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SONDERBEILAGE Zeigerpflanzen im Wirtschafts- grünland Autoren: Dr. Andreas BOHNER, Abteilung für Umweltökologie und DI Walter STARZ, Institut für Biologische Landwirtschaft Lehr- und Forschungszentrum für Land- wirtschaft Raumberg-Gumpenstein Diese Sonderbeilage zeigt die praktischen Einsatz- möglichkeiten von Zeiger- pflanzen in der Grünland- wirtschaft. Die wichtigs- ten Nährstoffzeiger, Ma- gerkeitszeiger, Bodenver- dichtungszeiger, Übernut- zungszeiger, Unternut- zungszeiger und Lücken- büßer werden dargestellt. Es handelt sich dabei um Arten, die im Gelände re- lativ leicht zu bestimmen sind und im Wirtschafts- grünland häufig und weit verbreitet vorkommen.

Zeigerpflanzen im Wirtschafts- grünland

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Page 1: Zeigerpflanzen im Wirtschafts- grünland

SONDER

BEILAG

E

Zeigerpflanzen im Wirtschafts-

grünland

Autoren: Dr. Andreas BOHNER, Abteilung für

Umweltökologie und DI Walter STARZ,Institut für Biologische Landwirtschaft

Lehr- und Forschungszentrum für Land-wirtschaft Raumberg-Gumpenstein

Diese Sonderbeilage zeigtdie praktischen Einsatz-

möglichkeiten von Zeiger-pflanzen in der Grünland-

wirtschaft. Die wichtigs -ten Nährstoffzeiger, Ma-gerkeitszeiger, Bodenver-

dichtungszeiger, Übernut-zungszeiger, Unternut-

zungszeiger und Lücken-büßer werden dargestellt.Es handelt sich dabei um

Arten, die im Gelände re-lativ leicht zu bestimmensind und im Wirtschafts-

grünland häufig und weitverbreitet vorkommen.

Page 2: Zeigerpflanzen im Wirtschafts- grünland

2 ZEIGERPFLANZEN IM WIRTSCHAFTSGRÜNLAND

SONDERBEILAGE

Die Pflanzenverfügbarkeit der Nährelemen-te im Boden hängt von vielen Standortfaktorenund Bodeneigenschaften ab. Der Düngerbedarfder Grünlandbestände kann daher mittels rou-tinemäßiger Bodenuntersuchung nur grob ab-geschätzt werden. Das Risiko einer Fehlein-schätzung wird minimiert, wenn bei der Beur-teilung der Düngebedürftigkeit neben den not-wendigen Bodenanalysedaten zumindest auchZeigerpflanzen berücksichtigt werden.

Zeigerpflanzen

Die einzelnen Pflanzenarten kommen imDauergrünland nicht wahllos nebeneinandervor. Nur Arten mit ähnlichen Standortan-sprüchen können miteinander existieren, sie bil-den eine Pflanzengesellschaft. Die Artenzu-sammensetzung der Grünlandvegetation ist vonden natürlichen Standorteigenschaften und denjeweiligen Bewirtschaftungsmaßnahmen (Dün-gung, Nutzung, Bestandespflege) abhängig. Ei-nige Pflanzenarten sind besonders eng an be-stimmte Standorteigenschaften und Bewirt-schaftungsmaßnahmen gebunden und sie rea-gieren äußerst empfindlich gegenüber derenVeränderungen. Diese Pflanzenarten können da-her als Bioindikatoren (Zeigerpflanzen) ver-wendet werden. Zeigerpflanzen sind somit Ar-ten, deren Vorkommen oder Fehlen, deren Zu-oder Abnahme in einem Pflanzenbestand Hin-weise auf bestimmte Standorteigenschaften, Be-wirtschaftungsmaßnahmen und deren Verän-derungen geben. Sie liefern wertvolle Informa-tionen über den Zustand der Böden und dieTrends ihrer Entwicklung. Sie sollen Bodenun-tersuchungen nicht ersetzen, sondern ergänzen.

