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Working Paper Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 Die Rolling Cross-Section-Studie im Rahmen der „German Longitudinal Election Study“ 2017 Alexander Staudt, Rüdiger Schmitt-Beck

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Working Paper

Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017

Die Rolling Cross-Section-Studie im Rahmen der „German Longitudinal Election Study“ 2017

Alexander Staudt, Rüdiger Schmitt-Beck

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Alexander Staudt Rüdiger Schmitt-Beck

Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017

Die Rolling Cross-Section-Studie im Rahmen der „German Longitudinal Election Study“ 2017

Arbeitspapiere – Working Papers Nr. 172, 2018 Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung

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Staudt, Alexander: Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017: Die Rolling Cross-Section-Studie im Rahmen der „German Longitudinal Election Study“ 2017 / Alexander Staudt; Rüdiger Schmitt-Beck – Mannheim: 2018 (Arbeitspapiere - Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung; 172) ISSN 1437-8574 Not available in book shops. Token fee: € 3,00 Purchase: Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) 68131 Mannheim www.mzes.uni-mannheim.de Editorial Note: Alexander Staudt, M.A. ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt „German Longitudinal Election Study (GLES)“ am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialwissenschaften (MZES), Universität Mannheim. Prof. Dr. Rüdiger Schmitt-Beck ist Professor für Politikwissenschaft – Politische Soziologie an der Universität Mannheim – und Co-Projektleiter der „German Longitudinal Election Study (GLES).

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Abstract

Im Rahmen der „German Longitudinal Election Study“ 2017 wurde der vierte Rol-ling Cross-Section Survey zu einer Bundestagswahl in Deutschland realisiert. Der Rolling Cross-Section-Survey (RCS) ist eine der Panel-Befragung komplemen-täre Methode zur Analyse dynamischer Prozesse der Meinungsbildung und des Meinungswandels. Die Grundidee des RCS-Designs besteht darin, die Durchfüh-rung einer auf einer Zufallsstichprobe basierenden Querschnittsbefragung in strikt kontrollierter Weise so über einen vorab definierten Zeitraum zu spreizen, dass die Befragten jedes einzelnen Tages jeweils in sich eine Zufallsstichprobe aus der Grundgesamtheit konstituieren. Solche Umfragen ermöglichen in höchst fle-xibler Weise Analysen dynamischer Phänomene der öffentlichen Meinung. Der Beitrag erörtert detailliert die idealtypischen Eigenschaften von RCS-Studien und diskutiert Probleme ihrer praktischen Umsetzung am Beispiel der RCS-Studie, die im Rahmen der German Longitudinal Election Study (GLES) im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 durchgeführt wurde. Gleichzeitig dokumentiert er wesent-liche methodische Merkmale dieser Studie, um sie für Nutzer leichter erschließbar zu machen. Analysen der Stichprobenstruktur nach Replikatsalter und der Vertei-lungsstabilität soziodemographischer Merkmale im Zeitverlauf geben Auskunft über die Qualität der gewonnenen Daten. Das inhaltliche Analysepotential von RCS-Daten wird anhand ausgewählter Befunde zur Entwicklung von Perzeptio-nen, Erwartungen und Präferenzen der Wähler im Verlauf des Wahlkampfs skiz-ziert.

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Contents

1. Einleitung 7

2. Der Rolling Cross-Section Survey als Instrument dynamischer Analyse 8

3. Die RCS-Studie zur Bundestagswahl 2017 11

3.1 Grundkonzept 11 3.2 Feldverlauf 12 3.3 Bearbeitung der Replikate 14 3.4 Zweite Panelwelle 17

4. Zur Qualität der RCS-Daten 18

4.1 Strukturgleichheit der Tagesstichproben 18 4.2 Soziodemographische Strukturgleichheit 21

5. Ausgewählte Befunde 23

6. Fazit 34

Literatur 35

Anhang 38

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Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 /7

1. Einleitung Eines der großen Themen der Forschung über öffentliche Meinung und politisches Verhalten ist seit meh-reren Jahrzehnten die Beobachtung, dass die Orientierungen der Bürger an Stabilität verlieren. Ersichtlich wird dies beispielsweise bei Wahlen. So steigt seit Jahrzehnten der Anteil der Wähler, die von Wahl zu Wahl ihre Parteipräferenzen ändern. Ein anderer Indikator ist die wachsende Bedeutung der sogenannten Spätentscheider – jener Personen also, die sich erst während des Wahlkampfes, oft sogar erst am Wahltag selbst, endgültig auf eine Partei festlegen. Umfasste der Anteil dieser Gruppe vor der Bundestagswahl 1983 bei keinem Wahlgang mehr als fünf bis zehn Prozent der Wähler, so wuchs er in den nachfolgenden beiden Jahrzehnten allmählich an, um Ende der 1990er Jahre eine Größenordnung von 15 bis 20 Prozent zu errei-chen. Hierzu trug zwar die schwächere parteipolitische Verwurzelung der Bürger aus den neuen Bundes-ländern durchaus bei. Doch auch im Westen der Republik ist ein deutlicher Trend zu verzögerten Wahlentscheidungen unübersehbar (Schmitt-Beck und Partheymüller 2012). Eine ganz neue Qualität er-reichte dieses Phänomen freilich bei der Bundestagswahl 2005, bei welcher der Anteil der Spätentscheider sprunghaft auf über 40 Prozent anstieg – eine Größenordnung, die auch bei der jüngsten Bundestagswahl am 23. September 2017 erneut erreicht wurde.

Wenn so viele Wähler erst kurz vor Wahlen entscheiden, wie sie stimmen werden, dann gewinnen Wahl-kämpfe erheblich an Bedeutung. Anders als in früheren Jahrzehnten ist daher heute die Analyse von Wahl-kämpfen und ihren Konsequenzen ein unverzichtbarer Bestandteil wahlsoziologischer Forschung (Schoen 2005, Schmitt-Beck 2007). Hierzu bedarf es allerdings neuer methodischer Instrumente. Wahlkämpfe sind hochgradig dynamische Phänomene. Um sie angemessen zu untersuchen, sind Verfahren der Datenerhe-bung und -analyse vonnöten, welche diese Dynamik einzufangen vermögen. Im vorliegenden Beitrag wird ein solches Verfahren vorgestellt – das so genannte „Rolling Cross-Section“-Design (im Folgenden: RCS). Das zentrale Ziel von RCS-Studien besteht darin, dynamische Prozesse der Kristallisierung und Verände-rung von Einstellungen und Verhaltensorientierungen abzubilden und zu analysieren. Dazu ist die Durch-führung einer auf einer Zufallsstichprobe basierenden Querschnittsbefragung in strikt kontrollierter Weise so über einen vorab definierten Zeitraum zu spreizen, dass nicht nur alle Befragten zusammen, sondern auch die Befragten jedes einzelnen Tages jeweils in sich eine Zufallsstichprobe aus der Grundgesamtheit konsti-tuieren.

Bisherige Anwendungen finden sich vor allem im Bereich der Wahlkampfforschung – auch wenn das RCS-Design für jede Form kurzfristigen Wandels der öffentlichen Meinung einen attraktiven Analyseansatz dar-stellt. Das erste, allerdings noch in wöchentlichem Turnus realisierte RCS-Pilotprojekt wurde 1984 im Rah-men der American National Election Studies (ANES) durchgeführt. Der eigentliche Durchbruch des RCS-Designs setzte die Umstellung auf tägliche Interviews voraus, welche erstmals im Rahmen der Canadian Election Study (CES) 1988 vorgenommen wurde. Seither hat das RCS-Design weltweite Verbreitung gefun-den. Es wird heute bei etlichen nationalen Wahlstudien eingesetzt, etwa seit 1988 kontinuierlich in Kanada (CES), in jüngerer Zeit aber auch in Neuseeland (New Zealand Election Study NZES), Großbritannien (Bri-tish Election Study BES), Italien (Italian National Election Study ITANES), Schweiz (Swiss Electoral Studies SELECTS), Österreich (Austrian National Election Study AUTNES) und den USA (National Annenberg Elec-tion Study NAES). Zur Europawahl 2009 wurde sogar ein international vergleichendes RCS-Projekt reali-siert.

In Deutschland wurde die erste RCS-Umfrage anlässlich der Bundestagswahl 2005 durchgeführt. Im Rah-men der „German Longitudinal Election Study“ (GLES)1 wurden bei den Bundestagswahlen 2009 (Schmitt-

1 Die GLES-Studie (vgl. www.gles.eu) wird als bislang größtes Projekt der deutschen Wahlforschung im Rahmen der Langfristförderung

der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unter der Leitung von Sigrid Roßteutscher (Universität Frankfurt), Rüdiger Schmitt-

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Beck et al. 2010a), 2013 (Partheymüller et al. 2013), und 2017 erneut solche Studien realisiert. Der vorlie-gende Beitrag schließt an die Dokumentationen der drei vorangegangenen Studien an (Partheymüller et al. 2013, Schmitt-Beck et al. 2010a, Schmitt-Beck et al. 2006) und skizziert zunächst in idealtypischer Perspek-tive die Eigenheiten des RCS-Designs. Sodann wird erläutert, wie das Design in der RCS-Bundestags-wahlstudie 2017 umgesetzt wurde. Der Beitrag schließt mit einigen exemplarischen Analysen, die Rückschlüsse auf die Datenqualität ermöglichen und anhand exemplarischer Befunde zur Bundestagswahl 2017 die besonderen Vorzüge von RCS-Daten verdeutlichen.

2. Der Rolling Cross-Section Survey als Instrument dynamischer Analyse Wahlkämpfe sind hochgradig dynamische Kommunikationsphänomene, die sich als Sequenzen von Ereig-nissen darstellen lassen. Diese werden von Parteien und Kandidaten, aber auch von den Medien oder an-deren politischen Akteuren (z.B. Verbänden) initiiert. Überdies muss stets mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass unvorhersehbare Ereignisse, wie z.B. Naturkatastrophen oder Geschehnisse der internatio-nalen Politik, auf das Wahlkampfgeschehen Einfluss nehmen. Studien zur Analyse von Wahlkampfwirkun-gen müssen daher längsschnittlich angelegt sein und diese kurzfristige Dynamik abbilden können.

Einer der bedeutendsten methodischen Fortschritte in diesem Bereich war die Entwicklung des Panel-De-signs mehrfacher Wiederholungsbefragungen derselben Personen durch Paul Lazarsfeld und seine Mitar-beiter Mitte des vergangenen Jahrhunderts (Lazarsfeld et al. 1944). Panel-Designs haben den großen Vorteil, Vorgänge des Wandels von Einstellungen, Vorstellungen und Verhaltensorientierungen auf der in-dividuellen Ebene nachvollziehbar zu machen. Allerdings weisen sie auch einige gravierende Nachteile auf. Dazu zählen Konditionierungseffekte (d.h. Lerneffekte bei wiederholten Befragungen zu denselben Gegen-ständen), aber auch die unvermeidliche Panel-Mortalität und die damit verbundene Selbstselektion der zur erneuten Befragung bereiten Personen, die typischerweise mit studienrelevanten Merkmalen verknüpft ist. Für Wahlkampfforscher ist darüber hinaus die zeitliche „Grobkörnigkeit“ solcher Erhebungen ein Problem. Aus logistischen Gründen ist es schwierig, zahlreiche Panelwellen in sehr dichter Folge zu realisieren. Je mehr Zeit aber zwischen den einzelnen Panelwellen verstreicht, desto schwieriger ist es, Panel-Effekte ein-deutig einem bestimmten Ereignis zuzuschreiben, weil die Zahl der potenziell für solche Effekte verantwort-lichen Ereignisse mit der Zeit steigt. Außerdem weist das Instrument hinsichtlich möglicher Untersuchungsgegenstände eine gravierende Einschränkung auf. Der typische Untersuchungsplan, um Wir-kungen eines Ereignisses mittels Panel-Daten zu analysieren, ist das Pre-Post-Design, d. h. die Durchfüh-rung von Befragungen vor und nach einem mutmaßlich einflussreichen Ereignis. Das ist aber nur möglich, wenn vor Studienbeginn schon klar ist, welches Ereignis untersucht werden soll. Nicht vorhersehbare Vor-kommnisse sind mit diesem Instrument ebenso wenig analysierbar wie Ereignisse, die zwar im Prinzip anti-zipierbar sein mögen, für die aber mangels geeigneter Theorien keine Erwartungen politischer Effekte existieren. Für die in einer solchen Situation erforderlichen explorativen Analysen sind Panel-Designs unge-eignet (Bartels 2006).

