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WorkshopAnkündigung mit CfP Das »Subjekt« denken. Ansätze der strukturalen psychoanalytischen Theorie Jacques Lacans Vorträge und Workshop am 10. und 11.07.2014, LeopoldFranzensUniversität Innsbruck „Unser Subjekt, so wie es ist, das Subjekt, welches spricht, wenn Sie so wollen, kann durchaus das Primat zurückfordern, aber es wird niemals möglich sein, es schlicht und einfach für den freien Initiator seines Diskurses zu halten, insofern es als gespalten an dieses andere Subjekt gebunden ist, welches das des Unbewussten ist und welches sich als von einer sprachli chen Struktur abhängig erweist. Die Entdeckung des Unbewussten ist dies.“ Jacques Lacan Das zeitgenössische geistes und sozialwissenschaftliche Verständnis vom Menschen droht in die Falle zu ge hen, Subjektivität ausschließlich über eine Gegensatzbeziehung zu denken – des Einzelnen zur Gesellschaft, zum Hegemonialen, zum Anderen etc. Alternativ hierzu bietet sich der weite Kulturbegriff der klassischen Eth nologie als Bezeichnung für eine vermittelnde Instanz zwischen Individuellem und Kollektivem an. Im ethnologischen Verständnis lässt sich das Subjekt zunächst über eine fundamentale Kongruenz zwischen subjektivem Wirklichkeitserleben und äußerer Realität bestimmen. Eine prominente Konzeption, die diese Übereinstimmung fasst, ist Bourdieus Habitusbegriff. Versteht Bourdieu den Habitus doch als einen »prakti schen Sinn«, der als Produkt der Sozialisation in einem sozialkulturellen Milieu eine diesem Milieu entspre chende Wahrnehmung der Wirklichkeit hervorbringt und in der Folge Praktiken als sinnvoll erscheinen lässt, die der Kultur des Milieus entsprechen. Zu nennen wären überhaupt poststrukturalistische Ansätze, wie Foucaults Verständnis vom Subjekt als Subjekt eines »Diskurses«« und Butlers Überlegungen zur Zweigeschlechtlichkeit als zweier erst kulturell artikulierter Subjektpositionen. Agency erscheint hier als eine Folge des kulturellen Geprägtseins: die kulturelle Prägung wird nicht als Gegensatz, sondern als Grundlage der Individualität verstanden. Die Leistung der strukturalen psychoanalytischen Theorie Jacques Lacans besteht darin, sich mit der Innenseite dieser Prägung, ihrem Niederschlag, ihren Verwerfungen und Ausbildungen im Subjekt zu befassen. Im Laufe langjähriger psychoanalytischer Praxis und Lehrtätigkeit entwickelte Lacan hierzu eine Vielzahl an Überlegun gen, die in den Geistes und Sozialwissenschaften heute vielfach aufgegriffen werden (»Spiegelstadium«, »Be gehren als Begehren des Anderen«, »Symbolische Ordnung«, »jouissance« etc.). Der Workshop befasst sich mit zentralen Überlegungen Lacans, denen er sich in lektürebasierten Diskussionen nähert. Deren Ziel besteht nicht darin, eine einheitliche Lacan’sche Subjekttheorie herauszuarbeiten, sondern verschiedene Konzeptualisierungen der Subjektivität, die Lacan formuliert, werden in ihrer spezifischen Logik betrachtet. Als Anhaltspunkte dienen hierbei die von Lacan unterschiedenen drei Dimensionen der Subjektivi tät – das Imaginäre, das Symbolische und das Reale. Als Experte konnte Matthias Waltz gewonnen werden. Am Nachmittag besteht die Möglichkeit, eigene Forschungsvorhaben, die einen Bezug zum Lacan'schen Sub jektverständnis haben, in Präsentationen vorzustellen. Am Abend vor dem Workshop finden zwei Vorträge, von Astrid Engl und Sandor Ivady, statt. Der Workshop knüpft an die Tagung »Subjektbegriffe der Europäischen Ethnologie« an, im Dezember 2012 veranstaltet vom Institut für Kulturanthropologie/ Europäische Ethnologie an der GeorgAugustUniversität Göttingen, und möchte insbesondere zur SubjektDiskussion im Fach Volkskunde/ Europäische Ethnologie/ Kulturanthropologie beitragen. Darüber hinaus steht der Workshop allen an einer kulturwissenschaftlichen Konzeptualisierung von Subjektivität Interessierten offen und ist speziell auch als Beitrag zur kulturtheoreti schen Diskussion innerhalb des Forschungsschwerpunktes »Kulturelle Begegnungen – Kulturelle Konflikte« an der LeopoldFranzensUniversität Innsbruck gedacht.