Zeigerpflanzen sind Bioindikatoren, mit de-ren Hilfe• die Standortbonität rasch und flächenhaft

festgestellt,• Standortveränderungen, Düngungs- und Be-

wirtschaftungsfehler frühzeitig erkannt,• die Notwendigkeit standortspezifischer Dün-

gungs- und Pflegemaßnahmen einfach undnachvollziehbar abgeleitet,

• der Erfolg von Düngungs- und Pflegemaß-nahmen kontrolliert und

• standortspezifische Intensivierungsgrenzenfestgestellt werden können.

Kleinräumige Standortunterschiede und dienatürliche räumliche Variabilität der ökologischrelevanten Bodeneigenschaften können einfachund rasch während der Vegetationsperiode fest-gestellt werden. Dadurch wird eine standort an-gepasste, pflanzenbedarfsgerechtere und somitumweltschonendere Düngung möglich. Die Be-urteilung und Bewertung eines Grünlandstand-ortes mit Hilfe von Zeigerpflanzen ist mit ei-nem geringen Arbeitsaufwand verbunden, re-lativ einfach und rasch im Gelände währendder Vegetationsperiode ohne Messinstrumenteoder Geräte flächendeckend durchführbar undverursacht keine Kosten. In der Regel genügtdie Kenntnis einiger weniger charakteristischer

Ï

Stumpfblättriger Ampfer

f

Beim Kälberkropf sind die Blüten-kronblätter mit feinen Härchen

versehen.

f

Wiesen-Bärenklau (links),Wiesen-Kerbel (2.v. links),

Kälberkropf (2. v. rechts)und Geißfuß (rechts)

f

Die gedrehten Blätter sind typisch für die

Acker-Quecke.

Ï

Wiesen-Löwenzahn

f

Große Brennnessel

f

Weiße Taubnessel

Page 3: Zeigerpflanzen im Wirtschafts- grünland

SONDERBEILAGE

Zeigerarten. Zeigerpflanzen haben somit einepraktische Bedeutung in der Grünlandwirt-schaft. Mit Hilfe dieser Informationsbroschüresoll es möglich sein, Zeigerpflanzen zu erken-nen und mögliche Änderungen in der Bewirt-schaftung abzuleiten.

Es gibt Zeigerpflanzen für verschiedeneStandorteigenschaften und Bewirtschaftungs-faktoren:• Nährstoffhaushalt (Nährstoffzeiger, Mager-

keitszeiger)• Säuregrad des Bodens (Säurezeiger, Carbo-

natzeiger)• Bodenwasserhaushalt (Trockenheitszeiger,

Wechselfeuchte-, Feuchte- und Nässezeiger)• Wärmehaushalt (Wärmezeiger, Kältezeiger)• Bodenstruktur (Bodenverdichtungszeiger)• Nutzungsintensität (Übernutzungszeiger, Un-

ternutzungszeiger)• Vegetationsdeckungsgrad (Lückenbüßer)

Einige Zeigerpflanzen können mehreren Zei-gerartengruppen zugeordnet werden; sie habeneine Indikatorfunktion für mehrere Standort-faktoren. Der Bürstling beispielsweise ist nichtnur ein Säurezeiger, sondern gleichzeitig auchein Magerkeitszeiger. Das Gemeine Rispengrashingegen ist sowohl ein Lückenbüßer als auchein Übernutzungszeiger.

Zeigerpflanzen für den Säuregrad des Bo-dens sowie den Wärme- und Bodenwasser-haushalt kommen vor allem im Extensivgrün-land vor. In Feldfutterbeständen, Wechselwie-sen oder generell bei intensiver Bewirtschaftungsind sie im Pflanzenbestand meist nur spärlichvorhanden oder fehlen gänzlich. Dies schränktihre praktischen Einsatzmöglichkeiten in derGrünlandwirtschaft ein wenig ein.

