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UNIVERSITÄT MARIBOR
PHILOSPHISCHE FAKULTÄT
ABTEILUNG FÜR GERMANISTIK
DIPLOMARBEIT
WLADIMIR PROPPS MÄRCHENTHEORETISCHE
KONZEPTE AM BEISPIEL VON DER GESTIEFELTE KATER
UND DAS TAPFERE SCHNEIDERLEIN
DRAGO GELT
Maribor, 2009
2
UNIVERZA V MARIBORU
FILOZOFSKA FAKULTETA
ODDELEK ZA GERMANISTIKO
DIPLOMSKA NALOGA
35$9/-,ý12�7(25(76.,�.21&(37,�:/$',0,5-$�35233$�9�35,0(5-$9,�=�2%87,0�0$ý.20�,1�
32*801,0�.52-$ý.20
DRAGO GELT
Maribor, 2009
3
I Z J A V A
Podpisani Drago Gelt, rojen 29.05.1982 študent Filozofske fakultete Univerze v Mariboru,
VPHU�1HPãNL�MH]LN�V�NQMLåHYQRVWMR��L]MDYOMDP��GD�MH�GLSORPVNR�GHOR�]�QDVORYRP�WLADIMIR
PROPPS MÄRCHENTHEORETISCHE KONZEPTE AM BEISPIEL VON DER
GESTIEFELTE KATER UND DAS TAPFERE SCHNEIDERLEIN, pri mentorju izr. prof.
0DWMDå�%LUN, avtorsko delo.
V diplomskem delu so uporabljeni viri in literatura korektno navedeni; teksti niso prepisani
brez navedbe avtorjev.
Maribor, 11.09.2009 _______________________ (podpis študenta)
4
UNIVERSITÄT MARIBOR
PHILOSPHISCHE FAKULTÄT
ABTEILUNG FÜR GERMANISTIK
DIPLOMARBEIT
WLADIMIR PROPPS MÄRCHENTHEORETISCHE
KONZEPTE AM BEISPIEL VON DER GESTIEFELTE KATER
UND DAS TAPFERE SCHNEIDERLEIN
Mentor: izr. prof. 0$7-$ä�%,5. Student: DRAGO GELT
Maribor, 2009
6
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einführung
2. Märchen
2.1. Definition
2.1.1 Märchentypologie nach Herkunft
2.1.1.1. Volksmärchen
2.1.1.2. Kunstmärchen
2.1.1.3. Buchmärchen
2.2. Märchentypologie nach Gattung
2.2.1. Die Zaubermärchen
2.2.1.1. Arten von Zaubermärchen
3. Jakob und Wilhelm Grimm: Märchensammler und –Verfasser
3.1. Kinder und Hausmärchen
3.1.1. Der gestiefelte Kater
3.1.2. Das tapfere Schneiderlein
4. Märchenanalyse nach Wladimir Jakowlewitsch Propp
4.1. Die Erforschung der Märchen nach den Theorien von Wladimir
Jakowlewitsch Propp
4.2. Die Erforschung der Märchen „Der gestiefelte Kater“ und „Das
tapfere Schneiderlien“ nach den Theorien von Wladimir
Jakowlewitsch Propp
4.2.1 Die Struktur des Märchens
4.2.2 Die Funktionen in Der gestiefelte Kater und Das tapfere
Schneiderlein
4.2.2.1 Die hypothetische Veränderung der Funktionen
der Märchen Der gestiefelte Kater und Das tapfere
Schneiderlein
4.2.3 Die Funktionen in den Märchen
7
Der gestiefelte Kater und Das tapfere Schneiderlein
4.2.3.1. Die Verwicklung in unerwartete Geschehnisse
4.2.3.2. Das Geschenk des Verblichenen/ die Erbschaft
4.2.3.3. Das dankbare Tier
4.2.3.4. Magische Helfer, magische Gegenstände
4.2.3.5. Die Reise
4.2.3.6. Lokalität
4.2.3.7. Die Prüfungen
4.2.3.8. Die Jagd,
4.2.3.9. Die Prinzessin/ die Braut
4.2.3.10. Der Antagonist
4.2.3.11. Der Preis bzw. die Thronfolge
5. Schlussfolgerungen
6. Povzetek
7. Literaturverzeichnis
8
1. Einführung
Die Romantik lehnte die Wirklichkeit des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jh. radikal
ab. Sie sah die Gesellschaft geprägt vom Gewinnstreben und vom bloßen Nützlichkeitsdenken
des beginnenden industriellen Zeitalters. Den Naturwissenschaften, welche gerade erst ihren
Aufschwung genossen, warfen die Romantiker vor, sie würden alles nur mit dem Verstand
erklären wollen, alles nur auf den Nutzen und die Verwendung untersuchen und keinen Platz
mehr für das Geheimnisvolle hinterlassen.
Die Wirklichkeit wurde von den Romantikern durch die Welt des Mythischen, der Fantasie,
der Religion ersetzt, weil eben dort noch Geheimnisse vorhanden waren. Das Mittelalter
eignete sich demnach, stofflich gesehen, als der beste Träger für die aufblühende romantische
Kunst; unter die man nicht nur die Literatur, sondern auch die Malerei (Phillipp Otto Runge-
Der Morgen, Karl Friedrich Schinkel- Felsentor usw.), die Musik (Richard Wagner- Der Ring
des Nibelungen, Robert Schumann- Frühlingssinfonie usw. ) zählen kann. All dies nach der
Überzeugung, das im Mittelalter die Menschen durch den christlichen Glauben gebunden und
verbunden waren, weshalb sie auch keine Naturwissenschaften zur Erklärung einzelner
Phänomene brauchten. Falls irgendetwas (schlimmes) passierte, war immer eine höhere
Macht dahinter (Blitz und Donner, Hochwasser, Erdbeben usw.). Alles was sich das damalige,
meistens, ungebildete, Volk nicht erklären konnte, war mit dem Übernatürlichen, dem
Mystischen verbunden. Doch die Romantik blieb nicht nur bei dem Glauben stehen, sondern
richtete ihre Aufmerksamkeit auch auf die Welt des Übernatürlichen, welches nicht immer
gleich dem Christlichen war. Vorahnungen, Visionen, Wahrsagerei, Intuition, das Reich der
Phantasie und der Träume bis zu den dunkelsten Gefilden der Seele, dem Verbotenen, dem
Sündigen, der Lust. Die Romantiker pflegten die abgeschlossene Welt des intakten
Freundeskreises, sie verehrten und sammelten die einfache Kunst des Volkes, wo sie am
ursprünglichsten sei, sie begeisterten sich für die Schönheit und Wildheit der Natur.
Die, eher unpräzisen, nicht leicht zu fassenden Vorstellungen der Romantik, schlossen
wissenschaftliches Denken und Engagement in der Wirklichkeit jedoch nicht aus. Auch die
Romantik hatte wissenschaftliche Leistungen vorzuweisen, die das Ergebnis exakten
Forschens darstellten. Die Gebrüder Grimm z.B. begannen mit der Erforschung der deutschen
Sprache und Literatur und schufen dadurch Grundlagen für germanistische Philologie. Auch
die Geschichtswissenschaft im heutigen Sinne hatte ihren Ursprung in der Romantik. Einige
Romantiker engagierten sich auch politisch. Sie unterstützten das Streben der Deutschen nach
9
einer einheitlichen Nation zur Zeit der Befreiungskriege; andere wurden auch Anhänger der
Restauration. Wie schon erwähnt, sahen die Romantiker ein großes stoffliches wie auch
thematisches Potential in der Volksliteratur. Durch ihre Einfachheit, ihre Spontaneität und
ihre Verbindung zu der Natur, den alten Glauben und Gebräuchen, war die Volksliteratur wie
geschaffen für die Übernahme in die frühen, romantischen Werke. Doch leider gab es dabei
einige Probleme, denn die Volksliteratur basierte vor allem auf der mündlichen Überlieferung
und somit gingen viele der Geschichten nicht nur für immer verloren, sondern variierten auch
von Ort zu Ort. Außerdem, musste man erst einmal die Geschichten sammeln, weil sie ja nur
selten niedergeschrieben waren.1
Zwei von diesen Sammlern waren die Gebrüder Jakob und Wilhelm Grimm. Ich werde mich
auf zwei ihrer gesammelten Märchen konzentrieren „Der gestiefelte Kater“, „Das tapfere
Schneiderlein“ und versuchen, mit Hilfe der Theorien die Wladimir Jakowlewitsch Propp
(aus seinen beiden Büchern Morphologie des Märchens und Die historischen Wurzeln des
Zaubermärchens), über die Märchen und ihren historischen Hintergrund erstellte, eine
Analyse zu schaffen, über der gestiefelte Kater und das tapfere Schneiderlein, deren
Entstehungsgeschichte und versuchen die genannten Märchen einer strukturellen Analyse zu
unterziehen um zu ergründen welche märchentypische Elemente, welche, Propp zufolge, in
den untersuchten Texten vorkommen in den untersuchten Texten vorkommen. Nicht zuletzt
verfolgt die vorliegende Diplomarbeit den Zweck, die Anwendung von märchentypischen
Konzepten von Wladimir Jakowlewitsch Propp in der literarwissenschaftlichen Analyse und
Interpretation zu demonstrieren.
1 Vgl.: Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, Ausgabe letzter Hand, Herausgegeben von Henz Rölleke, Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart, 1980, Nachwort, S. 981 (weiter: Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 981).
10
2. Märchen
2.1. Definition
Märchen (mittelhochdeutsch Maere = Kunde, Bericht) gehören zur Literaturgattung der Epik.
Es handelt sich meist um relativ kurze Erzählungen mit ausgeprägten fabelhaften und
wunderbaren bzw. wunderlichen Elementen, welche aber dennoch einen Realitätsgrad
vorweisen. Märchenerzähler gibt es, vermutlich, seit es Märchen gibt. Sie trugen zur
Entstehung, Überlieferung von Märchen und Märchensammlungen maßgeblich bei. Zu den
bekanntesten Märchen-Sammlern und -Autoren gehören die Brüder Grimm, Wilhelm Hauff,
Ernst Moritz Arndt, Benedikt Naubert, Ludwig Bechstein, Richard Leander, Charles Perrault
und Hans Christian Andersen. Eine Sammlung orientalischer Märchen enthalten die
Geschichten aus 1001 Nacht.2
Auch in der Gegenwart, gibt es noch Märchenerzähler, die alte Volksmärchen sammeln und
sich für deren Erhaltung und die Tradition des Erzählens einsetzen. Bekanntheit im
deutschsprachigen Raum haben u. a. die Deutschen Klaus Adam und Frieder Kahlert, die
Österreicher Folke Tegetthoff, Michael Köhlmeier, Eva Jensen und Helmut Wittman, der
Schweizer Jürg Steigermeier erlangt. Gerd J. Pohl widmet sich sowohl als dem Puppenspiel
als auch als dem Rezitieren klassischer Märchen, besonders der, der Gebrüder Grimm.
2.1.1 Märchentypologie nach Herkunft
2.1.1.1. Volksmärchen
Die Volksmärchen stellen eine traditionelle Form des Märchens dar. Sie basieren auf
mündlich überlieferten, anonymen Stoffen, und gehören zum Allgemeinbesitz, der nicht ein
für allemal und in jeder Formulierung fixiert ist, sonder mit der Zeit zerredet werden darf.
Bevor sie von Sammlern fixiert und redigiert wurden, existierten sie angeblich in zahllosen
unterschiedlichen Erzählversionen. Dadurch, dass sie keine niedergeschrieben Form besaßen,
kann man nur sehr schwer feststellen, woher sie kommen und wie stark sie sich durch das
weitererzählen verändert haben.3
2 Vgl.: Vladimir Propp, Morphologie des Märchens, Carl Hanser Verlag, München, 1987, S. 11 (wieter: Vladimir Propp, Morphologie des Märchens, S. 11). 3 Vgl.: Mathias Mayer, Jens Tismar; Kunstmärchen, Dritte Auflage, Verlag J.B. Metzler, Stuttgart,1997, S 1 (wieter: Mathias Mayer, Jens Tismar; Kunstmärchen, S. 1).
11
2.1.1.2. Kunstmärchen
Kunstmärchen sind bewusste Schöpfungen von Dichtern und Schriftstellern die oft Motive
der Volksmärchentradition auf greifen sie. Jedoch werden aber auch neuartige fantastische
Wundergeschichten erfunden, die mit dem Volksmärchen dennoch durch den Aspekt des
Wunderbaren, oder Unwirklichen verbunden bleiben.4
Der Begriff des Kunstmärchens bleibt jedoch strittig, wegen der Wortverbindung „Kunst“ -
Märchen, die den Unterton „künstlich“ also nicht natürlich, trägt.5
Bei den Kunstmärchen geht es nicht nur um eine Nachahmung des Volksmärchens, sondern
um eine literarisches Experiment mit der epischen Integration des Wunderbaren, so beinhalten
die Kunstmärchen Eigenschaften, die sie von den Volksmärchen distanzieren:
1. Kunstmärchen sind eine produktiv-artistische Weiterentwicklung des Volksmärchens.
2. Sie verändern bzw. literarisieren den Erzählstill.
3. Sie stellen hohe Anforderungen an den Rezepienten und distanzieren sich daher von
der einfachen, kindlichen Natur des Volksmärchens.
4. Sie distanzieren sich aber auch von der ernsthaften Kunst und behalten ihren
scherzhaften Unterton der Wirklichkeit.
5. Sie verändern die einfache Botschaft des Volksmärchens (wo das Gute immer siegt
und es immer eine Moral gibt) und können auch soziologische, psychologische oder
anthropologische Einsichten der Sozialgeschichte wiederspiegeln.
6. Sie zeigen Traditionszusammenhänge am Beispiel der Ähnlichkeit, der Realisation des
Wunderbaren, in den Märchen.6
Zu den Kunstmärchen können, im weitesten Sinne, auch die, in neuerer Zeit, entstandenen,
Fantasy- Geschichten gerechnet werden so wie Der kleine Hobbit von J. R. R Tolkien (1937)
oder Tintenherz von Cornelia Funke (2003).
4 Vgl.: Vladimir Propp, Morphologie des Märchens, S. 12. 5 Vgl.: Paul-Wolfgang Wührl, Das deutsche Kunstmärchen: Geschichte, Botschaft und Erzählstrukturen, Quelle und Meyer, Heidelberg, 1984, S. 15 (weiter: Paul-Wolfgang Wührl, Das deutsche Kunstmärchen, S. 15). 6 ebd, S 16.
12
2.1.1.3. Buchmärchen
Den Begriff Buchmärchen könnte man als mittlere Position zwischen dem mündlichen
Volksmärchen und den niedergeschriebenen Kunstmärchen beschreiben. Durch den Einfluss
der Kinder und Hausmärchen der Brüder Grimm, welche als Musterbeispiel einer treuen
Wiedergabe des Volksmärchens in einer schriftlichen Form galten und deswegen zu den
Kunstmärchen gezählt wurden, entwickelte sich der Begriff Buchmärchen.7
Von der ersten bis zur Ausgabe letzter Hand, lässt sich ein Prozess fortschreitender
Stilisierung und Ausmalung, seit dem zweiten Band hauptsächlich durch Wilhelm Grimm,
bemerken, dem die Absicht zugrunde liegt, die beobachteten Eigentümlichkeiten der
Märchenerzählweise zu verfeinern, hervorzuheben und regelharter einzusetzen. In der
literarischen Stilisierungsarbeit prägen sich neben dem Personalstill der Brüder Grimm
gesellschaftliche Ausdrucksformen des zeitgenössischen deutschen Bürgertums aus: Idylle,
Schlichtheit im Familienzirkel, Nationalbewusstsein.
Diese eingebürgerte Märchenerzählweise ist seither vielen deutschen Autoren im Ohr, wenn
sie Kunstmärchen schreiben und Märchen travestieren. Unter den gegenwärtigen Versuchen
findet sich eine große Anzahl von Texten, die Grimms Märchen ironisch modernisieren.8
7 Vgl.: Mathias Mayer, Jens Tismar. Kunstmärchen, S 85. 8 Zitat nach: ebd, S 85.
13
2.2. Märchentypologie nach Gattung
2.2.1. Die Zaubermärchen
In der heutigen Zeit sind viele von uns schon im frühen Kindesalter mit Märchen in Kontakt
gekommen, wenn schon nicht durch die Eltern, dann durch die Schule, wo Märchen ja zu
einem Teil der Grundausbildung, in der Literatur bei der Muttersprache so wie auch beim
Fremdsprachunterricht, gehören. Das Märchen selbst leitet seine Motive aus verschiedenen,
anderen Erzähltypen, der Sage und der Legendendichtung. Die Zaubermärchen bilden eine
spezielle Untergattung im Bereich der Märchen. Ihr gemeinsames Merkmal ist die
Vorstellung, dass es möglich sei, die Wirklichkeit durch Magie zu beeinflussen. Magische
Kräfte, die Kenntnis von Zaubersprüchen, der Besitz von magischen Gegenständen und
magischen Helfern spielen eine große Rolle. Zu dieser Gattung gehören sowohl
Volksmärchen als auch Kunstmärchen.9
Bei Der gestiefelte Kater und Das tapfere Schneiderlein handelt es sich in beiden Fällen um
Zaubermärchen. Der gestiefelte Kater beinhaltet einen sprechenden Kater als Protagonisten
und einen Zauberer als Antagonisten, beide sind magische Wesen.
Das tapfere Schneiderlein beinhaltet Riesen und ein Einhorn, welche genau so zu magischen
Wesen gezählt werden. Dazu kommt noch, das beide Märchen eine wunderbare bzw.
zauberhafte Handlung haben in Verbindung mit der dort auftretenden Realität.
2.2.1.1. Arten von Zaubermärchen
Die Einordnung geht zurück auf Antti Aarne, der als erster eine Einteilung der Volskmärchen
in Tiermärchen, den Schwank und das so genannte eigentliche Märchen vornahm. Der Aarne
Thompson-Index, wird vor allem vom russischen Folkloristen Wladimir Jakowlewitsch Propp
als Hilfe bei der Strukturierung der Märchen in seinen zwei Büchern Morphologie der
Märchen und Die historischen Wurzeln der Zaubermärchen benutzt, demnach zählen zu den
Zaubermärchen, unter anderem folgenden Arten:10
a) Tiermärchen. In den Überlieferungen der Naturvölker benehmen sich die Tiere wie
Menschen, manche können zaubern. Die Tiere können auch neben dem Menschlichen
9 Vgl.: Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 21. 10 Vgl.; Vladimir Propp, Morphologie des Märchens, S. 18.
14
Protagonisten auftreten und spielen eine wichtige Rolle in der Geschichte, so wie bei
Der gestiefelte Kater der Gebrüder Grimm.11
b) Die Initiationsmärchen. Diese Überlieferungen spiegeln in mehr oder weniger
entstellter Form die Erlebnisse der Knaben und Mädchen bei der kollektiven
archaischen Jugendweihe den altertümlichen Stammeskulturen wieder, deshalb
strotzen sie vom Glauben (Totemismus) an magische Praktiken (Flüche und
Beschwörungen). Ein wichtiges Element der Jugendweihe ist die Prüfung, die ist
wiederum ein Element, das bei Das tapfere Schneiderlein der Gebrüder Grimm
auftritt. Von der traditionellen Märchenforschung werden die Initiationsmärchen als
eigentliche Zaubermärchen bezeichnet.12
11 Vgl.: Vladimir Propp, Morphologie des Märchens, S. 14. 12 Vgl.: ebd, S. 14.
15
3. Jakob und Wilhelm Grimm: Märchensammler und –Verfasser
Jakob Ludwig Karl Grimm wurde am 4.1.1785 in Hanau geboren, sein Bruder Wilhelm Karl
Grimm am 24.2.1786 am gleichen Ort. Der Vater war Jurist. Die Kinder lebten die ersten
Jahre ihrer Jugend in Steinau und sie besuchten das Lyzeum im Kassel. Seit 1829 bzw. 1839
waren sie Professoren in Kassel. Seit etwa 1840 lebten beide in Berlin. Jakob Grimm starb am
20.9.1863 in Berlin, sein Bruder am 16.12.1859 am gleichen Ort.
Der gestiefelte Kater und das tapfere Schneiderlein, gehören zu ihrer Sammlung Kinder und
Hausmärchen, welche während der Jahre 1806 bis 1815 gesammelt, niedergeschrieben und
letztendlich veröffentlicht wurde. 1806 datiert der Beginn der Sammlung von Märchen und
Sagen, die uns heute als eines der Hauptwerke der Brüder bekannt sind. Auf Veranlassung
von Achim von Arnim und Clemens Brentano sammelten die Gebrüder über mehrere Jahre
lang die verschiedensten Märchen und Sagen, die aus der mündlichen Überlieferung
stammten. Diese wurden nicht nur niedergeschrieben und katalogisiert, sondern auch im
Ausdruck und Aussage geglättet und geformt. Eine ihrer wichtigsten Quellen waren die
Märchen, die, die aus hugenottischer Familie stammende Dorothea Viehmann den Brüdern
erzählte. Es ist der bleibende Verdienst von Wilhelm Grimm mit der Bearbeitung die weite
Verbreitung gesichert und mit der kritischen Untersuchung zu Quellen und Entwicklung der
Volksmärchen die Märchenkunde als Wissenschaft begründet zu haben.1815 konnten die
Brüder den zweiten Band von Kinder- und Hausmärchen vorlegen, im Jahr 1819 wurde der
erste Band stark überarbeitet neu aufgelegt. Es kamen weitere Märchen hinzu, etwa ein
Viertel der Geschichten wurde gestrichen und fast die Hälfte der verbliebenen Märchen
überarbeitet, häufig um die als anstößig empfundenen erotischen Anspielungen zu beseitigen.
Die Anmerkungen zu den Märchen beider Bände wurden 1822 als dritter Band veröffentlicht.
Im Jahr 1825 erfolgte die Herausgabe einer kleinen Ausgabe von Kinder- und Hausmärchen
in einem Band, die maßgeblich zur Popularität des Stoffes beitrug. Für diese Aufgabe konnten
die Brüder ihren Bruder Ludwig Emil als Illustrator gewinnen. Ab 1823 wurde eine
illustrierte englische Ausgabe von Kinder- und Hausmärchen veröffentlicht. Bereits zu
Lebzeiten der Brüder erschienen sieben Auflagen der großen deutschen Ausgabe der Märchen
und zehn Auflagen der kleinen Ausgabe. In den Jahren 1816 und 1818 erschienen die beiden
Bände der Sagensammlung Deutsche Sagen, die allerdings nicht den breiten Erfolg hatte wie
ihre Märchensammlung. Die Brüder hatten zuvor gleichermaßen Märchen und Sagen
gesammelt. Eine gattungsmäßige Abgrenzung kann nur schwer erfolgen und wurde auch
16
durch die Brüder nicht konsequent durchgeführt. Definitionsversuche beziehen sich
beispielsweise darauf, ob die Sagen von Erzählern und Publikum im allgemeinen geglaubt
wurden, die Märchen hingegen nicht, oder dass Sagen an konkrete historische oder örtliche
Bezugspunkte gebunden sind, während die Märchen zeitlich und lokal nicht näher fixiert sind.