Mit dem Rolling Cross-Section-Design wurde eine Methode zur Analyse zeitlichen Wandels von Einstellun-gen und anderen Orientierungen entwickelt und konzeptionell perfektioniert, welche diese Probleme nicht aufweist (Johnston 2001, Romer et al. 2006). Wie bereits erwähnt, besteht die Grundidee solcher Erhebun-gen darin, eine Querschnittsbefragung kontrolliert über einen vorab definierten Zeitraum zu spreizen, so

Beck (Universität Mannheim), Harald Schoen (Universität Mannheim), Bernhard Weßels (WZB Berlin), und Christof Wolf (GESIS) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Wahlforschung (DGfW) durchgeführt und untersucht die Bundestagswahlen 2009, 2013 und 2017 (Schmitt-Beck et al. 2010b). Alle in diesem Projekt erhobenen Daten stehen Interessierten für eigene Analysen zur freien Verfügung und werden über GESIS verfügbar gemacht (vgl. www.gesis.org/gles). Die Datensätze der RCS-Studien 2005, 2009, 2013, und 2017 tragen die Studiennummern ZA4991, ZA5303, ZA5703, ZA6803.

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Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 /9

dass auch die Befragten jedes einzelnen Tages jeweils in sich eine Zufallsstichprobe aus der Grundgesamt-heit konstituieren. Herkömmliche Umfragen können dies nicht leisten. Dort nämlich werden stets bestimmte Zielpersonen eher zu Beginn einer (mehr oder weniger lange dauernden) Feldperiode befragt, andere da-gegen erst zu einem späteren Zeitpunkt. Das ist unter anderem eine Folge der unterschiedlichen Erreich-barkeit dieser Befragungspersonen. Manche von ihnen können durch Umfrageinstitute leicht kontaktiert und interviewt werden, weil sie sich oft zuhause aufhalten und über ihre Zeit relativ frei disponieren können. Andere sind hingegen schwer erreichbar, weil sie aufgrund ihrer Berufstätigkeit und vielleicht auch aktiver Freizeitgestaltung selten in ihrer Wohnung anzutreffen sind, und noch schwieriger wird es, wenn solche Personen alleine leben. Dann nämlich fällt die Nichterreichbarkeit von Zielpersonen sogar mit der Nichter-reichbarkeit des gesamten Haushaltes zusammen, und es besteht nicht einmal die Möglichkeit, Befragungs-termine für die Zielperson mit anderen Haushaltsmitgliedern zu vereinbaren. Das RCS-Design trägt diesen praktischen Rahmenbedingungen der Umfrageforschung Rechnung und erlaubt es, trotz dieser Widrigkeiten Stichproben so zu ziehen, dass sie für jeden einzelnen Befragungstag eine eigenständige Zufallsstichprobe konstituieren.

Um die Beobachtung der öffentlichen Meinung im Zeitverlauf noch weiter zu standardisieren, wurde darüber hinaus in den meisten bisherigen RCS-Studien versucht, jeden Tag ungefähr gleich viele Interviews zu rea-lisieren. Das ist jedoch nicht zwingend; die täglichen Fallzahlen können auch, wenn dies für das Untersu-chungsziel angemessen erscheint, in designkompatibler Weise variiert werden. Zumal für konstantere Tagesfallzahlen auch stärker variierende Replikatsgrößen notwendig sind, die wiederum eine hohe Struk-turgleichheit gefährden können. Von zentraler Bedeutung ist hingegen die Zufälligkeit und damit gleichzeitig auch Repräsentativität der täglich realisierten Interviews. Die für die inferenzstatistische Absicherung von Befunden zwingend notwendige Zufallsauswahl von Befragten kommt bei RCS-Studien auf doppelte Weise zum Tragen: Erstens im Hinblick auf die Chance eines Mitglieds der Grundgesamtheit, überhaupt in die Studie einbezogen zu werden, zweitens im Hinblick auf den Zeitpunkt innerhalb des Erhebungszeitraumes, an dem eine ausgewählte Befragungsperson interviewt wird. Zentrale Parameter, um diese kennzeichnen-den Merkmale von RCS-Studien zu gewährleisten, sind die Stichprobenziehung und die Feldadministration:

Die Stichprobenziehung erfolgt bei einer RCS-Studie in zwei Stufen. Zunächst wird eine normale Zufalls-stichprobe gezogen. Diese wird dann jedoch nicht wie üblich sofort komplett oder in unsystematischer – oftmals rein feldlogistischen Erwägungen folgender – Weise über einen gewissen Zeitraum freigegeben. Vielmehr wird sie in einem zweiten Schritt zufällig in Teilstichproben (so genannte Replikate) unterteilt. Jedes Replikat stellt ebenfalls eine zufällige Stichprobe aus der Grundgesamtheit dar. Diese Teilstichproben wer-den dann nach einem festgelegten „Fahrplan“ jeweils an einem bestimmten, zufällig ausgewählten Tag für die Befragung freigegeben.

Nach der Freigabe wird für jedes Replikat eine Bearbeitungsroutine in Gang gesetzt, die einem strengen Protokoll folgt. Diese hat das Ziel, durch intensive Feldarbeit jede Teilstichprobe möglichst gut auszuschöp-fen. Dies ist notwendig, weil in der Feldpraxis nicht alle Mitglieder eines Replikats umgehend am Tag der Freigabe interviewt werden können. Das wird nur für leicht erreichbare (und befragungsbereite) Personen der Fall sein, nicht jedoch für schwerer erreichbare Personen. Mit diesen kommen Interviews typischerweise erst nach mehreren vergeblichen Kontaktversuchen zustande. Essentiell für das RCS-Design ist nun, dass dieses Protokoll für alle Replikate in einheitlicher Weise abgearbeitet wird. Für jedes Replikat gelten also identische Kontaktierungsregeln; weder der Start- oder Wochentag noch sonstige Gesichtspunkte spielen dabei eine Rolle. Diese Regeln beinhalten einen genau festgelegten, für alle Replikate gleich langen, mehr-tägigen Zeitraum, innerhalb dessen die Kontaktdaten eines Replikats aktiv bleiben und Kontaktversuche unternommen werden, für die im Hinblick auf Anzahl und Zeitpunkte eine festgelegte Routine einzuhalten ist. Würden diese Abläufe geändert, z.B. um Tagesstichproben exakt gleicher Größe zu erreichen, würden in Abhängigkeit der Erreichbarkeit nicht mehr alle Mitglieder der Grundgesamtheit aus der Nettostichprobe mit nahezu derselben Wahrscheinlichkeit in die jeweilige Tagesstichprobe inkludiert und die Verteilung des

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Replikatsalters würde variieren. Damit könnte die für das RCS-Design zentrale Annahme der völligen struk-turellen Gleichartigkeit aller Replikate nicht mehr aufrechterhalten werden.

Die dichte zeitliche Taktung von RCS-Studien auf Tagesbasis und die Notwendigkeit strikter Kontrolle über den Befragungszeitpunkt präjudiziert den Erhebungsmodus. Die Implementation des RCS-Designs wurde erst durch das Aufkommen der Methode der computergestützten telefonischen Befragung Anfang der 1980er Jahre ermöglicht. Durch eine zentralisierte Stichprobensteuerung und Feldkontrolle war es möglich die Clearingperioden der täglichen Stichproben kontrolliert so zur Überlappung zu bringen, dass an jedem einzelnen Tag sowohl leicht erreichbare als auch schwer erreichbare Personen gleichermaßen befragt wer-den können. Ein derart kontrolliertes Vorgehen bei der Feldarbeit ist im Rahmen von dezentral organisierten persönlich-mündlichen Befragungen logistisch kaum durchführbar. In den letzten Jahren wurden auch einige RCS-Studien online realisiert (Johnston 2008, Faas und Blumenberg 2012), doch müssen bei diesem Mo-dus Abstriche im Hinblick auf das Ziel der Repräsentativität der Stichproben für die Grundgesamtheit der wahlberechtigten Bevölkerung akzeptiert werden. Bei genauer Umsetzung der beschriebenen methodi-schen Anforderungen erhält man eine Umfrage, die alle Eigenschaften einer normalen Querschnittsstudie auf der Grundlage einer Zufallsstichprobe besitzt und auch als solche analysiert werden kann. Zugleich aber kann sie unter zeitlichen Aspekten in beliebiger und völlig flexibler Weise in ebenfalls zufällige Unterstich-proben für beliebige Zeitpunkte oder -perioden zerlegt werden. Durch diese Eigenschaft von RCS-Daten werden höchst differenzierte Analysen des dynamischen Geschehens im Verlauf von Wahlkämpfen möglich. Die Replikate, die bei der Erhebung von RCS-Daten zentrale Bedeutung haben, treten bei diesen Analysen nicht mehr in Erscheinung. Die Auswertungen orientieren sich vielmehr an den Kalendertagen, an denen die Interviews realisiert werden. Auf ihrer Grundlage können auch „synthetische Querschnittsstichproben“ gebildet werden, die alle Interviews beinhalten, die innerhalb eines vom Forscher definierten Zeitraums durchgeführt wurden.

Die Logik des RCS-Designs gewährleistet, dass die für jeden Erhebungstag zur Verfügung stehenden Inter-views jeweils identische Mischungen von Befragten aus mehreren Replikaten und damit von leicht, aber auch schwer erreichbaren Personen beinhalten. Mit Blick auf die Stichprobe insgesamt ist der Befragungs-tag innerhalb der Feldzeit damit nicht mehr systematisch, sondern zufällig bedingt. Die an den verschiede-nen Erhebungstagen realisierten Interviews unterscheiden sich durch nichts außer dem Datum ihrer Durchführung bzw. – präziser ausgedrückt – nur hinsichtlich des situativen Kontextes im Hinblick auf das Wahlkampfgeschehen, das diesem Datum entspricht. Alle Änderungen von Wahrnehmungen, Einstellun-gen, Präferenzen oder Verhaltensorientierungen, die im Zeitverlauf identifiziert werden, können daher nur zwei Quellen haben: den zufälligen Stichprobenfehler und den realen Wandel unter dem Eindruck des Kam-pagnengeschehens. Diese können durch geeignete statistische Verfahren separiert werden (Johnston und Brady 2002, Brady et al. 2006, Romer et al. 2006)

Durch RCS-Erhebungen gewonnene Daten können in äußerst flexibler und vielfältiger Weise analysiert wer-den. Die einfachste Auswertungsvariante besteht darin, Trends der öffentlichen Meinung im Wahlkampfver-lauf zu ermitteln (vgl. z.B.Schmitt-Beck 2009, Schmitt-Beck und Faas 2006). Man kann die Daten aber auch auf der Basis einzelner Erhebungstage analysieren und damit punktgenaue Verbindungen zwischen be-stimmten Wahlkampfereignissen und korrespondierenden Änderungen von Wahrnehmungen oder Einstel-lungen herstellen (vgl. z.B. Schmitt-Beck und Tenscher 2008). Ebenso leicht ist es möglich, die Daten nach Formalkriterien zu gruppieren, beispielsweise wochenweise, um zu höheren Fallzahlen und damit höherer Teststärke zu gelangen. Schnittpunkte können aber auch in beliebiger Weise nach inhaltlichen Kriterien gesetzt werden, etwa in Form eines Vergleiches der Interviews unmittelbar vor und unmittelbar nach einem bestimmten Ereignis im Wahlkampf. Ein besonderer Vorzug ist dabei, dass dies keineswegs nur für antizi-pierbare Ereignisse wie z.B. Parteitage oder TV-Duelle gilt, sondern für jedes beliebige Ereignis, einschließ-lich solcher, die im Vorfeld überhaupt nicht vorhergesehen werden können. Eine weitere interessante

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Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 /11

Analysevariante besteht in der Anreicherung von RCS-Datensätzen mit externen Daten, die über das Erhe-bungsdatum als Schlüssel problemlos zugespielt werden können. Beispiele sind Daten zur Medienbewer-tung politischer Akteure aus Inhaltsanalysen der tagesaktuellen Berichterstattung (Bevan und Krewel 2013) oder aktuelle demoskopische Daten aus Medienumfragen (Faas und Schmitt-Beck 2007), deren Effekte auf Wahrnehmungen und Einstellungen der Wähler sich so auf elegante Weise ermitteln lassen. Bei ausrei-chenden täglichen Fallzahlen ist es sogar möglich zu analysieren, wie und aufgrund welcher Ereignisse sich die Stärke der Effekte bestimmter Prädiktoren auf das Wählerverhalten im Verlauf von Wahlkämpfen ändert (Johnston et al. 2004). Auch hinsichtlich der einsetzbaren statistischen Auswertungsverfahren bieten RCS-Daten flexible Möglichkeiten. Sie können sowohl auf der Individualebene als auch – durch Verfahren der Zeitreihenanalyse – auf der Aggregatebene analysiert werden. Für Aggregatanalysen von RCS-Daten bie-ten sich überdies in besonderer Weise graphische Verfahren der Datenanalyse an (Romer et al. 2006).

