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156ZEITSCHRIFT FÜR TECHNIK IM UNTERRICHT
E 3915
Neckar-Verlag 2. Quartal 2015
ISSN 0342-6254
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Impressum tu:Inhalt
tu156/2.Quartal2015
ZeItschrIftfürtechnIkImUnterrIcht
–40.Jahrgang–
tu:„technikimUnterricht“erscheintvierteljährlich. sammelanschriftfürVerlag,Anzeigenundredaktion:neckar-VerlagGmbh,klosterring1,78050Villingen-schwenningen,oderPostfach1820,78008Villingen-schwenningen,telefon(07721)8987-0,telefax(07721)8987-50;e-mail:[email protected],Internet:http://www.neckar-verlag.deherausgegebenvomneckar-VerlagGmbhinZusammenarbeitmitBurkhardsachs;begründetinZusammenarbeitmitAuguststeidle,73557mutlangenVerantwortlichfürdieAuswahlundBearbeitungdermanu-skripte:Burkhardsachs,Lichtenbergstr.18,79114freiburgimBreisgau;tel.(0761)83759,fax(0761)8975283,e-mail:[email protected]/herstellung:Dietmarschenk,tel.(07721)8987-22,e-mail:[email protected]:silviaBinninger,www.designxbinninger.demarketing/Anzeigenleitung/Verkauf:ritariedmüller,telefon(07721)8987-44,e-mail:[email protected]:beimVerlag,e-mail:bestellungen@neckar-verlag.deesgiltdieAnzeigenpreislistenr.7vom01.05.2014Druck:Gulde-DruckGmbh&co.kG,72005tübingeneinzelheft6,80 €zuzüglichVersandkosten;Jahresabonnement24,00 €zuzüglichVersandkosten;Abbestellung8WochenvorJahresendeschriftlichhonorierteArbeitengehenindasuneingeschränkteVerfügungs-rechtdesVerlagesüber.nachdruckundgewerblicheVerwer-tungnurmitschriftlicherGenehmigungdesVerlages.DiesgiltauchfürdiegewerblicheVervielfältigungperkopie,dieAuf-nahmeinelektronischeDatenbankenundmailboxensowiefürVervielfältigungenaufelektronischenDatenträgern. LetzterAnnahmetagfürAnzeigenundredaktionsschlussistder10.imerstenmonatdesQuartals.
mItArBeIterDIesesheftes
Dietrichkadell,LotharGeorgi,e-mail:[email protected]
Prof.Dr.Peterröben,e-mail:[email protected]
Burghardsachs,e-mail:[email protected]
Prof.Dr.Winfriedschmayl,e-mail:[email protected]
WolfgangZeiller,e-mail:[email protected]
tIteLseIte:AbbildungenausdenBeiträgenvonD.kadellundL.Georgi,P.röben,W.schmayl
InhALt
tu:fachdidaktik
BUrkhArDsAchstechnischeBildungindernaturwissenschaftsfalle!?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
tu:sachinformationen
PeterröBenWasmanausderGeschichtederhalbleiter-undWindkrafttechniküberdasVerhältnisvontechnikundPhysiklernenkann. . . . . . . . . . . . . . . . 19
heLmUtfIestechnischeGrundsachverhalte–einführungindietechnikwissenschaft(en)–5.folge. . . . . . . . 41
tu:Unterrichtspraxis
DIetrIchkADeLL,LothArGeorGIfrischer,kräftigerWindimtechnikunterricht–WindkraftanlagealsfunktionsmodellimWindkanal. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
WoLfGAnGZeILLerBatterietesterfürvielegängigeBatterietypen . . . . . 35
tu:Veranstaltungen
DGtB–einladungzur17.JahrestagungundzumnachwuchsforumderDGtB–„technik:WirklichkeitsbereichundBildungsgegenstand“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
www.neckar-verlag.de
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Welker (Abb. 2) und Herbert Mataré (Abb. 3) in Paris ihre bereits in Berlin während des Krieges betriebene Halbleiterforschung fort. Im Frühjahr 1948 konstruierten sie einen Dreidiodenkristall, ihr Transistron, wie sie den Prototypen ihres Transistors nannten (Abb. 5). Er war sehr viel stabiler und dauerhafter als der BellTransistor. Obwohl sie ihn erst nach den Amerikanern publik machten, wird heute von einer Doppelerfindung des Transistors gesprochen.
Bildquellen: http://wikimedia.org/commons http://www.computerhistory.org http://www.beatriceco.com
Literatur:
FriedricH GeorG: Unternehmen Patentraub. Tübingen 2008, S. 188 ff.
Winfried Schmayl
Mit dem Bau des ersten Transistors war das Tor zur modernen Digitaltechnik aufgestoßen. Wie es zu dieser Schlüsselerfindung des 20. Jhs. kam, ist keineswegs klar. Es stellt sich zunehmend heraus, daß die gewöhnlich kolportierte Geschichte einseitig und in sich nicht stimmig ist.
Nach der offiziösen Version hat der Transistor drei USamerikanische Väter: WilliaM SHockley, JoHn bardeen und Walter brattain (Abb. 1). Im Dezember 1947 sei SHockley bei seinen Forschungen in den BellLaboratorien gewissermaßen aus dem Stand heraus auf das Prinzip des Transistors gestoßen. Mit seinen Kollegen habe er dann einen auf Germanium als Halbleiter basierenden Spitzentransistor gebaut. Dieser wurde am 1. Juli 1948
der Öffentlichkeit vorgestellt (Abb. 4 – Nachbau). 1956 bekamen die drei dafür den PhysikNobelpreis.
Die wirkliche Geschichte ist älter und verwickelter. Zum einen haben europäische, namentlich deutsche Physiker Jahre vorher die theoretischen Grundlagen erarbeitet, auf die die Amerikaner zurückgriffen, ohne es zu erwähnen. Hier wären besonders JuliuS lilienFeld und oSkar Heil mit ihren einschlägigen Patenten zu nennen. Auch Walter ScHottky erbrachte schon in den 1930er Jahren mit seiner Halbleitertheorie und seiner Spitzendiode wichtige Vorleistungen.
Zum anderen setzten die vom französischen Besatzungsregime verpflichteten deutschen Physiker HeinricH
Der europäische Ursprung des Transistors
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Allgemeine Probleme tu: Fachdidaktik
Dem kritischen Betrachter muss das Ganze rätselhaft, wenn nicht gespenstisch vorkommen.
Welchen Anspruch erhebt sie, was meint die MINTParole, was verbirgt sich hinter ihr?
MINT-Forderungen Die MINTIdee ist keine pädagogische Idee, sie ist nicht die Zusammenfassung eines pädagogischen oder bildungspolitischen Diskussionsprozesses. Daher sucht man in der erziehungswissenschaftlichen und fachdidaktischen Diskussion eine Auseinandersetzung mit dem MINTKonzept fast vergebens.
Die Vertreter der damit gemeinten Fächer halten wohl eher still und freuen sich über die plötzliche Wertschätzung und auch die Vertreter der von der Schule so lange stiefmütterlich behandelten Technischen Bildung müssten eigentlich vor Glück erbeben: Endlich wird die Technik im Schulwesen ernst genommen und sogar als Fach apostrophiert!
Eigentlich wäre es die Aufgabe der Erziehungswissenschaften, die grundlegende Diskussion um die pädagogische Bedeutung, die Schlüssigkeit der inhaltlichen disziplinären Zuordnung und Abgrenzung des MINTBereiches zu führen oder zumindest zu begleiten. Sie hätte auch die Legitimität breiter pädagogischer Maßnahmen zur mittel und langfristigen Fachkräftesicherung für einen Partialbereich
Technische Bildung in der Naturwissenschaftsfalle!?*
Von Burkhard Sachs
„Ein Gespenst geht um in Europa …“ Man kennt den Eingangssatz des kommunistischen Manifests, in dem die Wirklichkeit einer revolutionären Idee und die Angst der Mächtigen davor beschrieben wurde!?
Das Gespenst, mit dem wir es hier zu tun haben, ist nun ein vermeintlich „gutes“ Gespenst. Wie Halloween aus den USA kommend und dort STEM 1 genannt, heißt es hier MINT 2. Es wird von den Großen und Mächtigen in Wirtschaft und Politik sehr gemocht und sie veranstalten ihm zu Ehren Wettbewerbe, Foren, nationale Gipfel und europäische Kongresse und sie verleihen Auszeichnungen an die Willigen und an die Propagandisten und an Schulen, die sich in seinen Dienst stellen.
Auch jene Institutionen, die den Anspruch erheben, Hüter wissenschaftlicher Wahrheit und kritischer Reflexion zu sein, Akademien und Universitäten, ergeben sich seinem Charme.3
Steuerlich wohlgestellte Stiftungen wenden einen Teil (des dem Fiskus nicht mehr abzuliefernden) Geldes dafür auf, MINT zu fördern, da der finanziell klamme Staat ja nicht genügend dafür tut. Und auch die Firmen können ihr Engagement steuerlich zur Geltung bringen und erhöhen zudem ihr Renommee.
Und so können Stiftungen, Firmen und Verbände Einfluss auf das Schulwesen ausüben, obgleich die Verantwortung dafür – nach den Schulgesetzen – eigentlich beim Staat und bei den Parlamenten liegen sollte.
Die MINTgenötigten Schulen und LehrerInnen, welche darauf in Ausstattung und Ausbildung kaum vorbereitet sind, empfinden deren Broschüren, Unterrichtseinheiten und Fortbildungskurse, die sie in fast unüberschaubarer Fülle „entlang der Bildungskette“ angeboten bekommen, zumeist als Entlastung und als Geschenk.
Und auch der Staat und die Kommunen sind kooperativ und dankbar. Denn „Einem geschenkten Gaul ...“ Von einer offiziellen Prüfprozedur für derartige Materialien ist nichts bekannt.
MINT ist zu einer festen Größe geworden, es gibt MINTGrundschulen und MINTGymnasien und MINTBotschafter. Schüler und insbesondere Schülerinnen sollen sich für MINT begeistern und MINTBerufe ergreifen.
In einer großen Zahl von Studien und Grundsatzpapieren zur MINTFörderung werden weitreichende Empfehlungen an die Adressen von Schule, Politik und Wirtschaft gemacht.4
In der Berufsberatung und in der Arbeitsverwaltung ist das Sprechen von MINTBerufen eine Selbstverständlichkeit geworden und unter den arbeitslosen Jugendlichen in Griechenland und Spanien fahndet man nach solchen mit MINTKompetenzen zur Entlastung des hiesigen Arbeitsmarktes.
Bei den Frauen und bei den Menschen mit „Migrationshintergrund“ sieht man ein bedeutendes dringend zu hebendes Potenzial für die Gewinnung von MINTArbeitskräften.
Da wirkt die Schlagzeile im Wirtschaftsteil der Zeitung gar nicht mehr anstößig, die da heißt: „MINTArbeitgeber gegen den Mindestlohn“.
MINT ist im Zuge der Privatisierung von Bildung längst ein Geschäftsmodell geworden. So hat die aus einem gediegenen Schulbuchverlag mutierte Stuttgarter Klettgruppe dafür die KlettMINTGmbH gegründet.5
* Der vorliegende Beitrag geht zurück auf einen Vortrag anlässlich der 16. Jahrestagung 2014 der Deutschen Gesellschaft für Technische Bildung (DGTB) in Oldenburg. Er erscheint im entsprechenden Sammelband unter dem Titel „Gegen eine naturale Verkürzung Technischer Bildung“. Ich verweise ausdrücklich auf meinen Beitrag „Technikunterricht – Bedingungen und Perspektiven“ In: tu H. 100, 2001. Er bleibt inhaltlich und bildungspolitisch (leider) aktuell. Die dort dargestellten Merkmale der Technik sollen an dieser Stelle erweitert, differenziert und modifiziert werden, insbesondere im Hinblick auf die gesellschaftlichen und ökonomischen Aspekte.