Beide Gattungen sind Erzählformen aus der mündlichen Überlieferung, wobei die Brüder
Grimm sie für ihre Sammlungen zu großen Teilen nur über schriftliche Zwischenstufen
gewannen. Die Sagensammlung wurde zu Lebzeiten der Brüder nicht neu aufgelegt.13
3.1. Kinder und Hausmärchen
Die Sammlung von unterhaltsamen, einfachen, volksläufigen, zuweilen von Versen
aufgelockerten Märchen, wurde von den Brüdern Grimm in dem Bestreben um Bewahrung
der Naturpoesie unternommen und nach mündlicher Überlieferung stofflich treu und rein
aufgezeichnet. Sie hat dem Märchen zu literarischer und wissenschaftlicher Geltung
verholfen. Die ohne zeitliche oder räumliche Festlegung unbekümmert Übernatürliches mit
gewöhnlichem paarenden Märchen, die zwar sittliche Gesichtspunkte enthalten, welche naiv
moralisieren und im Ethnischen über die Kategorien von Gut und Böse, im Ästhetischen über
die von Schön und Hässlich nicht hinausgelangen, lassen auf der Grundlage einer denkbar
einfachen Weltordnungsvorstellung Menschen aus dem Volke mit solchen aus dem Hochadel
agieren, so wie beispielsweise in Das tapfere Schneiderlein und Der gestiefelte Kater. In
diesen Märchen sahen die Brüder Grimm wissenschaftlich in erster Linie Quellenzeugnisse
eines teilweise überlieferten uralten Glaubens, einer alten Weltanschauung und Sitte, sowie
Nachklänge germanischer Mythen und Sagen. Durch die sprachkünstlerische Meisterschaft
der Brüder, vor allem Wilhelm Grimms unermüdliches stilistisches feilen, wurde zudem das
durch schöne Einfachheit und Schlichtheit geprägte Stilideal des deutschen Buchmärchens
geschaffen. Die in fast alle Kultursprache übersetzten Kinder und Hausmärchen haben in
Literatur, Kunst und Musik anregend gewirkt und die Märchenforschung in zahlreichen
Ländern befruchtet.14
13 Vgl.; Brüder Grimm; Kinder und Hausmärchen, S. 975. 14 Vgl.: ebd, S 986.
17
3.1.1. Der gestiefelte Kater
Der gestiefelte Kater entstand wie schon erwähnt während der Zeit als die Brüder Grimm an
dem zweiten Band der Kinder- und Hausmärchen gearbeitet haben. Die Geschichte selbst
basierte auf der französischen Überlieferung von Charles Perraults Der gestiefelte Kater.
Perrault begann mit dem Sammeln schon einige Jahre zuvor, also konnten die Grimms bei
diesem Märchen auf ein schon bestehendes/ niedergeschriebenes Märchen zurückgreifen, was
ihnen die Arbeit, sehr erleichterte. Die Handlung lautet wie folgt, nach dem Tode eines
Müllers fällt an den ältesten Sohn die Mühle, an den zweiten ein Esel und an den dritten ein
scheinbar völlig wertloser Kater. Der Kater, der überraschenderweise der menschlichen
Sprache mächtig ist, vermag es nun aber, seinen Besitzer zu überzeugen, auf ein Paar
Handschuhe, die sich aus dem Katzenfell anfertigen ließen, zu verzichten und stattdessen
noch sein letztes Geld in ein Paar unsinnig erscheinende Stiefel für den Kater zu investieren.
Aus Dankbarkeit erjagt der Kater nun zuerst einen Sack Rebhühner, die er dem hiernach
verlangenden König gegen eine Belohnung in Gold überlässt, und verschafft dann seinem
Herrn, dem nun reichen Müllerssohn, ein einträgliches Grundstück mit Schloss, indem er den
Vorbesitzer, einen Zauberer, bei dessen Eitelkeit zu mehreren Verwandlungskunststücken
überredet. Als dieser sich schließlich in eine Maus verwandelt, verspeist ihn der Kater. Der
ursprünglich arme, besitzlose Müller, der vom Kater nun als Graf ausgegeben wird, wird
somit zum begüterten Grundbesitzer und heiratet schließlich die Königstochter, der Kater
selbst wurde zum Minister erklärt.15
15 Zusammenfassung der Handlung: Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 865.
18
3.1.2. Das tapfere Schneiderlein
Das tapfere Schneiderlein wurde im ersten Band der Kinder- und Hausmärchen
veröffentlicht. Die Hauptfigur ist ein armer Schneider, der am Anfang der Geschichte beim
Essen von Pflaumenmus von Fliegen gestört wird. Wütend schlägt er auf die Tiere ein und
tötet alle Sieben. Begeistert von seiner Tat, näht er in großen Buchstaben „Siebene auf einen
Streich!“ auf eben jenen Gürtel. Er meinte, das die ganze Welt von seiner Leistung erfahren
sollte und entschließt sich in die Welt zu ziehen um allen zu zeigen was für ein Held er ist.
Auf dem Gipfel eines Berges traf er einen Riesen, denn er anbot mit ihm zu reisen, doch der
Riese lachte ihn nur aus, worauf das Schneiderlein ihm seinen Gürtel zeigte. Der Riese war
beeindruckt weil er dachte das er mit den Sieben, sieben Menschen meinte, also prüfte er das
Schneiderlein. Der Schneider bestand alle Prüfungen die ihm der Riese auferlegte und zog
weiter. Er kam zum Hof des Königs, wo er sich unter einem Baum legte und einschlief. Kurz
darauf kamen die Leute auf ihn zu und sahen die Aufschrift auf seinem Gürtel die jedoch
wieder missverstanden wurde und man hielte den Schneider für einen Kriegshelden. Davon
hörte auch der König, der prompt Angst vor diesem Helden bekam. Er lies ihn zu sich
kommen und versprach ihm die Hand seiner Tochter und das halbe Königreich, wenn er die
Prüfungen bestehen würde, die der König ihm auferlegte. Insgeheim aber verfolgte der König
damit die Absicht, den gefährlichen Schneider loszuwerden, indem er fest damit rechnete,
dass dieser im Kampf umkommen würde. Doch der Schneider meisterte wieder alle
Prüfungen und der König gab letztendlich nach. Nach einiger Zeit hörte die Prinzessin, durch
einen Zufall was ihr Gatte im Schlaf sagte und fand so heraus, dass er eigentlich ein, ganz
normaler, Schneider war. Sie berichtete dies sofort ihrem Vater, der seinen Männern befahl,
dass sie den Schneider entführen und auf ein Schiff bringen sollten. Doch auch das schlägt
dank des Einfallsreichtums des Schneiderleins fehl und so bleibt dieser sein Leben lang,
König.16�
16 Zusammenfassung der Handlung: Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 127.
19
4. Märchenanalyse nach Wladimir Jakowlewitsch Propp
4.1. Die Erforschung der Märchen nach den Theorien von
Wladimir Jakowlewitsch Propp
Wladimir Jakowlewitsch Propp, geboren am 17. April 1895 in Sankt Petersburg gestorben am
22 August 1970 in Leningrad, war ein russischer Folklorist. Er gilt als Begründer der
strukturalistischen Folkloristik, er kommt zu dem Schluss, dass allen von ihm analysierten
Märchen eine feste Handlungsstruktur gemeinsam ist, die einzigen Elemente dieser Struktur
die sich verändern können sind die Funktionen. Die Funktionen müssen, zwar nicht in jedem
Märchen vollständig realisiert sein, bleiben aber in ihrer Abfolge immer gleich.
Zwischen 1914 und 1918 studierte er russische und deutsche Philologie. Danach unterrichtete
er die deutsche Sprache an verschiedenen Hochschulen in Leningrad. Von 1938 bis 1969 war
er Professor für Germanistik, russische Literatur und Folklore an der Staatlichen Universität
in Leningrad. Im Jahr 1928 erschien sein bahnbrechendes Werk Morphologie des Märchens.
Das Buch wurde 1958 in den USA auf englisch veröffentlicht, was Propp weltweite
Anerkennung verschaffte. 1946 erschien das Buch Die historischen Wurzeln des
Zaubermärchens.
Propps Untersuchung liegt eine Anzahl von über hundert russischen Zaubermärchen
zugrunde, die hinsichtlich ihrer Struktur, Funktionen und Motiven miteinander verglichen
werden. Propp stellt dabei fest, dass hinter den inhaltlich variierenden Märchen eine
unveränderliche Tiefenstruktur der Handlung zum Vorschein kommt. Für alle untersuchten
Texte lassen sich dabei grundlegende narrative Einheiten abstrahieren, die Propp als, die
schon oben erwähnten Funktionen, bezeichnet. Propp verband den Begriff Zaubermärchen
mit einem sehr elastischen Handlungsschema, welches eine lange Reihe von Funktionen
umfasst; die Reihe beginnt mit einem Verlust, mit der Zufügung eines Schadens (Raub,
Verjagung u. ä.) oder mit dem Wunsch, eine Sache zu besitzen (der Zar schickt seinen Sohn
nach dem Feuervogel aus) und endet mit der Rückkehr und Heirat des Helden, oder auch mit
seiner Thronbesteigung. Zum Schema gehören die Prüfung des Helden, die Begegnung mit
dem Schenker, der ihm ein Zaubermittel schenkt, mit dessen Hilfe der gesuchte Gegenstand
gefunden wird, schwere Aufgaben, der Kampf mit einem Gegner, Flucht mit Verfolgung usw.
Dabei sind nicht alle Funktionen verpflichtend, die Flucht etwa oder die Thronbesteigung
können fehlen. Im Falle des Kampfes ist es gleichgültig, ob der Held mit den drei Drachen
20
kämpft, welche die Gestirne raubten, oder mit dem Drachen, der einen Brunnen sperrt und als
Tribut Jungfrauen fordert, oder mit dem Riesen, der die Königstochter entführte. Mit diesem
etwas schwammigen Begriff des Zaubermärchens arbeitet Propp in den zwei Abhandlungen
Morphologie des Märchens und Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens. Er spricht
von einem kommpositionellen Kern, der sehr vielen und ganz verschiedenartigen Sujets
zugrunde liegt und bezieht in seiner Analyse Überlieferungen ein, die der Herkunft nach wie
auch dem Inhalt nach verschieden sind: Menschenfresser- Märchen (wie AaTh 327 A Hänsel
und Gretel), Märchen vom guten und vom schlechten Mädchen (AaTh 480), Drachentöter-
Märchen (AaTh 300), Initiationsmärchen u. a17
Jurij M. Lotman definiert in Die Struktur literarischer Texte (1972) als Sujet, die Entfaltung
eines Ereignisses und das Ereignis als einen Übergang über eine semantische Grenzlinie, die
sich meist auch räumlich manifestiert. Während es in sujetlosen Texten nicht zu
Überschreitungen bestehender (räumlicher) Grenzen komme, gebe es in sujethaltigen Texten
eine Figur oder eine Gruppe, denen eine Grenzüberschreitung gelinge. Als Beispiel nennt
Lotman ein Weltbild, das eine Unterscheidung in Menschen (Lebende) und Nicht-Menschen
(Götter, Verstorbene, Tiere) kenne. Sei die Grenze zwischen Lebenden und Toten in der
Regel unüberwindlich und meist durch eine räumliche Linie (den Fluss Lethe bzw. Acheron
in der griechischen Mythologie, das Höllentor bei Dante) markiert, so gebe es in sujethaltigen
Texten Figuren, denen eine Grenzüberschreitung gelinge (Aeneas, Telemach, die Figur Dante
in der Divina Commedia, 1307).18
• Der Held (Protagonist) einer Geschichte ist in der Lage, die bestehenden Grenzen zu
überschreiten.
• Der Held ist nicht in der Lage, die bestehende räumliche Ordnung zu überwinden.
Daraus resultiert die Morphologie des Märchens, das heißt die Beschreibung des Märchens
nach seinen Einzelteilen und die Beziehung der Einzelteile untereinender so wie auch im
Bezug auf das ganze Märchen.
Nachdem 1958 Propps beide Werke in den USA herausgebracht wurden, wurden sie
untrennbar mit der Literaturtheorie und der Folkloristik, so wie auch mit dem Strukturalismus
verbunden. Dies Resultierte zur Neuauflage seiner Bücher in Russland (1969), so wie auch
der Übersetzung und Herausgabe in anderen Ländern Europas, Asiens und Südamerika. Dem
folgten zugleich Studien und Anmerkungen anderer Folkloristen und Bedeutungsforscher.
Claude Levi- Strauss war einer der wenigen die Propp kritisierten, obwohl er beide Bücher
17 Vgl.: Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S 14. 18 Vgl.: ebd. S 320.
21
sehr lobte, meinte er, dass Propp viel zu verallgemeinerte Theorien entwickelt ohne jeglichen
Anhang an schon bestehende folkloristische Forschungen, worauf Propp sich äußerte, dass er
keine Theorien auf Basis anderer Forschungen entwickeln konnte, wenn es keine passenden
Forschungen zu dem von ihm befassten Themen gäbe. Er nennt und zitiert in beiden Büchern
zwar viele bedeutende Literaturforscher und auch Experten auf anderen Gebieten der
Wissenschaft, doch deren Literatur dient ihm vor allem zur Sammlung von Informationen, so
wie der Aarne Thompson Index, Das europäische Volksmärchen von Klaus Luthi oder
Struktur und Form von Claude Levi- Strauss und nicht als Ausgangspunkt für seine Theorien.
Propp konzentrierte sich vor allem auf das Märchengut Russlands, welches ihm eine
genügende Anzahl an Geschichten und Handlungen lieferte, das er dann durch Aufteilung in
eine Struktur erfolgreich erforschen konnte, so wie auch Legenden und Erzählungen einiger
afrikanischer und indianischer (ur-) Stämme. Das hatte zur Folge, dass seine beiden Bücher
nur in wenigen Ländern nachgedruckt wurden und somit auch ein fallendes Interesse an dem
Thema. Der letzte Nachdruck von Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens und der
Morphologie des Märchens in Deutschland war 1990, im Unterschied zu Slowenien, wo der
letzte Nachdruck der Morphologie des Märchens im Jahre 2005 war. Die letzte,
deutschsprachige, Forschungsarbeit die sich mit seinen Beiden Werken befasste war Der
strukturalistische Zirkel, von Serena Grazzini, aus dem Jahr 1999, der die Theorien über
Mythos und Märchen umfasste. Das Interesse an seinen Theorien, scheint zwar zu verblassen,
vor allem, weil er sich, hauptsächlich nur mit dem russischen Märchengut befaste, doch dank
seiner beiden Werke, kann man heute, auf eine präzise, Grundstruktur der Zaubermärchen
zurück greifen, die man mit dem Märchengut der ganzen Welt verbinden kann. Um
erfolgreich eine Struktur zu erschaffen, die den meisten Märchen gleich sein könnte, waren
die einzigen brauchbaren Ressourcen für ihn immer noch die Märchen selbst. Die
verallgemeinerten Theorien, sind also das Resultat der Verallgemeinerung der einzelnen
Elemente, aller ihm bekannter Märchen und nicht nur die der russischen Folkloristik.19
19 Vgl.: Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S 322.
22
4.2. Die Erforschung der Märchen Der gestiefelte Kater und Das
tapfere Schneiderlien nach den Theorien von Wladimir
Jakowlewitsch Propp
4.2.1 Die Struktur des Märchens
Um die Struktur des Märchens besser zu erfassen, muss man die einzelnen Sujets in der
Handlung parallel untersuchen.
Mit welchen Methoden bekommen wir eine genaue Beschreibung des Märchens?
Benutzen wir folgende Zufälle aus drei verschiedenen Märchen:
1. Der Vater gibt seinem jüngsten Sohn den Kater. Der Kater verhilft dem Jungen zum
Reichtum. (Der gestiefelte Kater)
2. Der Fremde bezahlt Hans für die Kuh, mit magischen Bohnen. Aus den Bohnen
wächst eine Ranke die Hans zum Schloss des Riesen führt, dessen Reichtümer er sich
dann aneignet. (Hans und die Bohnenranke)
3. Der Älteste bekommt einen unscheinbaren, kleinen Tisch, der Mittlere bekommt einen
Esel und der Jüngste bekommt von seinem Meister einen Knüppel im Sack. Der
Knüppel verdrischt den Wirt und alle zusammen gehen mit Ihren magischen
Geschenken Nachhause. (Tischlein deck dich, Goldesel und Knüppel aus dem Sack)
In den obigen Fällen, gibt es ständig wechselnde Elemente. Es wechseln sich die
Bezeichnungen und mit ihnen die Attribute der Figuren, nicht aber ihre Funktionen. Der
Vater, der Fremde und die drei Meister, beschenken je einen der Helden mit einem
ungewöhnlichen Geschenk, jedes dieser Geschenke hat eine eigene, besondere Kraft, die dazu
dient, dem Besitzer das Leben zu erleichtern. So kann man die Märchen also durch die
Figuren erforschen, die sich ähneln.20
20 Vgl.: Vladimir Propp, Morphologie des Märchens, S 97.
23
4.2.2 Die Funktionen in Der gestiefelte Kater und Das tapfere
Schneiderlein
Nach Propp, ist das Märchen der Spiegel des jeweiligen Zeitalters in dem es entstanden ist
deshalb sucht man in ihm auch die Elemente eben dessen. Diese Elemente bezeichnet Propp
als Funktionen, diese beinhalten alle Figuren, Motive, Situationen, Handlungszeit und
Handlungsverläufe die im Märchen vorkommen und auch untereinander interagieren. Sie sind
unveränderliche Elemente des Märchens die, ungeachtet dessen, wer sie steuert, oder wie sie
entstehen, die Grundelemente des Märchens bilden. Die Funktionen der Figuren repräsentiert
die Grundelemente des Märchens, jede einzelne Figur steuert zu der Fortführung der
Handlung bei. Diese Funktionen basieren auf dem Status den die Figur im Märchen hat oder
erhält, deshalb sind sie wichtig für die Handlung. Aber sie können auch variieren vor allem im
Bezug auf den/ der Hauptcharakter/ die Hauptcharaktere und die Geschehnisse. Motive sind
bestimmte Absichten der Funktionen, die sich durch die Geschichte entweder verändern, die
Figur des Jungen in Der gestiefelte Kater wollte zuerst nur ein ganz normales Leben führen,
doch er wurde, dank seines Katers, zum Grafen, oder steigern, die Figur des Schneiders in
Das tapfere Schneiderlein wollte zuerst auf Reisen gehen um den Menschen zu zeigen, dass
er ein Held ist und am Ende wurde er König. Ein Motiv ist z. B. die Prüfung des Riesen, weil
er dem Schneider beweisen will, dass er stärker ist.21
Zuerst muss man die Handlungszeit der Geschichte bestimmen, bei Der gestiefelte Kater ist
es das hohe Mittelalter (wahrscheinlich Ende des 15. oder am Anfang des 16. Jh.). Ein
genaueres Datum kann man nicht bestimmen, da es sich um ein Volksmärchen handelt und es
genau so gut schon vor dem Mittelalter entstanden sein könnte, was ich mit der
hypothetischen Veränderung der Funktionen beweisen werde, aber man kann sich mit einigen
der Elemente aus dem Märchen selbst helfen so wie mit den Figuren, diese sind:
Ein junger Mann
Die Protagonisten sind ein junger Mann (ein Müllerssohn) und sein Kater, der ihm als
Erbschaft hinterlassen wurde. Der Beruf eines Müllers galt im Mittelalter als ein respektabler
Beruf, gleich gestellt mit dem Schmied aber immer noch vom Adel viel mehr angesehen als
beispielsweise ein Bauer. Ein Müller besitzt eine Mühle, und stellt nicht nur Mehl her sondern
21 Vgl.: Vladimir Propp, Morphologie des Märchens, S. 27.
24
handelt auch mit den verschiedensten Weizengütern. Die Menschen mit denen er handelt sind
nicht nur Bauern oder Kaufleute sondern auch Abgesandte der Adeligen (oder sogar Adelige
selbst). Man kann also sagen, dass der Müller zu den eher vermögenden Leuten der damaligen
Zeit gehört.22
Der Kater
Der Kater ist ein typisches Haustier für einen Müller. In der Mühle gibt es wegen der
Weizenkörner immer viele Ratten und Mäuse, deshalb ist ein Kater als Haustier ideal, da er ja
ein sehr guter Jäger ist. Diese Funktion des Katers wird auch im Märchen erwähnt.
Es war einmal ein Müller, der hatte drei Söhne, seine Mühle, einen Esel und einen Kater; die
Söhne mussten mahlen, der Esel Getreide holen und Mehl forttragen, die Katze dagegen die
Mäuse wegfangen23
Der König und die Adeligen
Es gibt aber auch noch einen König, seine Tochter und dessen Hofstab. Historisch gesehen
gibt es Herrscher (König, Kaiser, Imperator...) und Adelige (Graf, Herzog...) schon seid dem
Bronze Zeitalter, dass es sich hier um einen Herrscher aus dem hohen Mittelalter handelt
erkennt man vor allem an der Tatsache, das er einen großen Hoffstab besitzt und sehr viel auf
Prunk und auf Gemütlichkeit gibt, was man sehr gut an seinen Erwartungen des Besitzes und
der Schätze des vermeidlichen Grafen (der junge Müllersohn) erkennen kann.24
Der König aber war mit dem Grafen und der Prinzessin weiter spazieren gefahren, und kam
zu der großen Wiese. „Wem gehört das Heu?“ fragte der König. „Dem Herrn Grafen“,
riefen alle, wie der Kater ihnen befohlen hatte. „Ihr habt da ein schön Stück Land, Herr
Graf“, sagte der König. Danach kamen sie an das große Kornfeld. „Wem gehört das Korn,
ihr Leute?“ – „Dem Herrn Grafen.“ – „Ei! Herr Graf! Große, schöne Ländereien!“ –
Darauf zu dem Wald: „Wem gehört das Holz, ihr Leute?“ – „Dem Herrn Grafen.“ Der
König verwunderte sich noch mehr und sagte: „Ihr müsst ein reicher Mann sein, Herr Graf,
ich glaube nicht, dass ich einen so prächtigen Wald habe.“ Endlich kamen sie an das
Schloss, der Kater stand oben an der Treppe, und als der Wagen unten hielt, sprang er
herab, machte die Türe auf und sagte: „Herr König, Ihr gelangt hier in das Schloss meines
22 Vgl.: Friedrich Heer, Mittelalter, Vom Jahr 1000 bis 1350, Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co.KG, München, 1983, S. 138 (weiter: Friedrich Heer, Mittelalter, Vom Jahr 1000 bis 1350, S. 138). 23 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 865. 24 Vgl.: Friedrich Heer, Mittelalter, Vom Jahr 1000 bis 1350, S. 673.