Bei all diesen Vorteilen darf nicht übersehen werden, dass RCS-Umfragen im Vergleich zu Panel-Befragun-gen auch einen Nachteil aufweisen: Sie erlauben zunächst keine Aussagen über individuellen Wandel, son-dern nur Aggregataussagen über Prozesse des Wandels in der gesamten Wählerschaft oder in Wählergruppen. Von daher bietet es sich an, RCS-Studien durch eine Panel-Komponente anzureichern, welche genau dies ermöglicht. Panel- und RCS-Studien können als komplementär gelten und ergänzen einander. Die Kombination einer RCS-Erhebung als Vorwahlbefragung mit einer als Nachwahlbefragung konzipierten zweiten Panelwelle hat sich als ideales Verfahren erwiesen, um die Kampagnendynamik bei Wahlkämpfen zu analysieren (Johnston 2001, Schmitt-Beck et al. 2006). Aus diesem Grund wurde entschie-den in die „German Longitudinal Election Study“ (GLES), die bislang umfangreichste und komplexeste deut-sche Wahlstudie, neben zahlreichen anderen Komponenten (vgl. www.gles.eu) auch eine RCS-Umfrage einzuschließen, die durch eine als Nachwahlbefragung realisierte zweite Panelwelle angereichert wurde. Die Variablen der Nachwahl-Welle können als Messungen des kumulativen Einflusses des gesamten Wahl-kampfes interpretiert und als solche mit unterschiedlich weit in der Wahlkampfperiode zurückliegenden Vor-wahl-Messungen derselben Variablen verglichen werden. Überdies lassen sich verschiedene für die Wahlkampfdynamik wesentliche Daten erst nach der Wahl sinnvoll erheben, nicht zuletzt natürlich die tat-sächliche Wahlentscheidung selbst.

3. Die RCS-Studie zur Bundestagswahl 2017 In idealtypischer Betrachtung zeichnet sich das RCS-Design durch eindrucksvolle Eleganz aus. Seine prak-tische Umsetzung ist jedoch ungewöhnlich anspruchsvoll und stellt Forscher als auch Erhebungsinstitute vor erhebliche Herausforderungen. Im Folgenden wird beschrieben, wie die im Rahmen des GLES-Projektes durchgeführte RCS-Studie realisiert wurde.

3.1 Grundkonzept Die RCS-Studie zur Bundestagswahl 2017 wurde als CATI-Erhebung in der Zeit vom 24. Juli bis zum 23. September 2017 durchgeführt; sie umfasste also einen Zeitraum von 62 Tagen und endete am letzten Tag vor der Bundestagswahl. Im Rahmen der Studie wurden 7.650 zufällig ausgewählte Personen aus der Grundgesamtheit der deutschsprachigen, in Privathaushalten mit mindestens einem Festnetzanschluss le-benden oder über ein Mobiltelefon verfügenden Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland, die zur Bun-destagswahl 2017 wahlberechtigt war, befragt. Die unmittelbar nach der Bundestagswahl realisierte zweite Panelwelle erbrachte 4.244 Wiederholungsinterviews. Die Feldarbeit oblag dem Institut Ipsos GmbH (Ber-lin). Aufgrund des zunehmenden Anteils Personen, die ausschließlich oder hauptsächlich per Mobiltelefon erreichbar sind, wurde anders als noch 2013 sowohl eine ADM-Festnetz- als auch eine ADM-

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12/ Working Papers 172 - Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung

Mobilfunkstichprobe nach dem Gabler/Häder-Modell gezogen (Gabler und Häder 1997, Häder und Häder 2009) im Verhältnis 70/30 (ADM 2012). Grundlage der ADM-Festnetzstichprobe stellte eine Ziehungsdatei dar, in der alle eingetragenen Telefonnummern (nach Angaben der Bundesnetzagentur) sowie nach Gab-ler/Häder generierte (nicht eingetragene) Nummern enthalten sind. Die Festnetzstichprobe setzte sich an-schließend aus zufällig, nach Gemeinde geschichteten Telefonnummern zusammen, um die regionale Repräsentativität zu gewährleisten. Diese Stichprobe wurde wiederum in mehrere in sich repräsentative Replikate zerlegt. Analog basierte der ADM-Mobilfunk-Auswahlrahmen auf einer Ziehungsdatei mit einge-tragenen und generierten Mobilfunknummern. Aufgrund der nicht-systematischen Eintragsdichte von Mobil-funknummern wurde (zur Gewährleistung der regionalen Repräsentativität) die Mobilfunkstichprobe zufällig aus den nach Provider geschichteten Nummern des Mobilfunk-Auswahlrahmens gezogen, und anschlie-ßend wieder in repräsentative Replikate zerlegt.

Diese aus Festnetz-und Mobilfunknummern kombinierte Stichprobe stellte dann die Bruttostichprobe dar. Die Interviews fanden dann in dem Modus statt, in dem ein Befragter erreicht wurde, selbst wenn dieser auch über den anderen Modus erreichbar war. Angestrebt war ein Tagesmittel von 120 Interviews. Um ausreichend Reservenummern vorzuhalten, wurde eine sehr umfangreiche Bruttostichprobe gezogen, die 517.000 Nummern (361.900 Festnetz, 155.100 Mobilfunk) umfasste. Diese wurden zufällig in 62 Replikate zu je 4.700 Telefonnummern sowie 48 Reserve-Replikate unterteilt. Insgesamt kamen 392.309 Nummern zum Einsatz (279.128 Festnetz, 113.181 Mobilfunk). Nach Abzug der stichprobenneutralen Ausfälle (Num-mer existiert nicht; kein Privathaushalt; keine Zielperson, d.h. bei der Bundestagswahl 2017 wahlberechtigte Person, im Haushalt; Sprachprobleme; Anschluss einem Fax oder Modem zugeordnet) umfasste die Netto-stichprobe 79.603 Nummern (48.658 Festnetz, 30.945 Mobilfunk). Somit betrug die Ausschöpfung aus der Gesamt-Nettostichprobe 9,6 Prozent (Festnetz: 12,1 Prozent, Mobilfunk: 5,7 Prozent). Es wird deutlich, dass die Ausschöpfung der Festnetz-Nummern mit 12,1 Prozent deutlich höher ist als die Ausschöpfung der Mo-bilfunk-Nummern. Gegenüber 2013 (15,8 Prozent) hat die Festnetz-Ausschöpfung allerdings leicht abge-nommen.

Um auf schwankende Ausschöpfungsquoten an bestimmten Wochentagen reagieren zu können, ohne die RCS-Logik aufgeben zu müssen, wurden die Replikate ihrerseits wiederum zufällig in „Scheiben“ zu je 100 Telefonnummern zerlegt. Auch diese Teilstichproben waren aufgrund ihrer zufälligen Ziehung beliebig ku-mulierbar; es handelte sich gleichsam um „Replikate zweiter Ordnung”. Dadurch wurde die Möglichkeit ge-schaffen, die täglichen Teilstichproben in einer dem RCS-Design angemessenen Weise ad hoc durch Hinzuspielen oder Weglassen einzelner Scheiben zu vergrößern oder zu verkleinern, um so die erreichten Tagesfallzahlen feiner steuern zu können. Die Festlegung der Zahl der an jedem Erhebungstag neu einzu-spielenden Scheiben erfolgte jeweils zeitnah in Reaktion auf die aktuelle Feldentwicklung und die bis dahin gesammelten Erfahrungen mit dem Verlauf der Erhebung. Dies ist eine bei RCS-Studien übliche Vorge-hensweise; solche Studien erfordern grundsätzlich ein sehr dichtes (d.h. tägliches) Feldmonitoring und je nach Feldverlauf gegebenenfalls auch kontinuierliches Nachsteuern.

3.2 Feldverlauf RCS-Studien können in der Erhebungsphase also keinesfalls „sich selbst überlassen“ werden. Die Feldent-wicklung bedarf permanenter Beobachtung und gegebenenfalls zeitnaher Adjustierung der Zahl der täglich eingespielten Scheiben. Ansonsten bestünde ein erhebliches Risiko, das Ziel eines gleichmäßigen Feldver-laufs auf dem angestrebten Niveau täglicher Fallzahlen zu verfehlen.

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Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 /13

Abbildung 1 stellt die täglichen Fallzahlen der Vor- und Nachwahl vergleichend dar. Die Anzahl täglicher Interviews in der Vorwahl-Welle verläuft gleichmäßig, mit niedrigeren Interviewzahlen an den Wochenen-den.2 Die Nachwahl-Welle hingegen – beginnend am Montag nach der Wahl – zeigt deutlich den Verlauf einer typischen Querschnittsbefragung. Das Ziel war, die Abarbeitung der Wiederholungsbefragungen in möglichst kurzer Zeit durchzuführen. Der Kurvenverlauf zeigt an, dass dieses Ziel erreicht wurde: Insgesamt konnten 92 Prozent der Nachwahl-Interviews in den ersten zwei Wochen nach der Bundestagswahl durch-geführt werden. Danach fiel die Zahl der täglichen Interviews stark ab und näherte sich im Zeitverlauf zuse-hends der Nulllinie an.3 Nach insgesamt 49 Erhebungstagen wurde das Feld geschlossen.

Abbildung 1: Tagesfallzahlen RCS-Studie 2017 (im Vergleich zur Nachwahlwelle)

Tabelle 1 dokumentiert die Anzahl der pro Tag aktivierten Scheiben (zu je 100 Nummern) während der Vorwahl-Studie. Nachdem am ersten Feldtag zunächst 4.700 Nummern aktiviert wurden, wurde die Schei-benanzahl in den nachfolgenden Tagen auf bis zu 9.000 Nummern weiter erhöht, um den Bereich der an-gestrebten Durchschnittsfallzahl möglichst rasch zu erreichen. An Tag 10 wurden mehr als 120 Interviews erzielt, woraufhin die Scheibenzahl schrittweise wieder reduziert wurde. Mit Hilfe detaillierter täglicher Feld-berichte wurde das Feldgeschehen von Beginn an eng überwacht. Sofern auf Basis der aktuellen Feldent-wicklung eine Anpassung des Nummerneinsatzes als geboten erschien, erfolgte im Rahmen von Telefonkonferenzen eine Abstimmung zwischen Studienleitung und Erhebungsinstitut über Höhe und Ti-ming der Anpassung, unter Berücksichtigung der Implikationen für die Strukturgleichheit der Stichproben. Diese Praxis der möglichst behutsamen Anpassungen führte, wie Abbildung 1 zeigt, zu einem recht gleich-mäßigen Feldverlauf mit im Mittel 123 realisierten Interviews pro Tag.

2 Zum Ausgleich der traditionell niedrigeren Teilnahmebereitschaft wurden – wie in Tabelle 1 ersichtlich – an Wochenenden mehr Num-

mern eingespielt als an Wochentagen. Gleichzeitig mussten mit Blick auf die Strukturgleichheit der Tagesstichproben die Nummernein-sätze an Wochenenden mit Bedacht gewählt werden.

3 Der Verlauf der Tagesfallzahlen unterscheidet sich Festnetz- und Mobilfunkinterviews nicht (siehe Anhang, Abbildung A1).

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Tabelle 1: Anzahl der in der Vorwahlstudie pro Feldtag aktivierten Scheiben

Replikat Datum Anzahl Scheiben Replikat Datum Anzahl

Scheiben 1 24.07.2017 47 32 23.08.2017 53 2 25.07.2017 70 33 24.08.2017 53 3 26.07.2017 70 34 25.08.2017 80 4 27.07.2017 80 35 26.08.2017 80 5 28.07.2017 80 36 27.08.2017 55 6 29.07.2017 90 37 28.08.2017 55 7 30.07.2017 90 38 29.08.2017 55 8 31.07.2017 80 39 30.08.2017 55 9 01.08.2017 80 40 31.08.2017 58

10 02.08.2017 80 41 01.09.2017 85 11 03.08.2017 75 42 02.09.2017 85 12 04.08.2017 75 43 03.09.2017 65 13 05.08.2017 85 44 04.09.2017 65 14 06.08.2017 85 45 05.09.2017 63 15 07.08.2017 75 46 06.09.2017 59 16 08.08.2017 75 47 07.09.2017 59 17 09.08.2017 75 48 08.09.2017 82 18 10.08.2017 70 49 09.09.2017 82 19 11.08.2017 65 50 10.09.2017 62 20 12.08.2017 85 51 11.09.2017 62 21 13.08.2017 85 52 12.09.2017 62 22 14.08.2017 65 53 13.09.2017 62 23 15.08.2017 60 54 14.09.2017 64 24 16.08.2017 55 55 15.09.2017 85 25 17.08.2017 53 56 16.09.2017 85 26 18.08.2017 53 57 17.09.2017 62 27 19.08.2017 80 58 18.09.2017 62 28 20.08.2017 80 59 19.09.2017 62 29 21.08.2017 55 60 20.09.2017 62 30 22.08.2017 53 61 21.09.2017 65 31 23.08.2017 53 62 22.09.2017 85

3.3 Bearbeitung der Replikate Nicht nur auf der soeben beschriebenen Ebene einzelner Feldtage, sondern auch eine Ebene darunter, nämlich bei der Bearbeitung der einzelnen Replikate am Tag und in den Tagen nach ihrer Freigabe, verlangt das RCS-Design ein strikt standardisiertes Vorgehen. Durch intensive Feldarbeit soll jede Teilstichprobe so weit wie möglich ausgeschöpft werden, da gerade schwer erreichbare Personen, mit denen Interviews erst nach mehreren vergeblichen Kontaktversuchen zustande kommen, für die Repräsentativität der pro Tag realisierten Interviews von zentraler Bedeutung sind. Essentiell ist daher, dass die Bearbeitungsroutine für die einzelnen Replikate einheitlich ist und genau definierten, konstanten Regeln folgt.