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tu: Fachdidaktik Allgemeine Probleme
der Gesellschaft diskutieren müssen. Doch hat sie sich weder dieser Fragestellungen angenommen noch wurde sie von maßgeblicher Seite dazu aufgerufen.
In der Zeit der Beratungen über die Etablierung technischer und ökonomischer Bildung bzw. der Arbeitslehre gab es in den sechziger und siebziger Jahren eine deutlich breitere erziehungswissenschaftliche Befassung, Inanspruchnahme, Diskussion und Mitarbeit, auch wenn sie die gymnasiale Abschottung nicht hat überwinden können. Ich erinnere da an Wolfgang Klafki, Wolfgang Schulz und Herwig Blankertz.6
Die jüngsten „Schulreformen“ mit fundamentalem Anspruch, nämlich die (mittlerweile fast vergessene?) Ausrichtung des gesamten Schulsystems am Qualifikationsbegriff, an den sogenannten „Schlüsselqualifikationen“, aber auch die derzeit geforderte generelle OutputOrientierung des Schulwesens mit der generellen Ausrichtung an überprüfbaren „Kompetenzen“ sind weitgehend ohne Einbeziehung, Befragung, Erörterung der allgemeinen Erziehungswissenschaften und der Schulpädagogik vollzogen worden.7 Versagen oder Düpierung?
Aus den Erziehungswissenschaften ist mir nur eine Stimme bekannt, die sich zu MINT vernehmbar äußert. Sie kommt von dem Schweizer Rudolf Künzli, dem Lehrplanexperten, der eine Zeitlang Erziehungswissenschaften am IPN in Kiel vertrat, also durchaus mit der Materie nicht unvertraut ist. Er hält die Zusammenfassung der MINTFächer in mehrfacher Hinsicht für problematisch, denn „sie hat keine hinreichende sachliche Grundlage“ und fördert gesellschaftliche Stereotype, etwa das der zwei Kulturen, das der von Frauen zu erobernden Männerdomänen und das der Unterscheidung nach harten, nützlichen und weichen, weniger rentablen Wissenschaften.8
Das Nationale MINTForum, ein Zusammenschluss der MINTAkteure, charakterisiert sich folgendermaßen:
„Im Nationalen MINTForum setzen sich über 30 große, überregional tätige Wissenschaftseinrichtungen, Stiftungen und Verbände gemeinsam für
eine bessere Bildung in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) entlang der gesamten Bildungskette ein: von der frühkindlichen über die schulische, die berufliche und akademische Bildung bis hin zur Weiterbildung und zum lebenslangen Lernen. Im Nationalen MINTForum werden konkrete Forderungen der Wirtschaft und Forschung an Politik und andere gesellschaftliche Akteure formuliert“.9
Sprecher des Forums propagieren das MINTKonzept mit hohem pädagogischem Anspruch: „Eine solide naturwissenschaftlichtechnische Grundbildung der gesamten Bevölkerung wird immer wichtiger, weil die Gesellschaft neue Technologien verstehen, beurteilen und bewerten muss. MINTGrundbildung ist unerlässlich, um die Balance zwischen gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Nutzen sowie den berechtigten Interessen des Einzelnen zu finden.“10
Die bereits angesprochene KlettMINTGmbH ist da schwäbischnüchterner und direkter:
„Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist akut gefährdet durch den Mangel an Nachwuchs in den MINTQualifikationen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Der Engpass an naturwissenschaftlichtechnisch qualifizierten Fachkräften ist ein strukturelles Problem, das heute schon als Wachstums und Innovationsbremse einen hohen Wertschöpfungsverlust für die deutsche Volkswirtschaft verursacht – mit steigender Tendenz. Die deutsche Wirtschaft unternimmt daher bereits eigene, enorme Anstrengungen, um dem MINTFachkräftemangel entgegenzuwirken.
Das Image der MINTFächer in der Öffentlichkeit, in Elternhaus, Schule und Hochschule, aber auch deren Quantität und Qualität, muss deutlich verbessert werden. Die Klett MINT GmbH greift diese Themen dienstleistungsorientiert auf und hilft Industrie und Wirtschaft ihre Kommunikationswünsche in den Schulen, bei Lehrern, Eltern und Schülern oder bereits in der frühkindlichen Bildung zu platzieren (Unterstreichung B.S.). Erreicht wird dieses beispielsweise durch hochauflagige Medien
zur Berufsorientierung, durch die Veranstaltung von Kongressen oder anderen gemeinsamen Projekten oder durch Entwicklung und Vertrieb von Lehrmitteln zur Steigerung der Technikfaszination.“11
Ist das keine Beihilfe zu einer Art von Kindesmissbrauch? Oder ist es nur eine Art von Freiheitsberaubung? Oder nur eine Art geistiger Überwältigung?
Die Beschreibung der Ziele und die Beschwörung der Zukunftssorgen bei der MINTDiskussion fokussieren sich sehr oft auf die Technik nicht im Sinne der Sorge um eine humane und nachhaltige Entwicklung der Technik, sondern im Hinblick auf die Sicherung des Techniknachwuchses. Von der Sorge um verpasste NobelPreise oder von der Sorge um den Zustand der Natur oder von der Sorge um falsche Weltdeutungen durch den Mangel an naturwissenschaftlicher Orientierung ist kaum die Rede. Vielmehr geht es offenbar um Wettbewerbsfähigkeit, Technik und Wertschöpfung.
Dies ist insofern verwunderlich, weil damit der Eindruck entsteht, als hätten die traditionsreichen und in sich hochdifferenzierten Disziplinen Mathematik, Biologie, Chemie und Physik (und auch die Technik) keine eigene gesellschaftliche und kulturelle Bedeutung, keine eigene wissenschaftliche Dignität, keine spezifischen Inhalte, Deutungsdimensionen, Reichweiten und Arbeitsformen, keine anderen Kooperationsbezüge, keine anderen Bildungsperspektiven als die im Hinblick auf die Talentförderung und ökonomische Zukunftssicherung.
Verwunderlich ist dies auch im Blick auf den Umstand, dass es den Vertretern der Schulfächer Biologie, Physik und Chemie offenbar sehr schwer fällt, sich zu einem Fach „Naturwissenschaften“ oder „Natur“ zusammenzuschließen. Und nun soll das Feld der Einigung und grundsätzlichen Bezugnahme noch um die komplexe Mathematik, die Informatik und die weitverzweigte Technik erweitert werden?
Vor solchem Hintergrund erscheint es wirklich rätselhaft, dass die MINTFächer als eine Einheit beschworen werden, wenn MINT quasi als pädagogisches Markenzeichen mit einer
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gemeinsamen didaktischen Zuständigkeit und Perspektive propagiert wird.
Bisher unwidersprochen formuliert das Nationale MINTForum in einem Grundsatzpapier den Anspruch auf eine einheitliche „MINTBildung im Kontext ganzheitlicher Bildung“. Ungerührt davon, welch noch so disparate Fächer zusammengefasst werden, spricht man von MINTZielen, von MINTInhalten, von MINTThemen, von MINTWissen, von MINTGrundbildung etc. Das Gemeinsame sieht das Forum offenbar darin, dass MINT den Umgang mit empirisch belegten Sachverhalten fördert und übt. „Die Beschäftigung mit den Naturwissenschaften „erzieht“ dazu, objektivierte, d. h. intersubjektiv prüfbare Sachverhalte anzuerkennen und damit umzugehen.“ Die Liste der angestrebten Kriterien und Tugenden ist lang und sie gehören allesamt zum „Reich der Notwendigkeit“: Gesicherte Erkenntnisse, Offenheit und Staunen, Genauigkeit und Ehrlichkeit, Faktenorientierung, Abstraktionsneigung. Objektivität, Rationalität, Machbarkeit, Effektivität, Effizienz.
Was hier aufscheint, lässt sich auch verstehen als ein umfassendes Programm zur massenhaften Disziplinierung: Denn MINT versteht sich nicht als frei wählbares Angebot, vielmehr kommt „MINT in allen Phasen der Bildungsbiografie eine zentrale Rolle zu (…) und muss in den Bildungsinstitutionen entlang der gesamten Bildungskette fest verankert werden“. Die im MINT häufig verwendete Assoziation von Bildung und Kette erscheint mir hier durchaus aufschlussreich.
In dem Grundsatzpapier wird ein bilderbuchmäßig schlichtes Weltverständnis beschworen: „Unsere Umwelt, unsere Kultur und unsere Gesellschaft werden durch ein wissenschaftliches Weltverständnis, naturwissenschaftliche Erkenntnisse und durch die Nutzung technischer Geräte geprägt. Sich der Voraussetzungen, Bedingungen und Folgen des Einsatzes neuer Technologien bewusst zu werden, ist Aufgabe einer breiten MINTBildung für alle Menschen“. Die neuen Technologien kommen offenbar mit naturhafter Zwangsläufigkeit daher! Die Rolle der Technik wird in der Sphäre der Anwendung der Naturgesetze verortet.
Ihr wird immerhin „Kreativität im Umgang mit mathematischnaturwissenschaftlichen Grundlagen“ zugestanden bzw. abverlangt. Ihr Sinn, Zweck, ihre Struktur werden nicht thematisiert. Die Lebenswelt der Menschen, die Gesellschaft, die Kultur, Ökonomie und Politik bleiben außen vor. Lediglich die Ethik, welche die Anwendung der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse begrenzen soll, wird beschworen.
Die Technik wird auch als methodisches Element für den MINTUnterricht angesprochen. Bei den Beispielen geht es offensichtlich nicht um Exemplarität, um Anlässe für den Aufbau eines technischen Grundverständnisses und die Entwicklung grundlegender technischer Fähigkeiten. Im Zusammenhang mit der Klage über Angst, Desinteresse und Demotivation im Physik und Chemieunterricht heißt es: „Durch die Verbindung von Alltagsphänomenen mit naturwissenschaftlichen Grundlagen und technischen Problemlösungen wird ein neuer Zugang zu MINT vermittelt.“ Technik als Motivationsmittel, quasi als didaktisches Gleitmittel!
Von einer kritischen Diskussion des Grundlagenpapiers – so dringend sie nötig wäre – ist mir nichts bekannt.12
Prognosen Wo der zukünftige Fachkräftemangel in den sogenannten MINTBerufen beschworen und die Schule für dessen Überwindung in Anspruch genommen wird, da lohnt sich der Blick auf den Arbeitsmarkt über den MINTBereich hinaus. Dabei zeigt sich, dass der Fachkräftemangel nicht auf die so genannten MINTDisziplinen beschränkt ist. Ihn gibt es in durchaus beklagenswerter und strukturell gefährlicher Weise bei: Landärzten, Handwerkern, Facharbeitern, Pflegekräften, Kraftfahrern, Polizisten, Feuerwehrleuten, Bauern, Jägern, Hebammen … – und damit ist man bei dem gravierendsten Nachwuchsmangel: bei dem der fehlenden Kinder.13
Wäre der Kindermangel behoben, dann wäre auch der beklagenswerte Mangel bei den MINTFächern und anderen Bereichen nicht mehr so schlimm.
Hier fällt es schwer, nicht satirisch zu fragen: Wo bleibt der nationale Gipfel, wo das nationale Forum, wo bleibt das von Verantwortungsbewusstsein getragene Engagement von Akademien, von Stiftungen, von Industrie und Schule, um die Begeisterung für die Vermehrung und für das andere Geschlecht schon früh zu wecken? Fehlt dafür nur der verführerische Name?