25
Herrn, des Grafen, den diese Ehre für sein Lebtag glücklich machen wird.“ Der König stieg
aus und verwunderte sich über das prächtige Gebäude, das fast größer und schöner war als
sein Schloss; der Graf aber führte die Prinzessin die Treppe hinauf in den Saal, der ganz von
Gold und Edelsteinen flimmerte.25
Genau so wie Der gestiefelte Kater, kann man auch Das tapfere Schneiderlein nach seinen
Funktionen aufteilen. Auch hier ist die Handlungszeit das Mittelalter (wahrscheinlich genau
so das hohe Mittelalter) die Figuren die das bestätigen können sind.
Der Schneider
Der Protagonist ist der tapfere Schneider der durch die Anhäufung von Zufällen und seine
eigene List, am Ende ein König wird. Der Beruf des Schneiders war im Mittelalter, als es
noch keine riesigen Textilfabriken gab, so wie heutzutage, genau so wie der, des Müllers in
Der gestiefelte Kater, ein respektabler und notwendiger Beruf. Da die Schneider dafür
sorgten, dass die Menschen Kleidung zum anziehen hatten, kann man annehmen, das sie
immer genug Arbeit (flicken, nähen, anfertigen, säubern, erweitern, verlängern, kürzen usw.)
und auch ein beachtliches Vermögen hatten (jedenfalls die, die Aufträge von Adeligen, den
Angehörigen der Kirche oder sogar vom König selbst bekamen; so wie im Märchen des
Kaisers neue Kleider (Hans Chrisitan Andersen, 1837).26
Die Riesen
Die Riesen sind mythologische Kreaturen, die unnatürlich groß sind. Die Riesen sind als sehr
große Menschen-ähnliche Wesen dargestellt, meistens sind sie Böse (so wie Goliath aus der
biblischen Erzählung David gegen Goliath (Die Bibel, altes Testament, das Buch Samuel
Kap. 17), die Zyklopen aus der Odyssee (Homer, spätes 8. Jahrhundert v. Chr.) oder der Riese
der im Schloss auf den Wolken lebt, aus dem Märchen Hans und die Bohnenranke (Benjamin
Tabart, 1807), aber es gibt auch gutmütige Riesen, so wie der Pelzwandler Beorn aus dem
Hobbit (J.R.R Tolkien, 1937). In den meisten Märchen sind Riesen die Beschützer von
Schätzen, oder wachen über Prinzessinnen, die von ihnen entführt wurden, oder, wie im
Märchen Das tapfere Schneiderlein, schreckliche Räuber, die Menschen töten und ihnen ihr
Hab und Gut stehlen.
25 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 139. 26 Vgl.: Friedrich Heer, Mittelalter, Vom Jahr 1000 bis 1350, S. 683.
26
In einem Walde seines Landes hausten zwei Riesen, die mit Rauben, Morden, Sengen und
Brennen großen Schaden stifteten; niemand dürfte sich ihnen nahen, ohne sich in
Lebensgefahr zu setzen.27
Man kann nur annehmen, wie diese Figur entstanden ist, es könnte sein, dass die Idee des
Riesen durch Menschen inspiriert wurde die eine überdurchschnittliche Größe erreichten,
auch heutzutage werden solche Menschen als Riesen bezeichnet, jedoch hat diese
Bezeichnung nichts mit den Figuren aus Märchen und Sagen gemeinsam, sondern dient nur
als Darstellung der Größe der Person, oder auch, mit einer negativen Konnotation, als
Beleidigung. Dadurch wurden diese Personen entweder zu Außenseitern der Gesellschaft oder
auch zu Anführern des Volkes, da man ja annahm, das die Größe ein Geschenk der Götter
war. Ein gutes Beispiel dafür ist die Erzählung über den Kampf von David gegen Goliath.
Während Goliath von den Israeliten als ein riesiges, blutrünstiges, Ungeheuer, das 100
Männer zugleich tötete, beschrieben wurde, war er für sein Volk, die Felistäer, ein großer,
tapferer, gerechter und kluger Herrscher, dessen Größe als ein übernatürlicher Segen
verstanden wurde.
Das Einhorn
Neben den Riesen kommt in diesen Märchen noch ein mythologisches Wesen vor, das
Einhorn. In Das tapfere Schneiderlein ist es ein Wesen vor dem jeder im Königreich angst
hat.
Ehe du meine Tochter und das halbe Reich erhältst“, sprach er zu ihm, „musst du noch eine
Heldentat vollbringen. In dem Walde läuft ein Einhorn, das einen großen Schaden anrichtet,
das musst du erst ein fangen. 28
Einhörner sind weiße Pferde (oft Stuten) mit einem Horn auf dem Kopf, sie sollen die
personifizierte Unschuld repräsentieren. Man ist jedoch uneinig, was die Fähigkeiten dieser
mysteriösen Wesen angeht, so schreibt man ihnen die verschiedensten übernatürlichen Kräfte
zu, vom fliegen, auf dem Wasser laufen, Heilung tödlicher Wunden bis zur Wiederbelebung
der Toten und angeblich können sie von keinem Menschen berührt werden außer von
Jungfrauen. Ein Wesen das dem Einhorn ähnelt (jedenfalls hat es die Form eines Pferdes) ist
Pegasus das geflügelte Pferd welches dem Helden Bellerophon als Geschenk von der
griechischen Göttin der Weisheit, Athene, übergeben wurde um ihm zu helfen ein anderes
mythologisches Wesen, die Chimäre, aus der Luft zu töten.
27 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 132. 28 ebd, S. 134.
27
Die Pferde sind eins der ältesten Fortbewegungsmittel des Menschen und wurden von vielen
alten Kulturen und Herrschern respektiert, so wie, Bukephalos, das Pferd von Alexander dem
Großen, welchem der Feldherr zu Ehren eine Stadt bauen ließ, Alexandria Bukephalos, das
heutige Lahore, deshalb ist es kein Wunder, dass Pferde-ähnliche Kreaturen, so wie Einhörner
oder Pegasus, in Mythen, Sagen, Legenden und Märchen immer etwas höheres,
übernatürliches, reines, gutes und respektvolles darstellen.
Der König und die Adeligen
Genau so wie bei Der gestiefelte Kater, gibt es auch bei Das tapfere Schneiderlein einen
König, eine Prinzessin und den Hoffstab. Der König ist genau so vermögend und stellt auch
große Erwartungen an den Helden, im Unterschied zu Der gestiefelten Kater, wo der König
nur das Vermögen des Grafen sehen will, um ihn als würdigen Gatten für seine Tochter zu
akzeptieren, stellt der König, im tapferen Schneiderlein, dem Schneider Prüfungen auf, so wie
das bezwingen der Riesen, die Gefangennahme des Einhorns und das Erlegen des
Wildschweins, die dieser jedoch nicht bestehen soll.
28
4.2.2.1 Die hypothetische Veränderung der Funktionen der
Märchen Der gestiefelte Kater und Das tapfere Schneiderlein
Nach Propp, können die einzelnen Elemente der Märchen ausgewechselt werden und schon
kann man sehen, welche Funktionen sich alles verändert haben und welche gleich bleiben.
Angenommen, dass Der gestiefelte Kater schon seit der Antike existiert. Ändern wir das
unbekannte Königreich mit dem alten Ägypten, der Müllersohn bleibt, nur die Mühle wird
durch einen Mühlenstein ersetzt, da es zu dieser Zeit noch keine Mühlen gab, die denen aus
dem Mittelalter gleichen würden. Der König wird zum Pharao und die Prinzessin und der
Hoffstab bleiben gleich.
Wie man erkennen kann, gibt es bisher keine größeren Änderungen die auf die Handlung
Einfluss nehmen könnten, aber was ist mit dem Kater?
Die Katzen waren im alten Ägypten als heilige Tiere anerkannt, der Mythologie nach, waren
sie die Wächter über das Reich der Toten und der Lebenden zugleich (zu vergleichen mit dem
Sensenmann in Europa oder den Shinigami in Japan nur, dass diese beiden Figuren die
Funktion haben die Seelen der Toten ins andere Reich zu bringen), die Wahrscheinlichkeit,
das ein Müller (der zu dieser Zeit mehr ein Sklave war als ein selbständiger freier Mann) ein
solches heiliges Tier besaß, war sehr gering aber nehmen wir mall an, dass es ein Streuner
war, der eines Tages zur Mühle kam und sie nicht mehr verlassen wollte.
Der böse Zauberer, den der Kater am Ende besiegt, könnte ein wohlhabender Priester sein, ein
Herrscher eines benachbarten Landes der Zauberei beherrscht oder sogar eine Gottheit. Es
muss jedenfalls eine Person sein, die Wohlhabend ist und zaubern kann, damit es viel leichter
nachzuvollziehen ist, wieso er sich in ein Tier verwandeln kann.
Ändern wir nun die Geschichte wie wir sie aus dem Grimmschen Märchen kennen und passen
sei dem alten Ägypten an.
Es beginnt mit dem Tod des Müllers und der ungleichen Erbschaft zwischen seinen Söhnen,
der Ältere bekommt die Mühle, der Mittlere einen Esel und der Jüngste soll den Kater
bekommen. Der Jüngste ist wütend über seine Erbschaft und entschließt sich in die Wüste zu
fliehen. In der Wüste plagen ihn bald Durst und Hunger, er hat zwar einen Kater, aber er will
ihn nicht töten um zu überleben, weil dieser ja ein heiliges Tier ist und entschließt sich lieber
zu sterben. Der Kater erkennt dies und gibt sich seinen Herren als ein mystisches Wesen zu
erkennen, als sein Schutzgeist. Gerührt von dem Opfer des Jungen und dem Respekt dem er
ihm gibt, entschließt sich der Kater, ihm zu helfen, ein mächtiger und wohlhabender König zu
29
werden.29 Ab hier nimmt es wieder den gleichen Lauf wie bei Der gestiefeltem Kater der
Grimms. Der Kater geht auf die Jagd und gibt den Pharao von Ägypten seine Beute als
Geschenk im Namen seines Herren des Königs eines unbekannten Nachbarlandes der in
Wahrheit der junge Sklave ist.30 Der Pharao wird neugierig auf diesen König, der ihn immer
wieder durch seinen merkwürdigen Diener (dem Kater) mit denn prachtvollsten Tieren
beschenkt und befiehlt dem Kater, dass er ihn zu seinen Herren führen soll. Er geht zusammen
mit seiner Tochter und seinem Hoffstab dem unbekannten König entgegen, da der Kater ja
meinte, dass sein König schon zum Pharao unterwegs sei. Der Kater läuft seinem Herren
entgegen und sagt ihm er soll ein Bad im Nil nehmen. Als der Pharao mit seinem Gefolge bei
den beiden ankommt, meint der Kater, das sein Herr von Banditen überfallen und in den
heiligen Nil geworfen wurde. Der Pharao rettet den Jungen und zusammen fahren sie zu dem
wohlhabenden Königreich welches der unbekannte König besitzt.31 Der Kater läuft ihnen
voraus in das Königreich eines mächtigen, bösen Schamanen, der durch seine schwarze
Magie über die dortigen Stämme herrscht. Er droht, den Eingeborenen auf die er trifft, dass
sie, falls sie jemand fragt, wem all diese Ländereien gehören, antworten sollen, sie seien der
Besitz des jungen Königs, sonst würde er/ der Kater sie alle töten. Da die Täuschung gelingt,
geht der Kater nun zu der Stadt des bösen Schamanen, um seine vermeidlichen Zauberkünste
zu testen. Er überredet den Schamanen, sich in eine Maus zu verwandeln, als dieser das tut,
tötet er ihn und übernimmt dessen Stadt im Namen seines Herren. Als der Pharao mit dem
Jungen und seinem Hoffstab in der Stadt ankommt, ist er so von ihr begeistert, das er dem
jungen König die Hand seiner Tochter zur Vermählung überreicht und ihm zum rechtmäßigen
Erben über Ägypten erklärt. Der Kater wird zur Gottheit erklärt und bekommt seinen eigenen
Tempel in dem er von jedem angebetet wird.32
Wie man erkennen kann, ist die Geschichte, was die Handlung angeht, bis auf einige
Kleinigkeiten identisch mit der, der Brüder Grimm. Alle wichtigen Akteure sind vorhanden
und durch den damaligen Glauben, könnte sie genau so ähnlich erzählt worden sein. Ich habe
alle bedeutenden Funktionen und Elemente einbezogen, die die Handlung umfassten bis zu
ihrem, glücklichen Ende. Das einzige was ich ausgelassen habe, waren die Stiefel, aber die
könnten genau so gut einbezogen werden, als Sandalen, oder ein ähnliches Schuhwerk, das zu
der Zeit getragen wurde. Die Stiefel könnten aber genau so gut, durch die mündliche
Überlieferung, dazu gekommen sein.
29 Angepasst an die Handlung: Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 865-866. 30 Angepasst an die Handlung: ebd, S. 866-867. 31 Angepasst an die Handlung: ebd, S. 867-868. 32 Angepasst an die Handlung: ebd, S. 868-870.
30
Die Geschichte Das tapfere Schneiderlein könnte wiederum sehr gut zu den alten
griechischen Legenden passen, wo tapfere Männer und Frauen sich durch ihre List und
Geschicklichkeit den Göttern (d.h. den personifizierten Naturgewalten) entgegenstellten und
sich so ihren Respekt oder auch Hass verdienten, so wie Odysseus, Jason und die Argonauten
oder Herkules.
Ändern wir nun wieder das unbekannte Königreich in das Griechenland der Antike, der
Schneider bleibt. Der König kann in einen der Götter geändert werden; wegen des Rufes ein
großer Krieger zu sein, der dem Schneider nachgesagt wird, wäre es passend wenn es Ares
wäre, der Gott des Krieges, es kann aber auch einer der Könige von Sparta sein, weil Sparta ja
ein Militaristischer Staat war und Ares als Schutzgott hatte. Die Prinzessin bleibt, genau so
wie der Hoffstab und die Soldaten werden zu Hopliten (das war die Bezeichnung für die
spartanischen Krieger).
Genau so wie bei Der gestiefelten Kater, kann man auch in Das tapfere Schneiderlein
erkennen, dass es keine großen Änderungen gibt die auf die Handlung Einfluss nehmen
könnten.
Ändern wir nun die Geschichte, nach dem Beispiel von Der gestiefelten Katers und fügen wir
die oben erwähnten, Veränderungen in die Handlung ein:
Es beginnt mit dem Schneider, der in einem kleinen Dorf lebt und eines Tages von einer alten
Hirtin Ziegenkäse kauft, denn er sich aufs Brot streicht. Als er dann das Brot wecklegt um
seine Arbeit weiter zu führen, beginnen Fliegen darüber zu schwirren, der Schneider erzürnt
sich und schlägt mit seiner Hand auf die Fliegen ein. Es gelingt ihm gleich alle sieben Fliegen
tot zu schlagen was ihn so erfreut, dass er sich entschließt seine Meisterleistung der Welt zu
offenbaren und fertigt sich einen Gürtel an mit der Aufschrift Sieben auf einem Streich. Er
denkt sich, dass ein Mann der so etwas schafft zum höheren bestimmt ist als einfach nur ein
Schneider zu sein also will er gleich das höchste Gut anstreben, das er sich vorstellen kann,
ein eigenes Königreich.33
Ab hier nimmt es wieder den gleichen Lauf wie im Das Tapfere Schneiderlein der Brüder
Grimm. Der Schneider trifft auf einen Zyklopen (es kann auch ein Riese sein oder ein Titan,
aber bleiben wir bei dem Zyklopen, weil sie viel eher mit der altgriechischen Mythologie
verbunden sind) und bietet ihn an mit ihm zu reisen, der Zyklop lacht den Schneider aus, doch
dieser macht ihn gleich auf die Aufschrift seines Gurtes aufmerksam. Der Zyklop ist
beeindruckt vor dem was auf dem Gürtel steht doch zur Sicherheit prüft er den Schneider,
33 Angepasst an die Handlung: Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S 127- 129.
31
zuerst mit dem Stein, dann mit dem Steinwurf, dem tragen des Baumes und dem Sprung über
einem Baum doch der kleine Schneider meistert alle Aufgaben, auf die gleiche Art wie im
Grimmschen Märchen. Nachdem er durch Glück auch das Schlaffen in der Höhle der
Zyklopen überlebt, welche er durch sein Auftauchen am Morgen dann in die Flucht schlägt,
geht er nach Sparta.34
Dort angekommen, legt er sich unter einem Baum vor den Toren der Stadt und schläft,
erschöpft von der Reise, ein. Die Bevölkerung und die Hopliten bemerken den Fremden unter
den Baum und nehmen ihn in Augenschein, als sie dann seinen Gürtel sehen, laufen die
Hopliten sofort zum König, um ihn von dem großen Krieger, der Sieben auf einem Streich
erschlägt, zu berichten. Der König wird neugierig auf den Fremden über den ihm berichtet
wurde und lässt ihn zu sich bringen. Der Schneider versichert dem König, dass das was auf
seinem Gurt steht, der Wahrheit entspricht, jedoch läst er absichtlich die Tatsache aus, dass es
sich bei den besagten Sieben um Fliegen handelt und nicht um Krieger, worauf der König sich
entschließt den Schneider/ großen Krieger (wie er nun genannt wird) zu prüfen und falls
dieser die Prüfungen besteht, bekommt er den Thron, die Prinzessin und die Herrschaft über
ganz Sparta. Der Schneider willigt ein.
Zuerst soll er zwei Zyklopen bezwingen, die oft nach Sparta kommen und die kleineren
Dörfer terrorisieren. Dem Schneider gelingt es, die beiden Zyklopen gegen einander
aufzubringen, so das sie sich letztendlich untereinander töten. Als die Hopliten dann
erscheinen, sehen sie den Schneider zwischen den beiden blutgetränkten Leichen der
Zyklopen, siegreich, stehen, als ob er sie selbst getötet hätte.35
Der König ist jedoch nicht bereit, seinen Thron und seine Tochter dem Schneider zu geben,
also verlangt er von ihm, dass er ihm ein Einhorn fängt, was der Schneider ohne zu zögern
annimmt. Als der das Einhorn endlich fand, brachte er es dazu, ihn Hals über Kopf
anzugreifen und während es das tat, achtete es jedoch nicht auf den Baum, der sich hinter dem
Schneider befand; Der Schneider sprang aus dem Weg und das Einhorn steckte mit seinem
Horn im Baum fest und konnte sich nicht mehr währen, nun legte der Schneider eine Schlinge
um den Hals des Einhorns, hackte mit einer Axt das Horn vom Baum ab und brachten es vor
den König zum Beweis, dass er es geschafft hatte. Der König war nicht begeistert, doch er
meinte, dass der Fremde noch eine Aufgabe lösen sollte, um sich würdig zu erweisen, der
neue König zu werden. Er sollte einen Eber fangen damit man ihn zum Hochzeitsmall hätte.
Wieder ging der Schneider in den Wald und fand auch schon bald einen großen, wilden Eber.
34 Angepasst an die Handlung: Brüder Grimm; Kinder und Hausmärchen, S. 129- 131. 35 Angepasst an die Handlung: ebd, S. 131- 134.
32
Er lockte das Tier in einen kleinen Tempel, dort angekommen, sprang er dann durch ein
kleines Fenster und während der Eber, der ihm in den Tempel folgte, noch nach dem
Schneider suchte, ging dieser, von Außen, zurück zum Eingang und sperrte das Tier im
Tempel ein, damit die Jäger es dann töten könnten. Der König, gab sich geschlagen und
übergab dem Schneider sein Königreich und seine Tochter. Diese bekommt später heraus, wer
ihr Ehemann in Wirklichkeit ist, aber genau so wie bei Das tapfere Schneiderlein der Brüder
Grimm, gelingt es auch diesem Schneider, die Situation zu meistern und er bleibt seinen
Lebtag König von Sparta.36
Die Geschichte, wurde, genau so wie am Beispiel von Der gestiefelte Kater, was die
Handlung angeht, bis auf einige Details identisch erzählt wie die der Brüder Grimm. Alle
wichtigen Akteure sind vorhanden und durch die damalige Mythologie, könnte sie genau so
ähnlich erzählt worden sein. Alle bedeutenden Funktionen, die am Anfang aus dem
Grimmschen Märchen verändert wurden und die, die Handlung bis zu ihrem, glücklichen
Ende umfassen, wurden einbezogen.
Der Theorie von Propp nach, ist die Technik wie das Märchen erzählt wird nicht wichtig,
sondern eher ihr sozialer Entstehungsmoment und ihre Zugehörigkeit zur sozialen Struktur.
Aber da Volksmärchen wie Der gestiefelte Kater und Das tapfere Schneiderlein durch
mündliche Überlieferung weitergegeben wurden, ist die Erforschung eben solcher Märchen
eine Sache der Intuition. Man muss nicht nur auf die historischen Elemente achten, sondern
auch auf die einzelnen Funktionen, wie sie im Märchen vorkommen und letztendlich den
Handlungsstrang des Märchens bilden.37
Nehmen wir an, die beiden Märchen existierten in einer solchen Form schon in der Antike im
alten Ägypten und Griechenland, wie sind sie dann von dort nach Deutschland des 17.
Jahrhunderts gekommen? Durch die, schon erwähnte, mündliche Überlieferung, doch wie
könnte sie verlaufen haben. Es könnte sein, dass die Geschichte über Der gestiefelte Kater
von römischen Soldaten gehört wurde, die zur Zeit von Julius Cäsar in Ägypten stationiert
waren und, weil sie ihnen interessant erschien, haben sie sie, kurzerhand, übernommen. Man
braucht nur sehr wenig zu ändern, um die Geschichte dann in die antike römische Kultur zu
transformieren. Der Müllerssohn bleibt und auch der Kater, aber hier ist er nicht mehr ein
heiliges Tier sondern ein ganz gewöhnliches Haustier, dass von seinem Herren ein Paar
Sandalen geschenkt bekommt, aus Ägypten wird Rom, vielleicht das alte Rom aus den
damaligen Sagen um den Ganzen eine märchenhafte Aura zu geben, aus dem Pharao wird der
36 Angepasst an die Handlung: Brüder Grimm; Kinder und Hausmärchen, S. 134- 136. 37 Vgl.: Vladimir Propp; Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 15.
33
Kaiser, der Hoffstab und die Prinzessin, ändern nur ihr Aussehen, damit der Zuhörer sie sich
besser vorstellen kann, der böse Zauberer wird durch einen Stammeshäuptling ersetzt welcher
barbarische Rituale beherrscht und schon haben wir eine neue Geschichte, mit der gleichen
Handlung. Den gleichen Prozess kann auch die griechische Version von Das tapfere
Schneiderlein durchgemacht haben, römische Soldaten, könnten das Märchen in Griechenland
gehört haben und es, wie Der gestiefelte Kater, einfach in ein römisches Märchen
umgewandelt (mit den passenden Figuren, der Handlung usw.). Es genügt also nur eine
leichte Variation der gesellschaftlichen Elemente und die Geschichte kann wieder vom neuen
erzählt werden. Man kann also annehmen, dass diese Änderungen so lange vollzogen wurden,
bis sie, letztendlich von jemanden (so wie den Brüdern Grimm) niedergeschrieben wurden.