Für die Bundestagswahlstudie 2017 wurde beschlossen, dass jedes Replikat neun Tage lang aktiv bleiben sollte, um eine möglichst gute Ausschöpfung zu erreichen.4 Am ersten Tag sollte jede nicht stichproben-neutral ausgeschiedene Telefonnummer, bei der noch kein Interview realisiert (oder ein Termin vereinbart) werden konnte, vier Mal angerufen werden, an den darauffolgenden drei Tagen jeweils zwei Mal. An den

4 2013 konnten die Replikate noch 14 Tage aktiv bleiben. Aufgrund veränderter rechtlicher Rahmenbedingungen in der Umfrageindust-

rie waren 2017 nur noch maximal 15 Kontaktversuche erlaubt, was eine deutliche Reduktion der Kontaktfrequenz gegenüber früheren deutschen RCS-Studien bedeutet. Um dennoch eine intensive Kontakthäufigkeit an den ersten Tagen nach Freigabe der Replikate zu erreichen, wurde daher der Zeitraum, innerhalb dessen ein Replikat aktiv war, von 14 auf neun Tage reduziert.

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Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 /15

nachfolgenden Tagen sollte jeweils einmal angerufen werden. Bezüglich der Uhrzeiten der Kontaktversuche war dabei ein komplexes Rotationsschema zu beachten, um die Kontaktversuche gleichmäßig über den Tag zu verteilen. Telefoniert wurde wochentags von 10 bis 21 Uhr, samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr.

Besetzte Nummern – unter denen offenkundig eine Kontaktperson aktuell erreichbar ist – wurden bereits nach 30 Minuten erneut angewählt, um die gegebene Kontaktmöglichkeit zu nutzen. Zudem wurden Ter-minvereinbarungen prioritär behandelt und durchbrachen den skizzierten Kontakt-Algorithmus. Dies gilt für die Kontaktfrequenz pro Tag ebenso wie für den Zeitraum, für den eine Nummer aktiv bleibt, denn Termin-vereinbarungen wurden auch über den definierten neuntägigen Zeitraum hinaus wahrgenommen.

Um die Teilnahmebereitschaft der Befragten zu erhöhen – und damit die Ausschöpfung zu optimieren – wurde schließlich eine Homepage mit Informationen zur RCS-Studie eingerichtet. Auf gezielte Konversions-versuche „weicher“ Verweigerer (Personen, die z.B. mit der Begründung, keine Zeit oder kein Interesse zu haben, ein Interview ablehnten, jedoch keine weiteren Kontaktversuche untersagten) wurde hingegen an-gesichts einer sehr niedrigen Konversionsrate (2013: 1 Prozent) verzichtet.

Abbildung 2: Realisierte Fallzahlen und Ausschöpfung aus Replikaten

Abbildung 2 zeigt das Resultat der Befragung. Die absolute Zahl der Interviews, die aus jedem der 62 tägli-chen Replikate hervorgegangen sind, schwankte zwischen 68 aus dem am ersten Feldtag freigegebenen Replikat und 154 aus dem 20. Replikat. Dass das 1. Replikat die geringste Interviewanzahl generierte, über-rascht kaum, war die Anzahl eingespielter Scheiben deutlich niedriger als in den nachfolgenden Replikaten. Dass gerade das 20. Replikat zu besonders vielen Interviews führte, ist wenig überraschend, umfasste das Replikat doch 8500 Nummern. Es gilt folglich: Je höher der Bruttoansatz, desto mehr Interviews, und das kommt auch in Abbildung 2 zum Ausdruck. Dass demgegenüber das letzte Replikat – wie auch generell die Replikate aus den letzten Tagen vor der Wahl – vergleichsweise geringe Interviewzahlen lieferte, ist eben-falls designbedingt, denn diese Replikate konnten nicht für dieselbe Zeitdauer offen bleiben wie diejenigen, die so rechtzeitig ins Feld gegangen waren, dass sie noch für die volle Periode von neun Tagen abgearbeitet werden konnten. Da die Vorwahlerhebung naturgemäß mit dem Vorabend der Wahl ihr Ende finden musste, „trunkierte” der Wahltag die Bearbeitung dieser Replikate. Für die Analysemöglichkeiten der Daten ist dieses für RCS-Studien designbedingt normale Phänomen unbedenklich, denn diese orientieren sich ja nicht an den Replikaten, sondern an den Erhebungstagen.

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Das standardisierte Bild der Nettoausschöpfungsquoten der Teilstichproben, das Abbildung 2 ebenfalls zeigt, ist demgegenüber – wie es sein soll – sehr viel gleichmäßiger: Die Effekte unterschiedlicher Schei-benzahlen sind hier verschwunden; dagegen bleibt – da designbedingt – der Rückgang der Ausschöpfung zum Ende der Feldzeit hin auch in dieser Darstellungsweise sichtbar. Die Gleichmäßigkeit bei Ausschöpfung der Replikate zeigt an, dass der Kontaktalgorithmus in der Feldpraxis kontinuierlich abgearbeitet wurde. Berichtstabellen über die Einhaltung des Kontaktschemas waren Bestandteil der täglichen Feldberichte und in der Tat erfolgten 99,99 % der Kontaktversuche im vorgesehenen Zeitfenster (bei 15-minütiger Fehlerto-leranz). In der Feldpraxis wurde das angestrebte ideale Kontaktschema also beinahe in Perfektion umge-setzt. Die äußerst gleichmäßige Abarbeitung des Kontaktschemas könnte zudem ein Grund sein, weswegen 2017 im Vergleich zu den vorangegangenen RCS-Studien erneut weniger Kontaktversuche ausreichten, um ein Interview zu erzielen.5 Nach bis zu neun Versuchen lagen 2017 bereits 88 Prozent der Interviews vor wohingegen 2013 erst 82 Prozent vorlagen; 2009 waren nach bis zu neun Versuchen erst 70 Prozent er-reicht (Abbildung 3).

Abbildung 3: Anzahl der Kontaktversuche bis zum Interview

Analog zu Abbildung 3 stellt Abbildung 4 für die RCS-Studien 2005, 2009, 2013 und 2017 gegenüber, wie viele Tage nach Replikatstart die vorhandenen Interviews durchgeführt wurden. Dabei wurden für 2017 nur diejenigen Nummern berücksichtigt, die bis zum 54. Erhebungstag (2005: bis zum 21. Erhebungstag; 2009 bis zum 47. Erhebungstag; 2013 bis zum 63. Erhebungstag) aktiviert wurden. Nummern aus Replikaten, die danach ins Feld gingen, konnten wegen des herannahenden Wahltermins nicht mehr volle neun (2009, 2013: 14; 2005: 21 Tage) lang ausgeschöpft werden. Der Graph, der die Anteile realisierter Interviews in Abhängigkeit der vergangenen Tage nach Replikatfreigabe in der RCS-Studie 2017 angibt, verläuft in der Abbildung oberhalb der entsprechenden Graphen für 2005, 2009, und 2013. Rund 53 Prozent der Interviews wurden 2017 am Tag der Freigabe ihres Replikats realisiert (2005: 34 Prozent, 2009: 37 Prozent, 2013: 48 Prozent).6 Damit wurde die 50-Prozent-Marke 2017 bereits am ersten Tag erreicht (2005, 2009: dritter Tag; 2013: zweiter Tag). Eine Woche nach der Aktivierung des zugehörigen Replikats waren 2017 91 Prozent

5 Dieses Muster unterscheidet sich nicht für Festnetz- und Mobilfunk-Interviews. Die Anzahl Kontaktversuche bis zur Realisierung eines

Interviews ist für beide Modi identisch (siehe Abbildung A3 im Anhang). 6 Eine separate Betrachtung von Festnetz- und Mobilfunk-Interviews weist keine Unterschiede auf (siehe Abbildung A4 im Anhang).

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der Interviews realisiert; 2013 waren es 82 Prozent, 2009 75 Prozent. 2005 konnten bis dahin 78 Prozent durchgeführt werden.

Abbildung 4: Tage zwischen realisiertem Interview und Replikatfreigabe

2017 wurden aufgrund sehr geringer Konversionsraten (2013: 1 %, 2009: 4 %; 2005 waren es noch 14,1 %) keine Versuche mehr unternommen, „weiche Verweigerer“ durch nochmaliges Kontaktieren zur Interview-teilnahme zu bewegen.

3.4 Zweite Panelwelle Von den 7.650 vor der Bundestagswahl 2017 Befragten erklärten sich 6.232 bereit, sich nach der Bundes-tagswahl erneut befragen zu lassen, was einer Wiederbefragungsbereitschaft von 81 Prozent entspricht (2013: 90 %, 2009: 89 %, 2005: 93 %). Damit hat die Wiederbefragungsbereitschaft analog zur generellen Befragungsbereitschaft, erkennbar an der niedrigeren Ausschöpfung im RCS, über die Zeit abgenommen. Dieser Befund zeigt sich besonders deutlich an der Ausschöpfung der zweiten Welle. Mit 4.244 Befragten liegt die Panelausschöpfung 2017 bei 55 Prozent, in den vorangegangenen Studien lag diese noch bei über zwei Dritteln (2013: 68 %, 2009: 67 %, 2005: 68 %). Das Feld blieb in der Nachwahlwelle 2017 über 49 Tage offen (2013: 42 Tage, 2009: 29 Tage, 2005: 37 Tage). Wie in Abbildung 5 erkennbar, wurden 2017 innerhalb von 14 Tagen nach dem Wahltag 92 Prozent der schließlich erreichten Interviews realisiert (2013: 81 %, 2009: 88 %, 2005: 67 %).7 Angesichts der berichteten niedrigeren Teilnahmebereitschaften mag es zu-nächst überraschen, dass die Produktion von Interviews in den ersten 14 Tagen nach der Wahl im Vergleich zu den vorangegangenen Wahlen zugenommen hat. Es gilt allerdings zu bedenken, dass auch in der Nach-wahlwelle nur noch 15 Kontaktversuche erlaubt waren, sodass es allein aufgrund der niedrigeren Anzahl erlaubter Kontakte zu einer – bezogen auf die überhaupt erreichbaren Interviews – deutlich höheren Inter-view-Wahrscheinlichkeit am Anfang der Nachwahl-Feldzeit kam.

7 Dieser Befund bestätigt sich generell auch bei separater Betrachtung von Festnetz- und Mobilfunkinterviews (siehe Abbildung A5 im

Anhang).

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Abbildung 5: Interviewverlauf der Panelwelle

4. Zur Qualität der RCS-Daten

4.1 Strukturgleichheit der Tagesstichproben Es ist bei graphischen Analysen von RCS-Daten üblich, die Befragten der ersten Erhebungstage auszu-schließen, da designbedingt erst eine gewisse Zeit vergehen muss, ehe sich die gewünschte Mischung aus leicht und schwer erreichbaren Personen einstellt. Diesen Sachverhalt illustriert Abbildung 6, in der der ta-geweise Anteil von Replikaten an den Tagesstichproben nach Alter der Replikate dargestellt wird: Am ersten Feldtag stehen zwangsläufig nur die an diesem Tag aktivierten Nummern zur Verfügung (vgl. Abschnitt 2 zum Design), wodurch schwer erreichbare Personen (Vollzeitberufstätige) in der ersten Tagesstichprobe in der Regel unterrepräsentiert sind und leicht zugängliche Segmente (Rentner, Arbeitslose) übermäßig vor-handen sind. Die zweite Tagesstichprobe setzt sich zu 85 Prozent aus an diesem Tag aktivierten Nummern und zu 15 Prozent aus Nummern des Vortags zusammen. Hinsichtlich des Replikatsalters sind beide Stich-proben somit zu 85 % strukturgleich. Bis einschließlich des siebten Feldtages dominieren die besonders häufig kontaktierten Nummern des jeweils aktuellen Feldtags sowie des Vortags die Struktur der täglich resultierenden Stichproben – und damit jene Zielpersonen, die mit relativ wenigen Kontaktversuchen erreicht werden konnten. Erst ab dem achten Feldtag wird die angestrebte Mischung aus leicht und schwer erreich-baren Personen annähernd erreicht (2013: vierter Feldtag). Da die Erreichbarkeit bei telefonischen Befra-gungen mit Merkmalen verknüpft ist, die auch inhaltlich von Bedeutung sind, beginnen die folgenden Analysen mit dem achten Feldtag unserer Erhebung.