Bei der Frage nach dem künftigen Fachkräftemangel ist freilich auch die Verlässlichkeit von Prognosen zu bedenken, nicht nur im Hinblick auf die Methodik der Studien, sondern auch im Hinblick auf die schwer einzuschätzenden Entwicklungen in Gesellschaft und Technik. So ist die Stellung und Anforderungsstruktur der Fachkräfte in der derzeit diskutierten INDUSTRIE 4.0 durchaus offen.14 Mögliche Produktionsverlagerungen, Konjunktureinbrüche etc. sind nicht prognostizierbar. Gutachten über den mittelfristigen Ingenieurbedarf sagen entweder leichte Engpässe oder einen deutlichen Überschuss an Ingenieuren voraus.15 Dabei gibt es z. T. drastische Nachfrageunterschiede nicht nur zwischen den einzelnen Ingenieurdisziplinen, sondern auch zwischen den sogenannten MINTFächern. Gäbe es einen funktionierenden ArbeitsMarkt, dann würde sich die Bezahlung am Bedarf ausrichten und damit die Berufswahl beeinflussen – freilich mit der Gefahr des gerade im Ingenieurmarkt bekannten „Schweinezyklusses“.
An einer Verteuerung der MINTKräfte haben Arbeitgeber – maßgebliche Akteure in der MINTBewegung – naturgemäß wenig Interesse, eher an einem Überschuss, aus dem sie wählen können. Die MINTArbeitskräfte gehören auch heute nicht zu den Spitzenverdienern. „MINT Fächer schlecht bezahlt …Vor allem Frauen verdienen hier eher schlecht.“ So kennzeichnet ein Magazin die Ergebnisse eine Studie des DIW.16
Nein, es geht wohl nicht nur um den Fachkräftemangel, sondern um Wertschöpfung und nicht zuletzt um Einflussnahme und man erhebt dabei den Anspruch auf Zuständigkeit und Kompetenz.
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Zuständigkeiten und Kompetenzen Da man als Industrie Technik im großen Maßstab produziert und vermarktet, da man die Ingenieure einstellt und für sich arbeiten lässt, meint man zu wissen, was Technik ist und was dafür notwendig ist und unterstützt daher das MINTKonzept mit großem Eifer.
Dabei blendet man jedoch die Vielfalt der real existierenden Tätigkeits und Anforderungsprofile der Ingenieure in der Arbeitswelt und die damit gegebenen – in dem MINTKonstrukt nicht berücksichtigten Bezüge der Technik zur Ökonomie und zur Gesellschaft aus. Ingenieure arbeiten nicht nur in Konstruktion, Produktion und Inbetriebnahme, sondern auch im Vertrieb, Einkauf und Verkauf, in Reparatur, in Entsorgung und Recycling, in Beratung, in Kontrolle, im Prüfwesen, in der öffentlichen Verwaltung, in Medizin, beim Militär, im Verkehrsbereich, im Patentwesen, in der Lehre, in der Wissenschaft …. .
Technik als Anwendung von Naturwissenschaften MINT gewinnt seine ScheinEvidenz aus der gesellschaftlich – und selbst bei den technischen Eliten – weit verbreiteten Vorstellung, dass die Technik wesentlich zustande kommt durch die mathematisch unterstützte Anwendung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse.
Eindeutigkeit, Berechenbarkeit und Objektivität sind die ihr zugeschriebenen Attribute.
Theodor Litt hat dem die philosophische Deutung gegeben: Technik sei die wirkungsmächtigste Manifestation des „Gesetzes der Sache“ und die Erziehung zum uneigennützigen „Sachdienst“ eine pädagogische Notwendigkeit.16
In diesem Sinne hat die KMK schon früh die Technik dem „mathematisch naturwissenschaftlichen Aufgabenfeld der Schule“ zugewiesen. Nachdem sich vor allem die höhere Schule jahrzehntelang prinzipiell wegen des vermeintlich „fehlenden Bildungswertes“ gegen die Berücksichtigung
der Technik gewehrt hatte, wurde das Aufgabenfeld in „mathematischnaturwissenschaftlichtechnisches Aufgabenfeld“ umbenannt freilich ohne angemessene fachliche Verankerung der Technik. Das wurde und wird damit begründet, dass die Theorie der Technik in den Naturwissenschaften enthalten sei und die Technik lediglich deren praktische Anwendung umfasse. Ein eigener Technikunterricht für das Gymnasium als „Schule der geistig Begabten“ sei schlicht wesensfremd. Technikunterricht sei lediglich etwas für das niedere und evtl für das mittlere Schulwesen.17
Mathematik und Naturwissenschaften als Grundlage der Technik: An der Aufrechterhaltung dieses Stereotyps haben die etablierten Fächer der Schule auch ein Interesse, sichert es ihnen doch einen wesentlichen Teil ihrer öffentlichen Reputation.
Verwiesen sei auf die „bewährte“ Anlage der Ingenieursstudiengänge, bei denen die Studierenden in den ersten Semestern – ohne je eine Einführung in die allgemeinen Technikwissenschaften bzw. Allgemeine Technologie zu erhalten – sich durch naturwissenschaftliche und mathematische Pflichtveranstaltungen hindurcharbeiten müssen, bevor sie die technischen Kurse belegen dürfen. Sie „erleben“ diesen Stereotyp als Initiationsritus. „Hier trennt sich die Spreu vom Weizen“, „Nur die Harten kommen in den Garten“, so triumphieren die dafür Verantwortlichen und leiten aus der Höhe der Abbrecherquoten (in den Technikfächern immerhin ca. 50 %)18 den Anspruch und die Güte ihrer Lehre ab, eine durchaus von Kundigen längst beklagte, aber noch kaum veränderte Praxis!19
Durchaus unbescheiden erhebt die MINTBewegung nicht nur den Anspruch auf eine effektive Beseitigung des Arbeitskräftemangels, sondern auch den Anspruch auf eine MINTGrundbildung als eine spezifische Weise einer mathematischen, naturwissenschaftlichen und technischen Grundbildung.
Wenn ich hier die informationelle Grundbildung nicht berücksichtige, dann deshalb, weil die etablierte Informatik ein Mischfach aus Mathematik
und Technik darstellt. Sie ist in das MINTModell wohl weniger aus inhaltlichen, sondern eher aus phonetischen Gründen aufgenommen worden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die MINTBewegung ohne das „I“ also als MNTBewegung einen solchen Erfolg gehabt hätte. Wer unterstützt wohl ein MNKonzept?
Da liegt auch die Frage nicht fern, ob nicht auch die Technik nur deshalb in den Namen MINT kam?
Immerhin könnten wir Technikdidaktiker nun fordern, dass da, wo Technik drauf steht, auch Technik drin sein muss – und zwar in einer unverstümmelten Weise!
Die Tatsache, dass in MINT von den Fächern gesprochen wird, sichert freilich nicht die Berücksichtigung eines spezifischen Technikunterrichts und noch nicht einmal die Berücksichtigung eines Studienfaches Technik:
In dem rotgrünen Koalitionsvertrag von RheinlandPfalz für 2011–2016 ist die MINTFörderung ausdrücklich genannt, aber darunter wird lediglich der mathematischnaturwissenschaftliche Bereich der Schule verstanden. Von einer gezielten Technischen Bildung ist nicht die Rede.
In solchem Kontext deutet ein Gymnasium mit MINTZweig aus HamburgHarburg (aber ohne Technikunterricht) unter Berufung auf den DUDEN
die Technik
als „die Gesamtheit aller Maßnahmen, Einrichtungen und Verfahren, die dazu dienen, naturwissenschaftliche Erkenntnisse praktisch nutzbar zu machen“.20
Wer braucht daher noch ein entsprechendes Schulfach, das doch nur die Nutzbarmachung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse zum Inhalt haben könnte?! Da reichen die Verweise der vermeintlich ohnehin kundigen Naturwissenschaftler auf die sogenannte praktische „Anwendung“ und das Einstreuen einiger beliebiger, aber „spannender“ „Praxisübungen“ – nicht zuletzt in der Hoffnung, damit die Attraktivität des bislang eher unbeliebten Unterrichts zu steigern. Die RobertBoschStiftung bietet dafür Unterrichtsmaterialien zur „Technik im naturwissenschaftlichen Unterricht“
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Allgemeine Probleme tu: Fachdidaktik
an, die man „ohne teure Geräte und ohne großen Zeitaufwand“ umsetzen könne.21
Die Technik als ein Bereich eigenständiger Theorie und Praxis, als ein Kulturbereich mit fundamentalen Bezügen zum Menschen, zur Gesellschaft und auch zur Ökonomie ist im MINTBereich keine gesicherte Größe.
Und der Umstand, dass man zumeist nicht von Natur, sondern von Naturwissenschaften spricht, jedoch von Technik aber nicht von den Technikwissenschaften, geschweige denn von der Spezifik und Differenziertheit technischen Handelns, dieser Umstand verweist auf einen Mangel an Reflexion, auf die Wirksamkeit von Stereotypen im Sinne von ScheinEvidenzen.
Nun soll nicht behauptet werden, dass die Akteure des MINT diese Stereotype durchschauen und perfiderweise instrumentalisieren. Vielmehr erscheinen sie mir zumeist selbst Opfer dieser stereotypen Deutung.
Das zugrundeliegende Grundmuster lautet: Keine Technik ohne Naturwissenschaften und Mathematik. Technik ist die Anwendung der Naturwissenschaften. Ohne Technik und ohne die dazugehörigen Ingenieure keine Zukunft. Daher MNT und daher – weil es besser klingt und mehr positive Assoziationen hervorruft – MINT.
Ignoranz gegenüber einer entwickelten Technikdidaktik Rätselhaft ist die Ausblendung der Entwicklung und der Ergebnisse der Technikdidaktik und der konkreten Beispiele einer Technischen Bildung in der Bundesrepublik der letzten 50 Jahre. Die Ignoranz betrifft aber auch die Polytechnische Bildung in der DDR sowie den Technikunterricht jenseits der Landesgrenzen.22
Das Rätselhafte verfliegt, wenn man sich die bisherige Fixierung auf das Gymnasium und auf die diesem vorgelagerte Grundschule vergegenwärtigt. Das Gymnasium hatte sich bisher weitgehend erfolgreich gegen eine unterrichtliche Verankerung der Technik gewehrt und die auf das Gymnasium fixierten MINTApologeten haben die Entwicklungen in den anderen Schularten geflissentlich ignoriert. Nach
dem Muster „Früh krümmt sich, was ein Häkchen werden will“ nimmt man die Grundschule in den Blick und hofft auf die Erzeugung einer „Forschungsbegeisterung“ schon in der frühen Kindheit. Dabei geht es nur selten darum, den genuinen Fragen der Kinder gerecht zu werden, sondern um schlichte Propädeutik. Man ist sich dabei oft nicht zu schade, mit Schutzbrillen und weißen Kitteln einen pseudowissenschaftlichen Mummenschanz zu fördern und an ausgedachten und oft wenig kindertypischen Fragestellungen schon früh die Akzeptanz entfremdeten Lernens zu üben.