Aber wie schon erwähnt ist das nur eine Annahme, eine Auslegung der Funktionen, die man
intuitiv zusammenstellen kann, weil ja keine tatsächlichen Beweise vom Ursprung sowohl
von Der gestiefelte Kater wie auch vom Das tapfere Schneiderlein bestehen bis auf die, die
Autoren, der Geschichte niedergeschrieben haben, doch selbst die können wage sein. Aber
man kann sich bei der Folkloristik nicht allein auf die Intuition verlassen, denn diese
verursacht viel zu viele verschiedene Variablen, die man nicht beweisen kann. Man kann
nicht sagen, dass es ein altägyptisches Märchen über von Der gestiefelte Kater oder ein
altgriechisches Märchen von Das tapfere Schneiderlein gibt, man kann zwar versuchen, sie
umzusetzen, dass sie zu dieser Zeit passen würden, aber da keine Aufzeichnungen aus dieser
Zeit existieren, die diese Theorie beweisen können, so bleibt es eben nur eine Annahme.38
4.2.3 Die Funktionen in den Märchen
Der gestiefelte Kater und Das tapfere Schneiderlein
Propp befasst sich nicht nur mit dem Ursprung der einzelnen Märchen, sondern mit dem
schon erwähnten sozialen Entstehungsmoment und der Struktur, da beide Märchen von den
Brüdern Grimm niedergeschrieben wurden um das Märchengut Deutschlands zu bewahren,
gehen wir also davon aus, dass es Märchen sind, die ihre Wurzeln in der europäischen
Folkloristik des 17.Jhr. haben. Jetzt haben wir also einen Entstehungsort und eine
Entstehungszeit, weiter müssen wir die historischen, so wie auch die theoretischen
Hintergründe mit Hilfe der Funktionen die Propp allen Märchen zugeordnet hat, strukturieren.
38 Vgl.:Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 55.
34
Diese sind natürlich nur generell strukturiert und gelten vor allem für das russische
Märchengut, welches sich jedoch nicht von dem westeuropäischen unterscheidet, es geht
eigentlich nur um Unterschiede die sich auf einige Begriffe beziehen, so ist die Figur des
Zaren in den westeuropäischen Märchen gleich der Figur des Königs oder des Kaisers. Man
kann also versuchen, sie dem westeuropäischen anzupassen und nur die Funktionen
hervorheben, die bei Der gestiefelte Kater und bei Das tapfere Schneiderlein auftreten. Die
Funktionen sind jedoch nicht nur begrenzt auf die Figuren, sondern auch auf die
Geschehnisse. Zuerst kommt der Anfang, danach kommen die einzelnen vereinfachten
Situationen, die zusammen mit den Figuren, die Funktionen bilden. Doch zuerst widmen wir
uns den Figuren.39
Die Figuren die bei Der gestiefelte Kater auftreten und ihre Funktionen im Märchen sind: Der Müllerssohn
Seine Funktion im Märchen ist es einen durchschnittlichen Jungen zu repräsentieren, der
durch unerwartete Ereignisse und durch die Hilfe seines Freundes, des Katers, zum Reichtum,
Adelstitel und einer Braut kommt. Am Anfang ist er der gewöhnliche Junge dessen Vater
gestorben ist und der deshalb sein Glück in der Ferne sucht. Dann wird er, durch die Lüge des
Katers, zum Grafen, doch bevor er seinem neuen Titel gerecht wird und seinen Reichtum
beweisen kann, muss er noch das angebliche Opfer einer Räuberbande werden.
Der gestiefelte Kater
Seine Funktion ist die des magischen Helfers und des zweiten Helden des Märchens. Am
Anfang ist er nur ein ganz gewöhnliches Haustier, das zum Mäusejagen benötigt wird, dann
wird er zum Retter in der Not für seinen Herren, er erfüllt zuerst die Aufgabe des Jägers und
danach macht er sich selbst zum Boten eines fiktiven Grafen, bis er, letztendlich, zum
Bezwinger über den bösen Zauberer wird und zum Adeligen.
Die Stiefel
Eigentlich sind sie ja keine lebendige Figur und auch kein magischer Gegenstand im
Märchen, aber sie erfüllen trotzdem ihre Funktion indem sie den Kater erlauben, als Mensch
aufzutreten. Ohne sie wäre der Kater eben nur ein sprechender Kater, aber durch ihre Hilfe,
konnte niemand wirklich sagen ob er nun ein Tier oder ein Mensch ist, ich nehme an durch
dieses merkwürdige, gestiefelte Auftreten, erregte er die Neugier des Königs und seines Hofes
39 Vgl.: Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 39.
35
über den Grafen. Was ist das für ein Graf, der so einen merkwürdigen Boten zum König
schickt und dann noch mit so schmackhaften Geschenken?
Der verblichene Vater
Er erfüllt die Funktion des Beschenkens. Durch seine Teilung des Besitzes, zwingt er seinen
jüngsten Sohn auf Reisen zu gehen und durch das Geschenk, den Kater, ein besseres Leben zu
führen.
Der König
Er ist, der regierende über das Land, die höchste Institution, wenn es um Recht und Ordnung
geht und was das Wichtigste ist, er ist der einzige Weg, um dem Müllersohn zu einem
besseren Leben zu verhelfen. Seine Funktion ist es, den Grafen, am Ende die Hand seiner
Tochter zur Vermählung zu geben und ihn zum rechtmäßigen Erben seines Thrones zu
erklären.
Die Prinzessin
Sie ist das Ziel, die Belohnung für den Müllersohn, erst mit der Heirat, der beiden, wird das
Ende des Märchens zum glücklichem Ende. Jetzt hat der Junge alles was man sich wünschen
kann, nicht nur Reichtum und Macht, sondern auch noch eine Begleiterin, mit der er alles
teilen kann.
Der Hoffstab
Sie dienen dem König, nicht mehr und nicht weniger.
Der Zauberer
Er ist der Antagonist, des Märchens. Der einzige, der dem Kater im Weg steht um seinen
Herren das Leben zu bieten, das er (nach des Katers Meinung) verdient hat. Interessant ist,
das er nicht als böse beschrieben wird, sondern nur als reich. Die Tatsache, dass er ein
Zauberer und dazu noch vermögend ist, sollte wohl genügen um zu vermuten, dass er sich
diesen Reichtum nicht durch ehrliche Arbeit und gute Taten verdient hat. Er muss auf jeden
Fall bezwungen werden, damit die Lüge des Katers und seines Herren nicht entdeckt wird und
damit das Märchen zum glücklichen Ende kommt.
36
Genau so werden auch bei Das tapfere Schneiderlein zuerst die einzelnen Figuren und ihre
Funktionen dargestellt:40
Das tapfere Schneiderlein
Seine Funktion im Märchen ist es, einen durchschnittlichen Helden zu repräsentieren, der
durch unerwartete Ereignisse und durch seine List, Klugheit und Mut zum Reichtum,
Königreich und einer Braut kommt. Am Anfang ist er ein gewöhnlicher Schneider, der durch
einen Zufall sieben Fliegen auf einen Streich tötet und so begeistert ist von diesem Erfolg,
dass er sich entschließt, der ganzen Welt seine Meisterleistung zu präsentieren. Dann geht er
auf Reisen und wird, durch die ein Missverständnis zum Krieger und am Ende der König über
das ganze Land.
Die Bauersfrau
Ihre Funktion ist es dem Schneider das Pflaumenmus zu verkaufen welches dann von den
Fliegen befallen wird.
Die Fliegen
Durch die Fliegen, um genau zu sein, durch das Besiegen der Fliegen, entschließt sich der
Schneider erst auf die Reise zu gehen.
Die Riesen
Sie sind die Antagonisten des Märchens, der Schneider trifft 2 mal auf verschiedene Riesen.
Der Erste ist der Riese, der auf dem Berg sitzt und den Schneider prüft, gleich danach
kommen noch die anderen Riesen aus der Höhle in der, der Schneider die Nacht verbringen
soll.
Die zweite Begegnung ist dann mit den beiden Riesen, welche der Schneider im Auftrag des
Königs besiegen soll.
Der König
Er ist, der Herrscher über das Land und zugleich der zweite Prüfer des Schneiders. Er
versucht, sich des Helden zu entledigen, doch dieser ist viel zu listig und am Ende verliert der
König seine Tochter und sein Königreich and den Schneider.
40 Vgl.:Vladimir Propp, Morphologie des Märchens, S. 27.
37
Das Einhorn
Ist Teil der zweiten Aufgabe des Schneiders, die er vom König bekommt, er soll es nämlich
fangen und vor dem König bringen. Dem Schneider gelingt dies, dank seiner
Geschicklichkeit, obwohl das Einhorn dabei sein Horn einbüssen muss.
Die Prinzessin
Es ist unklar, welche Gefühle sie gegenüber dem unbezwingbaren Krieger dem sie
versprochen wurde (dem Schneider) hegt, sie tritt erst am Ende des Märchens auf und ist die
erste die hinter die wahre Identität des Kriegers kommt, was ihr aber wenig nützt denn dieser
wurde durch seine Taten unantastbar.
Das Wildschwein
Die dritte und letzte Prüfung des Königs an den Helden. Dem Schneider gelingt es, das Tier in
einer kleinen Kapelle einzusperren und weil er auch die letzte Aufgabe bestanden hat, hat der
König keinen Grund mehr dem Schneider, seine Belohnung zu verwehren.
In Der gestiefelten Kater verbinden sich folgende Geschehnisse mit den schon genannten
Figuren aus dem Märchen:
1. Der Vater, stirbt schon am Anfang und beschenkt den Helden, vor seinem Tod.
2. Der Helfer gibt seine wahre Natur vor dem Helden preis.
3. Der Held verläst freiwillig sein Zuhause.
4. Der Helfer, beweist sich vor dem Helden und bekommt sein Vertrauen.
5. Der Helfer beschenkt den König.
6. Der Helfer führt den König zum Helden.
7. Der König nimmt den Helden unter seinen Schutz.
8. Der Helfer trifft auf den Gegner.
9. Der Gegner demonstriert seine Kräfte.
10. Der Helfer besiegt den Gegner.
11. Der Held gelangt zusammen mit dem König und seinen Begleitern zum Helfer.
12. Der König belohnt den Helden und seinen Helfer.
38
In Das tapfere Schneiderlein sind es folgende Geschehnisse:
1. Der Schneider kauft das Pflaumenmuss von der Bauersfrau
2. Die Fliegen befallen das übriggelassene Brot mit dem Pflaumenmuss und dem
Schneider gelingt es 7 auf einmall zu töten.
3. Der Held fertigt sich einen Gürtel an auf dem seine Meisterleistung eingestickt wird
„Siebene auf einem Streich“41 und geht auf die Reise.
4. Der Schneider trifft auf den Riesen der ihn für einen großen Krieger hält.
5. Der Riese prüft den Schneider und der Schneider besteht alle Prüfungen
6. Der Held kommt zum Schloss des Königs wo man ihn wieder für einen großen
Krieger hält.
7. Der König verspricht dem Schneider die Hand seiner Tochter und die Hälfte seines
Königreiches falls er zwei Riesen tötet.
8. Der Schneider bezwingt die Riesen doch der König verlangt von ihm noch, ein
Einhorn zu fangen.
9. Der Schneider fängt das Einhorn und bringt es vor dem König, der sein Versprechen
immer noch nicht einhalten will.
10. Der König befielt dem Schneider ein Wildschwein zu fangen. Der Schneider schafft
auch diese Aufgabe.
11. Der König gibt nach und gibt dem Helden seine Belohnung.
12. Die Prinzessin erfährt wer der Held in Wirklichkeit ist und bittet ihren Vater den
Schneider los zu werden.
13. Der König versucht noch ein letztes mall sich des Schneiders zu entledige doch ohne
Erfolg.
14. Der Schneider wird König und bleibt es bis zu seinem Tod.
Diese Entwicklung bzw. Verbindung der Handlung mit den Figuren formt sich dann in die
Funktionen, die nach Propps Morphologie des Märchens (1928) und den Historischen
Wurzeln des Märchens (1976) folgendermaßen benannt wurden: Die Verwicklung in
unerwartete Geschehnisse, Das Geschenk des Verblichenen/ die Erbschaft, Das dankbare
Tier, Magische Helfer, magische Gegenstände, Die Reise, Lokalität, Die Prüfungen, Die
Jagd, Die Prinzessin/ die Braut, Der Antagonist, Der Preis bzw. die Thronfolge.
41 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 128
39
4.2.3.1. Die Verwicklung in unerwartete Geschehnisse
Der gestiefelte Kater hat am Anfang, wie jedes Märchen, Anzeichen von Idylle in sich, doch
schon bald passiert etwas unerwartetes, der Müller stirbt. Der Frieden oder der Alltag, der am
Anfang beschrieben wird, ist eine künstlerische Finte, die im Kontrast mit der inneren
leidenschaftlichen, tragischen, meist auch komischen, realistischen Dynamik des Werkes
steht. Der Müller mit seinen drei Söhnen, die Familie wird nur aufgezählt, der Leser soll wohl
annehmen, dass es eine durchschnittliche Familie aus dem späten Mittelalter ist, lebte ein
friedliches Leben. Diese Idylle ist jedoch der Vorbote für ein Geschehnis, dass folgen wird
und sie zerstört. Der Vater stirbt, aber zuvor teilt er seinen Besitz unter seinen drei Söhnen
auf. Diese Funktion entsteht durch die Verbindung von drei Situationen die gleich am Anfang
des Märchens vorkommen:42
1. Die Idylle, die den Leser auf ein unerwartetes Geschehnis vorbereitet und zugleich
berichtet, dass zu diesen Zeitpunkt das Leben der Familie vollkommen
normal/durchschnittlich für die Epoche in der sie Leben, war.
Es war einmal ein Müller, der hatte drei Söhne, seine Mühle, einen Esel und einen Kater; die
Söhne mussten mahlen, der Esel Getreide holen und Mehl forttragen, die Katze dagegen die
Mäuse wegfangen.43
2. Das unerwartete Geschehnis, das die Familie auseinander reißt und dem Leser
signalisiert, dass von hier ab ein großes Abenteuer auf den Helden wartet.
Als der Müller starb, teilten sich die drei Söhne in die Erbschaft: der älteste bekam die
Mühle, der zweite den Esel, der dritte den Kater; weiter blieb nichts für ihn übrig.44
3. Die Erbschaft, das übertragen des weltlichen Besitzes des Vaters.
In Das tapfere Schneiderlein führt der Protagonist ein gewöhnliches Leben, bis er, eines
Tages Pflaumenmus von einer Bauersfrau kauft.
An einem Sommermorgen saß ein Schneiderlein auf seinem Tisch am Fenster, war guter
Dinge und nähte aus Leibeskräften. Da kam eine Bauersfrau die Straße herab und rief: „Gut
Mus feil! Gut Mus feil!“45
Vgl.:Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 61 43 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 865. 44 ebd, S. 865. 45 Brüder Grimm; Kinder und Hausmärchen, S. 127.
40
Sobald er das Mus kauft, kann der Leser annehmen, das etwas passiert, was den monotonen
Alltag des Helden verändern wird und die Idylle, in der er bisher lebte, verändert. Er streicht
sich das Mus aufs Brot, doch weil er noch tu arbeiten hat, läst er es, halb aufgegessen, stehen.
Während er arbeitet, bemerkt er, dass Fliegen um das Brot schwirren. Er versucht sie weck zu
scheuchen doch weil es ihm nicht gelingt, schlägt er mit einem Lappen nach ihnen. Er schafft
es sieben Fliegen auf einen Schlag zu töten, was er für einen großen Erfolg hält, vielleicht
sogar für einen Wink des Schicksals, dass er zu etwas größeren bestimmt ist und beschließt
sich seine Sachen zu packen und auf Reisen zu gehen. Damit aber jeder erkennt was für ein
Mann er ist, fertigt er sich einen Gürtel an auf dem steht, Siebene auf einen Streich46, so dass
jeder gleich erkennen kann, was er vollbracht hat und damit er von jedem dafür gelobt wird.47
Die Verwicklung in unerwartete Geschehnisse ist also eine Funktion die beiden Märchen
gleich ist, und den Anfang für die weiteren Geschehnisse der Märchen bildet.
4.2.3.2. Das Geschenk des Verblichenen/ die Erbschaft
Das Erbe ist eine Funktion die nur bei Der gestiefelte Kater vorkommt, es ist ein Tier, der
Kater, dass normalerweise unnutz erscheint aber eine versteckte/ märchenhafte Kraft in sich
trägt. Falls der Held die Probe mit Hilfe des Geschenkes besteht, wird er belohnt, mit einem
Adelstitel, Reichtum und der Heirat seiner Traumfrau. Die Erbschaft, ist ein Ritual, welches
vor allem den Wert der Nachkommen für den Verblichenen repräsentiert. In den Märchen hat
die Erbschaft, oder auch das Geschenk einer verstorbenen Person, die dem Protagonisten nahe
steht, die Funktion den Erben/ Beschenkten auf die Probe zu stellen, so wie in Der gestiefelte
Kater. Einige Märchen haben aber, anstatt der Erbschaft, die Funktion des Geschenkes, das
der Protagonist vom Verblichenem bekommt, nachdem dieser schon längst tot ist, also
bekommt er das Geschenk von einem Geist.48
46 Brüder Grimm; Kinder und Hausmärchen, S. 128. 47 Vgl.:Vladimir Propp; Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 61. 48 Vgl.: ebd, S. 237.
41
4.2.3.3. Das dankbare Tier
Das dankbare Tier, ist gleich den Funktionen des magischen Helfers und des Geschenkes. Es
ist sowohl im Dienste seines Herren, kann jedoch ein eigenes Ziel verfolgen, wie man sehr gut
am Beispiel des Katers sehen kann. Dieser ist entschlossen seinem Herren zu helfen, aber
nicht nur, damit der Junge dann ein besseres Leben führen kann, sondern auch, damit der
Kater sein Leben rettet, denn, wie schon der Junge im Märchen sagt, nützt der Kater ihm gar
nichts, außer wenn er ihn tötet und sich aus seinem Pelz eine Mütze machen lässt. Wegen der
Dankbarkeit kann aus der Funktion des dankbaren Tiers der magischen Helfer werden.49 Die
Funktion des dankbaren Tieres kommt nicht in Das tapfere Schneiderlein vor.
4.2.3.4. Magische Helfer, magische Gegenstände
Der magische Helfer ist die Manifestierung der Kräfte des Helden und in Der gestiefelte
Kater ist er sogar der Held des Märchens. Die Figur des Katers ist somit die personifizierte
List, Tücke, Klugheit, Jagdinstinkt, Finesse, Mut und Selbstbewusstsein, alle
Charaktereigenschaften die sein Herr nicht besitzt also ist er das genaue Gegenteil des
scheuen, ängstlichen und unsicheren Jungen, dem er dient. Propp spricht vor allem von der
Symbolik des indianischen Totems, des Schutzgeistes, der den Helden, in ihren Fabeln,
beisteht. Dabei ist es jedoch nicht wichtig, wie kräftig oder schnell das Tier ist, sondern
welchen Platz es im Königreich der Tiere einnimmt und mit welchen menschlichen
Charaktereigenschaften man es verbinden kann. Interessanterweise variierten die Formen der
Schutzgeister der einzelnen Stämme, so das eine Eigenschaft, wie zum Beispiel die Weißheit,
bei den einem für den Fuchs galt und wiederum bei einem anderen Stamm für den Bären. Die
Verbindung der Natur mit dem Tier und das Ausstatten des Tieres mit den menschlichen
Eigenschaften (die Antropomorphisierung), macht das Tier zum perfekten Helfer, Lehrer,
Mitstreiter und Transportmittel für den Helden. Natürlich gilt dies auch für die europäische
Folkloristik, jedoch nur in einem engeren Kontext, hier wurde durch die Christianisierung die
heidnische Totemisierung in den Hintergrund gestellt hat und während sie für die
indianischen und afrikanischen Stämme zur Religion gehörte, erhielt sie sich in Europa nur
49 Vgl.: Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 239.
42
noch im Märchengut, als eine Art von hinterbliebenem Element, eine Erinnerung an die
Rituale und Götter der vorchristlichen Zeit.50
Der gestiefelte Kater ist ein magisches Wesen, ein magischer Helfer, welcher dem armen
Jüngling, der nichts von der Welt weiß und dem das Schicksal sehr schwer mitgespielt hat,
hilft ein besseres Leben zu führen und ein ehrenvoller Mensch zu werden.
Nach Propp sind der magische Helfer und magische Gegenstände gleich, weil Märchen immer
faszinierende, übernatürliche Elemente beinhalten, diese können Gegenstände sein, die durch
Zauberei eine besondere Kraft bekommen oder lebendig werden (ein Schwert, eine Krone,
eine Spindel, ein Tisch usw.), übernatürliche Wesen (Einhörner, der Teufel, Zwerge, Trolle,
Feen usw.) oder auch ganz gewöhnliche Tiere die menschliche Eigenschaften haben (ein
Kater, ein Bär, ein Wolf, ein Schaff, ein Schwein usw.), aber fast immer geht es um einen
Menschen (einen armen jungen Mann, einen tapferen Krieger, ein armes Mädchen, eine
wunderschöne Prinzessin usw.) der Hilfe benötigt, oder jemand anderem, meistens einer
Person, die ihm sehr nahe steht, helfen will. Dieser menschliche Faktor ist, sehr wichtig für
die Märchen, weil er dem Publikum ein Gefühl der Vertrautheit gibt. Bei Das tapfere
Schneiderlein kommt kein magischer Helfer vor, aber auch kein richtiger, magischer
Gegenstand, das was dem am ehesten ähnelt ist der Gürtel des Schneiders. Dieser hat zwar
keine magischen Kräfte, wird nicht personifiziert und verleiht auch dem Helden keine
besonderen Kräfte, aber dafür einen zweideutigen Ruf. Er kann nicht mit tatsächlichen
magischen Gegenständen verglichen werden, so wie dem Schwert Excalibur aus den
Artussagen oder den Zauberbohnen aus Hans und die Bohnenranke, aber nichts desto trotz hat
er eine magische Wirkung auf alle die seine Nachricht lesen. Diese magische Wirkung ist
jedoch nicht mehr als ein Missverständnis, dass durch das freche und selbstbewusste
Auftreten des Schneiders zur Wirkung hat, dass alle die auf ihn treffen und die Aufschrift auf
dem Gürtel lesen, denken, dass die Sieben für sieben Männer bzw. Krieger steht die er besiegt
hat.
Und genau das dachten sich der Riese und die Leute auf dem Hof des Königs51
„Das wäre!“ antwortete das Schneiderlein, knöpfte den Rock auf und zeigte dem Riesen den
Gürtel, „da kannst du lesen, was ich für ein Mann bin.“ Der Riese las: „Siebene auf einen
Streich“, meinte, das wären Menschen gewesen, die der Schneider erschlagen hätte, und
kriegte ein wenig Respekt vor dem kleinen Kerl.52
50 Vgl.: Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 285. 51 Vgl.: ebd, S. 155. 52 Brüder Grimm; Kinder und Hausmärchen, S. 129.
