war es richtig, Instru-mente zu schaffen, die sicherstellen, dass die Gefahr,dass Personen zu uns kommen, von denen das Risikovon Straftaten, von Gewalttaten ausgeht, auf ein Min-destmaß begrenzt wird, und gleichzeitig Strukturenzu entwickeln, um diese Personen, falls sie bereits inder Bundesrepublik Deutschland aufhältig sind, ausdem Land auszuweisen oder, ist uns eine Auswei-sung, eine Vollziehung der Abschiebung, nicht mög-lich, jedenfalls die Möglichkeit zu haben, ihren Auf-enthalt und ihre Kommunikation zu kontrollieren.

Schließlich und endlich beinhaltet das Gesetz ei-nen erheblichen Fortschritt im Bereich der Integra-tion. Dies gilt nicht nur für die Integration derjeni-gen, die künftig zu uns kommen; auch die Integration

Peter Müller (Saarland)

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)derjenigen, die zu uns gekommen sind, aber bishernicht hinreichend integriert sind, wird durch die Re-gelungen des Gesetzes erleichtert und besser mög-lich.

In diesem Zusammenhang ist anzuerkennen, dasssich der Bund am Ende der Diskussion bereit erklärthat, die Kosten der Integrationskurse zu überneh-men, nicht nur für die Neuzuwanderer, auch für dieBestandsausländer. Aus der Sicht der Länder ist al-lerdings anzumerken, dass uns dies eine faire Kos-tenverteilung zu sein scheint, müssen doch nach wievor die Hauptlasten der Integration – die Zurver-fügungstellung sozialer Transferleistungen, die Zur-verfügungstellung von Wohnraum, die Zurver-fügungstellung von Kindergartenplätzen oder vonSchulplätzen – von den Ländern geleistet werden.

Insgesamt also ist dies eine Regelung, die – mit al-len Elementen eines Kompromisses ausgestattet –eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Statusquo darstellt und deshalb zustimmungsfähig ist.

Das Gesetz ist in der jetzt vorliegenden Form als„historische Zäsur“ bezeichnet worden. Ich teilediese Einschätzung nicht. Ich glaube nicht, dass die-ses Gesetz eine historische Zäsur darstellt.

Erstens: An der Ausgangssituation, der die Rege-lungen des Gesetzes zu Grunde liegen, hat sichnichts geändert. Deutschland war in der Vergangen-heit Zuwanderungsland, Deutschland ist Zuwande-rungsland, Deutschland wird auch in der ZukunftZuwanderungsland bleiben.

Zweitens: Dieses Gesetz ist sicherlich nicht derAufbruch der Bundesrepublik Deutschland in einemultikulturelle Einwanderungsgesellschaft; im Ge-genteil und sinnvollerweise ist es ein Gesetz, das aufvernünftige Art und Weise die Zuwanderung in dieBundesrepublik Deutschland steuert und begrenzt.

Drittens: Das Gesetz bedeutet nicht das Ende derDebatte um Zuwanderung, weil es nach wie vor eineReihe von Fragen gibt, die im Gesetzgebungsverfah-ren nicht abschließend beraten und nicht befriedi-gend gelöst werden konnten. Ich will nur wenige Ge-sichtspunkte nennen.

Ich glaube, dass wir ergänzenden Diskussionsbe-darf im Bereich der Sicherheit haben. Dazu gibt esauch Vorstellungen und Gedanken des Bundesinnen-ministers selbst, die im Gesetzgebungsverfahrennicht mehr umgesetzt werden konnten. Ich denkeetwa an die Frage der Sicherungshaft; hier gibt esweiteren Diskussionsbedarf. Das ist bereits breitflä-chig bestätigt worden.

Zweitens: Es ist uns nicht gelungen, in dem jetztvorliegenden Gesetz den Kindernachzug wirklich in-tegrationsorientiert auszugestalten. Wenn wir denKindernachzug so ausgestalten wollen, dass die Kin-der, die zu uns kommen, eine gute Chance auf dauer-hafte Integration haben, brauchen wir einen Anreizdafür, dass sie in einem Alter zu uns kommen, in demes noch möglich ist, die Schule zu besuchen, einenSchulabschluss zu erwerben und auf dieser Grund-

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lage eine gute Ausbildungs- und Berufsperspektivezu haben.

Ich meine, dass ergänzender Diskussionsbedarf beider Ausgestaltung unserer Gerichtsverfahren be-steht. Hier gibt es eine Reihe von Verkürzungsmög-lichkeiten, von denen wir bisher nicht Gebrauch ge-macht haben.

Ergänzenden Diskussionsbedarf gibt es auch beider Ausgestaltung des Asylbewerberleistungsgeset-zes.

Ich fasse zusammen:

Das vorliegende Gesetz stellt eine deutliche Ver-besserung im Vergleich zum geltenden Recht dar. Esist ein Kompromiss, und Kompromisse sind dadurchgekennzeichnet, dass jede Seite ein Stück weit Ab-striche von den eigenen Vorstellungen hinnimmt.Das ist keiner Seite leicht gefallen.

Deshalb möchte ich mich bei allen bedanken, diein diesem langwierigen Prozess bereit waren, immerwieder einigungsorientiert zu verhandeln, und dieletztlich erfolgreich gewesen sind. Das gilt für dieVertreter der Länder in der Arbeitsgruppe des Ver-mittlungsausschusses, das gilt für die Vertreter desBundestages in der Arbeitsgruppe des Vermittlungs-ausschusses, das gilt für den Bundesinnenminister,der ein immer einigungsorientierter, fairer – wenn-gleich aus unserer Sicht bisweilen arg hartnäckiger –Gesprächspartner war.

Ich glaube, dass wir heute ein Gesetz beschließenkönnen, das zeigt, dass Demokraten in der Lage sind,auch in schwierigen Fragen, von durchaus unter-schiedlichen Ausgangspunkten kommend, Rege-lungen zu finden, die die politische Debatte nichtverändern, gleichwohl die Rechtslage wesentlichverbessern.

Ich werde dem Gesetz zustimmen und bitte auchum Ihre Zustimmung.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Herr Staatsminister Zuber (Rheinland-Pfalz).

Walter Zuber (Rheinland-Pfalz): Sehr geehrter HerrPräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!Die wenigsten haben geglaubt, dass es noch gelin-gen würde, nach monatelangem Ringen in der Ar-beitsgruppe des Vermittlungsausschusses mit demheute zur Verabschiedung anstehenden Gesetz ei-nen Kompromiss zu finden, der allen politischen In-tentionen Rechnung trägt.

Wenn man die Historie dieses Gesetzes Revue pas-sieren lässt, muss man feststellen, dass wir letztlichdie Vernunft über parteipolitische Überlegungen ha-ben siegen lassen. Meines Erachtens wurde ab undzu in der Öffentlichkeit zu Recht bezweifelt, ob diePolitik noch handlungsfähig ist. Auch ich als Mit-glied der Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschus-ses empfand die Diskussion an der einen oder ande-ren Stelle etwas befremdlich; schließlich haben wirmit diesem Gesetz ein Stück weit über das Schicksal

Peter Müller (Saarland)

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Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 341

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)von Menschen, nicht zuletzt von Kindern, entschie-den.

Die gefundenen Regelungen tragen der stärkerenIntegration von Ausländern ebenso Rechnung wieden Interessen von Wirtschaft, Wissenschaft und For-schung in Bezug auf hoch qualifizierte Arbeitskräfte.Darüber hinaus wurden die humanitären Standardssowie die Wahrung der berechtigten Sicherheitsinte-ressen der Bevölkerung verbessert.

So wie Herr Kollege Beckstein gegenüber der„Süddeutschen Zeitung“ am 18. Juni 2004 gesagthat, „so ein Gesetz hätte die Union in der Regie-rungszeit K o h l s zusammen mit der FDP nicht hin-gekriegt“, können, glaube ich, alle Beteiligten sehrzufrieden sein. Ich möchte nicht nur Herrn Bundes-innenminister Otto Schily sehr herzlich Dank sagen,auch für seine große Geduld, was dieses Gesetz an-belangt, ich möchte auch Ihnen, sehr geehrter HerrMinisterpräsident Müller, herzlich danken für IhreVerhandlungsleitung und die immer erkennbare Ab-sicht, das Gesetz zu einem Erfolg werden zu lassen.

Soweit Herr Kollege Beckstein aber ausführte, dassaus dem ursprünglich geplanten multikulturellenEinwanderungsgesetz ein Gesetz zur effizientenSteuerung und Begrenzung der Zuwanderung aufein verträgliches Maß geworden sei, muss ich wider-sprechen. Es war stets die Absicht, Zuwanderungnach bestimmten Kriterien zu qualifizieren und zusteuern und der demografischen Entwicklung inso-weit Rechnung zu tragen, als man für eine entspre-chende Einwanderung Mechanismen über ein mo-dernes Gesetzeswerk bereithält.

Ich möchte dies ein Stück weit damit belegen, dassich bereits am 10. März 1997, also vor mehr als sie-ben Jahren, gemeinsam mit meinem damaligen Kol-legen Peter C a e s a r , unserem leider zu früh ver-storbenen Justizminister, den rheinland-pfälzischenEntwurf für ein Zuwanderungssteuerungs- und Inte-grationsgesetz der Öffentlichkeit vorgestellt habe.Darüber ist auch im Bundesrat gesprochen worden.Ziel des Entwurfs war es, von der Zuwanderung indie sozialen Systeme in eine Zuwanderung der Bei-tragszahler umzusteuern und gleichzeitig den Zu-wanderern eine Integrationsleistung abzuverlangen.Noch heute bedeutet dabei Integration für mich dasSicheinfügen in eine Gesellschaft, wie sie unserGrundgesetz mit seinen Werten und Zielen und de-ren Ausgestaltung in Gesetzgebung und Rechtspre-chung darstellt.

Wir hatten uns damals vorgestellt, dass im Rahmenvon festzusetzenden Quoten nur diejenigen zuwan-dern sollten, die den Nachweis führen könnten, ihrenLebensunterhalt einschließlich eines ausreichendenKrankenversicherungsschutzes aus eigener Erwerbs-tätigkeit oder eigenem Vermögen bestreiten zu kön-nen. Der Zuwanderer sollte an integrationsfördern-den Maßnahmen – z. B. Sprachkursen – und einemAngebot im Rahmen der politischen Bildung teilneh-men. Für die Finanzierung dieser Kosten sollte derAusländer grundsätzlich selbst aufkommen.

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Wir hatten noch Regelungen zur Änderung desStaatsangehörigkeitsrechts vorgeschlagen, die mitt-lerweile, wie Sie alle wissen, Gesetz geworden sind.

Wir hatten – das war uns wichtig – auch eine Zu-wanderung im Rahmen einer so genannten humani-tären Quote vorgesehen. Dabei war an Bürgerkriegs-flüchtlinge gedacht, aber auch an solche Verfolgte,die sich nicht auf das Recht auf politisches Asyl hät-ten berufen können.

Diese Grundzüge hat übrigens die FDP-Fraktionim Deutschen Bundestag in zwei Gesetzentwürfen inder letzten und in dieser Legislaturperiode dankens-werterweise übernommen. Ich möchte auch den An-teil des FDP-Vertreters im Vermittlungsausschussbzw. in der Arbeitsgruppe besonders dankbar he-rausstellen.

Meine Damen und Herren, ich habe unseren dama-ligen Gesetzentwurf, den Sie übrigens in der Bundes-ratsdrucksache 180/97 nachlesen können, nur des-halb hier erwähnt, weil ich denke, dass auch nachüber sieben Jahren und einer sehr verdienstvollenund dankenswerten Beratungstätigkeit durch Sach-verständigengremien die wesentlichen Zielsetzun-gen des rheinland-pfälzischen Entwurfs in demheute zu verabschiedenden Gesetz wiederzufindensind. Dabei verkenne ich nicht, dass ein Grundanlie-gen, nämlich die Zuwanderung in die Schar der Bei-tragszahler, mit dem vorliegenden Gesetz – nimmtman einmal die Regelung für Hochqualifizierte bei-seite – nur bedingt erreicht wurde. Ich verkenne aberauch nicht, dass angesichts der sozialen Situation inder Bundesrepublik Deutschland und der Situationauf dem Arbeitsmarkt die in unserem Gesetzentwurfvorgesehene variable Zuwanderungsquote heute, imJahre 2004, wohl gegen null tendieren würde.

Es gibt einen wichtigen Unterschied: Mit dem vor-liegenden Gesetz schließen wir Zuwanderung in denArbeitsmarkt – die Hochqualifizierten ausgenom-men – weitgehend aus. Manche in der Verhand-lungskommission hätten sich das mit Rücksicht aufdie demografische Entwicklung etwas flexibler ge-wünscht. Aber was nicht ist, kann noch werden, ins-besondere nach Auslaufen der entsprechenden Über-gangsregelungen im Rahmen der EU-Erweiterung.

Was die Zuwanderung aus humanitären Gründenbetrifft, so finden sich in dem heute zu verabschie-denden Gesetz akzeptable Lösungen, wenn ich andie Ausweitung der Fluchtgründe wie geschlechts-spezifische Verfolgung, Verfolgung durch politischeGruppen und anderes denke. Auch die Möglichkeit,in bestimmten Fällen mit Hilfe einer Härtefallkom-mission vollziehbar Ausreisepflichtigen auf humaneArt zu helfen, ist ein bedeutender Fortschritt. DenLändern, die hierbei Pionierarbeit geleistet haben,sei besonderer Dank gewidmet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich per-sönlich hätte mir eine summarische Bleiberechts-regelung in dem Gesetz gewünscht. Dabei denke ichan Flüchtlingsfamilien, die sich hier vor vielen Jah-ren eine eigene Existenz aufgebaut haben, deren

Walter Zuber (Rheinland-Pfalz)

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)Kinder hier zur Schule gehen und die ihren Lebens-mittelpunkt bei uns gefunden haben. Jeder von unskennt solche Fälle. Es gibt wohl kaum eine Politike-rin oder einen Politiker, die bzw. der sich nicht schonfür solche Menschen eingesetzt hätte. Aus diesemGrunde bedauere ich den Umstand, dass sich einigein der öffentlichen Diskussion aus politischen Grün-den gegen so genannte Altfallregelungen wehren,sich aber wenige Tage oder Wochen später inPetitionen für das Verbleiben einer Familie in ihremWahlkreis aussprechen. Eine solche Regelung wärenicht nur aus humanitären, sondern auch ausverwaltungstechnischen Gründen sinnvoll gewesen.Aber vielleicht schaffen wir in einer der nächsten In-nenministerkonferenzen noch eine praktikablepauschale Lösung. Gestern hat das leider nichtfunktioniert; es ging um ethnische Minderheiten ausdem Kosovo, die zum Teil seit zehn, zwölf Jahren beiuns leben und der Allgemeinheit nicht zur Last fal-len.

Damit will ich es mit der kritischen Betrachtungdes vorliegenden Gesetzes auch schon gut sein las-sen.

Ich möchte hervorheben, dass es gelungen ist, derVerantwortung für die innere Sicherheit unseres Lan-des gerecht zu werden und ein umfassendes undwohl ausgewogenes Sicherheitspaket in das Gesetzeinzufügen. Darauf haben die Menschen in unseremLande Anspruch.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ab-schließend feststellen: Das Gesetz ist ein typischesProdukt deutscher Politik. Es ist das Ergebnis einespolitischen Systems, das, wenn es funktionieren soll,zum Kompromiss, zum Konsens zwingt. Wenn wiruns fragen, wie viele Kompromisse in dem Gesetzstecken, sind folgende zu nennen: die Einigung in-nerhalb der Bundesregierung, die zu dem Entwurf imJahr 2001 geführt hatte, Kompromisse innerhalb vonBündnis 90/Die Grünen, der SPD und der Union, zwi-schen der bayerischen Staatskanzlei und der CSU-Bundestagsgruppe, zwischen den Ländern Bayern,Saarland und Hessen, um nur einige zu nennen. Wieviele Irrungen und Wirrungen waren in und nach derSitzung des Bundesrates vom März 2002 zu beste-hen! Dass uns jetzt ein Gesetz vorliegt, dem wir zu-stimmen können, ist nach dieser langen schwierigenVorgeschichte keine Selbstverständlichkeit, aberZeugnis unserer Fähigkeit zur Einigung.

Nicht das Alles oder Nichts bringt uns weiter, son-dern die Bereitschaft, aufeinander zuzugehen, undder Wille zur Einigung. Es gibt keinen Sieger undkeine Besiegten. Dieses Gesetz ist ein Gesetz derVernunft. Auf diesem Weg sollte man auch in ande-ren Bereichen weitergehen; denn nur das Vertrauender Menschen in eine handlungsfähige Politik wirduns dabei helfen, die anstehenden notwendigen Re-formen anzugehen.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Herr Minister Schönbohm (Brandenburg).

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Jörg Schönbohm (Brandenburg): Herr Präsident!Meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns liegtheute ein Gesetz vor, das hoffentlich den Abschlusseiner jahrelangen Auseinandersetzung bildet, die al-les aufbot, was Politik in Deutschland ausmacht:große öffentliche Anteilnahme und Debatten umDetailfragen, moralische Verurteilungen, Demonstra-tionen, diverse Kommissionen und schließlich vielfäl-tige Lösungsvorschläge, die in das Gesetz eingeflos-sen sind.

Es ist ein Kompromiss auf einer breiten Basis undmit der größtmöglichen demokratischen Legitima-tion. Wir können und müssen jetzt entscheiden.

Die Auseinandersetzung um die Zuwanderung botanschauliche Beispiele für das, was Politik inDeutschland eben auch ausmachen kann: Stim-mungsmache jenseits sachlicher Argumente, Taktie-ren und Ausnutzen einer vermeintlichen Position derStärke, bis schließlich die Karlsruher Verfassungshü-ter Klarheit geschaffen haben. Eine Geschichte mitLicht und Schatten also, aber in der Politik sollte mansich an den Ergebnissen orientieren. Ich meine, dasuns heute vorliegende Ergebnis kann sich sehen las-sen. CDU und CSU stehen gemeinsam zu diesemKompromiss.

Das Gesetz, das wir heute beschließen werden,hätte schon vor zwei Jahren beschlossen werdenkönnen; denn auf der denkwürdigen Bundesratssit-zung am 22. März 2002 hätten wir den Vermittlungs-ausschuss anrufen können. Ich möchte darauf gleicheingehen.

Damals wurden wir aber Zeugen einer einmaligenAuseinandersetzung, welche beinahe zum Bruch derbrandenburgischen Koalition geführt hätte – mit weitreichenden Folgen für mein Land. Das damalige Ge-setz sollte unmittelbar vor der Wahl im Land Sach-sen-Anhalt durchgesetzt werden, weil klar war, dasssich danach die Mehrheitsverhältnisse im Bundesratändern. Alle, die an jenem 22. März in diesem Hausewaren, können sich sicherlich noch gut daran erin-nern, wie der damalige thüringische Ministerpräsi-dent D r . V o g e l in höchster Erregung an dasMikrofon trat, um seinem Ärger über einen Miss-brauch des Bundesrates Luft zu verschaffen, wie erihn noch nicht erlebt habe. Das sagte jemand, derjahrzehntelang diesem Gremium angehört hatte. Esist interessant, das Protokoll vom 22. März nachzule-sen und die damals gehaltenen Reden mit dem, waswir heute beschließen, zu vergleichen. Meine per-sönliche Bilanz lautet: Es hat sich gelohnt.

Deshalb möchte ich noch einmal darauf hinweisen,dass die Diskussion jetzt, nach zwei Jahren, dorthinzurückgekehrt ist, wo sie schon damals hingehörthätte: in den Bundesrat. Wir haben gezeigt, dass derBundesrat entscheidungsfähig ist.

Der Vermittlungsausschuss ist kein Gremium fürspektakuläre politische Erfolge. Er ist ein Ort des zä-hen Ringens um Detailfragen. Er hat sich bewährtund wiederum ein gutes Ergebnis erzielt. DiesesVerfahren hilft bei der Suche nach guten Lösungenfür unser Land. Ich meine, auf diese Weise kann man

Walter Zuber (Rheinland-Pfalz)

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)zu Lösungen auch für andere schwierige Fragenkommen.

Ich möchte mich ausdrücklich bei Peter Müller undGünther Beckstein bedanken, die für die Union dieVerhandlungen geführt haben. Sie haben es verstan-den, die Position der Union so darzustellen, dass einErgebnis erzielt werden konnte, das wir mittragenkönnen.

Meine Damen und Herren, seit dem 22. März 2002hat sich im Bundesrat sehr viel geändert. Die Wahler-gebnisse in verschiedenen Bundesländern habendazu geführt, dass die Zusammensetzung heute eineandere ist. Es ist vollkommen klar, dass veränderteMehrheiten im Bundesrat zu veränderten Ergebnis-sen führen; wir haben ein verändertes Ergebnis voruns. Ich freue mich, dass sich die Argumente durch-gesetzt haben, die wir damals, am 22. März, hier er-örtert haben. Das zeigt, dass sich der mündige Bür-ger, der Wähler, durchsetzen kann, wenn er dieChance dazu hat. Dies ist Ausweis der Reife unseresparlamentarischen Systems.

Wenn davon gesprochen wird, dass es so lange ge-dauert hat, sage ich: Was lange währt, wird endlichgut. – Heute können wir das feststellen.

Ich habe am 22. März 2002 dargelegt, aus welchenGründen Brandenburg nicht zustimmen konnte. Pe-ter Müller ist auf diese Punkte eingegangen. LassenSie mich dazu einige wenige Bemerkungen machen:

Die Verhinderung der Zuwanderung in die Ar-beitslosigkeit, d. h. der Nachweis einer wirklichenArbeitsmigration, war für uns von entscheidenderBedeutung. Das haben wir gemeinsam erreicht. An-gesichts der insbesondere in den neuen Ländernherrschenden Massenarbeitslosigkeit wäre etwas an-deres nicht zu vermitteln gewesen.

Zum Zweiten haben wir die gerechte Verteilungder Integrationskosten gemeinsam erreicht. „Zu-wanderung begrenzen und Integration verbessern“war immer unser gesellschaftspolitischer Ansatz, deraber in der öffentlichen Diskussion häufig auf die Be-grenzung der Zuwanderung reduziert wurde.

Damit eröffnen sich Sanktionsmöglichkeiten fürIntegrationsverweigerer, z. B. bei Nichtteilnahme anIntegrationskursen. Herr Schily, ich habe mich sehrgefreut, als Sie das gefordert hatten. Nachdem ichvor sieben Jahren in Berlin etwas Ähnliches gefor-dert hatte, bin ich sehr hart angegriffen worden. DieDinge entwickeln sich.

Das Gesetz enthält eine Härtefallregelung statt ei-ner Härtefallkommission. Darüber bin ich sehrglücklich. Die Härtefallregelung ermöglicht es uns,Entscheidungen zu treffen, von denen wir der Auf-fassung sind, dass sie notwendig sind. Das darf aller-dings kein Misstrauensvotum gegenüber unserenRichterinnen und Richtern sein; das haben sie nichtverdient. Sie treffen nach Abwägung aller Möglich-keiten Entscheidungen im Einzelfall. Die Entschei-dungen der Gerichte – nichts anderes – sind dieGrundlage unseres Handelns. Ich freue mich, dasswir eine Härtefallregelung haben, auf deren Grund-

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lage wir in den Fällen, in denen sich die Situation vorOrt anders darstellt, anders entscheiden können.

Die nichtstaatliche und die geschlechtsspezifischeVerfolgung waren Prestigeanliegen, über die sehr in-tensiv debattiert wurde. Wir haben eine Regelunggefunden, die sich an der EU-Richtlinie orientiert.Wir bewegen uns damit unter dem Dach der GenferFlüchtlingskonvention. Damit können wir gut leben.

Es muss klar sein: Wer tatsächlich verfolgt ist, demwollen und müssen wir helfen. Dazu sind wir ver-pflichtet. Das entspricht dem Menschenbild unseresGrundgesetzes, das ein christliches Menschenbild ist.Das Zuwanderungsgesetz schafft die Voraussetzun-gen dafür, dass wir so handeln können. Gerade ge-genüber Verfolgten haben wir die Verpflichtung,diese Hilfe vor Missbrauch zu schützen. Das ermög-licht dieses Gesetz.

Neu aufgenommen worden ist der Sicherheits-aspekt. Auch bei diesem Punkt lagen wir anfangssehr weit auseinander. Ich sage mit gebührender An-erkennung: Hier hat sich die Bundesregierung er-heblich bewegt, so dass wir z. B. die Regelanfragebeim Bundesamt für Verfassungsschutz zumindestfür diejenigen, die dauerhaft hier bleiben wollen, er-reicht haben.

Wir hoffen, mit der Regelung zur Abschiebung vonTop-Gefährdern, Hasspredigern und Schleusernendlich über eine klare Handhabe gegen diese Leutezu verfügen. Wer das Gastrecht in dieser Weise miss-braucht, der verwirkt es.

Die Anschläge von Madrid sowie die Erkenntnisse,dass Deutschland vielen Terroristen als Ruhe- undPlanungsraum gedient hat und möglicherweise im-mer noch dient, haben die Rückkehr zur Vernunft be-wirkt. Die Anschläge auf Djerba und Bali haben dieBedrohung gezeigt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, in derRückschau kann ich nicht mehr erklären, warum wirnicht von Anfang an zu gemeinsamen Lösungen ge-kommen sind. Offensichtlich gab es Gründe, die stär-ker waren als die Fähigkeit zu gemeinsamen Lösun-gen, als der Weg der Vernunft.

Wir haben einen Kompromiss gefunden, der voneiner breiten politischen und gesellschaftlichenMehrheit getragen wird, wie es einem solch bedeu-tenden Gesetz angemessen ist. Schließlich geht esum zentrale humanitäre, wirtschaftspolitische und si-cherheitspolitische Fragen. Ein solches Gesetz mussvon den Menschen akzeptiert werden und deshalbauf einem breiten Fundament stehen. Dass dabei Ex-tremforderungen nicht durchsetzbar sind, liegt imWesen eines Kompromisses.

Wir haben mit dem Zuwanderungsgesetz viel er-lebt; aber unter dem Strich haben wir gemeinsamviel erreicht. Dabei hat sich die Vernunft weitgehenddurchgesetzt. Das ist gut für unser Land. Der Ver-gleich des vorliegenden Gesetzes mit den Reden, dieim März 2002 gehalten wurden, und mit dem, wasvorher eingebracht worden war, macht sehr deutlich,wo wir Dinge verändert haben. Ich meine, man kann

Jörg Schönbohm (Brandenburg)

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)sagen: Das Gesetz begrenzt die Zuwanderung ent-sprechend unseren Interessen. Es verbessert die Inte-grationsangebote und die Integrationsleistung. Damitträgt es zum inneren Frieden unserer Gesellschaftbei. Und es erhöht die Sicherheit unserer Bürger.

Das Land Brandenburg wird dem Gesetz zustim-men. Wir haben einen wichtigen Schritt zur Lösungder noch vor uns liegenden Aufgaben getan. – Herz-lichen Dank.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Frau Ministerin Werwigk-Hertneck (Baden-Würt-temberg).

Corinna Werwigk-Hertneck (Baden-Württemberg):Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die jahre-langen Bemühungen, Debatten und Verhandlungenhaben sich gelohnt. Zum 1. Januar 2005 werden wirendlich ein modernes Ausländer- und Integrations-recht bekommen, das ich, auch wenn ich mir einigeweitergehende Regelungen gewünscht habe, alsMeilenstein in der Geschichte unseres Landes be-zeichnen möchte; denn das neue Zuwanderungsge-setz ist insgesamt ein Zeichen für Weltoffenheit undIntegrationsbereitschaft in Deutschland – ohne fal-sche Romantisierung und ohne Verdrängung der Pro-bleme, die es zu lösen gilt.

Es wird eine transparente und bedarfsgesteuerteZuwanderung von ausländischen Fachkräften, ver-bindliche Integrationskurse nach dem Prinzip desFörderns und Forderns und eine Härtefallregelunggeben. Die Kettenduldungen werden abgeschafft.Der Flüchtlingsschutz wird im Bereich der ge-schlechtsspezifischen und nichtstaatlichen Verfol-gung erweitert, Sicherheitsaspekte werden berück-sichtigt, um weitere Verbesserungen gegenüber derheutigen Rechtslage zu nennen.

Mit dem Gesetz stellen wir uns der wirtschaftli-chen, gesellschaftlichen und politischen Notwendig-keit, Zuwanderung und Integration zu bejahen undzum Wohle unseres Landes aktiv zu gestalten.

Es waren auch konstruktive Vermittlungsvor-schläge der FDP, die immer wieder, selbst kurz vordem Scheitern der Gespräche, Brücken der Vernunftgebaut und damit auch zu der Einigung geführt ha-ben.

Mit diesem Gesetz nehmen wir aber auch Ab-schied von der Lüge, kein Einwanderungsland zusein. Es ist eine nicht zu übersehende Tatsache, dassin Deutschland alte und junge Menschen aus unter-schiedlichen Nationen mit unterschiedlichen Spra-chen, Kulturen und Religionen nebeneinander undmiteinander leben und arbeiten. Viele der Zuwande-rinnen und Zuwanderer sind fester Bestandteil derBevölkerung unseres Landes geworden und nehmenselbstverständlich an allen Bereichen des politischen,gesellschaftlichen und öffentlichen Lebens teil. Wirsind also ein faktisches Einwanderungsland, einekulturell, ethnisch und religiös vielfältige Gesell-schaft mit all ihren gegenseitigen Bereicherungen,

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Vorzügen und Chancen, aber auch ihren Problemenund den damit einhergehenden großen Herausforde-rungen.

Diese ethnische und kulturelle Vielfalt weckt frei-lich nicht nur Erwartungen, sondern ruft auch Be-fürchtungen hervor. Wir alle haben in den letztenJahren eine Beobachtung gemacht, die allgemeineGültigkeit zu haben scheint: Das Zusammenwachsender Welt ist gekennzeichnet durch soziale, politischeund kulturelle Umwälzungen, die tief in unseren All-tag, in unsere Biografien hineinreichen, auf die wirreagieren müssen, und zwar als Subjekte, als Gestal-ter des Prozesses, nicht als Getriebene, nicht alsseine Opfer.

Auf Gefühle der Unsicherheit oder gar Bedrohungreagieren Menschen unterschiedlicher kulturellerHerkunft offenbar ähnlich. Sie reagieren häufig mitdem Rückzug auf das Vertraute und Traditionelle, mitAbgrenzung oder Aggression gegen das Fremdeoder Andere, mit einem Hang zu vereinfachendenFeindbildern.

Nicht wenigen macht die rasante Entwicklung zurinterkulturellen, globalisierten Gesellschaft Angst,weil ihnen mit den bisherigen kulturellen Grenzenauch die Maßstäbe abhanden zu kommen drohen, andenen sie sich bisher orientierten. Vorurteile tun dasihrige dazu, Misstrauen und Abwehr gegen dasFremde und die Fremden zu schüren. Ohne viel da-rüber nachzudenken, erachtet man jeweils seine ei-genen Wertvorstellungen als selbstverständlich undrichtig.

Umso wichtiger ist es, dass wir politisch Verant-wortlichen nun aktiv für dieses Gesetz werben, Vor-urteile widerlegen und die Zusammenhänge von Zu-wanderung und Integration erläutern, damit wir auchin der Bevölkerung größtmögliche Akzeptanz für dasZuwanderungsgesetz erreichen.

Ich darf zum Schluss einen Punkt anführen, der mirauch sehr wichtig ist: Dieses Gesetz erlegt den Be-hörden, die es in die Praxis umzusetzen haben, sehrgroße Verantwortung auf. Es enthält viele Ermes-sensspielräume und unbestimmte Rechtsbegriffe. Icherwarte und vertraue darauf, dass die praktische An-wendung und die Umsetzung des Gesetzes von Welt-offenheit und zugleich Wahrung unserer eigenen In-teressen geprägt ist.

Auch wir werden dem Gesetz zustimmen. – Herz-lichen Dank.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Herr Bundesminister des Innern, Schily.

Otto Schily, Bundesminister des Innern: Herr Präsi-dent! Meine Damen und Herren Kollegen! Für dasThema „Zuwanderungsgesetz“ gilt der berühmteSatz von Karl V a l e n t i n : Es ist schon alles gesagt,aber noch nicht von allen. – Das führt mich zu derSchlussfolgerung, dass ich Ihnen eine längere Rededes Bundesinnenministers erspare. Ich kann mich andie denkwürdige Sitzung erinnern, die auch Herr

Jörg Schönbohm (Brandenburg)

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)Kollege Schönbohm erwähnt hat, in der ich viermaldas Wort ergriffen habe und Frau Kollegin Simonisdann an die Grenze ihrer Toleranz gekommen ist,dem Bundesminister zuzuhören. Heute erspare ichIhnen längere Ausführungen.

Sie sehen einen frohgemuten Bundesinnenminis-ter. Er freut sich darüber, dass wir nach einer langenReise an das Ziel gelangen. Ich habe hier sehr vielelobende Worte über das Gesetz gehört und schließemich diesen lobenden Worten an.

Ich meine, dass wir einen wichtigen Schritt vollzie-hen in der Aufstellung Deutschlands in einer globa-lisierten Welt, in der es Deutschland nicht verträgt,sich abzuschotten, sondern in der es seine Türen undFenster öffnen muss, um darin zu bestehen. Sprichtman mit jungen Menschen, die einen ganz anderenZugang und andere Zuwendungen zur Welt haben,als vielleicht ältere Generationen erfahren durften,kann es uns sogar mit Glücksgefühlen und Dankbar-keit erfüllen, dass wir in einer Welt leben, die ebennicht antagonistisch ist, in der man sich nicht feind-lich gegenübersteht, sondern in der sich Frieden undnachbarschaftliche Zusammenhänge bei weitem bes-ser entwickeln, als das in einer dunklen Vergangen-heit der Fall war. Das Gesetz leistet dazu einen Bei-trag.

Ich bin schon der Meinung, Herr Kollege Müller,dass dies eine historische Zäsur ist. Da bin ich bei et-was, was Frau Kollegin Werwigk-Hertneck soebengesagt hat: Man mag es als „Meilenstein“ bezeich-nen – das ist etwas bescheidener –, ich nenne es einehistorische Zäsur; denn wir verabschieden uns vonder Illusion, Deutschland sei kein Einwanderungs-land und könne in dem alten Trott fortfahren, in demes sich lange bewegt hat. Wir verabschieden uns vonder Verweigerung der Wahrnehmung der Wirklich-keit.

Es ist ein Gesetz, das Zuwanderung entlang unse-ren wirtschaftlichen Interessen ermöglicht – vielleichtnicht nur entlang unseren wirtschaftlichen, sondernauch unseren politischen und kulturellen Interessen.Wenn wir in die Vergangenheit zurückschauen, ha-ben Migrationsbewegungen selbst dort, wo sie aushumanitären Gesichtspunkten zu Stande gekommensind, unserem Land immer eher genutzt als gescha-det. Wer sich in Berlin auskennt, weiß, dass diehugenottische Zuwanderung durchaus ein Zivilisa-tionsschub für die Stadt und andere Orte in Deutsch-land war. Das gilt für andere Migrationsbewegungenebenso.

Wir sollten uns, wenn wir über humanitäre Fragensprechen, auch daran erinnern, dass Deutschlandzeitweise ein Auswanderungsland war, es heutenoch in gewissem Umfange ist. Das mag man an dereinen oder anderen Stelle beklagen, aber es ist auchein Punkt der Verbindung in andere Länder. DassMenschen aus Deutschland in einem gewissen Um-fange nach Amerika gehen und Menschen aus Ame-rika zu uns kommen, halte ich für ein sehr wichtigesZeichen der Verbindung der Völker. Wir sollten unseiner solchen Entwicklung nicht verweigern.

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Ich höre die eine oder andere Kritik an dem Gesetzaus dem Bereich humanitärer Organisationen odersolcher, die vorgeben, welche zu sein. Ich meine al-lerdings, das beste Urteil höre ich aus den Kirchenund anderen humanitären – seriösen – Organisatio-nen. Sie bezeichnen das, was wir erreicht haben, alsgroßen Fortschritt. Das sollte stärkere Verbreitungfinden, als es bisher der Fall ist. Viele Forderungen,die ich jahrelang gehört habe, was sehr dringend an-gemahnt wurde, erfüllen wir jetzt in der Abschaffungder Kettenduldung, in der Ermöglichung einer Här-tefallregelung, dem besseren Status für Bürger-kriegsflüchtlinge und vielem anderen, was in demGesetz enthalten ist.

Ich höre aktuell Kritik, dass das, was wir bei derArbeitsmigration vorgesehen haben, noch nicht dementspricht, was sich andere darunter vorgestellt ha-ben. Ich muss zugeben: Ein bisschen mehr Flexibi-lität würde dem Gesetz gut tun. Aber ich weiß – da-rüber haben alle gesprochen –, dass man imKompromisswege Zugeständnisse machen muss.Wenn nun aus der Wirtschaft zum Teil Kritik geübtwird, will ich schon darauf hinweisen: Bei mehr als4 Millionen Arbeitslosen hätte ich gern ganz konkretgewusst, an welchen Stellen, in welcher Branche, beiwelchem Unternehmen welcher Arbeitsplatz ausdem Angebot der Arbeitsuchenden in Deutschlandnicht besetzt werden kann, so dass jemand aus demAusland in Betracht gezogen werden kann, zumalwir schon in der Ursprungsfassung des Gesetzes amVorrangprinzip festgehalten haben. Ein Arbeit-suchender aus Deutschland hat immer Vorrang vorjemandem, der aus dem Ausland eingeladen wird.

Im Übrigen muss man in Betracht ziehen, dass wirim Rahmen der europäischen Ordnung im Hinblickauf die neuen Mitgliedsländer eine Beschränkungder Freizügigkeit vorgesehen haben. Solange dieseBeschränkung besteht, wäre es ein schwer erklärba-rer Widerspruch, wenn wir auf der einen Seite dieFreizügigkeit gegenüber Polen beschränkten, auf deranderen Seite Arbeitskräfte aus Bengalen nachDeutschland kommen dürften. Das sollten wir be-rücksichtigen.

Insgesamt machen wir mit diesem Zuwanderungs-gesetz einen großen Schritt. Ich bedanke mich beiallen Beteiligten, die daran mitgewirkt haben. Siewerden verstehen, dass ich zuallererst meinen sozial-demokratischen Innenministerkollegen – Herrn Kol-legen Walter Zuber und in Abwesenheit FritzBehrens, Klaus Buß und Ehrhart Körting – sehr herz-lich danke. Selbstverständlich schließe ich in denDank ein die Kompromissbereitschaft und konstruk-tive Haltung von Herrn Ministerpräsidenten Müllerund des Kollegen Beckstein aus Bayern, um zwei Ex-ponenten zu nennen.

Zum Schluss will ich wiederholen, was von ver-schiedenen Seiten gesagt worden ist. Ich habe michredlich, hartnäckig, geduldig – was bekanntermaßennicht unbedingt meine hervorstechendste Charakter-eigenschaft ist – bemüht, dass wir dieses Gesetz aufeine breite Basis stellen; ich meine: aus gutem Grund.Das Gesetz stiftet auch gesellschaftlichen Frieden.

Bundesminister Otto Schily

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)Dieses Thema ist immer in der Gefahr, zum Gegen-stand demagogischer Verzerrungen und ressenti-mentgeladener Debatten zu werden. Damit füttert essehr leicht die Propaganda von extremistischen Kräf-ten in diesem Lande. Deshalb ist es gut, dass wir fürdas Gesetz eine breite Basis gefunden haben. Ichhoffe, dass dies heute auch in Ihrem Abstimmungs-verhalten zum Ausdruck kommt. – Vielen Dank.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Deutsche Bun-destag hat die Beschlussempfehlung des Vermitt-lungsausschusses angenommen. Wer dem Gesetz inder nunmehr vorliegenden Fassung zustimmenmöchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das istdie Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt.

Punkt 2:

Zwölftes Gesetz zur Änderung des Arzneimit-telgesetzes (Drucksache 511/04)

Das Gesetz kommt aus dem Vermittlungsausschusszurück. Zur Berichterstattung erteile ich Herrn Minis-ter Köberle (Baden-Württemberg) das Wort.

Rudolf Köberle (Baden-Württemberg), Bericht-erstatter: Verehrter Herr Präsident! Liebe Kollegin-nen, liebe Kollegen! Der Deutsche Bundestag hat am2. April 2004 das Zwölfte Gesetz zur Änderung desArzneimittelgesetzes verabschiedet. Das Gesetzdient im Wesentlichen der Umsetzung europäischenRechts in das Arzneimittelgesetz.

Der Bundesrat hat zu dem Gesetz am 14. Mai 2004den Vermittlungsausschuss aus mehreren Gründenangerufen.

Der Vermittlungsausschuss hat es zuletzt am17. Juni 2004 behandelt und einen Kompromiss er-zielt. Dieser greift eine Reihe der vom Bundesrat for-mulierten Anrufungsgründe auf.

So war ursprünglich im Gesetz eine Regelung vor-gesehen, die nach Ansicht des Bundesrates nicht be-rücksichtigte, dass die Länder im Rahmen ihrerÜberwachungstätigkeit auch Maßnahmen ergreifenkönnen müssen. Dies wird nunmehr klargestellt.

Ferner hat sich der Vermittlungsausschuss daraufverständigt, die Kontaktstelle für Probanden ent-sprechend dem Begehren des Bundesrates zukünftigzentral auf Bundesebene anzusiedeln.

Bei den Gebühren für die Nachzulassung einigteman sich darauf, die Formulierung des Gesetzent-wurfs der Bundesregierung wiederherzustellen. DerBundesrat hatte darauf verwiesen, dass insbesonderekleine und mittlere Unternehmen sowie Herstellerpflanzlicher Arzneimittel durch die geplante Rege-lung zur Aufhebung von Verjährungsfristen überpro-portional belastet würden. Der Vermittlungsaus-schuss hat sich für den Vertrauensschutz zu Gunstender betroffenen Unternehmen ausgesprochen.

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Ich denke, dass man mit diesem Ergebnis zufriedensein kann, da es gelungen ist, das Gesetz in zentralenPunkten zu verbessern.

Der Deutsche Bundestag hat dem Vermittlungser-gebnis am 18. Juni 2004 zugestimmt. Ich empfehleIhnen, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, dem Gesetzebenfalls in der Fassung des Vermittlungsergebnis-ses zuzustimmen. – Vielen Dank.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Deutsche Bun-destag hat in seiner 115. Sitzung am 18. Juni 2004den Vorschlag des Vermittlungsausschusses ange-nommen. Wer dem Gesetz in der Fassung des Eini-gungsvorschlages des Vermittlungsausschusses zu-stimmen möchte, den bitte ich um das Handzei-chen. – Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt.

Wir haben nun noch über die vom Gesundheitsaus-schuss unter Ziffer 10 der Drucksache 287/1/04 emp-fohlene und bisher zurückgestellte Entschließung ab-zustimmen. Wer stimmt der Entschließung zu? – Dasist die Mehrheit.

Dann ist so beschlossen.

Punkt 3:

Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Erneu-erbaren Energien im Strombereich (Druck-sache 512/04)

Auch dieses Gesetz kommt aus dem Vermittlungs-ausschuss zurück. Zur Berichterstattung erteile ichHerrn Ministerpräsidenten Wulff (Niedersachsen)das Wort.

Christian Wulff (Niedersachsen), Berichterstatter:Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrtenDamen und Herren! Der Bundesrat hat am 14. Maibeschlossen, den Vermittlungsausschuss anzurufen.Es gab insgesamt zwölf Anrufungsgründe, derenAufzählung ich Ihnen ebenso wie allgemeinere Aus-führungen erspare, weil die Zeit fortgeschritten ist.Ich werde meinen gesamten Bericht zu Protokoll*)

geben und mich auf die Benennung weniger Punktebeschränken.

Beachtlich ist an dem Ergebnis des Vermittlungs-ausschusses zweierlei: Einerseits konnten wir etwasverändern, obwohl es sich um ein Einspruchsgesetzhandelt; andererseits konnten wir uns noch vor derSommerpause einigen, so dass das Gesetz kurzfristigin Kraft treten kann. Dies führt zu Rechtssicherheitzum einen für die energieintensiven Unternehmen,deren Härtefallregelung am 1. Juli dieses Jahres aus-gelaufen ist und nach einer Fortführung ruft, zum an-deren für diejenigen, die im Bereich Biomasse, Wind-energie und anderer regenerativer Energieträger

*) Anlage 2

Bundesminister Otto Schily

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Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 347

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)Investitionen beabsichtigen oder jetzt in besondererWeise dazu aufgerufen werden zu investieren.

Im Vermittlungsausschuss hat es erfreulicherweisekeine parteipolitischen Blockaden oder Fronten zwi-schen Bundestag und Bundesrat, sondern den echtenVersuch gegeben, zu einer angemessenen Lösung zukommen.

Aufgerufen wurde letztlich der Anrufungsgrundzur Vergütung für Windstrom und dort zu der Rege-lung, in Deutschland künftig eine bessere Standort-lenkung zu ermöglichen. Die Windkraftbranche hatin den letzten Jahren eine günstige Entwicklung ge-nommen, was etwas mit der Vergütung, aber auchmit der technischen Entwicklung zu tun hat, zu derman die Hersteller und Ingenieure beglückwünschenmuss. Diese Entwicklung wird vom Vermittlungsaus-schuss grundsätzlich begrüßt, weil der Anteil erneu-erbarer Energien an der Stromerzeugung nur dannsteigt, wenn ein genügend großer Markt entsteht.

Die Windenergie soll allerdings an energiepolitischsinnvollen Standorten vergütet werden. Nur dann istdie Vergütung dem Stromkunden zumutbar, und nurdann werden die Windanlagen vor Ort akzeptiert.Die beabsichtigte Begrenzung der Windenergienut-zung sollte andererseits die noch nicht gefestigteWindenergiebranche nicht gefährden. Der Regie-rungsentwurf, der dem Bundesrat vorgelegen hatte,machte deshalb die Vergütung davon abhängig, dasseine Windenergieanlage an den geplanten Standor-ten mindestens 65 % des Referenzertrags erzielenkann. Diese Regelung wurde vom Bundesrat akzep-tiert.

Der Bundestag strich sie allerdings wieder. Statt-dessen wurde die Regelung zur Bestimmung desZeitraums für die erhöhte Vergütung verschärft.

Der Vermittlungsausschuss hat nunmehr die Syste-matik des Regierungsentwurfs aufgenommen, aller-dings mit einem Wert von 60 %. Diese Regelung sollnicht, wie im Regierungsentwurf vorgesehen, zumJahreswechsel gelten, sondern ein Jahr nach Inkraft-treten der Novelle. Dies stellt ein weiteres Entgegen-kommen gegenüber der Windbranche dar.

Darüber hinaus wurden offensichtliche Fehler imHinblick auf stromintensive Unternehmen im Gesetzkorrigiert; es wurde eine Klarstellung vorgenommen.

Ich weiß, dass es für viele Länder wegen unter-schiedlicher Vorstellungen nicht leicht ist, mit diesemKompromiss zu leben. Aber insgesamt hat der Ver-mittlungsausschuss etwas erreicht. Mehr war aus derSicht des Bundesrates nicht möglich. Deshalb emp-fehle ich die Zustimmung zu dem Ergebnis des Ver-mittlungsausschusses.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Zu Protokoll*) haben ihre Reden Herr MinisterSchönbohm (Brandenburg) und Herr StaatsministerDr. de Maizière (Sachsen) gegeben. – Weitere Wort-meldungen liegen nicht vor.

*) Anlagen 3 und 4

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Der Deutsche Bundestag hat den Vorschlag desVermittlungsausschusses in der aus Drucksache 512/04 ersichtlichen Fassung angenommen.

Ein Antrag, gegen das Gesetz Einspruch einzule-gen, liegt nicht vor. Ich stelle daher fest, dass derBundesrat gegen das Gesetz k e i n e n Einsprucheinlegt.

Punkt 4:

Gesetz zur Verbesserung des Schutzes jungerMenschen vor Gefahren des Alkohol- und Ta-bakkonsums (Drucksache 513/04)

Das Gesetz kommt ohne Einigungsvorschlag ausdem Vermittlungsausschuss zurück. Zur Berichter-stattung erteile ich Herrn Minister Köberle (Baden-Württemberg) das Wort.

Rudolf Köberle (Baden-Württemberg), Berichter-statter: Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen,liebe Kollegen! Der Deutsche Bundestag hat am6. Mai 2004 das Gesetz zur Verbesserung des Schut-zes junger Menschen vor Gefahren des Alkohol- undTabakkonsums verabschiedet.

Mit dem Gesetz sollen insbesondere alkoholhaltigeSüßgetränke – so genannte Alkopops – durch Einfüh-rung einer Sondersteuer so verteuert werden, dassjunge Menschen diese Produkte nicht mehr kaufen.Außerdem verbietet das Gesetz die kostenlose Ab-gabe von Zigaretten und schreibt für Zigarettenpa-ckungen eine Mindestgröße vor.

Der Bundesrat hat am 11. Juni 2004 den Vermitt-lungsausschuss mit dem Ziel einer grundlegendenÜberarbeitung des Gesetzes angerufen.

Der Vermittlungsausschuss hat in seiner Sitzungam 17. Juni 2004 das Verfahren ohne Einigungsvor-schlag abgeschlossen.

Der Bundesrat hat nun darüber zu entscheiden, ober gegen das ihm unverändert wieder vorliegendeGesetz Einspruch einlegt.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Die Länder Nieder-sachsen und Hessen beantragen in Drucksache 513/1/04, gegen das Gesetz Einspruch einzulegen. Werstimmt dem Antrag zu? – 38 Stimmen.

Damit hat der Bundesrat mit der Mehrheit seinerStimmen beschlossen, gegen das Gesetz Einsprucheinzulegen.

Punkt 78:

Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung derSchwarzarbeit und damit zusammenhängenderSteuerhinterziehung (Drucksache 530/04)

Das Gesetz kommt aus dem Vermittlungsausschusszurück. Zur Berichterstattung erteile ich HerrnStaatsminister Huber (Bayern) das Wort.

Christian Wulff (Niedersachsen), Berichterstatter

Page 36: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

348 Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

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) Erwin Huber (Bayern), Berichterstatter: Herr Präsi-dent, meine Damen und Herren! Der Deutsche Bun-destag hat am 21. Mai 2004 das Schwarzarbeitsbe-kämpfungsgesetz beschlossen. Mit dem Gesetz soll,wie es der Name schon sagt, die Bekämpfung derSchwarzarbeit auf eine neue Grundlage gestellt wer-den.

Der Bundesrat hat am 11. Juni 2004 die Einberu-fung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel dergrundlegenden Überarbeitung des Gesetzes ver-langt. Ich unterstelle, dass Ihnen die Anrufungs-gründe im Gedächtnis sind, so dass ich sie nicht zuwiederholen brauche.

Der Vermittlungsausschuss hat das Gesetz am17. und am 30. Juni 2004 behandelt. Dabei konnteein Kompromiss erreicht werden, der folgende Ände-rungen enthält:

Erstens. Die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwi-schen Bundeszoll- und Landesfinanzverwaltungenist nunmehr so geregelt, dass Doppelzuständigkeitenund Eingriffe in die Steuerverwaltungshoheit derLänder abgewendet sind.