Aus dem Vorkommen oder Fehlen von Zei-gerarten im Pflanzenbestand können Standort-mängel flächenhaft festgestellt sowie Düngungs-und Bewirtschaftungsfehler frühzeitig erkanntwerden. Allerdings sind Rückschlüsse auf denStandort und die Bewirtschaftung nur bei be-sonders starkem Auftreten einer Zeigerart (z.B.Stumpfblättriger Ampfer mit großer Individu-enzahl und hohem Deckungsgrad im Pflan-zenbestand) oder beim Vorkommen mehrererbis vieler Arten mit gleichem Zeigerwert (z.B.zahlreiche Magerkeitszeiger mit höherer Indi-viduenzahl im Pflanzenbestand) möglich. Ausder Anwesenheit einer einzigen Zeigerart mitgeringer Individuenzahl (z.B. vereinzeltes Vor-kommen des Gänseblümchens im Pflanzenbe-stand) kann keine Aussage über den Standortoder die Bewirtschaftung gemacht werden. Aufeiner Grünlandfläche müssen nicht alle Zei-gerpflanzen einer Zeigerartengruppe jedes Malgemeinsam auftreten. Bei einem stark verdich-teten Grünlandboden beispielsweise werden diemeisten, aber nicht alle, der in dieser Sonder-beilage genannten, Bodenverdichtungszeiger imPflanzenbestand vertreten sein. Grundsätzlichsollte nicht nur das Vorkommen, die Individu-enzahl und der Deckungsgrad einzelner Zei-gerpflanzen oder das Fehlen von Zeigerarten

f

Gewöhnliches Hirtentäschel

f

Die Vogelmiere besitzt eine einseitige Haarleiste am Stängel.

f

Behaartes Schaumkraut

Ï

Das mittlere Blatt des KriechendenHahnenfußes (im Bild unten) ist imVergleich zum Scharfen Hahnenfuß

(im Bild oben) immer gestielt.

f

Das Scharbockskraut tritt nur beimersten Aufwuchs in Erscheinung.

f

Kriechendes Fingerkaut

Ï

Vogelknöterich

ZEIGERPFLANZEN IM WIRTSCHAFTSGRÜNLAND 3

Page 4: Zeigerpflanzen im Wirtschafts- grünland

4 ZEIGERPFLANZEN IM WIRTSCHAFTSGRÜNLAND

SONDERBEILAGE

in einem für sie geeignet erscheinenden Le-bensraum berücksichtigt werden. Um Fehl-interpretationen weitgehend zu vermeiden, soll-ten alle Arten eines Pflanzenbestandes, alsodie floristische Zusammensetzung der Pflan-zengesellschaft, betrachtet werden.

Der Pflanzenbestand sollte mehrmalswährend der Vegetationsperiode in Bezug aufZeigerpflanzen kontrolliert werden. Besonderswichtig ist allerdings eine Beurteilung zum ers ten Aufwuchs, denn einige Zeigerpflanzenkönnen nur im Frühling beobachtet werden.Das Scharbockskraut beispielsweise gehört zuden Frühlingsblühern, deren Blätter frühzeitigabsterben. Das Vorkommen im Pflanzenbestandkann daher nur beim ersten Aufwuchs festge-stellt werden.

Nährstoffzeiger

Die häufigsten und am weitesten verbrei-teten Nährstoffzeiger im Dauergrünland sind:• Stumpfblättriger Ampfer (Rumex obtusifoli-

us)• Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium ssp.

sphondylium)• Wiesen-Kerbel (Anthriscus sylvestris)• Kälberkropf, Bergkerbel (Chaerophyllum hir-

sutum)• Geißfuß (Aegopodium podagraria)• Große Brennnessel (Urtica dioica)• Weiße Taubnessel (Lamium album)• Acker-Quecke (Elymus repens)