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Workshop-­‐Ankündigung  mit  CfP  

 Das  »Subjekt«  denken.  Ansätze  der  strukturalen  psychoanalytischen  Theorie  Jacques  Lacans    Vorträge  und  Workshop  am  10.  und  11.07.2014,  Leopold-­‐Franzens-­‐Universität  Innsbruck    „Unser  Subjekt,  so  wie  es  ist,  das  Subjekt,  welches  spricht,  wenn  Sie  so  wollen,  kann  durchaus  das  Primat  zurückfordern,  aber  es  wird  niemals  möglich  sein,  es  schlicht  und  einfach  für  den  freien  Initiator  seines  Diskurses  zu  halten,  insofern  es  als  gespalten  an  dieses  andere  Subjekt  gebunden  ist,  welches  das  des  Unbewussten  ist  und  welches  sich  als  von  einer  sprachli-­‐chen  Struktur  abhängig  erweist.  Die  Entdeckung  des  Unbewussten  ist  dies.“  Jacques  Lacan    Das  zeitgenössische  geistes-­‐  und  sozialwissenschaftliche  Verständnis  vom  Menschen  droht  in  die  Falle  zu  ge-­‐hen,  Subjektivität  ausschließlich  über  eine  Gegensatzbeziehung  zu  denken  –  des  Einzelnen  zur  Gesellschaft,  zum  Hegemonialen,  zum  Anderen  etc.  Alternativ  hierzu  bietet  sich  der  weite  Kulturbegriff  der  klassischen  Eth-­‐nologie  als  Bezeichnung  für  eine  vermittelnde  Instanz  zwischen  Individuellem  und  Kollektivem  an.  Im  ethnologischen  Verständnis  lässt  sich  das  Subjekt  zunächst  über  eine  fundamentale  Kongruenz  zwischen  subjektivem  Wirklichkeitserleben  und  äußerer  Realität  bestimmen.  Eine  prominente  Konzeption,  die  diese  Übereinstimmung  fasst,  ist  Bourdieus  Habitusbegriff.  Versteht  Bourdieu  den  Habitus  doch  als  einen  »prakti-­‐schen  Sinn«,  der  als  Produkt  der  Sozialisation  in  einem  sozial-­‐kulturellen  Milieu  eine  diesem  Milieu  entspre-­‐chende  Wahrnehmung  der  Wirklichkeit  hervorbringt  und  in  der  Folge  Praktiken  als  sinnvoll  erscheinen  lässt,  die  der  Kultur  des  Milieus  entsprechen.    Zu  nennen  wären  überhaupt  poststrukturalistische  Ansätze,  wie  Foucaults  Verständnis  vom  Subjekt  als  Subjekt  eines  »Diskurses««  und  Butlers  Überlegungen  zur  Zweigeschlechtlichkeit  als  zweier  erst  kulturell  artikulierter  Subjektpositionen.  Agency  erscheint  hier  als  eine  Folge  des  kulturellen  Geprägtseins:  die  kulturelle  Prägung  wird  nicht  als  Gegensatz,  sondern  als  Grundlage  der  Individualität  verstanden.      Die  Leistung  der  strukturalen  psychoanalytischen  Theorie  Jacques  Lacans  besteht  darin,  sich  mit  der  Innenseite  dieser  Prägung,  ihrem  Niederschlag,  ihren  Verwerfungen  und  Ausbildungen  im  Subjekt  zu  befassen.  Im  Laufe  langjähriger  psychoanalytischer  Praxis  und  Lehrtätigkeit  entwickelte  Lacan  hierzu  eine  Vielzahl  an  Überlegun-­‐gen,  die  in  den  Geistes-­‐  und  Sozialwissenschaften  heute  vielfach  aufgegriffen  werden  (»Spiegelstadium«,  »Be-­‐gehren  als  Begehren  des  Anderen«,  »Symbolische  Ordnung«,  »jouissance«  etc.).      