Zweitens. Die Verletzung der handwerksrechtli-chen Eintragungs- und gewerberechtlichen Anzei-gepflichten wird entgegen dem Gesetzesbeschlusswieder als Schwarzarbeit definiert. Gleichzeitig wirdder Bußgeldrahmen auf bis zu 50 000 Euro festgelegt.

Drittens. Die mit 1 000 Euro Bußgeld bewehrteRechnungsaufbewahrungspflicht für Private, an dieGrundstücksleistungen erbracht werden, wurde ab-gemildert. Statt der Aufbewahrung der Rechnunggenügt nun auch die Aufbewahrung eines Zahlungs-belegs oder einer anderen beweiskräftigen Unter-lage. Der Bußgeldrahmen für die Verletzung der Auf-bewahrungspflicht wurde von 1 000 auf 500 Euroabgesenkt.

Viertens. Die Prüfung von Verstößen bei geringfü-gigen Beschäftigungsverhältnissen wird künftig, wiebisher auch, im Zuständigkeitsbereich der Bundes-zollverwaltung liegen.

Fünftens. Die Bundesregierung hat in einer Proto-kollerklärung zugesagt, bis zum Ende dieses Jahreszu prüfen, ob das Job-Card-Verfahren auch zur Be-kämpfung der Schwarzarbeit angewendet werdenkann. Den vollständigen Wortlaut der Erklärung derBundesregierung gegenüber dem Vermittlungsaus-schuss gebe ich zu Protokoll*). Dies schließt auch dieBerechtigung ein, Auskünfte aus der zentralen Da-tenbank zu erlangen.

Der Deutsche Bundestag hat dem Vermittlungser-gebnis am 2. Juli 2004 zugestimmt. Ich empfehle Ih-nen, dem Gesetz in der Fassung des Vermittlungser-gebnisses ebenfalls die Zustimmung zu erteilen.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

*) Anlage 5

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Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetz inder vom Deutschen Bundestag auf Grund der Eini-gungsvorschläge des Vermittlungsausschusses geän-derten Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ichum das Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Es ist so beschlossen.

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich die Punkte 79und 80 auf:

79. Gesetz zur Umsetzung der Reform der Ge-meinsamen Agrarpolitik (Drucksache 531/04)

in Verbindung mit

80. Erstes Gesetz zur Änderung des Betriebsprä-miendurchführungsgesetzes (Drucksache 532/04)

Zur Berichterstattung über das Vermittlungsverfah-ren zu beiden Gesetzen erteile ich Herrn MinisterKöberle (Baden-Württemberg) das Wort.

Rudolf Köberle (Baden-Württemberg), Berichter-statter: Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen,liebe Kollegen! Der Deutsche Bundestag hat am1. April 2004 das Gesetz zur Umsetzung der Reformder Gemeinsamen Agrarpolitik und am 27. Mai 2004das Erste Gesetz zur Änderung des Betriebsprämien-durchführungsgesetzes verabschiedet.

Das erstgenannte Gesetz setzt europäisches Rechtum. Teil des Gesetzes ist das Gesetz zur Durchfüh-rung der einheitlichen Betriebsprämien. Es entkop-pelt die bisherigen Direktzahlungen Schritt umSchritt von der landwirtschaftlichen Produktion undgewährt eine einheitliche flächenbezogene Betriebs-prämie. Gleichzeitig knüpft es die Direktzahlungenan die Einhaltung bestimmter Vorschriften.

Das genannte Änderungsgesetz überträgt dasAgrarreformpaket auf Baumwolle, Tabak, Olivenölund Hopfen. Damit werden diese Pflanzen in dasBetriebsprämiendurchführungsgesetz einbezogen.

Der Bundesrat hat zu den Gesetzen am 14. Maibzw. 11. Juni 2004 den Vermittlungsausschuss ange-rufen.

Der Vermittlungsausschuss hat sie zuletzt am30. Juni 2004 behandelt und einen Kompromiss er-zielt. Dieser stützt sich auf ein Arbeitsgruppenergeb-nis, das unter dem Vorsitz unseres Kollegen Stächelezu Stande gekommen ist und sich im Wesentlichenan den Forderungen des Bundesrates orientiert. Sosoll etwa mit dem stufenweisen Abschmelzen derBetriebsprämienanteile erst im Jahr 2010 begonnenwerden. Darüber hinaus soll die Kürzung zur Bil-dung der nationalen Reserve lediglich 1 %, nicht,wie im ursprünglichen Gesetz vorgesehen, 1,5 % be-tragen.

Aus der Sicht der Länder kann man, wie ich denke,mit dem Ergebnis zufrieden sein, da es insbesonderegelungen ist, den Beginn des Abschmelzungsprozes-ses auf das Jahr 2010 hinauszuschieben.

Der Deutsche Bundestag hat dem Vermittlungser-gebnis am 2. Juli 2004 zugestimmt. Ich empfehle Ih-

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Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 349

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)nen, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, den Gesetzenebenfalls in der Fassung des Vermittlungsergebnis-ses zuzustimmen. – Vielen Dank.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Wortmeldung: Frau Ministerin Wernicke (Sachsen-Anhalt).

Petra Wernicke (Sachsen-Anhalt): Herr Präsident!Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir habenin agrarpolitischen Kreisen lange und intensiv überdie Chancen und Risiken diskutiert, die die aktuelleReform der europäischen Agrarpolitik bietet bzw. insich birgt.

Ich bin sehr froh darüber, dass der Weg für die Um-setzung der EU-Agrarreform in Deutschland nunendlich frei ist. Vor allem begrüße ich es, dassDeutschland wenigstens vom Grundsatz her das Re-gionalmodell für die Umsetzung gewählt hat. Ichhoffe aber, dass die Verschiebung des Anpassungs-zeitraums nicht dazu missbraucht wird, die grund-sätzliche Zielrichtung im Zuge der nächsten Halb-zeitbewertung wieder in Frage zu stellen.

Ich kann nicht verhehlen, dass ich mit dem im Ver-mittlungsausschuss ausgehandelten Kompromiss zurAusgestaltung des so genannten Gleitfluges nichtzufrieden bin. Jetzt haben wir zwar das Regional-modell, jedoch eines, das bis an den Rand des EU-Standardmodells ausgereizt ist. Infolgedessen habenwir den größten Nachteil der EU-Betriebsprämieübernommen. Damit werden wir bzw. unsere Land-wirte noch lange Zeit leben müssen.

Der vielfach kritisierte historische Bezug der Prä-miengewährung wurde nicht nur übernommen, son-dern länger als nötig und als wir eigentlich erklärenkönnen konserviert. Manche, auch in meiner eigenenPartei, sehen dies als Erfolg, ich ausdrücklich nicht.Ich bin mir durchaus der Tatsache bewusst, dassSachsen-Anhalt hier eine andere Meinung vertritt alsetliche andere unionsregierte Länder.

Es ist ein – leider nach wie vor verbreiteter – Irr-glaube, dass man mit der betriebsspezifischen Zah-lung der Tierprämien die Tierhaltung auf den Betrie-ben erhält. Da auch diese Prämienteile entkoppeltgezahlt werden, braucht für ihren Bezug nicht einStück Vieh mehr im Stall zu stehen. Denen jedoch,die in der Zukunft wettbewerbsfähig Tiere halten,eventuell sogar mehr als bisher, wird dieses Geldvorenthalten.

Ich möchte die Zusammenhänge hier nicht im De-tail erläutern. Gerade die Wissenschaft hat diese Ar-gumentation oft genug glaubwürdig dargelegt.

Der nun im Gesetz verankerte sowohl zeitlich alsauch finanziell verzögerte „Gleitflug“ ist aus meinerSicht eher eine sozialverträgliche Ausstiegspolitik alseine in die Zukunft gerichtete Agrarpolitik. Für dieMehrzahl der zukunftsorientierten wachstumswilli-gen Betriebe ist das eine mehr als unbefriedigendeLösung.

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Wir in Sachsen-Anhalt haben für unsere Haltungsehr viel Rückhalt erfahren und bei allen Diskussio-nen in Bauernversammlungen Zustimmung erhalten.Aber für uns Agrarpolitiker insgesamt wird der ge-fundene Kompromiss schon bald allergrößte Erklä-rungs- und Akzeptanzprobleme sowohl innerhalb alsauch außerhalb des Berufsstandes zur Folge haben.

Der in doppelter Hinsicht verzögerte „Gleitflug“muss auch vor dem Hintergrund der nächsten Halb-zeitbewertung der Gemeinsamen Agrarpolitik sehrkritisch betrachtet werden. Wir hatten die Aufgabe,aber vor allem die Chance, ein tragfähiges Modell fürdie Zukunft zu entwickeln. Diese Chance haben wirdadurch verspielt, dass für zu lange Zeit „alte Zöpfe“konserviert wurden und damit ein wirklich reformier-tes System, nämlich die regional einheitliche Flä-chenprämie, viel zu spät erreicht wird.

Voraussichtlich schon im Jahr 2006, spätestens2007 stehen erste Maßnahmen zur Wahrung derHaushaltsdisziplin an. Im Jahre 2009 folgt die Halb-zeitbewertung. Beides findet also statt, bevor einSchritt der regionalen Prämienangleichung, „Gleit-flug“ genannt, erfolgt ist. Ich habe keine Zweifel da-ran, dass dadurch die schon bekannte Diskussion umbetriebsgrößenabhängige Prämienkürzungen neuentflammen wird. Strukturbedingt wäre dies bekann-termaßen insbesondere für die neuen Bundesländervon großem Nachteil. Ein frühzeitiges Signal in Rich-tung Prämienangleichung wäre hier ein wesentlichesArgument gegen einen solchen Kürzungsmechanis-mus gewesen.

Natürlich hatte Sachsen-Anhalt, wie jedes Land, somanches spezifische agrarpolitische Ziel; das will ichnicht verschweigen. Ich nenne nur die sofortige, aberauch merkliche Besserstellung des Grünlandes. Beiunserer geringen Tierdichte habe ich diesbezüglichgroßen Handlungsbedarf gesehen. Die Zeichen da-für, dies im Rahmen des Kombinationsmodells zu er-reichen, standen nicht schlecht. Was jetzt herausge-kommen ist, zwingt uns, von der Möglichkeit derVerschiebung zu Lasten der Ackerprämienrechte Ge-brauch zu machen.

Was ist eigentlich aus unseren Zielen und den vie-len hitzigen Diskussionen um die Cross-Compliance-Regelungen geworden? Hier konnte der Vermitt-lungsausschuss in einigen strittigen Punkten Ein-vernehmen erzielen. Dass Cross Compliance nichtüber den EU-Rahmen hinausgeht und die geforder-ten Maßnahmen zum Erosionsschutz erst ab 2009verpflichtend werden, begrüße ich ausdrücklich.

Aber bekanntlich entstehen Kompromisse nurdurch gegenseitiges Geben und Nehmen. So mussteein aus der Sicht der Länder wesentlicher Punkt fal-len gelassen werden. Die von der Bundesregierungbevorzugte Regelung der Beteiligung an der Verab-schiedung der Durchführungsverordnung musstenwir schlucken. Wir konnten somit nicht verhindern,dass wir zukünftig schlimmstenfalls auch noch HerrnTrittin fragen müssen, ob alles in Ordnung ist, wasunsere Bauern auf ihren Feldern machen. Das woll-ten wir eigentlich nicht.

Rudolf Köberle (Baden-Württemberg), Berichterstatter

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350 Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

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)Durch das aus meiner Sicht unnötige Verhand-

lungsgeplänkel um „Sonderbehandlung Milchprä-mie“ und „Gleitflug“ wurde viel Energie verspielt.Wir haben durchaus Verständnis für die Problemeund Sorgen der Milchbauern. Die Werkzeuge derneu gestalteten ersten Säule der Agrarpolitik sindaber für eine gezielte Unterstützung der Milcherzeu-ger ungeeignet. Hier müssen neue Wege gefundenwerden. Deshalb haben wir uns entschieden, demAntrag des Landes Baden-Württemberg als Mitan-tragsteller beizutreten.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen undHerren, das Land Sachsen-Anhalt betrachtet den ge-fundenen Kompromiss sehr kritisch. Wir haben ihnaber akzeptiert und werden ihm zustimmen, da miteinem Scheitern des Gesetzes automatisch dieschlechteste Lösung, die Betriebsprämienregelung inForm des EU-Standardmodells, zur Anwendungkäme. Das wollen wir auf keinen Fall.

Offensichtlich fehlte vielen Agrarpolitikern inDeutschland der Mut zu einem deutlicheren Schrittin die Zukunft. Diejenigen konnten sich durchsetzen,die in starkem Maße an den alten Gegebenheitenfesthalten. Das finde ich ausgesprochen schade. Wasunser deutsches Entkopplungsmodell wirklich wertist, sehen wir wahrscheinlich erst in zwei Jahren. DieVerantwortung dafür tragen wir schon heute. – Vie-len Dank.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Frau Ministerin Höhn (Nordrhein-Westfalen).

Bärbel Höhn (Nordrhein-Westfalen): Herr Präsi-dent, meine Damen und Herren! Was wir heute be-schließen, ist ein historischer Schritt für die Bauern.Es wird zu einer völlig veränderten Zahlung der Prä-mien kommen. Bisher haben die Bauern Prämien fürihre Produkte bekommen. Jetzt sollen sie langfristigZahlungen für ihre Fläche erhalten.

Die Umstellung ist eine große Herausforderung.Sie bietet enorme Chancen, birgt aber auch Risikenund Probleme für einzelne Bauern. Dabei ist wichtigzu wissen, dass der Finanzrahmen der gleiche bleibt;es wird genauso viel Geld verteilt wie bisher. Und wirüberfordern die Bauern durch die Umstellung nicht;denn die Betriebe erhalten genügend Zeit für sie.

Frau Wernicke, auch ich hätte mir einen kürzerenUmstellungszeitraum gewünscht; Sie wissen, dassmeine Vorstellungen in diese Richtung gingen. Aberich bin mittlerweile weise geworden: Mir ist die Tat-sache, dass wir an diesem Punkt breiten Konsenserzielt haben, wichtiger. Nur in Bayern war man ineinigen Punkten anderer Meinung, die übrigen Län-der haben über alle Parteigrenzen hinweg ein Sys-tem etablieren können, mit dem wir im Ergebnis zu-frieden sein können.

Wir wussten, dass es für die Milchbauern beson-ders schwierig wird. Aber dass wir für sie keine Son-derregelung geschaffen haben, finde ich gut; denn

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wie hätten wir bei einem Strukturwandel von 5 % beiden Milchbauern den anderen erklären sollen, dassnach einer Übergangszeit von acht Jahren 40 % garnicht mehr in diesem Bereich tätig sind, aber trotz-dem die Prämien bekommen? Das wäre das Gegen-teil von dem gewesen, was wir wollen, nämlich dieaktiven Bauern zu fördern, nicht den so genanntenSofamelkern Gelder zukommen zu lassen. Es ist gut,dass wir keine Sonderregelungen geschaffen haben.

(Zuruf)

– Sofamelker sind diejenigen, die einmal gemolkenhaben und jetzt auf dem Sofa sitzen. Sie melken nichtmehr und bekommen trotzdem Geld für das Melken.Das zur Erläuterung für alle, die Probleme mit diesemBegriff haben!

Wir haben in großem Konsens eine Lösung gefun-den, die den aktiven Bauern langfristig mehr helfenwird als bisher und die wir auch erklären können.Deshalb bin ich mit dem Kompromiss sehr einver-standen.

Herr Stächele – er musste leider weg; ich habemich vorher kurz mit ihm ausgetauscht – hat zusam-men mit anderen Ländern einen Antrag eingebracht.An vielen Punkten hat er Recht. Wir müssen dieModulationsmittel speziell für die Betriebe aufwen-den, die mit der Umstellung besondere Probleme ha-ben. Bei anderen Punkten verzettelt sich der Antragaber. Er enthält viele kleine Punkte, von denen manschon immer meinte, man müsse sie einmal ändern,die aber mit dieser großen Agrarreform nichts zu tunhaben. Zum Beispiel ist mir nicht erklärlich, was dieMilchleistungsprüfung mit der Einkommenssituationder Milchbauern zu tun hat; denn das Geld bekom-men die Kontrollverbände, nicht die Bauern.

Mir wäre es lieber, wenn wir die Eigenständigkeitder Länder stärker erhalten würden, weil die Betrof-fenheit in den Ländern unterschiedlich ist. Wir wol-len flexiblere Möglichkeiten für die Umsetzung errei-chen und sollten uns bei dem großen Schritt, den wirjetzt machen, nicht in Einzelheiten verlieren.

Insgesamt bin ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden,auch wenn ich es mir eher gewünscht hätte, FrauWernicke. Das hängt ein bisschen mit dem Alter zu-sammen. Wenn Sie erst einmal die Reife und das Al-ter haben, werden Sie verstehen, dass man für eini-ges einfach mehr Zeit braucht.

Meine Damen und Herren, wir haben einen wichti-gen und guten Kompromiss gefunden. Ich wünscheuns weiterhin gute Beratungen; wir werden ja gleichnoch einen anderen wichtigen Punkt behandeln. Vorallen Dingen gilt eines: Wir sollten im Rahmen derGAP-Reform mit den strukturellen Veränderungen,die notwendig sind, weitermachen, und zwar auchdeshalb, weil es wichtig ist, dass sich Europa be-wegt. – Danke schön fürs Zuhören.

Präsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Herr Minister Dr. Backhaus (Mecklenburg-Vor-pommern).

Petra Wernicke (Sachsen-Anhalt)

Page 39: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 351

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) Dr. Till Backhaus (Mecklenburg-Vorpommern):Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrtenDamen und Herren! Auch ich begrüße das Ergebnisdes Vermittlungsausschusses.

Mecklenburg-Vorpommern hat im letzten Jahr denVorsitz in der Agrarministerkonferenz geführt unddort versucht, direkt mit dem Bundesministerium ei-nen akzeptablen Kompromiss vorzulegen. Ich meine,dass wir heute eine der wichtigsten Reformen imAgrarbereich beschließen, vergleichbar mit denRömischen Verträgen. Damit wird ein Paradigmen-wechsel eingeleitet, wie ihn die Landwirtschaft nochnicht erlebt hat. Natürlich hätten wir uns vorstellenkönnen, dass man vieles schneller umsetzt.

Die Entkopplung ist das Kernthema. Ich sage aus-drücklich: Der Landwirt der Zukunft wird für denMarkt zu produzieren haben, nicht für die Interven-tion oder für die Lagerhaltung. Das ist eine entschei-dende Aussage.

Ich bin sehr dankbar dafür, Frau Bundesministerin– ich sage das im Namen der neuen Bundesländer –,dass die landwirtschaftlichen Betriebe in den neuenBundesländern in diesem Prozess nicht benachteiligtwerden. Das ist etwas, was wir gemeinsam erreichthaben. Allein für Mecklenburg-Vorpommern hättendie Vorschläge, die Herr F i s c h l e r seinerzeit aufden Tisch gelegt hat, bedeutet, dass es 17,5 % anEinkommen verliert. Dies ist zum Glück nicht umge-setzt worden. Ganz im Gegenteil ist nun einegerechte Lösung erreicht worden. Dass am Schlussder Verhandlungen Gemüse, Obst und Speisekar-toffeln mit in das Paket aufgenommen worden sind,ist ein riesiger Erfolg. Das gilt auch für die Mittel fürdie Roggenintervention, die für die Modulationausgegeben werden können. Dafür bin ich sehrdankbar.

( V o r s i t z : Amtierender Präsident Kurt Beck)

Mit Blick auf die Skeptiker möchte ich sagen:Selbst der Bauernverband kann mit dem Kompromissleben. Das hat Herr S o n n l e i t n e r , der Präsidentdes Deutschen Bauernverbandes, erklärt. Angesichtsdes Gesamtkonsenses, der in diesem Hohen Hauseerreicht worden ist, darf man sagen, dass der heutigeTag ein Beispiel dafür ist, dass man die gesellschaftli-chen Herausforderungen nicht nur in der Landwirt-schaft, sondern auch in anderen Bereichen sehr wohlbewältigen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dasLand Mecklenburg-Vorpommern begrüßt den Kom-promiss ausdrücklich. Ich will die Gründe dafür nen-nen:

Das so genannte Kombinationsmodell aus flächen-bezogenen und betriebsbezogenen Prämienanteilenfür die Landwirte wurde bestätigt. Damit wurde keinSonderweg insbesondere für die Milchbauerneingeführt. Das hätten wir, wie schon gesagt wordenist, niemandem erklären können. Die prekäre Lageam Milchmarkt ist nicht Grund für die Reform. DieUrsachen dafür liegen in der Macht des Lebensmit-teleinzelhandels und der Struktur im Molkereibe-reich.

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Für die Agrarwirtschaft in Deutschland werden5,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Mecklen-burg-Vorpommerns Anteil daran beträgt immerhin422 Millionen; er kann auf Grund des Konsenses sta-bil gehalten werden. Dies ist ein großer Erfolg für un-ser Bundesland. Ich meine, es hat sich gelohnt, sichdafür intensiv einzusetzen.

Die grundsätzlichen Regelungen zu Cross Com-pliance sind so ausgehandelt worden, dass es einenklaren nationalen Rahmen gibt. Gleichzeitig habendie Länder genügend Gestaltungsspielraum, um ent-sprechend den jeweiligen Bedingungen eigene Re-gelungen zu treffen. Das gilt insbesondere für die Er-haltung von Dauergrünland, aber auch für denErosionsschutz und den Anteil organischer Substanzim Boden. Hier müssen wir dringend die Verordnungauf den Weg bringen.

Bei aller Freude über den erzielten Kompromissgibt mir gerade Letzteres Anlass, ausdrücklich daraufhinzuweisen, dass die heutige Beschlussfassung desBundesrates erst ein Etappenerfolg ist. Jetzt muss esdarum gehen, mit Hochdruck gemeinsam an der Ver-ordnung zu arbeiten, also die wesentlichen nationa-len Durchführungsbestimmungen auf den Weg zubringen.

Die Bauern brauchen ebenso wie die Verwaltungenklare Rahmenbedingungen für die Betriebsplanung.Gerade das Land Mecklenburg-Vorpommern hat lei-der zur Kenntnis nehmen müssen, dass es negativeErfahrungen im Anlastungsverfahren gegenüber derEuropäischen Union gibt.

Die landwirtschaftliche Praxis und die Verwaltun-gen stehen unter enormem Zeitdruck. Es scheint mirerforderlich zu sein, dass die bestehenden Bund-Län-der-Arbeitsgruppen ihre Tätigkeit in den nächstenWochen intensiv fortsetzen, damit sich der Bundesratim September mit den Verordnungsentwürfen befas-sen kann.

Ich komme zum Schluss. Heute ist ein guter Tag fürdie Landwirtschaft in Deutschland, insbesondere inunserem Bundesland. Ich hoffe, dass wir bald zurUmsetzung kommen. – Danke schön.

Amtierender Präsident Kurt Beck: Vielen Dank,Herr Dr. Backhaus!

Das Wort hat Herr Minister Müller (Schleswig-Hol-stein).

Klaus Müller (Schleswig-Holstein): Sehr geehrterHerr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Ichmöchte mich den Vorrednerinnen und Vorrednern imPrinzip anschließen. Insbesondere freue ich mich, beidiesem Punkt eine seltene weit reichende Über-einstimmung mit Frau Kollegin Wernicke festzustel-len.

Selten hat sich der Bundesrat mit so weit reichen-den agrarpolitischen Fragen befasst wie heute. Umsowichtiger und erfreulicher ist es, dass wir heute wohlmit sehr großer Mehrheit dem Kompromiss des Ver-mittlungsausschusses zustimmen können.

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352 Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

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)Dies ist ein Erfolg für viele Akteure. Ich will zuerst

Frau Bundesministerin Künast nennen. VieleAuguren haben von „Krokodilen“ gesprochen undähnliche Vergleiche angestellt, nachdem die Bun-desministerin ihre Vorstellungen von der Agrar-wende angekündigt hatte. Sie hat sie mit Hartnä-ckigkeit verfolgt. Sie hat dazu große Unterstützungaus vielen Bundesländern erfahren. Ich meine, es istein später Sieg der agrarökonomischen Vernunft,wenn wir jetzt zu einer anderen Form der Umsetzungund damit auch der Agrarpolitik in Deutschlandkommen.

Heute ist ein guter Tag für die Landwirtschaft.Nach wie vor müssen sich viele Landwirte miteinem schwierigen Ansehen herumschlagen. Etiket-ten wie „Überschussproduzenten“ und andere wenigschmeichelhafte Bezeichnungen sind durchaus ausgutem Grund in weiten Teilen der Bevölkerung ver-ankert. Es geht darum, diese Etiketten und auch dieFehlanreize in der Agrarpolitik loszuwerden. Dieheute zu verabschiedende Agrarreform ist eindeutigeine Zäsur in der fast 50-jährigen Geschichte dereuropäischen Agrarpolitik, deren Wurzeln in der Zeitder Bismarck’schen Getreidezölle zu Gunsten derpreußischen Junker zu finden sind.

Das zu verabschiedende Gesetz wird das Gesichtder Landwirtschaft verändern. Das Stichwort heißt„Entkopplung“. Wenn es den Nichtagrarpolitikernhier im Raum etwas komisch vorkommt: Es geht da-rum, dass die Subventionierung der Produktiongeändert wird, dass der Landwirt in Zukunft Unter-nehmer sein muss, dass er nicht mehr nur auf Grundvon speziellen Subventionsanreizen Entscheidungentrifft, sondern sich eigene Bereiche suchen muss,dass das Prinzip von Angebot und Nachfrage stärkerEinzug halten muss, wie wir es aus den meisten Wirt-schaftsbereichen kennen.

Heute ist ein Tag, an dem wir den Landwirtenmehr Freiheit geben. Wenn man fragt, warum es inden vergangenen Monaten so harte Diskussionen ge-geben hat, muss man sagen: vielleicht auch deshalb,weil der eine oder andere Funktionär und Verbands-vertreter Angst vor dieser Freiheit hatte. Die Land-wirte haben nun die Verpflichtung zu produzieren,was der Markt verlangt, und sich damit noch stärkeran den Bedürfnissen und Erwartungen der Verbrau-cherinnen und Verbraucher auszurichten.

Erstmalig werden die Ausgleichszahlungen an dieLandwirtschaft an die Einhaltung konkreter Umwelt-,Tierschutz- und Verbraucherschutzstandards gebun-den. Damit erhalten die Steuerzahlerinnen und Steu-erzahler, die für diese Milliardenbeträge aufkommen,ein Mehr an Transparenz und eine nachvollziehbareGegenleistung für ihre Steuermittel.

Als Nebeneffekt wird es nach dem Ende eines lan-gen Gleitfluges, also nach der Übergangsphase zwi-schen dem alten und dem neuen System, zu einerdrastischen Verwaltungsvereinfachung kommen –ein Anliegen, das alle Agrarpolitiker teilen. Deshalbist die Entkopplung das Herzstück der Agrarreform.

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Von besonderem Interesse werden zukünftig Spe-zialisierungen in der Landwirtschaft sein. UnsereLandwirte werden sich weitere Standbeine suchenmüssen, sei es im Tourismus, in der Energiewirt-schaft oder in der Natur- und Landschaftspflege.

Verehrte Damen und Herren, ich will auch auf diekritischen Punkte des Kompromisses hinweisen. Essind längst nicht alle Vorstellungen der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung in den Kompromisseingeflossen. Wie so häufig müssen wir mit Teilerfol-gen zufrieden sein. Schleswig-Holstein hat sich im-mer für einen früheren Beginn des Gleitfluges, alsofür ein rascheres Ende der betriebsindividuellen Zah-lungen zu Gunsten einer allgemeinen regionalen Flä-chenprämie, eingesetzt.

Wir hätten uns auch gewünscht, dass klarere Zei-chen zu Gunsten von Grünland gesetzt worden wä-ren. Ich bin mir mit der Arbeitsgemeinschaft bäuerli-che Landwirtschaft und vielen Umweltverbändeneinig: Grünland gehört zu den ökologisch besonderswertvollen Bestandteilen unserer Kulturlandschaft.Die traditionelle Agrarpolitik hat es jahrzehntelangsträflich vernachlässigt. Die Folge ist bekannt: Über-all ist der Grünlandanteil stark gesunken, in der Bun-desrepublik seit 1950 bis heute von 40 auf 30 % derlandwirtschaftlichen Nutzfläche. Darum ist es richtigund konsequent, in Zukunft – das heißt aber: erst ab2010 bis 2013 – die Bewirtschafter von Acker- undGrünland gleich zu behandeln und mit gleichen Prä-mienrechten auszustatten.

Entscheidend aus der Sicht der Grünlandbetriebeist jedoch, wie hoch die Grünlandprämie am Anfangsein kann; denn bis 2010/2013 ist es ein langer Weg.Insofern kann ich verstehen, dass es viele Ent-täuschte gibt, die der Auffassung sind, dass der Kom-promiss eigentlich nicht ausreiche. Bundesweit wirddie Grünlandprämie noch bis 2010 im Durchschnittweniger als 100 Euro betragen, erst danach wird sieauf ca. 300 Euro anwachsen, während die Prämie aufAckerland von Anfang an bei gut 300 Euro liegenwird.

Vor diesem Hintergrund begrüße ich es, dass aufInitiative Schleswig-Holsteins die Länder die Optionerhalten, an dieser Stelle regional Nachbesserungenvorzunehmen. Wir in Schleswig-Holstein werden da-von Gebrauch machen und den Grünlandlandwirtenvon Anfang an eine faire Chance geben.

Verehrte Damen und Herren, ich schließe michauch den abschließenden Worten des Kollegen Back-haus an. Wir haben einen wichtigen Schritt getan,sind aber noch nicht durch. Ich wünsche mir, dass ge-nauso leidenschaftlich, konstruktiv und kompromiss-orientiert im Herbst diskutiert wird, wenn es um diekonkrete Verordnung zum Stichwort „Cross Com-pliance“ geht. Im Kern geht es dabei um die bereitsangesprochene Verknüpfung der Ausgleichszahlun-gen mit Regeln des Umwelt-, Verbraucher- und Tier-schutzes.

Ich möchte Sie schon an dieser Stelle eindringlichbitten, die entsprechende Verordnung in den nächs-ten Sitzungen ebenso konstruktiv zu begleiten und

Klaus Müller (Schleswig-Holstein)

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Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 353

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)zu verabschieden. Zwar steckt der Teufel auch hierim Detail, aber wir werden diese Kuh vom Eis krie-gen, damit der Schlussstein der Agrarreform passt. –Vielen Dank.

Amtierender Präsident Kurt Beck: Danke schön,Herr Müller!

Das Wort hat Frau Bundesministerin Künast.

Renate Künast, Bundesministerin für Verbraucher-schutz, Ernährung und Landwirtschaft: Herr Präsi-dent, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir kön-nen mit Fug und Recht sagen, dass wir mit demAgrarreformgesetz für mehr Gerechtigkeit in derLandwirtschaft sorgen und dass es ein wichtiger Be-standteil ist, den landwirtschaftlichen Betriebenüberzeugende Zukunftsperspektiven zu bieten. Wa-rum? Ab dem 1. Januar 2005 wird der unternehmeri-sche Freiraum für die Landwirtschaft größer, dieMarktorientierung wird gestärkt, und es gibt keineAnreize mehr, Überschüsse zu produzieren. Schongar nicht finanzieren wir noch die Lagerung undKühlung solcher Überschüsse.

Durch die Entkopplung ab 1. Januar 2005 verlierendie Direktzahlungen ihren handelshemmenden oderwettbewerbsverzerrenden Charakter. Damit hat dieLandwirtschaft, worauf wir stolz sein können, einenBeitrag dazu geleistet, dass Deutschland bzw. die EUin den WTO-Verhandlungen aktiv auftreten können,nicht aus der Defensive heraus verhandeln müssen,wie das in der Vergangenheit der Fall war. Es ist aufder einen Seite positiv für die Landwirtschaft, dasssie selber strukturieren kann, was bei den WTO-Ver-handlungen herauskommt, statt sich etwas überstül-pen zu lassen, auf der anderen Seite geben wir einenaktiven Schub dafür, dass Europa dort Interessen aufanderen Gebieten besser durchsetzen kann, woranuns allen gelegen ist.

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz reicht inseiner Wirkung weit über den Agrarbereich hinaus.Es soll am 1. Januar 2005 in Kraft treten.

Es beginnt mit einem Kombinationsmodell undwird schließlich von 2010 bis 2013 schrittweise zueinem reinen Regionalmodell übergehen. Damit ha-ben – auch wenn ich mir frühere Zeitpunkte ge-wünscht hätte – die Bäuerinnen und Bauern ausrei-chend Zeit, sich auf die Veränderungen einzustellen.Sie müssen ja betriebswirtschaftlich rechnen, z. B.abzahlen.

Mit dem Regionalmodell wird die Förderung ins-gesamt ausgewogener. Für uns war wichtig, dass dasGrünland, das bisher in der Förderung definitiv be-nachteiligt war, besser gestellt wird und dass exten-sive umweltschonende Produktionsweisen begüns-tigt werden. Beides kommt den Betrieben zugute,beides kommt der Umwelt zugute.

Wir haben die Milchviehbetriebe bewusst nichtherausgenommen, aber einen Zeitraum gewählt, derfür sie akzeptabel ist. Wir konnten sie nicht heraus-nehmen, weil am Ende die „Sofamelker“ – ich

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glaube, der Begriff ist jetzt eingeführt – profitiert hät-ten und andere Betriebsinhaber mehr hätten abge-ben müssen.

Die konkrete Umsetzung der Umwelt- und andererAuflagen steht uns noch bevor. Wir haben hier eineErmächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen.Ich meine, dass wir auch den nächsten Schritt gut ge-hen können, immer mit dem Ziel, meine Damen undHerren, unnötige Bürokratie zu vermeiden, beste-hende Programme möglichst wenig zu beschneidenund ein leicht zu kontrollierendes transparentes Sys-tem zu haben. Unser Ziel ist es, den Umweltschutz zuverbessern, die Lebens- und Futtermittelsicherheitzu erhöhen – was im Übrigen nicht nur Kontrolle derLandwirtschaft bedeutet, sondern Unterstützung derLandwirte und der nachfolgenden Bereiche darin,möglichst wirtschaftlich zu arbeiten –, zur Gesund-heit der Tiere und zum Tierschutz beizutragen.

Insgesamt stehen den Bundesländern auf Grundder Reform zukünftig mehr Möglichkeiten zur Verfü-gung, gezielte Agrarstruktur- und Agrarumweltmaß-nahmen zu fördern. Die Entwicklung der ländlichenRäume wird gestärkt. Die Landwirte erhalten, nochbevor die WTO-Gespräche abgeschlossen sind, neueMöglichkeiten; dies ist ein wichtiger Aspekt derAgrarreform, der sich auf die Dauer positiv auswir-ken wird. Nehmen wir z. B. die Entwicklung bei dennachwachsenden Rohstoffen, bei erneuerbarenEnergien! Hier liegen Synergieeffekte, sich gegen-seitig unterstützende Effekte. Mehr Markt, mehrwirtschaftliche Möglichkeiten, das gehört zusammenund gibt den Landwirten neue Einkommensstand-beine.

Meine Damen und Herren, ich möchte an dieserStelle allen danken, die in den vergangenen dreiJahren konstruktiv an der Verwirklichung der Re-form mitgearbeitet haben. Es ist schon darauf hinge-wiesen worden, dass es vor drei Jahren nicht so aus-sah, als würde sie auf den ersten Hieb zur Umsetzungkommen. Wir haben es aber geschafft, und ich freuemich, dass wir sie heute hier mit der großen Mehrheitder Bundesländer beschließen.

Heute sieht man es nicht, aber je mehr Zeit ver-geht, desto klarer wird, dass diese Reform ein Mei-lenstein in der Geschichte der deutschen Landwirt-schaft ist. Sie ist eine Reform für die Bäuerinnen undBauern, für die Verbraucherinnen und Verbraucherund für den ländlichen Raum. In Ost und West – imOsten besonders – haben wir sie bitter nötig. – VielenDank.

Amtierender Präsident Kurt Beck: Vielen Dank,Frau Bundesministerin!

Je eine Erklärung zu Protokoll*) haben HerrStaatsminister Huber (Bayern) und Herr MinisterKöberle (Baden-Württemberg) für Herrn MinisterStächele abgegeben. – Weitere Wortmeldungen seheich nicht.

*) Anlagen 6 und 7

Klaus Müller (Schleswig-Holstein)

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354 Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

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)Wir kommen zur Abstimmung.

Ich beginne mit Punkt 79 unserer Tagesordnung.

Wer dem Gesetz in der auf Grund des Vorschlagsdes Vermittlungsausschusses in Drucksache 531/04geänderten Fassung zustimmen möchte, den bitte ichum das Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt.

Wir kommen nun zu dem Entschließungsantrag derfünf Länder in Drucksache 531/1/04. Wer stimmt da-für? – Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat die Entschließung gefasst.

Wir kommen zur Abstimmung zu Tagesordnungs-punkt 80.

Wer diesem Gesetz in der auf Grund des Vor-schlags des Vermittlungsausschusses in Drucksache532/04 geänderten Fassung zustimmen möchte, denbitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat auch diesem Gesetz zuge-stimmt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 81 auf:

Elftes Gesetz zur Änderung des Außenwirt-schaftsgesetzes (AWG) und der Außenwirt-schaftsverordnung (AWV) (Drucksache 533/04)

Auch hierbei handelt es sich um einen Rückläuferaus dem Vermittlungsausschuss. Zur Berichterstat-tung erteile ich Herrn Staatsminister Mittler (Rhein-land-Pfalz) das Wort.

Gernot Mittler (Rheinland-Pfalz), Berichterstatter:Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Das nicht zustimmungsbedürftige Gesetz er-möglicht es der Bundesregierung, den Verkauf deut-scher Rüstungsunternehmen ins Ausland zu be-schränken. Im Interesse der nationalen Sicherheitsollen Unternehmensanteile von mehr als 25 % nurmit ihrer Genehmigung veräußert werden dürfen.

Der Bundesrat hat am 11. Juni 2004 den Vermitt-lungsausschuss aus zwei Gründen angerufen:Erstens sollte das staatliche Eingriffsrecht auf Un-ternehmen beschränkt werden, die Güter der Kriegs-waffenliste herstellen. Zweitens sollte die Ge-nehmigungspflicht durch eine Meldepflicht mitEinwirkungsmöglichkeit der Bundesregierung er-setzt werden.

Der Einigungsvorschlag des Vermittlungsaus-schusses vom 30. Juni 2004 sieht nun vor, eine Mel-depflicht des Erwerbers gegenüber dem Bundes-ministerium für Wirtschaft und Arbeit einzuführen.Innerhalb eines Monats kann das Ministerium denErwerb untersagen, wenn nationale Sicherheitsinte-ressen dies gebieten.

Dem ersten Anrufungsgrund ist der Vermittlungs-ausschuss nicht gefolgt.

Der Bundestag hat das Vermittlungsergebnis am2. Juli 2004 gebilligt.

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Der Bundesrat hat nun darüber zu entscheiden, ober gegen das Gesetz in der vom Vermittlungsaus-schuss vorgelegten Fassung Einspruch einlegt.

Amtierender Präsident Kurt Beck: Vielen Dank,Herr Kollege Mittler!

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht.

Baden-Württemberg beantragt in Drucksache 533/1/04, Einspruch gegen das Gesetz einzulegen. Werdiesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich umdas Handzeichen. – Das ist eine Minderheit.

Damit hat der Bundesrat gegen das Gesetzk e i n e n Einspruch eingelegt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 82 auf:

Gesetz zur Sicherung und Förderung des Fach-kräftenachwuchses und der Berufsausbil-dungschancen der jungen Generation (Berufs-ausbildungssicherungsgesetz – BerASichG)(Drucksache 534/04)

Zur Berichterstattung aus dem Vermittlungsaus-schuss erteile ich erneut Herrn Staatsminister Mittler(Rheinland-Pfalz) das Wort.

Gernot Mittler (Rheinland-Pfalz), Berichterstatter:Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit demvon den Koalitionsfraktionen in den Bundestageingebrachten und nach ihrer Auffassung nicht zu-stimmungsbedürftigen Gesetz zur Sicherung undFörderung des Fachkräftenachwuchses und der Be-rufsausbildungschancen der jungen Generation solldie Bereitstellung zusätzlicher Ausbildungsplätze ge-fördert werden, um allen Jugendlichen in Deutsch-land eine Berufsausbildung zu sichern. Dies sollgrundsätzlich durch eine Abgabe von jenen Unter-nehmen finanziert werden, die mehr als zehn sozial-versicherungspflichtig Beschäftigte haben und dieunterhalb der gesetzlich festgelegten Ausbildungs-quote ausgebildet haben. Das Gesetz soll jedochseine Wirkung nur entfalten, wenn am 30. Septembereines jeden Jahres nicht ausreichend Ausbildungs-plätze zur Verfügung stehen.

Der Bundesrat hat am 11. Juni 2004 den Vermitt-lungsausschuss mit dem Ziel der Aufhebung des Ge-setzes angerufen. Zudem hat er die Zustimmungsbe-dürftigkeit des Gesetzes festgestellt.

Der Vermittlungsausschuss hat sich mit dem Gesetzam 17. und 30. Juni 2004 befasst und das Vermitt-lungsverfahren ohne Einigungsvorschlag abge-schlossen, nachdem zuvor der nationale Ausbil-dungspakt zwischen der Bundesregierung und denSpitzenverbänden der deutschen Wirtschaft zuStande gekommen war.

Der Bundesrat hat nun darüber zu entscheiden, ober dem ihm unverändert wieder vorliegenden Gesetzzustimmt.

Amtierender Präsident Kurt Beck: Vielen Dank,Herr Berichterstatter!

Amtierender Präsident Kurt Beck

Page 43: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 355

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)Ich darf Ihnen mitteilen, dass je eine Erklärung zu

Protokoll*) abgeben: Frau Ministerin Dr. Trauernicht(Schleswig-Holstein) für Frau MinisterpräsidentinSimonis, Herr Staatsminister Mittler (Rheinland-Pfalz), Herr Minister Gerhards (Nordrhein-Westfalen),Herr Staatsminister beim Bundeskanzler Schwanitzund Herr Minister Professor Dr. Dr. Metelmann(Mecklenburg-Vorpommern). – Ich sehe keine Wort-meldungen.

Dann kommen wir zur Abstimmung. Der Vermitt-lungsausschuss hat das Verfahren ohne Einigungs-vorschlag abgeschlossen. Das Gesetz liegt daher inunveränderter Fassung vor.

Am 11. Juni 2004 haben wir die Zustimmungsbe-dürftigkeit des Gesetzes festgestellt.

Bayern und Baden-Württemberg beantragen, demGesetz nicht zuzustimmen und vorsorglich Einsprucheinzulegen. Entsprechend unserer Geschäftsordnungfrage ich positiv, wer dem Gesetz zuzustimmenwünscht. Ich bitte um das Handzeichen. – Das ist nie-mand, damit eine Minderheit.

Der Bundesrat hat dem Gesetz n i c h t zuge-stimmt.

Dann kommen wir zu dem 2-Länder-Antrag. Eswurde gebeten, über die Frage der vorsorglichenEinlegung des Einspruchs durch Aufruf der Länderabzustimmen. Ich bitte die Frau Schriftführerin, dieLänder aufzurufen.

Dr. Beate Merk (Bayern), Schriftführerin:

Baden-Württemberg Ja

Bayern Ja

Berlin Nein

Brandenburg Enthaltung

Bremen Enthaltung

Hamburg Ja

Hessen Ja

Mecklenburg-Vorpommern Nein

Niedersachsen Ja

Nordrhein-Westfalen Enthaltung

Rheinland-Pfalz Enthaltung

Saarland Ja

Sachsen Ja

Sachsen-Anhalt Ja

Schleswig-Holstein Enthaltung

Thüringen Ja

*) Anlagen 8 bis 12

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Amtierender Präsident Kurt Beck: Damit hat derBundesrat mit der Mehrheit seiner Stimmen be-schlossen, gegen das Gesetz vorsorglich Einsprucheinzulegen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 83 auf:

Gesetz über den nationalen Zuteilungsplan fürTreibhausgas-Emissionsberechtigungen in derZuteilungsperiode 2005 bis 2007 (Zuteilungsge-setz 2007 – ZuG 2007) (Drucksache 535/04, zuDrucksache 535/04)

Auch dieses Gesetz kommt aus dem Vermittlungs-ausschuss zurück. Zur Berichterstattung erteile ichHerrn Minister Müller (Schleswig-Holstein) das Wort.

Klaus Müller (Schleswig-Holstein), Berichterstatter:Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen undHerren! Der Deutsche Bundestag hat am 28. Mai2004 das Gesetz über den nationalen Zuteilungsplanfür Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in derZuteilungsperiode 2005 bis 2007 beschlossen.

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 11. Juni ausinsgesamt 23 Gründen den Vermittlungsausschussangerufen; ich erspare Ihnen die Details.

Der Vermittlungsausschuss hat das Gesetz am30. Juni in drei Sitzungen behandelt und das Verfah-ren ohne Einigung abgeschlossen. Es konnte keinKonsens darüber erzielt werden, ob die einzelnenZuteilungen verändert oder auf dem vom Bundestagvorgeschlagenen Niveau beibehalten werden.

Insofern muss der Bundesrat nun darüber entschei-den, ob er Einspruch gegen das Gesetz erhebt.

Amtierender Präsident Kurt Beck: Vielen Dank,Herr Berichterstatter!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Vermittlungs-ausschuss hat das Verfahren ohne Einigungs-vorschlag abgeschlossen. Die Länder Bayern undBaden-Württemberg beantragen in Drucksache 535/1/04, gegen das Gesetz Einspruch einzulegen. Werdiesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Hand-zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat mit der Mehrheit seinerStimmen beschlossen, gegen das Gesetz Einsprucheinzulegen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Gesetz zur Neuordnung des Gentechnikrechts(Drucksache 487/04, zu Drucksache 487/04)

Hierzu liegt eine Reihe von Wortmeldungen vor.Ich erteile Frau Ministerin Wernicke (Sachsen-An-halt) das Wort.

Petra Wernicke (Sachsen-Anhalt): Herr Präsident!Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem Bun-desrat liegt heute das Gesetz zur Neuordnung des

Amtierender Präsident Kurt Beck

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356 Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

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)Gentechnikrechts vor, dessen Entstehungsgeschichteschon bemerkenswert ist.

Nachdem die Bundesregierung die nationale Um-setzung der europäischen Freisetzungsrichtlinie im-mer wieder verzögert und damit ein Vertragsverlet-zungsverfahren verursacht hat – immerhin war dieUmsetzungsfrist im Oktober 2002 abgelaufen –, sollnunmehr das Gentechnikrecht überfallartig durchdas Gesetzgebungsverfahren getrieben werden.

Mit der Neuordnung des Gentechnikrechts stehteine der wichtigsten Entscheidungen in diesem Be-reich in dieser Legislaturperiode an. Das Gesetz wirdweit reichende Auswirkungen auf die Landwirt-schaft, den Forschungs- und WirtschaftsstandortDeutschland und die Verbraucher haben. Deshalbwären umfassende und sorgfältige Beratungen unterBeteiligung der Bundesländer notwendig gewesen.

Rotgrün verweigert nunmehr aus parteipolitischenGründen eine vernünftige Beratung des Gentechnik-rechts, indem die wesentlichen Regelungen zur Ko-existenz und zur Haftung in ein nicht zustimmungs-pflichtiges Gesetz eingebracht wurden.

Die Aufspaltung des insgesamt zustimmungspflich-tigen Gesetzentwurfs der Bundesregierung in zweiTeile, von denen nur einer zustimmungspflichtig ist,dient dazu, die verfassungsmäßigen Rechte des Bun-desrates zu unterlaufen. Dieses Vorgehen der Regie-rungskoalition strapaziert den vom Grundgesetz vor-gegebenen Weg der Gesetzgebung in unerträglicherWeise.

Lassen Sie es mich deutlich sagen: Die geplantenRegelungen im Gesetz, aber auch die Äußerungenund konkreten Maßnahmen von Frau Bundesministe-rin Künast zur grünen Gentechnik lassen daraufschließen, dass der Bundesregierung an einer tat-sächlichen Koexistenz aller Anbauformen nichtwirklich gelegen ist, sondern dass der Anbau vongentechnisch veränderten Kulturpflanzen verzögert,erheblich erschwert bzw. verhindert werden soll.

Der vorliegende Antrag auf Anrufung des Vermitt-lungsausschusses mit dem Ziel der grundlegendenÜberarbeitung des Gesetzes greift daher zu RechtÄnderungsvorschläge des Bundesrates auf, die die-ser bereits zum Regierungsentwurf beschlossen hat.Dieser Antrag der Länder Hessen, Baden-Württem-berg, Bayern, Hamburg und Sachsen findet meineuneingeschränkte Unterstützung.

Ich will auf den Antrag nicht im Einzelnen einge-hen. Vielmehr möchte ich ein Thema ansprechen, dasmich besonders bewegt und das auf verschiedeneWeise mit dem aktuellen Gesetzgebungsverfahren inVerbindung gebracht wird. Ich meine den Erpro-bungsanbau in Sachsen-Anhalt. Sie wissen, dassSachsen-Anhalt im Rahmen seiner Biotechnologie-offensive gemeinsam mit anderen Bundesländern ei-nen Erprobungsanbau initiiert hat, der übrigens nichtnur in unionsregierten, sondern auch in SPD-regier-ten Ländern durchgeführt wird.

Frau Bundesministerin K ü n a s t , aber auch HerrBundesminister T r i t t i n lassen keine Gelegenheit

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ungenutzt, der Landesregierung von Sachsen-An-halt, insbesondere mir, Geheimaktionen zu unterstel-len. Dieses Argument muss nun offenbar auch zurBegründung für die verschärften Regelungen im Ge-setz und das gewählte Verfahren herhalten.

Lassen Sie mich klarstellen: Der in mehreren Bun-desländern durchgeführte Erprobungsanbau beruhtentgegen anders lautenden Behauptungen eindeutigauf geltendem nationalen Recht.

Das Bundessortenamt hat die Vertriebsgenehmi-gungen für die entsprechenden Maissorten erteilt,unabhängig davon, von wem oder wo sie angebautwerden. Frau Künast, Ihre Behörde lässt das In-Ver-kehr-Bringen einer Sorte zu, aber Sie als Bundesmi-nisterin regen sich auf, wenn sie auch angebaut wird.

Es war Bundeskanzler Schröder selbst, der bereitsim Sommer 2000 einen großflächigen Erprobungsan-bau zugesagt und die notwendigen Rahmenbedin-gungen mit den Beteiligten unterschriftsreif ausge-handelt hat.

In den letzten Jahren fanden bereits in ähnlichemUmfang ein Bt-Maisanbau sowie eine vom Bun-desforschungsministerium geförderte umfangreicheBegleitforschung statt. Ich frage mich, warum die Be-gleitforschung bislang möglich war, heute aber nichtmehr möglich sein soll.

Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt hat sichzu jeder Zeit entsprechend den rechtlichen Gegeben-heiten dafür eingesetzt, die Initiative so transparentwie möglich zu gestalten. Ich selbst habe in zahlrei-chen Veranstaltungen alle Beteiligten regelmäßig in-formiert und mit ihnen diskutiert. Im Übrigen ist am21. Juli dieses Jahres eine Tagung am Standort Iden,wo Bt-Mais angebaut wird, geplant, die ebenfalls derInformation der breiten Öffentlichkeit dienen soll.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen undHerren, noch einige Bemerkungen zur immer wiedervorgebrachten Kritik wegen der Nichtbekanntgabeder Anbauflächen und der in diesem Zusammenhangstehenden Wertungen zur künftigen Meldepflichtnach EU-Recht sowie zur Geltung des Umweltinfor-mationsgesetzes.

Wenn die Bundesregierung die Freisetzungsrichtli-nie rechtzeitig umgesetzt hätte, hätten wir heute einStandortregister. Das Bundesministerium für Ver-braucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft hatzwar den Saatgutvertrieb von Bt-Mais – dem Mais,der bei uns im Moment angebaut wird – zugelassen,ist aber seiner Verantwortung für mehr Transparenzin der praktischen Umsetzung bislang nicht gerechtgeworden. Dann darf man sich nicht beklagen unddie Länder beschuldigen.

Sachsen-Anhalt hat sich jedenfalls im laufendenGesetzgebungsverfahren für ein Melderegister ein-gesetzt, das insbesondere den datenschutzrechtli-chen Anforderungen umfassend gerecht werdenmuss. Aber nach der jetzigen Rechtslage, wie sie dasUmweltinformationsgesetz vorschreibt, bezieht sichder Auskunftsanspruch in Umweltangelegenheiten

Petra Wernicke (Sachsen-Anhalt)

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Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 357

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)nur auf die Daten, die der Behörde vorliegen. EinAnspruch gegen die Behörde auf Beschaffung vonumweltrelevanten Daten besteht nicht. Das Verwal-tungsgericht in Magdeburg hat deshalb den Eil-antrag einer Nichtregierungsorganisation auf Be-kanntgabe der Flächen des Erprobungsanbausabgewiesen.

Abschließend eine Anmerkung zur Haftungsfrage!Die vorgeschlagenen Regelungen zur Haftung stoßenbei vielen, insbesondere beim Deutschen Bauernver-band, auf grundsätzliche Ablehnung. Es ist nicht hin-nehmbar, dass die gesamte Verantwortung für denEinsatz der Gentechnik bei den Landwirten liegt. Dasdamit auferlegte Risiko ist keinem Landwirt zumut-bar und unverhältnismäßig. Unter diesen Bedin-gungen stellt der Deutsche Bauernverband fest, dasser keinem Landwirt den GVO-Anbau empfehlenkann. Ist es das, was die Bundesregierung erreichenwollte?

Mit dem vorliegenden Gesetz werden wir das Ziel,Koexistenz zu praktizieren, verfehlen. Deshalbmöchte ich die Anrufung des Vermittlungsausschus-ses mit dem Ziel der grundlegenden Überarbeitung desGesetzes nochmals ausdrücklich unterstützen. LassenSie uns im Vermittlungsausschuss an der Sacheorientiert ein Ergebnis erzielen, das dem Anliegender Koexistenz gerecht wird! – Vielen Dank.

Amtierender Präsident Kurt Beck: Danke schön!

Das Wort hat Frau Ministerin Höhn (Nordrhein-Westfalen).

Bärbel Höhn (Nordrhein-Westfalen): Herr Präsi-dent, meine Damen und Herren! Die Gentechnik inder Landwirtschaft steht zu Recht im Zentrum derDiskussion, weil viele Fragestellungen, die den Ver-braucherschutz sowie Umwelt- und Naturschutz be-treffen, damit zusammenhängen.

Frau Kollegin, wir sollten die Bedenken der Ver-braucherinnen und Verbraucher und übrigens auchder meisten Bauern ernst nehmen. 70 % der Ver-braucherinnen und Verbraucher wollen Gentechnikin der Landwirtschaft nicht. Nahezu 100 % der Bau-ern, ob sie ökologisch oder konventionell anbauen,wollen Gentechnik in der Landwirtschaft nicht, sieerkennen den Nutzen nicht.

Wir müssen die EU-Freisetzungsrichtlinie umset-zen. Dabei geht es um die so genannte Koexistenz,um die Frage, wie wir Gentechnikanbau und gen-technikfreien Anbau nebeneinander gewährleisten.Es geht um die Wahlfreiheit der Bauern, gentechnik-frei anzubauen, liebe Kollegin, und um die Wahlfrei-heit der Konsumenten, um den Schutz der biologi-schen Vielfalt und um die Frage der Haftung.

Ich muss ehrlich sagen, dass die vorliegenden An-träge diesen sensiblen Punkten nicht genügen. Wiewollen Sie Koexistenz ohne Definition der Anforde-rungen der so genannten guten fachlichen Praxis ge-währleisten? Da sagt einer: Hier habe ich Raps ange-baut, warum nicht auch auf dem Feld fünf Meter

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daneben? – Aus Ihrer Sicht soll der Bauer selbst ent-scheiden, wie er die gute fachliche Praxis einbringt,wenn er gentechnisch veränderte Pflanzen anbaut.Das ist ein Unding. Das wird die anderen ver-unsichern. Sie müssen doch auch diejenigen schüt-zen, die weiterhin anbauen wollen wie bisher. Aberdavon ist bei Ihnen nicht die Rede. Wie wollen Siebei Legalisierung von Auskreuzungsprodukten ausFreisetzungsversuchen ohne Anforderungen an Aus-stattung und Zuverlässigkeit der Bauern Schutz er-reichen?

Ich sage also sehr deutlich: Ihre Vorschläge sindfür fast 100 % der Bauern, für alle, die weiterhin an-bauen wollen wie bisher, nicht praxistauglich. In die-ser Meinung werden wir im Übrigen von diversenExperten bis hin zum Sachverständigenrat für Um-weltfragen bestärkt. Nach wie vor stellen sich sehrviele Fragen. Mais ist anders zu bewerten als Raps,was die Auskreuzung angeht. Also kann man nichteinfach sagen: Jeder entscheidet nach eigenemGusto.

Wenn eine Auskreuzung stattfindet, kann derNachbar, der mit Gentechnik nichts am Hut hat,seine Produkte nicht mehr verkaufen, weil sie konta-miniert sind. Dadurch hat er einen Schaden. Sie wol-len die Haftung so regeln, dass die Gewinne privati-siert und die Risiken verstaatlicht werden. DieSteuerzahler sollen dafür haften, wenn der eine oderandere es einmal ausprobieren will. Das geht nicht,zumal 70 % der Bevölkerung und fast 100 % der Bau-ern Gentechnik überhaupt nicht wollen.

Schließlich zur Information! Sie haben hier in derDefensive gestanden und gesagt, dass Sie wegen Ih-res Erprobungsanbaus eine Menge Kritik erfahrenmussten. Richtig ist, dass GVO-Anbau bisher schonmöglich ist. Aber wenn Sie das entsprechende Gesetzseinerzeit nicht gestoppt hätten, hätten wir heute diePflicht zur Information. Das heißt: Sie bauen an, Sieinformieren nicht, und Sie blockieren das Gesetz, da-mit die Informationspflicht nicht zum Tragen kommt.Dies zeigt, wie zwiespältig Sie damit umgehen. Siewollen zwar den Anbau gentechnisch veränderter Or-ganismen, aber wenn Sie die Leute nicht informieren,wenn Sie alles geheimniskrämerisch angehen, wer-den Sie deren Vertrauen nicht gewinnen.

Wir gehen einen anderen Weg. Wir wollen Trans-parenz in diesem Punkt. Und wir wollen etwas, wasSie nicht genannt haben: Wir wollen die Vielfalt, denSchutz von ökologisch sensiblen Gebieten. Das be-deutet, dass auch eine Prüfmöglichkeit im Natur-schutzrecht dringend erforderlich ist.

Meine Damen und Herren, wir müssen eine Rege-lung finden, die diesen Fragestellungen sowie denInteressen der Bevölkerung und der Bauern gerechtwird. – Danke fürs Zuhören.

Amtierender Präsident Kurt Beck: Danke schön!

Das Wort hat Herr Staatsminister Dr. Schnappauf(Bayern).

Petra Wernicke (Sachsen-Anhalt)

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358 Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

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) Dr. Werner Schnappauf (Bayern): Herr Präsident,meine Damen und Herren! Frau Kollegin Höhn hatsoeben von mangelnder Praxistauglichkeit der Vor-schläge gesprochen. Frau Kollegin Höhn, das, wasIhre Seite vorgelegt hat, zeugt von mangelnder In-novationsfähigkeit und bedeutet im Gegenteil einZurückdrehen bereits beschlossener Innovationen.Denn die Bundesregierung hat sich im Jahr 2000 aufdem Gipfel von Lissabon klar zur Gentechnik be-kannt. Sie hat im Jahr 2001 der EG-Freisetzungs-richtlinie zugestimmt und damit die Entscheidung fürdie grüne Gentechnik in Europa mitgetragen.

Derzeit erleben wir, dass Bundeskanzler Schröderbei öffentlichen Veranstaltungen landauf, landab füreine Innovationskampagne wirbt, um die Zukunfts-chancen für unsere Kinder und Enkelkinder zu erhö-hen. Doch wie das Lippenbekenntnis zu Innovatio-nen umgesetzt wird, erleben wir beim Thema„Gentechnik“: Die Bundesregierung legte einen Ent-wurf vor, der – das hat Frau Kollegin Wernicke deut-lich gemacht – innovationsfeindlich gegenüber dieserneuen Technologie ist, der durch überzogene natio-nale Regelungen versucht, europäisches Recht aus-zuhöhlen.

Bayern beantragt die Anrufung des Vermittlungs-ausschusses. Dies möchte ich knapp begründen.

Erstens. Das Gesetz umgeht die Länder, dieschließlich für den Vollzug zuständig sind.

Zweitens. Nach unserer Überzeugung ist das Ge-setz in Brüssel so nicht notifizierbar.

Drittens. Mit diesen Regelungen wird die grüneGentechnik in Deutschland keine Zukunft mehr ha-ben.

Wir werden den „bayerischen Weg“ einbringen,dem folgende Leitgedanken zu Grunde liegen:

Nach dem Vorsorgeprinzip hat die Sicherheit vonMensch und Umwelt oberste Priorität.

Leitlinie für unsere Gentechnikpolitik sind undbleiben der Stand der Wissenschaft und ein auf denEinzelfall bezogenes differenziertes Vorgehen.

In unserer freiheitlich-demokratischen Grundord-nung müssen den Bürgern die verschiedenen Hand-lungsalternativen offen stehen. Deshalb tritt Bayernauch bei der grünen Gentechnik für die Wahlfreiheitder Menschen ein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Gen-technik ist längst Realität. Weltweit wurden im letz-ten Jahr auf 68 Millionen Hektar Fläche gentech-nisch veränderte Pflanzen angebaut. Die wichtigstenLänder sind die USA, Kanada, Argentinien. Hinzukommen Länder wie Brasilien und China, wo inzwi-schen auf 2,8 Millionen Hektar Fläche gentechnischveränderte Baumwolle angebaut wird. Dabei – auchdas hat Kollegin Wernicke anklingen lassen – werden15 000 Tonnen an Insektiziden eingespart. Die Pro-duktionskosten sind um 28 % gesunken. Währendweltweit also die Vorteile der Gentechnik genutztwerden, zerreden wir in Deutschland einmal mehrdie Zukunftschancen dieser neuen Technologie.

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Auf eines möchte ich besonders hinweisen: Wieambivalent der Kurs der Bundesregierung ist, zeigtsich darin, dass sie sich in Brüssel bei der Zulassunggentechnisch veränderter Produkte der Stimme ent-hält, während zugleich in Deutschland das Bundes-sortenamt den Erprobungsanbau von gentechnischverändertem Mais genehmigt. Damit wird in Brüsselauf eine Art und Weise gehandelt, die im eigenenLand wieder unterminiert wird.

Das Gesetz zur Neuordnung des Gentechnikrechtsist unvollständig und in sich unausgewogen. EinigeAspekte zur Begründung:

Erstens. Die Freisetzungsrichtlinie wird nicht voll-ständig umgesetzt. Es fehlen Regelungen zum ver-einfachten Verfahren und zum Monitoring bei Frei-setzungsvorhaben.

Zweitens. Die Anforderungen an die gute fachli-che Praxis missachten das von der EU gefordertePrinzip der Chancengleichheit der verschiedenenlandwirtschaftlichen Anbauverfahren. Das ist schonangesprochen worden.

Drittens. Ähnliches gilt für die Ausgleichsregelun-gen des § 36a. Ich stimme Kollegin Petra Wernickenoch einmal ausdrücklich zu: Letzten Endes kann beider vorliegenden Regelung keinem Landwirt emp-fohlen werden, gentechnisch veränderte Pflanzenanzubauen, wenn er bei Koexistenzproblemen in je-dem Fall, also auch bei Einhaltung der guten fachli-chen Praxis, haften muss. Den gleichen Effekt hat imÜbrigen die vorgesehene verschuldensunabhängigegesamtschuldnerische Haftung. Dies verstößt gegendie verfassungsrechtlich geschützte Freiheit der Be-rufsausübung.

Viertens. Die Länder werden mit den Vollzugspro-blemen allein gelassen. Es fehlen Regelungen, wieüberwacht werden soll, ob alle geeigneten Maßnah-men getroffen wurden, um das zufällige oder tech-nisch nicht zu vermeidende Auftreten von gentech-nisch veränderten Organismen in Produkten zuvermeiden.

Fünftens. Artikel 2 des Gesetzes ergänzt das Bun-desnaturschutzgesetz. Vor dem Anbau gentechnischveränderter Pflanzen ist ihre Verträglichkeit mit denErhaltungszielen eines Gebietes von gemeinschaftli-cher Bedeutung oder eines europäischen Vogel-schutzgebietes zu prüfen. Diese Regelung verstößtnach unserer Überzeugung gegen das Verbot derMischverwaltung.

Sechstens. Wegen Behinderung des freien Waren-verkehrs verstößt das Gesetz gegen Artikel 22 derFreisetzungsrichtlinie.

Siebtens und letztens möchte ich darauf hinweisen,dass sich Deutschland mit diesem Gesetz summasummarum von einer weiteren innovativen Technolo-gie verabschiedet. Wo keine Produkte auf dem Marktabzusetzen sind, wird auch die Forschung zurückge-fahren. Damit gerät Deutschland bei den Zukunfts-chancen immer mehr ins Hintertreffen. Arbeitsplätzewerden so nicht geschaffen.

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Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 359

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)Die Europäische Union will mit der Lissabon-Stra-

tegie Europa zu einem weltweit führenden Wissens-und Technologiestandort machen. EU-Forschungs-kommissar B u s q u i n hat Ende Juni 2004 einenstrategischen Forschungsplan vorgelegt, mit dem dieEU in der Pflanzenbiotechnologie wieder Anschlussan die Weltspitze gewinnen soll. Im Gegenzug legtdie Bundesregierung ein Gentechnikverhinderungs-gesetz vor! Dieses Handeln der Bundesregierung istgeradezu symptomatisch für die Situation, in der sichDeutschland befindet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen undHerren, ich darf zum Schluss aus der Antrittsrede desneuen Bundespräsidenten zitieren:

Warum sind wir … in den letzten Jahrzehntenbei Ideen und Innovationen zurückgefallen? Esgibt unzählige Beispiele dafür, wo Ideen inDeutschland entstanden sind, die Arbeitsplätzeaber anderswo …

Er verweist auf Computer und anderes. – Ich zitiereden Bundespräsidenten weiter:

Ähnliches droht derzeit bei der Nano- und Bio-technologie zu passieren. Hier müssen wir et-was ändern, damit wir nicht zum Brachland derIdeen werden.

Genau darum geht es. Letztlich ist eine Lösung zufinden – das ist unser Ziel im Vermittlungsaus-schuss –, technologische Innovationen und wirt-schaftliches Wachstum mit ökologischer Verträglich-keit zu verbinden.

Ich bitte Sie um Unterstützung der Anrufung desVermittlungsausschusses. – Vielen Dank.

Amtierender Präsident Kurt Beck: Schönen Dank!

Das Wort hat Herr Minister Müller (Schleswig-Hol-stein).

Klaus Müller (Schleswig-Holstein): Sehr geehrterHerr Präsident! Verehrte Damen und Herren! DasMerkwürdige an dieser Debatte ist, dass alle Akteuredas gleiche Ziel proklamieren. Kollegin Wernicke,Kollegin Höhn und Kollege Schnappauf sprachensich für Koexistenz aus: Es soll sowohl Landwirte, diesich für die Gentechnik entscheiden, als auch Land-wirte, die sich für Gentechnikfreiheit entscheiden,geben. Darüber gibt es auf dieser Ebene keinenStreit. Im Konkreten treffen dann aber zwei Positio-nen fast unerbittlich aufeinander.

An dieser Stelle gilt es zu begründen, warum esfalsch wäre, dem bayerischen Antrag, den Vermitt-lungsausschuss anzurufen, zu folgen. Auch das istmerkwürdig: Kollegin Wernicke hat soeben Zeitver-zögerungen beklagt – wobei man jetzt viel dazu sa-gen könnte, welche Rolle dabei einzelne Länder ge-spielt haben. Der bayerische Antrag läuft auf eineweitere Zeitverzögerung hinaus. Daher wird meinSchlussplädoyer dahin gehen, heute in der Sachedem guten, verbesserten Beschluss des Bundestageszuzustimmen.

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Warum gibt es diese harte Kontroverse bezüglichder Instrumente der Koexistenz? Wir haben diese Dis-kussion, weil die Gentechnik in der Landwirtschafteine ausgesprochene Risikotechnologie ist, die sichvon vielen anderen Technologien deutlich abgrenzt.Wir reden über eine Technologie, die, ist sie einmal inder freien Natur ausgesetzt, irreversible Folgen ha-ben kann. Das, was wir einmal auf den Weg bringen,wird eine Entscheidung für zukünftige Generationensein. Wir wissen, dass im Labor vieles möglich ist. Wirwissen, dass in der Produktion und Fertigung vieleskontrollierbar ist. Wir wissen aber genauso um dieUnzulänglichkeiten unserer Kontrolle, wenn es sichum Abläufe in der freien Natur handelt.

( V o r s i t z : Amtierender Präsident Jochen Riebel)

Wenn jetzt die Akteure aller politischen Parteien inder Diskussion das Prinzip der Wahlfreiheit fürLandwirtinnen und Landwirte und für Verbrauche-rinnen und Verbraucher, die Koexistenz unterschied-licher Formen, so hoch halten, warum kommt es dannnicht zu einem gemeinsamen Nenner? Ich glaube,die Befürworter der Linie „freie Fahrt für die grüneGentechnik“ machen es sich etwas zu leicht. Imübertragenen Sinne sind sie gerade dabei, ein Autozuzulassen, das weder über Blinklichter, geschweigedenn über Bremsen verfügt. Sie sind dabei, eineTechnologie auf den Weg zu bringen, ohne klar zubenennen, welche Schranken, welche Ordnungsrah-men im positiven Sinne es geben soll, um zu verhin-dern, dass sich in wenigen Jahren Landwirtinnenund Landwirte, Verbraucherinnen und Verbrauchervor eine Situation gestellt sehen, in der Koexistenznach ihren politischen Vorstellungen de facto nichtmehr möglich ist.

Ich will Ihnen kurz über eine Reise berichten, dieich in die USA unternommen habe, wo in der Tat– Herr Schnappauf hat darauf hingewiesen – vieleLandwirte bereits auf weiten Flächen gentechnischveränderte Produkte anbauen. Dort ist Koexistenzpraktisch nicht mehr möglich. Dort ist Wahlfreiheit,die hier auch von vielen CDU-Vertretern proklamiertwird, schon nicht mehr gegeben.

Wenn man sich nicht zu Beginn eines Prozesses einordentliches Gerüst, einen ordentlichen Rahmensetzt, wie wir das bei allen anderen Technologienkonsensual annahmen, indem wir Sicherheit als ho-hes Gut und die Regeln der guten fachlichen land-wirtschaftlichen Praxis einfordern, Transparenzdurch flurstückgenaue Register und klare Haftungs-regelungen einführen, wird es in wenigen Jahrenschlicht zu spät sein. Dann werden wir hier Diskus-sionen gegen die breite Mehrheit der Bevölkerungführen; Frau Höhn hat darauf hingewiesen. Dannwird es kaum noch möglich sein, hier zu einer gen-technikfreien Produktion zu kommen.

Das heißt, die Bundesregierung und der Bundestag– unterstützt unter anderen von Schleswig-Holstein –streiten eigentlich für ein urkonservatives Anliegen,nämlich für die Selbstbestimmung, für die Wahlfrei-heit unserer Landwirtinnen und Landwirte und unse-rer Verbraucherinnen und Verbraucher.

Dr. Werner Schnappauf (Bayern)

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360 Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

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)Verehrte Damen und Herren, es ist mir ein Rätsel,

wie in Zeiten allgemeiner Plädoyers für und Bemü-hungen um Subventionsabbau hier eine Strategie ab-gelehnt werden kann, die darauf hinausläuft, dassdiejenigen, die eine Technologie einführen wollen,weil sie sich davon handfeste ökonomische Vorteileversprechen, nicht auch die finanzielle Verantwor-tung für diejenigen Landwirte und Nachbarn tragen,die sie schädigen, sondern dass den Schaden wo-möglich der Staat übernehmen soll. Es ist mir ein Rät-sel, warum bei einer neuen Technologie wiederumnach Subventionen – wenn auch indirekt – gerufenwird und nicht gemäß den Haftungsvorschlägen indem Gesetz die Verursacher, diejenigen, die die Gen-technik in der Landwirtschaft einführen wollen, dasfinanzielle Risiko tragen sollen, wenn ihr Nachbar-landwirt, ob er konventionell oder biologischwirtschaftet, nicht mehr den Preis erzielen kann,nicht mehr den Absatz tätigen kann, nicht mehr dasVertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucherhat wie bisher.

Ich verstehe nicht die Polemik, wenn wir eine klareHaftungsregelung und Transparenz haben wollen,um diese neue Technologie zu flankieren.

Ich vermisse positive Vorschläge von denen, diedas Gesetz ablehnen, wie Haftungsregelungen ohnestaatliche Subventionen, ohne „Weichspülung“ letzt-lich zu realisieren sind.

Verehrte Damen und Herren, ich will nicht verheh-len, dass der Beschluss des Bundestages in ein paarPunkten zu kurz gesprungen ist. Ich hätte mir ge-wünscht, dass bei der Freisetzung von gentechnischveränderten Organismen die Bedeutung einer ökolo-gischen Bewertung der Umweltauswirkungen undder Beobachtung der Vorhaben deutlich höher einge-schätzt worden wäre. Darum wäre hier das Mitspra-cherecht des Bundesamtes für Naturschutz nötig ge-wesen.

Auch das Monitoring – eine Diskussion, die wir aufFachebene schon länger führen – ist nach wie vor zuregeln. Die Einbeziehung eines bundesbehördlichenMonitorings, um festzustellen, welche Veränderun-gen es gibt, ist ausgesprochen wichtig. Das hat derSachverständigenrat für Umweltfragen betont.

Verehrte Damen und Herren, auch wenn mit die-sem Gesetz die Freisetzung von gentechnisch verän-derten Pflanzen möglich sein wird, beunruhigenmich persönlich die Risiken außerordentlich. Wir re-den hier über eine irreversible Risikotechnologie. Wirwissen, dass wir eine Entscheidung für zukünftigeGenerationen treffen. Auch wenn das Gesetz strengeRegeln aufstellt und ein hohes Maß an Sicherheit undsonstige Vorkehrungen gewährleistet, ist weder dasRisiko des Missbrauchs auszuschließen, noch könnendie besten Vorgaben zur Rückverfolgbarkeit unge-wollte Auskreuzungen einholen.

Ich appelliere an den Bundesrat, dem Gesetz zuzu-stimmen und den Empfehlungen auf Anrufung desVermittlungsausschusses nicht zu folgen. Es geht da-rum, dass das Gesetz zügig in Kraft gesetzt wird, da-mit in den nächsten Jahren nicht eintritt, was wir in

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Sachsen-Anhalt und in anderen Bundesländern erle-ben, nämlich große Unruhe und Besorgnis, eineSituation, die wir alle, glaube ich, nicht vertretenkönnen.

Amtierender Präsident Jochen Riebel: Dankeschön, Herr Kollege Müller!

Als Nächster hat Herr Parlamentarischer Staats-sekretär Berninger (Bundesministerium für Verbrau-cherschutz, Ernährung und Landwirtschaft) um dasWort gebeten. Bitte sehr, Herr Kollege Berninger.

Matthias Berninger, Parl. Staatssekretär bei derBundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährungund Landwirtschaft: Herr Präsident, meine Damenund Herren! Seit dem 18. April dieses Jahres gilt imgrößten Binnenmarkt der Welt eine einheitlicheKennzeichnung für gentechnisch veränderte Lebens-mittel. Was hat sich seit diesem Zeitpunkt auf demBinnenmarkt getan?

Lebensmittelhersteller in allen europäischen Län-dern, auch solche, die ihre Wurzeln in den Vereinig-ten Staaten haben, produzieren gentechnikfreie Pro-dukte für diesen Markt. Zum Teil wurden Rezepturenvon Lebensmitteln verändert, so dass eine Kenn-zeichnung nach dem 18. April nicht erforderlich ist.

Der Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland, der85 % aller Lebensmittel verkauft und ohne jedenZweifel sehr große Marktmacht hat, vertritt die Auf-fassung, dass möglichst gentechnikfreie Produkte indie Regale kommen sollen. Wenn also über die Inno-vationsfähigkeit einer neuen Technologie gespro-chen wird, muss auch über die Frage geredet wer-den, ob diese einen Markt findet. Hier bleibt docheines zweifelsfrei festzuhalten: Im größten Binnen-markt der Welt haben diejenigen Landwirte einenStandortvorteil, die gentechnikfrei produzieren.

Ein Gentechnikgesetz, das deren Rechte zu produ-zieren beeinträchtigt, nimmt vielen landwirtschaftli-chen Betrieben die wirtschaftliche Grundlage unddamit auch die Möglichkeit, Innovationen voranzu-treiben. Ganz so einfach, wie Herr Kollege Schnapp-auf hier argumentiert hat, nämlich dass derjenige,der für die Gentechnik sei, für Innovationen sei, undderjenige, der gegen Gentechnik sei, Innovationennicht ernst nehme, stellt sich die Realität also nichtdar.

Es gibt eine Menge Produkte, bei denen die euro-päischen Landwirte diesen Wettbewerbsvorteil ha-ben. Wenn ein großer Lebensmittelkonzern, der Mar-garine produziert, gentechnikfreie Produkte alsAusgangsbasis verwendet, ist dies eine gute Nach-richt für alle Landwirte in Deutschland, die Sonnen-blumen oder Raps anbauen. Ich meine, dass man diesmit in Rechnung stellen sollte.

Zwei wichtige Regelungen stehen neben der Kenn-zeichnung von Lebensmitteln noch aus. Zum einenbrauchen wir eine klare Regelung, was die Kenn-zeichnung gentechnikfreien Saatgutes angeht, zumanderen brauchen wir klare Regeln, die die schlei-

Klaus Müller (Schleswig-Holstein)

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Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 361

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)chende Einführung der Gentechnik in Europa ver-hindern. Das vorliegende Gesetz wird gerade derschleichenden Einführung der Gentechnik Grenzensetzen.

Es ist argumentiert worden, dieses Gesetz sei aufden Bundesrat überfallartig zugekommen. Dies istzweifellos falsch. Im Bundesrat ist intensiv beratenworden. Wie sonst sind die mehr als 100 Änderungs-anträge, die die Ausschüsse des Bundesrates in die-sen Prozess eingebracht haben, zu erklären? Nur, dieÄnderungsanträge haben allesamt gezeigt, dass wirKonsens über die Koexistenz zwischen der Mehrheitdes Bundesrates und der Mehrheit des Bundestagesnicht erzielen werden.

Wir gehen davon aus, dass diejenigen Landwirte,die Gentechnik anbauen, dafür zu haften haben, d. h.wir passen die Regelungen des Bürgerlichen Gesetz-buches, die eine solche Haftung vorsehen, der neueTechnologie an. Wir sagen nicht, für die neuen Tech-nologie könnten Haftungsregelungen nicht mehr gel-ten.

Zum Zweiten ist mir kein Finanzminister einesBundeslandes bekannt, der über die finanzielle Aus-stattung verfügte, die Risiken dieser Technologieabzudecken. Der Bundesfinanzminister ist dazu mitSicherheit nicht in der Lage. Auch die Versiche-rungswirtschaft lässt keine Gelegenheit aus, deutlichzu machen, dass sie nicht bereit ist, die Risiken dieserTechnologie abzusichern.

Der Bundesrat hat in seinen Beratungen gefordert,dass die Saatgutwirtschaft – die Unternehmen, diesolches Saatgut herstellen – Mitverantwortung in Be-zug auf die Haftung übernehme. Wir haben dieseAnregung ausdrücklich aufgegriffen, indem wir derSaatgutwirtschaft auferlegen, dass sie bei dem Ver-trieb des Saatgutes den Landwirten klare Handrei-chungen geben muss, welche Koexistenzregeln ein-zuhalten sind, dass der Stand der Wissenschafthinsichtlich der Frage von Abstandsregeln und Ähn-lichem Grundlage sein soll. Sollte die Industrie alsozu lasch sein, verkauft sie fehlerhafte Produkte, wirdsie sicherlich für die entstehenden Rechtsstreitigkei-ten in Mithaftung genommen. Ich denke, dass solcheFortschritte von großer Bedeutung sind.

Eine weitere sehr wichtige Forderung war, dass derBund die Länder nicht mit zusätzlichen Anforderun-gen hinsichtlich Standortregister belastet, sondernselbst die Aufgabe übernimmt, die nötige Transpa-renz sicherzustellen. Auch diese Anregung haben wiraufgegriffen. Künftig haben alle Bürgerinnen undBürger in Deutschland die Möglichkeit, standortge-nau zu erfahren, wo Gentechnik angebaut wird. DieBundesregierung wird ihrerseits die verwaltungs-technischen Voraussetzungen dafür schaffen, wenndas Gentechnikgesetz Bundestag und Bundesrat pas-siert hat. Es ist neben den Landwirten für Produzen-ten wie Imker von großer Bedeutung zu wissen, anwelchen Stellen Gentechnik angebaut wird. Von ele-mentarer Bedeutung ist es zweifellos für alle diejeni-gen, die Koexistenzstreitigkeiten erwarten.

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Dass die Gentechnik von der übergroßen Mehrheitder Landwirte in Deutschland ebenso abgelehnt wirdwie von den Verbraucherinnen und Verbrauchern,drückt sich auch in den unzähligen gentechnikfreienRegionen aus, die in Deutschland gegründet werden.Der Kreistag des Landkreises Fulda z. B. hat mit brei-ter konservativer Mehrheit gefordert, gentechnik-freie Region zu sein. Daran wird deutlich, dass derStreit über diese Technologie vielleicht hier im Bun-desrat, aber nicht draußen im Lande parteipolitischgeprägt daherkommt. Die große Mehrheit nimmt dieWahlfreiheit, gentechnikfreie Lebensmittel zu sich zunehmen und gentechnikfrei anzubauen, ernster alsdie potenzielle Unterstützung für den einen oder an-deren Saatguthersteller.

Meine Damen und Herren, das Gesetz muss zügigverabschiedet werden; denn das Frühjahr dieses Jah-res hat gezeigt, dass unzureichende Transparenz so-wohl der Einführung dieser Technologie als auch denLandwirten, die wissen wollen, woran sie sind, scha-det. Darüber hinaus gilt es, weitere Regeln im Be-reich der Koexistenz und die Wahlfreiheit sicherzu-stellen.

Die Sicherstellung gentechnikfreier Futtermittelfür die Landwirtschaft ist für die Bundesregierungeine große Herausforderung. Gleiches gilt für dasvon mir schon genannte Regelwerk zur Kennzeich-nung von Saatgut. Wir haben hier übrigens Konsens:Bund und Länder treten in Brüssel gemeinsam füreinen möglichst niedrigen Grenzwert für gentech-nikfreies Saatgut ein. Ein Großteil der Saatguther-steller in Deutschland wird von solchen Regeln profi-tieren. Wer konventionelles Saatgut verkaufen will,braucht eine strikte Reglementierung, sonst hat erauf dem Markt keine Chance mehr.

Ich hoffe, dass das Gesetz nach den Beratungen imVermittlungsausschuss bald in Kraft treten kann.

Amtierender Präsident Jochen Riebel: Danke sehr,Kollege Berninger!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die beteiligten Ausschüsse empfehlen unter Zif-fer 1 der Ausschussempfehlungen, den Vermittlungs-ausschuss mit dem Ziel der grundlegenden Über-arbeitung des Gesetzes anzurufen. Wer dafür ist, denbitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat die Anrufung des Ver-mittlungsausschusses beschlossen.

Wir stimmen jetzt über die weiteren Ziffern derAusschussempfehlungen ab.

Wer ist für Ziffer 2? – Mehrheit.

Nun die Ziffern 3, 4 und 9 gemeinsam! – Mehrheit.

Weiter mit Ziffer 5! – Mehrheit.

Ziffer 8! – Mehrheit.

Ziffer 11! – Mehrheit.

Parl. Staatssekretär Matthias Berninger

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)Nun bitte das Handzeichen zu allen noch nicht er-

ledigten Ziffern der Ausschussempfehlungen! –Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat einzelne Gegenstände derÜberarbeitung, wie soeben festgelegt, beschlossen.

Zur gemeinsamen Abstimmung nach § 29 Abs. 2der Geschäftsordnung rufe ich die in dem UmdruckNr. 6/2004*) zusammengefassten Beratungsgegen-stände auf. Es sind dies die Tagesordnungspunkte:

6 bis 8, 11, 14 bis 20, 27, 30, 32 bis 35, 37, 38,41, 44, 47, 49 bis 52, 54, 55, 58 bis 60, 63 bis 65,67 bis 75 und 84.

Wer den Empfehlungen folgen möchte, den bitteich um das Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Damit ist so beschlossen.

Eine Erklärung zu Protokoll**) haben abgegeben:zu Tagesordnungspunkt 17 Herr Minister Hirche(Niedersachsen), zu Tagesordnungspunkt 32 FrauMinisterin Richstein (Brandenburg) für Herrn Minis-ter Schönbohm und zu Tagesordnungspunkt 63 HerrMinister Köberle (Baden-Württemberg).

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Gesetz zur Änderung der Abgabenordnungund weiterer Gesetze (Drucksache 508/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Hierzu liegen Ihnendie Ausschussempfehlungen in Drucksache 508/1/04und ein Landesantrag in Drucksache 508/2/04 vor.

Wir beginnen mit den Ausschussempfehlungen:

Wer ist für Ziffer 1? – Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt.

Wir haben noch über Entschließungen abzustim-men.

Vereinbarungsgemäß beginnen wir mit dem Ent-schließungsantrag des Landes Rheinland-Pfalz inDrucksache 508/2/04. Wer ist hierfür? – Das ist eineMinderheit.

Wer ist für die Entschließung unter Ziffer 2 derAusschussempfehlungen? – Das ist ebenfalls eineMinderheit.

Damit hat der Bundesrat k e i n e Entschließunggefasst.

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:

Gesetz zur Neuregelung von Luftsicherheits-aufgaben (Drucksache 509/04)

Gibt es Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Hierzu liegen Ihnen die Ausschussempfehlungenund ein Antrag Bayerns auf Fassung einer Entschlie-ßung vor.

*) Anlage 13**) Anlagen 14 bis 16

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Da die Anrufung des Vermittlungsausschusses ausmehreren Gründen empfohlen wird, lasse ich zu-nächst darüber abstimmen, ob allgemein ein Vermitt-lungsverfahren gewünscht wird. Wer ist dafür? –Mehrheit.

Dann kommen wir zu den einzelnen Anrufungs-gründen.

Ich beginne mit Ziffer 1. Wer stimmt dafür? – Nie-mand; das ist eine Minderheit.

Dann kommen wir zu Ziffer 2. Hierzu ist um ge-trennte Abstimmung gewünscht worden. Ich rufe dieZiffer daher zunächst ohne die Buchstaben c und dauf. Wer stimmt zu? – Mehrheit.

Damit entfallen die Ziffern 3, 4 und 10.

Ich bitte um das Handzeichen für die Buchstaben cund d. – Minderheit.

Bitte das Handzeichen für Ziffer 5! – Minderheit.

Ziffer 6! – Mehrheit.

Ziffer 7! – Mehrheit.

Ziffer 8! – Mehrheit.

Ziffer 9! – Mehrheit.

Damit ist der Vermittlungsausschuss, wie soebenfestgelegt, angerufen.

Es bleibt abzustimmen über die unter Ziffer 11empfohlene Feststellung der Zustimmungsbedürftig-keit des Gesetzes. Wer ist dafür? – Mehrheit.

Dann ist so beschlossen.

Wir haben nun noch über eine Entschließung abzu-stimmen.

Ich frage daher zunächst, wer für die Annahme derunter Ziffer 12 empfohlenen Entschließung ist. – Min-derheit.

Dann bitte Ihr Handzeichen für den Landesan-trag! – Minderheit.

Damit ist eine Entschließung n i c h t gefasst.

Ich rufe Punkt 89 der Tagesordnung auf:

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ge-setzes über den Ladenschluss – Antrag desLandes Baden-Württemberg gemäß § 36 Abs. 2GO BR – (Drucksache 526/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor. – Herr MinisterKöberle (Baden-Württemberg) gibt für Herrn Minis-terpräsidenten Teufel eine Erklärung zu Protokoll*).

Ich weise die Vorlage folgenden Ausschüssen zu:dem Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik – feder-führend –, dem Ausschuss für Frauen und Jugend,dem Ausschuss für Familie und Senioren, dem Aus-schuss für Innere Angelegenheiten, dem Ausschussfür Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnungsowie dem Wirtschaftsausschuss – mitberatend.

*) Anlage 17

Amtierender Präsident Jochen Riebel

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)Ich rufe Punkt 42 der Tagesordnung auf:

Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderungdes Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkun-gen (Drucksache 441/04)

Hierzu liegen Wortmeldungen vor. Zunächstspricht Herr Staatsminister Huber (Freistaat Bayern).Bitte sehr, Herr Kollege Huber.

Erwin Huber (Bayern): Herr Präsident, meine Da-men und Herren! Mit der 7. GWB-Novelle soll vor al-lem eine Anpassung an das neue europäische Wett-bewerbsrecht erfolgen. Wir halten dies fürnotwendig.

Ich möchte mit Blick auf die fortgeschrittene Zeitmeine Rede zu Protokoll*) geben und greife nur denaus unserer Sicht wichtigsten Punkt heraus.

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hatdas Thema „Pressekartellrecht“ mit der 7. GWB-Novelle verknüpft. Das europäische Recht fordertkeine Änderung des Pressekartellrechts. Im Gegen-teil, der Gesetzentwurf der Bundesregierung weichtinsoweit vom europäischen Wettbewerbsrecht ab,das keine Ausnahmeregelungen für einzelne Wirt-schaftsbereiche kennt.

Die Vorschläge der Bundesregierung, die denPressebereich betreffen, sind in dieser Form nichtkonsensfähig. Sie sind vielmehr ordnungspolitischbedenklich und ungeeignet, die konjunkturellen undstrukturellen Probleme der Pressebranche zu behe-ben. Sie sind zudem problematisch, was die Presse-und Meinungsvielfalt in Deutschland betrifft.

Auch die Beratergremien des Bundeswirtschafts-ministeriums, wie die Monopolkommission, der Wis-senschaftliche Beirat, die Kartellrechtsprofessoren,das Bundeskartellamt und zahlreiche Verbände, ha-ben sich kritisch dazu geäußert. Uneingeschränktsind die Vorschläge nur von einigen Großverlagen,die unmittelbar von ihnen profitieren, begrüßt wor-den.

Die Bayerische Staatsregierung sieht durchaus dieaktuellen konjunkturellen und strukturellen Heraus-forderungen, vor denen die Pressebranche steht. DieProbleme lassen sich aber nicht durch eine Abschwä-chung des kartellrechtlichen Schutzniveaus lösen,zumal bereits das geltende Kartellrecht eine weit-gehende Zusammenarbeit kleiner und mittelständi-scher Unternehmen erlaubt.

Das Kernstück der Vorschläge, die ich jetzt nicht zuwiederholen brauche, und der Hauptansatz unsererKritik ist die Altverlegerklausel. Nach dem Geset-zesvorschlag der Bundesregierung soll das Bun-deskartellamt bei der ZusammenschlusskontrolleBedingungen stellen und Auflagen machen, um Fort-bestand und redaktionelle Unabhängigkeit der auf-gekauften Zeitung durch zivilrechtlich durchsetzbareAnsprüche der Beteiligten zu gewährleisten. Nachder Freigabe soll es in der Hand der aufgekauften

*) Anlage 18

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Zeitung liegen, die Eigenständigkeit gegebenenfallsvor den Zivilgerichten durchzusetzen. Das ist die zurGesetzesvorschrift geronnene Strohmannlösung.

Weitere Einwände gegen die Altverlegerklauselwill ich nur andeuten. Dabei geht es um Grundsätzli-ches: Ohne Bedenken rückt der Gesetzesvorschlagvon der Marktbeherrschung als Untersagungskrite-rium in der Fusionskontrolle ab.

Es geht um die Voraussetzungen: Die Beschrän-kung auf Zeitungen mit rückläufigen Anzeigenerlö-sen ist Augenwischerei, da in den letzten Jahren beinahezu sämtlichen Zeitungen das Anzeigenaufkom-men zurückgegangen ist.

Es geht um die sachlichen Auswirkungen: Ein ein-ziger Verlag könnte in Anwendung der Altverleger-klausel sämtliche Zeitungen in Deutschland kaufen,wenn er nur scheinbar die Unabhängigkeit der Re-daktionen wahrt.

Es geht um Einzelheiten der Gesetzesformulierung:Das Verbot der Regionalkettenbildung ist vage undnicht justiziabel.

Meine Damen und Herren, wir werden uns weiterdafür einsetzen, dass der wirtschaftliche Wettbewerbseinen Beitrag zur Vielfalt der Presselandschaft leis-tet, die auch mittelständisch geprägt ist. Pressefrei-heit und Pressevielfalt gehören zu den Kernelemen-ten der freiheitlichen Demokratie. Veränderungender politischen Rahmenbedingungen sind deshalbmit großer Sensibilität und dem Willen zum Konsenszu behandeln. Dazu erkläre ich unsere Bereitschaft.Ich bitte den Bundeswirtschaftsminister ebenso umKompromissbereitschaft.

Bayern hat im ersten Durchgang im Wirtschafts-ausschuss des Bundesrates fünf Anträge zum Presse-kartellrecht gestellt – zum Teil gemeinsam mit Sach-sen-Anhalt und Baden-Württemberg –, die sämtlichmit großer parteiübergreifender Mehrheit angenom-men wurden. Ich bitte um Ihre Zustimmung dazu.

Amtierender Präsident Jochen Riebel: Danke sehr,Herr Kollege Huber!

Das Wort hat Herr Bundesminister für Wirtschaftund Arbeit, Clement. Bitte sehr.

Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaftund Arbeit: Herr Präsident, meine Damen und Her-ren! Ich denke, wir stimmen darin überein, dass esgenerell eine sehr wichtige Aufgabe ist, das deutscheWettbewerbsrecht europatauglich zu machen. Dasist ein gemeinsames Anliegen. Darüber brauchen wirim Einzelnen jetzt nicht zu diskutieren. Im Grund-satz besteht darüber Einvernehmen: Wir müssen un-ser Wettbewerbsrecht den aktuellen Herausforde-rungen anpassen, und zwar dringend. Uns ist es sehrwichtig, dass die Novelle zum Wettbewerbsrechtmöglichst zum 1. Januar 2005 in Kraft tritt.

Es gibt noch einen wesentlichen Erörterungspunkt,nämlich den vorläufigen Rechtsschutz gegen Freiga-beentscheidungen des Bundeskartellamtes oder desBundesministers für Wirtschaft und Arbeit. Wir

Amtierender Präsident Jochen Riebel

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364 Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

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)wollen den vorläufigen Rechtsschutz maßvoll zu-rückführen, d. h. verhindern, dass durch Einsprüchenicht unmittelbar Betroffener wichtige Investitions-entscheidungen am Standort Deutschland aufgehal-ten werden können, indem der vorläufige Rechts-schutz missbraucht wird. Wir sollten darauf abstellen,dass es im Verwaltungsprozessrecht auf die Verlet-zung eigener Rechte des Klägers ankommt. DieseDiskussion kann weitergeführt werden.

Was die Pressefusionskontrolle angeht, so nehmeich gerne das auf, was Herr Kollege Huber geradeangesprochen hat. Es ist richtig, dass wir im Presse-fusionsrecht mit höchster Sensibilität vorgehen müs-sen. Wir sollten anstreben, möglichst konsensual zueiner Verständigung zu kommen. Es empfiehlt sich,in so sensiblen Fragen wie dem Medienrecht, derMeinungs- und Informationsfreiheit mit äußersterVorsicht und Behutsamkeit und einer auf Konsensausgerichteten Politik vorzugehen.

Ich will in der Kürze der Zeit nur auf eine Bemer-kung hinweisen, die Peter G l o t z kürzlich veröf-fentlicht hat. Sie lautet sinngemäß: Wir sind heute,was die Printmedien, die Tageszeitungen angeht, inder schärfsten Strukturkrise seit 1945. Eine solchePhase hat es noch nicht gegeben. Es ist erstaunlich,wie wenig dies zur Kenntnis genommen wird.

Die Strukturkrise im Printbereich hat viele Ursa-chen und viele Auswirkungen. Eine ist der perma-nente Rückgang der Zahl der Leser, das völlig verän-derte Leseverhalten der jungen Generation. Dasmuss uns insgesamt, nicht nur mit Blick auf die Zei-tungen, beschäftigen. Natürlich sind die Tageszei-tungen maßgebliche Träger der Lesekultur. Wir tungut daran, dies sehr sorgfältig zu beachten. Der per-manente Rückgang der Leserschaft der Tageszeitun-gen hat inzwischen – das war vor einiger Zeit nochanders – auch die überregionalen Tageszeitungen er-reicht. Das zum Ersten.

Das Zweite ist das völlig veränderte Werbeauf-kommen. Dieser Zustand wird sich weiter verändern.Die Reduzierung im Printbereich kommt vor allemdem Fernsehen zugute.

Das Dritte sind die Veränderungen im Anzeigen-verhalten und im Anzeigenaufkommen. Tageszeitun-gen finanzieren sich noch zu etwa 50 % aus Anzei-gen, vor einiger Zeit waren es zwei Drittel. InOstdeutschland ist der Anteil der Anzeigen nochniedriger. Auf Grund des veränderten Kommunika-tionsverhaltens, insbesondere über Internet, werdenStellenanzeigen, Immobilienanzeigen, Kraftfahr-zeuganzeigen etc. zu einem Gutteil – ich will für dieZeitungsverleger nicht den Teufel an die Wand ma-len – nicht zurückkommen. Wer sich das Verhaltender jungen Generation anschaut, weiß, dass sowohlauf den Handel als auch auf die Zeitungen und diekonventionellen Werbeträger noch erhebliche Verän-derungen zukommen. Wir stehen erst am Anfangdieses Prozesses.

Das alles muss uns veranlassen, rechtzeitig zu han-deln. Wir haben im Wesentlichen drei Schritte vorge-schlagen, um strukturell etwas zu bewirken, Herr

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Huber, nicht das Kartellamt in das Verhalten eingrei-fen zu lassen. Das Kartellamt kontrolliert übrigensheute schon beispielsweise die Einhaltung von Be-dingungen.

Ich selbst war einmal, wie ich heute sagen kann, impositiven Sinne Betroffener einer Fusion: Ich war Be-schäftigter einer Zeitung, die vom WAZ-Verlag auf-gekauft worden ist. Er hat aber redaktionelle Unab-hängigkeit und die absolute Unabhängigkeit desredaktionellen Teils garantiert. Das ist 25 Jahre her– ich bin etwas älter geworden – und bis heute einge-halten worden.

Allerdings gibt es dafür keine gesetzliche Grund-lage. Die Altverlegerregelung, die wir in einem drit-ten Schritt vorschlagen, Herr Kollege Huber, istnichts anderes als das, was in Stuttgart, Essen, Köln,Aachen, Hannover praktiziert wird: Von Verlagenwerden Zeitungen unterschiedlicher Couleur, unter-schiedlicher redaktioneller Ausrichtung herausgege-ben und unabhängig gehalten. Alle diese Modellesind bisher gesetzlich nicht abgesichert. Über unse-ren Vorschlag kann man diskutieren – ich bin offenfür weitere Vorschläge –; er versucht, die redaktio-nelle Unabhängigkeit dadurch zu sichern, dass wirdie Position des Altverlegers bis auf einen Anteil von25,1 %, die Titelrechte und die wesentlichen Ent-scheidungsrechte – über die Berufung des Chef-redakteurs und die Grundhaltung der Zeitung –, dieer behalten muss, absichern. Wir sind, wie gesagt, of-fen für Vorschläge.

Wir sehen Kooperationsmöglichkeiten im Anzei-genbereich vor. Das wird vielfach schon praktiziert,nun faktisch legalisiert und weiter geöffnet. Dies giltallerdings nicht für die ganz Großen. Diese werdendurch europäisches Recht zurückgehalten. Wir habendarüber hinaus die so genannte Aufgreifschwelle et-was erhöht. Beide Schritte werden auch von denkleinen und mittleren Unternehmern bejaht, HerrKollege Huber. Sowohl die Erhöhung der Aufgreif-schwelle als auch die Kooperationsmöglichkeiten imAnzeigenbereich werden durch die Bank begrüßt.Der Vorschlag zu den Altverlegern ist, wenn ich rich-tig orientiert bin, jedenfalls vom BDZV-Präsidium be-jaht worden.

Es hat in der ersten Runde viele Ablehnungen ge-geben; dessen bin ich mir bewusst. Das ist das klassi-sche Verhalten der Kartellrechtler und der Ord-nungsrechtler im Kartellrecht. Sie werden nachmeiner Wahrnehmung den Besonderheiten im Pres-sebereich nicht gerecht. Deshalb bin ich sehr daraninteressiert, dass die Erörterung weitergeht.

Ich will nicht den Teufel an die Wand malen, meineDamen und Herren, empfehle uns aber auch in die-sem Fall einen Blick über die Grenzen, beispiels-weise nach Frankreich. Dort sind gerade zwei Drittelder gesamten Printmedien von zwei bisherigen Rüs-tungsunternehmen übernommen worden. Bei unswäre das nach dem heutigen Kartellrecht, aber auchnach unserem Vorschlag unvorstellbar. Einer derneuen Verleger hat übrigens erklärt, er wolle Zeitun-gen gerne besitzen, um auch den Journalisten einmaldie Meinung sagen zu können. Es besteht ein beson-

Bundesminister Wolfgang Clement

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)deres Verhältnis von Unternehmen – jedenfalls Rüs-tungsunternehmen – zu den Medien. Ich sage das,weil ich auch viele Diskussionen mit Journalistenüber dieses Thema zu führen habe.