Die Ignorierung und Ausblendung der Ansätze und Ergebnisse der Technikdidaktik der letzten Jahrzehnte, vor allem an den Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen, Gesamtschulen und vereinzelten Gymnasien sind insofern unverständlich, als sie überhaupt nicht schulartspezifisch, sondern strikt allgemeinbildend und in der Perspektive von Mündigkeit konzipiert sind. Wenn man wirklich an einer generellen Förderung technischer Bildung interessiert wäre, wenn es wirklich um die Förderung der Technischen Bildung auf allen Ebenen gehen würde, dann müsste diese Ausblendung rasch überwunden werden. Freilich müsste man sich dabei auf das Konzept einer Technischen Bildung einlassen, das sich nicht auf einer vermeintlichen interdisziplinären Einheit von Mathematik, Naturwissenschaften, Informatik und Technik gründet sondern die Technik als Bereich eigener Theorie und Praxis begreift mit fundamentalen Bezügen zum Menschen, zur Gesellschaft, zur Ökonomie, zur Politik und zur Kultur.23
Aspekte eines ungekürzten Technikverständnisses Mittlerweile hat sich das im MINTBereich dominante Deutungsmuster „Technik als Anwendung von Naturwissenschaften“ durch die Forschungen der allgemeinen Technikwissenschaften, der Produktplanungstheorie, der Technikphilosophie, der Techniksoziologie, der Technikgeneseforschung, der Technikgeschichte als kurzschlüssig und falsch erwiesen. Damit ist eine nach dem MINTMuster verbundene Thematisierung
der Technik weder wissenschaftlich noch pädagogisch und bildungstheoretisch zu legitimieren.24
Obwohl entsprechende Veröffentlichungen z. T. schon vor Jahrzehnten erschienen sind, haben sie noch wenig Einfluss auf den gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Mainstream gewonnen, auch nicht – und das ist besonders bedauerlich – auf die Forschung und Lehre in der Ingenieurausbildung.
Offenbar bezieht die Schwerkraft traditioneller Vorurteile und Sichtweisen ihre Stärke nicht nur aus Bequemlichkeit und Ignoranz, sondern auch daraus, dass sie die Interessen ihrer Vertreter sichert.
„Das Bekannte ist darum, weil es bekannt ist, nicht erkannt.“ Hegel fordert daher die „ Anstrengung des Begriffes“.
Werfen wir also einen genaueren, aufgeklärteren Blick auf die Technik.
Menschen, Bedürfnisse, Interessen Technik ist das Ergebnis einer von Bedürfnissen und Interessen geleiteten, zielgerichteten Auseinandersetzung von Menschen mit Gegebenheiten der Natur bzw. mit vorhandenen technischen Mitteln und Verfahren. Von der Gestaltung und Sicherung der Technik sind die Lebensbedingungen und Lebensperspektiven der Menschen abhängig. Das gilt nicht nur für die sogenannten Grundbedürfnisse, sondern für das ganze Spektrum menschlicher Bedürfnisse und Zielsetzungen.
Die Sache Technik ist immer schon die Sache der Menschen.
Technische Sachen sind materielle Manifestationen menschlicher Bedürfnisse und Interessen. Ihr Sinn und Zweck ist ihnen nicht äußerlich, sondern ist ihnen als „produktbestimmende Faktoren“ durch ihre konkrete Gestaltung eingeschrieben. Das Funktionieren von Technik bedeutet das Erfüllen von Anforderungen, die durch die Ziele von Menschen bestimmt sind.
Insofern ist die Trennung von Sachdimension und Humandimension, von Sachdimension und Sinndimension allenfalls zu analytischen Zwecken, nicht aber substantiell sinnvoll!
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In der Technik verwirklicht sich die Kreativität des Menschen in einer besonderen Weise. Die Entwicklung des Menschen ist untrennbar mit der Entwicklung der Technik verbunden. Technik ist daher wesentlicher Teil seiner Kultur, welche die Technik ebenso beeinflusst, wie umgekehrt die Technik die Kultur mitprägt.
Technik wächst nicht an Bäumen. Technik ist Menschenwerk. Sie manifestiert sich in Artefakten (= KunstWerken) und Prozessen. Technik ist von Menschen – oft unter Mühen – gemachte Wirklichkeit. Technische Mittel und Verfahren entstammen differenzierten Arbeitsprozessen und sind oft selbst Mittel für Arbeitsprozesse. Sie werden jedoch nicht nur für Arbeitsprozesse realisiert, sondern dienen in weit bedeutenderem Umfang der umfassenden Lebensgestaltung der Menschen.
Gesellschaft
Technik ist keine Privatangelegenheit sondern ist grundsätzlich gesellschaftlich vermittelt. Das betrifft bereits das Zustandekommen von technischen Artefakten, das nur durch das Zusammenwirken mehrerer Akteure (sei es durch ihre konkrete Mitwirkung oder durch ihre Vorleistungen) möglich ist. Technik entsteht aus Lebenszusammenhängen und aus diesbezüglichen Handlungen. In der Techniksoziologie spricht man von „Technik als soziale Praxis“ und von „Technik als Lebensform“.25
Ihre gesellschaftliche Dimension und Reichweite kann man sich leicht beim Thema „motorisierter Individualverkehr“ vergegenwärtigen. Eine Reduzierung auf das Artefakt Auto, geschweige denn auf die darin wirksamen Naturgesetze würde dem Thema überhaupt nicht gerecht werden. Der techniksoziologische Blick identifiziert drei grundlegende Dimensionen der Technik:
1. die Artefakte,
2. die Kompetenzen und
3. die Regulationen/Konventionen.26
Diese Dimensionen stehen untereinander in vielfältigen Vermittlungszusammenhängen. Die Artefakte benöti
gen zu ihrer Herstellung, Verwendung, Reparatur, Prüfung etc. spezifische Kompetenzen, die sich bei Änderung der Artefakte selbst wieder modifizieren können oder sogar ganz obsolet werden. Eine Veränderung der Kompetenzen ermöglicht modifizierte bzw. ganz andere Artefakte. Die Herstellung und Verwendung der Artefakte benötigt zumeist Infrastrukturen, und damit neue Kompetenzen und Regulative. Zum Gebrauch der Artefakte, aber auch für ihre Herstellung und für die Erzielung der notwendigen Kompetenzen benötigt es unter Umständen Regulative/Konventionen, d.h. Abstimmungen, Verordnungen, Normen, Gesetze und wiederum Infrastrukturen zur Sicherung ihrer Geltung ...
Der gesellschaftliche Charakter von Technik ist beim Nachkauf einer ganz „normalen Schraube“ für ein ganz „normales“ Auto erfahrbar.
Auf den ersten Blick ist die Schraube der Inbegriff eines wertneutralen, rein funktionalen Bauteils. Zunächst ist erfreulich, dass man keine spezielle, nur vom Autohersteller zu bekommende Schraube erwerben muss, sondern eine „genormte“, frei verkäufliche und damit preisgünstigere verwenden kann. Bei näherer Nachfrage erfährt man, dass als Ersatz für diesen Fall nur Schrauben mit einer bestimmten Festigkeit erlaubt sind. Bei einem deutschen Auto ist davon auszugehen, dass es sich um eine Schraube mit metrischem Gewinde handelt. Aus einer Liste ergibt sich die entsprechende DIN/ISONormBezeichnung mit genauesten Maßangaben, mit festgelegten Herstellungsverfahren und Festigkeitswerten.
Auf dem Kopf der Schraube findet man eine Zahlenkombination und ein geheimnisvolles Zeichen. Fragt man weiter, so erweist sich die Zahlenkombination als die gewährleisteten Festigkeitswerte und das Zeichen als Kennung des Produzenten. Diese Kennung soll es ermöglichen, bei einem Bruch der Schraube eventuelle Regressansprüche gegen den Schraubenhersteller geltend zu machen.
Der Vermittlungszusammenhang von Gesellschaft und Technik gilt nicht nur bei dem gesellschaftlichen Charakter von Technik sondern auch bei dem technischen Charakter von Gesellschaft. So bilden Produktion, Bauen und Wohnen, Versorgung und Entsorgung, Transport und Verkehr, Information und Kommunikation quasi das materiale Rückgrat einer Gesellschaft.
Technikwissenschaften
Technik ist ein Bereich spezifischer Theorie und Praxis. Die Theorien der Technik artikulieren sich in den Technikwissenschaften.
Die Technikwissenschaften sind in einem wesentlichen Teil Handlungs und Gestaltungswissenschaften.
Die konkrete Entwicklung der Technikwissenschaften ist historisch stark an den Ausbildungsinteressen der Ingenieure und an den unmittelbar verwertbaren und von ihren jeweiligen Arbeitgebern nachgefragten Inhalten orientiert und weniger an der Aufklärung des Gesamtzusammenhanges von Technik. Der Ansatz einer auf den Gesamtzusammenhang ausgerichteten Technikwissenschaft, einer „Allgemeinen Technologie“, geht zwar schon auf das 18. Jahrhundert zurück, er ist aber in den real existierenden technischen Forschungs und Ausbildungsstätten recht wenig verankert bzw. entfaltet.
Den inhaltlichen Umfang einer allgemeinen Technikwissenschaft umschreibt Ropohl, der sich um die Entfaltung und Berücksichtigung einer „Allgemeinen Technologie“ weithin verdient gemacht hat, folgendermaßen:
„Begriff der Technik; Technische Sachsysteme: Funktion, Struktur und Klassifikation; Technikverwendung im soziotechnischen System: arbeits und sozialwissenschaftliche Analyse der MenschMaschineBeziehungen; Grundlagen technischen Gestaltens: Erfindungstheorien, Planungs und Konstruktionsmethoden, Produktionsprinzipien; Theorien der technischen Entwicklung: sozioökonomische und soziokulturelle Bedingungen und Folgen der Technisierung; Technikge
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schichte und technische Prognostik; Technikbewertung und Technikpolitik.“ 27
Vergegenwärtigt man sich die mangelhafte Berücksichtigung dieser Inhalte (insbesondere der soziotechnischen und soziokulturellen) in den Ausbildungs und Studienordnungen, so muss man folgern, dass die zumeist hochspezialisierten technischen Eliten in ihrer überwiegenden Mehrheit keine hinreichende Orientierung in ihrer eigenen Gesamtdisziplin erhalten. Sie können daher eigentlich nicht wissen, was sie sind und was sie tun.
Die Naturwissenschaften und die Mathematik wurden ihnen in ihrer Ausbildung aber als „Grundlagenfächer“ vermittelt, so dass ihnen letztlich kaum Kategorien zur Verfügung stehen, die Kurzschlüssigkeit einer vermeintlichen MINTEinheit zu durchschauen.
Das hat auch Auswirkungen auf die Rekrutierung des technischen Nachwuchses. Wer Eindeutigkeit, Neutralität und Berechenbarkeit schätzt, Mehrdeutigkeit und Pluralität als chaotisch und bedrohlich empfindet, der wählt – oft von wohlmeinenden „Kennern“ unterstützt – eher technische Fächer und blendet die anderen Dimensionen erfolgreich aus – zumal sie nicht Gegenstand verbindlicher Lehre und Examina sind. Rammert charakterisiert die im Rekrutierungsmuster sich stets selbst stabilisierende Sicht: „Der ’eine beste Weg‘ einer vermeintlich neutralen technischen Rationalität wird mit einem pluralistischen Chaos wertebehafteter Sozialität kontrastiert“.28
Technikpraxis
Die Technikpraxis wird durch die Dimensionen Entwicklung, Herstellung, Gebrauch, Wiederverwertung und Entsorgung charakterisiert. Diese Dimensionen, deren Zusammenhang auch als „ProduktLebenszyklus“ beschrieben wird, sind jedoch nicht gleichrangig, sondern haben ihr Zentrum im Gebrauch.