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Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 /19

Abbildung 6: Anteil von Replikaten an den täglichen Interviews nach Alter der Replikate

Das tägliche Aktivieren neuer Telefonnummern und das strikte Einhalten des vorgegebenen Kontaktsche-mas dienen dem Ziel, die Interviews in den verschiedenen Tagesstichproben mit möglichst homogenen Verteilungen des Replikatsalters zu erheben. Unter Replikatsalter definieren wir die Differenz zwischen Ak-tivierungs- und Befragungszeitpunkt in Tagen. Wird eine Rufnummer in das Kontaktschema aufgenommen und am gleichen Erhebungstag zum Interview, erhält der Fall das Replikatsalter Null. Ein erfolgreiches In-terview am Folgetag würde das Alter 1 erzeugen.

Durch Umsetzung des RCS-Designs wird erreicht, dass das Verhältnis leicht erreichbarer Segmente und schwer zugänglicher Personen in den erhobenen Tagesstichproben nur zufallsbedingt variiert, wodurch sich Veränderungen der politischen Meinungsbildung nicht auf die Erreichbarkeit zurückführen lassen.

Theoretisch müsste die Verteilung des Replikatsalters für eine perfekte RCS-Struktur an jedem Tag iden-tisch sein. Es sollte also täglich der gleiche Anteil an Interviews mit dem Replikatsalter i erzielt werden. Tabelle 2 zeigt anhand der ab Tag 10 gemessenen Gesamtverteilung des Replikatsalters in der RCS-Vorwahlstudie die für jeden Tag anzustrebenden Fälle nach dem Zeitpunkt der Aktivierung.

Tabelle 2: Soll-Verteilung der Interviews nach Replikatsalter und Tag in der Vorwahlstudie

Replikats- Gesamt Tag 13 Tag 14 … Tag 29 … Tag 76 alter i in Tagen % N % N % N % N % N % N %

0 54 % 65 54 % 65 54 % … 65 54 % … 65 54 %

1 12 % 14 12 % 14 12 % … 14 12 % … 14 12 %

2 8 % 10 8 % 10 8 % … 10 8 % … 10 8 %

3 6 % 7 6 % 7 6 % … 7 6 % … 7 6 %

4 3 % 4 3 % 4 3 % … 4 3 % … 4 3 %

… … … … … … … … … … … …

9+ 9 % 11 9 % 11 9 % … 11 9 % … 11 9 %

Summe 100 % 120 100 % 120 100 % 120 100 % 120 100 % … 120 100 %

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20/ Working Papers 172 - Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung

Insgesamt etwa 5 % dieser Interviews wurden noch am Aktivierungstag erhoben und weitere 12 % am Fol-getag. Durchschnittlich 9 % der Fälle konnten erst nach neun Tagen oder später erfolgreich befragt werden. Damit sind diese Tagesstichproben hinsichtlich des Replikatsalters nur zu 54 % strukturgleich mit dem ers-ten Tag, der eine äußerst geringe Tageseffizienz aufweisen würde. Abweichungen in den Antworten der ersten und einer späteren Stichprobe könnten durch die unterschiedliche Erreichbarkeit bedingt sein.

Entscheidender für die Strukturgleichheit als die absolute Verteilung der Interviews bezüglich des Replikats-alters ist deren relatives Verhältnis. So hätten für eine vollständige Strukturgleichheit an Tag 29 auch durch-aus 200 Fälle erhoben werden können, wenn gleichzeitig 108 (54 %) davon aus frischen, 24 (12 %) aus am Vortag freigegebenen Nummern generiert worden wären, usw. Analog hätten dann 18 Interviews (9 %) mit Rufnummern des Alters 9 oder älter generiert worden sein müssen. Tabelle 3 zeigt nun einen Auszug der tatsächlichen Verteilung des Replikatsalters.

Tabelle 3: Ist-Verteilung der Interviews nach Replikatsalter und Tag

Replikats- Gesamt Tag 13 Tag 14 Tag … Tag 29 Tag … Tag 62 alter i in Tagen % N % N % N % N % N % N %

0 54 % 59 56 % 52 61 % … 60 39 % … 88 72 %

1 12 % 11 10 % 12 14 % … 24 16 % … 8 7 %

2 8 % 5 5 % 4 5 % … 21 14 % … 4 3 %

3 6 % 7 7 % 3 4 % … 8 5 % … 2 2 %

4 3 % 6 6 % 0 0 % … 4 3 % … 1 1 %

… … … … … … … … … … … …

9+ 9 % 7 7 % 9 11 % … 15 10 % … 10 8 %

Summe 100 % 106 100 % 85 100 % … 152 100 % … 122 100 % Am Wochenende der Tage 13 und 14 wurden insgesamt 106 bzw. 85 Fälle erhoben. Dies entspricht vergli-chen mit der Gesamtstichprobe zu vielen Interviews mit frischen Nummern (56-61 % anstatt 54 %) und zu wenig Fällen mit höherem Replikatsalter (10 % anstatt 12 %, 5 % anstatt 8 %). Der Tag 29 zeigt eine ganz andere Struktur. So wurden sehr viele (152) Interviews generiert, jedoch zu wenige aus frischen Rufnum-mern (39 % anstatt 54 %) sowie außerordentlich viele mit am Wochenende davor aktivierten Nummern

= 0.16 anstatt = 0.12 bzw. = 0.14 anstatt =0.08).

Die Höhe dieser Strukturgleichheit lässt sich für einen beliebigen Tag j durch Differenzberechnungen zum arithmetischen Mittel zudem exakt beziffern. Viel aussagekräftiger als der Abstand zur Gesamtstruktur sind jedoch die Differenzen zu den Tagesstichproben. Diese können mit der RCS-Effizienz für eine Untersuchung von n Feldtagen exakt quantifiziert werden (Hoops et al. 2013). Die Vorwahlstudie zeigt mit dieser Methode eine Gesamt-RCS-Effizienz in Höhe von 73 %. Der Tag 42 hat dabei die niedrigste Strukturgleichheit von 50 %, der Tag 58 hat mit 88 % die höchste Effizienz.

In der Verteilung des Replikatsalters zeigt sich Dienstag sowie Donnerstag bis Freitag die höchste Struk-turgleichheit mit einer mittleren Effizienz von 76,1 % bis 76,8 % (siehe Tabelle 4). Verantwortlich für den Großteil an Heterogenität ist tatsächlich der Übergang des Wochenendes auf den Wochenbeginn. So haben die Sonntage mit durchschnittlich 62,6 % die geringste wochentagsspezifische RCS-Effizienz. Ursache hier-für liegt in der Vielzahl von Interviews mit frischen Nummern (67 % anstatt 54 %) und der geringen Anzahl an Interviewrealisierungen mit Rufnummern höheren Alters. Vermutlich erzeugt durch den niedrigen Anteil an Terminvereinbarungen, die auf die Sonntage fallen, sowieso die höheren Replikatsgrößen. So haben am Sonntag 81 % der Befragten ein Replikatsalter von höchstens einem Tag, am Montag jedoch nur 63 %.

151,x 1x 152,x 2x

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Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 /21

Tabelle 4: Ist-Verteilung der Interviews mit n>9 nach Replikatsalter und Wochentag

Replikats- Gesamt Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonntag alter i in Tagen % % % % % % % %

0 54 % 47 % 49 % 53 % 52 % 54 % 63 % 67 %

1 12 % 16 % 11 % 11 % 11 % 11 % 9 % 14 %

2 8 % 10 % 11 % 7 % 8 % 8 % 5 % 4 %

3 6 % 7 % 8 % 7 % 6 % 5 % 5 % 3 %

4 3 % 3 % 4 % 4 % 5 % 3 % 3 % 2 %

… … … … … … … … …

9+ 9 % 9 % 9 % 7 % 7 % 8 % 8 % 5 %

N 6832 1002 1037 1101 1026 1059 959 648

Effizienz 72,7 % 73,6 % 76,1 % 73,5 % 76,8 % 76,5 % 69,4 % 62,6 %

Zum Teil konträre Gründe erklären die niedrigere Effizienz an Montagen. So finden am Wochenstart viele Terminvereinbarungen statt (siehe Tabelle 5), die zu einer großen Anzahl an Interviews mit einem hohen Replikatsalter führen. Zudem werden übermäßig viele Interviews mit Nummern generiert, die am Freitag bis Sonntag davor aktiviert wurden.

Tabelle 5: Wochentagsspezifische Tagesausschöpfungen

Wochentag Durchschnittliche An-zahl von Interviews

Anteil Interviews aus Terminvereinbarung

Anteil Interviews aus direkter & fester Terminvereinbarung

Montag 128,3 38,2 % 8,2 %

Dienstag 136,0 39,5 % 7,3 %

Mittwoch 131,1 41,9 % 7,8 %

Donnerstag 125,7 40,1 % 6,4 %

Freitag 129,2 38,3 % 7,6 %

Samstag 118,6 30,7 % 4,0 %

Sonntag 91,3 19,5 % 3,2 %

Gesamt 123,4 36,5 % 6,6 %

In der Studie 2009 schwankten die RCS-Tageseffizienzen zwischen 42 % und 64 %. Die Gesamt-RCS-Effizienz lag bei 58,6 %. Damit besitzen die Daten der aktuellen Studie eine wesentlich höhere Struk-turgleichheit, wenn sie auch niedriger ausfallen als 2013 (81,7 %).

Unsere Analysen zeigen zudem Schwankungen im Anteil der generierten Nummern pro Replikat. Zwar sind diese äußerst minimal, die Extremwerte liegen zwischen 83,5 % und 85,8 %. Dennoch würden konstante Werte die Strukturgleichheit weiter fördern.

4.2 Soziodemographische Strukturgleichheit Das Kernanliegen einer RCS-Studie besteht wie skizziert darin, eine Stichprobe zu realisieren, für deren Mitglieder nicht nur die Inklusion selbst, sondern auch der Tag, an dem sie interviewt werden, per Zufall bestimmt wird. Wenn dies gelingt, dürfen die Verteilungen demographischer Variablen im Feldverlauf nicht

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22/ Working Papers 172 - Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung

variieren. Die Tagesstichproben sollen ja strukturgleich sein. Systematische Trends dürfen nicht erkennbar werden, lediglich zufallsbedingte Fluktuationen sind zulässig. Inwieweit dies in der praktischen Umsetzung der RCS-Studie zur Bundestagswahl 2017 gelungen ist, wird im Folgenden anhand von sechs soziodemo-graphischen Merkmalen aufgezeigt. Hierfür betrachten wir zunächst Trendplots mit demographischen Merk-malsanteilen bzw. Mittelwerten. Eine solche Analyse auf der Ebene einzelner Stichprobentage ist aufgrund relativ kleiner Tagesstichproben allerdings mit einem recht großen Zufallsfehler behaftet. Diesem wird mit dem LOWESS-Glättungsverfahren mit einer Bandbreite von 0,5 entgegengewirkt (vgl. Cleveland 1994).

Abbildung 7: Verteilungsstabilität demographischer Merkmale

Abbildung 7 zeigt, dass die Verteilungen des Lebensalters (Anteil der Befragten unter 60 Jahre), des Ge-schlechts, der Schulbildung (Hochschul- bzw. Fachhochschulreife), des Erwerbsstatus (Vollzeit erwerbstä-tig), der regionalen Herkunft der Befragten (Wohnort in den neuen Bundesländern), sowie der Konfessionszugehörigkeit (römisch-katholisch) über den gesamten Erhebungszeitraum hinweg grundsätz-lich gleichgeblieben sind. Allenfalls sind minimale Abweichungen erkennbar.

In Ergänzung zur graphischen Analyse haben wir diese Ergebnisse auch inferenzstatistisch abgesichert. Für alle möglichen Paare von Tagesstichproben (mit Ausnahme der ersten sieben Feldtage) haben wir den Anteil der oben genannten Merkmale mittels logistischer bzw. für das mittlere Alter mittels linearer Regres-sionen in den beiden jeweils betrachteten Tagesstichproben verglichen. In die Modelle haben wir jeweils neben der Konstanten nur eine einzige Indikatorvariable einfließen lassen, die die Zugehörigkeit zu einer der beiden jeweils verglichenen Tagesstichproben anzeigt. In Tabelle 6 sind die Anteile signifikanter Abwei-chungen zwischen jeweils zwei Feldtagen an sämtlichen Zweier-Kombinationen von Tagesstichproben dar-gestellt. Eine signifikante Abweichung liegt dann vor, wenn der Koeffizient der Indikatorvariablen, die zwischen den beiden Feldtagen trennt, außerhalb des 95-Prozent-Konfidenzintervalls liegt. Rein zufallsbe-dingt würde man in bis zu fünf Prozent aller Kombinationen von Feldtagen Abweichungen erwarten.