Der  Workshop  befasst  sich  mit  zentralen  Überlegungen  Lacans,  denen  er  sich  in  lektürebasierten  Diskussionen  nähert.  Deren  Ziel  besteht  nicht  darin,  eine  einheitliche  Lacan’sche  Subjekttheorie  herauszuarbeiten,  sondern  verschiedene  Konzeptualisierungen  der  Subjektivität,  die  Lacan  formuliert,  werden  in  ihrer  spezifischen  Logik  betrachtet.  Als  Anhaltspunkte  dienen  hierbei  die  von  Lacan  unterschiedenen  drei  Dimensionen  der  Subjektivi-­‐tät  –  das  Imaginäre,  das  Symbolische  und  das  Reale.  Als  Experte  konnte  Matthias  Waltz  gewonnen  werden.    Am  Nachmittag  besteht  die  Möglichkeit,  eigene  Forschungsvorhaben,  die  einen    Bezug  zum  Lacan'schen  Sub-­‐jektverständnis  haben,  in  Präsentationen  vorzustellen.    Am  Abend  vor  dem  Workshop  finden  zwei  Vorträge,  von  Astrid  Engl  und  Sandor  Ivady,  statt.    Der  Workshop  knüpft  an  die  Tagung  »Subjektbegriffe  der  Europäischen  Ethnologie«  an,  im  Dezember  2012  veranstaltet  vom  Institut  für  Kulturanthropologie/  Europäische  Ethnologie  an  der  Georg-­‐August-­‐Universität  Göttingen,  und  möchte  insbesondere  zur  Subjekt-­‐Diskussion  im  Fach  Volkskunde/  Europäische  Ethnologie/  Kulturanthropologie  beitragen.  Darüber  hinaus  steht  der  Workshop  allen  an  einer  kulturwissenschaftlichen  Konzeptualisierung  von  Subjektivität  Interessierten  offen  und  ist  speziell  auch  als  Beitrag  zur  kulturtheoreti-­‐schen  Diskussion  innerhalb  des  Forschungsschwerpunktes  »Kulturelle  Begegnungen  –  Kulturelle  Konflikte«  an  der  Leopold-­‐Franzens-­‐Universität  Innsbruck  gedacht.

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 Vorträge  Donnerstag,  10.07.2014,  18:00  –  20:30      MMag.  Astrid  Engl  M.P.S.:  »Die  sprachliche  Struktur  des  Subjekts.  Zur  Subjektivierung  und  der  Funkti-­‐on  der  Tropen:  Metapher  und  Metonymie.«    Mag.  Sandor  Ivady:  »Das  Drängen  der  Schrift«    Moderation:  Dr.  Andreas  Oberprantacher        Workshop  Freitag,  11.07.2014    9:15  Begrüßung    9:30  »Das  Imaginäre  und  das  Reale  im  Kontext  der  Lacan’schen  Theorieentwicklung  und  als  Analyse-­‐kategorien  zum  Verständnis  aktueller  Alltagskulturphänomene«    PD  Dr.  Jochen  Bonz  im  Gespräch  mit  Prof.  em.  Dr.  Matthias  Waltz      11:00  Kaffeepause    11:30  »Das  Symbolische:  Strukturierung  des  Unbewussten  des  Subjekts  durch  sein  Verhältnis  zum  Signifikanten«    Diskussion  des  Textes  von  Jacques  Lacan:  Die  drei  Zeiten  des  Ödipus.  Einleitung:  Prof.  em.  Dr.  Matthias  Waltz      13:30  Mittagspause  (Büffet)    15:00  Präsentation  und  Diskussion  von  Forschungsvorhaben  mit  Bezug  zu  Lacans  Subjektverständnis      N.N.    Workshopende  gegen  18:00        Lektüre  

-­‐ Lacan,  Jacques  2006:  Die  drei  Zeiten  des  Ödipus.  In  ders.:  Das  Seminar  Buch  V.  Die  Bildungen  des  Unbewussten  (1957-­‐1958).  Aus  dem  Franz.  von  Hans-­‐Dieter  Gondek.  Wien:  Turia  +  Kant,  S,  209-­‐229.  