43
„Während es da lag, kamen die Leute, betrachteten es von allen Seiten und lasen auf dem
Gürtel: 'Siebene auf einen Streich.“
„Ach“, sprachen sie, „was will der große Kriegsheld hier mitten im Frieden? Das muss ein
mächtiger Herr sein.““53
Die Menschen oder eher das Menschliche in den Märchen, verbinden das Märchenhafte mit
der Realität, obwohl es klar ist, das es in der realen Welt keine sprechenden Katzen oder
magische Schwerter gibt, ist es, solange es um eine menschliche Eigenschaft geht (so wie das
Sprechen, oder Emotionen wie Habgier, Rachegelüste bei Tieren usw.) oder der Gegenstand
von einem Menschen geführt wird (so wie ein Zauberschwert von einem tapferen Ritter),
immer noch ein Teil der Realität bzw. des Sujets, den man nicht hinterfragt, dadurch, wirkt es
dem Menschen vertraut, wie und wieso so ein Gegenstand oder Tier überhaupt existiert, ist
dann nicht mehr von Bedeutung, es ist ein Teil der Geschichte, der Handlung, also dient es
gewiss einem bestimmten, meistens höheren Zweck. Als Kind versteht man das als etwas
Fantastisches, was es zwar nicht gibt, aber man wünscht sich, dass es existieren würde und
durch das Menschliche wirkt es gleich viel vertrauter. Als Erwachsener sieht man darin
meistens eine Metapher. Ein magisches Schwert, das dem Helden übermenschliche Kräfte
verleiht, kann auch als ein Symbol für seinen starken Willen stehen oder die herausragenden
Führerqualitäten eines Königs, der große, böse Wolf ist ein Stereotyp für einen bösen
Menschen usw.54
Tiere bekommen, wie schon erwähnt, immer menschliche Charakterzüge zum Beispiel, der
große böse Wolf, bei Die drei kleinen Schweinchen oder auch bei den sieben Geißlein und
auch bei Rotkäppchen; diese Figur wird sehr oft in Märchen benutzt um einen bösen
Charakter darzustellen, wird nicht nur durch die Adjektive groß und böse definiert, sondern
auch durch seine Habgier, Völlerei, übernatürliche Fähigkeiten (er kann in dem er pustet, ein
Haus aus Holz und aus Heu zerstören) und Überheblichkeit, was wahrscheinlich aus der
Angst resultiert, die man im Mittelalter und schon früher gegenüber den Wölfen hatte; das
hatte dann wiederum zum Resultat die Hexenjagd, wo man Frauen beschuldigte, sie wären
mit dem Teufel im Bunde und Männer, dass sie sich, durch den Pakt mit dem Teufel, Nachts
(oder nur bei Vollmond) in Werwölfe verwandeln und durch diese übernatürlichen Kräfte,
werden sie zu einer Gefahr für die Gesellschaft, obwohl dies natürlich nicht das eigentliche
Ziel der Hexenjagd war.55
53 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 131. 54 Vgl.: Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 155. 55 Vgl.: ebd, S. 167.
44
Der Kater wird, anfangs, als ein gewöhnlicher Hauskater beschrieben, als ein Tier, das
eigentlich nur für zwei Dinge gut ist, als Ratten- und Mäusefänger oder als Material für
Handschuhe, da er ja ein sehr warmes Fell hat, dafür müsste man ihn aber töten. Sonst aber,
ist er, nach der Aussage des Müllerssohnes, nutzlos:
Mir ist es doch recht schlimm ergangen, mein ältester Bruder kann mahlen, mein zweiter auf
seinem Esel reiten – was kann ich mit dem Kater anfangen? Ich lass mir ein Paar
Pelzhandschuhe aus seinem Fell machen, dann ist's vorbei.56
Als der Kater dann erkennt, das sein Leben auf dem Spiel steht, zeigt er seine wahre Natur, er
spricht wie ein Gelehrter, was bedeutet, dass er sehr intelligent ist, er schmiedet einen Plan,
welchen er in mehreren Schritten durchführt und er denkt im Voraus. Er ist ein fabelhafter
Schauspieler da er jeden, denn er will, überzeugen kann, dass er ein, Diener, Jäger, Bote oder
Gelehrter ist, der für einen reichen Adelsmann arbeitet. Er ist seinem Herren treu ergeben,
obwohl es offen steht, ob das an seiner Anhänglichkeit liegt oder an der Tatsache, das er
beweisen will, das Katzen für mehr gut sind als nur für die Mäusejagd. Es kann aber auch
etwas Eigennutz in seinen Taten entdeckt werden. Schlau wie er nun mal ist, ist er im klaren,
dass wenn er seinem Herren zu einem besseren Leben verhilft, er selbst ein besseres Leben
führen wird, was ja auch am Ende passiert. Der Kater wurde ein angesehener Herr (noch
etwas was eigentlich nur ein Mensch sein kann) und ging nur noch aus Spaß auf Mäusejagd.
Er erfüllt seine Rolle als magischer Helfer so gut, das er am Ende nicht nur belohnt wird, er
wird sogar zum Helden des Märchens, was ja eigentlich selten vorkommt in einem Stück, wo
neben Menschen auch Tiere auftreten, da dort eigentlich ein Mensch die Hauptrolle spielt und
die Tiere ihm untergeordnet sind als Helfer, so wie die Mäuse in Aschenputtel oder als ein
Hindernis, das er bezwingen muss, so wie der Wolf in Rotkäppchen.57
Der gestiefelte Kater ist eines der seltenen Märchen in dem der Protagonist, kein Mensch ist,
sondern ein Tier, das dem Menschen hilft, also sein magischer Helfer. Das er der Held ist und
nicht nur der Helfer, verrät schon der Titel selbst. Wenn wir uns beispielsweise Märchen wie
Dornrösschen oder Aschenputtel ansehen, erkennen wir, das es dort auch magische Helfer
gibt (die drei Feen – Patinnen bei Dornröschen, die Mäuse bei Aschenputtel), aber keiner von
denen wird im Titel erwähnt, obwohl sie eine wichtige Rolle in den Märchen spielen, da sie
alle den Heldinnen aus einer misslichen Lage helfen. Dann gibt es wiederum Märchen, die
den Antagonisten im Titel haben, so wie Rumpelstilzchen oder Blaubart, so wie auch noch
Märchen, die den Protagonisten und den Antagonisten im Titel haben, Der Wolf und die
56 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 865 57 Vgl.; Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 292.
45
sieben Geißlein, aber keiner von denen, hat die Rolle des magischen Helfers, so wie der
Kater. Aber das, was ausschlaggebend ist, ist die Tatsache, dass der Kater alles selbst macht.
Er ist es, der auf die Jagd geht, er beschenkt den König, er sorgt dafür, das der Junge mit dem
König reist und letztendlich ist er es, der den Zauberer besiegt und dafür sorgt, dass der Junge
zum Grafen eines ganzen Landes und zum rechtmäßigen Thronfolger wird. Der Junge selbst
macht eigentlich nichts, er gibt sich nur den Geschehnissen hin, unternimmt selbst aber
nichts.58
Der Kater bleibt ein Mysterium, er ist ein Held, der, zum Teil, selbstlos handelt und zum
anderem auch ein Egoist bleibt. Wahrscheinlich entspricht das auch dem Bild eines Katers,
wie wir Menschen ihn sehen. Katzen sind Wesen, die den Menschen sehr gut manipulieren
können. Sie können sehr anhänglich sein, sehr dankbar, was sie uns auch durch ihr Schnurren
zeigen. Sie können aber auch sehr garstig sein, was sie wiederum durchs Fauchen zeigen.
Eine Katze kann, obwohl sie als Haustier gehalten wird, ohne menschliche Hilfe überleben
und durch ihre Eleganz, List, wie auch Neugier, ist sie dem Menschen oft viel ähnlicher als
man denkt, vielleicht ist der gestiefelte Kater sogar das Alterego seines Herren, da er ja, wie
schon am Anfang erwähnt, alle Charaktereigenschaften besitzt, die sein Herr braucht um sich
ein gutes Leben zu sichern. Der Gedanke, dass Katzen den Menschen in vielen Dingen
gleichen, existiert schon seit der Antike, deshalb wundert es mich nicht, dass ein Kater es ist,
der in dem Märchen dem Jüngling hilft, eine bessere Zukunft zu finden. Aber was die Motive
waren, dass der Kater so weit für seinen Herren ging, bleibt immer noch unbeantwortet. Der
Kater selbst meint ja, er tut es aus Dankbarkeit, dafür, dass der Jüngling so gut für ihn gesorgt
hat, vielleicht, macht er es aber auch nur aus Eigennutz, nicht nur, damit er überlebt (er
könnte ja genau so gut den Jungen verlassen und sich einen neuen Herren suchen) sondern um
vielleicht ein noch besseres Leben zu führen als bisher.59
58 Vgl.:Vladimir Propp, Morphologie des Märchens, S. 92. 59 Vgl.: Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 259.
46
4.2.3.5. Die Reise
Eine Reise, die der Held mit seinem magischen Helfer unternimmt, ist ein Symbol dafür, dass
auf den Jüngling ein großes Abenteuer wartet. Der junge Mann der auf Reisen geht, wird
mehr von der Welt kennen lernen, er wird seinen geistlichen Horizont erweitern, neue
Erfahrungen sammeln und mit Hilfe seines Helfers wird er sich ein neues, besseres Leben
aufbauen. In Der gestiefelte Kater kommt es zur Reise am Anfang, wo der Junge und der
Kater die Mühle verlassen um ihr Glück in der Ferne zu suchen und gegen Ende des
Märchens, wo die beiden, zusammen mit dem König, der Prinzessin und deren Hoffstab durch
das Land des Zauberers reisen. Bei der zweiten Reise ist es jedoch nicht nur der Junge, der auf
Probe gestellt wird, sondern der Kater, der nicht nur dafür sorgen muss, dass das Land des
Zauberers, als das des Grafen identifiziert wird, sondern auch noch den Zauberer selbst
besiegen muss.60
Die Reise ist bei Propp mit den Initiationsriten verbunden, er vergleicht vor allem die
Folkloristik von Russland und Europa mit der, der indianischen Stämme von Nord- und
Mittel- Amerika, weil diese das beste Bild davon geben, wie die archaischen Rituale der
Initiation ausgesehen haben. Die Initiation ist ein Ritual aus den Zeiten der Jäger und
Sammler, sie diente vor allem der Prüfung des Jungen, ob er bereits reif genug sei um von
seinem Stamm als Mann angesehen zu werden. Man schickte den Jungen in den Wald um ein
wildes Tier zu erlegen (Bären, Wolf oder Hirsch) oder einen Gegenstand zu besorgen, der
schwer zu erreichen ist. Falls der Junge mit der Beute zurück kam, wurde er von den
Erwachsenen zum Mann erklärt und konnte von nun an zusammen mit ihnen auf die Jagd
gehen und sogar schon heiraten. Dieses Ritual wird heutzutage noch von einigen
afrikanischen Stämmen praktiziert. Propp meint, dass diese Rituale ausschlaggebend dafür
waren, wieso in den Märchen eine Reise oft als Prüfung angesehen wird. Der Protagonist, der
im Märchen auf eine Reise geht, kommt immer als eine Figur zurück, die durch das Reisen
mehr Erfahrung gesammelt hat, es spielt keine Rolle, was der Zweck der Reise ist und welche
Motive in führen, am Ende der Reise, hat er entweder einen neuen Ort kennen gelernt oder
eine Aufgabe bewältigt, die sonst kein anderer bestehen würde. Dadurch hat er seine
Persönlichkeit verändert/ verbessert und wird jetzt von seiner Umgebung als ein neuer/
respektabler Mensch angesehen so wie der Junge und der Kater in Der gestiefelte Kater.
Während die Funktion der Reise in Der gestiefelte Kater mehr die Bedeutung hatte eine lange 60 Vgl.:Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 285.
47
Distanz zu bewältigen um dann im gewünschten Ort anzukommen, geht in Das tapfere
Schneiderlein der Held auf Reisen um den Menschen zu zeigten was er vollbracht hat und um
deren Lob so wie auch deren Beachtung zu bekommen. Genau so wie bei Der gestiefelte
Kater, kann man auch hier einen Vergleich mit den Initiationsriten ziehen. Der Schneider
wird während seiner Reise nämlich von zwei Prüfern geprüft, von dem Riesen und dem
König.
Der Riese prüft vor allem die physische Stärke und den Mut des Schneiders. Der Schneider
besteht die Prüfungen. Aber der Grund für die Reise ist nicht immer gleich dem Ziel.
Während der Held vor der Reise nur daran dachte von anderen Menschen akzeptiert zu
werden, änderte sich sein Motiv beim Treffen mit dem König. Der König ist der Zweite
Prüfer im Märchen, er will den Schneider aber nicht wirklich prüfen, sondern sich ihn
entledigen, weil er ihn als Gefahr sieht.
Der König war traurig, dass er um des einen willen alle seine treuen Diener verlieren sollte,
und wäre ihn gerne wieder los gewesen. Aber er getraute sich nicht, ihm den Abschied zu
geben, weil er fürchtete, er möchte ihn samt seinem Volke totschlagen und sich auf den
königlichen Thron setzen.61
Er verspricht dem Schneider die Hand seiner Tochter und die Hälfte seines Königreiches als
Mitgift und schon hat sich das anfängliche Motiv der Reise, des Schneiders gesteigert, jetzt
will er nicht nur gelobt werden, sondern sich den Thron des Königs verdienen. Ein Schneider
ist ein gewöhnlicher Mensch mit einem normalen Beruf, er wird nicht respektiert und auch
nicht so groß beachtet (außer er arbeitet für den König, aber das ist in diesem Märchen nicht
der Fall), aber ein Krieger ist da schon anders. Er wird von den Menschen geachtet, verehrt
und sogar gefürchtet. Der Schneider wurde bisher gefürchtet und geachtet als ein Krieger,
doch dank des Angebots des Königs, kann er sogar ein Adeliger werden und ein Thronfolger
zugleich, was ein gutes Beispiel ist dafür, wie schnell sich das Motiv und das Ziel ändern
kann, wenn der Held auf Reisen geht.62
Reisen sind in Märchen aber auch oft mit anderen Funktionen verbunden. In Das tapfere
Schneiderlein war es neben der Reise noch die Prüfung, während sich anderen Märchen vor
allem mit der Beschreibung der Reise selbst befassen, wie sie geht vor (durch wie viele
Länder kann ein Held reisen, reist er durch die Luft, muss er übers Wasser usw.), womit reist
der Held (mit dem Pferd, der Kutsche, dem Schiff oder einem magischen Tier (Pegasus) oder
61 Brüder Grimm; Kinder und Hausmärchen, S. 131. 62 Vgl.: Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 285.
48
Gegenstand (ein fliegender Teppich), wohin führt die Reise (in ein legendäres Königreich,
zum Schloss des Zauberers, zum Vulkan des Drachen usw.), wer geht alles auf Reisen (reist
der Held allein oder hat er Begleiter mit sich; vielleicht sogar magische Begleiter), aus
welchen Gründen geht der Held auf die Reise (um seinen Mut zu beweisen, eine Jungfrau in
Not zu retten, eine Prüfung zu bestehen usw.).
4.2.3.6. Lokalität
Die Lokalität bezieht sich auf den Ort des Geschehens, der Held wechselt oft seinen Ort und
die Handlung ist nicht nur auf einen Ort gebunden sondern auf mehrere, zwischen denen eine
lange oder kurze Distanz liegen kann. Die Orte können näher beschrieben werden, so wie in
Der gestiefelte Kater, oder nur erwähnt werden, so wie in Das tapfere Schneiderlein.
Durch die Reise in Der gestiefelte Kater, kommen die beiden Helden in ein Königreich, in
dem es prächtiges Wild zum Jagen gibt, aber es ist nicht so prachtvoll, wie das des Zauberers.
Dieses Gebiet hat fruchtbare Kornfelder, weite Wiesen und als Residenz dient dem Zauberer
ein großes, prächtiges Schloss, ein Gebäude, das sogar den König und die Prinzessin, wegen
seines Glanzes in erstaunen versetzt, es ist nicht nur sehr groß, sondern auch sehr prunkvoll,
also alles was ein König erwarten würde von dem vermeidlichen Besitz des Grafen und sogar
mehr.
Der König stieg aus und verwunderte sich über das prächtige Gebäude, das fast größer und
schöner war als sein Schloss; der Graf aber führte die Prinzessin die Treppe hinauf in den
Saal, der ganz von Gold und Edelsteinen flimmerte.63
Die Gesellschaftsstruktur in diesem Land ist gleich der in einem Königreich. Die Bauern
bearbeiten die Felder und sorgen für die Tiere, während der Zauberer seinen Reichtum
genießt. Durch die Angst der Bauern, vor der Drohung des Katers, er würde sie alle
umbringen lassen, falls sie dem König nicht so antworten, wie ihnen befohlen wird, erkennt
man, das der Adel große Macht über das gemeine Volk hat. Sie sind auf die Gnade der
Adeligen gestellt unter denen sie arbeiten, genau so wie im wahren Leben.
Die Orte in Das tapfere Schneiderlein werden nicht näher beschrieben, man erfährt nur wo
der Held gerade durchreist oder sich befindet und wen er dort trifft, so wie der Berg, auf dem
er den ersten Riesen trifft, die Höhle der Riesen, der Hof des Königs usw. das einzige was
63 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 870.
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man daraus feststellen kann ist, dass das Schneiderlein, einen weiten Weg hinter sich hat, bis
es letztendlich König wurde.
Das ändern der Lokalität auf einen unbekannten Ort, ist ein sehr häufiges Motiv bei den
Märchen und trägt auch eine sehr bedeutende Funktion. Indem der Held den Schatz, oder das
Land erobert und die Gefahr besiegt, wächst sein Ansehen und sein Status in der Gesellschaft.
Ob es nun ein Schatz ist der gefunden werden muss, ein Ungeheuer das besiegt werden muss,
oder eine Jungfrau in Nöten ist, sobald der Held seine Mission erfolgreich besteht, steht ihm
ein Preis zu. Dieser Preis ist einzigartig, es kann ein magischer Gegenstand sein, die gerettete
Prinzessin oder sogar das ganze Land, so wie in Der gestiefelte Kater und Das tapfere
Schneiderlein.64
4.2.3.7. Die Prüfungen
Wie schon gesagt gibt es zwei Prüfer in Das tapfere Schneiderlein, den Riesen und den
König, während die Funktion der Prüfung in Der gestiefelte Kater nicht auftritt.
Der Riese prüft den Schneider auf seine Stärke usw.
Doch wollte er ihn erst prüfen, nahm einen Stein in die Hand und drückte ihn zusammen,
dass das Wasser heraus tropfte. »Das mach mir nach«, sprach der Riese, »wenn du Stärke
hast.«65
Der Riese wusste nicht, was er sagen sollte, und konnte es von dem Männlein nicht glauben.
Da hob der Riese einen Stein auf und warf ihn so hoch, dass man ihn mit Augen kaum noch
sehen konnte: »Nun, du Erpelmännchen, das tu mir nach.«66
Werfen kannst du wohl«, sagte der Riese, »aber nun wollen wir sehen, ob du im Stande bist,
etwas Ordentliches zu tragen.« Er führte das Schneiderlein zu einem mächtigen Eichbaum,
der da gefällt auf dem Boden lag, und sagte: »Wenn du stark genug bist, so hilf mir den
Baum tragen.«67
... und im Anschluss darauf wird er auch auf seinen Mut geprüft.
Der Riese sprach: »Wenn du so ein tapferer Kerl bist, so komm mit in unsere Höhle und
übernachte bei uns.« Als sie in der Höhle anlangten, saßen da noch andere Riesen beim
Feuer, und jeder hatte ein gebratenes Schaf in der Hand und aß davon. Das Schneiderlein
64 Vgl.: Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S 425. 65 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 129. 66 ebd, S. 129. 67 ebd, S. 129.
50
sah sich um und dachte: 'Es ist doch hier viel weitläufiger als in meiner Werkstatt.' Der
Riese wies ihm ein Bett an und sagte, er sollte sich hineinlegen und ausschlafen. 68
Nach Propp, sind die Prüfungen eine Funktion die aus den Initiationsriten der Urzeit und der
archaischen Stämme stammt, bei diesen ist es wichtig, dass das Ziel erreicht wird, wie dies
jedoch passiert, ist Nebensache. Nehmen wir beispielsweise folgende Situation an:69
Ein Stamm verlangt vom Jüngling er soll einen Bären töten, weil dies ihr Brauch ist um zu
bestimmen, ob ein Junge schon zum Mann ernannt wird. Man gibt ihm einen Speer und einen
Sack in den er die abgehackte Pfote des Bärs tun soll, als Beweis, dass er es geschafft hat. Die
Stammesältesten erwarten, dass der Junge sich dem Baren im Kampf stellt und ihn
letztendlich tötet, womit er seine Männlichkeit beweist. Der Junge zieht in den Wald und nach
einiger Zeit trifft er auf einen großen Bären. Dieser greift den Jungen wütend an. Der Junge
hat Angst und rennt vor dem Bären davon. Der Bär verfolgt den Jungen und scheucht ihn zu
einem Abhang. Der Junge bemerkt den Abhang und springt zur Seite, während der Bär dies
nicht tut und runter fällt. Der Bär stirbt durch den Aufprall, der Junge steigt den Abhang
runter, schneidet dem toten Tier die Pfote ab und geht zurück zu seinem Stamm. Er gibt dem
Stammesältesten die Bärenpfote als Beweis und wird von ihnen zum Mann erklärt.
Das Ziel wurde erreicht, ohne das der Geprüfte den Bären im Kampf bezwingt hätte, so wie es
die Stammesältesten von ihm erwarteten. Dank einer Reihe von Zufällen und dem schnellen
Schaltens des Jungen, hat der Junge die Prüfung bestanden.
Nach dem gleichen Muster hat auch der Schneider im Märchen seine Aufgaben bewältigt. Er
hat erfolgreich einen Stein zerquetscht, einen anderen Stein in die Luft geworfen, einen Baum
getragen und die Nacht in der Höhle der Riesen überlebt. So sah das jedenfalls der Riese,
ungeachtet dessen, dass der Schneider dies alles nur dank seiner List und seines
Selbstvertrauens schaffte, war für den Riesen jede der Aufgaben bestanden.
Beim zweiten Prüfer, dem König ist es genau so. Der König verlangte eigentlich keinen
Beweis für die Stärke des Schneiders, weil er ihm schon vom Anfang an geglaubt hat, aber er
sah den Schneider als Gefahr und wollte ihn so schnell wie möglich loswerden, deshalb gab er
ihn Aufgaben, die kein Mensch, egal wie stark er nun ist, bestehen würde.
Die beiden toten Riesen, das Einhorn mit dem abgehackten Horn und das
gefangengenommene Wildschwein, das alles waren Aufgaben, die der Held, dank seines
68 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 131. 69 Vgl.: Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 287.
51
Geschicks, Glücks und Einfallsreichtums gemeistert hat, so das der König ihm am Ende
seinen Thron übergeben musste.