Sie zeigen bei zahlreichem Vorkommen ei-nen besonders nährstoffreichen Grünlandbodenan. Ebenso erreichen sie nur im gegenwärtigoder in der Vergangenheit reichlich gedüngtenDauergrünland eine größere Individuenzahloder einen höheren Deckungsgrad und sie feh-len in typischen Magerwiesen oder Magerwei-den. Damit sich die genannten Nährstoffzeigerim Pflanzenbestand nicht weiter ausbreiten,muss in erster Linie die jährlich ausgebrachteDüngermenge reduziert bzw. auf mehrere klei-nere Teilgaben aufgeteilt werden. Solche Flächensind meistens durch eine intensive Bewirt-schaftung geprägt. Daher ist es auch sinnvoll,vermehrt Wiesenrispengras zu etablieren, da eseine sehr stabile Grasnarbe bildet und so einwiederholtes Aufkommen unerwünschter Pflan-zen reduziert. Darüber hinaus nimmt diesesGras sehr viele Nährstoffe auf, wodurch dasUngleichgewicht im Boden korrigiert wird. Wie-sen-Bärenklau, Wiesen-Kerbel, Kälberkropf,Geißfuß und Weiße Taubnessel sind ziemlichtrittempfindliche Pflanzenarten. Sie fehlen da-her in intensiv genutzten Mäh- und Dauer-weiden entweder gänzlich oder sind nur spär-lich vertreten. Sie haben ihren Verbreitungs-schwerpunkt in regelmäßig gedüngten Dauer-wiesen. Die Große Brennnessel gilt im Grün-land als Zeigerpflanze für nitratstickstoffreicheBöden und extensive Nutzung. Sie fehlt daherin mehrschnittigen Dauerwiesen sowie in in-tensiv genutzten Mäh- und Dauerweiden. DieGroße Brennnessel tritt vor allem in Hutwei-

f

Fadenförmiger Ehrenpreis

Feld-EhrenpreisF

f

Bunter Hohlzahn

f

Mastkraut

f

WeicheTrespe

f

Markant für den zottigen Klapper-topf sind die behaarten Kelchblätter.

Die Staubbeu-tel der Lägerris-pe (rechts) sindin der Regel 2 mm lang unddie der Ein-jährigen Rispe(links) meistunter 1 mm.

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ZEIGERPFLANZEN IM WIRTSCHAFTSGRÜNLAND 5

SONDERBEILAGE

den oft nesterweise an Stellen auf, wo der Bo-den insbesondere mit Nitrat-Stickstoff angerei-chert ist. Auch die Acker-Quecke gilt im Dau-ergrünland als Stickstoffzeiger.

Lückenbüßer

Die häufigsten und am weitesten verbrei-teten Lückenbüßer im Wirtschaftsgrünlandsind: • Wiesen-Löwenzahn (Taraxacum officinale agg.)• Gewöhnliches Hirtentäschel (Capsella bursa-

pastoris)• Vogelmiere, Hühnerdarm (Stellaria media)• Scharbockskraut (Ficaria verna)• Stumpfblättriger Ampfer (Rumex obtusi-

folius)• Behaartes Schaumkraut (Cardamine hirsuta)• Kriechender Hahnenfuß (Ranunculus repens)• Kriechendes Fingerkaut (Potentilla reptans)• Vogelknöterich (Polygonum aviculare s. lat.)• Fadenförmiger Ehrenpreis (Veronica filiformis)• Feld-Ehrenpreis (Veronica arvensis)• Bunter Hohlzahn (Galeopsis speciosa)• Zottiger Klappertopf (Rhinanthus alectorolo-

phus)• Mastkraut (Sagina procumbens)• Weiche Trespe (Bromus hordeaceus)• Jährige Rispe, Jähriges Rispengras

(Poa annua)• Läger-Rispengras (Poa supina)• Gemeines Rispengras (Poa trivialis)• Rauhaar-Segge, Behaarte Segge (Carex hirta)• Ausläufer-Straußgras (Agrostis stolonifera)