Ohne den Gebrauch hat die Technik keinen Sinn und ohne Gebrauchstauglichkeit keinen Wert. Alle Herstellung (Planung, Konstruktion und Fertigung) hat ihr Sinnzentrum in der späteren Verwendung des Hergestellten und
legt dessen Verwendungszusammenhang schon weitgehend fest.
Für das technische Handeln gilt die Trias
Ziele, Mittel(Artefakte) und Folgen – wobei sich
in einem Artefakt je nach Komplexität mehrere zielerfüllende Funktionen als Haupt und Nebenfunktionen vereinen, die Ziele sich oft mit unterschiedlichen aber legitimen Mitteln realisieren lassen und die unterschiedlichen Lösungen in unterschiedlicher Weise erwünschte und unerwünschte Folgen haben.29
Janich kennzeichnet daher technisches Handlungswissen zu Recht als „Handlungsfolgewissen“.30
Die erwünschten, beabsichtigten, durch technische Kunst bewirkten Folgen sind der eigentliche Zweck von Technik. Technik gilt gemeinhin als besonders starke Ausdrucksform zweckrationalen Handelns. Es ist daher höchst verwunderlich, dass die konkreten Zwecke, das lebensweltlich Erwünschte, in der technikwissenschaftlichen Systematik nur noch schattenhaft als Stoff, Energie oder InformationsWandlung, Transport oder Speicherung auftauchen. Das erscheint sowohl der Fülle der menschlichen Zwecke geschuldet als auch dem Bestreben der Wissenschaft nach Generalisierung und Formalisierung. Damit besteht aber die Gefahr, dass das eigentlich Wichtige und Konkrete „systematisch“ aus dem Blick gerät.
Eine allgemeine technische Bildung, welche sich an den technischen Wissenschaften orientieren will, muss diese Gefahr des Verschwindens von Wirklichkeit durch eine zu starke systemtheoretische Formalisierung berücksichtigen und die lebensweltliche Struktur und Bedeutung von Technik auch aus einer phänomenologischen und hermeneutischen Perspektive zu erschließen trachten.
Technische Systeme und Prozesse lassen sich unter dem Gesichtspunkt der Veränderung der Größen Energie, Stoff und Information beschreiben. Eine solche Betrachtungsweise hilft sehr bei der Analyse und Systematisierung der Vielfalt technischer Erscheinungen.
Sie vermag es jedoch nicht, die wesentlichen Bestimmungsmerkmale der Technik zu treffen, auch nicht deren wissenschaftliche.
Die Faszination durch diese vermeintliche „technische Weltformel“ hat auch in der Technikdidaktik dort zu einem unheilvollen Reduktionismus geführt, wo sie dieses Deutungsmuster zentral stellte und die anderen von Ropohl angesprochenen Aspekte einer Allgemeinen Technikwissenschaft ausgeblendete bzw. marginalisierte.
Demgegenüber wäre es angeraten, die übliche Fixierung auf einen deskriptiven Funktionsbegriff zu überwinden und den teleologischen, die Absichten und die Folgen umfassenden Funktionsbegriff mehr in das Zentrum der technikwissenschaftlichen und technikdidaktischen Reflexion zu stellen.31
Offenheit für Lösungs alternativen
Technik wird nicht einfach von Sachzwängen bestimmt, sondern ist das Ergebnis von Problemlösungs und Entscheidungsprozessen.
Im Prozess der Gestaltung von Technik gibt es auf jeder Ebene prinzipiell mehrere Lösungsmöglichkeiten. Um technischen Prozess überhaupt fortsetzen zu können, müssen in jeder Phase des Entstehungsprozesses Entscheidungen auf der Basis von Bewertungen der Alternativen getroffen werden. Konkretes Technisches Handeln ist „werturteilsgesättigt“.
Das gilt selbst dann, wenn dies durch die Wahl „üblicher“ Werte und Präferenzen gar nicht ins Bewusstsein gerät.
Die Technikbewertung erfolgt also nicht erst am Ende des Prozesses.
Die der Technik angemessenen Beurteilungskategorien sind nicht „richtig oder falsch“, sondern „gut oder schlecht“, bzw. „besser oder schlechter“ im Hinblick auf die geforderten Eigenschaften. Diese Kategorien sind sozial konnotiert durch die Frage „Für wen?“.
Technik ist nicht wertneutral. In den technischen Entscheidungsprozessen sind vielfältige – oft widersprüchliche – Anforderungen zu berücksichtigen. Technisches Handeln ist bezogen
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auf humane, ökonomische und ökologische Ziele, ein Handeln im Zielkonflikt. Der Kompromiss ist wesentliches Merkmal realisierter Technik. Die uns umgebende, angebotene und zugemutete Technik ist in der Regel das Ergebnis fremder Bewertungen und Entscheidungen.
Technikakzeptanz kann deshalb keine angemessene Haltung zum Technikangebot sein. Der Umstand, dass es in der Technik nicht die eine beste Lösung gibt, sondern viele legitime Lösungen mit unterschiedlichen Vorteilen und Nachteilen, zwingt zu einem kritischen, die eigenen Interessen und Bewertungspräferenzen reflektierenden Verhalten.
Technik, Ökonomie, Politik
Realisierung, Verwendung und Entsorgung realer Technik tangieren die Interessen und Ziele von Herstellern, Anbietern, Verwendern und Folgebetroffenen. In einer pluralistischen Gesellschaft besteht kein grundsätzlicher Interessenkonsens zwischen den Akteuren. Daher ist die Rede von der Technik und von dem Menschen schlicht unwahr und letztlich blanke Ideologie. In dieser Gesellschaft ist auf dem Markt, der angeblich alles richten soll, die Marktmacht sehr ungleichmäßig verteilt und bei der Ausspähung und Manipulation der „Kunden“ helfen nicht zuletzt Mathematiker, Naturwissenschaftler, Informatiker und Ingenieure mit.
Es kommt daher auf die politische und rechtliche Verfasstheit der Gesellschaft an, auf das kritische und sachkundige Engagement der Bürger und auf eine ökonomische, politische und technische Bildung, die ihren Namen verdienen, wenn die Demokratie nicht auf Dauer Schaden nehmen soll – oder soll man sagen?: damit Demokratie überhaupt wirksam werden kann.
Nicht zuletzt sind es die Folgebetroffenen und die späteren Generationen, für die es wegen ihrer Nichtbeteiligung am Markt technikbezogene Normen und Gesetze geben muss, aber auch ein verantwortungsvolles und solidarisches technisches Handeln aller Agierenden, insbesondere auch der Techniker.
In den Bewertungs und Entscheidungsprozessen der Technik kommen kulturelle, gesellschaftliche, ökonomische und ökologische Zielsetzungen und Präferenzen zur Geltung. Diese Voraussetzungen sind für das Technikverständnis ebenso bedeutsam wie die Folgewirkungen der Technik. Der Technische Wandel, die Implementierung neuer Technik wird derzeit sehr oft weniger von humanen Bedürfnissen und von gesellschaftlichen Notwendigkeiten als vielmehr von ökonomischen Interessen im Sinne hoher Wertschöpfung bestimmt. Das führt zur raschen Entwertung der Produkte, ohne dass deren Gebrauchsnutzen sich verschlechtern würde und zur Vergeudung von menschlichen, ökonomischen, energetischen und stofflichen Ressourcen.
Auch hier zeigt sich die Unwahrheit des Redens von der Wissenschaftsbestimmtheit von Technik und Gesellschaft. Die Geschwindigkeit des technischen Wandels lässt sich selten durch die Behebung von Unzulänglichkeiten, durch den Fortschritt der Naturwissenschaften und den Fortschritt der Technik erklären, sondern eher von den Wertschöpfungserwartungen der Wirtschaft, welche die Ingenieure und auch die Naturwissenschaftler und zunehmend auch die Sozialwissenschaftler in ihren Dienst nimmt. Die öffentliche Technikdiskussion mündet oft in die Forderung nach Technikakzeptanz.
Gern wird das Bild von den kreativen, dem wissenschaftlichtechnischen Fortschritt verpflichteten Ingenieuren gezeichnet, deren Ideen von der ängstlichen und unwissenden Bevölkerung nicht angenommen würden, worauf nicht nur Akzeptanz, sondern geradezu Technikbegeisterung eingefordert wird.
Bei aller Lobrede vom tüchtigen Ingenieur wird leicht übersehen, dass die Ingenieure in der Regel keine selbstständigen Akteure des technischen Wandels sind, sondern in ihrer großen Mehrheit „unselbstständig Beschäftigte“, welche über ihr jeweiliges „Pflichtenheft“ nicht frei verhandeln sondern dieses vorgegeben, bekommen und abarbeiten müssen. Wo in ihrem Bildungs und Ausbildungspro
zess werden sie davor bewahrt, zu Vertretern jenes „Geschlechtes erfinderischer Zwerge“ zu werden, „die für alles gemietet werden können“? (Brecht, Leben des Galilei) 32
Das Verhältnis von Industrie und Gesellschaft ist durch das Bild der Versorgung der Menschen mit Gütern und Dienstleistungen mithilfe von Technik nicht mehr angemessen zu beschreiben. Aus Interesse an ihrer Selbsterhaltung und Expansion hat sich die Industrie von ihrer gesellschaftlichen Dienstfunktion weitgehend emanzipiert und sich zu einem mächtigen Akteur in Gesellschaft und Politik gemacht. Der Konsum immer neuer Produkte wird quasi zur Pflicht und mit großem Aufwand angefeuert. Die Technik wird dabei in vielfältiger Weise in den Dienst genommen. In Analogie zum „militärischindustriellen Komplex“ lässt sich von einem „ökonomischindustriellen Komplex“ sprechen, demgegenüber eine naive Haltung gefährlich ist.
Diese Abhängigkeiten und Verflechtungen bewirken im Übrigen, dass weder die Sozietäten der Wissenschaftler noch die der Ingenieure zu gesellschaftlichen Orten des intensiven Nachdenkens über den richtigen, am Gemeinwohl orientierten Weg der Entwicklung von Wissenschaft, Technik und Gesellschaft geworden sind, ungeachtet ihrer Präambeln und Festtagsreden. Und die zunehmende Drittmittelabhängigkeit der Universitäten lässt nichts Gutes erhoffen.
Risiko und Unbestimmbarkeit
Technisches Handeln ist Handeln in der Perspektive des Risikos, des erhofften Gelingens und des befürchteten Scheiterns. Die Technikgeschichte bietet dafür vielfältige Beispiele. Technisches Handeln ist daher an eindeutigen Entscheidungen und an verlässlichen Rahmenbedingungen interessiert. Das Bedürfnis nach Verlässlichkeit, Eindeutigkeit und Berechenbarkeit der Folgen ist ein Grund für die Inanspruchnahme der Mathematik und der Naturwissenschaften (insbesondere der Physik, wobei sehr oft die „eigentlich falsche“, die Newtonsche Version reicht) durch die
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Allgemeine Probleme tu: Fachdidaktik
Technik. Doch ist das Moment des Riskanten damit nicht zu bannen. In der Technikphilosophie spricht man vom Homo Technikus, als dem „waghalsig Unwissenden“, als dem „Homo Inscius“. 33 Die Komplexität der Entscheidungsstrukturen, klimatische Veränderungen, gesellschaftliche Strömungen, ökonomische Konkurrenz, drastische Spätfolgen, politische Entscheidungen usw. können auch wohlberechnete und technisch gediegene Projekte, ja ganze Industrien zum Scheitern bringen. Man denke an die „Energiewende“ oder an die Diskussion in der Versicherungswirtschaft um die ungeklärten Auswirkungen von Nanoelementen in natürlichen Wasserkreisläufen. Die Rede von der Risikogesellschaft kommt nicht von ungefähr. Die Charakterisierung der Technik als „Manifestation des Gesetzes der Sache“ erweist sich auch hier als Unsinn.34
Angesichts des fortgeschrittenen Entwicklungsstandes der Technik mit ihren vielfältigen Lösungsalternativen und angesichts der gesteigerten Kenntnisse der technischen Wissenschaften sind gefährliche – auch unbeabsichtigte – Nebenwirkungen nur noch selten sachlich, d.h. aus dem mangelhaften Stand der Technik heraus zu rechtfertigen. Sie müssen vielmehr gesellschaftlich eingegrenzt, abgestellt bzw. verantwortet werden.