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Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 /23

Tabelle 6: Demographische Merkmale: Tagespaarvergleiche (Anteile signifikanter Abweichungen im Tagespaarvergleich (p < .05); Angaben in Prozent)

alle Wochentage ohne Wochenenden Geschlecht 1,4 1,0 Alter 5,9 5,5 Schulbildung: Hoch 1,0 1,5 Erwerbsstatus: Vollzeit 5,1 2,9 Region: Neue Bundesländer

3,2 3,8

Religion: Katholisch 1,3 0,8 Anzahl Paare 1485 780

Die Tabelle zeigt lediglich für das Alter und den Erwerbsstatus eine geringfügige Überschreitung der 5-Prozent-Marge. Schließt man die Wochenenden aus, an denen besondere Bedingungen herrschen, weil bestimmte Bevölkerungsgruppen, insbesondere Berufstätige, leichter zu erreichen sind als unter der Woche, gleichzeitig aber die Befragungsbereitschaft insgesamt sinkt, so verbessert sich der Wert für den Erwerbs-status deutlich. Allerdings erhöhen sich die Abweichungen bei der Schulbildung und den neuen Bundeslän-dern leicht. Diese Ergebnisse sind insgesamt zufriedenstellend, beruht doch der Großteil der Abweichungen auf zufälligen Schwankungen der sozialstrukturellen Merkmale.

5. Ausgewählte Befunde Der nachfolgende Abschnitt diskutiert einige exemplarische Befunde zum Bundestagswahlkampf 2017, um das Analysepotenzial der RCS-Daten zu veranschaulichen. Vermochte es der Wahlkampf, die Bürger zu mobilisieren, wählen zu gehen? Wie stabil bzw. volatil waren ihre politischen Orientierungen während des Wahlkampfs?

Abbildung 8: Mobilisierung im Wahlkampf

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Um die Veränderung von Einstellungen, Wahrnehmungen, und Präferenzen der Bürger über den Wahl-kampf hinweg darstellen zu können, wurden tageweise nach Schulbildung und Auswahlwahrscheinlichkeit gewichtete Durchschnittswerte berechnet. Die Tagesmittelwerte wurden mittels pönalisierter kubischer Re-gressions-Splines geglättet (Wood 2017), um so eine Trennung zwischen tagesspezifischen Zufallsschwan-kungen und zugrunde liegenden Trends zu erreichen. Mit Hilfe dieses Verfahrens wurden darüber hinaus 95 %-Konfidenzbänder sowie Perioden signifikanter Veränderung bestimmt (Partheymüller 2017). Die Zeit-räume, in denen die Daten statistisch abgesicherte Veränderungen erkennen lassen, sind in den Trendlinien fett hervorgehoben.

Betrachten wir zunächst die Veränderungen politischer Mobilisierung über den Wahlkampf hinweg. In Abbil-dung 8 sind unterschiedliche wahlkampfbezogene Indikatoren politischer Mobilisierung im Zeitverlauf abge-tragen. Interessierten sich Anfang August lediglich 40 Prozent der Befragten stark oder sehr stark für den Wahlkampf, so stieg dieser Anteil in den vier Wochen vor der Wahl signifikant auf deutlich mehr als 50 Prozent an. Das im August vergleichsweise höher liegende allgemeine Politikinteresse hingegen veränderte sich über den beobachteten Zeitraum in der Bevölkerung nicht. Ein leicht positiver Trend lässt sich ebenfalls für die Wichtigkeit, die dem Wahlergebnis von den Bürgern zugeschrieben wurde, feststellen. Anders als beim Wahlkampfinteresse, dessen Veränderung über vier Wochen lang andauerte, war der signifikante An-stieg der Wichtigkeit des Wahlergebnisses auf einen relativ engen Zeitraum um das TV-Duell der Kanzler-kandidaten (3. September) herum beschränkt. Auch im Anteil der unentschlossenen Wähler drückt sich die Mobilisierungswirkung des Wahlkampfes aus. Dieser belief sich anfänglich auf etwa 30 Prozent für die Zweit-stimmen und sogar 40 Prozent für die Erststimmen, verringerte sich aber in den letzten vier Wochen vor der Wahl kontinuierlich. Für die subjektive Sicherheit der Wahlpräferenz unter denjenigen Wählern, die sich mit ihrer Zweitstimme bereits auf eine Partei festgelegt hatten, deutet sich über den Wahlkampf hinweg ebenfalls ein leicht positiver Trend an, der allerdings nicht statistisch abgesichert ist. Keine Mobilisierungswirkung zeigte sich jedoch mit Blick auf die Wahlbeteiligung; der Anteil derjenigen, die sich eine Wahlenthaltung vorstellen konnten, blieb – anders als bei den Bundestagswahlen 2009 und 2013 (Krewel et al. 2011, Partheymüller 2014) – während des gesamten Wahlkampfes auf konstantem Niveau.

Abbildung 9: Einzug der kleinen Parteien in den Bundestag

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Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 /25

Frühere RCS-Studien zu Bundestagswahlen hatten ergeben, dass die Erwartungen hinsichtlich des Einzugs der kleinen Parteien in den Bundestag oder bezüglich der nächsten Regierungskoalition im Laufe des Wahl-kampfs einer erheblichen Dynamik unterworfen waren (Faas und Schmitt-Beck 2007, Krewel et al. 2011, Partheymüller 2014). Galt dies auch für den Bundestagswahlkampf 2017? In Abbildung 9 sind die von den Bürgern wahrgenommenen Einzugswahrscheinlichkeiten der kleinen Parteien in den Bundestag über den Wahlkampf hinweg abgetragen. Über 75 Prozent der Befragten hielten den Einzug der Grünen in den Bun-destag für wahrscheinlich oder sicher. Über den gesamten Wahlkampf hinweg zeichnet sich diese Einschät-zung als höchst stabil aus: Es ist kein Anstieg oder Abfall der Trendlinie erkennbar, überdies deutet das sehr enge Konfidenzband an, dass die tageweisen Schwankungen dieser Erwartungen sehr gering waren. Ähn-lich verhält es sich bei der Linken: Knapp 70 Prozent der Befragten hielten den Einzug der Linken in den Bundestag für wahrscheinlich oder sicher. Zwar deutet sich ein sehr leichter positiver Trend in den Erwar-tungen an, dieser scheint aber mit zwei Prozentpunkten relativ gering zu sein und ist nicht signifikant. Deut-lich mehr Veränderung unterworfen waren die Einzugserwartungen der Bürger hinsichtlich der FDP und der AfD, jener beiden Parteien also, die zu dieser Zeit nicht im Bundestag vertreten waren und nach erneutem (FDP) bzw. erstmaligem (AfD) Einzug strebten. Erwarteten etwa 65 Prozent der Befragten Anfang August, dass die FDP wahrscheinlich oder sicher in den Bundestag einziehen würde, so stieg dieser Anteil bis zur Wahl deutlich auf 75 Prozent; der markanteste – und statistisch abgesicherte – Teil des Anstiegs fand dabei erkennbar zwischen der dritten Augustwoche und der dritten Septemberwoche statt. Am stärksten aber ver-änderten sich über den Wahlkampf hinweg die Einzugserwartungen für die AfD. Bis zum 20. August erwar-tete nur etwa die Hälfte der Befragten, dass die AfD wahrscheinlich oder sicher in den Bundestag einziehen würde. Im darauffolgenden Zeitraum allerdings – der mit der AfD-Wahlkampftour zusammenfällt – stieg die-ser Anteil signifikant auf über 70 Prozent an, und erreichte damit vor der Wahl dasselbe Niveau wie für die FDP. Unmittelbar vor der Wahl unterschieden sich die Wahlerwartungen für die verschiedenen Parteien kaum noch.

Abbildung 10: Koalitionserwartungen

Abbildung 10 stellt die Entwicklung der Koalitionserwartungen im Zeitverlauf dar. Bereits am Anfang der Feldphase rechneten über 40 Prozent der Befragten mit einer Fortsetzung der Großen Koalition. Diese Er-wartung stieg insbesondere im Zeitraum vom 10. August bis 8. September signifikant auf 50 Prozent an; eine Fortsetzung dieses Positivtrends deutet sich bis zur Wahl hin an. Fast ein Viertel der befragten Bürger

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erwartete hingegen anfänglich eine schwarz-gelbe Koalition. Über den Feldverlauf hinweg sank allerdings die Erwartung eines Regierungsbündnisses aus CDU/CSU und FDP signifikant von 25 auf 15 Prozent, und spiegelt so relativ genau die verstärkte Erwartung einer erneuten Großen Koalition wider. Ein Jamaika-Bündnis aus Unionsparteien, Grünen, und FDP erwarteten stets nicht mehr als drei Prozent der Befragten. Allen übrigen Koalitionsoptionen, etwa einer Rot-Grünen Koalition oder einer Koalition unter Beteiligung der AfD, wurden ebenfalls kaum Chancen eingeräumt, und sie verblieben über den gesamten Zeitraum im nied-rigen Ein-Prozent Bereich. In den Augen der Wählerschaft erschienen somit nur zwei Koalitionsoptionen realistisch: die Große Koalition und Schwarz-Gelb. Allerdings änderten sich auch diese Erwartungen wäh-rend des Wahlkampfes stark.

Die relativ geringen Schwankungen der Koalitionserwartungen im Zeitverlauf dürften in hohem Maße auch darauf zurückzuführen sein, dass die kleinen Parteien, insbesondere FDP und Grüne, über den Wahlkampf hinweg in veröffentlichten Meinungsumfragen über der Fünf-Prozent-Hürde lagen (Arzheimer 2017).8 Wei-terhin schienen weder SPD noch CDU/CSU genug Stimmen auf sich vereinen zu können, um eine „kleine Koalition“ mit einer ihnen ideologisch nahe stehenden Partei bilden zu können. Es könnten also, wie auch schon bei früheren Wahlen, veröffentlichte Meinungsumfragen eine bedeutsame Rolle für die Erwartungs-bildung der Bürger gespielt haben, das heißt in diesem Fall den relativ stabilen Verlauf der Erwartungen zusätzlich gefestigt haben (Faas und Schmitt-Beck 2007, Faas et al. 2008, Hoffmann und Klein 2013). 2017 erschienen die Koalitionserwartungen deutlich stabiler als in den vorangegangenen Bundestagswahlen 2005 bis 2013. Dies liegt vermutlich zum Teil an den relativ niedrigen Stimmenanteilen von CDU/CSU und SPD, die „kleine Koalitionen“ aus Sicht der Bürger erschwerten, zum Teil aber auch an der Tatsache, dass während des gesamten Wahlkampfs der Einzug der kleinen Parteien in den Bundestag kaum infrage stand.

Abbildung 11: Koalitionspräferenzen

8 Eine Übersicht über alle veröffentlichten Meinungsumfragen zur Bundestagswahl findet sich auf http://www.wahlrecht.de/umfragen/in-

dex.htm.

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Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 /27

Zusätzlich zu den Koalitionserwartungen wurden die Befragten auch um Bewertungen der unterschiedlichen öffentlich diskutierten Koalitionsoptionen gebeten. Wie in Abbildung 11 erkennbar, wiesen von den zahlrei-chen Koalitionen, die 2017 thematisiert wurden, lediglich zwei positive Bewertungen auf, eine Große Koali-tion sowie eine Koalition aus CDU/CSU und FDP – diejenigen Parteienkooperationen also, die auch als einzige für die große Mehrheit der Wähler vorstellbar waren. Insbesondere die Große Koalition, die bereits zu Beginn des Beobachtungszeitraums populärer war als die Alternative einer schwarz-gelben Koalition, gewann im Wahlkampf noch signifikant an Popularität. Die Einschätzungen einer schwarz-gelben Koalition änderten sich im Wahlkampfverlauf hingegen nicht. Die Urteile über Schwarz-Grün, „Ampel“ und „Jamaika“ lagen nicht weit auseinander und allesamt im negativen Bereich der Skala. Wie an der fett hervorgehobenen Trendlinie erkennbar, wurde die „Jamaica“-Option in der heißen Wahlkampfphase ab Ende August von den Bürgern zunehmend wohlwollender gesehen und überholte immerhin die „Ampel“-Variante einer Regie-rungszusammenarbeit. Dennoch kamen die Bewertungen dieses – unerprobten, aber nach der Wahl zu-nächst wochenlang verfolgten – Koalitionsmodells niemals in die Nähe der Urteile über die beiden Optionen der Großen und der christlich-liberalen Koalition, die den Wählern aus vorangegangenen Amtsperioden schon bekannt waren. Die Einbindung der Linken in eine „rot-rot-grüne“ Bundesregierung wurde im Ver-gleich dazu negativer beurteilt, jedoch bei Weitem nicht mehr so negativ wie noch 2013. Mit Abstand am wenigsten von den Bürgern erwünscht war eine Koalition unter Einschluss der AfD. Über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg wies diese Option die negativsten Bewertungen auf. Das enge Konfidenz-band deutet weiterhin auf ein konstant einhelliges Meinungsbild mit sehr geringen täglichen Schwankungen hin.