Die angeführten Pflanzenarten besiedeln vorallem Vegetationslücken in mäßig bis gut mitNährstoffen versorgten Grünlandböden. Einigevon ihnen sind ein- bis zweijährige Ackerwild-kraut- und Ruderalarten. Sie sind auf Samen-vermehrung angewiesen: Ihre Samen keimen be-vorzugt an offenen, nährstoffreicheren Boden-stellen. Die Samen werden vor allem mit demWirtschaftsdünger und durch den Wind ver-breitet; sie stammen aber auch aus dem Samen-vorrat des Bodens. Die angeführten Lückenbüßersind Bioindikatoren für lückenhafte Pflanzenbe-stände bzw. Narbenschäden. Sie können ein In-diz für gegenwärtige oder bereits in der Ver-gangenheit begangene Düngungs- und Bewirt-schaftungsfehler sein. Die wesentlichsten Dün-gungs- und Bewirtschaftungsfehler sind ein zufrüher, zu häufiger oder zu tiefer Schnitt, eineVerletzung der Grasnarbe durch Befahren, Mahdoder Beweidung sowie Überbeweidung oderÜberdüngung (zu hohe oder schlecht verteilteDüngegaben). Der Großteil der angeführtenLückenbüßer kommt daher vor allem in reich-lich gedüngten, mehr oder weniger intensiv ge-nutzten Mäh- und Dauerweiden, in Vielschnitt-wiesen sowie generell an häufig oder stark gestörten Standorten mit größerer Individuen-zahl oder höherem Deckungsgrad vor. Auchungünstige Witterungs- und Bodenwasserver-hältnisse wie beispielsweise eine häufige oderlänger andauernde Trockenheit, Kälte, Boden-vernässung oder Überflutung sowie Schnee-

f

Bei der Behaarten Segge sind diemännlichen Blüten immer behaart.

f

Das Ausläufer-Straußgras (links) hat im Vergleich zum Roten Straußgras(mitte) ein langes Blatthäutchen und oberirdische Kriechtriebe (rechts).

Die Gemeine Rispe hat ein bis 1 cm langes, spitzes und milchiges weißes Blatthäutchen. F

f

Gänseblümchen

f

Die seitlichen Blattspitzen sind beimHerbstlöwenzahn immer nach vorne

gerichtet.

ƒ Knopf-Kamille

f

Breit-Wegerich

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6 ZEIGERPFLANZEN IM WIRTSCHAFTSGRÜNLAND

SONDERBEILAGE

reichtum begünstigen eine Lückenbildung.Lückenbüßer treten daher in Jahren mit extre-men Witterungs- und Bodenwasserverhältnissensowie nach einem besonders schneereichen Win-ter stärker im Pflanzenbestand auf als in Jahrenmit weniger extremen Bedingungen. Auch Schäd-linge wie beispielsweise Wühlmäuse oder En-gerlinge können eine Lückenbildung verursa-chen. Wenn die Lückenbüßer zahlreich oder mithohem Deckungsgrad im Pflanzenbestand vor-kommen, ist eine Nach- bzw. Übersaat mit ge-eignetem Saatgut notwendig. Auch in diesemFall würde sich Wiesenrispengras gut eignen, daes mit den unterirdischen Ausläufertrieben inder Lage ist, eine stabile und dichte Grasnarbezu bilden. Im Sinne einer ökologisch nachhalti-gen Grünlandbewirtschaftung hat die Ursa-chenbekämpfung immer Vorrang gegenüber derSymptombekämpfung. Düngungs- und Bewirt-schaftungsfehler sollten daher in Zukunft ver-mieden werden.

Bodenverdichtungs- und Übernutzungszeiger

Die häufigsten und am weitesten verbrei-teten Zeigerpflanzen für Oberbodenverdich-tung und Krumenwechselfeuchtigkeit im Dau-ergrünland sind:• Kriechender Hahnenfuß (Ranunculus repens)• Breit-Wegerich (Plantago major ssp. major)• Vogelknöterich (Polygonum aviculare s. lat.)• Herbstlöwenzahn (Leontodon autumnalis)• Knopf-Kamille (Matricaria discoidea)• Jährige Rispe, Jähriges Rispengras (Poa annua)• Läger-Rispengras (Poa supina)• Ausläufer-Straußgras (Agrostis stolonifera) Es handelt sich dabei um Arten der Tritt- undFlutrasen.

Als Übernutzungszeiger gelten – zusätzlichzu den bereits erwähnten Bodenverdich-tungszeigern – auch noch:• Gänseblümchen (Bellis perennis)• Gänse-Fingerkraut (Potentilla anserina)• Mittlerer Wegerich (Plantago media)• Stumpfblättriger Ampfer (Rumex obtusifolius)• Gemeines Rispengras (Poa trivialis)

Sie werden durch eine nicht an den Standortangepasste, zu häufige Mahd oder Überbewei-dung gefördert. Auch der sehr lichtbedürftigeWeiß-Klee profitiert von einer hohen Nut-zungsintensität und kann in diesem Fall zu ei-nem Hauptbestandesbildner werden.