Naturwissenschaften und Technik
Technik ist substantiell keine Anwendung von Naturwissenschaften und Mathematik. Sie nutzt vielmehr naturwissenschaftliche Erkenntnisse und mathematische Instrumentarien für eigene Zwecke, insbesondere zur Optimierung. Die Naturwissenschaften sind nicht die grundsätzlichen Bedingungen gelingender Technik, was sich auch an historischen Beispielen zeigen lässt. Der Siegeszug der klassischen Wärmekraftmaschine, der Dampfmaschine, vollzog sich in einer Zeit, als in der Physik die PhlogistonTheorie favorisiert wurde, eine aus heutiger Sicht unhaltbare Vorstellung von Wärme und Verbrennung. Die mächtigen Kathedralen – damals HighTechProdukte – wurden ohne eine Theorie der Statik von Tragwerken geschaffen.
Noch heute streitet sich die Physik um das richtige Verständnis des Auftriebs am Flugzeugflügel während sich Abermillionen von Menschen den Flugzeugen anvertrauen (können).35
„Es funktioniert, auch wenn wir nicht wissen warum.“ „Aber wir können sagen, warum wir es machen und zeigen, wie wir es machen und können sagen, für wen wir es machen.“ „Und: Wenn ihr uns sagen könnt, warum es geht, umso besser.“ (Sätze aus einer fiktiven „Unabhängigkeitserklärung der Techniker gegenüber den Macht und Deutungsansprüchen der Naturwissenschaftler“)
Die Naturwissenschaften und die Mathematik sind bedeutende Hilfswissenschaften der Technik, sie bilden aber nicht die Grundlagen der Technik.
Die Naturwissenschaften bedienen sich im Forschungsprozess zunehmend technischer Apparate und der Problemlösungskompetenz von Ingenieuren. Man kann daher von einem gegenseitigen Verhältnis von Hilfsdisziplinen sprechen, nicht aber von einer Einheit.
Bei der Verwirklichung technischer Funktionen ist – wenn sie nicht durch die Kombination und Variation bereits vorhandener technischer Lösungsmuster und Systeme realisiert werden können – generell eine Auswahl unterschiedlicher natürlicher Effekte möglich (z. B. Schwerkraft, Auftrieb, Magnetismus, Elastizität). Sie sind Variablen, nicht Voraussetzungen. Ihre Auswahl richtet sich nach den menschlichen Zielsetzungen und Präferenzen sowie nach den gesellschaftlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen. Die Notwendigkeit der Kenntnis der naturwissenschaftlichen Details dieser Effekte ist für Technikmacher, also für Ingenieure in der Regel durchaus höher als etwa für die Techniknutzer, die technischen Laien. Für diese sind beispielsweise das Funktionswissen, das Wissen um den Gebrauchswert, das Handlungswissen und das Infrastrukturwissen ungleich wichtiger.36
Natürlich hat z. B. die Quantenphysik einen entscheidenden, ja ausschlaggebenden Beitrag zur Entwicklung
des Transistors geleistet, aber die entsprechende Entwicklungsrichtung war technisch bestimmt. Röben spricht hier von einer technisch inspirierten, ökonomisch getriebenen naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung, welche zur Entwicklung des Transistors als einer Schlüsselerfindung geführt hat. Nachdem aber der Prototyp vorhanden war, bedurfte es für die Produktion und Modifikation von Transistoren, aber auch für die Konstruktion und Fertigung eines Transistorradios, oder gar für dessen Gebrauch i.d.R. keine quantenphysikalischen Kenntnisse mehr. Dafür kommen vielfältige, sehr unterschiedliche technische Kenntnisse und Fähigkeiten zum Tragen. Diese wegzublenden und die damals notwendigen fetskörperphysikalischen Erkenntnisse als entscheidend für die ganze halbleiterverwendende Technik zu reklamieren kommt einer geistigen Enteignung der Techniker gleich.37
Die allenthalben geradezu mantramäßig vorgetragene Behauptung von der Technik als der „Anwendung“ von Naturwissenschaften kontrastiert mit dem Tatbestand, dass man nirgends genauere Darstellungen und Demonstrationen zu diesem Prozess der „Anwendung“ erhalten kann ...? Ich habe selbst als junger Ingenieur bei meiner Arbeit diesen offenbar geheimnisvollen Wandlungsprozess nie wahrgenommen und verstanden, wohl aber den Umstand, dass ich mir bekannte naturale Effekte auswählend zunutze machen konnte.
Die Naturwissenschaften haben keine Kategorien für das Verstehen von Technik geschweige denn für die Beurteilung und Bewertung von Technik. Mit ihrer Hilfe sind lediglichAnsätze des Erklärens möglich.
Der Versuch Technik zu verstehen, kann durch eine Analyse der in ihr genutzten natürlichen Effekte nicht gelingen, sondern erst dann, wenn man die zielerfüllenden Funktionen identifizieren kann und wenn man die Entscheidungen nachzuvollziehen in der Lage ist, welche bei ihrer Verwirklichung gefällt wurden.
Das den Gestaltungs und Entscheidungsprozess bestimmende „Pflichten, bzw. Lastenheft“ enthält keine
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tu: Fachdidaktik Allgemeine Probleme
naturwissenschaftlichen oder mathematischen Vorgaben. Zur Beurteilung und Bewertung des Grades der Pflichterfüllung im Artefakt können sie keinen Beitrag leisten. Auf die Fragen nach dem „Wieso? Weshalb? Warum?“, die nach dem Votum der „Sendung mit der Maus“ vor der Dummheit schützen, haben sie bezogen auf die Technik keine Antworten!
Resümee Technikgestaltung und Techniknutzung sind nicht die praktischen Ausdrucks und Anwendungsformen mathematischer und naturwissenschaftlicher Gesetzmäßigkeiten. Sie sind ebenso wenig nur die praktische Anwendung technikwissenschaftlicher Erkenntnisse und Gesetzmäßigkeiten. Sie haben ihren Kern in der Erfahrung und im Können und ihre Orientierung an den differenzierten menschlichen Interessen, Bedürfnissen, Wünschen, Ängsten und Hoffnungen und sie haben letztlich zu tun mit der Vorstellung von einem guten, richtigen Leben.
Vor dem Hintergrund einer umfassenden – hier nur bruchstückhaft dargelegten Technikanalyse erweist sich das MINTKonzept als sachlich un und kurzschlüssig. Es halbiert und verfälscht eine angemessene Wahrnehmung der Technik. Die Naturwissenschaft ist eigentlich nur eine Hilfsdisziplin der Technik, quasi die Magd im Haus der Technik. Durch die dominant naturwissenschaftliche Technikdeutung in der Schule wird die Magd zur Herrin ausgerufen. Diese Technikdeutung enteignet den Menschen seiner Urheberschaft, Herrschaft und Verantwortung.
Das MINTKonzept ist damit pädagogisch unsinnig, wenn es in der gegenwärtigen inhaltlichen Konstellation mit dem Anspruch auf Realisierung einer technischen Bildung in der allgemeinbildenden Schule auftritt.
Wenn es in seiner gegenwärtigen Dynamik und Verfasstheit und Finanzkraft als Agent der Sicherung des Nachwuchses im Bildungswesen auftritt, dann ist es pädagogisch unanständig, weil es die Interessen der anderen von Nachwuchsproblemen betroffenen
Disziplinen missachtet und außerdem die genuinen Aufgaben einer allgemeinbildenden Schule ignoriert.
Es ist überdies strategisch und pädagogisch dumm, weil es suggeriert, dass der Zugang zur Technik und zu einem technischen Verständnis im Wesentlichen durch das Tor der Mathematik und der Naturwissenschaften zu erreichen ist. Damit verfälscht es nicht nur das Verständnis der Technik, sondern es weist gerade jene ab, welche einen Zugang zur Technik eher über die menschlichen Bedürfnisse, ihre kulturelle Bedeutung, ihre gesellschaftliche Relevanz und Problematik über die Kreativität und über die lebensweltliche Praxis gewinnen könnten.
Angesichts der Fülle der mit dem MINTKonzept zwangsläufig ausgesparten aber zur Technik substantiell gehörenden Aspekte und Bezüge gibt es für die Technikdidaktik eigentlich keinen Anlass, sich ernsthaft auf das
MINTKonzept einzulassen, gerade dann, wenn es als interdisziplinäre Einheit auftritt.
Es führt – auch bei allem guten Willen vieler seiner Akteure – zu einer Verkürzung und Verfehlung Technischer Bildung. Da es den Gegenstand Technik m. E. um wesentliche Dimensionen verkürzt, bzw. diese randständig und beliebig macht, kann es technologische Aufklärung nicht fördern, sondern bewirkt Verdummung, auf z. T. hohem formalem Niveau.
Gegen die eigentlich technikdidaktisch gebotene Zurückhaltung gegenüber MINT bleiben nur die Argumente,
– dass es ohne unsere Mitwirkung nur noch schlimmer würde,
– dass die Technische Bildung von der Aufmerksamkeit, die gegenwärtig der naturwissenschaftlichen Bildung und nun auch der Technik in der pädagogischen Öffentlichkeit zuteil wird, nicht profitieren würde,
Tjalve, Produktbestimmende Faktoren (siehe Anm. 24)
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Allgemeine Probleme tu: Fachdidaktik
– dass die Technische Bildung von den für MINT bereitgestellten Mitteln nichts abbekäme.
Anpassung und Diensteifer, aber auch Rückzug und Resignation sind wohl keine angemessenen Antworten auf die gegenwärtige Situation.
Will die Technikdidaktik, wollen die Technikdidaktiker von der (wenn auch schiefen) Wahrnehmung der Technik profitieren und wollen sie eine bloße Appendixexistenz in der Schule überwinden, so müssen sie offensiv für eine unverkürzte Technische Bildung eintreten.
Sie sollten die Desiderata in den MINTDiskursen deutlich benennen und bereit sein, auch als bildungspolitische „Spielverderber“ zu fungieren. Sie sollten auch diejenigen beim Wort nehmen, welche eine Förderung technischer Bildung versprechen, sie aber substantiell weder meinen noch inhaltlich benennen können.
Die Chance besteht darin, dass man darauf besteht, dass dort, wo Technik draufsteht auch Technik drin ist bzw. hineinkommt.
Sie sollten sich selbstbewusst als die Experten für Technik in der Schule zur Geltung bringen und auf den erarbeiteten technikdidaktischen Fundus hinsichtlich der Konzepte Inhalte, Methoden und Medien technischer Bildung verweisen. Insbesondere gegenüber jenen, welche die lange technikdidaktische Tradition bisher ignoriert haben.
Sie sollten zur Geltung bringen, dass Technische Bildung nicht mit Gelegenheitsunterricht und nicht umsonst zu bekommen ist, sondern auf angemessene Fachräume, Deputate, Finanzen und ausgebildete Lehrkräfte angewiesen ist.
Sie müssen auf die Klärung der bisher unklaren schulorganisatorischen Probleme hinwirken. Diese Klärung im Diskurs könnte dazu beitragen, dem MINTKonzept den gegenwärtigen Glorienschein zu nehmen.