Abbildung 12: Bewertungen der Spitzenpolitiker

Populäre Spitzenkandidaten stellen für Parteien ein wichtiges Kapital dar (Wagner 2014). Abbildung 12 stellt die Bewertungen des Spitzenpersonals derjenigen Parteien dar, die seit der Wahl im Bundestag vertreten sind. Wie bereits 2009 und 2013 weist Bundeskanzlerin Merkel (CDU/CSU) sehr hohe Popularitätswerte auf. Besonders auffällig ist zudem die sehr große Stabilität ihrer Popularität über den gesamten Wahlkampf hinweg: Das sehr enge 95 %-Konfidenzband deutet darauf hin, dass die täglichen Bewertungen von Angela Merkel sich von Tag zu Tag kaum unterschieden. Die Beurteilungen von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz

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fallen im Vergleich deutlich niedriger aus. Bis Ende August verblieben die Werte stabil auf einem vergleichs-weise niedrigen, wenngleich noch positiven Niveau. Über einen langen Zeitraum waren Schulz’ Populari-tätswerte kaum von denen von Grünen-Kandidat Cem Özdemir und FDP-Kandidat Christian Lindner unterscheidbar. Insbesondere am Anfang des Wahlkampfes schien Schulz sogar negativer bewertet zu wer-den als Lindner und Özdemir. Erst Ende August, mit Beginn der „heißen Phase“ des Wahlkampfs stiegen Schulz’ Popularitätswerte deutlich an. Die fett hervorgehobene Trendlinie zeigt, dass dieser signifikante An-stieg bis fünf Tage vor der Wahl anhielt; auf dem dann erreichten Niveau verharrten die Werte schließlich für den restlichen Wahlkampf. Falls dieser Anstieg etwas mit dem TV-Duell am 3. September zu tun hatte, wurde er schon durch die antizipatorische Vorberichterstattung zu diesem Ereignis ausgelöst. Özdemirs Werte hingegen blieben über die gesamte Feldzeit unverändert. Analog verhielt es sich mit den Populari-tätswerten von FDP-Chef Lindner. Es deutet sich zwar ein leichter positiver Trend an, allerdings ist dieser statistisch nicht abgesichert. Linken-Kandidatin Sahra Wagenknecht weist im Vergleich zu den Kandidaten von SPD, Grünen, und FDP insgesamt niedrigere Popularitätswerte auf. Wie an der fett hervorgehobenen Trendlinie erkennbar verbesserten sich aber ihre Werte von Ende August bis kurz vor der Wahl deutlich, am 23. September lagen sie fast gleichauf mit denen von Lindner und Özdemir. Gleichzeitig deutet das verhält-nismäßig breite Konfidenzband um Wagenknechts Trendlinie größere Tagesschwankungen an als bei den übrigen Spitzenpolitikern. Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry weist von allen Kandidaten die negativsten Be-wertungen auf, und diese veränderten sich im Verlauf des Wahlkampfs auch kaum. Insgesamt ist festzu-stellen, dass die Kandidatenbewertungen im Wahlkampfverlauf überwiegend stabil waren (besonders für Merkel, Özdemir und Petry). Soweit Dynamiken feststellbar sind, beschränken sich diese ausschließlich auf die „heiße Phase“ des Wahlkampfs.

Abbildung 13: Kanzlerpräferenz

Der große Vorsprung der Unions-Kandidatin und amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel vor ihrem sozialdemokratischen Herausforderer Martin Schulz in der Wertschätzung der Wähler übersetzte sich auch in entsprechende Kanzlerpräferenzen (siehe Abbildung 13). Rund 60 Prozent der Wähler bevorzugten wäh-rend des gesamten Wahlkampfes die Amtsinhaberin. Allerdings konnte Schulz seinen Rückstand etwas ausgleichen. Dieser Aufholprozess begann – vermutlich in Gang gesetzt durch die Vorabberichterstattung über das TV-Duell und das Fernsehereignis selbst – Ende August und dauerte bis eine Woche vor der Wahl

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Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 /29

an; bis zur Wahl veränderten sich Schulz‘ Werte dann allerdings nicht mehr. Trotz Schulz‘ Zugewinn betrug der Vorsprung der Kanzlerin auch unmittelbar vor der Wahl noch immer deutlich über 20 Prozentpunkte.

Bei Wahlen spielen nicht nur Kandidaten- und Kanzlerpräferenzen eine Rolle für das Entscheidungsverhal-ten, sondern auch Einschätzungen der retrospektiven Leistungen der (Regierungs-)Parteien in der vergan-genen Legislaturperiode (Healy und Malhotra 2013), ebenso wie prospektive Einschätzungen der Kompetenz, wichtige Probleme lösen zu können (Green und Jennings 2017). Abbildung 14 bildet die rück-blickenden Performanzbewertungen für die noch amtierende Bundesregierung sowie die einzelnen Regie-rungsparteien im Wahlkampf 2017 ab. Während die Bürger die Bundesregierung insgesamt überwiegend positiv bewerteten, zeigen sich für die einzelnen Regierungsparteien differenzierte Bewertungen. Die CDU beispielsweise wurde – wie schon 2013 – über den ganzen Wahlkampf hinweg positiver als die Bundesre-gierung insgesamt bewertet, Veränderungen im Zeitverlauf sind dabei nicht festzustellen. Deutlich schlech-ter, wenngleich immer noch positiv, fielen im Vergleich dazu die Bewertungen der CSU aus. Ähnlich wie bei der CDU blieben diese über den Wahlkampf hinweg gleich. Bei den Bewertungen der SPD hingegen zeigen sich bemerkenswerte Veränderungen. Anfang August waren die Bewertungen von SPD und CSU statistisch nicht unterscheidbar. Ab der letzten Augustwoche verbesserten sich die Werte der SPD jedoch deutlich und näherten sich schließlich jenen der CDU so stark an, dass sie kurz vor der Wahl von deren sehr guten Bewertungen nicht mehr statistisch unterscheidbar waren. Anscheinend konnte die SPD in der heißen Wahl-kampfphase, insbesondere in den Wochen kurz vor und nach dem TV-Duell, den Bürgern vermitteln, dass sie einen positiven Beitrag zur Regierungsperformanz geleistet hatte.

Abbildung 14: Performanz der Bundesregierung und der Regierungsparteien

Von zentraler Bedeutung für die Bewertung der Regierungsleistung ist die Wirtschaftslage. Generell gilt: Je besser die Wirtschaftslage, desto besser die Leistungsbewertungen der Regierungsparteien (Lewis-Beck und Stegmaier 2013). Allgemein hat sich die Wirtschaft in den vergangenen Jahren in Deutschland sehr gut entwickelt. Wie in Abbildung 15 ersichtlich, waren sich die Bürger im Wahlkampf der sehr guten Wirtschafts-lage auch wohl bewusst: Nahezu zwei Drittel der Wähler schätzten die eigene sowie die allgemeine Wirt-schaftslage als „gut“ oder sogar „sehr gut“ ein. Rund die Hälfte nahm rückblickend eine Verbesserung der

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allgemeinen Wirtschaftslage im vorangegangenen Jahr wahr. Angesichts der positiven Entwicklung und er-reichten vorzüglichen Wirtschaftslage kann es kaum verwundern, dass anfänglich nur eine Minderheit von rund einem Fünftel eine weitere Verbesserung im Folgejahr erwartete. Allerdings erhöhte sich dieser Anteil im Verlauf des Wahlkampfes noch einmal deutlich. Vor allem in den Tagen um das TV-Duell der Kanzler-kandidaten herum führte der Wahlkampf zu einer spürbaren, statistisch abgesicherten Zunahme des wirt-schaftlichen Optimismus in Deutschland.

Abbildung 15: Wahrgenommene Wirtschaftslage

Abbildung 16: Bewertungen der Sachfragenkompetenz

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Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 /31

Neben der retrospektiv betrachteten Performanz in der vorangegangenen Amtsperiode spielt für die Bürger bei der Wahl auch die Kompetenz der Parteien eine Rolle, in der Zukunft diejenigen Probleme zu lösen, die sie als besonders wichtig empfinden. Abbildung 16 zeigt die Entwicklung der Sachfragenkompetenz im Bun-destagswahlkampf 2017. Wie schon bei den vorangegangenen Bundestagswahlen 2009 und 2013 wurde insbesondere den großen Parteien CDU/CSU und SPD Kompetenz zur Lösung des wichtigsten politischen Problems in Deutschland zugesprochen; die FDP wies im gesamten Zeitverlauf besonders niedrige Kom-petenzwerte auf. Die Union wurde zu Beginn der Beobachtungsperiode von 40 Prozent der Befragten für die kompetenteste Partei gehalten, und verfügte damit über einen deutlichen Kompetenzvorsprung von 25 Prozentpunkten gegenüber der SPD. Im Verlauf des Wahlkampfes verringerte sich dieser allerdings deut-lich: Die Kompetenzbewertungen der SPD stiegen über den gesamten Zeitraum von 15 auf 25 Prozent-punkte, wobei eine besonders intensive, statistisch signifikante Veränderung zwischen dem 10. August und dem 7. September zu beobachten ist. Gleichzeitig sanken die Kompetenzwerte der CDU/CDU ab Ende August in der „heißen Phase“ des Wahlkampfes sehr deutlich um acht Prozentpunkte ab. Kurz vor der Wahl lag somit die Differenz der Kompetenzbewertungen zwischen CDU/CSU und SPD bei unter acht Prozent-punkten. Beachtenswert ist dabei auch, dass der Anteil derjenigen, die keine Partei für kompetent hielten, bis Mitte August höher war als der Anteil derjenigen, die die SPD für kompetent hielten. Insgesamt sank der Anteil derjenigen, die keine Partei für kompetent hielten, während des Wahlkampfes lediglich um fünf Pro-zentpunkte. Bei den kleinen Parteien wiesen sowohl die Linke als auch die FDP signifikante Veränderungen der zugesprochenen Sachfragenkompetenz auf. So stieg die Sachfragenkompetenz der Linken ab Anfang September von fünf Prozentpunkten auf fast zehn Prozent kurz vor der Wahl an; die größte Veränderung fiel zeitlich deutlich mit der intensiven Wahlkampfphase der Linken (beginnend am 1. September) zusam-men. Bei der FDP zeigte sich im August eine leichte Abnahme der Sachfragenkompetenz, die bis zur Wahl allerdings wieder auf ihr Ausgangsniveau anstieg. Auch hier scheint der (signifikante) Anstieg mit dem Wahl-kampfstart der FDP am 8. September zusammenzufallen. Insgesamt wird deutlich, dass die Parteien im Wahlkampf unterschiedlichen Dynamiken unterworfen waren, die sich in Zeitpunkt, Dauer, und Ausmaß je nach Partei deutlich unterscheiden.

Abbildung 17: Wahrgenommene Position zur Zuwanderung

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Ausgelöst durch die Flüchtlingskrise des Herbstes 2015 stand die Thematik der Zuwanderung im Wahlkampf 2017 ganz oben auf der Rangliste der wichtigsten Probleme der deutschen Politik. Im dem Maße, in dem solche Streitfragen in Wahlentscheidungen einfließen, wird wichtig, wie die Wähler die Positionen der Par-teien relativ zu ihren eigenen Positionen wahrnehmen. Abbildung 17 trägt die von den Bürgern wahrgenom-menen Positionen der Parteien zum Issue Zuwanderung ab, ebenso wie die von den Bürgern geäußerte eigene Position zu dieser Streitfrage. Der Wert 1 auf der Skala bedeutet, dass die Zuzugsmöglichkeiten für Ausländer erleichtert werden sollen; 11 heißt hingegen, dass die Zuzugsmöglichkeiten für Ausländer einge-schränkt werden sollen. Bemerkenswerterweise haben sich die Wähler selbst im Schnitt genau in der Mitte dieser Skala lokalisiert. Auf derselben Position standen in ihrer Wahrnehmung sowohl die CDU als auch die FDP. Die SPD wurde geringfügig näher am zuwanderungsfreundlichen Pol gesehen, gefolgt von der Linken und schließlich den Grünen (deren wahrgenommene Positionen über die Zeit zudem ohne klare Tendenz oszillierten). Zwischen diesen Parteien nahmen die Wähler keine sehr großen Unterschiede wahr. Deutlich größer waren die von den Bürgern wahrgenommenen Unterschiede auf der eher zuwanderungskritischen Seite der Skala. Sehr klar und über die Zeit konstant wurde die AfD von den Wählern weit außen wahrge-nommen. Die CSU nahm eine Position zwischen der AfD und der CDU wahr. Allerdings kam es im Verlauf des Wahlkampfes zu einer leichten (und statistisch signifikanten) Konvergenz der Wahrnehmungen der Uni-onsparteien; direkt vor der Wahl hatte sich die CSU der CDU aus Sicht der Wähler deutlich angenähert. Alle anderen Einschätzungen blieben während des Wahlkampfes stabil.