Nach Propp gibt es mehrere Arten von Prüfungen darunter sind die Prüfung der Kraft, der
Klugheit, des Mutes, der Ausdauer usw. und Prüfern so wie der König, der Riese, die
Prinzessin, die Gottheit usw. aber genau so gibt es verschiedene Arten von Lösungen. Wie
man am Beispiel der Stammesprüfung erkennen kann, waren die Erwartungen der Prüfer
vollkommen anders als es sich tatsächlich vorgetragen hat. Auch der Riese und der König
hatten eine eigene Vorstellung davon, wie der Held die Aufgaben besteht und weil dieser sie
hinters Licht führen konnte, waren die Prüfungen auch erwartungsgemäß bestanden.70
4.2.3.8. Die Jagd
Die Jagd war und ist wichtig, um das Überleben des Einzelnen und/ oder der Gemeinschaft zu
sichern. Das Jagen verbindet die Menschen mit ihren Urinstinkten, mit den Tieren, es ist eines
der wichtigsten Annzeichen dafür, dass wir Menschen von Tieren abstammen und bei der
Initiation, ist die Jagd auf ein größeres Tier der Beweis dafür, dass der Geprüfte seiner Beute
nicht nur überlegen ist, sondern auch reif genug ist, um als vollwertiges Mitglied des
Stammes akzeptiert zu werden. Primär dient die Jagd jedoch immer noch zur Beschaffung
von Nahrung so wie in Das tapfere Schneiderlein, wo der Schneider als letzte Prüfung ein
Wildschwein fangen musste, dass dann im Nachhinein bei der Hochzeitsfeier gegessen wurde.
Der König wollte ihm den verheißenen Lohn noch nicht gewähren und machte eine dritte
Forderung. Der Schneider sollte ihm vor der Hochzeit erst ein Wildschwein fangen, das in
dem Wald großen Schaden tat; die Jäger sollten ihm Beistand leisten. »Gerne«, sprach der
Schneider, »das ist ein Kinderspiel.« Die Jäger nahm er nicht mit in den Wald, und sie
waren's wohl zufrieden; denn das Wildschwein hatte sie schon mehrmals so empfangen, dass
sie keine Lust hatten, ihm nachzustellen.71
Während die Tiere sich bei der Jagd vor allem auf ihre, von der Natur gegebenen Fähigkeiten
verlassen (Kraft, Ausdauer, Reiszähne, Krallen), muss der Mensch sich mit Werkzeugen
helfen (Sphäre, Pfeil und Bogen, Netze, Fallen, Schusswaffen usw.) und mit seinem
Einfallsreichtum so wie der Schneider.
Als das Schwein den Schneider erblickte, lief es mit schäumendem Munde und wetzenden
Zähnen auf ihn zu und wollte ihn zur Erde werfen. Der flüchtige Held aber sprang in eine
70 Vgl.: Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 501. 71 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 134.
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Kapelle, die in der Nähe war, und gleich oben zum Fenster in einem Satze wieder hinaus. Das
Schwein war hinter ihm hergelaufen, er aber hüpfte außen herum und schlug die Tür hinter
ihm zu; da war das wütende Tier gefangen, das viel zu schwer und unbehilflich war, um zum
Fenster hinauszuspringen. Das Schneiderlein rief die Jäger herbei, die mussten den
Gefangenen mit eigenen Augen sehen.72
Um so erstaunlicher ist es, dass der Kater in Der gestiefelte Kater, anstatt sich auf seine
Krallen und seine Geschwindigkeit zu verlassen, Fallen benutzt (einen Sack den er mit einer
Schnurr zu zieht, sobald die Beute, sich dem Köder nähert, der im Sack liegt).
Damals regierte ein König im Land, der aß so gerne Rebhühner: es war aber eine Not, dass
keine zu kriegen waren. Der ganze Wald war voll, aber sie waren so scheu, dass kein Jäger
sie erreichen konnte. Das wusste der Kater, und gedachte seine Sache besser zu machen; als
er in den Wald kam, machte er seinen Sack auf, breitete das Korn auseinander, die Schnur
aber legte er ins Gras und leitete sie hinter eine Hecke. Da versteckte er sich selber, schlich
herum und lauerte. Die Rebhühner kamen bald gelaufen, fanden das Korn – und eins nach
dem andern hüpfte in den Sack hinein. Als eine gute Anzahl drinnen war, zog der Kater den
Strick zu, lief herbei und drehte ihnen den Hals um; dann warf er den Sack auf den Rücken
und ging geradewegs zum Schloss des Königs.73
Es könnte sein, dass der Kater das absichtlich tut, vielleicht möchte er so seine tierische Seite
unterdrücken, um nicht in die Versuchung zu kommen, die Beute selbst zu fressen, anstatt sie
dem König zu bringen. Womöglich gibt es aber auch keinen anderen Weg für ihn zu jagen,
denn seine Beute ist fast so groß, wie er selbst so, dass er sie vielleicht kaum fangen könnte
und da er als Haustier gehalten wurde, hat er außer Raten und Mäusen wahrscheinlich nichts
anderes gejagt, diese sind jedoch kaum schneller als er und um einiges kleiner. Wohingegen
Kaninchen und Rebhühner durchaus schneller und auch gleich groß oder sogar größer als er
sind (wie groß der Kater tatsächlich ist, bleibt unklar). Außerdem, musste er eine größer
Anzahl von Beutetieren erfolgreich fangen um die Bedürfnisse des Königs und seines
Hoffstabs zu befriedigen und um sich und seinen Herren in deren Gunst zu kriegen. Es blieb
ihm also nichts anderes übrig, als sich auf Fallen zu verlassen.
Am andern Tag ging der Kater, wie er gesagt hatte, wohl gestiefelt, wieder auf die Jagd, und
brachte dem König einen reichen Fang. So ging es alle Tage, und der Kater brachte alle Tage
Gold heim und ward so beliebt beim König, dass er im Schlosse ein- und ausgehen durfte.74
72 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 134. 73 ebd, S. 866. 74 ebd, S 867.
53
Woher er das Wissen besitzt Fallen, zu stellen bleibt jedoch genau so ein Mysterium, wie
seine Fähigkeit zu sprechen und auf den Hinterbeinen zu laufen; hier könnte man vielleicht
wieder eine Parallele zum Totemismus ziehen, zu der Überzeugung, das einige Tiere
Schutzgeister sind und eben durch ihre mystische Verbindung mit dem Übernatürlichen,
Fähigkeiten besitzen, die dem Mensch gleich sind und die man ihnen, nicht zutrauen würde.75
4.2.3.9. Die Prinzessin/ die Braut
Es gibt zwei Arten von Prinzessinnen in den Märchen:
1. Die Schönste der Schönen, eine Frau von unfassbarer Schönheit und Eleganz, deren
Antlitz man mit keiner Feder niederschreiben kann.
2. Die Prüferin, eine junge Schönheit, die aber mit ihrem eigenen Kopf denkt und den
Helden auf die Probe stellt, im Unterschied zu der ersten, muss sie nicht gerettet
werden, sondern erobert.
In Der gestiefelten Kater ist es offensichtlich die Erstere. Die Tochter des Königs ist die
allerschönste Prinzessin, die man je gesehen hat, ihre Aufgabe, wenn man das so sagen kann,
ist es sich, auf den ersten Blick, unsterblich in den jungen Grafen zu verlieben.
Die Prinzessin war auch nicht bös darüber, denn der Graf war jung und schön, und er gefiel
ihr recht gut.76
Sie ist der größte Preis, den er erlangt und der einzige Weg zum Thron des Königs. Diese Art
von Prinzessin hat keinen eigenen Willen, sie gibt sich ihrem Schicksal vollkommen hin, egal
ob sie von einem Drachen gefangen genommen wird, oder einen Mann heiraten muss der ihr
eigentlich nicht gefällt, sie unternimmt nichts, sondern wartet nur darauf, von einem Helden
gerettet zu werden. Sie unterwirft sich ganz dem Willen des Vaters oder einer anderen,
autoritären, männlichen Figur. Sie ist nicht die Heldin des Märchens, sondern meistens nur
die Braut, der Preis, sie wird also versachlicht, ihre Emotionen sind auf Angst, Falls sie
gefangen genommen wird oder jemanden heiraten muss, der ihr nicht gefällt und Freude, vor
der Rettung oder vor der Vermählung mit ihren Traumprinzen, beschränkt, oft auch Trauer,
Verzweiflung, Liebe usw. Es sind jedenfalls sehr entgültige Emotionen, die sich erst dann
ändern oder auftauchen, wenn der Held kommt und sie rettet, fast so, als ob sie ohne einen
Mann zu nichts fähig währe.
75 Vgl.:Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 301. 76 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 868.
54
Eine emanzipierte junge Frau, die sich selbst zu helfen weiß, passt nicht in das märchenhafte,
mittelalterliche Weltbild der Frau. Die Prinzessin, die sich dagegen strebt zu heiraten und den
Gatten vorher auf die Probe stellt, die gegen den Willen ihres Vaters handelt und dem Helden
hilft, wird als negativer Charakter angesehen und muss vom Helden bezwungen, gesäubert
oder erlöst werden, erst dann wird sie zu einer passenden Braut für den Helden.77
Die Prinzessin in Das tapfere Schneiderlein zählt eher in die zweite Kategorie. Sie ist der
Schlüssel zum Thron des Königs und sie ist auch die erste, die ihren Gatten als Schneider
entlarvt.
Nach einiger Zeit hörte die junge Königin in der Nacht, wie ihr Gemahl im Traume sprach:
„Junge, mach mir das Wams und flick mir die Hosen, oder ich will dir die Elle über die
Ohren schlagen.“ Da merkte sie, in welcher Gasse der junge Herr geboren war, klagte ihrem
Vater ihr Leid, und bat, er möchte ihr von dem Manne abhelfen, der nichts anderes als ein
Schneider wäre.78
Das nützt ihr jedoch wenig, den durch seine Taten hat der Schneider sich schon einen Ruf als
unbesiegbarer Krieger gesichert, egal ob nun jeder weiß, wer er in Wirklichkeit ist, er wird
unantastbar.
Die Tatsache, dass ihn die Prinzessin verrät, lässt vermuten, das sie mit ihrem Gatten
unzufrieden ist, weil sie ihn nicht liebt, aber trotzdem heiraten musste, wegen des
Versprechens ihres Vaters. Es kann aber auch sein, dass es ihr egal war, biss sie nicht erfahren
hat, wer er in Wahrheit ist. Für eine Prinzessin ist es unter aller Würde, mit einem
gewöhnlichen Schneider verheiratet zu sein und nicht etwa mit einem Prinzen, einen anderen
König oder irgendjemand anderem, der zum Adel gehört.79
77 Vgl.: Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 452. 78 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 136. 79 Vgl.:Vladimir Propp; Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 455.
55
4.2.3.10. Der Antagonist
Der Kampf von Gut gegen Böse, Licht gegen Dunkel, also von Gegensätzen, existiert schon
seit die Menschen Geschichten erzählen, es kann kein Märchen geben, wo der Held oder die
Heldin nicht gegen einen Gegner antritt. Gerade dieser spannende Kampf einer Figur, mit der
der Leser, Zuhörer oder Zuschauer mitfiebert, ist oft der Höhepunkt der Handlung, sobald das
Böse bezwungen und die Aufgabe bestanden wurde, kann man sich sicher sein, dass jetzt
etwas gutes für den Protagonisten kommt.
Der Antagonist, der Gegner des Protagonisten, war in den alten Sagen oft eine Gottheit z. B.
Loki in der nordischen Mythologie oder ein Tier, vor dem man sich fürchtete so wie der
große, böse Wolf, bis nicht, letztendlich durch die Angst der Menschen vor dem Unbekanten,
vor den Phänomenen die man sich nicht erklären konnte, Ungeheuer entstanden. Riesen,
Hexen, Trolle, Teufel, Kobolde, Dämonen, Vampire, Drachen, Werwölfe usw. sind nur einige
der Wesen, die die Helden in Märchen bezwingen müssen, damit das Gute, das sie
repräsentieren gewinnt und der, so kostbare Frieden wieder hergestellt wird.
In Der gestiefelten Kater, ist es der Zauberer, ein nicht näher beschriebener (wahrscheinlich
alter) Mann, der in einem großen, prächtigen Schloss wohnt und die Fähigkeit besitzt, sich in
jedes Tier zu verwandeln, das es gibt.
Ich habe gehört, dass du dich in jedes Tier ganz nach deinem Belieben verwandeln könntest;
was einen Hund, Fuchs oder auch Wolf betrifft, da will ich es wohl glauben, aber von einem
Elefant, das scheint mir ganz unmöglich, und deshalb bin ich gekommen, um mich selbst zu
überzeugen.“ Der Zauberer sagte stolz: „Das ist für mich eine Kleinigkeit.80
Zauberer und Hexen sind Menschen, die über eine große magische Kraft verfügen und diese,
meistens, dazu benutzen, um gewöhnliche Menschen in Angst und schrecken zu versetzen. In
den Märchen wird ihnen manch eine Schandtat nachgesagt, sie essen Kinder (Hänsel und
Gretel), vergiften oder verfluchen Menschen (Schneewittchen und die sieben Zwerge,
Dornröschen), befehligen den Tieren des Waldes, ändern ihre Form in alles mögliche (in
Tiere, andere Menschen, Gegenstände) usw. Gerade der Zauber des Formwandels ist eine
Kraft, die, offensichtlich, genügend schrecklich erscheint um den Zauberer, in Der
gestiefelten Kater als böse vorzustellen. Es tut keinem leid um den Zauberer als er letztendlich
gegen den Kater verliert. Aber er ist nur die Figur, die das Böse in einer Form darstellt, wäre
er ein richtiger, märchenhafter Widersacher, würde er schon am Anfang erwähnt werden, er
80 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 869.
56
müsste dem Helden (dem Jungen oder dem Kater) bekannt sein oder ihnen schon vom Beginn
der Handlung im Wege stehen, aber so wie es in dem Märchen der Fall ist, kommt er erst am
Ende vor und wird auch schnell bezwungen.81
Es stellt sich also die Frage, wer ist nun der wahre Gegner in Der gestiefelte Kater?
Beide, der Junge und der Kater treffen schon vom Anfang an auf Schwierigkeiten, sie sind
obdachlos und verfügen über kein Geld, mit dem sie sich ihre Existenz sichern könnten. Da
der Junge keine Ahnung hat, was er tun soll, um die Situation zu ändern, muss der Kater, als
Beschützer und Helfer des Jungen, die Sache selbst erledigen. Er will aus dem Jungen den
neuen König machen, aber um das zu schaffen, muss er den gegenwärtigen Regenten davon
überzeugen, dass der junge Müllersohn es wert ist sein, Nachfolger zu werden. Also ist der
Antagonist im Märchen nicht nur der Zauberer, sondern, der König oder um präziser zu sein,
die Situationen, die dem ersten Treffen des Katers mit dem König folgen.
Der arme Müllersohn aber saß zu Haus am Fenster, stützte den Kopf auf die Hand und
dachte, dass er nun sein letztes Geld für die Stiefel des Katers weggegeben habe, und der ihm
wohl nichts besseres dafür bringen könne. Da trat der Kater herein, warf den Sack vom
Rücken, schnürte ihn auf und schüttete das Gold vor den Müller hin: „Da hast du etwas Gold
vom König, der dich grüßen lässt und sich für die Rebhühner bei dir bedankt.“ Der Müller
war froh über den Reichtum, ohne dass er noch recht begreifen konnte, wie es zugegangen
war. Der Kater aber, während er seine Stiefel auszog, erzählte ihm alles; dann sagte er: „Du
hast jetzt zwar Geld genug, aber dabei soll es nicht bleiben; morgen ziehe ich meine Stiefel
wieder an, dann sollst du noch reicher werden; dem König habe ich nämlich gesagt, dass du
ein Graf bist.“ 82
Der König stellt schon vom Anfang an hohe Erwartungen in den vermeidlichen Grafen. Es
stimmt zwar, dass diese Ansprüche durch die Taten des Katers erweckt wurden, aber sie
basieren auf den Vorstellungen des Königs bzw. der Gesellschaft des Mittelalters. So muss
der Kater nun nicht nur dem König die Geschenke seines Herren bringen, sondern auch dafür
sorgen, dass der Graf in einem guten Licht erscheint. Der Kater sorgt dafür, dass die Bauern
das Land, welches eigentlich dem Zauberer gehört, als das des Grafen dem König vorstellen
und letztendlich besiegt der Kater noch den Zauberer und erobert dessen Schloss und erklärt
es zur Behausung des Grafen. So hat der Kater letztendlich alle Gegner besiegt und dem folgt,
wie es für die meisten Märchen üblich ist, das glückliche Ende.83
81 Vgl.:Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 166. 82 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 867. 83 Vgl.: Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 460.
57
In Das tapfere Schneiderlein gibt es mehrere Antagonisten. Drei davon (der Riese, der König
und die Prinzessin), spielen in einem gewissen Abschnitt des Märchens, eine wichtigere Rolle
als Prüfer, die anderen sind nur Teil der Prüfungen (die Riesen, das Einhorn, das
Wildschwein).
Am Anfang ist es der Riese mit seinen Kameraden, er will den Schneider besiegen, weil er
glaubt, dass so ein gewöhnlicher, kleiner Mensch, wie der Schneider, kein Recht hat mit ihm
so zu Reden als seien sie gleichgestellt.
Der Weg führte ihn auf einen Berg, und als er den höchsten Gipfel erreicht hatte, so saß da
ein gewaltiger Riese und schaute sich ganz gemächlich um. Das Schneiderlein ging beherzt
auf ihn zu, redete ihn an und sprach: „Guten Tag, Kamerad, gelt, du sitzest da und besiehst
dir die weitläufige Welt? Ich bin eben auf dem Wege dahin und will mich versuchen. Hast du
Lust mitzugehen?“ Der Riese sah den Schneider verächtlich an und sprach: „Du Lump! Du
miserabler Kerl!““84
Doch weil der Riese nicht allzu klug ist, kann der Schneider ihn (und auch die anderen Riesen
aus der Höhle) am Ende in die irre führen. Der Riese ist sehr überheblich und er erwartet, dass
der Schneider keine, der von ihm gestellten Aufgaben, meistern kann, weil er eben nur ein
Mensch ist, deshalb achtet er auch nicht darauf, wie der Schneider seine Prüfungen besteht.
Nachdem der Schneider die Riesen in die Flucht geschlagen hat, kommt er zum Palast des
Königs. Der König und sein Gefolge haben Angst vor dem Schneider, denn sie halten ihn
wegen der Aufschrift auf seinem Gürtel, für einen mächtigen Krieger. Der König ist dem
Fremden am Anfang wohl gesonnen und will ihn in seinen Dienst stellen.
Sie gingen und meldeten es dem König und meinten, wenn Krieg ausbrechen sollte, wäre das
ein wichtiger und nützlicher Mann, den man um keinen Preis fortlassen dürfte. Dem König
gefiel der Rat, und er schickte einen von seinen Hofleuten an das Schneiderlein ab, der sollte
ihm, wenn es aufgewacht wäre, Kriegsdienste anbieten.85
Um zu verhindern, dass ihm alle seine anderen Soldaten aus Angst vor dem Krieger verlassen
oder, dass er ihm den Thron entreist, entschließt der König sich des Fremden zu entledigen.
Also fassten sie einen Entschluss, begaben sich allesamt zum König und baten um ihren
Abschied. „Wir sind nicht gemacht“, sprachen sie, „neben einem Mann auszuhalten, der
siebene auf einen Streich schlägt.“ Der König war traurig, dass er um des einen willen alle
seine treuen Diener verlieren sollte, und wäre ihn gerne wieder los gewesen. Aber er getraute
84 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 128. 85 ebd, S. 132.
58
sich nicht, ihm den Abschied zu geben, weil er fürchtete, er möchte ihn samt seinem Volke
totschlagen und sich auf den königlichen Thron setzen.86
Der König weiß, dass gegen einen Mann, der sieben auf einem Schlag tötet keiner seiner
Diener ankommt, also gibt er ihm Aufgaben, die selbst so ein großer Krieger nicht bewältigen
sollte. Doch dank des Einfallsreichtums und des Glücks, das der Schneider hat, muss der
König sich am Ende geschlagen geben.
Die Prinzessin ist dann der letzte Antagonist, sie prüft den Helden jedoch nicht, sondern will
ihn loswerden, weil ihr seine bürgerliche Abstammung missfällt.
Die anderen beiden Riesen, das Einhorn und das Wildschwein sind im Märchen mehr Teil der
Prüfungen als tatsächliche Gegner, da der Schneider sie ja ohne große Umstände besiegt.
Dank der Verbissenheit, Dummheit, Überheblichkeit und des Egoismus der Antagonisten,
wird aus dem Schneider ein König.
4.2.3.11. Der Preis bzw. die Thronfolge
In den meisten Märchen, bekommt der Held, falls er ein unüberwindbares Hindernis
bezwungen hat, einen Preis, dieser kann dem Helden schon am Anfang verliehen werden, in
der Mitte der Geschichte oder erst am Ende. Was für ein Preis das ist, hängt davon ab, was
dem Helden in der Situation gerade passen würde, was er gebrauchen könnte. Falls er den
Preis schon am Anfang oder in Mitten der Handlung bekommt, kann man sicher sein, dass er
am Ende etwas noch viel besseres bekommt, da er diesen Preis oft als Bezahlung für eine
Arbeit oder Tat bekommt, die er für jemand anderen erledigt hat so wie der Tisch, der Esel
und der Stock im Sack bei Tischlein deck dich, Goldesel und Knüppel aus dem Sack), der
fliegende Teppich in Geschichten aus 1001 Nacht oder der Kater im gestiefelten Kater und
auch braucht, um ein Ziel zu erreichen welches sonst unerreicht bleibt (so wie die magischen
Bohnen durch deren Hilfe Hans zum Schloss des Riesen gelangt, bei Hans und die
Bohnenranke), was also bedeutet, dass die Funktion dieses Preises zu der eines magischen
Helfers bzw. Gegenstandes wird.
Falls es jedoch ein Preis ist, den der Held am Ende bekommt, nachdem er alles geschafft hat,
was von ihm verlangt wurde, oder er selbst von sich verlangt hat, ist es sein höchstes Ziel,
seine größte Belohnung. So wie zum Beispiel, die Heirat der Prinzessin (indem er einen
Drachen besiegt hat), großer Reichtum (denn der Held sich mit seiner eigenen Kraft und Güte
86 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 132.
59
verdient hat), die Thronfolge (durch die Rettung der Prinzessin, die der Held zurück gebracht
hat) oder auch die Rückkehr ins alltägliche Leben (der Held besiegte die Gottheit und durfte
deshalb seine Geliebte aus der Unterwelt zurück hohlen).
In Der gestiefelte Kater ist es die Prinzessin, die sich sofort unsterblich in den Jungen verliebt,
der Reichtum, denn der Kater dank des Katers erlangt und das Recht auf den Thron des
Königs, sobald dieser stirbt.
Da ward die Prinzessin mit dem Grafen versprochen, und als der König starb, ward er
König, der gestiefelte Kater aber erster Minister.87
Genau so ist es auch in Das tapfere Schneiderlein, wo der Schneider sich seinen Preis, die
Prinzessin und den Thron jedoch schon vor dem Ende des Märchens verdient.