Die genannten Bodenverdichtungs- undÜbernutzungszeiger weisen bei Massenvor-kommen auf einen mäßig bis gut mit Nähr-stoffen versorgten, verdichteten Oberboden undauf einen übernutzten Pflanzenbestand hin. Essind überwiegend niedrigwüchsige, bodenblatt-reiche, trittresistente, früh- und vielschnittver-trägliche Kriech- und Rosettenpflanzen. Sie kom-men daher vor allem in intensiv genutzten Mäh-und Dauerweiden, Vielschnittwiesen und Tritt -rasen mit großer Individuenzahl oder hohemDeckungsgrad vor. Im Extensivgrünland hin-

Blüte des Rot-StraußgrasF

f

Wiesen-Hainsimse

Ï

Gänse-Fingerkraut

Mittlerer WegerichF

f

Blätter (links) und Blüte (rechts) des Rot-Schwingel.

f

Das Wiesen-Ruchgras ist auf Mager-wiesen eines der frühesten Gräser.

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ZEIGERPFLANZEN IM WIRTSCHAFTSGRÜNLAND 7

SONDERBEILAGE

gegen fehlen die Vertreter dieser beiden Zei-gerartengruppen mit Ausnahme vom Mittle-ren Wegerich weitgehend. Die Bodenverdich-tungs- und Übernutzungszeiger zählen aus land-wirtschaftlicher Sicht betrachtet zu den mehroder weniger unerwünschten Arten. Sie kön-nen nur durch eine Verminderung der Nut-zungsintensität – meist in Kombination mit re-duzierten Düngergaben – nachhaltig im Pflan-zenbestand zurückgedrängt werden.

Magerkeitszeiger

Die häufigsten und am weitesten verbrei-teten Zeigerpflanzen für nährstoffärmere Bö-den im Wirtschaftsgrünland der Tal- undBeckenlagen sind: • Rot-Schwingel (Festuca rubra ssp. rubra)• Rot-Straußgras (Agrostis capillaris)• Wiesen-Ruchgras (Anthoxanthum odoratum)• Wiesen-Hainsimse (Luzula campestris)• Flaumhafer (Homalotrichon pubescens ssp. pu-

bescens)• Zittergras (Briza media)• Bürstling (Nardus stricta)• Mittlerer Wegerich (Plantago media)• Rauer Löwenzahn (Leontodon hispidus)• Gewöhnliches Leimkraut (Silene vulgaris)• Blutwurz (Potentilla erecta)• Wiesen-Augentrost (Euphrasia officinalis ssp.

rostkoviana)• Wiesenthymian (Thymus pulegioides ssp. pu-

legioides)• Kleines Habichtskraut, Mausohr (Hieracium

pilosella)• Ferkelkraut (Hypochoeris radicata)• Wiesen-Margerite (Leucanthemum vulgare agg.)

Die angeführten Magerkeitszeiger sind in denTal- und Beckenlagen auf nährstoffreichen Bö-den nicht konkurrenzfähig. Wenn sie mit größe-ren Individuenzahlen oder höheren Deckungs-graden im Pflanzenbestand auftreten, ist derGrünlandboden relativ nährstoffarm. Die licht-bedürftigen Magerkeitszeiger werden bei reich-licher Düngung rasch von Nährstoffzeigern undObergräsern durch Beschattung verdrängt.

