1
Rechtsprechung 38 bbl 2008, Heft 1 Februar © Springer-Verlag 2008 wenn diese darauf aufbauen, außer Betracht zu  bleiben. VwGH 12.10.2007, 2006/05/0147 <24> Aus der Begründung: Nach der stRsp des VwGH kann eine wesentliche, gegen § 69 Abs 2 BO verstoßende Ab- weichung nur dann zu Recht behauptet werden, wenn dieser „eine dem geltenden Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan unterlaufende Tendenz“ innewohnt (vgl ua die Erk v 19.9.2000, 2000/05/0128, und v 21.5.2005, 2005/05/0088). Entscheidend dabei ist, ob und in wel- chem Umfang durch das zu bewilligende Bauvorhaben Abweichungen von den Bebauungsvorschriſten erfol- gen (vgl das Erk v 21.9.1993, 93/05/ 0208). § 69 Abs 2 BO nimmt auch auf den vorhandenen konsentierten Baubestand Rücksicht. Dies bewirkt, dass dann, wenn der konsensgemäß vorhandene Baubestand bereits wesentlich von den nunmehr maß- gebenden Bebauungsvorschriſten abweicht, nicht ohne weiteres davon gesprochen werden kann, dass das ge- plante Bauvorhaben, wenn es für sich betrachtet nur eine unwesentliche Abweichung darstellt, die Tendenz des Flächenwidmungsplanes und Bebauungsplanes un- terläuſt (vgl das bereits zit Erk v 19.9.2000). Im vorlie- genden Fall wird die durch den Altbestand bereits über- schrittene innere Baufluchtlinie nunmehr auch durch den Auau der Dachgeschoße an der hofseitigen Front Fasangasse um 1,58 m und an der hofseitigen Front Landstraßer Gürtel um 1,43 m überschritten; bei den Dachgauben beträgt die Überragung (nur) 1,20 m bzw 0,50 m. Angesichts des vorhandenen Baubestandes und des – im Verhältnis zur Gebäudetiefe, die bei Einhal- tung der inneren Baufluchtlinie zulässig ist – geringen Ausmaßes der Überschreitung von max 13,16% kann die hier in Rede stehende Bewilligung die Erfüllung der Tendenzen des Flächenwidmungs- und Bebauungs- planes daher nicht (mehr) ausschlaggebend unterlau- fen. (Auebung) Wohnungseigentum; gemeinsame Teile der Baulich- keit; Instandhaltungsauftrag; Adressat DOI 10.1007/s00738-008-0338-x §§ 129 Abs 2 und 4 wr BauO; § 4 Abs 2 VVG  Bei Bauaufträgen (hier: Instandhaltungsauftrag),  die  sich  auf  allgemeine  Teile  der  Liegenschaft  oder gemeinsame Teile der Baulichkeit beziehen,  kann  jeder  Wohnungseigentümer  verpflichtet  werden. Wohnungseigentümer  haften  als  Miteigentü- mer  für  die  gesamten  Kosten  einer  möglichen  Ersatzvornahme solidarisch. VwGH 12.10.2007, 2006/05/0293 <25> Aus der Begründung: Die Verpflichtung zur Beseitigung eines vorschriſtswidrigen Baues tri den jeweiligen Eigentümer, und zwar unabhängig davon, ob er oder seine Rechtsvorgänger den konsenswidrigen Zustand durch ein schuldhaſtes Verhalten herbeigeführt haben. So hat der VwGH zu § 129 Abs 2 der BauO für Wien wiederholt die Auffassung vertreten, dass jeder Miteigen- tümer zur Vornahme von Instandhaltungsarbeiten ver- pflichtet ist und dementsprechend für die gesamten Kos- ten der Ersatzvornahme solidarisch mit den übrigen Miteigentümern haſtet (vgl unter vielen die Erk v 20.4. 2001, 2000/05/0129,und v 3.7.2003, 2000/05/ 0262). Dies gilt auch für Wohnungseigentümer in Hinblick auf Bauauſträge, die sich auf allgemeine Teile der Lie- genschaſt oder gemeinsame Teile der Baulichkeit bezie- hen (vgl idS die Erk v 11.12.1990, 88/05/0227, und v 29.8.2000, 2000/05/0110), spricht doch § 129 Abs 4 ebenso wie Abs 10 der BauO für Wien in Bezug auf die Wohnungseigentümer davon, dass „die Auſträge gege- benenfalls an die Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit“ zu richten sind. Nur in solchen Fäl- len, wo sich der Auſtrag auf eine konkrete Nutzungs- einheit beschränkt, wäre nur der konkrete Wohnungs- eigentümer als Adressat eines Auſtrages heranzuzie- hen. In allen anderen Fällen, so auch im vorliegenden, in dem es um Auſträge betreffend allgemeine Teile der Baulichkeit geht, ist jeder Miteigentümer zur Instand- haltung verpflichtet und haſtet solidarisch mit den übrigen Miteigentümern ua für die Kosten einer mög- lichen Ersatzvornahme. (Abweisung) Zivilrecht Bearbeitet von M. Auer und B. Egglmeier-Schmolke Baustellenabsicherung; Schäden an parkenden Autos DOI 10.1007/s00738-008-0340-3 § 1315 ABGB; § 1a RHPflG Weder  eine  Baustelle  an  sich,  noch  der  Betrieb  eines Baggers auf einer Baustelle sind als „ge- fährlicher Betrieb“ zu werten, auf den die Grund- sätze der Gefährdungshaftung analog anzuwen- den wären. OGH 8.8.2007, 9 Ob 79/06t <26> Aus der Begründung: Auch eine Haſtung für Besor- gungsgehilfen nach § 1315 ABGB scheidet aus: Aus einem Verhalten des Besorgungsgehilfen ergibt sich dann eine habituelle Untüchtigkeit, wenn es ihm an den für seine Tätigkeit notwendigen Kenntnissen über- haupt fehlt und auch ein auffallender Mangel an Gewis- senhaſtigkeit vorliegt, der Besorgungsgehilfe also nicht geeignet ist, entsprechend den fundamentalen Kennt- nissen seines Tätigkeitsbereiches zu arbeiten (RIS-Jus- tiz RS0107261) oder wenn er infolge persönlicher Eigenschaſten, etwa aus Hang zur Nachlässigkeit oder Nichtbeachtung der Vorschriſten über die Ausübung seines Berufes nicht geeignet ist (RIS-Justiz RS0028885).