Der Held aber begab sich zum Könige, der nun sein Versprechen halten musste, ihm seine
Tochter und das halbe Königreich übergab.88
Die Thronfolge, ist es, die in den Märchen, vorkommt, wo die Figur des Königs präsent ist
und den Helden am Ende belohnen will bzw. muss. Während es in der Antike und im
Mittelalter Brauch war, dass die Thronfolge entweder der älteste Nachkomme (sein Sohn) des
Königs erlangt, der älteste nähere Verwandte (der Bruder oder Onkel, falls der Herrscher
keine Kinder hatte), der Bezwinger des Königs (im Falle, dass das Königreich erobert wurde)
oder der Nachkomme mit der größten Kampferfahrung (der Sohn, der ein anderes Reich
erfolgreich eingenommen hat; meistens im Namen seines Vaters), ist es bei den meisten
Märchen so, das der Thronfolger aus einem anderen Land kommt (der Prinz in Dornröschen)
oder aus dem untersten Stand der Gesellschaft so wie der Junge Müllersohn in Der gestiefelte
Kater oder der Schneider in Das tapfere Schneiderlein und die Prinzessin zuerst rettet, worauf
die sich sofort in ihn verliebt und dann zurück zu ihrem Vater bringt und sie dort, mit dem
Segen ihres Vaters, zur Braut nimmt. Die Prinzessin ist, wie schon erwähnt, der Träger des
Thronerbes, in der von Männern geführten Gesellschaft, kann sie das Land, nach dem Tod
ihres Vaters, nicht allein regieren aber sie kann beeinflussen, wen der König zum Thronfolger
macht, da ihre Meinung dem König bzw. dem Vater sehr wichtig ist und dieser meist nur,
verständlicherweise, ihr Wohlergehen im Kopf hat. Wenn der Held sie rettet oder Ihre
Prüfungen besteht, ist ihm, durch ihre Liebe, der Thron sicher. Doch die Thronfolge bringt
87 Brüder Grimm, Kinder und Hausmärchen, S. 870. 88 ebd, S. 135.
60
immer das Motiv des Todes mit sich, denn der Held kann erst dann zum König gekrönt
werden, wenn der alte König stirbt.89
Es kommt sogar bei beiden Märchen zu einem Zeitsprung in die Zukunft, obwohl beide
Märchen genau so gut schon vorher enden könnten, haben sich die Brüder Grimm
entschieden, etwas von der Zukunft ihrer Akteure preis zu geben. Wieso sie das getan haben,
bleibt unklar. Womöglich wollten sie ein utopisches Ende kreieren, aber viel wahrscheinlicher
ist es, dass es eine angemessene Lösung war, um ein passendes Ende für beide Märchen zu
machen, indem sie sowohl den Jungen wie auch den Kater in der Gestiefelte Kater belohnt
haben und noch einen kurzen Blick auf das Verhältnis zwischen dem Schneider und seiner
Braut in Das tapfere Schneiderlein gewährten.90
89 Vgl.: Vladimir Propp, Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens, S. 502. 90 Vgl.: ebd, S. 509.
61
5. Schlussfolgerungen
In der vorliegenden Arbeit wurden die Märchen Der gestiefelte Kater und Das tapfere
Schneiderlein, von Jakob und Wilhelm Grimm unter der Anlehnung an die Märchentheoreme
von Wladimir Jakowlewitsch Propps Strukturanalyse d.h. in deren Grundelemente also in ihre
Funktionen und Motive zerlegt. Dabei wurde festgestellt, dass diese Grundelemente in
verschiedenen Sujets gleich sind, sie entstehen einer aus dem anderen und bilden so die
Handlung bzw. das Märchen. Die Ursprünge der einzelnen Motive sind zwar schon
vorbestimmt, aber ihre Interaktion untereinander noch nicht, die kommt erst bei der
Verbindung der Funktionen und ihrer Motive in einen aktiven Handlungsstrang, dass heißt,
dass die Handlung erst dann entsteht, wenn die Position der einzelnen Funktionen und ihrer
Motive festgelegt wird. Doch der eigentliche Ursprung des Volksmärchens, bleibt trotz der
Funktionen, in den meisten Fällen, unbekannt. Wenn nun die einzelnen Funktionen in den
Handlungsstrang der beiden Märchen eingefügt werden, sieht das folgendermaßen aus:
• Die Funktion, Die Verwicklung in unerwartete Geschehnisse, kommt in Der
gestiefelte Kater, an den Anfang, genau so wie bei jedem anderen Märchen und hat
zum Resultat, das durch ihre Motive die nächste Funktion, Das Geschenk des
Verblichenen bwz. die Erbschaft herbeigeführt wird, diese beinhaltet dann die
Funktion, Das dankbare Tier, aus welcher sich dann die Funktion magische Helfer,
entwickelt. Dem folgt die Funktion der Reise und der Lokalität, danach kommt die
Funktion der Jagd, Die Prinzessin, Der Antagonist und nachdem der Antagonist
besiegt wurde, kommt letztendlich die Funktion Der Preis bzw. die Thronfolge.
• In Das tapfere Schneiderlein, kommt zuerst die Funktion Die Verwicklung in
unerwartete Geschehnisse welche, dann die Funktion Der magische Gegenstand, so
wie auch die Funktion, Die Reise, Lokalität. Durch die Reise kommt es zum Treffen
mit dem ersten Antagonisten und zu der daraus folgenden Funktion, Die Prüfungen.
Nachdem diese bestanden wurden kommt es wieder zur Reise und dadurch zu einer
Veränderung in der Lokalität. Jetzt trifft der Protagonist auf den zweiten Antagonisten
und durch die Prüfungen von welchen die letzte, die Funktion Die Jagd beinhaltet,
trifft er auf die anderen Antagonisten. Nach dem bezwingen der Antagonisten kommt
die Funktion, Die Prinzessin/ die Braut, diese ist zugleich der letzte Antagonist und
nachdem der Held auch diese Situation gemeistert hat, kommt es, zuguterletzt, zu der
Funktion, Der Preis bzw. die Thronfolge.
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Alle Märchen besitzen eine eigene Struktur, so wie auch gemeinsame Funktionen, Motive,
Handlungsstränge, Figuren und in einigen Fällen sogar den selben Ursprung, obwohl man den
bei Volksmärchen nicht näher bestimmen kann, kann man ihn im Falle der beiden Märchen
wenigstens mit zwei Autoren verbinden, den Brüdern Grimm. Die Brüder Grimm haben die
Märchen als Material bzw. als Inspiration genutzt, um selbst zu den Erzählern zu werden, um
sie niederzuschreiben und somit für die kommenden Generationen zu erhalten. Dadurch
wurden die aus der Mündlichen Überlieferung stammenden Volksmärchen zu Kunstmärchen
bzw. Buchmärchen.
Der gestiefelte Kater und Das tapfere Schneiderlein, haben beide die Funktion der Reise,
einen durchschnittlichen Protagonisten, mit dem sich der Leser identifizieren kann, was
jedoch mehr für den Schneider gilt als den Kater, übernatürliche Elemente, so wie den
sprechenden Kater, einen Zauberer der sich in Tiere verwandeln kann in Der gestiefelte Kater
und Riesen und ein Einhorn in Das tapfere Schneiderlein, einen König, eine Prinzessin und
ein glückliches Ende. Während die Helden in Der gestiefelte Kater ein unsicherer Junge und
sein selbstbewusster sprechender Kater sind, ist es in Das tapfere Schneiderlein ein listiger
Schneider, der als jemand Besonderes gelten will. Doch alle sind sie die Helden des
jeweiligen Märchens.
Die Reise, die in beiden Märchen vorkommt, dient dazu, den bzw. die Protagonisten zu
verändern, zu stärken, ihren Horizont zu erweitern und ihr Leben zu verbessern. Der einzige
Unterschied zwischen ihnen ist, dass der Schneider alleine reist und während seiner Reise
Prüfungen bestehen muss.
Der König in Der gestiefelte Kater will den Grafen kennen lernen, während der König in Das
tapfere Schneiderlein den Helden fürchtet und sich ihn entledigen will.
Die Antagonisten sind in beiden Märchen eine große Gefahr für den Helden und einige davon
(der Zauberer, die Riesen, das Einhorn) verbreiten unter den Menschen Angst und Schrecken.
Beide Prinzessinnen sind für die Helden der Weg zum Königsthron. Während sich die
Prinzessin in Der gestiefelte Kater sofort in den Jungen verliebt, verachtet die Prinzessin in
Das tapfere Schneiderlein den Helden und will ihn loswerden, weil dieser nicht vom Adel
abstammt.
In Der gestiefelte Kater wird der Held erst dann König, als der alte König stirbt, während in
Das tapfere Schneiderlein der König seine Krone an den Helden übergibt, weil er sich vor
ihm fürchtet.
Egal wie sehr sich die Motive unterscheiden, die Struktur bleibt bei beiden die gleiche. Es gibt
einen Helden, dessen Leben sich durch ein unerwartetes Geschehnis ändert, der sich in große
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Gefahr begibt um am Ende einen Preis zu empfangen, den er sich, durch seine Taten verdient
hat.
Der Unterschied in der Morphologie zwischen den Märchen, sowohl der beiden behandelten,
so wie auch anderer Märchen die aus der mündlichen Überlieferung abstammen, resultiert,
einerseits aus der volkstümlichen Abstammung und der daraus folgenden Veränderung von
Erzähler zu Erzähler, andererseits, aber auch, aus der Tatsache, dass Märchen sich zwar durch
einige ihrer Funktionen gleichen, so wie Die Verwicklung in unerwartete Geschehnisse, oder
der Antagonist, aber dennoch Funktionen beinhalten, die nicht allen gleich sind. Nehmen wir
z. B. den magischen Helfer, in Der gestiefelte Kater kommt er vor, weil er die Verbindung
zwischen dem Übernatürlichen, Zauberhaften und dem Menschlichen, den Charakter-
eigenschaften die der Junge Müller nicht besitzt, ist. Somit ist die Moral des Märchens die,
dass wenn man gut zu seinen Freunden ist und ihnen vertraut, diese Güte und Vertrauen dann
am Ende belohnt werden.
Währendessen gibt es in Das tapfere Schneiderlein keinen magischen Helfer, weil der
Erzähler, durch den Helden, dem Leser, Zuschauer oder Zuhörer beweisen will, dass man sich
auf seine eigenen Fähigkeiten verlassen soll und wenn man das tut, meistert man jede
Situation.
Wie Propp schon in Die Morphologie des Märchens und Die historischen Wurzeln des
Zaubermärchens gezeigt hat, sollen Märchen nicht nur unterhalten, sondern tragen, so wie bei
den Grimms, immer eine Lehre, eine Moral mit sich und spiegeln genau so die Zeit ihres
Entstehens und die gesellschaftliche Struktur, deshalb kommt es auch einerseits zu vielen
Unterschieden (nicht alle Märchen beinhalten Zauberer) andererseits aber auch zu vielen
Gleichnissen (fast alle Märchen haben ein glückliches Ende) in der Morphologie der
Märchen.
Die meisten Motive kommen aus den verschiedensten symbolischen Systemen der
Gesellschaft, aus der Kunst, den Gebräuchen, der Mythologie, der Religion, der Wissenschaft,
aus dem Gesellschaftsbild, dem Standart usw., unter denen der Initiationsritus hervorgehoben
wird, die anderen sind meistens mit dem Ort des Entstehens verbunden oder sogar gänzlich
unbekannt.
Der magische Helfer, magische Gegenstände, Die Jagd, Lokalität, Die Prinzessin bzw. die
Braut, Der Preis, Der Antagonist, Das dankbare Tier, Die Prüfungen und Die Reise, all diese
Funktionen mit ihren Geschehensmomenten, Motiven und Funktionen, sind mit dem
Initiationszyklus verbunden und lassen darauf schließen, dass dieser die älteste Basis für die
Märchen ist, sie können alle, verallgemeinert bzw. verändert in einer unendlichen Anzahl von
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Märchen auftreten. Durch die Reise wurden die Helden in beiden Märchen verändert, durch
den Helfer also den Kater in Der gestiefelte Kater konnte der Junge zum Thronfolger werden
und durch die Prüfungen in Das tapfere Schneiderlein, konnte der Schneider beweisen, dass
Klugheit und Einfallsreichtum, meistens mehr wert sind als die Stärke. Die zweite, älteste
Basis für Märchen, ist der Zyklus des Todes, Die Verwicklung in unerwartete Geschehnisse,
Das Geschenk des Verblichenen bzw. die Erbschaft, Der Antagonist, Die Thronfolge sind alle
mit der Vergänglichkeit des Individuums verbunden. Durch den Tod des Zauberers konnte der
gestiefelte Kater seinen Herren und sich selbst eine bessere Zukunft sichern und durch den
Tod der zwei Riesen, bewies das tapfere Schneiderlein, dass er wirklich ein großer Krieger ist.
Die Verbindung dieser beiden Zyklen und den dazu gehörigen Elementen, ergibt im Endeffekt
fast alle Grundelemente des Märchens, man kann jedoch keine genaue Grenze zwischen den
beiden ziehen und sie auch nicht gänzlich miteinander verbinden z. B. die Funktion der
Prüfung ist eng mit dem Zyklus der Initiation und des Todes verbunden, sie prüft den Helden,
indem dieser den Antagonisten tötet bzw. bezwingt, doch sie kann auch mit dem Tod des
Helden verbunden sein und dem Sieg des Antagonisten. Falls beispielsweise, das tapfere
Schneiderlein die beiden Riesen nicht besiegt hätte, hätte er natürlich nie die weiteren
Prüfungen lösen und den Königsthron besteigen können. Er könnte es aber auch nicht tun,
wenn er die Riesen nicht getötet, sondern nur verscheucht hätte, da der König ja ausdrücklich
von ihm verlangte, dass er die Riesen tötet.
Die Kompositionseinheit in Der gestiefelte Kater und in Das tapfere Schneiderlein basiert
nicht aus der Volkspsyche oder dem künstlerischen Schaffen, sondern auf der geschichtlichen
Wirklichkeit. Das was die Menschen erzählen, haben deren Vorfahren vor vielen Jahren so
gemacht oder so gedacht und das, was sie nicht gemacht oder gewusst haben bzw. sie sich
nicht erklären konnten, haben sie sich vorgestellt oder auf eine ihnen verständliche Weise
interpretiert, so wie z. B. die Pest, die in Europa nicht als Krankheit gesehen wurde, sondern
von der Kirche als Straffe Gottes interpretiert wurde. Aus diesem Unverständnis für die Welt,
resultieren dann auch Figuren wie Zauberer, Hexen, Riesen, Einhörner usw. Der Kern der
Märchen absorbiert aus der neueren bzw. späteren bzw. gegenwärtigen Realität und fügt sich
der Handlung zu, genau so wie er Einfluss auf die Handlung des Originals hat, kann er aber
auch andere Werke oder auch andere Handlungen beeinflussen und daraus kommen dann
neue Märchen. Die Figur des Katers ist beispielsweise gleich dem Motiv des fliegenden
Teppichs oder des Pegasus, wohingegen andere Figuren, so wie der Nutzen bzw. die
Bedeutung der Stiefel, einzeln gelöst und definiert werden müssen.
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In Das tapfere Schneiderlein tritt beispielweise nicht die Funktion des magischen Helfers auf
so wie in Der gestiefelte Kater, was ja eigentlich logisch ist, da es ja auch keinen gibt, aber
hypothetisch gesehen wäre es möglich, das der Riese nicht vor dem Schneider weckgelaufen
wäre sondern sich ihn, aus Ehrfurcht, anschließen würde, so wie es der Schneider tatsächlich
vorgeschlagen hat, um nicht allein zu reisen, dann könnte der Riese ihm bei den Prüfungen
des Königs helfen und so könnte ein völlig neues Märchen entstehen.
Die magischen Elemente resultieren aus einem bestehenden historischen Wissen, oder
Nichtwissen, so kann der Kater, wie schon erwähnt, als das zweite Ich des Müllersohnes
identifiziert werden, die Persönlichkeit, die alles schafft was sie sich vornimmt, die
selbstbewusst ist, niemals aufgibt, verantwortungsvoll ist und nicht an die menschlichen
Gesetze gebunden ist, aber sehr wohl vertraut mit ihnen. Dies kommt aus den schon gestellten
Annahmen, dass im Märchen eigentlich persönliche Elemente der Vorgeschichte einbezogen
werden, so dass sie das Produkt des freien künstlerischen Schaffens sind, so wie auch aus
Elementen, die aus Geschehnissen folgen, die ihren Ursprung in der Zeit vor der
Geschichtsschreibung haben, bestehen.
Nach Propp ist es sehr wichtig zu wissen, wie man diese Elemente erforschen kann, denn sie
sind der primäre Bestandteil eines jeden Märchens und helfen dem Leser sich besser in die
Handlung zu vertiefen und sich die einzelnen Situationen vorzustellen. Wie man sie erforscht
und bekommt, ist jedoch schwieriger als den Ursprung des Volksmärchens selbst, zu
bekommen. Mann kann sich mit Gegenständen aus der Vorzeit helfen, mit den
Höhlenmalerein, oder mit dem, was aus der Antike erhalten wurde über die Nachbarvölker
(Wessobruner Gebet, Mersoburger Zaubersprüche usw.). Ein anderer Weg ist jedoch, die
noch existierenden Stämme zu beobachten (in Afrika, Südamerika usw.), diese praktizieren
immer noch viele der Riten aus der Urzeit und durch ihre Differenzierung zu unserer
modernen Welt und Verbundenheit mit ihrer Tradition, sind sie die perfekte Quelle zur
Erforschung der Urriten. Propp erwähnt vor allem die indianischen Geschichtenerzähler,
Menschen, meistens einer der Dorfältesten, die die Aufgabe haben die Geschichte ihres
Stammes, ihren Glauben und ihre Sagen für die kommenden Generationen zu sammeln, zu
erhalten und sie ihnen weiter zu geben. Genau so haben sie aber auch die Aufgabe, einen
Nachfolger zu bestimmen, der ihre Arbeit fortführt, sie sind, sozusagen die Geschichtsreiber
der Kultur des einzelnen Stammes. Da dies genau, so wie bei den Volksmärchen mündlich
verläuft, ist der Unterschied zwischen den beiden der, dass der indianische
Geschichtenerzähler nichts verändern darf, weil er so die Geschichte des Stammes und somit
ihren eigenen Glauben beleidigt, während es andererseits, bei den Volksmärchen zu radikalen
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Änderungen und Anpassungen kommen kann. Das gleiche gilt dann für Kunstmärchen die
ihren Stofflichen Inhalt aus den Volksmärchen beziehen, nur das diese dann, inhaltlich nicht
mehr verändert werden können, außer vom Autor selbst.
Nach Propp gibt es viele verschiedene Funktionen (den dummen Helden, den tapferen
Helden, das unbekannte Königreich, den Drachen, die Einsamkeit, die Räuber usw.), Motive
(die Rache des Helden, die Rettung einer Jungfrau, der Drache, der einen Schatz, beschützt,
der Drache der dem Helden hilft, die magische Flucht usw.) und Strukturen (nach den
Funktionen, nach dem Einbezug neuer Figuren in die Handlung, nach den Attributen der
Figuren usw.) nach denen man Märchen erforschen kann und sie alle dienen als Verbindung
zwischen den verschiedenen Märchen, so wie auch zwischen den Märchen als epische
Literaturgattung und anderen literarischen Gattungen der Epik, so wie Fabeln, Legenden,
Erzählungen usw.
Es spielt demnach keine Rolle, ob der Ursprung des Märchens in Europa, Asien, Afrika oder
von irgendeinem anderen der Kontinente stammt, oder ob die Handlung zwischen den
Märchen sich unterscheidet, sie werden alle auf die gleiche Weise erzählt, tragen alle ähnliche
Strukturen (Tiermärchen, Heldenmärchen, Drachenmärchen) und haben in allen Kulturen
(gegenwärtigen oder ausgestorbenen) eine gleich wichtige Bedeutung, als Geschichten, die
zeitlos sind, die zur Belustigung dienen und auch eine Lehre in sich tragen. Das einzige was
sich ändert sind die kulturellen Einflüsse.
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Povzetek
V svoji diplomski nalogi sem obravnaval teorijo raziskovanja pravljic po ruskem folkloristu
Vladimir Proppu na primeru dveh pravljic, 2EXWL�PDþHN in 3RJXPQL�NURMDþHN, ki sta obe izšli
v zbirki pravljic bratov Grimm, Kinder und Hausmärchen (1819).
Najprej sem se posvetil pojmu pravljice. Pravljice so pripovedi epske zvrsti, v kateri se
GRJDMDMR� QHYHUMHWQH�� þDUREQH�� VDPR� Y� GRPLãOMLML� PRJRþH� VWYDUL�� NL� VH� SRYH]XMHMR� ]�UHVQLþQRVWMR�� 9HþLQD� SUYLK�� VWDUHMãLK� SUDYOMLF� L]YLUD� L]� OMXGVNHJD� L]URþLOD�� ]D� RKUDQLWHY� WHK��ljudskih pravljic pa so poskrbeli zbiratelji pravljic, kot so brata Grimm, in Hans Christian
Andersen.
V nadaljevanju sem pravljice razvrstil na tri zvrsti, ljudske pravljice, umetniške pravljice in
NQMLåQH�SUDYOMLFH�� Ljudske pravljice so neznanega izvora, nimajo nobenega posameznega avtorja in se prenašajo
SUHNR� XVWQHJD� L]URþLOD�� =DUDGL� QH]QDQHJD� L]YRUD�� VH� WH� SUDYOMLFH� VSUHPLQMDMR�� YVDN�pripovedovalec jim lahko dodaja ali pa odstrani kak element.
Umetniške pravljice so avtorsko delo, od ljudskih pravljic se razlikujejo predvsem v tem, da
MH�DYWRU�LQ�þDV�QMLKRYHJD�QDVWDQND�]QDQ��NRW�WXGL�SR�WHP��GD�VR�VKUDQMHQH�Y�SLVQL�REOLNL� .QMLåQH�SUDYOMLFH�VR�YPHVQD�NDWHJRULMD�PHG�OMXGVNLPL�LQ umetniškimi pravljicami. Izvirajo iz
ljudskih pravljic, vendar so zapisane. Povezane so z zbiratelji pravljic, prvotno z bratoma
*ULPP��NL�]ELUNDP�SUDYOMLF�� L]� OMXGVNHJD�L]URþLOD��GRGDMR�VYRMH�VWLOLVWLþQH��NRW� WXGL�GUXåEHQH�vidike.