Vorstellbar ist: Die beiden Rüstungsunternehmenkönnten jederzeit schwächelnde Verlage in der Bun-desrepublik Deutschland übernehmen. Größeredeutsche Verlage – ich rede nicht nur von Springer,von der WAZ, ich könnte genauso gut von südwest-deutschen Verlagen sprechen, die zwar in der Lagesind, etwas zu tun, auf Grund unseres Kartellrechtsaber daran gehindert sind – könnten beispielsweisevon diesen beiden französischen Verlagen, abgese-hen von Herrn B e r l u s c o n i , jederzeit übernom-men werden. Das ist eine Konsequenz unseres Kar-tellrechts. Ich bitte rechtzeitig zu sehen, was sich tut.

Wir reden nicht mehr nur von M u r d o c h , wir re-den jetzt auch von unseren unmittelbaren Nachbarn.Murdoch war immer ein Schreckgespenst, obgleichich empfehle, sich auch einmal die britische Zei-tungslandschaft daraufhin zu betrachten, was es be-deutet, wenn mit solcher Power eingestiegen wird.Das ist inzwischen auch rings um uns der Fall.

Noch haben wir im internationalen Vergleich einewunderbare Vielfalt: 348 Zeitungstitel. Wenn manaber in die Redaktionen hineinschaut, stellt man fest,wie die Pressefreiheit gewissermaßen von innen aus-gehöhlt wird. Die meisten schauen Gott sei Danknoch in Zeitungen hinein, auch wenn es nicht mehr80 % sind wie bisher, sondern die Leserzahlen sin-ken. Sie sehen, wie viele regionale Tageszeitungenim Hauptteil nur noch von einer Nachrichtenagenturbedient werden, dass alles konformer wird. Wir soll-ten einen Beitrag dazu leisten, dass die heutige Viel-falt erhalten bleibt, indem wir mehr Kooperations-und Fusionsmöglichkeiten eröffnen.

Darum geht es. Ich wäre dankbar, wenn darüberergebnisorientierte Gespräche stattfänden. Dafür ste-hen wir und auch ich selbst sehr gern zur Verfügung.Es geht hier um ein sehr wichtiges Anliegen, dasnicht mit einem Federstrich oder einer Handbewe-gung vom Tisch gewischt werden sollte. Dazu ist dieLese- und Zeitungskultur in Deutschland zu wich-tig. – Schönen Dank.

Amtierender Präsident Jochen Riebel: Danke sehr,Herr Bundesminister Clement!

Eine Erklärung zu Protokoll*) hat Herr MinisterZuber (Rheinland-Pfalz) für Herrn Ministerpräsiden-ten Beck abgegeben. – Weitere Wortmeldungen lie-gen nicht vor.

Wir kommen nun zur Abstimmung. Hierzu liegenIhnen die Ausschussempfehlungen sowie zwei An-träge des Saarlandes in Drucksachen 441/2/04 und441/3/04 vor.

*) Anlage 19

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Ich beginne mit der Ziffer 2 der Ausschussempfeh-lungen. Wer ihr zuzustimmen wünscht, den bitte ichum das Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Ziffer 7! – Mehrheit.

Ziffer 8! – Mehrheit.

Ziffer 12! – Mehrheit.

Damit entfällt Ziffer 13.

Ziffer 14! – Mehrheit.

Ziffer 15! – Mehrheit.

Ziffer 16! – Mehrheit.

Ziffer 19! – Mehrheit.

Ziffer 20, bei deren Annahme Ziffer 21 entfällt! –Mehrheit.

Damit entfällt Ziffer 21.

Ziffer 26! – Mehrheit.

Nun Ihr Handzeichen für alle bisher noch nicht auf-gerufenen Ziffern der Ausschussempfehlungen! –Mehrheit.

Zu den beiden Anträgen des Saarlandes:

Wer dem Antrag in Drucksache 441/2/04 zuzustim-men wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. –Das ist eine Minderheit.

Nun Ihr Handzeichen für den Antrag in Druck-sache 441/3/04! – Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat zu dem Gesetzentwurf,wie soeben beschlossen, Stellung genommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Gesetz zur effektiveren Nutzung von Dateienim Bereich der Staatsanwaltschaften (Druck-sache 492/04)

Eine Erklärung zu Protokoll*) hat Frau Staats-ministerin Dr. Merk (Freistaat Bayern) abgegeben. –Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Der Rechtsausschuss empfiehlt, dem Gesetz zuzu-stimmen. Wer dieser Empfehlung folgen möchte, denbitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Der Bundesrat hat dem Gesetz zugestimmt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Gesetz zur Einführung der nachträglichenSicherungsverwahrung (Drucksache 510/04)

Wortmeldungen hierzu liegen vor. Herr MinisterBecker (Sachsen-Anhalt), bitte sehr.

Curt Becker (Sachsen-Anhalt): Herr Präsident!Meine Damen, meine Herren! Am Ende eines müh-samen Weges wird das Strafgesetzbuch endlich umdie Möglichkeit der so genannten nachträglichenSicherungsverwahrung ergänzt. Eine solche tief

*) Anlage 20

Bundesminister Wolfgang Clement

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366 Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

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)greifende Maßnahme gegenüber hochgradig rück-fallgefährdeten Straftätern wird niemanden von unsmit Freude erfüllen; denn auch in Zukunft wird esneben der Verfolgung aller übrigen Strafzwecke gel-ten, alles dafür zu tun, dass auch solche Personen, diesich schwerer Verbrechen schuldig gemacht haben,resozialisiert und in die Lage versetzt werden, nachVerbüßung ihrer Strafe ein straffreies Leben in Frei-heit zu führen.

Aber machen wir uns bitte nichts vor: Es wird im-mer Menschen geben, bei denen alle Maßnahmendes modernen Strafvollzugs nicht fruchten. Siebleiben hochgefährlich und werden nach ihrer Haft-entlassung mit hoher Wahrscheinlichkeit erneutschwere Straftaten begehen, durch die Unschuldigeseelisch und körperlich schwer geschädigt werden.

Die langjährige Forderung des Bundesrates, fürdiese Fälle die rechtliche Möglichkeit zu eröffnen,auch nachträglich die Sicherungsverwahrung anzu-ordnen, war lange Zeit ungehört verhallt; Gesetzes-initiativen blieben erfolglos. Erst die Entscheidungdes Bundesverfassungsgerichts vom 10. Februar die-ses Jahres zu den landesrechtlichen Unterbrin-gungsgesetzen insbesondere in Bayern, Thüringenund Sachsen-Anhalt mit der klaren Kompetenzzu-weisung an den Bundesgesetzgeber hat nicht nurden jahrelangen Kompetenzstreit zwischen Bundund Ländern beendet, auf den sich die Bundesregie-rung immer wieder zurückgezogen hatte; sie hat derBundesregierung und den sie tragenden Koalitions-fraktionen auch die Pflicht auferlegt, unseren Mitbür-gerinnen und Mitbürgern unmissverständlich klar zumachen, ob sie sich weiterhin der Einführung dernachträglichen Anordnung der Unterbringung in derSicherungsverwahrung verschließen oder diese Posi-tion endlich aufgeben wollen. Dankenswerterweisehat sich die Bundesregierung im Grundsatz für diezweite Möglichkeit entschieden. Frau Bundesjustiz-ministerin, Frau Kollegin Zypries, hier verdient IhrEngagement besondere Anerkennung.

Es bleibt allerdings unverständlich, dass diese Ein-sicht so spät gereift ist. Gleichwohl, meine sehr ver-ehrten Damen und Herren, freue ich mich, dass wirheute über ein Gesetz befinden, das sicherlich nichtdie Ideallösung verkörpert, jedoch zustimmungsfähigist.

Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass wir dieZeit seit dem 10. Februar 2004, als das Bundesverfas-sungsgericht in Karlsruhe das Urteil sprach, dazugenutzt hätten, frühzeitig nach einer gemeinsamenLösung zu suchen. Doch die Zeit wurde nicht ge-nutzt, um eine umfassende und abschließendeLösung zu finden.

Es bleibt unverständlich, dass die nachträglicheSicherungsverwahrung im Gegensatz zu dem Ge-setzentwurf des Bundesrates nicht in all jenen Fällenangeordnet werden kann, in denen auch das Tat-gericht sie anordnen darf. Auch das vom Bundestaggewählte strafprozessuale Verfahren scheint mir zukompliziert. Ich bin mir heute fast sicher, dass wirschon bald über Änderungen nachdenken müssen,

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weil die praktischen Erfahrungen der Justiz dies ge-bieten.

Ich sehe mich zu diesen kritischen Anmerkungenbesonders deshalb veranlasst, weil Sachsen-Anhaltin diesem Hohen Hause bereits am 12. März diesesJahres einen Entschließungsantrag eingebracht hat,der unter Hinweis auf unseren bereits am 14. März2003 beschlossenen Gesetzentwurf den Weg zu einerraschen und umfassenden Lösung weist.

Auch wenn wir berechtigten Grund zu der An-nahme haben, dass die Anrufung des Vermittlungs-ausschusses letztlich zu einer Verbesserung des Ge-setzes führt, müssen wir akzeptieren, dass die vomBundesverfassungsgericht im Urteil vom 10. Februar2004 gesetzte Übergangsfrist für die Fortdauer derauf Landesrecht beruhenden Unterbringung vonStraftätern demnächst, nämlich am 30. Septemberdieses Jahres, ausläuft. Die Terminnot ist ausschließ-lich von der Bundesregierung verursacht worden. In-sofern wäre es schlicht unverantwortlich – das ist dasentscheidende Argument –, ein eventuelles Auslau-fen der Übergangsregelung mit der Folge zu riskie-ren, dass hochgefährliche Straftäter in Freiheit ent-lassen werden müssten.

Ich habe mich daher auch in der Öffentlichkeit da-für eingesetzt, den Gesetzentwurf angesichts derfortgeschrittenen Zeit so anzunehmen, wie er vomBundestag beschlossen worden ist. Dies ist das Gebotder Stunde. Ich habe mich zu dieser Position aller-dings nicht ausschließlich aus Gründen des ange-sprochenen Zeitdiktats entschieden. Ich nehme mirdurchaus die Freiheit, an dieser Stelle zu erklären,dass der Gesetzentwurf, den der Bundestag verab-schiedet hat, ein bemerkenswerter Schritt in dierichtige Richtung ist. Gewiss wäre diese Anerken-nung nachhaltiger ausgefallen, wenn die Stellung-nahme des Bundesrates stärker beachtet wordenwäre. Aber als Justizminister eines Landes, in demein unbestritten hochgefährlicher Straftäter aufGrund landesrechtlicher Vorschriften noch einsitzt,bleibt mir im Grunde genommen nichts anderes üb-rig. Wir sollten deshalb nach vorn schauen und die-ses wichtige Gesetz in Kraft treten lassen.

Amtierender Präsident Jochen Riebel: Danke sehr,Herr Kollege Becker!

Nunmehr hat Frau Staatsministerin Dr. Merk (Frei-staat Bayern) das Wort. Bitte sehr.

Dr. Beate Merk (Bayern): Herr Präsident, meine Da-men und Herren! Den Worten von Herrn KollegenBecker hat man angemerkt, dass dieses Gesetz dieLänder besonders bewegt. Das verwundert nicht. Eshat eine lange Vorgeschichte. Seit dem Jahre 1997haben die Länder insgesamt neun Gesetzesanträgeeingebracht. Immer ging es darum, Gerichten dieMöglichkeit zu geben, nicht nur im Urteil, sondernauch nachträglich Sicherungsverwahrung anzuord-nen, wenn die Entwicklung des Täters in der Haftdies unabdingbar notwendig macht.

Curt Becker (Sachsen-Anhalt)

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Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 367

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)Jahrelang gab es vehementen Widerstand der Bun-

desregierung und der SPD-regierten Länder. Das Be-dürfnis nach einer Regelung wurde geleugnet, diebundesrechtliche Kompetenz verneint.

Am 10. Februar 2004 hat das Bundesverfassungs-gericht die Bundesregierung aus ihrer Lethargie ge-rissen. Dazu wäre es ohne die entsprechenden Lan-desgesetze in Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Niedersachsen nicht gekom-men.

Das nun endlich vorgelegte Gesetz halte ich füreine reine Notlösung. Das gilt vor allem für die Ein-beziehung von Heranwachsenden, besonders vonErsttätern. Bei Letzteren beschränkt sich die Rege-lung auf Verbrechen. Das heißt, schwere Straftaten,etwa der sexuelle Missbrauch von Kindern oder diegefährliche Körperverletzung, fallen nicht unter dasGesetz.

Hinzu kommt, dass das Gesetz es unserer Justizunnötig schwer macht. Es ist unübersichtlich, und esist im Verfahren unhandlich. Künftig stehen die ur-sprüngliche, die vorbehaltene und die nachträglicheSicherungsverwahrung unter je unterschiedlichenAnordnungsvoraussetzungen zur Verfügung.

Sachgerecht wäre außerdem die Entscheidung derStrafvollstreckungskammer im Beschlussverfahrengewesen, die schließlich auch ansonsten zuständig istund die sich dabei mit der Persönlichkeit des Gefan-genen sowie seiner Tat bereits auseinander setzenmusste, der der Gefangene also vertraut ist. Stattdes-sen wird nun das erkennende Gericht betraut, das inder jetzigen Zusammensetzung unter Umständenzum ersten Mal mit dem Fall konfrontiert ist undeigens eine Hauptverhandlung durchführen muss.

Völlig unverzeihlich ist zudem, dass selbst dann,wenn wenige Wochen zuvor ein Gericht nach denlandesrechtlichen Straftäterunterbringungsgesetzendie Gefährlichkeit des Täters festgestellt hat, eineerneute Hauptverhandlung und Gefährlichkeits-prüfung durchgeführt werden muss. Eine solcheBeschäftigungstherapie dient nicht der Rechtsfin-dung.

Verehrte Damen und Herren, eigentlich sollte dasGesetz nicht in das Bundesgesetzblatt, sondern inden Vermittlungsausschuss. Allerdings hat es dieBundesregierung – Herr Kollege Becker hat dasschon angesprochen – durch die späte Vorlage unddie Nichteinbeziehung der Länder geschafft, dieLänder in eine Zwangslage zu bringen: Nach derEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts musseine bundesgesetzliche Regelung bis zum 30. Sep-tember 2004 in Kraft getreten sein. Zudem muss nachdem Gesetz ein gerichtlicher Unterbringungsbefehlergangen sein, damit die nach den landesrechtlichenStraftäterunterbringungsgesetzen Untergebrachtennicht entlassen werden müssen.

Das heißt, die Zeit drängt. Die Anrufung des Ver-mittlungsausschusses würde das Inkrafttreten desGesetzes verzögern und die Gefahr heraufbeschwö-ren, dass allein wegen Zeitablaufs die nach Landes-gesetz Untergebrachten doch entlassen werden

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müssten. Das dürfen wir nicht zulassen. Die innereSicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger liegt miram Herzen.

Leider müssen wir mit dem Gesetz leben, und zwarum den Preis, dass wir Sicherheitslücken für unsereBevölkerung akzeptieren. Wir sehen davon ab, dieAnrufung des Vermittlungsausschusses zu beantra-gen. Aber wir werden uns auch in Zukunft mit allemNachdruck dafür einsetzen, dass die Sicherheits-lücken, die wir angesprochen haben, geschlossenwerden.

Amtierender Präsident Jochen Riebel: Danke sehr,Frau Kollegin Merk!

Nunmehr hat das Wort Frau Zypries, Bundesminis-terin der Justiz. Bitte sehr.

Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz: HerrPräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!So tragisch, Frau Merk, wie Sie es eben geschilderthaben, ist es nun doch nicht. Heute ist es ziemlichgenau fünf Monate her, dass die Entscheidung inKarlsruhe ergangen ist. Das zeigt doch, dass wir esinnerhalb sehr kurzer Zeit geschafft haben, den Ge-setzentwurf durch die Verfahren zu bringen. Es istauch nicht richtig, dass die Länder nicht beteiligtworden sind. Es gab Staatssekretärsrunden und Ähn-liches mehr. Aber wie dem auch sei, es ist jetzt soweit, und die Tatsache, dass wir es innerhalb vonfünf Monaten schaffen, ein solches Gesetz durch diebeiden gesetzgebenden Körperschaften zu bringen,ist aller Ehren wert.

Ich möchte mich deshalb bei Ihnen ebenso wie beiden Abgeordneten des Deutschen Bundestages be-danken, die ebenfalls dazu beigetragen haben, dassdas Gesetz zügig und gleichzeitig gründlich beratenwerden konnte.

Das Thema ist in zweifacher Hinsicht bedeutsam.Wir haben bisher nur von einer Seite gehört, nämlichvon der Unterbringung von Straftätern. In diesemFall sind es eigentlich keine Straftäter mehr, sondernes sind Menschen, die ihre Strafe verbüßt haben undan und für sich freigelassen werden müssten. Vondaher ist der Grundrechtseingriff, um den es geht,besonders schwer wiegend, und deswegen ist es er-forderlich, alle rechtsstaatlichen Sicherungen vorzu-sehen, die unsere Strafrechtsordnung zulässt.

Sie haben es erwähnt: Die Tatsache, dass wir dasGesetz vorgelegt haben, ist auf die Entscheidung ausKarlsruhe zurückzuführen. Das Bundesverfassungs-gericht hat entschieden, dass dieser Bereich demStrafrecht zuzuordnen ist. Auf den ersten Blick kannman ihn durchaus dem Polizeirecht unter dem Ge-sichtspunkt der Gefahrenabwehr zuordnen; denneine Strafe ist, wie gesagt, nicht mehr zu verbüßen.Aber wir haben uns jetzt nach der Entscheidung ausKarlsruhe zu richten.

Ich möchte gern auf drei Punkte eingehen, in de-nen wir gegenüber dem ursprünglichen Entwurf derBundesregierung Änderungen vorgenommen haben.Diese haben sich aus den Beratungen im Deutschen

Dr. Beate Merk (Bayern)

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)Bundestag ergeben, insbesondere aus der Anhörungvon Sachverständigen, die dort durchgeführt wurde.

Die erste Änderung betrifft die Ersttäterregelung,hinsichtlich der wir gegenüber dem Regierungsent-wurf Modifikationen vorgenommen haben. Die Sach-verständigen haben die ursprüngliche Regelunggerügt. Wir meinen, dass man die Anordnungsmög-lichkeit gerade bei diesem Täterkreis unbedingt aufeine besonders schwer wiegende Tat, deren Bege-hung vorauszusehen ist, beschränken muss.

Der zweite Bereich betrifft den Straftatenkatalogder Mehrfachtäterregelung. Ich halte ihn für ange-messener als denjenigen, den der Bundesrat vorse-hen möchte; denn Karlsruhe hat in der Entscheidungbesonderen Wert darauf gelegt, dass es sich um sehrschwer wiegende Taten handelt. Deswegen halte iches für richtig, dass wir den Katalog in dieser Form ge-ändert haben.

Einen Dissens zwischen Bundestag und Bundesratgibt es bekanntlich in der Frage des Verfahrens. DieBundestagsseite favorisiert das Hauptverhandlungs-modell, während Sie die Strafvollstreckungskammer– ohne Hauptverhandlung, ohne Beweisantragsrechtdes Betroffenen und ohne Pflichtverteidigung – vor-ziehen. Ich meine, im Hinblick darauf, dass es umschwer wiegende Grundrechtseingriffe geht, solltenwir alles rechtsstaatlich Mögliche vorsehen, um si-cherzustellen, dass es keine Fehlentscheidungengibt. Das garantieren wir durch das Hauptverhand-lungsmodell und dadurch, dass es zweier unabhängi-ger Gutachten bedarf, in denen eine Prognose überden Betroffenen abgegeben werden muss.

Meine Damen und Herren, bis zum 30. Septembermüssen die Entscheidungen über diejenigen Verur-teilten getroffen sein, die derzeit nach Landesrechtinhaftiert sind. Das Bundesgesetz, über das Sie heuteberaten, muss dann schon so lange in Kraft sein, dassauf seiner Grundlage bereits Entscheidungen vorbe-reitet und getroffen werden können. Um ganz sicherzu gehen, haben wir die Übergangsvorschrift, dieder Regierungsentwurf vorgesehen hatte, im Bun-destagsverfahren geändert. Das geschah auf einenHinweis der Länder hin, für den ich mich an dieserStelle noch einmal sehr herzlich bedanken möchte.Das ist hilfreich und vermeidet Zweifel.

Insgesamt gesehen haben Bund und Länder einBeispiel dafür gegeben, dass sie im Interesse der Sa-che – d. h. hier sehr konkret: im Interesse der Sicher-heit der Bevölkerung – schnell handeln und zusam-menarbeiten können.

Amtierender Präsident Jochen Riebel: HerzlichenDank, Frau Kollegin Zypries!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Eine Ausschussempfehlung auf Anrufung des Ver-mittlungsausschusses oder ein entsprechender Lan-desantrag liegt nicht vor.

Ich stelle daher fest, dass der Bundesrat zu demGesetz einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 desGrundgesetzes n i c h t stellt.

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Wir haben nun noch über die von Hessen in Druck-sache 510/1/04 beantragte Entschließung zu befin-den, der sich Hamburg als Mitantragsteller ange-schlossen hat. Wer ist dafür, die Entschließung zufassen? Handzeichen bitte! – Das ist eine Minderheit.

(Widerspruch)

– Wird die Wiederholung der Abstimmung ge-wünscht? – Das ist der Fall. Dann darf ich erneut umIhr Handzeichen bitten. Wer ist dafür, die Entschlie-ßung zu fassen? – Nunmehr ist es die Mehrheit.

Der Bundesrat hat die Entschließung gefasst.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 85 auf:

Erstes Gesetz zur Modernisierung der Justiz(1. Justizmodernisierungsgesetz) (Drucksache537/04)

Je eine Erklärung zu Protokoll*) haben abgege-ben: Herr Staatsminister Dr. de Maizière (FreistaatSachsen), Frau Bundesministerin der Justiz Zypriesund Minister Becker (Sachsen-Anhalt). – WeitereWortmeldungen liegen nicht vor.

Eine Ausschussempfehlung auf Anrufung des Ver-mittlungsausschusses oder ein entsprechender Lan-desantrag liegt nicht vor.

Ich stelle daher fest, dass der Bundesrat zu demGesetz einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 desGrundgesetzes n i c h t stellt.

Ich rufe Punkt 86 der Tagesordnung auf:

Viertes Gesetz zur Änderung der Bundesnotar-ordnung (Drucksache 538/04)

Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Der Rechtsausschuss empfiehlt, dem Gesetz zuzu-stimmen. Darüber hinaus liegt in Drucksache 538/2/04 ein Antrag des Landes Baden-Württemberg aufAnrufung des Vermittlungsausschusses vor.

Wir beginnen mit der Abstimmung über den Lan-desantrag. Wer dafür ist, den Vermittlungsausschussaus dem dort angegebenen Grund anzurufen, denbitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat zu dem Gesetz den Ver-mittlungsausschuss angerufen.

Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf:

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Op-ferschutzes bei Entscheidungen über Anord-nung und Fortdauer der Untersuchungshaft– Antrag der Länder Niedersachsen, Bayern,Hessen, Thüringen und Sachsen – Geschäfts-ordnungsantrag des Landes Niedersachsen –(Drucksache 459/03)

Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. – Je eine Er-klärung zu Protokoll**) gegeben haben Frau Minis-terin Heister-Neumann (Niedersachsen) und HerrStaatsminister Zuber (Rheinland-Pfalz) für HerrnStaatsminister Mertin.

*) Anlagen 21 bis 23**) Anlagen 24 und 25

Bundesministerin Brigitte Zypries

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)Zur Abstimmung liegen Ihnen die Empfehlungen

der Ausschüsse in Drucksache 459/1/03 und ein An-trag von Rheinland-Pfalz in Drucksache 552/04 vor.

Wir beginnen mit dem Landesantrag. Wer dafür ist,den Gesetzentwurf in der beantragten Fassung beimDeutschen Bundestag einzubringen, den bitte ich umdas Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Der Bundesrat hat beschlossen, den Gesetzentwurfin der soeben festgelegten Fassung beim DeutschenBundestag einzubringen.

Wie vereinbart, wird Frau Ministerin Heister-Neu-mann (Niedersachsen) zur Beauftragten bestellt.

Ich rufe Punkt 23 der Tagesordnung auf:

Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Rechtsder Unterbringung in einem psychiatrischenKrankenhaus und in einer Entziehungsanstalt– Antrag der Länder Bayern, Sachsen-Anhalt –(Drucksache 455/04)

Eine Erklärung zu Protokoll*) hat Herr MinisterBecker (Sachsen-Anhalt) abgegeben. – WeitereWortmeldungen liegen nicht vor.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen in Drucksache 455/1/04 vor. Daraus rufeich auf:

Ziffern 1 bis 3 gemeinsam! Handzeichen bitte! –Minderheit.

Dann kommen wir zur Frage der unverändertenEinbringung des Gesetzentwurfs entsprechend Zif-fer 4. Wer hierfür ist, den bitte ich um das Handzei-chen. – Mehrheit.

Dann ist so beschlossen.

Wie vereinbart, wird Frau StaatsministerinDr. Merk (Freistaat Bayern) zur Beauftragten be-stellt.

Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf:

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung desBundesnaturschutzgesetzes – Antrag des Lan-des Niedersachsen gemäß § 36 Abs. 2 GO BR –(Drucksache 517/04)

Eine Erklärung zu Protokoll**) hat abgegebenFrau Ministerin Heister-Neumann (Niedersachsen)für Minister Sander. – Weitere Wortmeldungen liegennicht vor.

Ich weise die Vorlage dem Umweltausschuss – fe-derführend – sowie dem Agrarausschuss, dem Ver-kehrsausschuss und dem Ausschuss für Städtebau,Wohnungswesen und Raumordnung – mitberatend –zu.

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich die Punk-te 94 a) und b) auf:

a) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung desGrundgesetzes (Artikel 92 und 108) – Antrag

*) Anlage 26**) Anlage 27

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der Länder Baden-Württemberg, Sachsen ge-mäß § 36 Abs. 2 GO BR – (Drucksache 543/04)

b) Entwurf eines Gesetzes zur Öffnung des Bun-desrechts für die Zusammenführung vonGerichten der Verwaltungs-, Sozial- undFinanzgerichtsbarkeit in den Ländern (Zusam-menführungsgesetz) – Antrag der Länder Ba-den-Württemberg, Sachsen gemäß § 36 Abs. 2GO BR – (Drucksache 544/04)

Den Anträgen der Länder Baden-Württemberg,Sachsen sind die Länder Bremen, Niedersachsen undSachsen-Anhalt beigetreten.

Wortmeldungen? – Frau Ministerin Werwigk-Hertneck (Baden-Württemberg). Bitte sehr, Frau Kol-legin.

Corinna Werwigk-Hertneck (Baden-Württemberg):Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Jus-tizminister der Länder haben den Justizgewährungs-anspruch der Bürgerinnen und Bürger sicherzustel-len. Auf die Sozialgerichte in unseren Ländernkommen Klagewellen zu, gegenwärtig wegen derReformen im Gesundheitswesen, ab 1. Januar 2005wegen Hartz IV. Bisherige Sozialhilfestreitigkeitenfallen künftig statt in den Zuständigkeitsbereich derVerwaltungsgerichte in den Zuständigkeitsbereichder Sozialgerichte. Und wir haben das große Pro-blem, dort nicht genügend Richterinnen und Richterzur Verfügung stellen zu können.

Deshalb haben die Justizminister aller Länder eineArbeitsgruppe einberufen, die Ihnen heute gemein-sam mit dem Bundesjustizministerium eine Grundge-setzänderung vorschlägt. Wir bitten um Zustimmung.Ziel der vorgeschlagenen Grundgesetzänderung istes, eine Länderöffnungsklausel einzuführen, damitdie Länder die Freiheit haben, Fachgerichtsbarkeitenzusammenzulegen.

Wenn es an der einen oder anderen Stelle Kritikgibt, können wir in den Ausschüssen selbstverständ-lich darüber sprechen. Mit der Länderöffnungs-klausel soll den Ländern die Möglichkeit gegebenwerden, eine gemeinsame Fachgerichtsbarkeit ein-zurichten. Die Mitglieder des Präsidiums sollen dannselbst entscheiden, in welchen Fachbereichen dieRichterinnen und Richter eingesetzt werden.

Es gibt den Entwurf eines 7. SGG-Änderungs-gesetzes, der besagt, dass die Länder besondereSpruchkörper bei den Verwaltungsgerichten ein-richten können; aber das gilt nur für eine Über-gangszeit.

Aus den Reihen der Richter, was mich besonderserstaunt, wird vorgeschlagen, das Richtergesetz mitdem Ziel der leichteren Versetzbarkeit von Richternzu ändern. Jeder, der die Rechtsgeschichte seit derPaulskirchenverfassung kennt und der an das NS-Re-gime denkt, weiß: Ein „tolles“ Mittel für Verwaltun-gen in totalitären Regimen ist es, Richter zu verset-zen. Artikel 97 des Grundgesetzes will gerade diesverhindern.

Amtierender Präsident Jochen Riebel

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370 Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

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)Ich bitte Sie darum, zur Sicherstellung des Justiz-

gewährungsanspruches der vorgeschlagenen Grund-gesetzänderung zuzustimmen.

Ich will zum Schluss sagen: Oberstes Ziel aller Lan-desregierungen ist es, den Bürgerinnen und Bürgerninnerhalb angemessener Zeit Rechtsschutz zu ge-währen. Da wir wissen, dass die Sozialgerichte demab dem nächsten Jahr kaum noch gerecht werdenkönnen, haben wir in unserem Rechtsstaat ein großesProblem. Von daher bitte ich sehr um Unterstüt-zung. – Herzlichen Dank.

Amtierender Präsident Jochen Riebel: Danke sehr,Frau Kollegin!

Je eine Erklärung zu Protokoll*) haben abgege-ben: Herr Minister Gerhards (Nordrhein-Westfalen)und Frau Ministerin Heister-Neumann (Niedersach-sen).

Ich weise beide Vorlagen dem Rechtsausschuss– federführend – sowie dem Ausschuss für Arbeitund Sozialpolitik, dem Finanzausschuss, dem Ge-sundheitsausschuss und dem Ausschuss für InnereAngelegenheiten – mitberatend – zu.

Ich rufe Punkt 97 der Tagesordnung auf:

Entwurf eines … Strafrechtsänderungsgesetzes– Gesetz zur Bekämpfung unzumutbarer Beläs-tigungen – („Stalking-Bekämpfungsgesetz“ –… StrÄndG) – Antrag des Landes Hessen ge-mäß § 36 Abs. 2 GO BR – (Drucksache 551/04)

Herr Staatsminister Dr. Wagner (Hessen) hat eineErklärung zu Protokoll**) gegeben.

Ich weise die Vorlage dem Rechtsausschuss – fe-derführend –, dem Ausschuss für Frauen und Jugendund dem Ausschuss für Innere Angelegenheiten– mitberatend – zu.

Ich rufe Punkt 90 der Tagesordnung auf:

Entwurf einer … Verordnung zur Änderung derVerpackungsverordnung – Antrag des Frei-staates Bayern gemäß § 36 Abs. 2 GO BR –(Drucksache 542/04)

Wortmeldungen liegen hierzu ebenfalls nicht vor.

Ich weise die Vorlage dem Umweltausschuss – fe-derführend – sowie dem Agrarausschuss, dem Aus-schuss für Innere Angelegenheiten und dem Wirt-schaftsausschuss – mitberatend – zu.

Wir kommen zu Punkt 26 der Tagesordnung:

Entschließung des Bundesrates zur Sicherungder Mobilität und für fairen Wettbewerb – An-trag des Freistaats Thüringen – (Drucksache417/04)

Wortmeldungen hierzu liegen nicht vor.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen in Drucksache 417/1/04 vor.

*) Anlagen 28 und 29**) Anlage 30

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Wer ist für die unter Ziffer 1 empfohlene Ände-rung? – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen zur Schlussabstimmung: Wer die Ent-schließung in der soeben festgelegten Fassung an-nehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. –Das ist die Mehrheit.

Damit ist so beschlossen.

Ich rufe Punkt 28 der Tagesordnung auf:

Entschließung des Bundesrates zur Förderungdes Ehrenamtes durch Änderung urheberrecht-licher Vorschriften – Antrag des Landes Hessengemäß § 36 Abs. 2 GO BR – (Drucksache 505/04)

Staatsminister Dr. Wagner (Hessen) gibt hierzueine Erklärung zu Protokoll*). – Weitere Wortmel-dungen liegen nicht vor.

Ich weise die Vorlage dem Rechtsausschuss – fe-derführend –, dem Ausschuss für Innere Angelegen-heiten, dem Ausschuss für Kulturfragen und demWirtschaftsausschuss – mitberatend – zu.

Ich rufe Punkt 91 der Tagesordnung auf:

Entschließung des Bundesrates zur Aufhebungder Einstufung des westlichen Maiswurzelboh-rers (Diabrotica virgifera Le Conte) durch dieKommission als Quarantäneschadorganismusin der Europäischen Gemeinschaft – Antrag desLandes Baden-Württemberg gemäß § 36 Abs. 2GO BR – (Drucksache 527/04)

Keine Wortmeldungen. – Eine Erklärung zur Pro-tokoll**) gibt Herr Minister Köberle (Baden-Württemberg) für Herrn Minister Stächele.

Ich weise die Vorlage dem Ausschuss für Fragender Europäischen Union – federführend – sowie demAgrarausschuss und dem Ausschuss für Umwelt, Na-turschutz und Reaktorsicherheit – mitberatend – zu.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 92 auf:

Entschließung des Bundesrates zur Stärkungder Rechtsstellung von Lebenspartnerschaf-ten – Antrag der Freien und Hansestadt Ham-burg gemäß § 36 Abs. 2 GO BR – (Drucksache523/04)

Es liegt eine Wortmeldung von Herrn SenatorDr. Kusch (Hamburg) vor. Bitte, Herr Kollege Kusch.

Dr. Roger Kusch (Hamburg): Herr Präsident, meineDamen und Herren! Hamburg möchte das Recht derLebenspartnerschaften fortentwickeln. Am 17. Juli2002 hat das Bundesverfassungsgericht dieses sehrumstrittene Rechtsinstitut dauerhaft in unsererRechtsordnung verankert. Es besteht mittlerweile ge-sellschaftlicher Konsens darüber, dass es einen Platzin unserer Gesellschaft hat.

*) Anlage 31**) Anlage 32

Corinna Werwigk-Hertneck (Baden-Württemberg)

Page 59: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 371

(A C)

(B) D)

)Ich glaube, in Deutschland herrscht überwiegend

die Auffassung vor, dass die Einzelheiten diesesRechtsinstituts zweifelhaft sind. Bisher ist die Art undWeise, in der das Rechtsinstitut der Lebenspartner-schaft ausgestaltet ist, von dem Zufall abhängig, obein Regelungsgegenstand der Zustimmung des Bun-desrates bedarf oder ob er zustimmungsfrei ist.

Hamburg hat sich die Mühe gemacht, durch eineAnalyse der derzeitigen Rechtslage festzustellen,welche Ungleichbehandlungen zwischen Lebens-partnerschaft und Ehe derzeit besonders augenfälligsind. Dabei ist uns aufgefallen – auf die Darstellungdieses Punktes möchte ich mich beschränken undden Rest meiner Ausführungen zu Protokoll*)

geben –, dass eine deutliche Diskrepanz zwischenErbrecht und Pflichtteilsrecht, bei dem die Lebens-partner Eheleuten zu fast 100 % gleichgestellt sind,einerseits und dem Erbschaftsteuer- und Schenkung-steuerrecht für Eheleute und Lebenspartner anderer-seits besteht. Wir schlagen vor, hier zu einer Anglei-chung zu kommen.

Die Verwaltung Finanzen und Justiz in Hamburghat sich in den letzten Monaten ausführlich mit derFrage beschäftigt, in welcher Höhe Mindereinnah-men auf die Länder zukommen; denn Einnahmen ausder Erbschaft- und Schenkungsteuer stehen den Län-dern zu. Es ist ein Gebot seriöser Gesetzgebung,diese Frage gründlich zu prüfen. Wir haben sämtli-che Fakten und Zahlen ausfindig gemacht, aufGrund deren man die Höhe der zu erwartenden Min-dereinnahmen prognostizieren kann. Ergebnis war,dass sich nicht prognostizieren lässt, ob durch eineAusgestaltung des Rechtsinstituts der Lebenspartner-schaft nach unserem Vorbild ein Ansturm ausgelöstwird.

Um die Widerstände gegen diese Rechtsänderungzu reduzieren, schlagen wir vor, jedenfalls für eineÜbergangszeit, in der man noch nicht genau weiß,was auf die Haushalte der Länder zukommt, einefünfjährige Sperrfrist einzuführen, die zur Folge hat,dass die vergünstigten Steuersätze erst dann gewährtwerden, wenn die Lebenspartnerschaft fünf Jahrebestanden hat.

Am letzten Dienstag hat der Senat der Freien undHansestadt Hamburg die Initiative, die wir heute hiereinbringen, beschlossen. Zufällig ebenfalls am letz-ten Dienstag haben die Fraktionen von SPD undBündnis 90/Die Grünen im Bundestag einen Gesetz-entwurf vorgestellt, der in Teilen mit unserer Initia-tive identisch ist, aber im Übrigen viel weiter geht.

Ich habe soeben darauf hingewiesen, welche Mühewir bei der Vorbereitung unserer Initiative auf dasThema „Erbschaftsteuerrecht“ verwendet haben.Rotgrün im Bundestag geht einen anderen Weg: Essind wiederum nur Gegenstände aufgegriffen wor-den, die zustimmungsfrei sind. Das heißt, schondurch die Art und Weise, wie das Recht geändertwerden soll, sollen die konfrontativen Ansätze desJahres 2000 wieder zum Leben erweckt werden. Wie-

*) Anlage 33

(

(

derum bemüht man sich nicht, das Rechtsinstitutnach sachlichen Gesichtspunkten auszugestalten,sondern das geschieht überwiegend nach den politi-schen Mehrheitsverhältnissen.

Wer einen so wesentlichen Eingriff in unsere Ge-sellschaftsordnung plant, wie es in dem Gesetzent-wurf zum Ausdruck kommt, der das Ziel hat, dasAdoptionsrecht auf Lebenspartner auszuweiten, dermuss sich zur Begründung dessen, was er erreichenwill, zumindest derselben Mühe unterziehen wie wir.Ich finde es dem Verfahren nicht angemessen, einesolch gravierende Änderung lediglich auf einer hal-ben DIN-A4-Seite zu begründen und es dem Leser zuüberlassen, was er davon hält. Ich meine, eine solcheFrage bedarf gründlicher Erörterung. Ich werbe, zu-mindest was unseren Antrag angeht, um Ihre Zustim-mung.

Amtierender Präsident Jochen Riebel: Danke sehr,Herr Kollege Dr. Kusch!

Ich weise die Vorlage dem Rechtsausschuss – fe-derführend –, dem Ausschuss für Frauen und Ju-gend, dem Finanzausschuss und dem Ausschuss fürInnere Angelegenheiten – mitberatend – zu.

Ich rufe Punkt 95 der Tagesordnung auf:

Entschließung des Bundesrates zur Herbeifüh-rung eines EU-Programms zur Kulturpflege eu-ropäischer Vertreibungsgebiete – Antrag desFreistaates Bayern gemäß § 36 Abs. 2 GO BR –(Drucksache 546/04)

Eine Erklärung zu Protokoll*) gegeben hat FrauStaatsministerin Dr. Merk (Bayern) für Herrn Staats-minister Huber.

Ich weise die Vorlage dem Ausschuss für Fragender Europäischen Union – federführend – und demAusschuss für Kulturfragen – mitberatend – zu.

Ich rufe Punkt 29 der Tagesordnung auf:

Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung desLebensmittel- und des Futtermittelrechts(Drucksache 429/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor. – Herr MinisterGerhards (Nordrhein-Westfalen) für Frau MinisterinHöhn und Herr Minister Köberle (Baden-Württem-berg) für Herrn Minister Stächele haben je eine Er-klärung zu Protokoll**) abgegeben.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Empfehlungender Ausschüsse sowie ein Antrag Baden-Württem-bergs vor.

Zur Einzelabstimmung rufe ich aus den Ausschuss-empfehlungen in Drucksache 429/1/04 auf:

Ziffer 1! – Mehrheit.

Ziffer 2! – Mehrheit.

Ziffer 3! – Mehrheit.

*) Anlage 34**) Anlagen 35 und 36

Dr. Roger Kusch (Hamburg)

Page 60: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

372 Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

(A C)

(B) D)

)Ziffer 4! – Mehrheit.

Ziffer 5! – Mehrheit.

Ziffer 7! – Mehrheit.

Ziffer 11! – Mehrheit.

Ziffer 14! – Mehrheit.

Ziffer 17! – Mehrheit.

Ziffer 18! – Mehrheit.

Ziffer 22! – Mehrheit.

Ziffer 23! – Mehrheit.

Ziffer 28! – Mehrheit.

Ziffer 29! – Mehrheit.

Ziffer 30! – Mehrheit.

Nunmehr kommen wir zu dem Antrag Baden-Württembergs in Drucksache 429/2/04. – Mehrheit.

Zurück zu den Ausschussempfehlungen! Ich rufeauf:

Ziffer 42! – Minderheit.

Ziffer 43! – Mehrheit.

Ziffer 45! – Mehrheit.

Ziffer 47! – Mehrheit.

Bitte das Handzeichen zu allen noch nicht erledig-ten Ziffern der Ausschussempfehlungen! – Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat zu dem Gesetzentwurfentsprechend Stellung genommen.

Ich rufe Punkt 31 der Tagesordnung auf:

Entwurf eines Gesetzes zur Organisationsre-form in der gesetzlichen Rentenversicherung(RVOrgG) (Drucksache 430/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Es liegen Ihnenhierzu die Ausschussempfehlungen vor. Ich beginnemit den Ziffern, zu denen Einzelabstimmung ge-wünscht wird:

Ziffer 6! – Mehrheit.

Ziffer 7! – Mehrheit.

Ziffer 8 entfällt.

Ziffer 10! – Mehrheit.

Wer ist für die restlichen Ziffern der Ausschuss-empfehlungen? – Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat zu dem GesetzentwurfStellung genommen.

Ich rufe Punkt 36 der Tagesordnung auf:

Entwurf eines Einundzwanzigsten Gesetzes zurÄnderung des Bundesausbildungsförderungs-gesetzes (21. BAföGÄndG) (Drucksache 435/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Hierzu liegen Ihnendie Ausschussempfehlungen vor.

(

(

Ich beginne mit Ziffer 1. Handzeichen bitte! –Mehrheit.

Ziffer 2! – Minderheit.

Ziffer 3! – Minderheit.

Nun bitte Ihr Handzeichen für die Ziffern 4 und 5gemeinsam! – Mehrheit.

Bitte Ziffer 6! – Minderheit.

Damit hat der Bundesrat entsprechend Stellunggenommen.

Ich rufe Punkt 39 der Tagesordnung auf:

Entwurf eines Gesetzes zur Einführung derEuropäischen Gesellschaft (SEEG) (Druck-sache 438/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen in Drucksache 438/1/04 vor. Daraus rufeich auf:

Ziffer 2! – Mehrheit.

Ziffer 3! – Mehrheit.

Ziffer 4! – Mehrheit.

Ziffer 8! – Mehrheit.

Damit entfällt Ziffer 9.

Ziffer 20! – Mehrheit.

Ziffer 22! – Mehrheit.

Ziffer 27! – Mehrheit.

Jetzt bitte ich um das Handzeichen für alle übrigenZiffern der Ausschussempfehlungen. – Mehrheit.

Der Bundesrat hat entsprechend Stellung genom-men und eine Entschließung gefasst.

Ich rufe Punkt 40 der Tagesordnung auf:

Entwurf eines Gesetzes zur Neugestaltung desUIG (Drucksache 439/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor. – MinisterGerhards (Nordrhein-Westfalen) hat für Frau Minis-terin Höhn und Frau Ministerin Lütkes (Schleswig-Holstein) hat für Minister Müller eine Erklärung zuProtokoll*) gegeben.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen vor. Zur Einzelabstimmung rufe ich auf:

Ziffer 1! – Mehrheit.

Ziffer 2! – Mehrheit.

Ziffer 3! – Mehrheit.

Damit entfällt Ziffer 4.

Ziffer 5! – Minderheit.

Ziffer 6! – Mehrheit.

Ziffer 7! – Minderheit.

*) Anlagen 37 und 38

Amtierender Präsident Jochen Riebel

Page 61: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 373

(A C)

(B) D)

)Ziffer 10! – Mehrheit.

Ziffer 11! – Mehrheit.

Ziffer 13! – Mehrheit.

Ziffer 15! – Mehrheit.

Damit entfällt Ziffer 16.

Ziffer 17! – Mehrheit.

Ziffer 19! – Mehrheit.

Ziffer 22! – Mehrheit.

Nun bitte das Handzeichen für alle noch nicht erle-digten Ziffern der Ausschussempfehlungen! – Mehr-heit.

Damit hat der Bundesrat zu dem Gesetzentwurfentsprechend Stellung genommen.

Ich rufe Punkt 43 der Tagesordnung auf:

Strategien zur Stärkung der sozialen Integra-tion – Nationaler Aktionsplan zur Bekämpfungvon Armut und sozialer Ausgrenzung 2003 –2005 – Aktualisierung 2004 – Deutschlands Bei-trag zum ersten europäischen Sozialschutzbe-richt – (Drucksache 456/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Empfehlungen der Ausschüsse sind aus Druck-sache 456/1/04 ersichtlich. Zur Einzelabstimmungrufe ich hieraus zunächst auf:

Ziffer 1! – Mehrheit.

Ziffer 2! – Mehrheit.

Ziffer 3! – Mehrheit.

Nun bitte Ihr Handzeichen für die Ziffern 4 bis 6,10, 14, 15, 19 und 20 gemeinsam! – Mehrheit.

Bitte Ihr Handzeichen für die Ziffern 7, 9 und 18gemeinsam! – Mehrheit.

Wir fahren fort mit Ziffer 8. – Minderheit.

Bitte Ihr Handzeichen für die Ziffern 11 und 21 ge-meinsam! – Mehrheit.

Zur weiteren Einzelabstimmung rufe ich auf:

Ziffer 12! – Mehrheit.

Ziffer 13! – Minderheit.

Ziffer 16! – Minderheit.

Ziffer 17! – Mehrheit.

Der Bundesrat hat entsprechend Stellung genom-men.

Ich rufe Punkt 45 der Tagesordnung auf:

Vorschlag für einen Beschluss des Europäi-schen Parlaments und des Rates zur Änderungdes Beschlusses 1419/1999/EG über die Ein-richtung einer Gemeinschaftsaktion zur För-derung der Veranstaltung „KulturhauptstadtEuropas“ für die Jahre 2005 bis 2019 (Druck-sache 914/03)

Wortmeldungen gibt es nicht.

(

(

Die Empfehlungen der Ausschüsse liegen Ihnen inDrucksache 516/04 vor. Zur Abstimmung rufe ichhieraus auf:

Ziffer 1! – Mehrheit.

Ziffer 2! – Mehrheit.

Ziffer 3! – Mehrheit.

Der Bundesrat hat entsprechend Stellung genom-men.

Punkt 46 der Tagesordnung:

Vorschlag für eine Richtlinie des EuropäischenParlaments und des Rates zur Verwirklichungdes Grundsatzes der Chancengleichheit undGleichbehandlung von Männern und Frauen inArbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufas-sung) (Drucksache 366/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Empfehlungen der Ausschüsse gehen ausDrucksache 366/1/04 hervor. Zur Einzelabstimmungrufe ich auf:

Ziffer 3! – Mehrheit.

Ziffer 4! – Mehrheit.

Bitte Ihr Handzeichen für alle noch nicht erledigtenZiffern der Ausschussempfehlungen! – Mehrheit.

Der Bundesrat hat entsprechend Stellung genom-men.

Ich rufe Punkt 48 der Tagesordnung auf:

Vorschlag für eine Richtlinie des EuropäischenParlaments und des Rates über Dienstleistun-gen im Binnenmarkt (Drucksache 128/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Empfehlungender Ausschüsse in Drucksache 128/3/04 und ein An-trag des Landes Nordrhein-Westfalen in Drucksache128/4/04 vor.

Wir beginnen mit den Ausschussempfehlungen.Zur Einzelabstimmung rufe ich auf:

Ziffer 26! – Mehrheit.

Damit entfällt Ziffer 27.

Wir kommen zu dem Landesantrag. Bitte Ihr Hand-zeichen! – Mehrheit.

Nun bitte Ihr Handzeichen für alle noch nicht erle-digten Ziffern der Ausschussempfehlungen! – Mehr-heit.

Der Bundesrat hat entsprechend Stellung genom-men.

Ich rufe Punkt 53 der Tagesordnung auf:

Grünbuch der Kommission der EuropäischenGemeinschaften über die Angleichung, diegegenseitige Anerkennung und die Vollstre-ckung strafrechtlicher Sanktionen in der Euro-päischen Union (Drucksache 410/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Amtierender Präsident Jochen Riebel

Page 62: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

374 Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

(A C)

(B) D)

)Die Ausschussempfehlungen ergeben sich aus

Drucksache 410/1/04. Zur Einzelabstimmung rufe ichauf:

Ziffern 7 bis 9 gemeinsam! – Mehrheit.

Bitte Ihr Handzeichen für alle noch nicht erledigtenZiffern der Ausschussempfehlungen! – Mehrheit.

Der Bundesrat hat entsprechend Stellung genom-men.

Ich rufe Punkt 56 der Tagesordnung auf:

Vorschlag für eine Richtlinie des EuropäischenParlaments und des Rates über Beschränkun-gen des Inverkehrbringens und der Verwen-dung von Toluol und Trichlorbenzol (Achtund-zwanzigste Änderung der Richtlinie 76/769/EWG des Rates) (Drucksache 401/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Empfehlungen der Ausschüsse liegen Ihnen inDrucksache 401/1/04 vor. Hieraus rufe ich zur Einzel-abstimmung auf:

Ziffer 2! – Minderheit.

Ziffer 5! – Mehrheit.

Bitte Ihr Handzeichen für alle noch nicht erledigtenZiffern der Ausschussempfehlungen! – Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat entsprechend Stellunggenommen.

Punkt 57 der Tagesordnung:

Elfte Verordnung zur Änderung saatgutrecht-licher Verordnungen (Drucksache 418/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Empfehlungendes Agrarausschusses in Drucksache 418/1/04 vor.Zur Einzelabstimmung rufe ich auf:

Ziffer 1! – Minderheit.

Jetzt die Ziffern 2 und 4 gemeinsam! – Mehrheit.

(Rudolf Köberle [Baden-Württemberg]: 2 bis 4!)