 

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   Zu  den  Beteiligten    Astrid  Engl  widmete  einen  Großteil  ihrer  philosophischen  Beschäftigung  dem  Phänomen  der  Subjek-­‐tivation.  Dieses  Interesse  vertieft  sie  in  der  Auseinandersetzung  mit  der  Lacan’schen  Theorie.    Publikationen:  Körper  ‚als‘  Produkt  –  Zur  Konstruktion  von  Geschlecht  und  Behinderung.  2010:  VDM;  Der  Artikel  »Psychoanalyse:  Zur  Sprache  bei  Lacan  und  Freud«  (vorläufiger  Titel)  wird  Anfang  2015  (Gruyter)  im  Teilband  Rhetorik  und  Philosophie  der  Bücherreihe  Handbücher  zur  Rhetorik  (Hg.):  Het-­‐zel;  Posselt  erscheinen.      Sándor  Ivády  ist  Mitbegründer  der  Sektion  Logik  der  Neuen  Wiener  Gruppe  (Lacan-­‐Schule)  und  Kan-­‐didat  am  Wiener  Arbeitskreis  für  Psychoanalyse.  Er  ist  Mitherausgeber  von:    Lacan  4D.  Zu  den  vier  Diskursen  in  Lacans  Seminar  XVII.  Wien  u.  Berlin:  Turia  +  Kant  2013.    Andreas  Oberprantacher  ist  Assistenzprofessor  am  Institut  für  Philosophie  der  Universität  Innsbruck.    Matthias  Waltz  war  Professor  für  franz.  Literaturwissenschaft  und  Kulturwissenschaft  an  der  Univer-­‐sität  Bremen.  Wichtige  Publikationen:  Ordnung  der  Namen.  Die  Entstehung  der  Moderne:  Rousseau,  Proust,  Sartre.  Frankfurt:  Fischer  1993.  »Tauschsysteme  als  subjektivierende  Ordnungen.  Mauss,  Lévi-­‐Strauss,  Lacan«,  in  Moebius;  Papilloud  (Hg.):  Gift  –  Marcel  Mauss’  Kulturtheorie  der  Gabe,  Wies-­‐baden:  VS  2006.  »Ethik  der  Welt  –  Ethik  des  Realen«,  in  Gondek  et  al.  (Hg.):  Jacques  Lacan.  Wege  zu  seinem  Werk.  Stuttgart:  Klett-­‐Cotta  2001.  »Das  Reale  in  der  zeitgenössischen  Kultur«,  in  Bonz  et  al.  (Hg.):  Verschränkungen  von  Symbolischem  und  Realem.  Zur  Aktualität  von  Lacans  Denken  in  den  Kulturwissenschaften.  Berlin:  Kadmos  2007.    Jochen  Bonz  ist  Assistent  am  Institut  für  Geschichtswissenschaften  und  Europäische  Ethnologie  der  Universität  Innsbruck.  In  seinen  Studien  Subjekte  des  Tracks    (2008)  und  Das  Kulturelle  (2011)  argu-­‐mentiert  er  vor  dem  Hintergrund  eines  Lacan’schen  Subjektverständnisses.        Veranstalter:    Institut  für  Geschichtswissenschaften  und  Europäische  Ethnologie,  Universität  Innsbruck  Forschungsschwerpunkt  »Kulturelle  Begegnungen  –  Kulturelle  Konflikte«,  Universität  Innsbruck    Konzeption  und  Organisation:  Jochen  Bonz    Nachfragen,  Einreichungen  von  Vorschlägen  für  Präsentationen  (bis  spätestens  01.06.2014)  und  Anmeldung  der  Teilnahme  (bis  spätestens  15.06.2014)  bitte  per  Email  an  [email protected]