Umetniške, ljudske in NQMLåQH� SUDYOMLFH�� VH� ODKNR� SRMDYOMDMR� Y� YHþ� SRGYUVWDK�� SUDYOMLF�� (QD�L]PHG�QMLK�VR�þDUREQH�SUDYOMLFH��WH�YVHEXMHMR�YHGQR�QHN�þDUREHQ�HOHPHQW��WR�MH�ODKNR�þDUREQR�ELWMH� �þDURYQLN��þDURYQLFD��]PDM��VDPRURJ�LSG����þDUREQL�SUHGPHW��þDUREQL�PHþ��þDUREQL�ILåRO�LSG��� DOL� SD� NDNUãQDNROL� REOLND� þDURYQLMH� �SUHNOHWVWYR�� WUL� þDUREQH� åHOMH�� SULNOLF� GXKRY���ýDUREQH�SUDYOMLFH�SD�VH�ODKNR�GHOLMR�GDOMH�QD�YHþ�SRGYUVW��NRW�QD�SULPHU�åLYDOVNH�SUDYOMLFH��K�katerim spada 2EXWL� PDþHN in sprejemne pravljice, h katerim spada PoguPQL� NURMDþHN.
äLYDOVNH�SUDYOMLFH�VR�SUDYOMLFH��NMHU�SRJRVWR�QDVWRSDMR�VDPR�åLYDOL��NL�VH�MLP�GRGDMR�þORYHãNH�ODVWQRVWL��NRW�MH�KRMD��JRYRU��]ORED�LSG��DOL�SD�SUDYOMLFH��NMHU�QDVWRSD�SROHJ�þORYHãNHJD�MXQDND�ãH�YVDM�HQ�åLYDOVNL�MXQDN��SRPRþQLN��NRW�QD�SULPHU�REXWL�PDþHN�� Sprejemne pravljice izvirajo iz starodavnih sprejemnih obredov, obred iniciacije. V njih je
PRUDO�MXQDN��SRJRVWR�PODGHQLþ��SUHVWDWL�UD]OLþQH�SUHL]NXãQMH��GD�EL�ODKNR�ELO�VSUHMHW�Y�GUXåER�odraslih. Te pravljice zato vsebujejo preizkušnje, ki MLK�MXQDN�PRUD�QD�YVDN�QDþLQ�SUHVWDWL��GD�
68
GRVHåH� QHN� FLOM�� NL� VL� JD� MH� SRVWDYLO� VDP� DOL� SD�PX� MH� ELO� GRORþHQ� RG� QHNRJD� GUXJHJD�� NRW�NURMDþHN��NL�MH�SUHVWDO�YVH�SUHL]NXãQMH��NL�VWD�PX�MLK�GDOD�YHOLNDQ�LQ�NUDOM�� .HU� MH� 3URSS� UD]LVNRYDO� SUHGYVHP� þDUREQH� SUDYOMLFH� QD� REPRþMX� ELYãH� 6RYMHWVNH� ]YH]H� VWD�njegovi dve deli Morfologija pravljic in +LVWRULþQL�NRUHQL�SUDYOMLF prav tako povezani s tem
REPRþMHP��0RM�QDPHQ�SD�MH�ELO��GD�VHP�QD�SRGODJL�QMHJRYLK�GYHK�GHO�XJRWRYLO�VNXSQH�WRþNH�med vsemi pravljicami, ne glede na njihov izvor ter v analizi strukture obeh obravnavanih
SUDYOMLF�XSRUDELO�WLVWH�HOHPHQWH�L]�3URSSRYH�SUDYOMLþQH�WHRULMH��NL�VR�]QDþLOQL�]D�]YUVW�þDUREQH�pravljice.
3URSS� WUGL�� GD� LPDMR� YVH� SUDYOMLFH� GRORþHQR� VWUXNWXUR�� NRW� WXGL� VRURGQH� HOHPHQWH�� ILJXUH� in
PRWLYH�� NL� VH� ODKNR� SRQDYOMDMR� YHþNUDW� Y� ]JRGEL�� QDMVL� ER� WR� þDUREHQ� SUHGPHW�� SRWRYDQMH��obdarovanje, nasprotnik ipd. Te, kot jih je sam poimenoval, funkcije, nekatere, ne vse, se v
UD]OLþQLK�REOLNDK�SRMDYOMDMR�Y�SUDYOMLFDK��SR�FHOHP�VYHWX��9]URN�WHPX�Sa je predvsem njihova
povezava s ciklom iniciacije, torej sprejema, kot tudi ciklom smrti, to pa sta dve izmed
QDMSRPHPEQHMãLK�� SRYH]RYDOQLK� WRþN�� NL� MLK� YVHEXMHMR� YVH� SUDYOMLFH�� 7D� GYD� FLNOD� MH� 3URSS�opredelil z povezavo funkcij v ruskih pravljicah, z mitologijo plemenskih kultur
VHYHUQRDPHULãNLK� ,QGLMDQFHY��NRW� WXGL� MXåQRDPHULãNLK� LQ�DIULãNLK�SOHPHQ��7R�SD�]DWR��NHU� MH�YHþLQD�L]PHG�WHK�RKUDQLOD�VYRMH�VWDURGDYQH�RELþDMH�LQ�SRYHVWL� .RW� VHP� åH� RPHQLO�� VR� VH� OMXGVNH� SUDYOMLFH� SUHQDãDOH� YHþLQRPD� XVWQR�� WRþHQ� þDV� QMLKRYHJD�nastanka je neznan, prav tako, kraj, ker so le redko katere bile zapisane ob njihovem nastanku.
=DWR� VHP�QDMSUHM�QDUHGLO�KLSRWHWLþQR�VSUHPHPER� IXQNFLM�SUL�REHK�SUDYOMLFDK��SUL� WHP�VHP�VL�SRPDJDO�]�GRORþDQMHP�ILJXU�LQ�GRJRGNRY��NL�VR�ELVWYHQL�za potek zgodbe pri obeh pravljicah
ter tvorijo bistveni del funkcij. Nato sem jih prilagodil drugemu zgodovinskemu obdobju, ki
naj bi predstavljalo, fiktivni izvor posameznega dela.
V� 2EXWHP� PDþNX� sem spremenil nekatere funkcije, da bi jih prilagodil obdobju starega
Egipta, pravljico 3RJXPQL�NURMDþHN��SD�VHP�SULODJRGLO�QD�VWDURJUãNR��DQWLþQR�REGREMH��6�WHP�sem hotel prikazati veljavnost Proppove trditve, da ljudske pravljice sicer vsebujejo elemente
tistega obdobja v katerem so nastale, vendar se ti elemenWL� ODKNR� VNR]L� þDV� VSUHPLQMDMR� LQ�]DUDGL�WH�VSUHPHQOMLYRVWL�QHNDWHULK�HOHPHQWRY�VH�OMXGVNLP�SUDYOMLFDP�QH�PRUH�GRORþLWL�WRþQHJD�þDVD�LQ�NUDMD�QDVWDQND��NHU�VH�MLK�ODKNR��]�PDQMãR�VSUHPHPER�IXQNFLM�SULODJRGL�QD�NDWHURNROL�zgodovinsko obdobje. Propp trdi, da se pravljice zaradi tega ne smejo raziskovati, kot dela, ki
VR�QDVWDOD�Y�QHNHP�GRORþHQHP�þDVRYQHP�REGREMX�DOL�SD�NRW�þLVWD�XPHWQLãND�GHOD��WHPYHþ�NRW�L]UD]�PLãOMHQMD�GUXåEH�Y�þDVX��NR�MH�SUDYOMLFD�QDVWDOD�LQ�ELOD�]DSLVDQD��
69
Z razdelitvijo in vzporedno oEUDYQDYR�IXQNFLM�REHK�SUDYOMLF��VHP�QDãHO�SRYH]RYDOQH�WRþNH��NL�ne veljajo samo za eno izmed teh dveh pravljic ali pa obe, ampak se najdejo v vseh pravljicah.
Te funkcije, sem v analogiji s Proppovimi trditvami poimenoval:
• VSOHW�QHSULþDNRYDQLK�GRJRGNRY
• dDULOR�SRNRMQHJD�DOL�GHGLãþLQD
• KYDOHåQD�åLYDO • þDUREQL�SRPRþQLN��þDUREQL�SUHGPHW • potovanje
• lokalnost
• preizkušnje
• lov
• princesa ali nevesta
• nasprotnik
• nagrada ali prestolonaslednik
6SOHW�QHSULþDNRYDQLK�GRJRGNRY
9VDND� SUDYOMLFD� LPD� QD� ]DþHWNX� QHNR� LGLOR�� QHNR� vsakdanje dogajanje, ki ga prekine
QHSULþDNRYDQL�GRJRGHN�� WD�QHSULþDNRYDQL�GRJRGHN�YSOLYD�QD� MXQDNRYR�åLYOMHQMH��NRW� WXGL�QD�nadaljnje dogajanje v pravljici.
V 2EXWHP�PDþNX�MH�WR�VPUW�POLQDUMD��NL�SRY]URþL��GD�VH�]DUDGL�QHSUDYLþQH�GHGLãþLQH�QDMPODMãL�sin SRGD�QD�SRWRYDQMH�V�VYRMLP�PDþNRP��]D�NDWHUHJD�PHGWHP�XJRWRYL��GD�]QD�JRYRULWL�� V 3RJXPHQ� NURMDþNX� SD� MH� WR� XERM� VHGPLK� PXK� QD� HQ� PDK�� QD� NDWHUHJD� MH� NURMDþHN� WDNR�SRQRVHQ�� GD� VH� RGORþL� RGLWL� Y� ãLUQL� VYHW�� NMHU� SULþDNXMH�� GD�JD�ERGR�YVL� ]DUDGL� WHJD�YHOLNHga
GRVHåND�REþXGRYDOL�LQ�KYDOLOL��
'DULOR�SRNRMQHJD�DOL�GHGLãþLQD
Ta funkcija se pojavi le pri 2EXWHP� PDþNX�� GHGLãþLQD� MH� WX� L]UDåHQD� Y� OLNX� PDþND� LQ� MH�povezana s še dvema drugima funkcijama, funkcijo +YDOHåQD�åLYDO in ýDUREQL�SRPRþQLN, ki ji
VOHGLWD��� ýH� QH� EL� SULãOR� GR� GHGLãþLQH�� PODGHQLþ� QH� EL� QLNROL� VSR]QDO� SUDYL� ]QDþDM�� SUDYR�LGHQWLWHWR�QMHJRYHJD�PDþND��'HGLãþLQD�MH�IXQNFLMD��NL�SRQDYDGL�YSOHWH�QHN�þDUREQL�HOHPHQW�Y�SUDYOMLFR��Y�WHP�SULPHUX��JRYRUHþHJD�PDþND�
70
+YDOHåQD�åLYDO Je pri 2EXWHP�PDþNX povezDQD�V�IXQNFLMR�GHGLãþLQH��WR�MH�PDþHN��NL�L]�KYDOHåQRVWL�GR�VYRMHJD�ODVWQLND��NHU�JD�WD�QRþH�XELWL��GD�EL�VL�L]�QMHJRYHJD�NRåXKD�QDUHGLO�URNDYLFH��SRNDåH�PODGHQLþX�VYRMR� UHVQLþQR�� SUDYOMLþQR� LQ� þDUREQR� LGHQWLWHWR� LQ� PX� SRPDJD� GR� EROMãHJD�� SULMHWQHMãHJD�åLYOMHQMD��+YDOHåQRVW�åLYDOL� VH�Y�SUDYOMLFDK�SRNDåH�SUHNR�SRPRþL��NL� MR�åLYDO�SRQXGL� MXQDNX�pravljice.
ýDUREQL�SRPRþQLN��þDUREQL�SUHGPHW 7D�GYD�SRMPD�VWD�SR�3URSSX�PHG�VHERM�]HOR�WHVQR�SRYH]DQD��NHU�RED�VOXåLWD�NRW�SRPRþ�MXQDNX�v pravljici, da le-WD�GRVHåH�zastavljen cilj.
V 2EXWHP� PDþNX�� MH� þDUREQL� SRPRþQLN� PDþHN�� NL� VNOHQH� VYRMHPX� ODVWQLNX� SRPDJDWL�� GD�SRVWDQH�SOHPLþ��ýDUREQHJD�SUHGPHWD�Y�WHM�SUDYOMLFL�QL�� V 3RJXPHQ�NURMDþNX�SD�QL�QREHQHJD�þDUREQHJD�SRPRþQLND��MH�SD�þDUREQL�SUHGPHW��7R�MH�SDV��ki si ga jH�QDUHGLO�NURMDþHN��NR�MH�SUHPDJDO�VHGHP�PXK��QD�NDWHUHJD�MH�YãLO�QDSLV�Sedem na en
mah.� 9HQGDU� SD� WD� SUHGPHW� QLPD� QREHQH� GHMDQVNH� þDUREQH� PRþL�� WRGD� ]DUDGL� QMHJRYHJD�napisa, ki ga vsi v pravljici narobe razumejo, ima vseeno nek, skriti pomen.
Potovanje
=DUDGL� SRWRYDQMD�� VH� MXQDNL� REHK� SUDYOMLF� L]SRVWDYLMR� UD]OLþQLP� QHYDUQRVWLP�� Y� SULPHUX�NURMDþND��FHOR�SUHL]NXãQMDP��NL�SD�MLK�QH�OH�SUHPRVWLMR��DPSDN�WXGL�NUHSLMR�LQ�V�WHP�SULEOLåDMR�njihovemu postavljenemu cilju.
Lokalnost
Je povezana, s potovanjem, preko potovanja junaki spoznajo nove ljudi, nove situacije in nove
NUDMH��NL�MLK�QH�EL�YLGHOL�DOL�VUHþDOL��þH�QH�EL�NUHQLOL�QD�SRW��
Preizkušnje
Ta funkcija se pojavi v 3RJXPQHP�NURMDþNX��1D�SRWRYDQMX�� VUHþD�NURMDþHN�GYH�RVHEL��NL�JD�postavita na preizkušnjo.
3UYL�MH�YHOLNDQ��WD�SUHL]NXVL�MXQDNRYR�PRþ��Y�XSDQMX��GD�OH-ta preizkušenj ne bo opravil, toda
NURMDþNX�XVSH�YHOLNDQD�SUHWHQWDWL�LQ�JD�V�WHP�WXGL�SUHPDJDWL�
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'UXJD�RVHED�SD�MH�NUDOM��NL�VLFHU�YHUMDPH��GD�MH�NURMDþHN�YHOLNL�ERMHYQLN��NL�SUHPDJD��VHGHP�PRå�QDHQNUDW�� YHQGDU�� VH�JD�KRþH�]QHELWL��NHU�JD� MH� VWUDK��GD�EL�QH]QDQL�ERMHYQLN��NURMDþHN��hotel prevzeti njegovo kraljestvo.
3UHL]NXãQMH� VR� RVWDQHN� VSUHMHPQLK� REUHGRY� L]� VWDULK� þDVRY� LQ� ]DWR� VOXåLMR� WHPX�� GD� VH�SRVDPH]QLN�L]NDåH�LQ��GD�QDMGH�VYRMH�PHVWR�Y�GUXåEHQL�XUHGLWYL�
Lov
V 2EXWHP� PDþNX� VH� PDþHN� RGSUDYL� QD� ORY�� YHQGDU� QDPHVWR�� GD� EL� ORYLO� NRW� åLYDO�� VH� UDMH�]DQHVH�QD�SDVWL�LQ�VH�V�WHP�SULEOLåD�VYRML�þORYHãNL��SUDYOMLþQL�LGHQWLWHWL� V 3RJXPQHP� NURMDþNX�� SD� MH� ORY� GHO� SUHL]NXãHQM�� NL�PX� MLK� MH� QDORåLO kralj, prvi je lov na
samoroga, drugi pa lov na divjega merjasca. Tako se funkcija lova, tu razvije iz funkcije
preizkušnje.
Princesa ali nevesta
V obeh pravljicah je princesa edina pot, do kraljestva. Propp razlikuje dve vrsti princes:
- najlepša izmed najlepših, ki se takoj zaljubi v junaka (2EXWL�PDþHN)
- princesa, ki jo je treba osvojiti in, ki preizkuša junaka (3RJXPQL�NURMDþHN)
6�WHP��GD�MXQDN�RVYRML�LQ�VH�SRURþL�V�SULQFHVR��VL�]DJRWRYL�FHORWQR�NUDOMHVWYR�
Nasprotnik
V pravljici 2EXWL� PDþHN� REVWDMD� OH� HQ� QDVSURWQLN�� WR� MH� þDURYQLN�� 7D� VH� ODhko spreminja v
UD]OLþQH�åLYDOL�LQ�V�WHP�VL�]DJRWDYOMD��GD�VH�PX�QLKþH�QH�XSD�]RSHUVWDYLWL��UD]HQ�REXWHJD�PDþND��0DþHN� SUHPDJD� þDURYQLND� LQ� ]DY]DPH� QMHJRY� JUDG� LQ� QMHJRYR� R]HPOMH�� Y� LPHQX� VYRMHJD�gospodarja.
Pri 3RJXPQHP�NURMDþNX��SD�MH�QDVSURWQLNRY�YHþ��3UYL�MH�YHOLNDQ��NL�JD�NURMDþHN�VUHþD�QD�JRUL�LQ��NL�V�NURMDþNRP�WHNPXMH��NGR�MH�PRþQHMãL��SUL�þHPHU�NURMDþHN�]PDJD�� 'UXJL� VR� RVWDOL� YHOLNDQL�� NL� MLK� NURMDþHN� VUHþD� VNXSDM� V� SUYLP� YHOLNDQRP� Y� QMLKRYL� YRWOLQL��.URMDþHN�MLK�SUHPDJD�WDNR��GD�MLK�SUHVWUDãL�LQ�V�WHP�QDSRGL��SRWHP�NR�SUHVSL�QRþ�Y�YRWOLQL� 7UHWML� QDVSURWQLN� MH� NUDOM�� WD� VH�� NRW� VHP� åH� RPHQLO�� NURMDþND� ERML� LQ� VH� JD� ]DWR� KRþH� UHãLWL��Ostali nasprotniki, pa so razen princese na koncu, vsi del kraljevih preizkušenj, to so dva
YHOLNDQD��NL�MX�NURMDþHN premaga tako, da ju skrega, samorog, ki se s svojim rogom zagozdi v
GUHYHVX�LQ�GLYML�PHUMDVHF��NL�JD�NURMDþHN�XORYL�WDNR��GD�JD�]DSUH�Y�NDSHOR�
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Nasprotniki so bistveni del vseh pravljic, brez njih, ni zgodbe. Junak pravljice, se vedno mora
izpostaviti nekHPX� VRYUDåQLNX�� QDMVL� ER� WR� þORYHN� DOL� SD� þDUREQR� ELWMH� LQ� JD� SUHPDJDWL�� GD�GRVHåH�QHN�FLOM��NL�VL�JD�MH�]DVWDYLO�VDP�DOL�SD�JD�MH�SRVWDYLO�QHNGR�GUXJ��
Nagrada ali prestolonaslednik
3RWHP�NR�VR�YVL�VRYUDåQLNL�SUHPDJDQL�LQ�SULQFHVD�UHãHQD��RVYRMHQD��VOHGL nagrada ta nagrada
je v obeh pravljicah kraljevi prestol.
Propp meni, da je funkcija prestolonaslednika, ponavadi, povezana z ciklusom smrti. Junak le
UHGNRNGDM� ODKNR� SUHY]DPH� NUDOMHVWYR�� GRNOHU� VWDUL� NUDOM� ãH� åLYL�� 7HJD� VH� GUåL� 2EXWL� PDþHN,
izjema pa je�3RJXPQL�NURMDþHN��NL�SUHY]DPH�SUHVWRO�RG�NUDOMD��NR�MH�WD�ãH�GHMDQVNR�QD�YODGL�
Nekatere izmed naštetih in na kratko opisanih funkcij so skupne, ne le tema pravljicama,
DPSDN�WXGL�GUXJLP�þDUREQLP�SUDYOMLFDP��SR�FHOHP�VYHWX��7DNR�VHP�SULãHO�GR�XJRWRYLWYH� da ni
tako pomembno od kod izvira pravljica, ampak bolj to, da ohranja v sebi nekatere elemente iz
]JRGRYLQH� UD]OLþQLK� NXOWXU�� NL� VR� VNXSQL� YVHP� SUDYOMLFDP�� 0RUIRORJLMD� SUDYOMLFH� VH� QH�VSUHPHQL��þH�VH�VSUHPHQL�KLVWRULþQR�RNROMH��NDU�VHP�GRND]DO�V�KLSRWHWLþQR�VSUHPHPER�IXQNFLM�pri obeh pravljicah.
V vsaki pravljici obstajajo funkcije in te funkcije so sestavljene iz motivov in literarnih figur,
kot tudi drugih funkcij, ki sledijo prejšnjim, kot na primer, funkcija lova, ki nastane pri
3RJXPQHP�NURMDþNX iz funkcije preizkušnje, vse skupaj pa tvorijo trdno strukturo pravljice in
SULSRPRUHMR�N�UD]YRMX�]JRGEH�GR��RELþDMQR��VUHþQHJD�NRQFD�� Proppovi deli res nista uporabni, za analizo vseh pravljic, predvsem zato, ker se navezujeta le
QD� þDUREQH� SUDYOMLFH� LQ� NHU� þUSDWD� L]� SUDYOMLF� UXVNHJD� L]YRUD�� 7RGD� NRW� VHP� QD� SULPHUX�obravnavanih pravljic 2EXWL� PDþHN in 3RJXPQL� NURMDþHN, dokazal, se njegove teorije
XSRUDELMR�WXGL�SUL�DQDOL]L�SUDYOMLF�]DKRGQH�(YURSH��Y� WHP�SULPHUX��1HPþLMH��6�]GUXåLWYLMR�LQ�prilagoditvijo nekaterih elementov teorij iz Proppovih del, sem dokazal, da pravljice imajo
skupno strukturo, nekatere skupne funkcije in temu sledijo prav tako skupne figure, kot so
NUDOM�� SULQFHVD�� þDURYQLN�� YHOLNDQL� LSG��� NRW� WXGL� VNXSQL� PRWLYL�� NRW� VR� PDãþHYDQMH�� XSDQMH��ljubezen ipd.
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0RGHO� DQDOL]H� REUDYQDYDQLK� SUDYOMLF� MH� GHPRQVWUDFLMD� 3URSSRYLK� SUDYOMLþQLK� WHRUHWVNLK�konceptov v literarni interpretaciji in je po svojih izkušnjah, potemtakem vsaj delno uporabna
Y�SHGDJRãNL�SUDNVL��QH�OH�SUL�SRXNX�QHPãþLQH�PDUYHþ�WXGL�VORYHQãþLQH�LSG�� 3UDYOMLFH�QLVR�QDPHQMHQH�VDPR�RWURNRP��VDM�QRVL�YVDND�L]PHG�QMLK�Y�VHEL�GHO�NXOWXUH��GUXåEH�in nauka, tako posamezne kulture, kot tudi, preko povezanosti funkcij, vseh kultur, ki
REVWDMDMR�LQ�WXGL�WLVWLK��NL�VR�åH�GDYQR�L]XPUOH���
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Literaturverzeichnis
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7. Friedrich Heer: Mittelalter, Vom Jahr 1000 bis 1350. Deutscher Taschenbuch Verlag
GmbH & Co.KG, München, 1983