– Ich rufe die Ziffern 2 bis 4 gemeinsam auf. Wer zu-zustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzei-chen. – Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat der Verordnung entspre-chend zugestimmt.

Ich rufe Punkt 61 der Tagesordnung auf:

Verordnung zur Änderung marktordnungs-rechtlicher Vorschriften für Milch (Drucksache459/04, zu Drucksache 459/04)

Wortmeldungen liegen hierzu nicht vor. – Eine Er-klärung zu Protokoll*) hat Herr Minister Gerhards(Nordrhein-Westfalen) für Frau Ministerin Höhn ab-gegeben.

*) Anlage 39

(

(

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen sowie ein gemeinsamer Antrag Bayernsund Baden-Württembergs vor.

Wir beginnen mit den Ausschussempfehlungen inDrucksache 459/1/04. Ich rufe auf:

Ziffer 1! – Mehrheit.

Ziffer 2! – Mehrheit.

Ziffer 3! – Mehrheit.

Nun noch das Handzeichen für den 2-Länder-An-trag in Drucksache 459/2/04! – Minderheit.

Damit hat der Bundesrat der Verordnung entspre-chend zugestimmt.

Ich rufe Punkt 62 der Tagesordnung auf:

Verordnung über Arbeitsstätten (Drucksache450/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Hierzu liegen Ihnenvor: die Ausschussempfehlungen und ein AntragBayerns.

Ich beginne mit Ziffer 1 der Ausschussempfehlun-gen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um dasHandzeichen. – Minderheit.

Ziffer 2! – Minderheit.

Ziffer 3! – Minderheit.

Ziffer 4! – Minderheit.

Damit ist keine Änderung angenommen.

Ich frage nun: Wer ist dafür, der Verordnung unver-ändert gemäß Ziffer 5 der Ausschussempfehlungenzuzustimmen? Handzeichen bitte! – Mehrheit.

Der Bundesrat hat der Verordnung zugestimmt.

Jetzt noch Ihr Handzeichen für die Entschließungunter Ziffer 6 der Ausschussempfehlungen! – Mehr-heit.

Der Antrag Bayerns in Drucksache 450/2/04! –Mehrheit.

Damit ist so beschlossen.

Ich rufe Punkt 66 der Tagesordnung auf:

Vierte Verordnung zur Änderung der Hebam-menhilfe-Gebührenverordnung (Drucksache343/04)

Wortmeldungen liegen hierzu nicht vor.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen in Drucksache 343/1/04 und ein AntragNordrhein-Westfalens vor.

Wir beginnen mit dem Landesantrag. Wer stimmtdem Antrag in Drucksache 343/2/04 zu? – Mehrheit.

Damit entfällt Ziffer 1 der Ausschussempfehlun-gen.

Amtierender Präsident Jochen Riebel

Page 63: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/802.pdfWirtschaftsplangesetz 2005) (Drucksache 440/04) Beschluss: Keine Einwendungen gem äß Art. 76 Abs. 2 GG 42. Entwurf eines Siebten Gesetzes

Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 375

(A C)

(B) D)

)Nun zur Schlussabstimmung: Wer der Verordnung,

wie soeben festgelegt, zuzustimmen wünscht, denbitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Damit ist so beschlossen.

Ich rufe Punkt 87 der Tagesordnung auf:

Erstes Gesetz zur Änderung des Bundesschie-nenwegeausbaugesetzes (Drucksache 539/04)

Der federführende Verkehrsausschuss empfiehlt,dem Gesetz zuzustimmen. Wer dieser Empfehlung zufolgen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. –Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt.

Ich rufe Punkt 88 der Tagesordnung auf:

Fünftes Gesetz zur Änderung des Fernstraßen-ausbaugesetzes (Drucksache 540/04)

Wortmeldungen liegen hierzu nicht vor.

Herr Staatsminister Dr. de Maizière (FreistaatSachsen) gibt eine Erklärung zu Protokoll*).

Eine Ausschussempfehlung auf Anrufung des Ver-mittlungsausschusses oder ein entsprechender Lan-desantrag liegt nicht vor.

Ich stelle daher fest, dass der Bundesrat einen sol-chen Antrag n i c h t stellt.

Wir haben noch über den Entschließungsantragdes Landes Baden-Württemberg zu befinden. Werdem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich umdas Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat entsprechend beschlos-sen.

Ich rufe Punkt 93 der Tagesordnung auf:

Verordnung über die Anwendung der GutenKlinischen Praxis bei der Durchführung vonklinischen Prüfungen mit Arzneimitteln zur An-wendung am Menschen (GCP-Verordnung –GCP-V) (Drucksache 515/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen in Drucksache 515/1/04 vor. Ich rufe zu-nächst auf:

Ziffern 5, 10 und 11 gemeinsam! Wer dem zuzu-stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzei-chen. – Das ist die Mehrheit.

Bitte das Handzeichen für die noch nicht erledigtenAusschussempfehlungen, mit Ausnahme der Zif-fern 18 und 19! – Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat der Verordnung, wiesoeben festgelegt, zugestimmt.

Wir haben noch über die empfohlene Entschlie-ßung abzustimmen. Bitte das Handzeichen für:

Ziffer 18! – Das ist die Mehrheit.

*) Anlage 40

(

(

Nun das Handzeichen für Ziffer 19! – Das ist eben-falls die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat die Entschließung, wiesoeben beschlossen, gefasst.

Ich rufe Punkt 96 der Tagesordnung auf:

Entschließung des Bundesrates zur Energie-politik – Antrag des Freistaates Bayern gemäߧ 36 Abs. 2 GO BR – (Drucksache 545/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zur weiteren Beratung weise ich die Vorlage demWirtschaftsausschuss – federführend – sowie demFinanzausschuss, dem Ausschuss für Innere Angele-genheiten und dem Ausschuss für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit – mitberatend – zu.

Ich rufe Punkt 98 der Tagesordnung auf:

Viertes Gesetz zur Änderung des Melderechts-rahmengesetzes (Drucksache 549/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Ausschussberatun-gen haben nicht stattgefunden. Wir sind jedoch über-eingekommen, heute in der Sache zu entscheiden.Ich frage daher, wer dem Gesetz zuzustimmenwünscht. – Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt.

Ich rufe Punkt 99 der Tagesordnung auf:

Benennung von zwei Mitgliedern und zweistellvertretenden Mitgliedern des Kuratoriumsder Stiftung „Erinnerung, Verantwortung undZukunft“ (Drucksache 472/04)

Ihnen liegt in Drucksache 472/1/04 ein Mehr-Län-der-Antrag vor.

Wer dem Antrag folgen möchte, den bitte ich umdas Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Damit ist so beschlossen.

Ich rufe Punkt 100 der Tagesordnung auf:

Zweites Gesetz zur Änderung des Zivil-dienstgesetzes und anderer Vorschriften(Zweites Zivildienstgesetzänderungsgesetz –2. ZDGÄndG) (Drucksache 556/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor. – Eine Erklärungzu Protokoll*) hat Herr Staatssekretär Ruhenstroth-Bauer (Bundesministerium für Familie, Senioren,Frauen und Jugend) gegeben.

Das Gesetz ist dem Bundesrat gestern zugeleitetworden. Ausschussberatungen haben noch nichtstattgefunden. Wir sind jedoch übereingekommen,bereits heute in der Sache zu entscheiden.

Baden-Württemberg, Bayern und Hessen haben inDrucksache 556/1/04 beantragt, den Vermittlungs-

*) Anlage 41

Amtierender Präsident Jochen Riebel

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376 Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

(A C)

(B)

)ausschuss anzurufen. Wer diesem Antrag zuzustim-men wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. –Das ist die Mehrheit.

Der Bundesrat hat beschlossen, den Vermittlungs-ausschuss anzurufen.

Meine Damen und Herren, damit haben wir die Ta-gesordnung der heutigen Sitzung abgewickelt.

(Die nächste Sitzung des Bundesrates berufe ich ein

auf Freitag, den 24. September 2004, 9.30 Uhr.

Ihnen allen wünsche ich erholsame und von Sonnebegleitete Sommerferien in Deutschland oder inEuropa.

Die Sitzung ist geschlossen.

(Schluss: 14.38 Uhr)

Beschlüsse im vereinfachten Verfahren (§ 35 GO BR)

D)

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verord-nung (EWG) Nr. 1365/75 über die Gründung einer EuropäischenStiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen

(Drucksache 400/04)

Ausschusszuweisung: EU – AS – Wi

Beschluss: Kenntnisnahme

Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften anden Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts-und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Eva-luierung der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheits-schutz am Arbeitsplatz

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verord-nung (EG) Nr. 2062/94 zur Errichtung einer Europäischen Agenturfür Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz

(Drucksache 414/04)

Ausschusszuweisung: EU – AS – G – Wi

Beschluss: Kenntnisnahme

(

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Einrichtung einer Euro-päischen Fischereiaufsichtsbehörde und zur Änderung der Verord-nung (EWG) Nr. 2847/93 zur Einführung einer Kontrollregelung fürdie Gemeinsame Fischereipolitik

(Drucksache 402/04)

Ausschusszuweisung: EU – A

Beschluss: Kenntnisnahme

Einhundertdritte Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste– Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung –

(Drucksache 486/04)

Ausschusszuweisung: Wi

Beschluss: Absehen von Stellungnahme

Feststellung gemäß § 34 GO BR

Einspruch gegen den Bericht über die 800. Sitzungist nicht eingelegt worden. Damit gilt der Bericht ge-mäß § 34 GO BR als genehmigt.

Amtierender Präsident Jochen Riebel

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Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 377*

(A C)

(B) D)

)Anlage 1

Bericht

von Ministerpräsident Roland Koch(Hessen)

zu Punkt 77 der Tagesordnung

Erklärung

der Bundesregierung zur Beschlussempfeh-lung des Vermittlungsausschusses zumKommunalen Optionsgesetz

Die Bundesregierung verpflichtet sich, gemeinsammit den Ländern nach einer geeigneten Lösung zusuchen, wenn sich entgegen der derzeitigen An-nahme und der erklärten Absicht des Bundes, dieKommunen infolge der Reform – Hartz IV – zu entlas-ten, herausstellen sollte, dass es bei den Kommunenin einem Land in der Summe zu einer Nettobelastungkommt.

Anlage 2

Bericht

von Ministerpräsident Christian Wulff(Niedersachsen)

zu Punkt 3 der Tagesordnung

Der Bundesrat hat am 14. Mai 2004 beschlossen,zu dem vom Deutschen Bundestag am 2. April 2004verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 77 Abs. 2 desGrundgesetzes die Einberufung des Vermittlungs-ausschusses zu verlangen. Insgesamt gab es zwölfAnrufungsgründe.

Wesentliche Anrufungsgründe, die ich in Erinne-rung rufen möchte, waren:

– sicherer Netzbetrieb durch Verpflichtung zur Min-derung der Einspeiseleistung im Falle drohenderunzulässiger Überlastungen,

– Einführung einer 65-%-Referenzertragsgrenze,

– Streichung des Förderverbots in FFH-Gebieten so-wie

– Ausgleich der Netzverstärkungs- und -ausbaukos-ten.

Über das EEG wurde in den letzten Monaten vielgeredet und verhandelt. Der Bundesrat hat sich imersten Durchgang neben grundsätzlichen Fragen dergarantierten Einspeisevergütung intensiv mit einzel-nen Regelungen des Gesetzentwurfs befasst. DerBundestag hat die grundsätzlichen Bedenken nichtmehrheitlich geteilt, sich aber ebenfalls intensiv mitinhaltlichen Fragen auseinander gesetzt. Nachdemdas Gesetz wieder dem Bundesrat vorgelegt wordenwar, war ziemlich schnell klar, dass die Zeit für Dis-kussionen über das Vergütungssystem beendet istund an diesem Punkt keine Änderungen möglichsind.

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Manche hatten die Erwartung, dass zu einem Ein-spruchsgesetz der Vermittlungsausschuss nicht ange-rufen werden sollte, weil es ohnehin nichts bringe;denn der Bundestag müsse sich auf Änderungennicht einlassen. Andererseits ist die Anrufung desVermittlungsausschusses zu Einspruchsgesetzen eineverfassungsrechtlich verankerte Möglichkeit im Rah-men des Gesetzgebungsverfahrens. Sie war in die-sem Fall geboten, denn der Bundestag hat einigePunkte der Stellungnahme des Bundesrates nichtaufgenommen, die dieser für besonders bedeutendhielt.

Vor allem ist im politisch und praktisch bedeuten-den Bereich der Vergütung für Windstrom eine neueRegelung getroffen worden, zu der sich die Ländernoch nicht äußern konnten und die aus verschiede-nen Gründen von der Mehrheit der Länder nicht mit-getragen werden konnte. Wer die Dinge so sah,musste aus der Verantwortung für das eigene Landheraus erwägen, ob deshalb der Vermittlungsaus-schuss angerufen werden sollte. Im Nachhinein zeigtes sich, dass es wider manche Erwartung doch einVermittlungsergebnis gibt, das die Anrufung desVermittlungsausschusses lohnenswert gemacht hat.

In diesem Verfahren zeigt das Ergebnis des Ver-mittlungsausschusses mehrere Aspekte:

Bundestag und Bundesrat, A-Länder und B-Län-der sowie Rotgrün und Schwarzgelb haben konstruk-tiv eine Lösung gesucht und gefunden. Es wurdenkeine parteipolitischen Blockaden oder Fronten zwi-schen Bundesrat und Bundestag aufgebaut. DieserUmgang miteinander zeigt, dass es möglich ist, auf-einander zuzugehen. Die Zeit und die sich darausentwickelnden Sachzwänge haben die Einigungsbe-reitschaft auf allen Seiten sicherlich verstärkt; dennohne Vermittlungsergebnis bzw. ohne seine An-nahme könnte das Gesetz erst im Herbst in Kraft tre-ten.

Das müssten dann alle Beteiligten gegenüber denkünftigen Investoren, die schon seit geraumer Zeitauf die Gesetzesänderung warten, oder den stromin-tensiven Unternehmen vertreten, für die die bishe-rige Härtefallregelung am 1. Juli dieses Jahres aus-gelaufen ist.

Nun musste jeder Abstriche bei seinen Forderun-gen und Erwartungen machen – das ist so bei Kom-promissen. Aber die Belohnung ist ein Gesetz, mitdem alle in der Zukunft leben können. Ich möchtemich bei allen Beteiligten für den konstruktiven Um-gang bedanken. Das ist eine erfreuliche Entwick-lung.

Daneben will ich das eigentliche Vermittlungser-gebnis darstellen: Die Anrufungsgründe hatten je-weils sehr spezielle Inhalte. Aufgegriffen wurdeletztlich ein Anrufungsgrund, nämlich derjenige zurVergütung für Windstrom und dort die Regelung, dieeine bessere Standortlenkung ermöglichen soll. Die-ser Punkt hat hohe praktische Bedeutung, weil eingroßer Teil der EEG-Vergütung in den Windstromfließt und die Branche in den vergangenen Jahrenwegen der günstigen Vergütung, aber auch wegen

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)der technischen Entwicklung geboomt hat. DieseEntwicklung wird grundsätzlich begrüßt, weil derAnteil der erneuerbaren Energien an der Stromer-zeugung nur steigt, wenn ein genügend großerMarkt entsteht.

Inzwischen wird Windstrom aber auch an wind-schwachen Stellen erzeugt, an denen man es frühernie erwartet hätte. Windenergie ist aber nicht Selbst-zweck und soll nur an energiepolitisch sinnvollenStandorten vergütet werden. Nur dann ist die Vergü-tung dem Stromkunden zumutbar, und nur dann sinddie Windanlagen vor Ort akzeptiert. Die beabsich-tigte Begrenzung der Windenergienutzung sollte an-dererseits nicht die noch nicht gefestigte Windener-giebranche gefährden.

Der Regierungsentwurf, der dem Bundesrat vorge-legen hat, machte deshalb die Vergütung davon ab-hängig, dass eine Windenergieanlage an demgeplanten Standort mindestens 65 % des Referenzer-trags erzielen kann. Diese Regelung wurde vom Bun-desrat akzeptiert.

Der Bundestag hat die Regelung dann wiedergestrichen. Stattdessen wurde die Regelung zur Be-stimmung des Zeitraums für die erhöhte Vergütungverschärft. Der Vermittlungsausschuss nimmt dieSystematik des Regierungsentwurfs auf, allerdingsmit einem Wert von 60 %. Dieser Wert ist wenigerstreng als der des Regierungsentwurfs, wird aber dieangestrebte Lenkungswirkung entfalten.

Die Regelung soll nicht wie im Regierungsentwurfvorgesehen zum Jahreswechsel gelten, sondern einJahr nach Inkrafttreten der Novelle – ein weiteresEntgegenkommen gegenüber der Windbranche undfür einige Länder möglicherweise ein echter Wer-mutstropfen im Vermittlungsergebnis.

Die Regelung zur Windenergie wertete der Ver-mittlungsausschuss als so bedeutend, dass die übri-gen Anrufungsgründe dahinter zurücktraten. Da-rüber hinaus wurden für die stromintensivenUnternehmen noch offensichtliche Fehler korrigiertbzw. eine Klarstellung vorgenommen.

Es ist nicht immer leicht, mit Kompromissen zu le-ben, aber ich denke, wir haben etwas erreicht. Mehrwar aus der Sicht des Bundesrates nicht zu erreichen.Ich empfehle daher die Zustimmung zum Vermitt-lungsergebnis.

Anlage 3

Erklärung

von Minister Jörg Schönbohm(Brandenburg)

zu Punkt 3 der Tagesordnung

Für die Länder Brandenburg, Berlin und Mecklen-burg-Vorpommern gebe ich folgende Erklärung zuProtokoll:

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Die Länder Brandenburg, Berlin und Mecklen-burg-Vorpommern gehen davon aus, dass möglichstzeitnah Regelungen zum bundesweiten Ausgleichder im Zusammenhang mit der Einspeisung vonStrom aus erneuerbaren Energien anfallenden Kos-ten für die Verstärkung und den Ausbau der Netzesowie für Regelenergie und Ausgleichsleistung ge-troffen werden.

Begründung:

Die oben genannte Forderung ist für die nordost-deutschen Länder substanziell wichtig. Die genann-ten Kosten fallen bundesweit ungleich an. Sie wer-den derzeit vom jeweiligen Netzbetreiber auf dieKunden in seinem gesamten Bereich umgelegt. Da-von betroffen sind insbesondere die Übertragungs-netzbereiche der nordostdeutschen Verbundunter-nehmen sowie die regionalen Energieversorger. Füreine bundesweite Umlage dieser Kosten und damitbundesweit gleiche Belastung der Stromverbrauchergibt es derzeit keine Rechtsgrundlage.

Im Zusammenhang mit dem bevorstehenden mas-siven Ausbau der Windkraftnutzung in der Ostseeund der Nordsee werden diese Kosten sprunghaft an-steigen, woraus Standortnachteile für die stärker be-lasteten Länder erwachsen werden. So werden alleindie Netzausbaukosten im Zusammenhang mit derWindkraftnutzung in der Ostsee auf 300 MillionenEuro geschätzt. Diese Kosten sollten bundesweit aus-geglichen werden.

Zu dieser Frage wurde im Vermittlungsverfahrenkein Kompromiss gefunden. Gleichwohl ist bekannt,dass die Bundesregierung dieses Problem grundsätz-lich erkannt hat. Es wird im Rahmen einer von derDeutschen Energie-Agentur (dena) in Auftrag gege-benen Studie untersucht. Ergebnisse sollen aber erstEnde dieses Jahres vorliegen. Letztere müssen da-nach in geeigneter Weise umgesetzt werden (Geset-zesänderung oder Verordnung).

Anlage 4

Erklärung

von Staatsminister Dr. Thomas de Maizière(Sachsen)

zu Punkt 3 der Tagesordnung

Die Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und der Freistaat Sachsen gehen davonaus, dass möglichst zeitnah Regelungen zum bundes-weiten Ausgleich der im Zusammenhang mit der Ein-speisung von Strom aus erneuerbaren Energien an-fallenden Kosten für die Verstärkung und denAusbau der Netze sowie für Regelenergie und Aus-gleichsleistung getroffen werden. Die genanntenKosten fallen bundesweit ungleich an. Sie werdenderzeit vom jeweiligen Übertragungsnetzbetreiberauf die Kunden in seinem Bereich umgelegt. Im Zu-sammenhang mit dem bevorstehenden massivenAusbau der Windkraftnutzung in der Ostsee und der

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)Nordsee werden diese Kosten sprunghaft ansteigen,woraus Standortnachteile für die stärker belastetenLänder erwachsen werden.

Anlage 5

Bericht

von Staatsminister Erwin Huber(Bayern)

zu Punkt 78 der Tagesordnung

Erklärungen der Bundesregierung in derSitzung des Vermittlungsausschusses am30. Juni 2004; Fortsetzung der 30. Sitzung,TOP 2: Gesetz zur Intensivierung der Be-kämpfung der Schwarzarbeit und damit zu-sammenhängender Steuerhinterziehung

1. Zur Auskunftsberechtigung aus der zentralenDatenbank

Durch die jetzige Gesetzesfassung sowohl in § 6als auch in § 17 ist klargestellt, dass die Informations-und Datenübermittlung an Strafverfolgungs- undPolizeivollzugsbehörden, wie von Bundesrat undCDU/CSU gewünscht, zur Verhütung und Verfol-gung auch aller anderen Straftaten oder Ordnungs-widrigkeiten, die im Zusammenhang mit einem derin § 2 Abs. 1 genannten Prüfgegenstände stehen(z. B. Urkundenfälschung, Geldwäsche etc.), erfolgt.

2. Zur JobCard

Noch in diesem Jahr soll die Prüfung abgeschlos-sen werden, ob das JobCard-Verfahren auch zur Be-kämpfung der Schwarzarbeit angewendet werdenkann. Im Falle des Missbrauchs von Leistungen ist esnicht notwendig, die Signaturkarte einzuziehen, dader Missbrauch als solcher in den Datenbeständenunmittelbar festgehalten wird und bei jeder erneutenAbfrage abrufbar ist. Damit ist sichergestellt, dassdas JobCard-Verfahren eine Möglichkeit der Sperreim Datensatz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit be-inhaltet.

Nach Abschluss der Erprobung ist zu entscheiden,ob das JobCard-Verfahren eingeführt wird. In diesemFall wird im Gesetzentwurf eine entsprechende Re-gelung aufgenommen.

Anlage 6

Erklärung

von Staatsminister Erwin Huber(Bayern)

zu den Punkten 79 und 80 der Tagesordnung

Der Kompromissvorschlag zur Umsetzung der EU-Agrarreform ist angesichts der ursprünglichen Ab-

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sichten der Bundesregierung ein beachtlicher Teil-erfolg mit positiven Wirkungen für Bayern.

Als wesentliches Ergebnis konnte erreicht werden,dass die Abschmelzung der Betriebsprämienanteilein eine einheitliche Flächenprämie von 2007 auf dasJahr 2010 verschoben wird. Gleichzeitig wird der An-passungspfad progressiv ausgestaltet, so dass in denJahren 2010 und 2011 der Abschmelzprozess gerin-ger, in 2012 und 2013 dafür stärker ausfällt. Wesent-liche Elemente des Betriebsmodells werden somit bis2009 erhalten. Die von der Bundesregierung und ei-nigen Bundesländern gewollten landeseinheitlichenFlächenprämien wird es erst ab dem Jahr 2013 ge-ben. Bayern sieht darin einen besonderen Erfolg,weil spätestens 2009 erneut eine Halbzeitbewertungzur EU-Agrarreform vorgenommen wird und sichdann im Zuge der Marktentwicklung und der struk-turellen Veränderungen die Weichen neu stellen las-sen. Als Erfolg bewertet Bayern, dass es gelungen ist,die Umsetzung des Grünlanderhaltungsgebotes derEU in der Zuständigkeit der Länder zu regeln. Diesermöglicht eine bessere Berücksichtigung der regio-nalen Gegebenheiten.

Dennoch ist das Ergebnis unbefriedigend, da we-sentlichen Ausgangsforderungen Bayerns nichtRechnung getragen wurde. Bayern stimmt dem Ge-setz aus folgenden Gründen nicht zu:

Nicht begründbar und nicht gerechtfertigt ist dieUmverteilung der Förderprämien in dieser Form zwi-schen den Ländern und zwischen den verschiedenenBetriebstypen. Zwar ist es gelungen, in den Verhand-lungen die ursprünglichen Kürzungen für die bayeri-schen Landwirte von 63 Millionen Euro pro Jahr zuverhindern, aber auch der verbleibende Mittelabzugvon 22 Millionen Euro pro Jahr ist nicht hinnehmbar.

Auch zwischen den Betrieben kommt es durch dasgewählte Kombinationsmodell bereits ab 2005 zu er-heblichen Umverteilungen von Einkommen, vorallem innerhalb der Gruppe der Ackerbaubetriebe.

Besonders problematisch ist, dass die Milchprä-mien nicht aus dem Umverteilungsprozess herausge-halten werden. In anderen Mitgliedstaaten, die dasBetriebsmodell wählen, bleibt diese Prämie denMilchviehbetrieben vollständig erhalten. Auf dieleistungsstarken Rinder- und Milchviehhalter, die inder Vergangenheit häufig in Stallungen oder Quoteninvestiert haben und die besonders von der Reformbetroffen sind, kommen damit mittelfristig noch grö-ßere finanzielle Einschnitte zu. Zudem ist zu kriti-sieren, dass die Länder sich nicht selbst für das Be-triebs- oder Flächenmodell entscheiden können.

Mit Cross Compliance, der Verknüpfung vonFachrechtsregelungen mit der Prämiengewährung,wird in der EU bei Verstößen ein völlig neues Systemvon Doppelsanktionierungen eingeführt. Im Gesetzsind bereits die Weichen so gestellt, dass in Deutsch-land gegenüber anderen Mitgliedstaaten schärfereRegelungen getroffen werden können. Dies birgt dieGefahr weiterer Wettbewerbsverzerrungen, dieBayern für seine Landwirte nicht akzeptieren kann.

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(B) D)

)Insgesamt wird festgestellt, dass mit diesem Ge-

setz Deutschland eine der kompliziertesten und ver-waltungsaufwändigsten Reformvarianten einführt,die das EU-Recht ermöglicht. Die große Mehrheit derbisherigen EU-Mitgliedstaaten wählt bei der Ent-kopplung der Direktzahlungen einen für die Land-wirtschaft erträglicheren Weg als Deutschland.

Anlage 7

Erklärung

von Minister Rudolf Köberle(Baden-Württemberg)

zu den Punkten 79 und 80 der Tagesordnung

Für Herrn Minister Willi Stächele gebe ich fol-gende Erklärung zu Protokoll:

Ziemlich genau vor einem Jahr, am 26. Juni 2003,haben sich die Agrarminister der EU mit den Luxem-burger Beschlüssen auf eine grundlegende Neuaus-richtung der Agrarförderung geeinigt. Dies war vordem Hintergrund der WTO-Verhandlungen auch ge-boten. Heute stehen wir vor der Verabschiedung desGesetzes zur nationalen Umsetzung dieser Reform-beschlüsse.

Erlauben Sie mir als dem Vorsitzenden der vor-bereitenden Arbeitsgruppe zum Vermittlungsaus-schuss einen kurzen Rückblick.

Die GAP-Reform stellt unbestritten einen Paradig-menwechsel in der EU-Agrarpolitik dar. Ich nennedie Entkopplung der Direktzahlungen von der Pro-duktion, die Bindung der Direktzahlungen an dieEinhaltung von Umwelt- und Tierschutzstandards,festgelegt in 19 EU-Vorschriften, und die – noch fest-zulegenden – Vorgaben zur Erhaltung der Flächen ingutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zu-stand.

Den Mitgliedstaaten wurde insbesondere zur Um-setzung der Entkopplung ein relativ großer Gestal-tungsspielraum eingeräumt. Die zentrale Frage beiallen Beratungen war: Wie können wir in Deutsch-land die Entkopplung innerhalb dieses Gestaltungs-spielraums bestmöglich und angepasst an unserenationalen Verhältnisse umsetzen? Gemeinsame An-liegen waren dabei insbesondere die Stärkung dernachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit unserer Land-wirtschaft, die Vermeidung abrupter Einkommens-einbußen, die Verlässlichkeit und Planungssicherheitder Agrarpolitik und die gesellschaftliche Akzeptanzder Direktzahlungen als Entgelt für die vielfältigenGemeinwohlleistungen der Landwirtschaft.

Von diesen Zielen geleitet, haben sich die Agrar-minister bereits im November 2003 mehrheitlich aufdie Umsetzung der Entkopplung über das so ge-nannte Kombimodell geeinigt. Dieses Modell ist dieBasis des heute zu verabschiedenden Gesetzes.

Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetz-entwurf musste allerdings an entscheidenden Punk-

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ten verbessert werden. Offen war insbesondere nocheine spezielle Lösung für die Behandlung der Milch-prämie, deren Entkopplung die Bundesregierung beiden Verhandlungen zu den Luxemburger Beschlüs-sen leider nicht verhindern konnte.

In zähen Verhandlungen im Rahmen der Arbeits-gruppe zum Vermittlungsausschuss ist es gelungen,nicht nur für die Milcherzeuger, sondern für alle Be-triebe wesentliche Verbesserungen des ursprüng-lichen Gesetzentwurfs zu erreichen:

Mit der Verschiebung des Abschmelzens auf 2010bis 2013 bekommen alle Betriebe mit betriebsindi-viduellen „Top-ups“ – das sind insbesondere dieMilcherzeuger und Rinderhalter – mehr Zeit zur An-passung ihrer betrieblichen Strukturen an die neuenRahmenbedingungen.

Die Kürzung für die nationale Reserve um 1 %statt 1,5 % vermindert das Risiko, dass nicht für denAusgleich von Härtefällen benötigte Mittel in größe-rem Umfang an die EU zurückfließen.

Das Wertverhältnis zwischen Ackerfläche undGrünland kann von den Ländern nun sowohl zuGunsten des Grünlandes als auch des Ackerlandesverändert werden.

Die Regelung zur Erhaltung von Dauergrünlandsieht nun eine Umsetzung in Zuständigkeit der Län-der unter vollständiger Nutzung des von der EU ein-geräumten Spielraums vor.

Mit dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses istes gelungen, unterschiedliche Interessen unter einenHut zu bringen. Es ist ein tragbarer Kompromiss, derden Regionen Flexibilität zu einer regional angepass-ten Umsetzung eröffnet, ohne erneut zu Wettbe-werbsverzerrungen zu führen, der den LandwirtenZeit zur Anpassung ihrer betrieblichen Strukturenund Entscheidungsfreiheit gewährt, historisch be-dingte Prämienungleichgewichte verringert und dieZahlungsansprüche auf der Basis der aktuellen Be-triebsflächen zuteilt, den Spielraum für Agrarum-weltprogramme, speziell die Grünlandförderung,nicht einengt und längerfristig zur Verwaltungsver-einfachung führt.

Unabhängig vom Entkopplungsmodell lassen sichjedoch besondere Härten für einzelne Betriebe undBetriebszweige nicht vermeiden. Deshalb sind flan-kierende Maßnahmen dringend notwendig. Wirbrauchen kurzfristig ein kohärentes Bündel von Maß-nahmen, das insbesondere die Rinder haltenden Be-triebe in der Anpassung an die neuen Rahmenbedin-gungen unterstützt. Diese Maßnahmen sind von derBundesregierung in Zusammenarbeit mit den Län-dern zu entwickeln.

Die Agrarreform hat tief greifende Auswirkungenauf die Landwirtschaft und den ländlichen Raum.Ihre Umsetzung in nationales Recht stellt eine großeVerantwortung gegenüber der Landwirtschaft undder Gesellschaft dar.

Ich appelliere an die Bundesregierung, aber auchan die Länder, sich auch in der weiteren Umsetzung,

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(B) D)

)insbesondere von Cross Compliance, von dieser Ver-antwortung leiten zu lassen. Zusätzliche Wettbe-werbsverzerrungen und zusätzliche Belastungen fürunsere Landwirtschaft sind nicht tragbar. Wir brau-chen praxisgerechte Lösungen im Rahmen dessen,was uns die Europäische Union gestattet.

Anlage 8

Erklärung

von Ministerin Dr. Gitta Trauernicht(Schleswig-Holstein)

zu Punkt 82 der Tagesordnung

Für Frau Ministerpräsidentin Heide Simonis gebeich folgende Erklärung zu Protokoll:

Das Land Schleswig-Holstein hatte sich in der Sit-zung des Bundesrates am 11. Juni 2004 bei derAbstimmung über die Frage der Einberufung desVermittlungsausschusses zur Überarbeitung des Ge-setzes der Stimme enthalten, weil es vorrangig auffreiwillige Lösungen und das besondere Engagementaller an der Ausbildung Beteiligten setzt.

Mit dem am 16. Juni 2004 in Berlin zwischen derBundesregierung und der Wirtschaft geschlossenen„Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräf-tenachwuchs in Deutschland“ bedarf es einer gesetz-lichen Lösung bis auf weiteres nicht mehr. Obwohldie am Pakt Beteiligten an den Vermittlungsaus-schuss von Bundestag und Bundesrat appelliert ha-ben, das Gesetzgebungsverfahren ruhen zu lassen,ist ein solches Ruhen an der ablehnenden Haltungder Opposition im Bundestag und der Bundesrats-mehrheit gescheitert. Das Land geht davon aus, dassder Pakt dazu beiträgt, dass für alle ausbildungswilli-gen und -fähigen jungen Menschen Ausbildungs-plätze zur Verfügung gestellt werden.

Vor diesem Hintergrund enthält sich Schleswig-Holstein bei Abstimmungen über das Gesetz derStimme. Die Zustimmungsfrage stellt sich zudem fürdas Land nicht, da es das Gesetz nicht für zustim-mungsbedürftig erachtet.

Anlage 9

Erklärung

von Staatsminister Gernot Mittler(Rheinland-Pfalz)

zu Punkt 82 der Tagesordnung

Das Land Rheinland-Pfalz hatte in der Sitzung desBundesrates am 11. Juni 2004 die Einberufung desVermittlungsausschusses mit dem Ziel beantragt, aufeine gesetzliche Abgabe zu verzichten und die Siche-rung der Ausbildung für Jugendliche insbesondereüber regionale Ausgestaltungen in einem bundes-weiten Ausbildungspakt zu erreichen.

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Dieses Ziel ist mit dem am 16. Juni in Berlin zwi-schen der Bundesregierung und der Wirtschaft be-schlossenen „Nationalen Pakt für Ausbildung undFachkräftenachwuchs in Deutschland“ erreicht wor-den.

Obwohl die am Pakt Beteiligten an Bundestag undBundesrat (Vermittlungsausschuss) appelliert haben,das Gesetzgebungsverfahren ruhen zu lassen, ist einsolches Ruhen an der ablehnenden Haltung der Bun-desratsmehrheit gescheitert.

Vor diesem Hintergrund enthält sich Rheinland-Pfalz bei Abstimmungen über das Gesetz derStimme. Die ablehnende Haltung gegenüber einergesetzlichen Ausbildungsumlage bleibt davon unbe-rührt.

Das Land geht davon aus, dass der Pakt dazu bei-trägt, dass für alle ausbildungswilligen und -fähigenjungen Menschen Ausbildungsplätze zur Verfügunggestellt werden.

Anlage 10

Erklärung

von Minister Wolfgang Gerhards(Nordrhein-Westfalen)

zu Punkt 82 der Tagesordnung

Das Land Nordrhein-Westfalen hatte in der Sit-zung des Bundesrates am 11. Juni 2004 die Einberu-fung des Vermittlungsausschusses zur Überarbeitungdes Gesetzes insbesondere mit dem Ziel einer ange-messenen Berücksichtigung bestehender Bündnisseund Kooperationsmodelle zur Verbesserung der Aus-bildungsplatzsituation im nationalen Ausbildungs-pakt beantragt.

Nach dem am 16. Juni 2004 in Berlin zwischen derBundesregierung und der Wirtschaft geschlossenen„Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräf-tenachwuchs in Deutschland“ bedarf es deshalbeiner gesetzlichen Lösung nicht.

Obwohl die am Pakt Beteiligten an den Vermitt-lungsausschuss von Bundestag und Bundesrat appel-liert haben, das Gesetzgebungsverfahren ruhen zulassen, ist ein solches Ruhen an der ablehnendenHaltung der Opposition im Bundestag und der Bun-desratsmehrheit gescheitert.

Das Land begrüßt den Ausbildungspakt, der dazubeiträgt, dass für alle ausbildungswilligen und -fähi-gen jungen Menschen Ausbildungsplätze zur Ver-fügung gestellt werden. Dementsprechend sieht sichdas Land in seiner Zielsetzung bestärkt, in Nord-rhein-Westfalen eine Lösung im Konsens zu errei-chen und keine Ausbildungsplatzabgabe oder -um-lage erheben zu müssen.

Vor diesem Hintergrund enthält sich Nordrhein-Westfalen bei Abstimmungen über das Gesetz derStimme. Die Zustimmungsfrage stellt sich zudem fürdas Land nicht, da es das Gesetz nicht für zustim-mungsbedürftig erachtet.

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)Anlage 11

Erklärung

von Staatsminister Rolf Schwanitz(BK)

zu Punkt 82 der Tagesordnung

Durch die Unterzeichnung des „Nationalen Paktsfür Ausbildung und Fachkräftenachwuchs“ am16. Juni 2004 wird das inhaltliche Anliegen des Be-rufsausbildungssicherungsgesetzes, jedem ausbil-dungswilligen und ausbildungsfähigen Jugendlichenein Angebot auf Ausbildung zu unterbreiten, umge-setzt. Die Bundesregierung ist überzeugt, dass derAusbildungspakt erfolgreich durchgeführt wird undein striktes Monitoring über die Erreichung der ver-bindlichen Ziele erfolgt. Die Bundesregierung gehtdavon aus, dass der Deutsche Bundestag den Ein-spruch des Bundesrates zum Berufsausbildungsge-setz nicht auf seine Tagesordnung setzen wird, son-dern die Entscheidung hierüber bis auf weiteres ruht.

Anlage 12

Erklärung

von Minister Prof. Dr. Dr. Hans-Robert Metelmann(Mecklenburg-Vorpommern)

zu Punkt 82 der Tagesordnung

Für das Land Mecklenburg-Vorpommern stelltsich die Zustimmungsfrage zu dem Gesetz nicht, weilder Gesetzesbeschluss keine Regelungen enthält, dievon Verfassungs wegen die Notwendigkeit auslösen,dass der Bundesrat dem Gesetzesbeschluss zustim-men muss.

Anlage 13

Umdruck Nr. 6/2004

Zu den folgenden Punkten der Tagesordnung der802. Sitzung des Bundesrates empfehlen die Aus-schüsse dem Bundesrat:

I.

Den Gesetzen zuzustimmen:

Punkt 6Gesetz zur Änderung des Futtermittelgesetzesund des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes(Drucksache 488/04)

Punkt 7Gesetz zur Förderung von Wagniskapital (Druck-sache 489/04)

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Punkt 14Gesetz zur Regelung von Rechtsfragen hinsicht-lich der Rechtsstellung von Angehörigen derBundeswehr bei Kooperationen zwischen derBundeswehr und Wirtschaftsunternehmen sowiezur Änderung besoldungs- und wehrsoldrecht-licher Vorschriften (Drucksache 493/04)

Punkt 15Erstes Gesetz zur Änderung des Güterkraftver-kehrsgesetzes (Drucksache 494/04)

Punkt 16Gesetz zu dem Übereinkommen vom 9. Septem-ber 2002 über die Vorrechte und Immunitäten desInternationalen Strafgerichtshofs (Drucksache495/04)

Punkt 17Gesetz zu dem Abkommen vom 8. Juli 2003 zwi-schen der Regierung der BundesrepublikDeutschland und der mazedonischen Regierungüber Soziale Sicherheit (Drucksache 496/04)

Punkt 19Gesetz zu dem Abkommen vom 14. Mai 2003 zwi-schen der Bundesrepublik Deutschland und derRepublik Polen zur Vermeidung der Doppelbe-steuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein-kommen und vom Vermögen (Drucksache 498/04)

Punkt 84… Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmen-gesetzes (… HRGÄndG) (Drucksache 536/04,Drucksache 536/1/04)

II.

Zu den Gesetzen einen Antrag auf Anrufung desVermittlungsausschusses nicht zu stellen:

Punkt 8Drittes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Er-richtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwor-tung und Zukunft“ (Drucksache 502/04)

Punkt 11a) Gesetz zu dem Protokoll vom 16. Mai 2003

zum Internationalen Übereinkommen von1992 über die Errichtung eines Internationa-len Fonds zur Entschädigung für Ölver-schmutzungsschäden (Drucksache 490/04)

b) Gesetz zur Änderung von Vorschriften überdie Entschädigung für Ölverschmutzungs-schäden durch Seeschiffe (Drucksache 491/04)

Punkt 18Gesetz zu dem Übereinkommen vom 14. Oktober2003 über die Beteiligung der TschechischenRepublik, der Republik Estland, der RepublikZypern, der Republik Lettland, der RepublikLitauen, der Republik Ungarn, der RepublikMalta, der Republik Polen, der Republik Slowe-nien und der Slowakischen Republik am Euro-päischen Wirtschaftsraum (Drucksache 497/04)

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)Punkt 20Gesetz zu dem Fakultativprotokoll vom 25. Mai2000 zum Übereinkommen über die Rechte desKindes betreffend die Beteiligung von Kindern anbewaffneten Konflikten (Drucksache 503/04)

III.

Die Entschließung nach Maßgabe der in der Emp-fehlungsdrucksache wiedergegebenen Änderung zufassen:

Punkt 27Entschließung des Bundesrates zur Neuregelungder Arzneimittelpreisgestaltung zum 1. Januar2004 (Drucksache 208/04, Drucksache 208/1/04)

IV.

Gegen die Gesetzentwürfe keine Einwendungenzu erheben:

Punkt 30Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung desAusführungsgesetzes zum Chemiewaffenüber-einkommen (CWÜAGÄndG 1) (Drucksache 485/04)

Punkt 33Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung desPostpersonalrechtsgesetzes (Drucksache 432/04)

Punkt 35Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung desTransfusionsgesetzes und arzneimittelrechtlicherVorschriften (Drucksache 434/04)

Punkt 41Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung desWirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens fürdas Jahr 2005 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 2005)(Drucksache 440/04)

V.

Zu den Gesetzentwürfen die in den zitierten Emp-fehlungsdrucksachen wiedergegebenen Stellung-nahmen abzugeben:

Punkt 32Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grä-bergesetzes (Drucksache 431/04, Drucksache431/1/04)

Punkt 34Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richt-linie 2002/87/EG des Europäischen Parlamentsund des Rates vom 16. Dezember 2002 (Fi-nanzkonglomeraterichtlinie-Umsetzungsgesetz)(Drucksache 433/04, Drucksache 433/1/04)

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Punkt 37Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung von Ver-jährungsvorschriften an das Gesetz zur Moderni-sierung des Schuldrechts (Drucksache 436/04,Drucksache 436/1/04)

Punkt 38Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Patent-gesetzes und anderer Vorschriften des gewerbli-chen Rechtsschutzes (Drucksache 437/04, Druck-sache 437/1/04)

VI.

Zu den Vorlagen die Stellungnahme abzugebenoder ihnen nach Maßgabe der Empfehlungen zuzu-stimmen, die in der jeweils zitierten Empfehlungs-drucksache wiedergegeben sind:

Punkt 44Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeitdes Europarats für die Zeit vom 1. Januar bis30. Juni 2003 sowie vom 1. Juli bis 31. Dezember2003 (Drucksache 484/04, Drucksache 484/1/04)

Punkt 47Mitteilung der Kommission der EuropäischenGemeinschaften über die Reaktion auf den Re-flexionsprozess auf hoher Ebene über die Patien-tenmobilität und die Entwicklungen der gesund-heitlichen Versorgung in der Europäischen Union(Drucksache 336/04, Drucksache 336/1/04)

Punkt 49Vorschlag für eine Verordnung des EuropäischenParlaments und des Rates über den Zugang zurAußenhilfe der Gemeinschaft (Drucksache 371/04, Drucksache 371/1/04)

Punkt 50Vorschlag für eine Richtlinie des EuropäischenParlaments und des Rates über die Rückversiche-rung und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 92/49/EWG des Rates sowie der Richt-linien 98/78/EG und 2002/83/EG (Drucksache370/04, Drucksache 370/1/04)

Punkt 51Mitteilung der Kommission der Europäischen Ge-meinschaften an den Rat und das EuropäischeParlament: Clearing und Abrechnung in derEuropäischen Union – Künftige Maßnahmen(Drucksache 407/04, Drucksache 407/1/04)

Punkt 52Grünbuch der Kommission der Europäischen Ge-meinschaften zu öffentlich-privaten Partnerschaf-ten und den gemeinschaftlichen Rechtsvorschrif-ten für öffentliche Aufträge und Konzessionen(Drucksache 408/04, Drucksache 408/1/04)

Punkt 54Vorschlag für eine Richtlinie des EuropäischenParlaments und des Rates über die Anerkennungvon Befähigungszeugnissen der Mitgliedstaaten

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)für Seeleute und zur Änderung der Richtlinie2001/25/EG (Drucksache 381/04, Drucksache381/1/04)

Punkt 55Vorschlag für eine Empfehlung des EuropäischenParlaments und des Rates zum Schutz vonJugendlichen, der Menschenwürde und demRecht auf Gegendarstellung hinsichtlich derWettbewerbsfähigkeit der europäischen audio-visuellen Medien und der europäischen Informa-tionsdienste-Industrie (Drucksache 411/04,Drucksache 411/1/04)

Punkt 59Verordnung zur Festlegung lebensmittelhygiene-rechtlicher Anforderungen an die Herstellung,Behandlung und an das Inverkehrbringen vonKollagen und an dessen Ausgangserzeugnisse(Kollagen-Verordnung – KolV) (Drucksache 443/04, Drucksache 443/1/04)

Punkt 63Zehnte Verordnung zum Geräte- und Produktsi-cherheitsgesetz (Verordnung über das Inverkehr-bringen von Sportbooten – 10. GPSGV) (Druck-sache 461/04, Drucksache 461/1/04)

Punkt 67Zehnte Verordnung zur Änderung der Verord-nung über Standardzulassungen von Arzneimit-teln (Drucksache 426/04, Drucksache 426/1/04)

Punkt 69Verordnung zur Änderung der Apothekenbe-triebsordnung (Drucksache 463/04, Drucksache463/1/04)

Punkt 71Verordnung zur Änderung Seefahrt bezogenerAusbildungsverordnungen (Drucksache 412/04,Drucksache 412/1/04)

VII.

Den Vorlagen ohne Änderung zuzustimmen:

Punkt 58Verordnung zur Änderung der Zucker-Produk-tionsabgaben-Verordnung (Drucksache 442/04)

Punkt 60Vierte Verordnung zur Änderung fleisch- undgeflügelfleischhygienerechtlicher Vorschriften(Drucksache 444/04)

Punkt 64Neunte Verordnung zur Neufestsetzung der Be-träge nach § 7 Abs. 1 des Gesetzes zur Hilfe fürFrauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in be-sonderen Fällen (Drucksache 445/04)

Punkt 65Erste Verordnung zur Änderung der Anlagever-ordnung (Drucksache 446/04)

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Punkt 68Erste Verordnung zur Änderung der Ausschuss-mitglieder-Verordnung (Drucksache 462/04)

Punkt 70Verordnung zur Änderung der Versatzverord-nung und zur Zweiten Änderung der Deponiever-ordnung (Drucksache 464/04)

Punkt 72a) Vierte Verordnung zur Änderung personenbe-

förderungsrechtlicher Vorschriften (Druck-sache 465/04)

b) Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Verord-nung zur Durchführung von Verordnungenund Abkommen der Europäischen Gemein-schaft über den Personenverkehr mit Kraft-omnibussen (Drucksache 447/04)

Punkt 73a) Erste Verordnung zur Änderung der Energie-

einsparverordnung (Drucksache 448/04)

b) Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ände-rung der Allgemeinen Verwaltungsvorschriftzu § 13 der Energieeinsparverordnung (Druck-sache 449/04)

Punkt 74Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Kennzeich-nung von Luftfahrthindernissen (Drucksache506/04)

VIII.

Entsprechend dem Vorschlag zu beschließen:

Punkt 75Benennung von Vertretern in Beratungsgremiender Europäischen Union (Ständige Arbeitsgruppeder Kommission „Indikatoren“) (Drucksache 467/04, Drucksache 467/1/04)

Anlage 14

Erklärung

von Minister Walter Hirche(Niedersachsen)

zu Punkt 17 der Tagesordnung

Für die Länder Niedersachsen, Bayern und Saar-land gebe ich folgende Erklärung zu Protokoll:

Niedersachsen, Bayern und das Saarland sprechensich gegen die Einbeziehung von im Heimatstaatlebenden Eltern von Versicherten der deutschen ge-setzlichen Krankenversicherung in die deutscheFamilienversicherung aus und bitten die Bundes-regierung, dem in künftigen Verhandlungen überzwischenstaatliche SozialversicherungsabkommenRechnung zu tragen. Eine solche Modifizierung der

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)Abkommen ist auch geboten, weil die Eltern deut-scher Versicherter nach deutschem Recht nicht vonder Familienversicherung erfasst werden.

Artikel 17 Abs. 3 des Abkommens würde nur danngreifen, wenn die Kosten für Sachleistungen nachPauschbeträgen je Familie zu erstatten sind. Nieder-sachsen, Bayern und das Saarland bitten die Bundes-regierung daher, dafür Sorge zu tragen, dass in dervon ihr angekündigten Durchführungsvereinbarungdie Kosten für Sachleistungen nicht mehr nachPauschbeträgen je Familie, sondern je Familienange-hörigen erstattet werden und diese noch vor Inkraft-treten des Abkommens geschlossen wird. Damitwürde die Ausnahmebestimmung des Artikels 17Abs. 3 nicht mehr zur Anwendung kommen mit derFolge, dass künftig der Kreis der in Mazedonien le-benden Familienversicherten eines in Deutschlandlebenden Stammversicherten ausschließlich nachdeutschem Recht beurteilt wird.

Anlage 15

Erklärung

von Ministerin Barbara Richstein(Brandenburg)

zu Punkt 32 der Tagesordnung

Für Herrn Minister Jörg Schönbohm gebe ich fol-gende Erklärung zu Protokoll:

Nach Ansicht des Landes Brandenburg bedarf dieGesetzgebung für die Gräber der Opfer von Krieg undGewaltherrschaft einer umfassenden Neuordnung.Das jetzige Gesetz ist seit 1965 im Wesentlichen un-verändert geblieben. Durch die verschiedensten Ent-wicklungen, insbesondere die verfassungsrechtlichenVeränderungen in den Beziehungen zwischen Bundund Ländern einerseits, zwischen den Ländern undihren kommunalen Selbstverwaltungen andererseits,ist es inzwischen in vielen Punkten überholt.