Unternutzungszeiger

Die häufigsten und am weitesten verbreite-ten Unternutzungszeiger im Wirtschaftsgrün-land sind vor allem verschiedene Distel- undKlappertopf-Arten, diverse Sträucher und ver-holzte Zwergsträucher, stachelige bzw. dornigeArten wie beispielsweise Dorn-Hauhechel oderder giftige Adlerfarn. Unternutzungszeiger sindim Allgemeinen ziemlich schnitt- und tritt-empfindlich. Sie kommen daher in erster Linieauf unternutzten oder zu spät genutzten Stand-weiden sowie Umtriebsweiden mit zu geringerBesatzdichte vor. Da die Klappertopf-Arten ein-jährig sind und deshalb regelmäßig aussamenmüssen, finden sie in lückigen, spät gemähtenDauerwiesen oder unternutzten Dauerweidengünstige Lebensbedingungen vor. Unternut-zungszeiger können durch stärkere Düngungin Kombination mit einer intensiveren Nutzung

ƒ

Markant für den Flaumha-fer sind die langen Härchenan den Blatträndern.

ZittergrasF

ƒ

Bürstling

f

Der Raue Löwenzahn hat im Vergleich zum Wiesen-Löwenzahn

keinen weißen Milchsaft

f

Gewöhnliches Leimkraut

WiesenthymianF

f

Wiesen-Augentrost

Page 8: Zeigerpflanzen im Wirtschafts- grünland

8 ZEIGERPFLANZEN IM WIRTSCHAFTSGRÜNLAND

Schlussfolgerungen

SONDERBEILAGE

Fachgruppe: Biologische Landwirtschaft

Vorsitzender: Dr. Andreas Steinwidder

Geschäftsführer:Univ. Doz. Dr. Karl Buchgraber, LFZ Raumberg-Gumpenstein, 8952 Irdning,

Tel.: 03682/22451-310, www.oeag-gruenland.atE-Mail: [email protected]

INFO1/2011

– vor allem mittels früherer und häufigererMahd oder stärkerer Beweidung – zurückge-drängt werden.

Moose

In regelmäßig gedüngten Dauerwiesen,Mähweiden und Dauerweiden findet man sel-ten Moose. Sie erreichen in Magerwiesen undMagerweiden, vor allem aber in lückigen Halb-trockenrasen, Feucht- und Nasswiesen einenhöheren Deckungsgrad. Auch schattige Stand -orte sind mitunter sehr moosreich. Moose sindim Wirtschaftsgrünland ein Bioindikator fürlückenhafte Pflanzenbestände und eine gerin-ge Stickstoff-Verfügbarkeit im Boden. n

Die Art der Bewirtschaftung, die Form undHöhe der ausgebrachten Düngermenge, dieIntensität der Nutzung sowie die Beurteilungund Bewertung des Nährstoffzustandes imGrünlandboden haben sich immer an der na-turräumlichen Standortbonität zu orientie-ren. Bei geringerer Standortbonität muss sowohl das Düngungsniveau als auch dieNutzungsintensität vermindert werden. DieGrenzen der Intensivierung und die ökolo-gische Nachhaltigkeit der Grünlandbewirt-schaftung können mit Hilfe von Zeiger-pflanzen festgestellt werden. Nährstoffzeiger,Bodenverdichtungszeiger, Übernutzungszei-ger und Lückenbüßer weisen bei häufigemVorkommen auf besonders nährstoffreicheGrünlandböden, eine Oberbodenverdichtung,eine zu intensive Nutzung oder auf Vegeta-tionslücken hin. Wenn diese Zeigerpflanzenmit großer Individuenzahl oder mit hohemDeckungsgrad im Pflanzenbestand vorkom-men, dann ist die Grenze der Intensivierungerreicht. Ihr Deckungsgrad sollte insgesamt30–40 % nicht überschreiten. Sobald sich die-se Pflanzenarten zu Lasten wertvoller Fut-tergräser im Grünlandbestand stark ausbrei-ten, sinken Menge und Qualität des Futters.Auf Grund ihrer Indikatorfunktion sollten inZukunft bei der Beurteilung und Bewertungdes Bodenzustandes, für die Beurteilung derDüngebedürftigkeit der Grünlandböden unddie Festlegung standortspezifischer Intensi-vierungsgrenzen immer auch Zeigerpflanzenberücksichtigt werden.

f

Kleines Habichtskraut

f

Disteln im Wirtschafts-grünland sind ein An-zeichen für eine Unter-nutzung.

ƒ

Moos tritt in lückigenund wenig gedüngtenGrünlandbeständen auf.

f

Wiesen-Margerite