Wohnungseigentum; gemeinsame Teile der Baulichkeit; Instandhaltungsauftrag; Adressat

  • Upload
    k-giese

  • View
    217

  • Download
    2

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Wohnungseigentum; gemeinsame Teile der Baulichkeit; Instandhaltungsauftrag; Adressat

Rechtsprechung38bbl2008, Heft 1

Februar

© Springer-Verlag 2008

wenn diese darauf aufbauen, außer Betracht zu bleiben.

VwGH 12.10.2007, 2006/05/0147 <24>

Aus der Begründung: Nach der stRsp des VwGH kann eine wesentliche, gegen § 69 Abs 2 BO verstoßende Ab-weichung nur dann zu Recht behauptet werden, wenn dieser „eine dem geltenden Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan unterlaufende Tendenz“ innewohnt (vgl ua die Erk v 19.9.2000, 2000/05/0128, und v 21.5.2005, 2005/05/0088). Entscheidend dabei ist, ob und in wel-chem Umfang durch das zu bewilligende Bauvorhaben Abweichungen von den Bebauungsvorschriften erfol-gen (vgl das Erk v 21.9.1993, 93/05/ 0208).

§ 69 Abs 2 BO nimmt auch auf den vorhandenen konsentierten Baubestand Rücksicht. Dies bewirkt, dass dann, wenn der konsensgemäß vorhandene Baubestand bereits wesentlich von den nunmehr maß-gebenden Bebauungsvorschriften abweicht, nicht ohne weiteres davon gesprochen werden kann, dass das ge-plante Bauvorhaben, wenn es für sich betrachtet nur eine unwesentliche Abweichung darstellt, die Tendenz des Flächenwidmungsplanes und Bebauungsplanes un-terläuft (vgl das bereits zit Erk v 19.9.2000). Im vorlie-genden Fall wird die durch den Altbestand bereits über-schrittene innere Baufluchtlinie nunmehr auch durch den Aufbau der Dachgeschoße an der hofseitigen Front Fasangasse um 1,58 m und an der hofseitigen Front Landstraßer Gürtel um 1,43 m überschritten; bei den Dachgauben beträgt die Überragung (nur) 1,20 m bzw 0,50 m. Angesichts des vorhandenen Baubestandes und des – im Verhältnis zur Gebäudetiefe, die bei Einhal-tung der inneren Baufluchtlinie zulässig ist – geringen Ausmaßes der Überschreitung von max 13,16% kann die hier in Rede stehende Bewilligung die Erfüllung der Tendenzen des Flächenwidmungs- und Bebauungs-planes daher nicht (mehr) ausschlaggebend unterlau-fen. (Aufhebung)