Zum anderen erfasst der Gesetzentwurf die Auf-wendungen der neuen Bundesländer nicht, die dortbei der Erhaltung der Gedenkstätten der ehemaligensowjetischen Streitkräfte in Deutschland entstehen.Diese Gedenkstätten hat der Bund unter den Schutzdes deutsch-sowjetischen Partnerschaftsvertrags unddes deutsch-russischen Kriegsgräberabkommens ge-stellt. Diese völkervertragsrechtlichen Verpflichtun-gen müssen im Gräbergesetz eingelöst werden.

In Ostdeutschland konnten in den Hauptkampfge-bieten am Ende des Zweiten Weltkriegs die Gräberzahlloser namenloser Soldaten und Flüchtlinge, aberauch von KZ-Häftlingen, Kriegsgefangenen und In-ternierten nach dem Kriege nicht erschlossen wer-den. Im Gräbergesetz muss deshalb die Möglichkeitdafür geschaffen werden, dass bei hinreichendemVerdacht im Einzelfall in Vergessenheit gerateneKriegsgräber und vermutete Massengräber auch ge-gen den Willen heutiger Grundstückseigentümerfestgestellt werden.

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Anlage 16

Erklärung

von Minister Rudolf Köberle(Baden-Württemberg)

zu Punkt 63 der Tagesordnung

Baden-Württemberg stimmt der Verordnung zu,legt aber Wert auf die Feststellung, dass ungeachtetder in der Verordnung genannten Lärm- und Abgas-vorschriften für den Bodensee auf Grund der Boden-see-Schifffahrts-Ordnung (BSO) strengere Grenz-werte gelten.

Die BSO regelt die Schifffahrt auf dem Bodenseeauf Grund eines Abkommens zwischen Deutschland,Österreich und der Schweiz vom 1. Juni 1973, daszum 1. Januar 1976 in Kraft getreten ist. Diese stren-geren Grenzwerte der BSO wurden 1989 im Rahmender Informationsrichtlinie von der EuropäischenKommission notifiziert. Artikel 2 Abs. 2 der Sport-boot-Richtlinie 94/25/EG sieht vor, dass die Mitglied-staaten für einzelne Gewässer aus Gründen des Um-weltschutzes abweichende Bestimmungen erlassendürfen. Die Notwendigkeit dieser Regelungen fürden Bodensee wurde auf europäischer Ebene ak-zepiert, weil es sich beim Bodensee um das größteeuropäische Trinkwasserreservoir handelt.

Anlage 17

Erklärung

von Minister Rudolf Köberle(Baden-Württemberg)

zu Punkt 89 der Tagesordnung

Für Herrn Ministerpräsidenten Erwin Teufel gebeich folgende Erklärung zu Protokoll:

Es ist noch keine eineinhalb Jahre her, da habenwir hier an gleicher Stelle über das gleiche Themagesprochen. Damals haben wir der Bundesregierungvorgeworfen, mit ihrem Gesetzentwurf zur Verlänge-rung der Ladenöffnung an Samstagen keinen großenWurf gemacht zu haben. Schon damals hat KollegeMüller zu Recht die Frage gestellt, ob es beim Laden-schluss tatsächlich ein Bedürfnis für eine bundesein-heitliche Regelung gibt. Er hat diese Frage schon da-mals zu Recht mit Nein beantwortet.

Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom9. Juni 2004

Was hat sich seither verändert? Eines zumindest:Wir haben heute ein Urteil des Bundesverfassungs-gerichts, das die Auffassung des Kollegen Müller ein-deutig bestätigt: Es gibt beim Ladenschluss kein Be-dürfnis für eine bundeseinheitliche Regelung.

Hauptaussagen des Bundesverfassungs-gerichts

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)Ich bin dem Bundesverfassungsgericht für seine

klaren Aussagen außerordentlich dankbar. Das Ge-richt hat nicht nur entschieden, dass die Regelungenzum Ladenschluss der Verkaufsstellen am Samstagnicht gegen das Grundgesetz verstoßen und dass dasgrundsätzliche Verbot der Ladenöffnung an Sonn-und Feiertagen mit dem Grundgesetz vereinbar ist.Es hat auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dasseine Neukonzeption des Ladenschlussrechts aus-schließlich den Ländern vorbehalten ist.

Die Länder dürfen allerdings eine landesrechtlicheNeuregelung nur dann vornehmen, wenn der Bunddazu auf der Grundlage des Artikels 125a Grundge-setz eine Ermächtigung schafft. Unsere Gesetzesiniti-ative zielt darauf ab, diese Rechtsgrundlage für Re-gelungen in den Ländern zu schaffen.

Bundesrechtliche Regelung für die Herstel-lung gleichwertiger Lebensverhältnissenicht erforderlich

Wir tun das mit guten Gründen: Das Gericht hatklar festgestellt, dass eine bundesrechtliche Rege-lung des Ladenschlusses für die Herstellung gleich-wertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oderfür die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheitim gesamtstaatlichen Interesse nicht erforderlich ist.Es ist auch nicht ersichtlich, dass insbesondere dieErhaltung der Funktionsfähigkeit des deutschenWirtschaftsraumes oder die Vermeidung der Rechts-zersplitterung eine bundesstaatliche Rechtssetzungerfordert. Der Gesetzgeber hat auch jetzt schondurch zahlreiche Ermächtigungen an die Länderselbst zum Ausdruck gebracht, dass er einheitlicherechtliche Regelungen für das gesamte Bundesgebietnicht für erforderlich hält. Auch darauf hat das Bun-desverfassungsgericht ausdrücklich hingewiesen.

Rückendeckung für den Föderalismus

Ich sehe in dem Urteil des Bundesverfassungsge-richts eine klare Unterstützung dessen, was wir der-zeit auch in der Föderalismuskommission anstreben.Im Bereich des Ladenschlusses hat unser höchstesdeutsches Gericht, wenn man so will, der Föderalis-muskommission vorgegriffen. Was wir Länder seitJahren vom Bund fordern, nämlich uns das selbst re-geln zu lassen, wofür keine Bundesregelung erfor-derlich ist, hat das Bundesverfassungsgericht nun imBereich des Ladenschlusses ganz klar bestätigt. Dasist ein großer Erfolg für den Föderalismus.

Flexibel und verbraucherfreundlich

Aber nicht nur diese grundsätzlichen Erwägungensprechen für eine Regelung der Ladenschlusszeitendurch die Länder, nein, es sind auch praktischeGründe: Über eine Neukonzeption des Ladenschluss-rechts durch die Länder kann endlich eine bessere,den örtlichen Verhältnissen gerecht werdende Abwä-gung der Interessen des Handels und der Beschäftig-ten, der Interessen der Kunden und auch des Sonn-und Feiertagsschutzes gewährleistet werden. Auchlang erhoffte unbürokratische und flexible Lösungenkönnen so endlich geschaffen werden. Insofern istdas Urteil auch ein Erfolg für mehr Flexibilität unddamit für mehr Verbraucherfreundlichkeit.

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Probleme durch unterschiedliche Landes-regelungen?

Im Blick auf unterschiedliche Regelungen in denLändern sind Befürchtungen geäußert worden, unter-schiedliche Ladenöffnungszeiten würden Käufer-ströme verändern und insbesondere in Grenzregionenzu Problemen führen. Ich halte diese Befürchtungennicht für gerechtfertigt. Die Erfahrungen in andereneuropäischen Ländern zeigen nämlich eindeutig,dass ohnehin der Markt die Öffnungszeiten regelt.Die Kunden werden sich vor allem danach orientie-ren, wo es das bessere Angebot und die günstigerenPreise gibt, nicht in erster Linie danach, wer wanngeöffnet hat.

Arbeitsschutz

Die Gewerkschaften fürchten bei völliger Freigabeder werktäglichen Ladenöffnungszeiten den Verlustdes Arbeitsschutzes. Das Ladenschlussgesetz ist al-lerdings schon lange nicht mehr als Arbeitsschutzge-setz geeignet. Schon jetzt erlaubt es eine Ladenöff-nung von 84 Stunden pro Woche, d. h. mehr als dasDoppelte, wenn man von einer Arbeitswoche von40 Stunden ausgeht. Wir brauchen das Ladenschluss-gesetz auch nicht für diesen Zweck. Wir haben bei-spielsweise das Arbeitszeitgesetz, das die Beschäftig-ten vor Überforderung schützt.

Sonntagsschutz

Im Blick auf den Schutz der Arbeitnehmerinnenund Arbeitnehmer ist der Sonntagsschutz, der vomBundesverfassungsgericht ebenfalls ausdrücklich be-tont wurde, von erheblicher Bedeutung. Auch in die-sem Punkt hat das Gericht die Auffassung Baden-Württembergs eindeutig bestätigt. Ich bin dem Bun-desverfassungsgericht wirklich dankbar, dass es alleAnhänger einer völligen Öffnung in die Schrankenverwiesen und deutlich zum Ausdruck gebracht hat,dass die Sonntagsruhe ein Teil unserer Kultur ist, denwir nicht aufgeben sollten. Die Auswirkungen aufeine Gesellschaft, wenn dieser besondere Tag immermehr zu einem normalen Werktag wird, dürfen nachmeiner festen Überzeugung nicht unterschätzt wer-den. Wir in Baden-Württemberg werden den Sonn-und Feiertagsschutz auf jeden Fall stärker als bislangsichern, und zwar schon bevor wir insgesamt die Re-gelungskompetenz bekommen, nämlich durch eineÄnderung unserer Ladenschlussverordnung.

Bundeswirtschaftsminister Clement hat vor Ver-kündung des Urteils öffentlich signalisiert, dass mitihm über eine Übertragung der Regelungskompetenzauf die Länder ernsthaft gesprochen werden könne.Das ist erfreulich, allerdings ist es mir zu wenig, da-rüber zu sprechen. Ich hoffe vielmehr, dass er unsereInitiative aufgreift. Die Übertragung auf die Länderkann nach dem eindeutigen Richterspruch keineVerhandlungsfrage mehr sein, sie gehört meines Er-achtens deshalb nicht mehr in die Föderalismuskom-mission und sollte vielmehr unabhängig davon zügigund sofort erfolgen.

Unser Gesetzentwurf stärkt den Föderalismus,stärkt das Verbraucherinteresse und stärkt die Ent-bürokratisierung und Deregulierung. Ich bitte Siedeshalb um Ihre Unterstützung.

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)Anlage 18

Erklärung

von Staatsminister Erwin Huber(Bayern)

zu Punkt 42 der Tagesordnung

Mit der 7. GWB-Novelle soll vor allem eine Anpas-sung an das neue europäische Wettbewerbsrecht er-folgen, die auch Bayern für notwendig hält.

Das europäische Recht hat bei der Prüfung vonKooperationen eine Hinwendung zum Prinzip derLegalausnahme vollzogen. Das heißt, die Unterneh-men müssen selbst einschätzen, ob ihre Zusammen-arbeit nach dem Kartellrecht zulässig ist. Das kannim Einzelfall Verwaltungsaufwand sparen. Die Unter-nehmen tragen aber das Risiko einer Fehleinschät-zung.

Die neue europäische Kartellverordnung ist imEuropäischen Rat verabschiedet worden und am1. Mai 2004 in Kraft getreten. Jetzt geht es darum,das deutsche Recht dem europäischen nachzubilden.

Ursprünglich sollte die 7. GWB-Novelle zeitgleichmit dem neuen europäischen Recht am 1. Mai 2004 inKraft treten. Auf Grund der Vorarbeiten im Bundes-wirtschaftsministerium wäre das auch ohne weiteresmöglich gewesen. Zu Schwierigkeiten bei Unterneh-men und Kartellbehörden dergestalt, dass im Mo-ment zwei unvereinbare Rechtssysteme nebeneinan-der gelten, hätte es nicht kommen müssen. Dannaber hat der Bundesminister für Wirtschaft und Ar-beit das Thema „Pressekartellrecht“ mit der 7. GWB-Novelle verknüpft.

Das europäische Recht fordert keine Änderungdes Pressekartellrechts. Im Gegenteil, der Gesetzent-wurf der Bundesregierung weicht hier vom europäi-schen Wettbewerbsrecht ab, das keine Ausnahme-regelungen für einzelne Wirtschaftsbereiche kennt.Nur wegen dieser presserechtlichen Regelungenwurde der Gesetzentwurf verzögert. Sonst könnte die7. GWB-Novelle bereits im Konsens verabschiedetund zeitgerecht zum 1. Mai dieses Jahres in Kraft ge-treten sein.

Die Vorschläge im Pressebereich sind in dieserForm nicht konsensfähig. Sie sind vielmehr ord-nungspolitisch bedenklich, ungeeignet, um diekonjunkturellen und strukturellen Probleme derPressebranche zu beheben, und problematisch, wasdie Presse- und Meinungsvielfalt in Deutschland be-trifft.

Auch die Beratergremien des Bundeswirtschafts-ministeriums, wie Monopolkommission, Wissen-schaftlicher Beirat, Kartellrechtsprofessoren, dasBundeskartellamt und zahlreiche Verbände, habensich kritisch geäußert. Uneingeschränkt sind die Vor-schläge nur von einigen Großverlagen begrüßt wor-den, die unmittelbar von ihnen profitieren.

Natürlich sieht die Bayerische Staatsregierung dieaktuellen konjunkturellen und strukturellen Heraus-

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forderungen der Pressebranche. Diese Probleme las-sen sich aber nicht durch eine Abschwächung deskartellrechtlichen Schutzniveaus lösen, zumal bereitsdas geltende Kartellrecht eine weitgehende Zusam-menarbeit kleiner und mittelständischer Unterneh-men erlaubt.

Die Bundesregierung schlägt vor:

Kooperationen und Fusionen von Zeitungen imAnzeigenbereich sollen künftig ohne weitere Voraus-setzungen der kartellrechtlichen Kontrolle einschließ-lich der Fusionskontrolle insgesamt entzogen sein.

Die Fusion von Zeitungen, deren Anzeigen- undBeilagenerlöse in den letzten drei Jahren jeweilsrückläufig waren bzw. erheblich unter dem Durch-schnitt vergleichbarer Zeitungen lagen, soll unterbestimmten Bedingungen auch dann genehmigtwerden, wenn dadurch eine marktbeherrschendeStellung entsteht. Das ist die höchst umstrittene sogenannte Altverlegerklausel.

Die Umsatzschwellen, ab der Pressefusionen derKontrolle durch das Bundeskartellamt unterliegen,sollen angehoben werden.

Auch für Fusionen im Pressebereich soll in Zukunfteine De-minimis-Klausel – in Höhe von 2 MillionenEuro – gelten. Das hätte den Effekt, dass gerade dieGroßverlage kleine Presseorgane aufkaufen könnten,ohne dass eine Fusionskontrolle stattfände. Immerhinca. 30 bislang selbstständige Tageszeitungen wärendavon betroffen.

Das Kernstück der Vorschläge und Hauptansatzunserer Kritik ist die Altverlegerklausel. Ursprüng-lich hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeitvorgeschlagen, Fusionen von Zeitungsverlagenmüssten dann genehmigt werden, wenn die erworbe-nen Zeitungen „langfristig als selbstständige publi-zistische Einheiten erhalten bleiben“. Das hätte eineTrennung der verlegerischen von der publizistischenVerantwortung bedeutet. Dabei hätte das Bundeskar-tellamt überwachen müssen, ob wirklich Unabhän-gigkeit in der Redaktion der erworbenen Zeitungherrscht. Die Bundesregierung musste einsehen, dasssich das mit der Pressefreiheit und mit der Länderzu-ständigkeit für die Presse nicht vereinbaren lässt.

Nach dem jetzigen Gesetzesvorschlag der Bundes-regierung soll das Bundeskartellamt bei der Zusam-menschlusskontrolle Bedingungen und Auflagenmachen, um Fortbestand und redaktionelle Unab-hängigkeit der aufgekauften Zeitung durch zivil-rechtlich durchsetzbare Ansprüche der Beteiligten zugewährleisten. Nach der Freigabe soll es in der Handder aufgekauften Zeitung liegen, die Eigenständig-keit gegebenenfalls vor den Zivilgerichten durchzu-setzen. Das ist die zur Gesetzesvorschrift geronneneStrohmannlösung.

Weitere Einwände gegen die Altverlegerklauselwill ich nur kurz andeuten. Dabei geht es um Grund-sätzliches: Ohne Bedenken rückt der Gesetzesvor-schlag von der Marktbeherrschung als Untersa-gungskriterium in der Fusionskontrolle ab. Es gehtum die Voraussetzungen: Die Beschränkung auf Zei-tungen mit rückläufigen Anzeigenerlösen ist

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)Augenwischerei, da bei nahezu sämtlichen Zeitun-gen in den letzten Jahren das Anzeigenaufkommenzurückgegangen ist. Es geht um die sachlichen Aus-wirkungen: Ein einziger Verlag könnte in Anwen-dung der Altverlegerklausel sämtliche Zeitungen inDeutschland aufkaufen, wenn er nur scheinbar dieUnabhängigkeit der Redaktionen wahrt. Und es gehtum Einzelheiten der Gesetzesformulierung: Das Ver-bot der Regionalkettenbildung ist vage und nicht jus-tiziabel.

Bayern wird sich weiterhin dafür einsetzen, dassder wirtschaftliche Wettbewerb seinen Beitrag zurVielfalt einer Presselandschaft leistet, die auch mit-telständisch geprägt ist. Pressefreiheit und Presse-vielfalt gehören zu den Kernelementen der freiheit-lichen Demokratie. Veränderungen der politischenRahmenbedingungen sind deshalb mit großer Sensi-bilität und dem Willen zum Konsens zu behandeln.Dazu erkläre ich unsere Bereitschaft, und ich bitteden Bundeswirtschaftsminister um Kompromissbe-reitschaft.

Bayern hat im Wirtschaftsausschuss des Bundes-rates zum Teil gemeinsam mit Sachsen-Anhalt undBaden-Württemberg fünf Anträge zum Pressekartell-recht gestellt, die sämtlich mit einer großen und par-teienübergreifenden Mehrheit angenommen wur-den. Ich bitte um Ihre Zustimmung dazu.

Anlage 19

Erklärung

von Staatsminister Walter Zuber(Rheinland-Pfalz)

zu Punkt 42 der Tagesordnung

Für Herrn Ministerpräsidenten Kurt Beck gebe ichfolgende Erklärung zu Protokoll:

Erstens. Die Medienbranche, d. h. Hörfunk, Fern-sehen, Presse und neue Medien, befinden sich seitgeraumer Zeit gerade auch durch den Rückgang vonWerbeeinnahmen in einer wirtschaftlich schwierigenSituation. Als Synonym für diese Entwicklungmöchte ich nur an die Insolvenz der Kirch-Gruppe er-innern.

Ursachen hierfür sind die allgemeine wirtschaftli-che Lage, aber auch durchgreifende strukturell ver-änderte Rahmenbedingungen des Medienmarktes.Dies betrifft die Presse und hier den Zeitungsmarktim Besonderen. Neben der schwierigen Entwicklungbei den großen Tageszeitungen sind es gravierendeVeränderungen im Umfeld kleiner Regionalzeitun-gen, die Konzentrationsbewegungen feststellen las-sen. Es entstehen dort hauptsächlich Gebietsmono-pole, die nur noch an den Rändern Wettbewerbzulassen. Verstärkt werden diese Monopole durchBeteiligungen, vor allem im Hörfunkbereich.

Die Schwierigkeit der Situation, in der sich vieleZeitungen befinden, wird deutlich, wenn man die

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rückläufigen Auflagen und die schwindende Anzahlder Tageszeitungen ebenso wie die abnehmendenWerbeeinnahmen auf Grund zurückgehender Anzei-gen betrachtet. Dies ist auch ein Zeichen grundle-gender Änderungen im Verhalten der Menschen imHinblick auf die Mediennutzung. Die jüngere Bevöl-kerung deckt ihren Informationsbedarf zunehmendvisuell über Internetangebote.

Die festgestellten Zahlen sprechen eine deutlicheSprache: So beträgt auf Grund der existenzbedrohen-den Werbeeinbrüche der Anteil des Anzeigenauf-kommens an den Einnahmen einer Tageszeitung imSchnitt in den neuen Bundesländern zwischenzeit-lich nur mehr 54 %, in den alten Bundesländern so-gar nur noch um die 43 %. Im Zeitraum der letzten20 Jahre sind die Auflagenzahlen der Tageszeitun-gen um nahezu 7 % gesunken, so dass die Tageszei-tungen nach Schätzungen heute lediglich noch dreiViertel der Bevölkerung erreichen.

Wie sehr sich das Umfeld verändert hat, zeigenauch ein Blick auf die Entwicklung im Bereich derWochen- und Anzeigenblätter sowie die Zunahmeder Internetnutzung mit entsprechenden Online-angeboten. Anzeigen werden verstärkt überweltweite Anbieter wie Ebay – mit allen Folgeproble-men – geschaltet. Diese veränderten wirtschaftlichenRahmenbedingungen wurden in der Vergangenheitvon den Zeitungsverlegern oft nicht hinreichendwahrgenommen. Sie führen nunmehr bei den Großenzu Schwierigkeiten, wie die Probleme bei der Süd-deutschen Zeitung und der Frankfurter Rundschaugezeigt haben. Darüber hinaus schafft die veränderteLage eine noch höhere Monopolisierung im Bereichder Regionalzeitungen und dort eine zum Teil deut-liche Verengung der Meinungsvielfalt.

Zweitens. Angesichts dieser den Zeitungsbereichbetreffenden Strukturkrise hat es grundsätzlich Sinn,dass sich die Bundesregierung dieses Bereiches imRahmen des Entwurfs eines Siebten Gesetzes zur Än-derung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschrän-kungen angenommen hat. Dabei ist jedoch mit Maßund Ziel an die Problemstellungen heranzugehen;denn nur eine ausgewogene, die tatsächlichen Aus-wirkungen zutreffend voraussehende Gesetzgebungvermag zukunftsfähige Rahmenbedingungen zu set-zen.

Drittens. Aus meiner Sicht sollten sich Regelungendaher an folgenden Grundsätzen orientieren: Ers-tens: Pluralismus und damit Medienvielfalt im Wett-bewerb sind oberstes Ziel. Pluralismus kann nurdann gewährleistet werden, wenn auch ökonomischein Wettbewerb der Zeitungen künftig möglich bleibtund damit das Nebeneinander von kleinen, mittlerenund großen Unternehmen gesichert ist. Ferner mussdie Freiheit der Redaktionen gewährleistet sein. Diesbetrifft zum einen die innere Verfasstheit der Redak-tionen, zum anderen den Schutz vor drohenden wirt-schaftlichen Abhängigkeiten. Zweitens: VielfältigeKooperationen sind besser als Fusionen. Hier gilt esmit Maß und Ziel Gestaltungsspielräume zu schaffen,damit sich Presseunternehmen die notwendigen

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)Existenzgrundlagen selbst sichern können. An die-sen Maßstäben müssen sich künftige Regelungenmessen lassen.

Viertens. Deshalb möchte ich auf die von der Bun-desregierung vorgeschlagenen pressespezifischenRegelungen im Rahmen des Entwurfs wie folgt ein-gehen:

§ 31 GWB-Entwurf (Freistellung von Kooperatio-nen von Zeitungsverlagen im Anzeigenbereich vomKartellverbot): Mit dieser Regelung sollen Anzeigen-kooperationen von Zeitungen generell aus dem Be-reich der Kartellaufsicht herausgenommen werden.Die Regelung ist im Grundsatz zu begrüßen, dadurch eine Kombination erweiterter Kooperations-möglichkeiten das Spektrum der Formen der Zusam-menarbeit gerade im Anzeigenbereich ergänzt wer-den kann. Dies mag in wirtschaftlich schwierigenZeiten sicher hilfreich sein, um durch Kooperationmögliche Fusionen zu verhindern. Dennoch sehe ichhier die Gefahr des Missbrauchs. Es darf nicht ange-hen, dass etwa zwei Marktteilnehmer zu Lasten einesDritten kooperieren, um diesen aus dem Markt zudrängen. An dieser Stelle würde das Gesetz keineAbhilfe bieten, sich sogar ins Gegenteil verkehren.

Pressegrosso: Die bisherigen Vertriebsstrukturendes Pressegrosso beruhen auf Vereinbarungen desHandels. Insofern ist zu begrüßen, dass die Bundes-regierung Abstand davon genommen hat, entspre-chende Vorgaben zum Pressegrosso vorzusehen. Hierhandelt es sich um ein über die Jahrzehnte bewähr-tes Instrument mit seinen gewachsenen Vertriebs-strukturen, die vor allem kleineren Zeitungen nüt-zen. Ich halte es deshalb für gut, dass man zunächstGespräche der Beteiligten abwarten möchte, die dasbestehende Instrument auch in Zukunft sichern sol-len. Klar ist jedoch für mich: Das Instrument des Pres-segrosso ist für Pluralismus und Meinungsvielfaltunverzichtbar. Insofern wird das Ergebnis der Ge-spräche sehr sorgfältig auszuwerten sein, auch obdanach noch weiterer Handlungsbedarf besteht.

§ 36 Abs. 1 GWB-Entwurf (Altverlegerregelung):Ziel dieser Regelung ist es, trotz Zusammenschlüssenvon Unternehmen eigenständige redaktionelle Ein-heiten zu erhalten. Dies soll gesetzlich vermutet wer-den, wenn durch den Altverleger über entspre-chende Anteils- und Stimmrechte der übernommeneTitel publizistisch eigenständig bleibt. Diese Varianteist sicherlich ein diskussionswürdiger Ansatz.

In diesem Zusammenhang sehe ich das WAZ-Mo-dell mit dem Verbleib formell selbstständiger Redak-tionen (oft auch als Redaktionsgesellschaft) innerhalbder Unternehmensgruppe bzw. des Konzerns. DasWAZ-Modell ist erfolgreich. Es ist darüber hinaus at-traktiv für die Beteiligten und hat zum Erhalt unter-schiedlicher Zeitungen beigetragen. Leider läuft dasModell Ende des Jahres aus. Es könnte jedoch auchfür andere eine zukunftsweisende Lösung sein.

Ungeachtet dessen will ich Zweifel an einer aus-reichenden Sicherung durch das „Altverlegermo-

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dell“ anmelden. So bleiben Fragen: PublizistischeEigenständigkeit einer Redaktion und gesellschafts-rechtliche Beteiligung haben nur bedingt etwas mit-einander zu tun. Problematisch könnte es zusätzlichwerden, wenn sich der Altverleger letztlich doch vomUnternehmen trennen möchte und im Rahmen vonAbsprachen dem Übernehmenden freie Hand lassenwill. Dann handelt es sich lediglich um eine formelleBeteiligung, die keinen Beitrag zu Meinungsvielfaltleisten kann. Aber auch ein Weiteres ist denkbar: DerÜbernehmende könnte ein ökonomisches Druck-potenzial aufbauen, das jede Unabhängigkeit einerRedaktion und jeden Einfluss eines Altverlegers inFrage stellt. Das alles scheint mir noch näher erörte-rungswürdig.

Zu § 35 Satz 2 GWB-Entwurf (Einführung einerBagatellklausel für den Pressebereich): Auch hiersehe ich noch Diskussionsbedarf. Auf Grund der Ein-führung einer solchen Klausel für den Pressebereichkönnten bundesweit ca. 30 selbstständige Zeitungs-verlage kontrollfrei aufgekauft werden. Dies wäreeine Reduzierung von Medienvielfalt, die nicht ohneweiteres hingenommen werden darf. Erschwerendkommt hinzu, dass diese Gesetzesänderung geradeGroßverlagen den Erwerb kleiner Unternehmen miteinem Umsatz bis zu 2 Millionen Euro erlaubt. Inso-fern sehe ich die Gefahr, dass gerade kleine Unter-nehmen schutzlos gestellt werden.

§ 38 Abs. 3 GWB-Entwurf (Anhebung der Auf-greifschwellen): Die hier beabsichtigte Ausweitungder Möglichkeiten des kontrollfreien Zusammen-schlusses von Zeitungen bis zu einer Umsatzgrößevon 50 Millionen Euro ist ebenfalls nicht unbedenk-lich. Ich erkenne sicherlich an, dass der heutigeWettbewerb Unternehmen von größerer wirtschaftli-cher Basis erfordert, als dies noch vor Jahren der Fallwar. Durch einen so weit gesteckten Rahmen bestehtjedoch die Gefahr zusätzlicher Konzentrationen imPressebereich. Solche Konzentrationen haben Sog-wirkung. Sie könnten noch stärkeren Druck auf dieverbliebenen kleinen und mittleren Unternehmenausüben. Das können wir alle nicht wollen. Ich meinedaher, dass die möglichen Auswirkungen der Rege-lungen noch nicht hinreichend geprüft sind.

Fünftens. Ich fasse zusammen: Insgesamt ist esrichtig, angesichts der wirtschaftlichen und struktu-rellen Schwierigkeiten der Branche die pressekon-zentrationsrechtlichen Regelungen des GWB insBlickfeld zu nehmen. Hierbei dürfen jedoch die Zielevon Pluralismus, Meinungsvielfalt und Wettbewerbnicht aus dem Auge verloren werden. Es muss zumeinen um eine maß- und verantwortungsvolle Erwei-terung vorhandener Gestaltungsspielräume gehen.Zum anderen muss durch entsprechende RegelungenGefahren für Pluralismus und Meinungsvielfalt be-gegnet werden. Vor diesem Hintergrund sehe ichnoch Diskussionsbedarf. Insofern wird sich die Lan-desregierung hinsichtlich der Vorschriften zur Pres-sefusionskontrolle gegenwärtig enthalten, aber dieDiskussion aktiv mitgestalten.

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)Anlage 20

Erklärung

von Staatsministerin Dr. Beate Merk(Bayern)

zu Punkt 12 der Tagesordnung

Das Gesetz, mit dem wir uns heute befassen, magauf den ersten Blick so wirken, als wäre es nur fürwenige Computertechniker oder IT-Fachleute inte-ressant, die sich auf die Nahtstelle zwischen Justizund Datenverarbeitung spezialisiert haben.

Tatsächlich aber ist dieses Gesetz das zentraleFundament dafür, dass künftig Staatsanwaltschaftenund Polizei gegenseitig auf den für sie relevantenDatenbestand zugreifen können. Dadurch wird wich-tige Arbeitskapazität für den Bereich der eigent-lichen Ermittlungstätigkeit freigesetzt, die zur Krimi-nalitätsbekämpfung eingesetzt werden kann.

Das Gesetz beseitigt die bundesrechtlichen Hin-dernisse, die einem Online-Lesezugriff der Staats-anwaltschaft auf für sie relevante Dateien der Polizeientgegenstehen. Umgekehrt werden die rechtlichenVoraussetzungen für einen Online-Lesezugriff derPolizei auf das zentrale staatsanwaltschaftliche Ver-fahrensregister geschaffen, wodurch die Effektivitätder Strafverfolgung weiter gestärkt wird.

Ich freue mich darüber, dass die Kerntatbeständedieses neuen richtungsweisenden Gesetzes aus ei-nem Entwurf des Bundesrates übernommen wurden,der in meinem Hause formuliert worden ist. Die Koa-lition ist über ihren Schatten gesprungen und hatVorschläge, die in den wesentlichen Punkten diebayerische Handschrift zeigen, mitgetragen. DerDeutsche Bundestag hat in seiner Sitzung vom17. Juni 2004 auf einhellige Empfehlung seinesRechtsausschusses unsere Gesetzesinitiative in ihrenzentralen Punkten einstimmig angenommen. Es wäreschön, wenn man dies als Zeichen nehmen könnte,dass in der Rechtspolitik gute Ideen nicht von vorn-herein deshalb verworfen werden, weil sie von einemanderen stammen.

Ich bitte Sie daher, dem neuen Gesetz heute IhreBilligung zu geben.

Anlage 21

Erklärung

von Staatsminister Dr. Thomas de Maizière(Sachsen)

zu Punkt 85 der Tagesordnung

Das Warten hat ein Ende. Nach einer längerenDurststrecke im Gesetzgebungsverfahren liegt unsnunmehr heute das vom Bundestag beschlossenel. Justizmodernisierungsgesetz zur Abstimmung vor.

Positiv hervorheben möchte ich zunächst, dass esder Regierungskoalition und der Opposition ge-

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lungen ist, sich auf eine gemeinsame Linie zuverständigen und Teile der Gesetzentwürfe einesJustizmodernisierungsgesetzes und eines l. Justizbe-schleunigungsgesetzes zu einem einheitlichen Ge-setzeswerk zusammenzuführen. Dieses enthält imWesentlichen die gemeinsame Schnittmenge derbeiden Gesetzentwürfe oder – anders gesagt – ihrenkleinsten gemeinsamen Nenner. Hinzu kameneinige neue Regelungen, beispielsweise der Zurück-weisungsbeschluss in der Revisionsinstanz oder dieverkürzten Begründungsanforderungen für den Bun-desgerichtshof.

Der Natur eines Kompromisses entsprechendkonnte über einige Vorschläge keine Einigung erzieltwerden; hauptsächlich handelt es sich hierbei umsolche aus dem vom Bundesrat eingebrachten l. Jus-tizbeschleunigungsgesetz, beispielsweise die Frageder Bindungswirkung rechtskräftiger Strafurteile.Diese Vorschläge bleiben auf der rechtspolitischenAgenda.

Unter dem Strich halte ich den erzielten Kompro-miss für tragfähig. Für sich genommen sind dievorgesehenen Änderungen in den verschiedenenVerfahrensordnungen sinnvoll und werden den Ge-richten und Rechtsanwälten die tägliche Arbeit daund dort etwas erleichtern. Das l. Justizmodernisie-rungsgesetz verdient im Ergebnis daher unsere Un-terstützung.

Vor fast genau einem Jahr habe ich aber an dieserStelle bei der Beratung des von der Bundesregierungeingebrachten Entwurfs eines Justizmodernisie-rungsgesetzes bereits kritisiert, dass der Entwurfüber begrüßenswerte Ansätze nicht hinausgeht undein schlüssiges Gesamtkonzept vermissen lässt. DieGesetzesüberschrift „Modernisierung der Justiz“suggeriert das ehrgeizige Ziel einer umfassendenund nachhaltigen Strukturreform der Justiz, ihrer Or-ganisation und von Verfahrensabläufen. Tatsächlichhandelt es sich jedoch um punktuelle Verbesserun-gen, um ein Drehen an kleinen Stellschrauben. DieseKritik muss sich auch das heute zur Abstimmung ste-hende Gesetzeswerk gefallen lassen.

Allerdings ist ihm zugute zu halten, dass es sichbescheiden nur noch „Erstes Gesetz zur Modernisie-rung der Justiz“ nennt. Es soll also noch etwas nach-kommen. Dies hat die Bundesjustizministerin ja auchschon angekündigt. Wir brauchen aber nicht „irgend-etwas“, wir brauchen vor allem kein 2., 3. und 4. Jus-tizmodernisierungsgesetz. Ein solcher Gesetzes-aktionismus wäre für unsere ohnehin hoch belasteteJustiz nicht zu verkraften. Sie hat sich in den letztenJahren bereits auf umfangreiche Reformen im mate-riellen Recht und im Prozessrecht einstellen müssen –ich erinnere nur an die Schuldrechtsreform und dieZPO-Reform. Es gibt ja gerade im Verfahrensrechtschon wieder Bestrebungen für Gesetzesänderun-gen, z. B. weitere Aufgabenübertragungen aufNotare und Rechtspfleger, Änderungen im PKH-Recht und im Zwangsvollstreckungsrecht.

Bei alldem sollten wir nicht vergessen, dass Ver-fahrensrecht dienendes Recht ist, gerichtet auf eine

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)sachliche Entscheidung des Rechtsstreits im Wege ei-nes zweckmäßigen und schnellen Verfahrens. Esmuss daher auf Kontinuität und Verlässlichkeit ange-legt sein. Gesetzgebungshektik ist hier in besonde-rem Maße fehl am Platze.

Vor weiteren gesetzgeberischen Maßnahmen müs-sen wir uns daher klar werden, wohin die Justiz län-gerfristig steuern soll. Wie können wir die uns zurVerfügung stehenden knappen personellen undfinanziellen Ressourcen der Justiz sinnvoll und effi-zient einsetzen? Wie reagieren wir auf die neuenHerausforderungen durch die Entwicklung zu einerInformations- und Wissensgesellschaft? Wir brauchenein schlüssiges Gesamtkonzept, wie die Justiz künf-tig unter schwierigen Rahmenbedingungen ihreSicherungs- und Streitentscheidungsfunktion erfül-len kann. Wir brauchen also nicht eine kleine Justiz-modernisierung, sondern eine „große Justizreform“.

Die notwendige kritische Bestandsaufnahme unddie hieraus abzuleitenden Folgerungen für die Pro-zessordnungen brauchen aber Zeit. Diese Zeit solltenwir uns nehmen und nicht mit der Flickschustereifortfahren. Das nächste Justizmodernisierungsgesetzsollte für längere Zeit das letzte sein. Es muss tat-sächlich dem Anspruch genügen, unsere Justiz fürdie kommenden Herausforderungen umfassend fit zumachen.

Das heute zur Abstimmung stehende 1. Justizmo-dernisierungsgesetz ist ein erster – kleiner – Schrittauf diesem Weg, eine Facette des anzustrebendenGanzen. Ich bitte Sie, den gefundenen Kompromisszu unterstützen und keinen Antrag auf Einberufungdes Vermittlungsausschusses zu stellen.

Anlage 22

Erklärung

von Bundesministerin Brigitte Zypries(BMJ)

zu Punkt 85 der Tagesordnung

Als die Bundesregierung vor gut einem Jahr dasGesetz zur Modernisierung der Justiz vorlegte, habeich mir gewünscht, dass wir für dieses Vorhabenbreite Zustimmung erhalten. Denn über unser Zielsollte doch über alle Parteigrenzen hinaus Einigkeitherzustellen sein: Wir wollten auch im Bereich derJustiz zum Bürokratieabbau beitragen, ohne dabeiRechtsabbau zu betreiben. Wir wollten Vorschriftenschaffen, hinter die sich alle stellen können, weil sieeine Vereinfachung in der Justiz bewirken, ohne je-doch beispielsweise Angeklagtenrechte zu beschnei-den oder Instanzen aufzuheben.

Ich freue mich, dass wir das nun erreichen konn-ten: ein erfolgreiches Verfahren und weitgehende Ei-nigkeit. Wir sind heute dem Ziel eines umfassendenBürokratieabbaus in der Justiz ein gutes Stück nähergekommen.

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Mit dem vorliegenden 1. Justizmodernisierungs-gesetz, das der Deutsche Bundestag am 1. Juli mitden Stimmen aller Fraktionen beschlossen hat, habenwir ein Gesetz geschaffen, das den Bedürfnissen derPraxis Rechnung trägt und zur Modernisierung undBeschleunigung in vielen Bereichen beiträgt, ohneden rechtlichen Standard herunterzuschrauben.

Mir selbst lag und liegt sehr viel an diesem Ge-setzgebungsvorhaben. Ich halte Fragen der Moder-nisierung, der Beschleunigung und des Bürokratie-abbaus nicht nur für sehr aktuell, sondern auch fürsehr wichtig. Ich bin mir sicher, dass das Gesetz dazubeiträgt, die Justiz weiter fit zu machen für die Zu-kunft.

Besonders freut mich, dass wir uns bei diesem Ge-setz mit der Opposition letztlich auf einen gemeinsa-men Gesetzentwurf einigen konnten. So konnte derGesetzentwurf der CDU zu einem Justizbeschleuni-gungsgesetz mit unserem Gesetzentwurf zusammen-geführt werden. Dass das gelingen konnte, liegt ausmeiner Sicht nicht nur an der sachorientiertenArbeitsweise. Es liegt vor allem an der frühzeitigenEinbindung der Praxis in das Gesetzgebungsverfah-ren.

Schon im letzten Quartal 2002, als wir im Bundes-ministerium der Justiz erste Überlegungen zu diesemGesetz angestellt haben, wurden als Erstes die Stim-men der Justizpraxis in den Ländern eingeholt. Dieüber 100 Vorschläge, die wir daraufhin erhalten ha-ben, wurden im Bundesministerium der Justiz einge-hend geprüft. Nicht alles wurde übernommen, aberviele Vorschläge fanden wir wichtig – sowohl für die-ses Vorhaben als auch für andere aktuell bearbeiteteReformvorhaben. Wir haben dann auf Grund mehre-rer Bund-Länder-Gespräche eine Liste von konsen-tierten Vorschlägen erarbeitet, die in den im Mai2003 vorgelegten Regierungsentwurf eingeflossensind. Auch die Vorschläge dieses Hauses sind zumgroßen Teil in den Gesetzentwurf aufgenommen wor-den. All das zeigt: Mit dem Gesetz haben wir Vor-schläge umgesetzt, die in den Ländern, bei Prakti-kern und Rechtspolitikern auf breiten Konsensstoßen.

Ich möchte den Inhalt des Gesetzes hier nicht imEinzelnen wiederholen. Lassen Sie mich nur einigePunkte hervorheben.

Einen Kernpunkt des Gesetzes sehe ich darin,dass die Unterbrechung der Hauptverhandlung imStrafprozess länger möglich ist als bisher. Die Län-der und vor allem die Gerichte haben auf eine sol-che Regelung gewartet. Zeit- und kostenintensiveSchiebetermine gehören nun der Vergangenheit an,das Gericht kann besser als bisher auf unvorher-gesehene Wendungen in der Hauptverhandlungreagieren. Das ist eine Vereinfachung, die im Inte-resse aller liegt.

Auch bei der Verlesung von Schriftstücken undder Vereidigung von Zeugen haben wir Vorschlägeder Praxis umgesetzt. Insbesondere dadurch, dassErklärungen allgemein vereidigter Sachverständiger

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)oder Protokolle von Strafverfolgungsbehörden künf-tig verlesen werden können, sparen wir Kosten undbeschleunigen die Verfahren.

Einen ähnlichen Effekt bewirkt die Regelung, dassRichterinnen und Richter im Zivilprozess künftig dieMöglichkeit erhalten, gerichtliche Sachverständigen-gutachten aus vorangegangenen Verfahren zu ver-werten, anstatt eine erneute schriftliche Begutach-tung anzuordnen. Auch die Möglichkeit, vomStrengbeweisverfahren abzusehen und in geeigne-ten Fällen Zeugen oder Sachverständige telefonischoder per E-Mail zu befragen, wird die Verfahren er-heblich beschleunigen.

Erwähnen möchte ich die Möglichkeit, Anerkennt-nis- und Versäumnisurteile verstärkt ohne mündlicheVerhandlung zu erlassen. Diese Regelungen gehenauf Vorschläge des Bundesrates zurück. So wird eskünftig auch möglich sein, über eine teilweise un-schlüssige Klage ohne mündliche Verhandlung durchVersäumnisurteil zu entscheiden. Allerdings wirddiese Möglichkeit aus rechtsstaatlichen Gründen aufden Fall beschränkt, dass die Unschlüssigkeit derKlage lediglich eine Nebenforderung betrifft.

Justizmodernisierung bedeutet aber auch, wie ichbereits sagte, die justizinternen Arbeitsabläufe zu op-timieren. Deshalb sollen die Länder die Befugnis er-halten, bestimmte richterliche Aufgaben auf dieRechtspflegerinnen und Rechtspfleger zu übertra-gen. Das betrifft vor allem Nachlasssachen und dasHandelsregister, aber auch den Bereich der Strafvoll-streckung. Auch hier setzen wir Vorschläge aus derPraxis um und tragen der Tatsache Rechnung, dasswir über sehr gut ausgebildete Rechtspflegerinnenund Rechtspfleger verfügen, denen durchaus nochmehr Verantwortung übertragen werden kann alsbisher.

Ich freue mich, dass der Rechtsausschuss des Bun-desrates im Umfrageverfahren empfohlen hat, denVermittlungsausschuss nicht anzurufen, und ich hoffesehr, dass Sie dieser Empfehlung folgen. Aus meinerSicht ist dieses Gesetz ein gutes Beispiel für ein pra-xisnahes Regelungswerk, das in erster Linie auf sach-orientierten Erwägungen jenseits aller parteipoliti-schen Debatten fußt. Es wird der Praxis vieleErleichterungen bringen.

Ich möchte gern auf den Titel des Gesetzes zu-rückkommen: Es heißt jetzt „1. Justizmodernisie-rungsgesetz“. Aus meiner Sicht bedeutet dies: Einzweites Gesetz kann und sollte durchaus folgen. Wirsollten uns darüber verständigen, dass wir weitereBereiche aufgreifen, die wir in diesem Vorhabennoch nicht angesprochen haben, und wir sollten wei-terhin für Vorschläge aus der Praxis offen sein. MeinInteresse jedenfalls wäre es, den Richterinnen undRichtern noch mehr Spielraum zu geben, um in ihrenBereichen sachgerecht entscheiden zu können. Wirmüssen gerade im Bereich der Justizmodernisierungzu möglichst viel Flexibilität gelangen.

Ich hoffe, dass wir auch darüber so breite Einigkeitherstellen können wie über die Zielsetzung beim1. Justizmodernisierungsgesetz.

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Anlage 23

Erklärung

von Minister Curt Becker(Sachsen-Anhalt)

zu Punkt 85 der Tagesordnung

Vor etwa einem Jahr haben der Bund und die Län-der unter Hochdruck daran gearbeitet, eine Abstim-mung zu der Gesetzesinitiative der Bundesregie-rung zum Justizmodernisierungsgesetz und zu denGesetzesinitiativen des Bundesrates sowie der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu den Justizbeschleuni-gungsgesetzen zu erreichen. Die Beschlüsse desBundesrates hierzu stammen vom 11. Juli 2003.

Nach der öffentlichen Expertenanhörung desRechtsausschusses des Bundestages im Novembervergangenen Jahres war es lange still um diese wich-tigen Gesetzesvorhaben, mit denen eine Vielzahl vonstraf- und zivilprozessualen Vorschriften geändertwerden soll. Es ist daher an der Zeit, die Gesetzge-bungsvorhaben endlich zum Abschluss zu bringen.Aus diesem Grunde ist Sachsen-Anhalt auch demEntschließungsantrag Sachsens zur baldigen Be-schlussfassung über den vom Bundesrat eingebrach-ten Entwurf eines Justizbeschleunigungsgesetzesbeigetreten.

Das nun vom Deutschen Bundestag am 1. Juli 2004beschlossene Erste Gesetz zur Modernisierung derJustiz stellt einen Minimalkonsens zwischen den dreigenannten Gesetzesinitiativen dar. Ich meine, dassman diesem Kompromiss beitreten und ihm zustim-men kann, auch wenn in einigen Punkten weiterge-hende Formulierungen wünschenswert gewesen wä-ren.

Die Umsetzung der im Gesetz vorgesehenen Rege-lungen verspricht nicht nur Einsparungen in denhoch belasteten Justizhaushalten. Wichtig sind auchRegelungen, die eine vereinfachte und flexiblere Ge-staltung von Gerichtsverfahren ermöglichen, ohnerechtsstaatliche Standards zu beeinträchtigen. DieVorschläge entsprechen darüber hinaus in vielen Be-reichen einem dringenden Anliegen der Praxis. Nurbeispielhaft möchte ich an dieser Stelle die Unterbre-chungsregelungen für die Hauptverhandlung in§ 229 StPO oder die Regelungen zum Strafbefehls-verfahren nennen.

In diesem Zusammenhang freut es mich beson-ders, dass der von Sachsen-Anhalt eingebrachte Vor-schlag, im Strafbefehlsverfahren durch ein Be-schlussverfahren die Höhe der Tagessätze einerGeldstrafe überprüfen zu können, Eingang in denEntwurf gefunden hat. Auch diese Regelung ent-spricht übrigens einem Wunsch der Praxis; sie wurdeinnerhalb der im Ministerium der Justiz des LandesSachsen-Anhalt angesiedelten, mit Richtern, Staats-anwälten und Ministerialbeamten besetzten Arbeits-gruppe „Ideenwerkstatt Justiz“ formuliert.

Die Änderungen der zivilprozessualen Vorschrif-ten, insbesondere derjenigen zum Beweistransfervom Strafurteil in den Zivilprozess, sind wohl leider

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)auf eine Minimallösung zurückgeführt worden. Ichmeine jedoch, dass auch dies vertretbar ist; denn diehierzu von den Experten und der gerichtlichen Praxisvorgebrachten Bedenken erscheinen durchaus be-achtlich.

Alles in allem begrüße ich es ausdrücklich, dassdieses wichtige Gesetzesvorhaben durch den Bun-destag nunmehr beschlossen worden ist. Es dürfteein gemeinsames Anliegen aller Länder sein, diesesVorhaben in der heutigen Abstimmung zu unterstüt-zen.

Anlage 24

Erklärung

von Ministerin Elisabeth Heister-Neumann(Niedersachsen)

zu Punkt 22 der Tagesordnung

Es ist fast auf den Tag genau ein Jahr her, dass ichhier gemeinsam mit dem Kollegen aus Bayern diewesentlichen Kernpunkte unserer gemeinsamen Ge-setzesinitiative vorgestellt habe.

Die Beratung des Gesetzentwurfs wurde am26. September 2003 auf Antrag Niedersachsens je-doch von der Tagesordnung des Bundesratsplenumsabgesetzt. Dieser Schritt erfolgte ausschließlich des-halb, weil eine breite Zustimmung der Länder da-mals nicht gesichert war. Nach wie vor halte ich diein dem Gesetzesentwurf vorgeschlagenen Regelun-gen für richtig. Ein eindrucksvolles, bestenfalls ein-stimmiges Votum der Länder ist wichtig, um gegen-über dem Bundestag die dringende Notwendigkeiteiner im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung lie-genden Reform der Untersuchungshaft zu verdeut-lichen.

Ganz im Sinne des Anliegens, breite Zustimmungder Länder für unsere Initiative zu erreichen, wurdedie Zwischenzeit genutzt. Die Konferenz der Justiz-ministerinnen und Justizminister hat sich mit demÄnderungsbedarf beschäftigt, die Landesjustizver-waltungen haben sich über Handhabung und Erfah-rungen bei der Haftsachenbearbeitung ausgetauscht.Eine länderübergreifende Arbeitsgruppe unter demVorsitz des Landes Rheinland-Pfalz hat gesetzgeberi-sche Kompromissvorschläge erarbeitet. Diese liegenheute in Form eines Plenarantrages des LandesRheinland-Pfalz vor.

Nach alledem halte ich daran fest, dass ein Han-deln des Gesetzgebers im Bereich des Rechts der Un-tersuchungshaft dringend geboten ist, um die Allge-meinheit vor schweren Straftaten zu schützen.

Das geltende Haftrecht orientiert sich zu sehr anden Belangen des Beschuldigten. Es bleibt hinterdem verfassungsrechtlich Möglichen und für eineneffektiven Schutz der Bevölkerung Notwendigen zu-rück. Dies führt immer wieder dazu, dass Gerichtegezwungen sind, Haftbefehle nicht zu erlassen oder

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aufzuheben, obwohl die Inhaftierung des Beschul-digten geboten wäre, um einen effektiven Schutz derBevölkerung zu erreichen.

Der von mir angesprochene Erfahrungsaustauschunter den Ländern hat gezeigt, dass die justizorgani-satorischen Maßnahmen zur beschleunigten Bearbei-tung von Haftsachen ausgeschöpft sind. Selbstver-ständlich müssen wir organisatorische Vorkehrungentreffen, um dem Anspruch des Beschuldigten auf einzügiges Verfahren Rechnung zu tragen. Dass diestatsächlich geschehen ist, belegen die wenigen, sichim Verhältnis zur Gesamtzahl der Haftsachen im Pro-millebereich bewegenden Haftbefehlsaufhebungenwegen vermeidbarer Verfahrensverzögerungen.