Abbildung 18: Entwicklung der Erststimmen-Wahlabsicht

Betrachten wir nun noch die Entwicklung der Wahlabsichten im Verlauf des Wahlkampfes. Abbildung 18 zeigt, wie sich die Erststimmen-Wahlabsichten im Wahlkampf entwickelt haben (unter Einschluss der unent-schlossenen Wähler, deren Entwicklung Abbildung 8 zu entnehmen ist, in die Prozentuierungsbasis). Deut-lich erkennbar wollte zu Beginn des Beobachtungszeitraums ein Viertel der Befragten die Union wählen. Über die Zeit deutet sich ein positiver Trend an, sodass die Wahlabsichten am Tag vor der Wahl um etwas über fünf Prozentpunkte höher lagen (jedoch ist der Trend nicht statistisch signifikant). SPD-Kandidaten beabsichtigten über den gesamten Wahlkampf hinweg konstant rund 18 Prozent der Befragten zu wählen. Kleine Parteien erhalten regelmäßig nur relativ wenige Erststimmen. Diese Parteien wiesen Anfang August alle sehr ähnliche Erststimmen-Wahlabsichten von unter fünf Prozent auf, die sich – bis auf die Linke – über

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Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 /33

den Wahlkampf hinweg auch nicht veränderten. Wie an der fett hervorgehobenen Trendlinie erkennbar, gewann die Linke hingegen von Anfang September bis eine Woche vor der Wahl ungefähr drei Prozent-punkte hinzu und stabilisierte sich dann bis zur Wahl bei etwa acht Prozent.

In Abbildung 19 ist die Entwicklung der Wahlabsichten für die Zweitstimmen abgetragen (Prozentuierung wiederum unter Einschluss der in Abbildung 8 gesondert ausgewiesenen unentschlossenen Wähler). Ins-gesamt sind nur wenige statistisch signifikante Änderungen zu sehen. Die CDU/CSU wies mit über 25 Pro-zent von allen Parteien die größte Unterstützung bei den Wählern auf. Diese anfängliche schon hohe Unterstützung stieg während der gesamten beobachteten Zeit bis zur Wahl nur noch sehr leicht an. Die SPD-Wahlabsicht blieb trotz leicht positiven – aber gleichfalls insignifikanten – Trends über den gesamten Wahlkampf hinweg in etwa auf dem gleichen Niveau. Die positiven Trends in den Kandidaten-, Kompetenz- und Leistungsbewertungen übersetzten sich offenbar nicht in zusätzliche Wählerstimmen für die Sozialde-mokraten. Die Wahlabsichten für die Grünen und die AfD verliefen über den gesamten Wahlkampf ebenfalls sehr stabil; sie lagen bei acht bzw. sechs Prozent der Befragten. Deutlich mehr Dynamik ist dafür bei der Linken und der FDP erkennbar. Bis Mitte August etwa wies die Linken-Wahlabsicht einen leicht negativen Trend auf; erst Anfang September, zu Beginn der intensiven Wahlkampfphase der Linken (Auftaktkundge-bung am 1. September), kehrte sich dieser Trend signifikant um. Besonders in der ersten Septemberhälfte fiel der Anstieg der Linken-Wahlabsicht stark aus. Ihr Zuspruch wuchs um insgesamt fünf Prozentpunkte. Die Wahlabsicht der FDP zeichnete sich durch einen ähnlichen Aufwärtstrend aus; auch hier fiel die dyna-mische Phase signifikanter Veränderung mit dem Beginn der heißen Wahlkampfphase der FDP (am 8. Sep-tember) zusammen. So konnte die FDP über den Wahlkampf hinweg einen Zuwachs von fünf Prozentpunkten verbuchen.

Abbildung 19: Entwicklung der Zweitstimmen-Wahlabsicht

Die berichteten Befunde zeigen, dass sich der Bundestagswahlkampf 2017, wie bereits 2013, durch ein „Gefüge von Stabilität und Dynamik auszeichnet“ (Partheymüller et al. 2013). Aufgrund der relativ niedrigen Stimmenanteile von CDU/CSU und SPD, die die Bildung klassischer „kleiner“ Koalitionen erschwerten, er-wartete ein Großteil der Bürger eine Fortsetzung der Großen Koalition. Die Einstellungen der Bürger zum politischen Spitzenpersonal, zur Leistung der Regierungsparteien, sowie Kompetenzbewertungen aller Par-teien zeichneten sich über einen langen Zeitraum durch große Stabilität aus. Erst in der „heißen Phase“ des

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Wahlkampfes zeigten sich dynamische Veränderungen. Ähnlich traten Änderungen in den Partei-Wahlab-sichten erst in ebenjener Phase zutage. Zusammengenommen zeigen die Befunde, dass der Bundestags-wahlkampf 2017 einen spürbaren Einfluss auf die Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse der Bürger ausgeübt hat. Angesichts der generell niedrigen Stimmenanteile der großen Parteien und der daraus folgenden Schwierigkeit, kleine Koalitionen zu bilden, war der Spielraum für einen partiellen Regierungs-wechsel relativ begrenzt, ein vollständiger Regierungswechsel aufgrund der großen Koalition unmöglich. Weiterhin ließen sehr gute Kandidatenbewertungen für die CDU/CSU Kandidatin, ebenso wie positive Leis-tungsbewertungen und sehr hohe Kompetenzbewertungen eine Koalition ohne Beteiligung der CDU/CSU äußerst unwahrscheinlich erscheinen.

6. Fazit RCS-Umfragen sind in hohem Maße dazu geeignet, die Dynamik von Wahlkämpfen einzufangen und abzu-bilden. Die tagesgenaue Beobachtung erlaubt es, Effekte (und auch ihre Dauerhaftigkeit) von vorhersehba-ren und unvorhersehbaren Ereignissen auf die Entwicklung der öffentlichen Meinung zu untersuchen. Die hohe zeitliche Auflösung ermöglicht es darüber hinaus, Daten aus anderen Quellen sehr genau den Umfra-gedaten hinzuzuspielen. Die zeitliche Reihenfolge von Ursache und Wirkung kann so präzise ermittelt wer-den, so dass eine kausale Interpretation der Effekte begünstigt wird. Anhaltspunkte über die zugrundeliegenden intraindividuellen Prozesse können zusätzlich mit Hilfe der begleitenden Nachwahl-Pa-nelwelle gewonnen werden.

Die praktische Umsetzung des RCS-Designs erfordert die systematische Abarbeitung eines festen Kontakt-schemas sowie ein durchgehendes und detailliertes Monitoring des täglichen Feldgeschehens. Kontinuier-lich muss evaluiert werden, ob der gewählte Bruttoansatz angemessen ist, und gegebenenfalls müssen rasch und wiederholt Anpassungen vorgenommen werden. Die Interviewbereitschaft am Wochenende, ins-besondere an Sonntagen, ist deutlich geringer als an Werktagen. Damit die Anzahl der realisierten Inter-views an den Wochenenden nicht zu stark absinkt, ist ein höherer Nummerneinsatz erforderlich, der jedoch mit Bedacht auf die Strukturgleichheit der Tagesstichproben gewählt werden muss.

Die RCS-Studie zur Bundestagswahl 2017 hat die Anforderungen dieses Designs in hoher Qualität umge-setzt. Die Feldverläufe der RCS-Wahlkampfstudie und der Nachwahl-Panelwelle zur Bundestagswahl 2017 verliefen beinahe idealtypisch: Ausgedehnt über einen Zeitraum von 62 Tagen wurden während der Vor-wahlzeit tägliche Stichproben realisiert mit einem Umfang von durchschnittlich 123 Wahlberechtigten; die Nachwahl-Panelwelle konnte zügig nach der Wahl eingeholt werden. Die Dauer und Kontaktfrequenz bis zur Realisierung des Interviews stellte sich ähnlich wie bei früheren RCS-Studien dar, wenn auch insgesamt weniger Kontaktversuche zur Verfügung standen. Der Kontaktalgorithmus wurde nahezu in Perfektion ein-gehalten, wozu ein enges Monitoring entscheidend beigetragen hat. Die Analysen zur Strukturgleichheit zeigen eine gleichmäßige Durchmischung der einzelnen Tagesstichproben mit leicht und schwer erreichba-ren Personen. Auch sind im Hinblick auf soziodemographische Merkmale nur geringfügige Abweichungen feststellbar. Die Tagesstichproben haben sich also in hohem Maße als strukturgleich erwiesen.

Analysen zur Entwicklung einiger ausgewählter Orientierungen im Wahlkampf lassen ein komplexes Ge-samtbild von Stabilität und Dynamik erkennen. Sowohl politische Wahrnehmungen als auch Einstellungen scheinen durch das Wahlkampfgeschehen beeinflusst worden zu sein. In vielen Fällen zeigten sich dabei kandidaten- bzw. parteispezifische Effekte. Insbesondere in der ereignisreichen „heißen Phase“ der letzten vier Wochen vor der Wahl lassen sind deutlich Prozesse der Meinungsbildung und des Meinungswandels erkennen. Obwohl der Wahlkampf von vielen Beobachtern als sehr ruhig, wenn nicht sogar als langweilig charakterisiert wurde, so ist dennoch festzustellen, dass der Wahlkampf die Wähler in der Endphase spürbar

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Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 /35

erreicht und einiges in Bewegung gesetzt zu hat. Die vorliegenden Befunde deuten stark darauf hin, dass der „heißen Phase“ des Wahlkampfes zur Bundestagswahl 2017 die größte Bedeutung für die Kristallisation der Wählerpräferenzen zukommt.

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Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 /37

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38/ Working Papers 172 - Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung

Anhang Abbildung A1: Tagesfallzahlen RCS-Studie 2017 (im Vergleich zur Nachwahlwelle) – Festnetz/Mobil-funk

Abbildung A2: Realisierte Fallzahlen und Ausschöpfung aus Replikaten – Festnetz/Mobilfunk

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Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 /39

Abbildung A3: Anzahl der Kontaktversuche bis zum Interview – Festnetz/Mobilfunk

Abbildung A4: Tage zwischen realisiertem Interview und Replikatfreigabe – Festnetz/Mobilfunk

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40/ Working Papers 172 - Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung

Abbildung A5: Interviewverlauf der Panelwelle

Abbildung A6.1: Anteil von Replikaten an den täglichen Interviews nach Alter der Replikate – Festnetz

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Kampagnendynamik bei der Bundestagswahl 2017 /41

Abbildung A6.2: Anteil von Replikaten an den täglichen Interviews nach Alter der Replikate – Mobilfunk

Abbildung A7.1: Verteilungsstabilität demographischer Merkmale - Festnetz

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42/ Working Papers 172 - Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung

Abbildung A7.2: Verteilungsstabilität demographischer Merkmale - Mobilfunk

Tabelle A6.1: Demographische Merkmale: Tagespaarvergleiche (Anteile signifikanter Abweichungen im Tagespaarvergleich (p < .05); Angaben in Prozent) – Festnetz

alle Wochentage ohne Wochenenden Geschlecht 2,6 2,2 Alter 6,1 5,6 Schulbildung: Hoch 1,6 3,1 Erwerbsstatus: Vollzeit 4,2 0,9 Region: Neue Bundesländer

2,2 3,9

Religion: Katholisch 1,8 1,5 Anzahl Paare 1485 780

Tabelle A6.2: Demographische Merkmale: Tagespaarvergleiche (Anteile signifikanter Abweichungen im Tagespaarvergleich (p < .05); Angaben in Prozent) – Mobilfunk

alle Wochentage ohne Wochenenden Geschlecht 0,9 0,8 Alter 2,2 2,6 Schulbildung: Hoch 5,9 8,2 Erwerbsstatus: Vollzeit 4,6 5,6 Region: Neue Bundesländer

2,7 1,2

Religion: Katholisch 0,6 0,8 Anzahl Paare 1485 780