In welcher Form soll das MINTKonzept im Fächergefüge der Schule etabliert werden?
Denkbar (und aus meiner Sicht am ehesten hinnehmbar) wäre MINT als bloße Sammelbezeichnung für die
diesbezüglichen autonomen Schulfächer einschließlich der Einrichtung eines Faches Technik, dort wo es noch nicht eingeführt ist. Diese Fächer wären gehalten, nicht nur intern aufeinander Bezug zu nehmen oder miteinander zu kooperieren, sondern themenabhängig auch auf andere Fächer der Schule einzugehen bzw. mit ihnen zu kooperieren.
Denkbar wäre MINT als Fachbereich mit vorgegebenen Festlegungen. Dabei ist die Frage zu klären, wer diese Festlegungen trifft und in welcher Entscheidungs und Absprachekonstellation und nach welchen didaktischen Gesichtspunkten die inhaltlichen Festlegungen erfolgen?
Denkbar wäre ein neues Fach MINT neben den etablierten Fächern.
Denkbar wäre MINT als Ersatzfach anstelle der etablierten Fächer.
Zu klären wären dabei natürlich auch die Konsequenzen, die sich aus den jeweiligen Alternativen für die Lehrerbildung, die Lehrerfortbildung, die Fachraumgestaltung, die Schulbuchproduktion etc. ergeben.
Dies lenkt den Blick auf das Problem der Didaktik. Bei der Propagierung „interdisziplinärer“ MINTKonzepte und auch bei Propagierung von Konzepten, eines einheitlichen („interdisziplinären“) naturwissenschaftlichtechnischen Unterrichts (NT) wird stillschweigend von der Möglichkeit einer MINTDidaktik bzw. NTDidaktik ausgegangen. Nach sachlichen Gesichtspunkten kann es bei einem administrativ erfolgten Zwangsverband (euphemistisch „Verbund“ bezeichnet) von Fächern mit sehr unterschiedlichen Inhalten, Methoden, wissenschaftlichen Strukturen, Urteilsgründen, Fachsprachen etc. keine einheitliche Gesamtdidaktik geben, ohne dass dabei substantielle Spezifika der beteiligten Disziplinen verloren gehen(müssen). Die Strukturen von Naturwissenschaft und die der Technikwissenschaft und die der Technikpraxis sind bereits so unterschiedlich, dass es sachlich unmöglich erscheint, eine halbwegs stimmige MINTDidaktik oder eine NTDidaktik zu begründen und zu etablieren, so wenig wie es bisher möglich war, eine stimmige Arbeitslehredidaktik zu entwickeln.
Solch sachlicher Vorbehalt wird aber weder die großen MINTPlayer davon abhalten eine entsprechende Didaktik zu fordern, noch die Hochschulen daran hindern, entsprechende Professuren einzurichten, wenn es ihnen Renommee verspricht oder wenn sie dadurch die Möglichkeit erhalten, die Stellen für die Einzeldisziplinen einzusparen. Genügend ehrgeizige Nachwuchswissenschaftler wird es sicher geben. MINTLehrer erleichtern den Schulleitungen auch den Lehrerein satz, können sie doch als Mathelehrer, als Biologielehrer, als Physiklehrer, als Chemielehrer, als Informatiklehrer oder als Techniklehrer eingesetzt werden.
Wer dazu neigt, den gegenwärtigen MINTHype mit Geduld und ohne sich einzumischen einfach zu überstehen, der muss mit der Furcht leben, dass in der Zwischenzeit irreparable strukturelle Schäden im Bildungswesen verursacht werden.
Wer sich von MINT eine Stärkung technischer Bildung erhofft, der sollte einen Blick auf die vordergründig positiven Signale werfen, die durch die Einführung von Fächern und Fächer„verbünden“ zum naturwissenschaftlichtechnischen Unterricht gesendet werden. Doch die genaue Analyse ergibt erschreckende Befunde, welche an Etikettenschwindel gemahnen:
So beispielsweise in Bayern, wo für die Klassen 5 bis 7 des Gymnasiums das Fach „Natur und Technik“ eingeführt wurde. In Bayern – beim Bier stolz auf sein Reinheitsgebot – zeigt die Analyse, dass Technik in dem Fach „Natur und Technik“ praktisch gar nicht enthalten ist! 38
BadenWürttemberg, einstmals ein Vorreiter in technischer Bildung reformiert gerade die Schule mit dem durchaus sympathischen Ziel stärkerer inhaltlicher Übereinstimmung zwischen den Schularten. Fatalerweise orientiert man sich dabei am Gymnasium, das sich bisher tapfer gegen eine Etablierung des Technikunterrichts gewehrt hat. Der Fächerverbund „Biologie, Naturphänomene und Technik“ ist immerhin in den Klassen 5 und 6 im Pflichtbereich ausgewiesen! 39
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tu: Fachdidaktik Allgemeine Probleme
Doch ausweislich der offiziellen Stundenkontingenttafel ist für Technik in Gymnasium 2x ½ Stunde, also insgesamt nur eine(!) Stunde von 6 ausgewiesen;
für Biologie 4 im Verbund plus 5 als eigenes Fach, für Physik insgesamt 8,5 und für Chemie 6,5 Stunden.
Technik ist im Pflichtbereich der Sekundarstufe als eigenes Fach nicht vorgesehen.
Das ergibt ein Verhältnis von Naturwissenschaften zur Technik im Gymnasium von 20 zu 1. Technik wird im Titel deutlich genannt, inhaltlich aber nicht berücksichtigt und der Fächerverbund wird in den Verlautbarungen des Ministeriums als naturwissenschaftlicher Fächerverbund mit einer Brückenfunktion hin zu den naturwissenschaftlichen Einzelfächern bezeichnet.
In der Realschule und in der Werkrealschule ist das Verhältnis immerhin 22 zu 2.
Solche Verhältnisse zeigen die ungebrochene Wirksamkeit des FehlVerständnisses von Naturwissenschaft und Technik im Bereich der Allgemeinbildung und die Macht des schulischen Establishments.
Technik nicht für alle!
Den Technikunterricht findet man, wenn überhaupt, im Wahlbereich, z. B. in BW, wo man sich zwischen den Fächern „Technik“ und „Alltagskultur, Ernährung, Soziales“(AES, früher HTW) sowie der 2. Fremdsprache entscheiden muss.
Das Gymnasium sieht das Fach AES gar nicht vor und die Technik kann im Wahlbereich neben der 3. Fremdsprache nur unter der „geistigen Führung“ durch die Naturwissenschaften belegt werden. Das entsprechende Fach heißt dort „Naturwissenschaft und Technik“ und wird als Kernfach für das naturwissenschaftliche Profil bezeichnet.40 Das Fach ist gegenwärtig noch in der Erprobung. Aber man muss damit rechnen, dass das in der Namensgebung aufscheinende Versprechen auf eine solide und unverkürzte Technische Bildung nicht eingelöst wird.
Es erscheint daher notwendig, nicht den Überschriften zu vertrauen, sondern die Konzepte und Lehrplan
elemente, aber auch die vielen in das Schulsystem einströmenden Broschüren, Materialien und Kurse einer genaueren Analyse zu unterziehen und die entsprechenden Befunde in den Diskurs einzubringen.
Der „Verein Deutscher Ingenieure“ (VDI), der viele Jahre für einen eigenständigen Technikunterricht in allen Schularten und Schulstufen maßgeblich mitkämpfte, hat sich offenbar dem wirtschaftlich verstärkten Sog der MINT Bewegung ergeben. Er ist eines der Mitglieder des Nationalen MINTForums.41 Der VDI hat dem Werben des „Deutschen Vereins zur Förderung des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts (MNU)“ nachgegeben und maßgeblich die Entwicklung eines didaktischen Konzepts eines „interdisziplinären Ansatzes ’Natur und Technik‘ für das Gymnasium“ unterstützt. Diesem Konzept gilt grundsätzlich die gleiche Skepsis, wie sie hier dem MINT gegenüber vorgetragen wurde und sollte technikdidaktisch genau analysiert und differenziert diskutiert werden.42
Hoffnung macht nun die Forderung des VDIPräsidenten Udo Neugeheuer auf dem Ingenieurtag 2015: „Die Politik muss die technische Bildung endlich flächendeckend fest verankern. An allen Schulen, über alle Jahrgangsstufen hinweg. Auf einem Niveau, das deren enormer Bedeutung gerecht wird.“ 43
Schärfung des Technik-verständnisses und Präzisierung der Essentials der Technikdidaktik Die Erfahrungen der Vereinnahmung, Ausgrenzung, Verkuppelung und Ignoranz im MINT und NT Zusammenhang bietet der Technikdidaktik durchaus die Chance der kritischen Bestandsaufnahme, der Vergewisserung und der inhaltlichen Weiterentwicklung. Sie sollten aber auch zu einer Intensivierung der Außenkontakte veranlassen etwa zu den Erziehungswissenschaften und zu den bildungspolitischen Entscheidungsträgern.
Für eine Technikdidaktik, welche ihren inhaltlichen Gegenstand nicht verfehlen und verkürzen will, muss es darauf ankommen, die wesentlichen Merkmale der Technik noch genauer zu bestimmen, um sie bei der Präzisierung und Kritik der didaktischen Konzepte, der Bildungspläne, der Methoden, der Medien, der Kooperationskonzepte etc. angemessen berücksichtigen zu können. Die an dieser Stelle vorgetragenen Aspekte sind sicher ergänzungsbedürftig. Sie sollte dabei die sozialwissenschaftliche Technikforschung stärker zur Kenntnis nehmen und sie auf ihre Relevanz für die eigene Positionsbestimmung und Weiterentwicklung hin diskutieren. Gleiches gilt für die ökonomischen, für die kulturanthropologischen Dimensionen, die wissenschaftstheoretischen und philosophischen Dimensionen von Technik.
Es stellt sich dabei durchaus die Frage, inwieweit die von Ropohl für eine Allgemeine Technikwissenschaft reklamierten inhaltlichen Dimensionen innerhalb der Technikdidaktik wahrgenommen auf ihre Relevanz geprüft und produktiv einbezogen wurden.
An der gegenwärtigen RollBackSituation hat die Technikdidaktik einen eigenen Anteil. So hat ihre Bereitschaft zur Zuordnung der Technikdidaktik zu den naturwissenschaftlichen Fakultäten und Instituten zur Verunklarung der Wahrnehmung von Technik und Technikunterricht beigetragen und das falsche Deutungsmuster des Verhältnisses von Naturwissenschaften und Technik in Hochschulen und Öffentlichkeit und auch bei den bildungspolitischen Entscheidungsträgern ungewollt verstärkt. Da die Fakultäten zumeist das Recht auf Selbstrekrutierung besitzen, erweist sich eine solche Zuordnung spätestens bei den Stellenbesetzungen als Falle für die Technikdidaktik, denn nicht immer nutzt der Appell an die Fairness.
Die Technikdidaktik hat noch nicht genügend dazu beigetragen, die humanen, gesellschaftlichen, ökonomischen und kulturellen Dimensionen der Technik für die Unterrichtspraxis zu erschließen. Oft bleibt der Begriff „Soziotechnik“ noch eine Leerformel und bei einer vorgegebenen Orientierung an einem mehrperspektivischen
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Allgemeine Probleme tu: Fachdidaktik
Ansatz fungieren die „Problem und Handlungsfelder“ oft weniger als Suchfeld für die Bestimmung wirklich problemhaltiger und aufschlussreicher Themenstellungen als viel mehr als Rechtfertigungs und Zuordnungsmuster recht beliebiger Themen.44
Entstehung und Verwendung, Voraussetzungen und Auswirkungen von Technik und ihre Einbindung in soziokulturelle Zusammenhänge müssen noch stärker in den Fokus der Technikdidaktik und des Technikunterrichts rücken.