Diese wenigen Fälle sind jedoch häufig im Blickauf den Schutz der Allgemeinheit besonders proble-matisch. Mir gelingt es beim besten Willen nicht, ge-genüber der Bevölkerung verständlich zu machen,dass der einer schweren Straftat dringend Verdäch-tige, gegen den die Haftgründe der Flucht- oder garder Wiederholungsgefahr vorliegen und bei dem dieFortdauer der Untersuchungshaft auch über sechsMonate hinaus verhältnismäßig wäre, ohne Rück-sicht auf seine Gefährlichkeit zu entlassen ist, wenneine auch noch so geringe Verfahrensverzögerungfestgestellt wird. Dies gilt erst recht dann, wenn inabsehbarer Zeit bereits ein Hauptverhandlungster-min anberaumt ist.

Allein durch Maßnahmen der Justizorganisationlässt sich das Ziel größtmöglichen Schutzes der Be-völkerung bei Wahrung der Freiheitsrechte des Be-schuldigten nicht erreichen. Der gesetzgeberischeHandlungsbedarf ist unabweisbar.

Um jedoch keine Missverständnisse aufkommenzu lassen: Mir – ich glaube im Namen aller Justiz-ministerinnen und -minister der Länder sagen zudürfen: uns allen – ist nicht daran gelegen, dass es zuVerfahrensverzögerungen kommt. Es ist nun abereinmal so, dass trotz aller Bemühungen „Ausreißer“nicht ausgeschlossen werden können. Dann aberkönnen keine blinde Entscheidung zu Gunsten desBeschuldigten die Folge und eine Beeinträchtigungder Sicherheit der Bevölkerung das Ergebnis sein.Die Freiheitsrechte des Beschuldigten sind selbstver-ständlich zu beachten. Sie müssen aber zum erhobe-nen Tatvorwurf ins Verhältnis gesetzt werden. DemOberlandesgericht muss die Möglichkeit gegebenwerden, eine wohl abgewogene Entscheidung zutreffen.

Diese Möglichkeit sehen sowohl der Gesetzent-wurf als auch der Plenarantrag von Rheinland-Pfalzvor. Das Oberlandesgericht hätte danach künftig beiseinen Entscheidungen die „Schwere der Tat“ zu be-rücksichtigen.

Ich will nicht verhehlen, dass ich nach wie vor dieweitergehenden Regelungen im Gesetzentwurf, ins-besondere zur Stärkung des Haftgrundes der Wie-derholungsgefahr, favorisiere. Im Interesse der Si-cherheit der Bevölkerung bin ich aber bereit,Kompromisse einzugehen. Kompromisse haben nun

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)einmal die Eigenschaft, nicht allen Wünschen ge-recht zu werden. Mir ist es wichtig, die dringendstenVerbesserungen im Recht der Untersuchungshaft zuerreichen. Die im Plenarantrag des Landes Rhein-land-Pfalz enthaltenen und von der Konferenz derJustizministerinnen und Justizminister gebilligtenRegelungen leisten dies. Die breite Zustimmung derLänder sollte dann auch den Bund bewegen, im Inte-resse der Allgemeinheit tätig zu werden.

Ich bitte daher um Ihre Unterstützung für unsereInitiative.

Anlage 25

Erklärung

von Staatsminister Walter Zuber(Rheinland-Pfalz)

zu Punkt 22 der Tagesordnung

Für Herrn Staatsminister Herbert Mertin gebe ichfolgende Erklärung zu Protokoll:

Immer wieder sorgen spektakuläre Freilassungenvon Untersuchungsgefangenen für Unverständnis inder Öffentlichkeit. Unverständnis und Ärger entste-hen vor allem dann, wenn die Haftentlassung auf for-malen Versäumnissen bei der Bearbeitung der Ver-fahren beruht. Dem Oberlandesgericht bleibt indiesen Fällen nach zwingendem Recht gar keine an-dere Wahl, als den Verdächtigen nach sechs Monatenfreizulassen – ohne Rücksicht auf seine Gefährlich-keit, auf Wiederholungsgefahr oder auf eine beste-hende Fluchtgefahr. In der öffentlichen und fach-lichen Diskussion wurde daher regelmäßig die Frageaufgeworfen, ob die gesetzlich vorgeschriebeneSechsmonatsfrist nicht zu kurz oder zu unflexibel istund das Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit hin-reichend zum Ausdruck bringt.

Die gesetzlich angeordnete Höchstfrist für die Un-tersuchungshaft trägt den Vorgaben in Artikel 2 desGrundgesetzes und Artikel 5 der Menschrechtskon-vention Rechnung. Sie kann deshalb nicht beliebigverändert werden. Für Beschuldigte eines Strafver-fahrens gilt die Unschuldsvermutung – eine Verurtei-lung ist noch nicht erfolgt. Es entspricht daher demverfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismä-ßigkeit, dass Beschuldigte eine schnellstmöglicheKlärung der Vorwürfe gegen sie erwarten dürfen.Untersuchungshaft darf danach nur so lange wie un-abweisbar nötig aufrechterhalten bleiben. Der Ge-setzgeber hat in § 121 der Strafprozessordnung ent-schieden, dass in Haftsachen grundsätzlich nachsechs Monaten Anlass besteht zu prüfen, warumnoch kein Urteil herbeigeführt wurde. Damit soll dieJustiz – ganz bewusst – zu beschleunigter Bearbei-tung von Ermittlungs- und Strafverfahren gegennoch nicht rechtskräftig Verurteilte, aber Inhaftiertegezwungen werden.

Das geltende Recht statuiert somit klar und deut-lich die Aufgabe und die Pflicht der Justiz, Haftsa-

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chen besonders beschleunigt zu bearbeiten und da-durch vorzeitige Haftbefehlsaufhebungen wegeneines Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot zuvermeiden. Das muss auch so bleiben.

Leider gelingt dies nicht immer. Besonderes Auf-sehen in der Öffentlichkeit erregen stets die Fälle, indenen Tatverdächtige äußerst schwer wiegenderStraftaten betroffen sind. Gerade diese Fälle lassen inder Bevölkerung Zweifel an der Gesetzeslage auf-kommen.

Unabhängig von den Besonderheiten des Einzel-falls wird die Berechtigung der gesetzlichen Haftprü-fungsregelung – im Hinblick auf Sicherheitsaspekte –selbst hinterfragt. Da in den Ländern alle denkbarenorganisatorischen Vorkehrungen aber bereits ausge-schöpft sind, wie ein eigens durchgeführter Erfah-rungsaustausch bei den Landesjustizverwaltungenergeben hat, kann die notwendige Abhilfe zumSchutz der Bevölkerung meiner Meinung nach nurdurch behutsame gesetzgeberische Maßnahmen ge-schaffen werden. Dabei muss unser Ziel sein, die Be-lange einer ordnungsgemäßen Strafverfolgung einer-seits und die Freiheitsrechte eines Beschuldigtenandererseits in Einklang zu bringen.

Wir haben hier im Bundesrat schon mehrfach überdieses Problem diskutiert. Die Länder haben in derVergangenheit verschiedenste Vorschläge unterbrei-tet, um die Frist des § 121 StPO praxisgerecht zu er-weitern. Zum einen wird – mit verschiedenen Modi-fikationen – eine Verlängerung der Sechsmonatsfristgefordert. Andere wollen fortan auch Verhältnismä-ßigkeitsgesichtspunkte, z. B. Berücksichtigung derSchwere der Tat, stets in die Haftprüfung einbezie-hen. Zum Teil wurden auch beide Gesichtspunkte zueinem einheitlichen Vorschlag verbunden. Wiederandere wollen erkannte Verfahrensmängel nachträg-lich kurzfristig beheben lassen und damit die ansons-ten zwingende Aufhebung des Haftbefehls ver-meiden. Keiner dieser Vorschläge war jedochmehrheitsfähig.

Auf meinen Vorschlag wurde das Thema auf derJustizministerkonferenz am 6. November 2003 aus-führlich erörtert. Die Justizministerkonferenz beauf-tragte den Strafrechtsausschuss, eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einzusetzen. Sie sollte Änderungsvor-schläge erarbeiten, die von einer breiten Mehrheitder Länder getragen werden können. Die zu fin-dende Regelung sollte das Sicherheitsgefühl der Be-völkerung besser gewährleisten, ohne unverhältnis-mäßig in die Freiheitsrechte des Beschuldigteneinzugreifen.

Die Arbeitsgruppe hat sich unter Vorsitz vonRheinland-Pfalz auf Änderungen verständigt, dieverschiedene Lösungsansätze aufgreifen. DieSchwere der Tat und ein schon nahe anberaumterHauptverhandlungstermin sollen ins Verhältnis zuder Freiheitsbeschränkung tatverdächtiger Beschul-digter gesetzt werden.

So sieht unser Entwurf vor, dass das Oberlandes-gericht bei jeder Haftprüfung künftig die Schwereder Tat berücksichtigen muss. Zudem soll die Sechs-

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)monatsfrist ruhen, wenn ein Termin zur Hauptver-handlung innerhalb von zwei Monaten nach Ablaufder Frist anberaumt worden ist. Gehen also dem Ge-richt in einer Haftsache die Akten fünf Monate nachder Inhaftierung zu, so droht die Aufhebung desHaftbefehls nicht, wenn der Termin innerhalb der fol-genden drei Monate stattfindet. Und wenn der Senateines Oberlandesgerichts die Aufhebung eines Haft-befehls anordnen will, soll der Generalstaatsanwalt-schaft und den anderen Verfahrensbeteiligten zuvorGelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden,um „Überraschungsentscheidungen“ zu vermeiden.

Ich bin davon überzeugt, dass mit den vorgeschla-genen Regelungen weniger Haftbefehle aufgehobenwerden müssen als nach dem geltenden Recht. Diestarre Regelung in der Strafprozessordnung wird fle-xibilisiert. Aber die Möglichkeiten der Oberlandes-gerichte, die Einhaltung des Beschleunigungsgebotseffektiv zu kontrollieren, bleiben gewahrt.

Der von der Arbeitsgruppe erarbeitete Vorschlagliegt Ihnen heute als rheinland-pfälzischer Landesan-trag vor. Er ist von der Konferenz der Justizministe-rinnen und Justizminister einhellig gebilligt worden,wenn auch das eine oder andere Land dabei gewisseBedenken zurückstellen musste. Ich möchte darananknüpfen und die Länder, die über den erzieltenKompromiss hinausgehende Änderungen des Haft-rechts anstreben, bitten, sich auch hier und heutedem erzielten Kompromiss anzuschließen.

Lassen Sie uns den Kompromiss gemeinsam unter-stützen! Alle Länder haben das Ziel, auf dem Gebietdes Haftrechts wirklich etwas zu bewegen. Wir ha-ben jetzt die große Chance, die unbefriedigendeSituation zu ändern. Die Aussichten für eine Ände-rung verbessern sich, wenn der Bundesrat mit breiterMehrheit den Kompromissvorschlag als Gesetzent-wurf beim Deutschen Bundestag einbringt – am bes-ten einstimmig. Genau darum bitte ich Sie. Unter-stützen Sie diese rechtsstaatlich saubere Lösung! Dassind wir auch den berechtigten Sicherheitsinteressender Bürgerinnen und Bürger schuldig.

Anlage 26

Erklärung

von Minister Curt Becker(Sachsen-Anhalt)

zu Punkt 23 der Tagesordnung

Die Terminplanung dieses Hohen Hauses will es,dass wir heute über mehrere Gesetzentwürfe befin-den, die sich mit den strafrechtlichen Maßregeln derBesserung und Sicherung befassen.

Sie sind sehr unterschiedlich ausgeprägt. Gemeinist ihnen, dass sie mit schwer wiegenden Eingriffenin die Rechte der betroffenen Personen verbundensind, diese Eingriffe aber unter Wahrung des Grund-satzes der Verhältnismäßigkeit unumgänglich sind.Während die nachträgliche Sicherungsverwahrung

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dazu dient, unsere Bevölkerung vor akut rückfallge-fährdeten Straftätern zu bewahren, die ohne diesesRechtsinstitut in Freiheit entlassen werden müssten,dient die Unterbringung in einem psychiatrischenKrankenhaus über den Schutz der Allgemeinheit hi-naus dem Ziel, kranke Straftäter zu heilen. DiesesNebeneinander von sicherndem Charakter und Bes-serung durch Heilung kennzeichnet auch die Unter-bringung in einer Entziehungsanstalt.

Der Gesetzesantrag des Freistaates Bayern undSachsen-Anhalts, um dessen Einbringung in denDeutschen Bundestag ich Sie bitte, zieht die Konse-quenzen aus den erkannten Mängeln des gegenwär-tigen Systems. Basierend auf den Erfahrungen derPraxis und in Anbetracht der ständig knapper wer-denden Ressourcen unternehmen wir den nach mei-ner Überzeugung erfolgreichen Versuch, die thera-peutischen Erfolgsaussichten zu verbessern, indemdie Möglichkeiten des Maßregelvollzugs zielgenauerund effizienter eingesetzt werden sollen.

Zu Recht weist unser Gesetzentwurf deshalb da-rauf hin, dass ohne eine mutige Änderung der Maß-regelvollzug Gefahr läuft, weder seiner Besserungs-noch seiner Sicherungsfunktion gerecht zu werden.Unser Gesetzentwurf wird die Voraussetzungen, dieVollstreckung und die Beendigung freiheitsentzie-hender Maßregeln einer spürbaren Verbesserung zu-führen.

In Zukunft sollen teure und knappe Suchttherapie-plätze zuvörderst für diejenigen vorgehalten werden,bei denen hinreichend konkrete Heilungsaussichtenbestehen. Deshalb soll mit der Umgestaltung des § 64StGB in eine Sollvorschrift den Gerichten der nötigeSpielraum eingeräumt werden, die Blockierung vonTherapieplätzen in den Entziehungsanstalten durchtherapieunwillige oder therapieunfähige Täter zuvermeiden. Das Gebot des sparsamen Umgangs mitPersonal und Kosten in der Justiz soll auch dadurchstrenger befolgt werden, dass unnötige Sachverstän-digengutachten, die nach der gegenwärtigen straf-prozessualen Regelung leider entstehen, demnächstvermieden werden können.

Wir folgen einer langjährigen Forderung der Pra-xis und werden die Reihenfolge der Vollstreckungvon Freiheitsstrafe und Unterbringung in einer Ent-ziehungsanstalt dergestalt ändern, dass bei langjäh-rigen Freiheitsstrafen der Vorwegvollzug eines Teilsder Strafe zum Regelfall wird mit der Folge, dassnach einer erfolgreichen Therapie eine Entlassungdes Verurteilten in Freiheit möglich wird. NegativeEinflüsse des Vollzugs und die Rückfallgefahr könn-ten hierdurch verringert werden.

Wir schaffen die Möglichkeit, die Unterbringungs-dauer flexibel von den Notwendigkeiten her zu be-stimmen und schneller auf gesundheitliche Entwick-lungen der Untergebrachten zu reagieren.

Wir eröffnen ferner die Möglichkeit, die Unter-bringung psychisch kranker, gemeingefährlicher Tä-ter, die unter Einfluss ihres dauerhaften Defekt-zustandes schwere Straftaten begangen haben, ineinem psychiatrischen Krankenhaus auch dann

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)anzuordnen, wenn die Schuldfähigkeit oder die ver-minderte Schuldfähigkeit bei der Tatbegehung vomGericht nicht positiv festgestellt werden kann.

Wir sorgen dafür, dass mit einem neu gefasstenWiederaufnahmerecht sichergestellt wird, dass es imFalle der Fehleinweisung in ein psychiatrischesKrankenhaus nicht dazu kommen muss, dass dieseEinweisung einseitig durch eine Entlassung korri-giert wird, sondern gegebenenfalls die Bestrafungoder Anordnung der Sicherungsverwahrung möglichwird.

Ich lege Wert auf die Feststellung, dass der Ge-setzentwurf auf den sorgfältigen und umfangreichenUntersuchungen der Arbeitsgruppe des Strafrechts-ausschusses der Justizministerkonferenz „Fragen derMaßregelvollstreckung“ beruht. Wir haben ihren Ab-schlussbericht auf der 74. Justizministerkonferenz am17. und 18. Juni 2003 mit großer Mehrheit zustim-mend zur Kenntnis genommen.

Der Gesetzentwurf ist also nicht nur nach Auffas-sung der antragstellenden Länder die richtigeGrundlage für die anstehenden Beratungen im Deut-schen Bundestag. Ich bitte Sie daher, der Einbrin-gungsempfehlung zuzustimmen.

Anlage 27

Erklärung

von Ministerin Elisabeth Heister-Neumann(Niedersachsen)

zu Punkt 24 der Tagesordnung

Für Herrn Minister Hans-Heinrich Sander gebeich folgende Erklärung zu Protokoll:

Es nutzt dem Naturschutz wenig, wenn im Bun-desnaturschutzgesetz Regelungen enthalten sind, dievon den Ländern nicht umgesetzt werden können.

Es nutzt auch nichts, wenn es an der erforderli-chen Akzeptanz der Betroffenen mangelt. SolcheVorschriften bringen den Naturschutz eher in Miss-kredit, als dass sie ihn fördern.

Die vorliegende Bundesratsinitiative Niedersach-sens zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzeswill diese Mängel beseitigen. Dabei geht es vor allemum die Regelungen des Gesetzes zur Land-, Forst-und Fischereiwirtschaft, zur flächendeckenden Land-schaftsplanung und zum Schutz bestimmter Biotopeim Küstenmeer.

Die Regelungen des § 5 BNatSchG zur Land-,Forst- und Fischereiwirtschaft waren bei der jüngstenNovelle zum Bundesnaturschutzgesetz von Anfangan umstritten. Das Gleiche galt für die Vorgabe einerflächendeckenden Landschaftsplanung. Eine Eini-gung konnte im Gesetzgebungsverfahren nicht er-zielt werden. Erst im Vermittlungsausschuss wurdeein – zweifelhafter – Kompromiss gefunden. Es wur-den teilweise Regelungen getroffen, die mit anderen

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Gesetzen nicht übereinstimmten oder für die es kei-nen bundesrechtlichen Bedarf gab.

Sinn unserer Gesetzesinitiative ist es, die notwen-digen Korrekturen vorzunehmen.

Zum Beispiel bei den Entschädigungspflichten fürNutzungsbeschränkungen der Land-, Forst- und Fi-schereiwirtschaft: Nach § 5 Abs. 2 BNatSchG erlas-sen die Länder Vorschriften „über den Ausgleich vonNutzungsbeschränkungen in der Land-, Forst- undFischereiwirtschaft“. Weitere Vorgaben sind dem Ge-setz nicht zu entnehmen. Diese müssen also die Län-der ausgestalten. Inwieweit die Länder aus ihremHaushalt solche Leistungen erbringen, können siegesetzlich selbst regeln. Diese abstrakte bundes-rechtliche Vorgabe ist überflüssig.

Ein weiteres Beispiel sind die Vorgaben des Natur-schutzrechts für die gute fachliche Praxis der Land-wirtschaft. § 5 Abs. 4 BNatSchG regelt in sieben Teil-strichen Anforderungen an die gute fachliche Praxisder Landwirtschaft.

Hier stellt sich schon die Frage, warum im Natur-schutzrecht solche Regelungen getroffen werdenmüssen. Sieht man sich die Anforderungen genaueran, so stellt man fest, dass sie sich in erheblichemMaße mit Anforderungen decken, die auch in§ 17 Abs. 2 Bundesbodenschutzgesetz enthalten sind.Es werden also überflüssige Doppelregelungen ge-troffen.

Auf der Zunge zergehen lassen sollte man sich denSpiegelstrich Nr. 7. Dort wird „eine schlagspezifischeDokumentation über den Einsatz von Dünge- undPflanzenschutzmitteln nach Maßgabe des landwirt-schaftlichen Fachrechts“ angeordnet. Das landwirt-schaftliche Fachrecht, das im Übrigen Bundesrechtdarstellt, ist und bleibt auch verbindlich, wenn seineEinhaltung nicht im Naturschutzrecht angeordnetwird. Diese Regelung ist also auch sinnlos.

Deshalb haben wir in der Bundesratsinitiative dieAnforderungen an die Landwirtschaft auf diewesentlichen naturschutzfachlichen Interessen be-schränkt. Das sind erstens die Erhaltung der zur Ver-netzung von Biotopen erforderlichen Landschaftsele-mente. Das geltende Recht sieht sogar eineVerpflichtung zu deren Vermehrung vor, aber nur„nach Möglichkeit“. Das ist eine äußerst unkonkreteVorschrift. Es kann nicht Aufgabe der Landwirtesein, die zur Vernetzung von Biotopen erforderlichenLandschaftselemente zu vermehren. Das ist einestaatliche Aufgabe.

Zweitens das Verbot der Grünlandumwandlungauf erosionsgefährdeten Hängen und auf Moorstand-orten: Hier gilt es zum Schutz der Umwelt Handlun-gen zu unterbinden, die ohnehin nicht der gutenfachlichen Praxis entsprechen dürften.

Ein weiteres Beispiel ist § 5 Abs. 5 BNatSchG. Dortwerden Vorgaben für die Bewirtschaftung von Wäl-dern formuliert. Die festgelegten Anforderungen un-terscheiden sich nicht von denen des Bundeswaldge-setzes und der Waldgesetze der Länder. Es handelt

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)sich also auch hier um eine überflüssige Regelung,von der wir uns in Zeiten der Deregulierung trennensollten.

Das Gleiche gilt für die Vorgaben des § 5 Abs. 6Satz 2 BNatSchG, wonach der „Besatz von Gewäs-sern mit nicht heimischen Tierarten grundsätzlich zuunterlassen ist“. Die Fischereigesetze der Ländersprechen ähnliche Verbote aus oder stellen die Aus-setzung nicht heimischer Fischarten unter einen Er-laubnisvorbehalt.

Dann ist da noch die im Bundesnaturschutzgesetzvorgeschriebene flächendeckende Landschaftspla-nung. Der Bund schreibt sie vor, denkt aber nicht andie Konnexität; denn eine finanzielle Förderung wirdnicht festgeschrieben. Aber es muss doch gelten: Werdie Musik bestellt, soll sie auch bezahlen. – Das über-lässt der Bund den Ländern.

Es gibt auch erhebliche fachliche Bedenken. Wäh-rend der Bund den Gemeinden eine flächen-deckende Landschaftsplanung vorschreibt, wird inFachkreisen längst über Landschaftsplanung als Mo-dul für besonders gefährdete oder wichtige Bereichediskutiert.

Nach Vorstellung des Bundes müssen hingegenauch Bereiche in die Planung einbezogen werden,die sich in Jahrzehnten nicht ändern werden. Wozusoll das gut sein? Ist für Wälder, die seit Jahrzehntenbestehen und auch in Zukunft bestehen werden, tat-sächlich eine Planung erforderlich? Das gilt auch fürlandwirtschaftliche Nutzungen. Welchen Wert sollendie Aussagen im Landschaftsplan haben?

Es wäre sinnvoller, wenn der Landschaftsplan zu-gleich die Grundlage für andere Entscheidungen bie-ten würde, z. B. die Umweltverträglichkeitsprüfung,die FFH-Verträglichkeitsprüfung oder die Eingriffs-regelung. Eine solche Landschaftsplanung könntesich für die Gemeinden lohnen. Daher sollte es denLändern überlassen bleiben, ob sie eine flächende-ckende oder eine sinnvolle Landschaftsplanung in ih-rem Zuständigkeitsbereich verankern wollen.

Als weiteres Beispiel möchte ich die Streichungdes artenreichen Kies- und Grobsandbereichs ausden gesetzlich geschützten Biotopen erwähnen.Durch Änderung des § 30 BNatSchG wurden arten-reiche Kies- und Grobsandbereiche zu gesetzlich ge-schützten Biotopen. Dagegen bestehen erheblicheBedenken, da es sich um großflächige Bereiche imKüstenmeer handelt, an deren Schutzwürdigkeitdurchaus gezweifelt werden kann.

Hinzu kommt, dass es sich z. B. in der Nordsee umBereiche handelt, an denen allenfalls vier Bundeslän-der Anteil haben. Kommt die Ostsee noch dazu, sindes ganze fünf Bundesländer. Den Bedarf an einerbundesrechtlichen Regelung kann ich hier nicht er-kennen.

Das Bundesnaturschutzgesetz von 2002 geht an ei-nigen Stellen über das erforderliche Maß rahmen-rechtlicher Regelungen hinaus. Deshalb soll das Bun-desnaturschutzgesetz wie vorgeschlagen geändertwerden. Dies ist nicht nur ein Beitrag zur Deregulie-

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rung. Der Wegfall der Verpflichtung zur flächende-ckenden Landschaftsplanung führt auch zu Einspa-rungen bei den Gemeinden.

Anlage 28

Erklärung

von Minister Wolfgang Gerhards(Nordrhein-Westfalen)

zu Punkt 94 a) und b) der Tagesordnung

Mit den vorliegenden Gesetzentwürfen sollen dieVoraussetzungen dafür geschaffen werden, dass dieLänder ihre Verwaltungs-, Sozial- und Finanz-gerichte zusammenlegen können. Die Gesetzent-würfe folgen damit einem Beschluss der Justizminis-terkonferenz vom 17./18. Juni 2004.

Wie Ihnen bekannt sein mag, habe ich die Bestre-bungen zur Zusammenlegung von Gerichtsbarkei-ten von Beginn an kritisch gesehen. Hieran hat sichnichts geändert. Jedenfalls für Nordrhein-Westfalenvermag ich nicht zu erkennen, dass eine Zusammen-legung der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeitenzu Verbesserungen führen könnte. Im Gegenteil:Nach meiner Einschätzung würden die für eine Zu-sammenlegung erforderlichen Maßnahmen in Nord-rhein-Westfalen dazu führen, dass die betroffenenGerichtsbarkeiten in unvertretbarer Weise mit sichselbst befasst wären und sich nicht in dem erforderli-chen Umfang um ihre eigentliche Aufgabe kümmernkönnten, Rechtsschutz für die Bürgerinnen und Bür-ger unseres Landes zu gewährleisten. Hinzu kommt,dass die erforderlichen organisatorischen Maßnah-men nicht nur kurzfristig, sondern auch mittel- undlangfristig erhebliche finanzielle Mehraufwendun-gen mit sich brächten, denen jedenfalls in Nordrhein-Westfalen realistischerweise keine entsprechendenEinsparungen gegenüberstünden.

Ich verkenne allerdings nicht, dass die Situation inden übrigen Ländern zum Teil anders zu beurteilensein mag. Ich habe deshalb auch durchaus Verständ-nis dafür, dass meine Einschätzung von den Kollegin-nen und Kollegen aus den anderen Justizressortsnicht ohne weiteres geteilt wird. Vor diesem Hinter-grund habe ich im Rahmen der Justizministerkonfe-renz deutlich gemacht – wie im Übrigen schon beiGelegenheiten zuvor –, dass Nordrhein-Westfalen dieerforderlichen gesetzlichen Änderungen, die andereLänder zu einer Zusammenlegung ihrer Gerichte er-mächtigen sollen, nicht blockieren wird. Dies schließtgrundsätzlich auch unser Einverständnis mit derüberwiegend für erforderlich gehaltenen Grund-gesetzänderung ein.

Dieses Einverständnis aber – das will ich auchheute deutlich hervorheben – steht unter zwei Bedin-gungen: Zum einen sollen die anstehenden gesetzli-chen Maßnahmen auf die drei öffentlich-rechtlichenGerichtsbarkeiten beschränkt werden; dem entspre-chen die vorgelegten Gesetzentwürfe. Zum anderen

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)muss sichergestellt sein, dass die Länder, die wieNordrhein-Westfalen eine Zusammenlegung nichtwollen, an dem bisherigen bewährten System fest-halten können. Eine Länderöffnungsklausel ist derWeg, den Nordrhein-Westfalen mitgeht. Eine bun-desrechtliche Regelung, die den Ländern die Zusam-menlegung vorschreibt, lehnen wir ab. Deshalb musssich auch die Grundgesetzänderung darauf be-schränken, eine bundesrechtliche Ermächtigung derLänder zuzulassen.

Der von Baden-Württemberg und Sachsen vorge-legte Vorschlag weicht hiervon deutlich ab. In derjetzigen Form können wir ihn deshalb nicht mittra-gen. Ich hoffe aber, dass es uns in den Ausschüssengelingt, zu einer gemeinsamen Linie zurückzufinden.

Anlage 29

Erklärung

von Ministerin Elisabeth Heister-Neumann(Niedersachsen)

zu Punkt 94 a) und b) der Tagesordnung

Die von den Ländern Baden-Württemberg, Sach-sen, Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhaltvorgelegten Gesetzentwürfe zielen auf eine grundle-gende Veränderung der Struktur unserer Justiz: DenLändern soll die Möglichkeit eröffnet werden, ihreGerichte der Verwaltungs-, der Sozial- und der Fi-nanzgerichtsbarkeit zu einer einheitlichen Gerichts-barkeit zusammenzulegen.

Die öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten sollendadurch in die Lage versetzt werden, auch in Zu-kunft eine den hohen Erwartungen der Bürgerinnenund Bürger gerecht werdende Rechtspflege zu ge-währleisten. Dazu muss sie auf die Erledigung ihrerKernaufgaben zurückgeführt werden, und ihre bis-herigen Strukturen müssen insgesamt überprüft wer-den.

Weder die Erkenntnis noch der Lösungsansatz, dieAnzahl der bisher fünf Gerichtsbarkeiten zu reduzie-ren, ist neu. So hat bereits der Sachverständigenrat„Schlanker Staat“ im Herbst 1997 festgestellt, dass esim internationalen Vergleich kein anderes Land miteiner so weiten Aufgliederung der Fachgerichtsbar-keiten gibt, und gerade unter dem Gesichtspunkt derEffektivität eine Verringerung der Zahl der Gerichts-barkeiten vorgeschlagen. Allerdings ist bisher wederdies als Teil einer Justizreform noch die große Justiz-reform selbst in Angriff genommen oder wenigstensin Gedanken zu einem umfassenden Bild konkre-tisiert worden. Auch wenn die Debatte um einegrundlegende Reform noch aussteht, müssen wirschon heute als sinnvoll erkannte Elemente umset-zen, um die Strukturen den heutigen Anforderungenanzupassen.

Die Zusammenlegung von Verwaltungs-, Sozial-und Finanzgerichtsbarkeit ist – jedenfalls bei einerdurch viele kleine Gerichte gekennzeichneten Struk-

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tur wie in Niedersachsen – sinnvoll und geboten:Zum einen kann dadurch künftig Personal, vor allemrichterliches Personal, flexibler eingesetzt werden.Zum anderen sind Kosteneinsparungen möglich.

In allen Gerichtsbarkeiten kommt es immer wiederzu Belastungsschwankungen, auf die zwischenselbstständigen Gerichtsbarkeiten nicht sachgerecht,insbesondere nicht zeitnah reagiert werden kann.Eine besonders kritische Situation wird im kommen-den Jahr eintreten, weil sich durch die Zuweisung derStreitigkeiten über das Arbeitslosengeld II und dieSozialhilfe an die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeitdie bestehenden Belastungsunterschiede zwischender Verwaltungs- und der Sozialgerichtsbarkeit er-heblich verstärken.

Auf Grund der Unabhängigkeit der Richterinnenund Richter sind Versetzungen gegen ihren Willennicht möglich. Personal kann also nicht einfach beieiner Gerichtsbarkeit abgezogen und einer anderen– besonders belasteten – zugewiesen werden. Dazusind zeit- und abstimmungsaufwändige Stellenverla-gerungen erforderlich. Die von der Bundesregierungvorgeschlagene Möglichkeit, bestimmte Aufgabender Sozialgerichtsbarkeit für einen Zeitraum von fünfJahren von besonderen Spruchkörpern der Gerichteder allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit wahr-nehmen zu lassen, löst das Problem nicht, sondernverschiebt es nur in die Zukunft.

Wir brauchen keine Notlösungen, sondern zu-kunftsfähige Strukturen, wie sie unsere Gesetzent-würfe vorschlagen. Bei einer einheitlichen öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeit können gerichtsinternalle dort anfallenden Aufgaben den Beschäftigten– einschließlich der Richter – ohne Einschränkungenzugewiesen werden. Dadurch wird nicht nur den Kol-leginnen und Kollegen in den am stärksten belaste-ten Rechtsbereichen geholfen. Vielmehr profitierenauch die Verfahrensbeteiligten – darauf muss unserHauptaugenmerk gerichtet sein –, weil ihr Rechts-streit schneller entschieden werden kann.

Die organisatorische Zusammenlegung der öffent-lich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten schließt auch eineSpezialisierung von Richterinnen und Richtern nichtaus. Im Gegenteil: Die spezialisierte Bearbeitungwird durch die im Gesetzentwurf vorgesehene Rege-lung festgeschrieben, für die Gebiete der Verwal-tungs-, Sozial- und Finanzsachen jeweils eigeneSpruchkörper einzurichten. Damit wird der oft geäu-ßerten Kritik, zukünftig seien die „Einheitsrichter“den spezialisierten Anwälten fachlich unterlegen, je-der Boden entzogen. Wie das Beispiel der ordentli-chen Gerichtsbarkeit zeigt, gelingt auch ein Wechselzwischen so unterschiedlichen Rechtsgebieten wiedem Zivil- und dem Strafrecht, ohne dass ein Quali-tätsverlust in der Rechtsprechung festzustellen wäre.

Das zweite Hauptargument folgt aus der Haus-haltslage in den Ländern und dem sich daraus entwi-ckelnden Druck auch auf die Justizressorts. Wir müs-sen dort Kosten sparen, wo dies ohne Qualitätsverlustin der Rechtsprechung möglich ist. Durch eine Zu-sammenlegung der öffentlich-rechtlichen Gerichts-barkeiten sind mittel- und langfristig erhebliche

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(B) D)

)Ressourcen einzusparen. Zum einen kann Personalfür Verwaltungs- und Querschnittsaufgaben gespartwerden, jedoch nicht – das möchte ich betonen – fürdie Rechtsprechung und deren unmittelbare Unter-stützungsdienste. Diverse Verwaltungstätigkeitenfallen bei drei Gerichtsbarkeiten eben dreimal und ineiner zusammengelegten Gerichtsbarkeit nur einmalan. Zum anderen können die Kosten für das Bereit-stellen der notwendigen Gebäudeflächen jedenfallsdann gesenkt werden, wenn die bisher getrenntenGerichte der einzelnen Gerichtsbarkeiten unter ei-nem Dach untergebracht sind und damit Sitzungssäleund andere Funktionsräume gemeinsam nutzen kön-nen.

Obwohl grundsätzlich ein bundeseinheitlicherGerichtsaufbau vorzugswürdig ist, macht eine Län-deröffnungsklausel für die Zusammenlegung der öf-fentlich-rechtlichen Fachgerichte Sinn, weil die bis-herigen Gerichtsgrößen in den Ländern deutlichvoneinander abweichen. Ich bin davon überzeugt,dass sich eine einheitliche öffentlich-rechtliche Ge-richtsbarkeit bewährt, so dass auch die Länder, diedie Öffnungsklausel nicht sogleich ausnutzen wollen,die Vorteile erkennen und mittelfristig von ihr Ge-brauch machen werden.

Anlage 30

Erklärung

von Staatsminister Dr. Christean Wagner(Hessen)

zu Punkt 97 der Tagesordnung

Ich freue mich, Ihnen heute einen Gesetzentwurfpräsentieren zu können, der sich eines Themas an-nimmt, das immer mehr im Mittelpunkt des öffentli-chen Interesses steht. Es geht um ein Gesetz zur Be-kämpfung unzumutbarer Belästigungen – „Stalking-Bekämpfungsgesetz“.

Hinter dieser nüchternen Feststellung und ab-strakten Begrifflichkeit verbergen sich beklemmendeEinzelschicksale. So berichtet eine betroffene Ehe-frau über den Psychoterror einer früheren Bekanntenunter der Überschrift „Hass essen Seele auf“ am7. April 2004 im „Stalkingforum für Opfer und Ange-hörige“ im Internet: „Mir ist permanent schlecht, ichkann nicht mehr schlafen. Das Schlimme ist, dass ichsie nicht mehr aus meinen Gedanken kriege, auchwenn sie mich mal nicht terrorisiert. Ich fühle michkrank. Das geht jetzt seit 14 Monaten so, erst mit An-rufen und SMS, dann mit Drohanrufen bei meinenKunden und Bedrohungen einer kranken Freundin.Sie droht sogar damit, meinen Mann als Drogendea-ler anzuzeigen.“ Auch wenn das nicht zutreffe, sodas Opfer abschließend, wäre das Ansehen der Fami-lie alleine durch die Tatsache der Hausdurchsuchungin der gesamten Nachbarschaft nachhaltig geschä-digt.

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Derartiges Verhalten will das Stalking-Bekämp-fungsgesetz ahnden und potenzielle Täter abschre-cken.

Das geltende Strafrecht kann die Opfer solcherBelästigungen nicht ausreichend schützen. Das Straf-gesetzbuch enthält zwar eine ganze Reihe von Tatbe-ständen, die von einem Verfolger im Einzelfall ver-wirklicht werden können. In Betracht kommeninsoweit vor allem die Tatbestände Nötigung, Bedro-hung, Körperverletzung, Hausfriedensbruch oder Be-leidigung. In der Praxis der Strafverfolgung ist aberein entsprechender Tatnachweis häufig schwer zuführen. Insbesondere der Nachweis einer unmittelba-ren Gesundheitsbeeinträchtigung als Körperverlet-zungserfolg gelingt in der Regel nicht.

Hinzu kommt ein weiterer entscheidender Punkt:Die Bestimmungen des Strafgesetzbuches sind aufeinzelne Ereignisse zugeschnitten. Das Wesen derunzumutbaren Belästigung liegt dagegen in einerfortwährenden Beeinträchtigung. Ich denke hier z. B.an das permanente Auflauern am Arbeitsplatz oderam Wohnort. Viele Verhaltensweisen erfüllen für sichgenommen, als Einzelakt, noch nicht einen Straftat-bestand des Strafgesetzbuches und sind im Regelfallbei einmaliger Begehung noch hinzunehmen. Dasbesondere Handlungsunrecht und damit die Straf-würdigkeit des Verhaltens zeigt sich erst nach einerGesamtschau des Täterverhaltens. Stellt sich die Be-einträchtigung oder Belästigung als dauerhaft darund führt sie auf der Seite des Opfers zu unzumutba-ren Beeinträchtigungen des privaten Friedens, ist dasStrafrecht gefordert. Derzeit aber gibt unser Strafge-setzbuch auf diese Fälle keine angemessene Ant-wort. Hier liegt eine Regelungslücke vor, die auchdurch das Gewaltschutzgesetz nicht geschlossenwerden kann.

Nach dem im Jahre 2002 in Kraft getretenen Ge-waltschutzgesetz wird der strafrechtliche Schutz un-ter den Vorbehalt einer vom Opfer zu erwirkendenzivilrechtlichen Entscheidung gestellt. Das bedeutet,dass eine Strafbarkeit nach dem Gewaltschutzgesetzdavon abhängt, dass das Opfer zuvor eine zivilge-richtliche Anordnung erstritten hat, gegen die derTäter anschließend verstoßen haben muss. Die Erfah-rungen zeigen aber, dass die Opfer vor dem zivil-rechtlichen Schritt aus Angst vor dem Täter oft zu-rückschrecken. In diesen Fällen ist der Staat gefragt,die Opfer strafrechtlich aktiv zu schützen und mit ei-ner Strafverfolgung nicht bis zu der Entscheidungdes Zivilgerichts zu warten. Es ist also Handlungsbe-darf für den deutschen Strafrechtsgesetzgeber zukonstatieren. Er befände sich damit auch internatio-nal betrachtet in guter Gesellschaft.

„Stalking“ selbstständig unter Strafe zu stellen istkeine neue Idee. In anderen Staaten, z. B. den USA,Kanada, Australien, Japan, Belgien und Großbritan-nien, gibt es bereits entsprechende Straftatbestände,mit denen – soweit mir bekannt ist – gute Erfahrun-gen gemacht wurden. Deutschland sollte bei der Be-kämpfung des Phänomens „Stalking“ dem Beispieldieser Länder folgen.

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)Die Erarbeitung eines in der Praxis wirkungs-

mächtigen Gesetzentwurfs setzt eine Vergewisse-rung über den Regelungsgegenstand voraus, die beider Beschreibung des typisierten Verhaltens ansetzt.Unter dem Begriff „Stalking“ versteht man zunächstdas Beeinträchtigen des privaten Friedens durchständig wiederholte und unzumutbare Belästigun-gen. Ausgangspunkt des belästigenden Verhaltenskönnen dabei sowohl besondere Sympathien und Be-wunderungen als auch umgekehrt ausgeprägte Ab-neigungen sein.

Die Beziehungen zwischen dem Verfolger unddem Opfer können verschiedener Natur sein. Die Be-lästigungen können unter näher bekannten Personenerfolgen, etwa aus Anlass einer Trennung vom Le-benspartner oder aus Rache für eine Schmähungdurch sonstige Bekannte oder Kollegen. Das Nach-stellen kann aber auch im Rahmen einer kurzen undzufälligen Bekanntschaft geschehen, etwa infolge ei-ner nicht erwiderten Verliebtheit. Schließlich sind dieunter den Begriff „Stalking“ fallenden Belästigungenauch außerhalb bestehender Beziehungen denkbar,wie wir sie in den letzten Wochen und Monaten oftbei prominenten Künstlern oder Sportlern erlebenmussten.

Die Belästigungsformen, die auftreten können,sind sehr vielfältig. Typische Beispiele sind Telefon-terror, permanentes Auflauern, Beobachten und Ver-folgen des Opfers an dessen Wohnort oder am Ar-beitsplatz, fortwährende Kontaktaufnahme durchZusenden zahlreicher E-Mails, SMS oder Telefaxe,Schalten von unrichtigen Anzeigen in Zeitungen– Hochzeits- oder Todesanzeigen –, Bestellen vonWaren unter dem Namen des Opfers, Beschimpfun-gen, Bedrohungen oder Gewaltanwendungen.

Die Beeinträchtigungen auf der Seite des Opferssind gleichermaßen vielfältig. Die Belästigungenkönnen beispielsweise zu Angstzuständen, Freiheits-einschränkungen – das Haus wird z. B. nicht mehrverlassen –, Schlafstörungen, Leistungsabfall, schwe-ren Depressionen bis hin zu Suizidgedanken führen.

Mit meinem Entwurf für ein Gesetz zur Bekämp-fung unzumutbarer Belästigungen soll der erforderli-che strafrechtliche Schutz der Opfer durch Abschre-ckung von potenziellen und Nachahmungstäternerreicht werden.

Im Mittelpunkt des Gesetzesvorschlags steht eineneue Bestimmung: § 241a StGB. Ihre Überschrift lau-tet „Unzumutbares Nachstellen oder Verfolgen“. DieVorschrift stellt fortwährende Belästigungen, die zueiner Beeinträchtigung des Opfers führen, unterStrafe. Danach sollen Personen, die anderen Men-schen in unzumutbarer Weise nachstellen oder sieverfolgen, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einemJahr bestraft werden können. In besonders schwerenFällen, wenn der Täter z. B. durch seine Belästi-gungshandlungen zugleich gegen eine richterlicheSchutzanordnung, etwa nach dem Gewaltschutzge-setz, verstößt, sieht der Gesetzentwurf sogar eineFreiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren vor.

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Mit dem Gesetzentwurf habe ich versucht, denTatbestand für die Praxis ausreichend handhabbar zumachen. Dabei konnte nicht ganz auf die Verwen-dung einiger unbestimmter Rechtsbegriffe, z. B. der„Unzumutbarkeit“, verzichtet werden. Im Zusam-menspiel mit den übrigen Tatbestandsmerkmalenund den strengen Anforderungen an den zu verwirk-lichenden Erfolg ist uns aber – wie ich meine – eineausreichende inhaltliche Bestimmtheit des Tatbe-standes gelungen.

Verfahrensrechtlich wird der Schutz der Stalking-opfer flankiert von dem Recht, sich der Erhebung deröffentlichen Klage durch die Staatsanwaltschaft alsNebenkläger anzuschließen.

Aus meiner Sicht ist der Gesetzentwurf ein wichti-ger Schritt, um der für die Opfer unzumutbarenSituation endlich ein Ende zu bereiten. Anders alsdas Gewaltschutzgesetz kann der neue § 241a StGBpotenzielle Täter unmittelbar und effektiver ab-schrecken. Die Drohung mit Freiheitsstrafe bedarfkeines vorgeschalteten Zivilverfahrens und der damitverbundenen Schwierigkeiten für das Opfer. Siekann sogar verhindern, dass aus einem Menschenüberhaupt ein Opfer wird.

Ich bitte um Ihre Unterstützung bei der Durchset-zung dieses wichtigen Ziels.

Anlage 31

Erklärung

von Staatsminister Dr. Christean Wagner(Hessen)

zu Punkt 28 der Tagesordnung

Das geltende Urheberrecht erschwert die ehren-amtliche Arbeit in unseren Vereinen und Verbändenerheblich. Wenn im Rahmen von ehrenamtlich aus-gerichteten Wohltätigkeitsveranstaltungen – bei-spielsweise Seniorennachmittagen oder Jugend-treffs – Musik abgespielt wird, müssen grundsätzlichGEMA-Gebühren gezahlt werden. Da die Veranstal-ter in der Regel unentgeltlich tätig werden, müssensie diese Gebühren zusätzlich zu ihrem Arbeitsein-satz aus eigener Tasche beisteuern.

Neben der Vergütungspflicht belastet die ehren-amtlichen Veranstalter in hohem Maße der Verwal-tungsaufwand, den ihnen die GEMA abverlangt. Vorder Veranstaltung sind auf einem Anmeldeformulargenaue Angaben über die Größe des Veranstaltungs-saales oder die Gesamtbesucherzahl, die Art derMusikdarbietung – beispielsweise Musiker oder Ton-träger – und etwaige Showeinlagen zu machen. Nachder Veranstaltung muss der GEMA mitgeteilt wer-den, welche Musiktitel die auftretenden Musiker ge-spielt haben.

Unsere Bundesratsinitiative hat zum Ziel, die Be-lastung der Ehrenamtlichen durch das geltende Ur-heberrecht zu beseitigen.

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)Wir wollen eine erweiterte Freistellung von

GEMA-Gebühren für sozial-karitative Veranstaltun-gen und einen Abbau von bürokratischen Abrech-nungsverfahren.

Erreicht werden kann das nur durch eine Ände-rung des Urheberrechtsgesetzes und des Wahrneh-mungsgesetzes. Zuständig dafür ist der Bund. Er istdaher vom Bundesrat aufzufordern, tätig zu werden.

Die Gesetzesänderungen sollen dabei folgendeRichtungsentscheidungen beachten:

Im Gemeinwohlinteresse gibt es bereits heute eineGebührenbefreiung für Veranstaltungen der Jugend-hilfe, der Sozialhilfe, der Alten- und Wohlfahrts-pflege, der Gefangenenbetreuung sowie für Schul-veranstaltungen (§ 52 Abs. 1 Satz 1 und 3 UrhG).

Diese Befreiung ist aber sehr eng begrenzt. Vergü-tungsfrei sind nur solche Veranstaltungen, die „nachihrer sozialen oder erzieherischen Zweckbestim-mung nur einem bestimmt abgegrenzten Personen-kreis zugänglich sind“.

Wenn beispielsweise zu einem „bunten Abend“im Altenheim auch die Angehörigen als Gäste einge-laden werden, soll es sich nicht mehr um einen „be-stimmt abgegrenzten Personenkreis“ handeln, mitder Folge, dass eine Vergütung zu entrichten ist. Diebisherige Befreiung läuft daher nahezu leer.

Die Vorschrift des § 52 UrhG muss so geändertwerden, dass ihr eine größere Bedeutung im Bereichehrenamtlich und altruistisch ausgeübter Veran-staltungen zukommt. Das Tatbestandsmerkmal des„bestimmt abgegrenzten Personenkreises“ muss ge-strichen werden. Dann wären ehrenamtlich ausge-richtete Veranstaltungen im Bereich sozialer Arbeitin der Regel gebührenfrei.

Auch wenn eine Änderung des Urheberrechtsge-setzes im vorgeschlagenen Umfang erfolgt, wird esnoch eine Reihe von Veranstaltungen geben, diezwar ehrenamtlich ausgerichtet werden, aber trotz-dem nicht von der Gebührenpflicht befreit sind undaus verfassungsrechtlichen Gründen (Eigentums-garantie des Artikels 14 Grundgesetz) auch nichtvollständig von Gebühren befreit werden können,etwa Sport- und Feuerwehrfeste.

Für diese Fälle ist das Wahrnehmungsgesetz (§ 13WahrnG) so zu ändern, dass der belastende Verwal-tungsaufwand beim Einzug der Gebühren für die eh-renamtlich Tätigen vermieden wird. Die heute erfor-derlichen umständlichen Einzelanmeldungen vonVeranstaltungen und die nachfolgende arbeitsinten-sive Meldung von gespielten Musiktiteln müssenentfallen.

Als Lösung kommt hier in Betracht, die GEMA aufVerlangen zum Abschluss von pauschalen Abgel-tungsvereinbarungen zu verpflichten (einseitigerKontrahierungszwang). Die Pauschalierung in Ver-bindung mit der Abgeltung für einen bestimmtenZeitraum ließe die aufwändigen Einzelanmeldungenund Einzelabrechnungen entfallen.

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Als Vertragspartner, gegenüber denen ein Kontra-hierungszwang besteht, sind neben privatrechtlichenVerbänden und Körperschaften des öffentlichenRechts auch Kommunen, Landkreise, Bundesländeroder der Bund für bestimmte oder alle ehrenamtli-chen Tätigkeiten innerhalb ihres Gebiets zuzulassen.

Eine solche Regelung würde es ermöglichen, dassbeispielsweise eine Gemeinde – wenn sie das will –für alle ehrenamtlich ausgerichteten Veranstaltungeninnerhalb ihres Gemeindegebiets eine pauschalejährliche oder monatliche Nutzungsvergütung an dieGEMA zahlt. Für die ehrenamtlichen Veranstalterentfiele so neben der finanziellen Belastung vor al-lem der Verwaltungsaufwand.

Die vorgeschlagene Lösung gibt den Verbändenund Gebietskörperschaften ein Instrument an dieHand, das sie zur Förderung des Ehrenamtes ein-setzen können, wobei es ihrer freien Entscheidungunterfällt, ob sie das Instrument auch benutzen wol-len.

Die vorgeschlagene Änderung des Wahrneh-mungsgesetzes würde zu einer flächendeckendenEntlastung der Ehrenamtlichen beitragen.

Die Entschließung des Bundesrates wäre ein wich-tiges Signal für die Bürger in unserem Land, dass ihrehrenamtliches Engagement von der Politik ernst ge-nommen, honoriert und unterstützt wird.

