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Aktuelle Fragen des Flüchtlingsschutzes Wolfgang Grenz Trier, 8. 7. 2015

Wolfgang Grenz Trier, 8. 7. 2015. Lampedusa, 3.10. / 11.10. 2013: über 500 Tote 19. 4. 2015: über 900 Tote vor der libyschen Küste

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Aktuelle Fragen des Flüchtlingsschutzes

Wolfgang Grenz

Trier, 8. 7. 2015

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Sterben im Mittelmeer

Lampedusa, 3.10. / 11.10. 2013: über 500 Tote

19. 4. 2015: über 900 Tote vor der libyschen Küste

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Operation Mare Nostrum

155.000 Menschen wurden von Oktober 2013 bis September 2014 aus dem Mittelmeer gerettet

Kosten: neun Millionen Euro monatlich

seit November 2014: EU-Operation Triton,

    drei Millionen Euro monatlich

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Gefährlicher Weg über das Mittelmeer

es gibt kaum legale Einreisemöglichkeiten nach Europa

Verstärkung der griechischen Grenze

seeuntaugliche Boote

unterlassene Hilfeleistung

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EU: Schutz von Flüchtlingen

Bekenntnis zum Schutz von Flüchtlingen auf der Basis der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK)

Schaffung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems (GEAS) nach Art. 78 AEUV

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EU: Bekämpfung der illegalen Einwanderung Sicherung der Außengrenzen Bekämpfung der illegalen

Einwanderung Frontex: europäische

Grenzschutzagentur für operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen

Eurosur: europäisches Grenzüberwachungssystem

Priorität liegt in der Praxis bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung

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Gibt es ein Menschenrecht auf Einwanderung?

Art. 13 Abs.2 AEMR: „Jeder Mensch hat das Recht, jedes Land, einschließlich sein

   eigenes, zu verlassen sowie in sein Land zurückzukehren.“

Staatensouveränität: kein Menschenrecht auf Einwanderung

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Menschenrechte und Flüchtlingsschutz Artikel 14 AEMR: „Jeder Mensch hat das Recht, in

anderen Ländern Schutz vor Verfolgung zu suchen und zu genießen.“

Artikel 18 Europäische Grundrechtecharta (GR-Charta):

   „Das Recht auf Asyl wird nach Maßgabe des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 und des Protokolls vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft gewährleistet.“

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Flüchtlingsdefinition

Nach Art. 1 GFK ist ein Flüchtling eine Person, die

begründete Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung hat

und sich außerhalb des Herkunftslandes befindet,

den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder aus Angst vor Verfolgung nicht in Anspruch nehmen will

siehe auch §60 Abs.1 Aufenthaltsgesetz

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Refoulement-VerbotArt. 33 Abs.1 GFK

„Keiner der Vertrag schließenden Staaten wird

einen Flüchtling auf irgendeine Weise über die

Grenzen von Gebieten ausweisen oder zurück-

weisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit

wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörig-

keit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten

sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen

Überzeugung bedroht sein würde.“

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Weitere Abschiebungsverbote Art. 3 EMRK und Art. 4 GR-Charta:

„Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterzogen werden.“

Art. 19 II GR-Charta:„Niemand darf in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert werden, in dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht.“

siehe auch § 60 Abs. 2-5 Aufenthaltsgesetz

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Vorwirkung der Refoulement-Verbots

das Refoulement - Verbot verbietet die Ab-schiebung bis zur negativen Entscheidung

Anspruch von Asylsuchenden auf Zugang zu einem fairen und effektiven Asylverfahren

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Territorialprinzip Asyl kann an den Grenzen oder im Land eines

Vertragsstaates der GFK beantragt werden

Asylantragstellung ist auch innerhalb der Zwölf-Meilen-Zone möglich

staatliche Hoheitsgewalt kann auch auf „Hoher See“ ausgeübt werden (Entscheidung EGMR in Sachen Hirsi Jamaa u.a., 23. 02. 2012)

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Dublin III -  Verordnung Art. 13 Abs. 1:

„Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien (...) festgestellt, dass ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig. (...)“

Annahme, dass in jedem EU-Mitgliedsstaat der Zugang zu einem fairen Asylverfahren gewährt wird und dass Asylsuchende menschenrechtskonform behandelt werden

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Gerechte Lastenverteilung starke Belastung der Grenzstaaten Deutschland hat die meisten

Asylsuchenden im Jahr 2014 im Pro-Kopf-Verhältnis zur

Bevölkerungszahl liegt Deutschland bei den Asylsuchenden an neunter Stelle in der EU

ist das Dublin-Verfahren effizient? ist ein Quotensystem gerechter? freie Wahl des Aufnahmelandes? Freizügigkeit nach einer Wartezeit?

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Europäische Rechtsprechung zu Dublin EGMR 21.01.2011: „M.S.S. gegen Belgien /

Griechenland“ EuGH 21.12.2011: „N.S. gegen Vereinigtes

Königreich (Griechenland)“ EGMR 07.04.2013: „Hussein gegen Niederlande

(Italien)“ EGMR 04.11.2014: Tarakhel gegen die Schweiz:

Verbot der Rückführung einer Familie mit Kleinkindern nach Italien

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Europäische Migrationsagenda (I)

Seenotrettung: erweiterte Operation Triton

Neuansiedlung (Resettlement): Aufnahme von 20.000 Flüchtlingen von Ländern außerhalb der EU in 2015/2016

Umsiedlung: Verteilung von 40.000 Personen (Syrer und Eritreer) aus Italien und Griechenland in 2015/2016

    Amnesty: keine Umsiedlung gegen den Willen der Betroffenen

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Europäische Migrationsagenda (II)

Aktionsplan gegen SchlepperUN-Mandat zur Zerstörung von

BootenZusammenarbeit mit

Drittstaaten zur Kontrolle der Migrationswege: Niger

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Forderungen

Verstärkung der Seenotrettung von Flüchtlingen und Migranten

Schaffung legaler Einreisemöglichkeiten durch - großzügigere Visaerteilung - humanitäre Aufnahme - Verstärkung des Resettlementprogramms

Berücksichtigung der Interessen von Flüchtlingen in Bezug auf das Aufnahmeland

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Koalitionsvertrag Verkürzung der Asylverfahren auf drei

Monate beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)

ausreichende personelle Ausstattung des BAMF

Einstufung von Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sichere Herkunftsstaaten nach § 29 Asylverfahrensgesetz

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Verfahren beim BAMF

keine ausreichende Beratung vor dem Verfahren

häufige Verletzung der Vorhaltepflicht

oft keine gründliche Aufklärung des Sachverhalts

Identität von Anhörern und Entscheidern

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Zugang zum Arbeitsmarkt

neu: Zugang zum Arbeitsmarkt nach drei Monaten

Vorrang von Deutschen, EU-Bürgern und Flüchtlingen

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Unterbringung und Versorgung Unterbringung in

Gemeinschaftsunterkünften

dezentrale Unterbringung

Verpflegung

Zugang zur Gesundheitsversorgung

Zugang zur Bildung

Teilhabe am kulturellen Leben

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Residenzpflicht

Residenzpflicht entfällt nach drei Monaten

Wohnsitzauflage für Asylbewerber und Geduldete

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Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung

stichtagsunabhängiges Bleiberecht

Erweiterung der Abschiebungshaft

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Bleiberecht

stichtagsunabhängiges Bleiberecht nach

acht Jahren bei Einzelpersonensechs Jahren bei Familienvier Jahren Schulbesuch bei

Jugendlichen

Duldung während der Ausbildung

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Verbesserung der Rechtsstellung

von Resettlement-Flüchtlingen

von subsidiär Geschützten

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Ausweitung der Abschiebungshaft

Einreise aus anderem EU-Staat vor Abschluss des Asylverfahrens

falsche und unvollständige Angaben gegenüber den Behörden

Umgehung von Grenzkontrollen bei der Einreise

Bezahlung von Schleppern