Wohnungseigentum; gemeinsame Teile der Baulich-keit; Instandhaltungsauftrag; Adressat

DOI 10.1007/s00738-008-0338-x

§§ 129 Abs 2 und 4 wr BauO; § 4 Abs 2 VVG 

Bei Bauaufträgen (hier: Instandhaltungsauftrag), die  sich  auf  allgemeine  Teile  der  Liegenschaft oder gemeinsame Teile der Baulichkeit beziehen, kann  jeder  Wohnungseigentümer  verpflichtet werden.

Wohnungseigentümer  haften  als  Miteigentü­mer  für  die  gesamten  Kosten  einer  möglichen Ersatzvornahme solidarisch.

VwGH 12.10.2007, 2006/05/0293 <25>

Aus der Begründung: Die Verpflichtung zur Beseitigung eines vorschriftswidrigen Baues trifft den jeweiligen Eigentümer, und zwar unabhängig davon, ob er oder

seine Rechtsvorgänger den konsenswidrigen Zustand durch ein schuldhaftes Verhalten herbeigeführt haben. So hat der VwGH zu § 129 Abs 2 der BauO für Wien wiederholt die Auffassung vertreten, dass jeder Miteigen-tümer zur Vornahme von Instandhaltungsarbeiten ver-pflichtet ist und dementsprechend für die gesamten Kos-ten der Ersatzvornahme solidarisch mit den übrigen Miteigentümern haftet (vgl unter vielen die Erk v 20.4. 2001, 2000/05/0129,und v 3.7.2003, 2000/05/ 0262).

Dies gilt auch für Wohnungseigentümer in Hinblick auf Bauaufträge, die sich auf allgemeine Teile der Lie-genschaft oder gemeinsame Teile der Baulichkeit bezie-hen (vgl idS die Erk v 11.12.1990, 88/05/0227, und v 29.8.2000, 2000/05/0110), spricht doch § 129 Abs 4 ebenso wie Abs 10 der BauO für Wien in Bezug auf die Wohnungseigentümer davon, dass „die Aufträge gege-benenfalls an die Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit“ zu richten sind. Nur in solchen Fäl-len, wo sich der Auftrag auf eine konkrete Nutzungs-einheit beschränkt, wäre nur der konkrete Wohnungs-eigentümer als Adressat eines Auftrages heranzuzie-hen. In allen anderen Fällen, so auch im vorliegenden, in dem es um Aufträge betreffend allgemeine Teile der Baulichkeit geht, ist jeder Miteigentümer zur Instand-haltung verpflichtet und haftet solidarisch mit den übrigen Miteigentümern ua für die Kosten einer mög-lichen Ersatzvornahme. (Abweisung)

ZivilrechtBearbeitet von M. Auer und B. Egglmeier-Schmolke

Baustellenabsicherung; Schäden an parkenden Autos

DOI 10.1007/s00738-008-0340-3

§ 1315 ABGB; § 1a RHPflG

Weder eine Baustelle an sich, noch der Betrieb eines Baggers auf einer Baustelle sind als „ge­fährlicher Betrieb“ zu werten, auf den die Grund­sätze der Gefährdungshaftung analog anzuwen­den wären.

OGH 8.8.2007, 9 Ob 79/06t <26>

Aus der Begründung: Auch eine Haftung für Besor-gungsgehilfen nach § 1315 ABGB scheidet aus: Aus einem Verhalten des Besorgungsgehilfen ergibt sich dann eine habituelle Untüchtigkeit, wenn es ihm an den für seine Tätigkeit notwendigen Kenntnissen über-haupt fehlt und auch ein auffallender Mangel an Gewis-senhaftigkeit vorliegt, der Besorgungsgehilfe also nicht geeignet ist, entsprechend den fundamentalen Kennt-nissen seines Tätigkeitsbereiches zu arbeiten (RIS-Jus-tiz RS0107261) oder wenn er infolge persönlicher Eigenschaften, etwa aus Hang zur Nachlässigkeit oder Nichtbeachtung der Vorschriften über die Ausübung seines Berufes nicht geeignet ist (RIS-Justiz RS0028885).