Der Zeitpunkt für den Entschließungsantrag istgünstig. Die Bundesregierung will noch in diesemJahr eine Urheberrechtsnovelle auf den Weg bringen(„Zweites Gesetz zum Urheberrecht in der Informa-tionsgesellschaft“). Gegenstand dieses Gesetzes wer-den Fragen der Urhebervergütung sein. Die GEMA-Gebührenbefreiung für Ehrenamtliche könnte undsollte Bestandteil dieses Gesetzes sein.

Ich bitte Sie daher, unseren Entschließungsantragzu unterstützen.

Anlage 32

Erklärung

von Minister Rudolf Köberle(Baden-Württemberg)

zu Punkt 91 der Tagesordnung

Für Herrn Minister Willi Stächele gebe ich fol-gende Erklärung zu Protokoll:

Manch einer hat sich möglicherweise über unsereInitiative gewundert. Hinter diesem Thema steht je-doch ein ernstes wirtschaftliches und ökologischesProblem, bei dessen Lösung die Europäische Kom-mission und die Bundesregierung gefragt sind.

Der westliche Maiswurzelbohrer gilt in Nordame-rika bereits heute als der wirtschaftlich bedeutendsteMaisschädling. Anfang der 90er-Jahre wurde derKäfer nach Serbien verschleppt und ist seither in Ita-lien, Österreich, Frankreich, Großbritannien, Belgien,

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402* Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

(A C)

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)den Niederlanden und Ungarn festgestellt worden.Übrigens: Der Käfer reist offenbar gerne. Er wurde inder Regel zuerst in der Nähe von Flughäfen entdeckt.Im Jahr 2003 wurde der Käfer erstmals im Elsaß ander deutsch-französischen Grenze und in derSchweiz nachgewiesen.

Damit ist zu befürchten, dass sich der Käfer imJahr 2004 auch in Deutschland verbreiten wird. Inder Richtlinie 2000/29/EG des Rates vom 8. Mai 2000ist der Maiswurzelbohrer bei den „Schadorganismen,deren Auftreten nirgends in der Gemeinschaft fest-gestellt wurde“, also als so genannter Quaran-täneschadorganismus, eingestuft. Damit verbundenist die Pflicht der Mitgliedstaaten, den Schadorganis-mus auszurotten, sobald ein solcher festgestelltwurde.

Das bedeutet: Es müssen eine Befallszone und zu-sätzlich eine Sicherheitszone mit einem Radius vonmindestens fünf Kilometern rund um ein befallenesFeld ausgewiesen werden. Die beiden Zonen umfas-sen etwa 11 350 Hektar Fläche. Auf ausnahmslos al-len Maisfeldern in diesen Zonen ist eine amtliche Be-kämpfung mit Pflanzenschutzmitteln durchzuführen.In den beiden Folgejahren gilt entweder ein Maisan-bauverbot, oder es wird eine Fruchtfolge oder eineBehandlung mit Pflanzenschutzmitteln vorgeschrie-ben. Bei diesen Bekämpfungsmaßnahmen müssenerhebliche Mengen von Pflanzenschutzmitteln auchauf Flächen, auf denen der Maiswurzelbohrer garnicht vorhanden ist, ausgebracht werden. Damit ent-steht eine vermeidbare Belastung der Umwelt.

Allerdings können selbst die aufwändigen EU-Vorgaben zur Ausrottung keinen vollständigen Be-kämpfungserfolg garantieren. Dies zeigt sich an derfortschreitenden Ausbreitung des Käfers in Europa.

Neben den ökologischen Bedenken bedeutendiese Vorgaben durch die EU für die Mitgliedstaateneinen enormen organisatorischen und finanziellenAufwand, der in keinem Verhältnis zum zu erwarten-den Ergebnis steht. Pro Befall können rasch Kostenvon bis zu 1 Million Euro entstehen.

Nachdem der Käfer zwischenzeitlich in mehrerenMitgliedstaaten der Europäischen Union angetroffenwurde, trifft die Einstufung als Quarantäneschador-ganismus nicht mehr zu.

Wir brauchen angepasste Bekämpfungsstrate-gien. Der Maiswurzelbohrer muss daher von der Eu-ropäischen Kommission aus der Liste der Quarantä-neschadorganismen gestrichen werden.

Dies würde eine angemessene, flexible und be-darfsgerechte Bekämpfung des Maiswurzelbohrersam jeweiligen Ort des Befalls ermöglichen. Wir bittendie Bundesregierung deshalb, bei der EuropäischenKommission mit Nachdruck darauf hinzuwirken, dassdie Einstufung des Maiswurzelbohrers als Quarantä-neschadorganismus in der Europäischen Gemein-schaft aufgehoben wird.

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Anlage 33

Erklärung

von Senator Dr. Roger Kusch(Hamburg)

zu Punkt 92 der Tagesordnung

Vor fast genau zwei Jahren, am 17. Juli 2002, hatdas Bundesverfassungsgericht entschieden, dass dasRechtsinstitut der eingetragenen Lebenspartner-schaft mit unserem Grundgesetz vereinbar ist:

Der besondere Schutz der Ehe in Art. 6 Abs. 1 GGhindert den Gesetzgeber nicht, für die gleich-geschlechtliche Lebenspartnerschaft Rechte undPflichten vorzusehen, die denen der Ehe gleichoder nahe kommen. Dem Institut der Ehe drohenkeine Einbußen durch ein Institut, das sich anPersonen wendet, die miteinander keine Ehe ein-gehen können.

Die Einführung der Lebenspartnerschaft im Jahr2001 war für die Akzeptanz der Schwulen und Les-ben in unserer Gesellschaft ein großer Fortschritt.Das Gesetzgebungsverfahren war aber durchaus kri-tikwürdig. Die Mehrheitsverhältnisse in Bundestagund Bundesrat Ende 2000 führten nämlich dazu, dassdie Einzelheiten der Lebenspartnerschaft nicht nachsachlichen Kriterien ausgestaltet wurden, sondernausschließlich nach der Zustimmungsbedürftigkeitoder Zustimmungsfreiheit einzelner Regelungsge-genstände.

Am Dienstag letzter Woche hat der Senat derFreien und Hansestadt Hamburg die Initiative be-schlossen, die wir heute in den Bundesrat einbrin-gen. Zufällig am selben Tag haben die Fraktionenvon SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Berlin einÄnderungsgesetz beschlossen, das sich mit unserenVorschlägen zum Teil deckt, aber deutlich umfang-reicher ist. Unsere Initiative ist nach Form und Inhaltso angelegt, dass wir eine breite Bundesrats-Mehrheit anstreben jenseits der Trennlinie zwischenA- und B-Ländern. Wir wollen nicht nur den politi-schen, sondern auch den gesamtgesellschaftlichenKonsens fördern. Mit unserer Initiative wollen wirnach sachlichen Kriterien dort eine rechtliche Kor-rektur, wo die Benachteiligung des Rechtsinstitutsder Lebenspartnerschaft besonders augenfällig ist.Deshalb tauchen in unserer Initiative zustimmungs-freie Regelungsgegenstände ebenso auf wie zustim-mungspflichtige.

Ganz anders das Vorgehen von Rotgrün im Bun-destag: Das Denken in einem Freund-Feind-Schemascheint dort so verinnerlicht zu sein, dass der Fehlerdes Jahres 2000 wiederholt wird, das Rechtsinstitutder Lebenspartnerschaft nicht nach sachlichen Krite-rien, sondern ausschließlich nach dem Kriterium derZustimmungsfreiheit zu strukturieren. Im Eifer desGefechts scheinen den Verfassern des Entwurfs diewirklichen Interessen der Schwulen und Lesben ausdem Blick geraten zu sein. Das beste Beispiel hierfürist die Einführung des gesetzlichen Güterstandes desZugewinnausgleichs und des Vorsorgungsausgleichs

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)für Lebenspartner, die der Entwurf der Koalitions-fraktionen vorsieht.

Der Güterstand des Zugewinnausgleichs ist 1958durch das Gleichberechtigungsgesetz eingeführtworden und dient dem Schutz der Ehefrau, die denHaushalt führt und Kinder erzieht, während der Ehe-mann erwerbstätig ist. Er stellt ein Gerechtigkeits-modell für den Normalfall einer Ehe dar: 1958 wardies die Hausfrauenehe. Der Versorgungsausgleichhat ebenfalls den Schutz der nicht erwerbstätigenEhefrau zum Ziel. Auch heute noch entspricht esvielfach der Lebenswirklichkeit, dass die Ehefrauihre eigenen beruflichen Ambitionen ganz oder je-denfalls zeitweilig zurückstellt, um die gemeinsamenKinder zu betreuen.

Dieses Modell auf gleichgeschlechtliche Lebens-partnerschaften zu übertragen und zur Grundlagevon gesetzlichen Regelungen zu machen ist absurd.Bei Lebenspartnern gibt es keine traditionelle Rollen-verteilung, wie sie 1958 zwischen Mann und Fraubestand. Der Regelfall bei Lebenspartnern ist im Ge-genteil, dass die Partner einer Lebenspartnerschaftwirtschaftlich selbstständig sind und keine Kinder zubetreuen haben.

Nach der rechtstatsächlichen Studie „Benachteili-gung gleichgeschlechtlich orientierter Personen undPaare“ haben nur 7 % der Befragten private Unter-stützungsleistungen vom Partner bezogen. Diese Stu-die ist vom Bundesjustizministerium selbst zur Vorbe-reitung des Lebenspartnerschaftsgesetzes eingeholtund bei der Gesetzesbegründung auch berücksich-tigt worden.

Bei allen gesetzlichen Regelungen, die in der tra-ditionellen Rollenverteilung zwischen Mann undFrau wurzeln, wirkt eine schematische Gleichstel-lung zwischen Lebenspartnern und Eheleuten ge-künstelt und führt nicht zu mehr Akzeptanz, sondernbirgt die Gefahr der Karikatur.

Nahe liegend und notwendig sind demgegenüberAngleichungen in den Bereichen, die bisher nur fürEheleute gelten, ohne dass es hierfür einen sachli-chen Grund gibt. Dies ist vor allem dort der Fall, woan die durch gegenseitige Unterstützung und Für-sorge geprägte persönliche Beziehung zwischen Ehe-leuten angeknüpft wird. Wo dies der Fall ist, sind Un-gleichbehandlungen von Lebenspartnern nicht mehrzu vertreten.

Lassen Sie mich die wesentlichen Regelungen derHamburger Initiative kurz erläutern:

Wir möchten, dass Lebenspartnerschaften zukünf-tig einheitlich vor dem Standesbeamten eingegangenwerden. Die Hälfte der Bundesländer – Berlin, Bre-men, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen,Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Hamburg – hat sich ohnehin dafür ent-schieden, das Standesamt als zuständige Behörde zuerklären. Wir in Hamburg haben gute Erfahrungendamit gemacht, und es wäre wünschenswert, wennes eine einheitliche Behördenzuständigkeit gäbe,und zwar auch im Interesse der Verwaltung. Die Zu-sammenarbeit der Behörden würde dadurch erleich-

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tert. Dies ist aber nicht entscheidend. Nach wie vorwird es zu Recht als diskriminierend empfunden,dass für Lebenspartner das Standesamt „Sperrbe-zirk“ ist. Einen sachlichen Grund für diese Ausgren-zung gibt es nicht.

Eine weitere Forderung unserer Initiative ist dieGleichstellung von Lebenspartnerschaften mit Ehenin der Ausbildungsförderung. Im Sozialhilferecht istanlässlich der Einordnung des Sozialhilferechts indas Sozialgesetzbuch bereits berücksichtigt worden,dass Lebenspartner eine Einstandsgemeinschaft bil-den. Nichts anderes wollen wir auch für die Leistun-gen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz.

Kern der Hamburger Initiative ist jedoch fraglosdie Angleichung im Schenkung- und Erbschaft-steuerrecht. Auf diesem Gebiet ist die Ungleichbe-handlung zwischen Ehen und Lebenspartnerschaftenbesonders augenscheinlich und gravierend. Lebens-partner sind im materiellen Erbrecht Ehegattengleichgestellt. Es gibt kaum ein Rechtsgebiet, aufdem die Gleichstellung mit Eheleuten so konsequentdurchgeführt worden ist. Lebenspartner sind wieEheleute erb- und pflichtteilsberechtigt. Umso kras-ser stellt sich der Widerspruch zur Situation imSchenkung- und Erbschaftsteuerrecht dar. Aus derSicht des Finanzamtes ist der Lebenspartner einesVerstorbenen wie ein beliebiger Dritter, der testa-mentarisch bedacht wird, etwa ein guter Freund oderauch der heimatliche Tierschutzverein, zu besteuern.Dies steht in einem augenscheinlichen Widerspruchdazu, dass Lebenspartnerschaften als Lebensgemein-schaften anerkannt worden sind, die sich durch ihreenge persönliche, auf Dauer und gegenseitige Unter-stützung ausgerichtete Beziehung auszeichnen.Diese Ungleichbehandlung von Ehen und Lebens-partnerschaften ist nicht nur ungerecht, sondernkönnte sich sogar als verfassungswidrig erweisen.Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts erge-ben sich jedenfalls Anhaltspunkte dafür, dass einVerstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz vorlie-gen könnte. Auch namhafte Vertreter in der Rechts-wissenschaft sind der Auffassung, dass die derzeitigeRechtslage zumindest verfassungsrechtlich bedenk-lich ist.

Wir wollen eine Gleichstellung von Lebenspart-nern mit Eheleuten allerdings erst dann, wenn dieLebenspartnerschaft vor dem Erb- oder Schenkungs-fall bereits fünf Jahre bestanden hat. Durch dieseRegelung soll die Akzeptanz der vorgeschlagenenAngleichung erhöht werden. Es soll Befürchtungenentgegengewirkt werden, Lebenspartnerschaftenkönnten nur zum Zweck der Abwicklung einersteuerbegünstigten Schenkung eingegangen wer-den. Ganz von der Hand zu weisen sind diese Be-fürchtungen nämlich nicht.

Die Bundesländer werden durch die von uns vor-geschlagene Regelung auf jeden Fall Einnahmever-luste erleiden. Gerade in der derzeitigen Haushalts-lage ist es daher legitimes Länderinteresse, durcheine fünfjährige Sperrfrist die Einnahmeausfälle sogering wie möglich zu halten.

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)Zum Schluss will ich auf einen Aspekt hinweisen,

der in der Debatte der letzten Woche untergegangenist. Worüber wir hier reden und in den nächsten Wo-chen in den Ausschüssen beraten, betrifft keines-wegs nur die Schwulen und Lesben in Deutschland.Worüber wir hier reden, betrifft unsere offene Gesell-schaft insgesamt. Wie offen eine Gesellschaft ist, er-kennt man an zwei Dingen: erstens an der Gelassen-heit im Umgang mit Minderheiten und zweitensdaran, ob die Gesellschaft sich bemüht, ihre Minder-heiten zu integrieren, oder ob sie es dabei belässt,Minderheiten nur zu tolerieren.

Anlage 34

Erklärung

von Staatsministerin Dr. Beate Merk(Bayern)

zu Punkt 95 der Tagesordnung

Für Herrn Staatsminister Erwin Huber gebe ichfolgende Erklärung zu Protokoll:

Der 1. Mai dieses Jahres war ein historischer Tagfür Europa. Alle Beteiligten, alte und neue EU-Mit-glieder, betrachten die Erweiterung der Europäi-schen Union auf nunmehr 25 Mitglieder als europäi-schen Normalisierungsvorgang. Dabei handelt essich um eine wichtige Daueraufgabe, die wir nach-drücklich unterstützen.

Bislang hat die Europäische Union das Problemder Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg undseine Folgen auf sich beruhen lassen. Damals habenbekanntlich nicht nur 15 Millionen Deutsche ihreHeimat verloren, sondern Teile des finnischen, desitalienischen, des ungarischen und polnischen Volkessind vertrieben worden. Nehmen wir die Ereignisseim früheren Jugoslawien hinzu, dann wird deutlich,dass es europäische Wunden sind, die einen verant-wortungsvollen und zukunftsweisenden Umgang er-fordern.

Europäische Kultur besteht aus Gemeinsamkeitenin der Vielfalt. Dazu gehören auch Brüche, wie siedurch Vertreibung verursacht werden.

Vertreibungserfahrungen sind Teil der europäi-schen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Kulturleis-tungen, die in Vertreibungsräumen entstanden sind,sind Teil der europäischen Kultur. Die immer engerwerdende Union muss solchen Verwerfungen euro-päischer Geschichte Rechnung tragen. BilateraleAnsätze reichen nicht aus, diese Kapitel gesamteuro-päischer Vergangenheit zu bewältigen.

Daher sollte Europa ein Zeichen der Verständi-gung setzen. Wir wollen mit unserem Entschlie-ßungsantrag erreichen, dass ergänzend zur EU-Ost-erweiterung ein EU-Programm zur Kulturpflegeeuropäischer Vertreibungsgebiete auf den Weg ge-bracht wird. Es soll zur Bewahrung der materiellenund immateriellen Kulturwerke beitragen, die einst

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in den Herkunftsgebieten geschaffen wurden,Werke, die in ihrer Existenz bedroht sind, wenn sieverdrängt und vergessen werden.

Europa muss nicht nur in seinen Grenzregionenzusammenwachsen, sondern auch in seinen Ge-schichtsregionen. Diese sind nach der Vertreibungder einstigen Bevölkerung zwangsläufig zum Kultur-erbe mehrerer Völker und zum Kulturerbe Europasgeworden. Das Förderprogramm, um das es uns geht,soll dazu beitragen, diese Regionen in ihrer Ge-schichte, ihren Geschehnissen und Erscheinungsfor-men zu erschließen.

Lassen Sie uns mit der Entschließung ein längstfälliges Signal Europas an alle Vertriebenen setzen!Sie und ihre Nachkommen wollen von Europa nichtvergessen werden. Doch auch die jetzigen Bevölke-rungen in ihren Herkunftsgebieten haben einen An-spruch auf die ganze Überlieferung ihrer Geschichte.Diesen Anspruch haben darüber hinaus alle Euro-päer, die in historischen und kulturellen Dimensio-nen denken und leben und damit das geistige Rück-grat Europas bilden.

Lassen Sie uns gemeinsam für eine solche Maß-nahme eintreten, und unterstützen Sie unseren An-trag!

Anlage 35

Erklärung

von Minister Wolfgang Gerhards(Nordrhein-Westfalen)

zu Punkt 29 der Tagesordnung

Für Frau Ministerin Bärbel Höhn gebe ich fol-gende Erklärung zu Protokoll:

Viele der Lebensmittelskandale der letzten Jahregingen auf Probleme im Futtermittelbereich zurück.Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den Nach-weis von Lasalocid, Dioxin oder Nitrofen in Futter-mitteln bzw. Lebensmitteln und, nicht zu vergessen,BSE.

Die Europäische Kommission hat mit dem Weiß-buch „Lebensmittelsicherheit“ und der Verordnung(EG) Nr. 178/2002 zur Festlegung der allgemeinenGrundsätze und Anforderungen des Lebensmittel-rechts und zur Festlegung von Verfahren zur Lebens-mittelsicherheit den Weg in die richtige Richtung ein-geschlagen mit dem Grundsatz „from stable totable“, der einen integrierten Ansatz in allen Belan-gen der Futtermittel- und der Lebensmittelsicherheitzu Grunde legt. Lebensmittelsicherheit ist nur zuerreichen, wenn sämtliche Stufen in der Lebensmit-telkette – angefangen bei den Futtermitteln – ent-sprechend sicher gestaltet werden. Für den Futter-mittelbereich bedeutet dies, dass hier gleich hoheAnforderungen und gleich intensive Überwachungs-systeme wie im Lebensmittelbereich geschaffen wer-den müssen.

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)Mit dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetz-

buch wird dieser notwendige und zu begrüßendeSchritt nun auch auf Bundesebene vollzogen. Mitdieser Rechtsgrundlage schaffen wir die Vorausset-zung für einen effizienten Vollzug und für ein hohesNiveau im Bereich der Lebensmittel- und Futter-mittelsicherheit.

Auf Grund der Vorgaben der Europäischen Unionund auf Grund der fachlichen Anforderungen gibt esfür mich keinen Zweifel, dass Lebensmittel- und Fut-termittelsicherheit in einem Rechtsbereich zu regelnsind. Dies bedeutet auch für diejenigen, die dieseRechtsgrundlagen in der Praxis tagtäglich anwendenmüssen, eine erhebliche Vereinfachung. Schließlichwerden zehn unterschiedliche Gesetze aus dem Be-reich des Verbraucherschutzes hier zusammenge-führt. Dieselben Prinzipien gelten nun für den ge-samten Bereich der Lebensmittelkette und damitauch für Futtermittel. Wir haben so für die Landwirtegenauso wie für die Direktvermarkter oder den Ein-zelhandel ein durchgängiges Prinzip geschaffen.

Das bisherige Lebensmittelrecht hat mit seinen ho-hen Standards auch den Verkehr mit kosmetischenMitteln und mit sonstigen Bedarfsgegenständen ge-regelt. Dies wird im neuen Lebensmittel- und Futter-mittelgesetzbuch beibehalten und weiterentwickelt.Auf Initiative Nordrhein-Westfalens soll nun auch derTäuschungsschutz für Bedarfsgegenstände geregeltwerden. Zur Täuschung geeignete Angaben über dieBeschaffenheit von Bedarfsgegenständen, wie Klei-dung, Haushaltswaren oder Spielzeug, sollen verbo-ten werden. Damit soll auch für diesen Bereich einseit langem geforderter Schutz der Verbraucher undVerbraucherinnen geschaffen werden, wie er bereitsbei Lebensmitteln besteht.

Tabakerzeugnisse sind gesundheitsschädlich, undes ist deshalb sinnvoll, sie aus diesem Rechtsgebietauszugliedern und in einem eigenständigen Gesetzzu regeln.

Das Lebensmittel- und Futtermittelrecht ist einausgesprochen komplexes Rechtsgebiet. Es war eineerhebliche Kraftanstrengung, dieses grundlegendeund zukunftsweisende Gesetzeswerk zeitgerecht aufden Weg zu bekommen. Diese Anstrengung hat sichgelohnt. Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetz-buch bietet einen umfassenden Schutz der Verbrau-cherinnen und Verbraucher jetzt und in Zukunft.

Anlage 36

Erklärung

von Minister Rudolf Köberle(Baden-Württemberg)

zu Punkt 29 der Tagesordnung

Für Herrn Minister Willi Stächele gebe ich fol-gende Erklärung zu Protokoll:

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Die Bundesregierung hat mit dem vorliegendenGesetzentwurf auf nationaler Ebene nachvollzogen,was durch die Entwicklungen im Lebensmittel- undFuttermittelrecht auf europäischer Ebene schonlange vorgezeichnet wurde.

Lebensmittelsicherheit muss als Produkt über diegesamte Lebensmittelkette unter Einbeziehung derFuttermittel betrachtet werden. Diese Maxime wirdin Baden-Württemberg schon lange konsequent um-gesetzt. Die Anpassung des Bundesrechts inDeutschland ist längst überfällig.

Es ist nicht so, dass der Verbraucherschutz nunneu erfunden wird, wie Bundesministerin Künast injüngsten Äußerungen glauben machen will. Der Ver-braucherschutz war auch bisher in Deutschlandschon auf einem sehr hohen Niveau. Hierzu emp-fehle ich einen Blick in § 8 des baden-württembergi-schen Ausführungsgesetzes zum LMBG, in dem be-reits im Jahr 1991 der Grundsatz eines Primats desVerbraucherschutzes gegenüber den wirtschaftlichenInteressen verankert wurde.

Die Entwicklung des Lebensmittelrechts hat inden letzten 20 Jahren zu einem komplizierten Ne-beneinander nationaler und europäischer Gesetze,Verordnungen und Richtlinien geführt. Es ist höchsteZeit, hier eine Flurbereinigung vorzunehmen.

Der vorliegende Gesetzentwurf erreicht diesesZiel aber nicht. Gerade Transparenz und Verständ-lichkeit für alle Marktbeteiligten fehlen dem Ent-wurf.

In Deutschland gibt es allein über eine Million re-gistrierter Lebensmittelbetriebe, die beim Umgangmit diesem unpraktikablen Gesetz große Schwierig-keiten haben werden. Der komplizierte Aufbau die-ses Gesetzes und das Nebeneinander von EG- undBundesrecht erschweren die Einhaltung der Vor-schriften. Nur noch Rechtsspezialisten wird es zu-künftig möglich sein, den Überblick über die anzu-wendenden Ge- und Verbote zu bewahren.

Wir brauchen im weiteren Gesetzgebungsverfah-ren entscheidende Nachbesserungen. Materiellschlägt der Bundesrat eine Fülle von Detailverbesse-rungen vor. Ein Punkt ist mir besonders wichtig: dieVerbraucherinformation. Die Bundesregierung ziehtsich hier auf das EG-Recht zurück. Eine Informationder Öffentlichkeit unter Nennung von Produkt- oderHerstellernamen wäre dann nur als Maßnahme zurGefahrenabwehr möglich, wenn der hinreichendeVerdacht eines Risikos für die Gesundheit vonMensch oder Tier besteht.

Das ist zu wenig und ignoriert auf dem sensiblenFeld der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit dasbesondere Informationsinteresse der Öffentlichkeitund der redlichen Hersteller.

Mit unserem Vorschlag für umfassendere Informa-tionsregelungen, die z. B. auch „ekelerregendeLebensmittel“ erfassen, sollen Vorschriften in dasGesetz aufgenommen werden, die sich im Verwal-tungsvollzug in Baden-Württemberg seit 1991 bes-tens bewährt haben.

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)Es dient der Klarheit und dem Ziel des Gesetzes,

die konkreten Informationsregelungen im Lebens-mittel- und Futtermittelgesetz zu schaffen, nicht ineinem zusätzlichen Verbraucherinformationsgesetz,von dem niemand weiß, ob es jemals kommen wird.Verbraucherschutz wird doch nicht durch Ankündi-gungen der Bundesministerin zur Realität, sondernbraucht konkrete Taten.

Ich bitte die Bundesregierung, die Vorschläge auf-zugreifen und das Gesetz im Sinne von Transparenzund Anwenderfreundlichkeit zu überarbeiten.

Anlage 37

Erklärung

von Minister Wolfgang Gerhards(Nordrhein-Westfalen)

zu Punkt 40 der Tagesordnung

Für Frau Ministerin Bärbel Höhn gebe ich fol-gende Erklärung zu Protokoll:

Mit der Neugestaltung des Umweltinformations-gesetzes werden aus einem Umweltinformationsge-setz nunmehr 16 Gesetze. Denn dieses Gesetz giltnur für Bundesstellen; ergänzend muss jedes Landein eigenes Umweltinformationsgesetz für die Lan-desstellen schaffen. Es ist noch nicht einmal diegenaue Zuständigkeit zwischen Bund und Landgeklärt, konkret, wer für die Regelung der Informa-tionspflicht für bestimmte private Stellen unter Kon-trolle des Bundes zuständig ist. Diese Zersplitterungbeeinträchtigt den Anspruch des informationssu-chenden Bürgers. Im Rahmen der Föderalismusde-batte muss für derartige Fälle eine einheitliche Lö-sung vereinbart werden.

Begrüßen möchte ich jedoch ausdrücklich, dassmit diesem Gesetz die Rechte der Bürger und Bürge-rinnen in Umweltangelegenheiten gestärkt wordensind und das staatliche Handeln transparenter wird.In den letzten Jahren wurde innerhalb der Europäi-schen Union und darüber hinaus in ganz Europa überdie UNO-Wirtschaftskommission für Europa Schrittfür Schritt unter verschiedenen Aspekten die Mitwir-kungsmöglichkeit von Bürgerinnen und Bürgern undder Nichtregierungsorganisationen ausgebaut. Die-ser in meinen Augen sehr erfreuliche Trend hat we-sentlich begonnen mit der UVP-Richtlinie aus demJahre 1985, mit der Zielrichtung, dass bei allen gro-ßen Vorhaben vorhandene oder mögliche erheblicheUmweltauswirkungen transparent gemacht werdenund die Öffentlichkeit in den dazu erforderlichenEntscheidungsprozess intensiv einbezogen wird.

Ein zweiter Schritt ist die Ergänzung um eine Um-weltverträglichkeitsprüfung für Pläne und Pro-gramme im Rahmen einer strategischen Umweltprü-fung. Über den entsprechenden Gesetzentwurfwerden wir im Bundesrat wahrscheinlich in der Sit-zung am 24. September beraten. Es hat sich heraus-

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gestellt, dass die Beteiligung der Öffentlichkeit imkonkreten Zulassungsverfahren oft zu spät kommt,um wirklich Einfluss auf die Entscheidung nehmenzu können. Deswegen wird es in Zukunft beispiels-weise Umweltverträglichkeitsprüfungen und eineÖffentlichkeitsbeteiligung in der Regionalplanunggeben, in der oft ein entscheidender Rahmen für diespätere Zulassung gesetzt wird. Die Diskussionenüber die praktische Handhabung haben gezeigt, dasses sehr wohl möglich ist, die Mitwirkung der Öffent-lichkeit effektiv und zugleich handhabbar zu gestal-ten; die dabei häufig geäußerten Befürchtungen sindnicht gerechtfertigt.

Hervorheben möchte ich die für ganz Europa ge-dachte stärkere Einbeziehung der Öffentlichkeit undder Nichtregierungsorganisationen in Umweltange-legenheiten, die so genannte Aarhus-Konvention.Über die so genannte erste Säule dieses Überein-kommens, das Zugangsrecht des Bürgers zu Umwelt-informationen, reden wir heute. Gegenüber dem be-stehenden Umweltinformationsgesetz wird es überdie Umsetzung der Aarhus-Konvention eine erhebli-che Ausweitung der Informationsrechte geben, bishin zu der Verpflichtung der Behörden, auf bestimm-ten Sachgebieten selbst aktiv zu informieren.

In der so genannten zweiten Säule von Aarhussind die Möglichkeiten der Bürger und Bürgerinnensowie der Nichtregierungsorganisationen erheblichverbessert worden, ihre Interessen und ihre Betrof-fenheit bei der Zulassungsentscheidung über größereVorhaben, die UVP-relevant sind, zu verfolgen. Diesgeht so weit, dass vor Gericht nicht nur die materiell-rechtliche, sondern auch die verfahrensrechtlicheRechtmäßigkeit derartiger Entscheidungen unter-sucht werden kann, und zwar nicht nur durch die be-troffenen Bürgerinnen und Bürger, sondern auchdurch die Nichtregierungsorganisationen.

Ich weiß, dass es erhebliche Bedenken gegen diedamit verbundene Ausweitung der Verbandsklagegibt. Ich meine jedoch, es hat sich herausgestellt,dass die Verbandsklage zur Verbesserung von Ent-scheidungen beiträgt. Dort, wo es die Verbandsklagegibt, hat sie im Regelfall nicht dazu geführt, dass dieAnzahl der Klagen relevant zugenommen hat, son-dern dazu, dass die Behörden ihre Entscheidungensorgfältiger getroffen haben, weil sie um die Mög-lichkeit einer Überprüfung wussten. Dies ist ein er-heblicher Gewinn für die Umwelt.

Dass die Rolle der Nichtregierungsorganisationengestärkt werden soll, war insbesondere der Wunschder Staaten, die bis Anfang der 90er-Jahre dem sogenannten Ostblock angehörten. Wollen wir auf demSchritt in eine stärkere Bürgergesellschaft dahinterzurückbleiben?

Ich halte es für einen großen Gewinn in einem ver-einigten größeren Europa, dass dabei auch dieRechte der Bürgerinnen und Bürger und der Ver-bände Zug um Zug ausgebaut werden. Die staatlicheVerwaltung wird vom Wissen und vom Engagementder Öffentlichkeit profitieren.

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)Anlage 38

Erklärung

von Ministerin Annemarie Lütkes(Schleswig-Holstein)

zu Punkt 40 der Tagesordnung

Für Herrn Minister Klaus Müller gebe ich folgendeErklärung zu Protokoll:

„Wissen ist Macht“ – in kaum einem Politikfeldwird die Richtigkeit dieses Grundsatzes so deutlichwie im Umweltbereich. Ohne Zugriff auf verlässlicheDaten und wissenschaftlich abgesicherte Informatio-nen ist es für die Bürgerinnen und Bürger praktischunmöglich, sich ein eigenes Urteil über Umweltbe-lange in ihrem Lebensbereich zu bilden. Der leichteZugang der Öffentlichkeit zu umweltrelevanten Da-ten und Informationen bildet deshalb die unverzicht-bare Grundlage für eine transparente und bürger-nahe Umweltpolitik.

Der vorliegende Gesetzentwurf zur Neugestaltungdes Umweltinformationsgesetzes ist daran zu mes-sen, ob er uns diesem Ziel näher bringt. Dies ist nachmeiner Auffassung der Fall, auch wenn der Entwurfin mancher Hinsicht verbesserungswürdig ist, woraufich noch im Einzelnen genauer eingehen werde.

Der von der Bundesregierung eingebrachte Ge-setzentwurf dient in erster Linie der Anpassung andie neue europäische Richtlinie vom Januar 2003über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinfor-mationen. Durch diesen Rechtsakt setzt die Europäi-sche Union die Anforderungen der so genanntenAarhus-Konvention in Gemeinschaftsrecht um.

Dieses Übereinkommen, das auch von Deutsch-land sozusagen in letzter Minute Ende 1998 gezeich-net wurde, besteht aus drei Säulen: Neben dem hierin Rede stehenden Zugang zu Informationen sinddies die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entschei-dungsverfahren und der Zugang zu Gerichten in Um-weltangelegenheiten.

Im Hinblick auf das bereits bestehende Umweltin-formationsrecht bringt die neue Richtlinie eine ReiheNeuerungen und Erweiterungen:

Nunmehr werden alle Stellen der öffentlichen Ver-waltung zur Herausgabe von Umweltinformationenverpflichtet. Diese Pflicht besteht unabhängig davon,ob sie spezielle Aufgaben im Bereich des Umwelt-schutzes wahrnehmen.

Ausdrücklich einbezogen in die Auskunftspflichtwerden auch private Stellen, soweit sie unter derKontrolle der öffentlichen Verwaltung stehen und imUmweltbereich öffentliche Zuständigkeiten haben,öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentlicheDienstleistungen erbringen, wie dies z. B. die Tele-kom und die Deutsche Bahn tun. Mit der Einbezie-hung dieser Privaten in den Kreis der Auskunfts-pflichtigen soll der Tendenz Rechnung getragenwerden, staatliche Umweltaufgaben zunehmend aufPrivate zu verlagern. Auf diese Weise bleibt der freieZugang zu Umweltinformationen nicht zuletzt im

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Falle der Privatisierung öffentlicher Aufgaben ge-währleistet.

Zudem wird durch die Neufassung der Begriff„Umweltinformation“ erweitert. Er bezieht sich zu-künftig z. B. auch auf Informationen aus den Berei-chen Gentechnik und Verbraucherschutz.

Gegenüber dem bisherigen Recht werden zudemdie Beantwortungsfristen bei Anfragen zu Umweltin-formationen halbiert und dürfen zukünftig in der Re-gel einen Monat nicht überschreiten.

Schließlich werden die öffentlichen Verwaltungenangehalten, von sich aus aktiv Umweltinformationenzu verbreiten, etwa in Form eines Umweltberichts,und sich dabei der Hilfe der elektronischen Medienzu bedienen.

Die genannten zentralen und Unterstützung ver-dienenden Anliegen des europäischen Richtlinienge-bers werden im Gesetzentwurf der Bundesregierungzum größten Teil angemessen umgesetzt. Dennochsind folgende Ergänzungen notwendig, die nachAuffassung Schleswig-Holsteins im jetzt anstehen-den Bundesratsverfahren berücksichtigt werdenmüssen:

Zunächst ist festzustellen, dass sich der Bund – an-ders als im derzeit geltenden Umweltinformationsge-setz – aus kompetenzrechtlichen Gründen an einernationalen Vollregelung gehindert sieht. Dies habendie Länder nicht zu kritisieren.

Gleichwohl bleibt der Bund hinter seinem eigenenAnspruch einer umfassenden Richtlinienumsetzungzurück. Denn die Regelung hinsichtlich der aus-kunftspflichtigen Privaten, etwa der Telekom alsBetreiberin von Mobilfunksendemasten, soll lautGesetzentwurf selbst dann ausschließlich den Län-dergesetzgebern überlassen bleiben, wenn sie derKontrolle einer Bundesbehörde unterliegen. Da inso-weit die Regelungskompetenz kraft Sachzusammen-hangs ausschließlich beim Bund liegt, muss der Ge-setzentwurf entsprechend nachgebessert werden.Ein entsprechender gemeinsamer Antrag der LänderNordrhein-Westfalen, Hamburg, Rheinland-Pfalz undSchleswig-Holstein hat im Umweltausschuss einegroße Mehrheit erhalten.

Ein weiterer Punkt betrifft die Frage des zulässi-gen Rechtswegs in Fällen, in denen die Auskunftser-teilung verweigert wird oder nur unzureichend er-folgt. Diese Frage wird noch zu erheblichenDiskussionen führen. Die das deutsche Verwaltungs-recht beherrschende Schutznormtheorie eröffnet denBürgerinnen und Bürgern bekanntlich nur unter en-gen Voraussetzungen eine Klagemöglichkeit. Des-halb ist es wichtig, die Klagemöglichkeiten der nachdem Umweltinformationsgesetz Auskunftsberechtig-ten im Gesetz klar und eindeutig festzulegen.

Hier wünscht sich Schleswig-Holstein eine Rege-lung, die vorsieht, dass sich der Anspruch auf Zugangzu solchen Umweltinformationen, die bei privatenAuskunftspflichtigen vorhanden sind, nicht unmit-telbar gegen den Privaten richtet. Sachgerechter isteine Lösung, die die Auskunftspflicht derjenigenöffentlichen Stelle zuordnet, die die Kontrolle über

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)die fragliche Einrichtung ausübt. Diese Lösung ver-hindert die ansonsten drohende Aufspaltung derRechtswege. Sie dient im Übrigen nicht nur der Ver-fahrensvereinfachung und der Bürgerfreundlichkeit,sondern entlastet auch die privaten Auskunftspflich-tigen.

Sofern der Rechtsweg gegen die privaten Aus-kunftspflichtigen direkt eröffnet werden soll, wie diesmehrheitlich vom Umweltausschuss beschlossenwurde, sollte jedoch zumindest aus Gründen der Ein-heitlichkeit auch für diese Klagen der Verwaltungs-rechtsweg eröffnet werden. Darüber hinaus ist auseuroparechtlichen Gründen in jedem Fall ein obliga-torisch durchzuführendes Vorverfahren vorzusehen.Hierauf hat Schleswig-Holstein im bisherigen Bun-desratsverfahren bereits hingewiesen.

Schließlich plädiere ich dafür, dass die nach den§§ 59, 60 Bundesnaturschutzgesetz anerkannten Ver-bände bei der Ausübung ihres Rechts auf Zugang zuUmweltinformationen nicht mit Kosten belastet wer-den. Sie vertreten in altruistischer Weise die Belangedes Naturschutzes und verdienen deshalb eine ge-wisse Privilegierung. Bedauerlicherweise war diesesAnliegen im Umweltausschuss nicht durchsetzbar.

Unabhängig von der Umsetzung der Richtlinie aufBundesebene wird Schleswig-Holstein bei der anste-henden Neufassung seines Landesgesetzes bei derGewährleistung des Informationszugangs besonde-res Augenmerk auf die Einbindung elektronischerMedien legen. So ist z. B. vorgesehen, Umweltinfor-mationen so weit wie möglich in elektronischen Da-tenbanken zu speichern und über das Internet denBürgerinnen und Bürgern abrufbereit zur Verfügungzu stellen. Auch ein stets aktueller Umweltberichtsoll über das Internet verfügbar sein.

Schleswig-Holstein gehört bekanntlich zu den Pio-nierländern, die auf Landesebene die Informations-ansprüche der Bürgerinnen und Bürger durch einInformationsfreiheitsgesetz rechtlich abgesichert ha-ben. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht unduns vorgenommen, auch bei der anstehendenNeufassung des Landesgesetzes den Zugang zu Um-weltinformation weiter zu verbessern.

Für das laufende Bundesratsverfahren wünscheich mir, dass möglichst viele Anregungen Schleswig-Holsteins aufgegriffen werden, um eine weitgehendeHarmonisierung des Bundesrechts mit dem künftigenLandesrecht in Schleswig-Holstein zu erreichen.

Anlage 39

Erklärung

von Minister Wolfgang Gerhards(Nordrhein-Westfalen)

zu Punkt 61 der Tagesordnung

Für Frau Ministerin Bärbel Höhn gebe ich fol-gende Erklärung zu Protokoll:

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(

Die Preisentwicklung bei Milch ist für die Erzeu-ger ein großes Problem; darin sind wir alle uns ver-mutlich einig. Aber folgt aus einer klaren Diagnoseauch ein von allen getragener einvernehmlicher The-rapievorschlag? Keineswegs! Wer die Diskussion derletzten Monate – nicht zuletzt innerhalb des landwirt-schaftlichen Berufsstandes – aufmerksam verfolgthat, hat ein buntes Meinungsspektrum wahrgenom-men. Das zeigen die Erklärungen aus etlichen Lan-desverbänden und von vielen Milcherzeugern sehrklar auf.

Vor diesem Hintergrund beantragt Bayern, dieSaldierungsmöglichkeiten einzuschränken, um durcheine Produktionsbeschränkung den angespanntenMilchmarkt zu entlasten. Grundsätzlich unterstützeich dieses Ziel; denn bessere Milchauszahlungspreisesind für unsere Milcherzeuger existenziell wichtig.

Es muss aber die Frage gestellt werden, ob der vonBayern vorgeschlagene Weg der richtige ist. Daranhabe ich sehr große Zweifel. Es ist für mich äußerstfraglich, ob durch eine nationale Produktionsein-schränkung wirklich bessere Milchpreise erreichtwerden können. Fachleute geben hierauf die klareAntwort: Im großen europäischen Binnenmarkt sindpositive Markteffekte durch die vorgeschlagene Be-grenzung der Saldierung nicht zu erwarten. – DerVorschlag hat einen zusätzlichen Nachteil: Die Be-grenzung der Saldierung führt regional zu einer sehrunterschiedlichen Betroffenheit der Milcherzeuger.Auch nordrhein-westfälische Betriebe wären hiervonnegativ betroffen.

Mit dem Vorschlag Bayerns können nicht nurkeine besseren Milchpreise erzielt werden, er würdefür unsere Milcherzeuger in der ohnehin schwierigenSituation auch höhere Belastungen bedeuten. Des-halb kann NRW den Antrag Bayerns, der bereits mitgroßer Mehrheit im Agrarausschuss abgelehntwurde, nicht mittragen.

Im Übrigen möchte ich die Aufmerksamkeit aufdie Handlungsmöglichkeiten und die Verantwortungder Marktbeteiligten selber richten. Werden sie ihrerVerantwortung für dauerhaft tragfähige Erzeuger-preise hinreichend gerecht? Ich will die Preisgesprä-che und das Verhalten einzelner Molkereien, auchgenossenschaftlicher Molkereien, nicht im Detailkommentieren, hoffe aber, dass man dort in Zukunftmehr auf die gemeinsame Interessenlage schaut,statt kurzfristigen Vorteilsillusionen für das einzelneUnternehmen anzuhängen. Dort liegen auf DauerSchlüssel zum Besseren, nicht in kurzfristigem Aktio-nismus und im Ruf nach dem Staat.

Anlage 40

Erklärung

von Staatsminister Dr. Thomas de Maizière(Sachsen)

zu Punkt 88 der Tagesordnung

Der Freistaat Sachsen verzichtet auf die Einbrin-gung eines Antrages auf Anrufung des Vermittlungs-

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Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004 409*

(A C)

(B) D)

)ausschusses wegen einer Einzelmaßnahme, weistaber auf folgenden Widerspruch hin:

Das Projekt B 96 Westtangente Bautzen ist mitNKV 5,6 und hoher RWA-Bewertung ein Prädi-katsprojekt. Das Projekt befindet sich im Planfeststel-lungsverfahren (Baurecht in 2004). Der FreistaatSachsen hat 1,8 Millionen Euro Planungsmittel in dasProjekt investiert.

Die Herabstufung der Dringlichkeit des Projektes(Sachsen) Nr. 2073, B 96 Westtangente Bautzen vomVordringlichen Bedarf (Entwurf Fernstraßenaus-bauänderungsgesetz) in den Weiteren Bedarf mitPlanungsrecht (Beschluss Ausschuss für Verkehr,Bau- und Wohnungswesen vom 26. Mai 2004) wider-spricht den Hinweisen im Entwurf Fernstraßenaus-bauänderungsgesetz. Danach sind so genannte Prä-dikatsprojekte „möglichst vorrangig zu realisieren“(zu Artikel l Nr. 2, Pkt. 1.1.2.2 RWA).

Anlage 41

Erklärung

von Staatssekretär Peter Ruhenstroth-Bauer(BMFSFJ)

zu Punkt 100 der Tagesordnung

Ich bedanke mich für die Möglichkeit, an dieserStelle nachdrücklich um Verständnis für die Eilbe-dürftigkeit des Zweiten Gesetzes zur Änderung desZivildienstgesetzes zu werben. Denn es geht darum,im Interesse der zivildienstpflichtigen jungen Män-ner möglichst bald für Klarheit über das Inkrafttretendes Gesetzes und die Verkürzung des Zivildiensteszu sorgen. Hinzu kommt: Gerade im Interesse derPflege- und Betreuungsbedürftigen, der Zivildienst-Beschäftigungsstellen, der betroffenen Verbände undder übrigen Beteiligten müssen wir Planungssicher-heit schaffen, damit sich alle auf die Veränderungenzum 1. Oktober 2004 einstellen können.

Ich möchte nicht nur um eine baldige, sondern vorallem um eine konstruktive Entscheidung werben.Das Gesetz bietet Ihnen insbesondere auch nach demBeschluss des Deutschen Bundestages zur Zuschuss-frage die Grundlage, auf die Anrufung des Vermitt-lungsausschusses zu verzichten.

Die Kernpunkte des Zweiten Gesetzes zur Ände-rung des Zivildienstgesetzes habe ich schon in derPlenarsitzung am 14. Mai 2004 vorgestellt. Ich nehmedarauf Bezug und verweise außerdem insbesonderehinsichtlich Ihrer finanzwirksamen Vorschläge zurfreiwilligen Verlängerung des Zivildienstes und an-geblichen Einsparungen auf die Gegenäußerung derBundesregierung. Ich sehe für Ihre Vorschläge keineBasis.

Vor allem gilt: Wer Wehrgerechtigkeit will undkonzeptionelle Entscheidungen im Bereich vonWehrdienst und Zivildienst anstrebt, stimmt diesemGesetz so rasch wie möglich zu.

(

(

Ich möchte an dieser Stelle nur einige besonderePunkte – besonders mit Blick auf Änderungen desGesetzentwurfs im Deutschen Bundestag – aufgrei-fen:

Die Angleichung der Dauer des Zivildienstes andie Dauer des Grundwehrdienstes entspricht einemVorschlag der Kommission „Impulse für die Zivilge-sellschaft – Perspektiven für Freiwilligendienste undZivildienst in Deutschland“. Die Kommission hat ihreEmpfehlungen einstimmig und unter Beteiligung derhessischen Kultusministerin Frau Wolff und desrheinland-pfälzischen Finanzministers Mittler getrof-fen. Diese Empfehlung stimmt mit der Forderung desBundesrates vom 14. Juli 1995 überein, „dass dieDauer des Zivildienstes die Dauer des Grundwehr-dienstes nicht übersteigen darf“. Ich bitte darum,dieser notwendigen und konsensfähigen Regelungzuzustimmen.

Auch die Änderung der administrativen Regelun-gen im Wehrpflichtgesetz und im Zivildienstgesetzsollen im Interesse der Wehrpflichtigen, d. h. derGrundwehrdienstpflichtigen und der Zivildienst-pflichtigen, am 1. Oktober 2004 in Kraft treten. Ichdenke insbesondere an die Absenkung der Regelal-tersgrenze von 25 Jahren auf 23 Jahre und die Ände-rungen im Bereich der Zurückstellungsgründe undBefreiungstatbestände.

Die Dritte-Söhne-Regelung wird durch den Regie-rungsentwurf dahin ergänzt, dass auch dritte Söhne,deren Brüder Zivilschutz- oder Katastrophenschutz,ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilligesökologisches Jahr nach § 14c Zivildienstgesetz odereinen anderen Dienst im Ausland absolviert haben,auf Antrag vom Zivildienst befreit werden. DerDeutsche Bundestag hat diese Regelung dahin er-weitert, dass auch das freiwillige Jahr, das vonSchwestern oder nicht wehrdienstpflichtigen jun-gen Männern abgeleistet wird, im Rahmen dieserRegelung auf Antrag zur Befreiung dritter Söhneführt.

Es bleibt dabei, dass in Zukunft auch anerkannteKriegsdienstverweigerer auf Antrag vom Zivildienstbefreit werden, die verheiratet sind, eingetrageneLebenspartner sind oder die elterliche Sorge gemein-sam oder als Alleinerziehende ausüben.

Der Deutsche Bundestag hat die Regelung der Zu-rückstellungsgründe dahin verändert, dass ein Hoch-schul- oder Fachhochschulstudium, in dem beim vor-gesehenen Diensteintritt das dritte Semester bereitserreicht ist, auf Antrag zur Zurückstellung führt.

Vor allem hat der Deutsche Bundestag entschie-den, dass eine Reduzierung des Zuschusses im Rah-men des § 14c Zivildienstgesetz nicht erfolgt. Damitwird die Stellungnahme des Bundesrates vom 14. Mai2004 in entscheidendem Umfang berücksichtigt undein zusätzliches klares Signal zur Stärkung der Frei-willigendienste gesetzt.

Der Weg für das Zweite Zivildienstgesetzände-rungsgesetz ist also frei. Ich bitte Sie, diesen Weg imInteresse der betroffenen jungen Menschen einzu-schlagen. Es sollte möglichst bald feststehen, dass die

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410* Bundesrat – 802. Sitzung – 9. Juli 2004

(A C)

(B)

)gesetzlichen Änderungen zum 1. Oktober 2004 inKraft treten. Alle Beteiligten könnten sich darauf ein-stellen.

Zugleich würde ein weiteres wichtiges Signal inden Bereich der Freiwilligenarbeit ausgestrahlt: Esbleibt bei dem europaweit beispiellosen Engagementder Bundesregierung im Bereich des freiwilligenEngagements. Aus dem Kinder- und Jugendplanwerden nach derzeitigem Stand etwa 16 Millionen

(Euro und aus den Mitteln des Bundesamtes für denZivildienst werden ca. 11 Millionen Euro für die ge-setzlich geregelten Freiwilligendienste FSJ und FÖJzur Verfügung gestellt. Wir fördern bzw. bezuschus-sen mehr als 18 500 Plätze. Dieses Engagement wirddurch den Beschluss des Deutschen Bundestages un-terstrichen und gestützt. Gleiches sollte für den Bun-desrat gelten.

Wir sollten dieses Signal möglichst bald geben.

(D)

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