Arbeiten wir an einem Technikunterricht mit menschlichem Antlitz indem wir die menschliche Urheberschaft und Zweckbestimmung von Technik stärker zur Geltung bringen! Arbeiten wir an einem Technikunterricht ohne Edelstahlglanz und ohne modernistische Rasanz und Helfen wir den jungen Menschen dazu, halbwegs souveräne Bürger im Technotop zu werden und nicht nur ausgespähte und manipulierte Kunden und nicht nur „begeisterte“ Akzeptanten!
Der pädagogische Auftrag bleibt:
Technologische Aufklärung!
Verlässliche Orientierung in der Welt der Technik!
Befähigung zur Technikgestal-tung, Ermöglichung der Erfahrung der Selbstwirksamkeit in der tech-nischen Welt!
Stärkung der Urteilskraft in den die Technik betreffenden Fragen!
Für alle!
Die freie Berufswahl ist ein Menschenrecht und die Erzeugung der Technikbegeisterung ist angesichts des konkreten Zustandes der Technik und angesichts der Einbindung der Technik in irrationale Verwertungszusammenhänge pädagogisch eher verantwortungslos. Mehr als ein gleichermaßen konstruktives wie kritisches Verhältnis zur Technik sollte man nicht anstreben. Wenn daraus wirklich eine Begeisterung erwächst, dann sollten dafür nicht Manipulation und Propaganda verantwortlich sein.
Genügend Ingenieure und die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt sind demgegenüber wirklich zweitrangig –
wobei ich glaube, dass eine angemessenere, weil unverkürzte Technische Bildung die Bereitschaft zur technikbezogenen Berufswahl eher fördern als gefährden würde.
Doch die künftigen Ingenieure wüssten im Zuge einer solchen umfassenden Grundbildung entschieden mehr darüber, was sie eigentlich tun und wären eher in der Lage, den Nutzen der Menschen zu mehren und Schaden von ihnen und ihrer Erde abzuwenden.
Ob die Mehrheit der Apologeten der MINTBewegung daran, d.h. an grundlegend technisch gebildeten Ingenieuren und Bürgern wirklich ein Interesse hat, lässt sich bezweifeln. Eine solche, nicht natural verstümmelte Technische Bildung würde den Schleier der Naturnotwendigkeit und Wertneutralität eines in Wahrheit weitgehend von ökonomischen Interessen bestimmten technischen Wandels gründlich lüften.
Anmerkungen und Nachweise: 1) STEM (Science, Technology, Engi
neering, Mathematics) bezeichnet ein groß angelegtes und ausgestattetes staatliches Programm der USA zur Sicherung bzw. Wiederherstellung der amerikanischen Dominanz in Wissenschaft, Forschung und Entwicklung. Wesentliches Instrument des Programms ist „STEMEducation“, ein interdisziplinäres Curriculum, das sich auf Naturwissenschaften, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik (STEM) konzentriert, wobei die Disziplinen nicht einzeln, sondern nur gemeinsam und aufeinander bezogen unterrichtet werden sollen.
2) Staatlich gefördertes Programm zur Sicherung des Nachwuchses in den Disziplinen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) durch MINTUnterricht.
3) Für MINTSchulen weist das Netz 373000 Treffer aus. Für MINTAkademien 283.000, für MINTUniversität 491000. Alle machen mit! Eine kritische Prüfung dessen, wobei man da eigentlich mitmacht, wofür man in Anspruch genommen wird, findet nicht statt. Sie findet zumindest keinen Widerhall im Netz.
4) Z. B.: BerlinBrandenburgische Akademie der Wissenschaften: Stellungnahmen und Empfehlungen zur MINTBildung in Deutschland auf der Basis einer europäischen Vergleichsstudie. Berlin, 2012 . Federführung
O. Renn und U. Pfenning. Obwohl dabei weitreichende Forderungen zur Inhaltlichkeit und zur Didaktik des MINTUnterrichts gemacht werden, sucht man bei den Autoren Erziehungswissenschaftler und Fachdidaktiker der betroffenen Fächer vergebens. Es bleibt völlig rätselhaft, wie die darin geforderte wissenschaftliche Mündigkeit und technische Mündigkeit unter Einbeziehung soziotechnischer Dimensionen in einem integrierten, Mathematik, Physik, Chemie, Biologie und Technik zusammenfassenden MINTSammelfach geleistet werden kann.
5) Pressemitteilung der KlettGruppe 12.1.2010
6) Blankertz, Theorien und Modelle der Didaktik. München 2000; Blankertz, H.: Didaktik der Arbeitslehre und ihre Konsequenzen für die Lehrerbildung. Bad Harzburg 1967; klafki, W.: Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik, Weinheim und Basel 2007; klafki, W.: Bedeutung und Stellung der Werkerziehung in den allgemeinbildenden Schulen. In: kaufmann/meyer (Hrsg.): Werkerziehung in der technischen Welt. Stuttgart 1967; ScHulz, W.: Unterricht – Analyse und Planung. In: Heimann / OttO / ScHulz: Unterricht – Analyse und Planung. Hannover 1972; ScHulz, W.: Technik und Wirtschaft im Lehrplan der allgemeinbildenden Schule. In: uScHkereit / meHrgardt / kaufmann (Bearb.): Werkunterricht als technische Bildung. Weinheim, Berlin, Basel 1969
7) SacHS, B.: Schlüsselqualifikationen in der Berufsbildung und im allgemeinbildenden Technikunterricht. Teil 1 und 2 : In tu 69 u. 70 / 1993 SacHS, B.: Zum Bildungsverständnis der „Bildungs“standards. In: BienHauS, W. (Bearb.): Bildungsstandards und Qualitätssicherung in Hochschule, Schule und Studienseminar 7. DGTB Tagung Berlin 2003
8) künzli, r.: Der Slogan von den MINTFächern. Aarau Dez. 2012 http://www.Lehrplanforschung.ch/?p=2901
9) http:/nationalesmintforum.de
10) kagermann, H. / SattelBerger, tH.: Nationales MINTForum (Hrsg.): MINTBildung im Kontext ganzheitlicher Bildung. Grundsatzpapier 2014
11) http://bildungsklick.de/s/ klettmintgmbh
12) Nationales MINTForum (Hrsg.): MINTBildung im Kontext ganzheitlicher Bildung. Grundsatzpaier 2014
13) Bundesministerium für Arbeit und Soziales http://www.bmas.de/DE/ Service/Publikationen/a756 arbeitsmarktprognose2030.html
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tu: Fachdidaktik Allgemeine Probleme
14) Forum soziale Technikgestaltung http://www.forumsoziale technikgestaltung.de/
15) Verschiedene Studien zu MINTArbeitsmarkt : IW, BIBB/IAB, DIW Frühjar 2015 Spiegel.de http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/fachkraeftemangelwarumdie ingenieurlueckedochnichtkama1027793.html http://www.hochschulbildungsreport 2020.de/handlungsfeld/mint bildung/fokus/2014.html http://www.focus.de/finanzen/karriere/uniabsolventenpunktennichtimmerstudiumoderausbildungwannlohntsichwas_id_4065695.html
16) litt, tH.: Technisches Denken und menschliche Bildung. Heidelberg 1957; litt, tH.: Das Bildungsideal der deutschen Klassik und die moderne Arbeitswelt. Bochum o.J.; litt, tH.: Das Problem der Menschenbildung in der modernen Wirtschaftswelt. Bielefeld 1955; SacHS, B. Allgemeinbildung und Arbeitswelt. Zur Rehabilitation des Neuhumanismus. In: traeBert; W.: Technik als Schulfach Bd. 3 Lehren und Lernen im Technikunterricht. Düsseldorf 1980
17) Beispielhaft deutlich ausgesprochen im Landtagsprotokoll BadenWürttemberg von 6.5.1981 Drucksache 8/1460 III/1 „Beibehaltung des Faches Technik an Realschulen“. S.9 f. Im Übrigen siehe: SacHS, B.: Grundlinien einer Geschichte des Technikunterrichts. In: tu 48, 1988
18) http://www.hochschulbildungsreport2020.de/handlungsfeld/mintbildung/fokus/2014.html Welches MINTFach vor welchen Herausforderungen steht
19) Z.B.: lOvincacH, J.: Auswendig lernen und wieder vergessen. Viele Ingenieurstudenten müssen Mathe pauken – obwohl sie für ihren späteren Beruf davon wenig brauchen. In: Die Zeit, Nr. 41, 2014
20) Duden.online.de http://www.duden.de/rechtschreibung/Technik
21) RobertBoschStiftung: Technik im naturwissenschaftlichen Unterricht. http://natworking.boschstiftung.de/content/language1/html/index.asp
22) Siehe Sellin, H. / WeSSelS, B. (Bearb.): Beiträge zur Didaktik der technischen Bildung (1958–1968), Weinheim, Berlin, Basel 1970; traeBert, W. e.: Technik als Schulfach. Bände 1–6 im VDIVerlag. 1976–1987 Jahresbände der Deutschen Gesellschaft für Technische Bildung (DGTB) seit 1998 kOHl, S. / SacHS, c.: Polytechnischer Unterricht in der DDR, Hamburg 2000 Zeitschrift für Technik im Unterricht
„tu“ seit 1976 Zeitschrift arbeiten + lernen Technik / Unterricht Arbeit und Technik 1978 – 2006 Höpken, g./OSterkamp, S./reicH, g. (Übers. u. Hrg.): Standards für eine allgemeine technische Bildung (USA) Bde. 1 u. 2 VillingenSchwenningen 2003, 2004 SacHS, B.: Grundlinien einer Geschichte des Technikunterrichts. In: tu 48, 1988
23) Wilkening, f. / ScHmayl, W. Technikunterricht. 1984 ScHmayl, W.: Didaktik allgemeinbildenden Technikunterrichts. Hohengehren 2010 SacHS, B.: Technikunterricht – Bedingungen und Perspektiven. „tu“ H. 100, 2001 möller, k.: Technische Bildung im Sachunterricht der Grundschule. In: duncker/pOpp (Hrg.): Kind und Sache. Weinheim / München 1994
24) BanSe,g./ grunWald, a./ könig, W./ rOpOHl, g. (Hrg.): Erkennen und Gestalten – Eine Theorie der Technikwissenschaften. Berlin 2006, BanSe, g. / HauSer, r. (Hrg.): Technik und Kultur – Bedingungs und Beeinflussungsverhältnisse. Karlsruhe 2010 BanSe, g.: Erkennen und Gestalten – oder über Wissenschaften und Machenschaften. In: „tu“ H. 145 2014, JanicH, p.: Die Struktur technischer Innovationen. In: Hartmann, d. / JanicH, p. Die kulturalistische Wende. Frankfurt 1998 krOHn, W.: Eine Einführung in die Soziologie der Technik. Bielefeld 2006 (Uni Bielefeld) rammert, W.: Technik – Stichwort für eine Enzyklopädie. Berlin 1999 (TU Berlin) rammert, W.: Technik, Handeln und Sozialstruktur: Eine Einführung in die Soziologie der Technik. TU Berlin 2006 rOpOHl, g.: Eine Systemtheorie der Technik – Zur Grundlegung der Allgemeinen Technologie. München / Wien 1979 Tjalve, E.: Systematische Formgebung für Industrieprodukte. VDIVerlag, Düsseldorf und Goldach 1978
25) krOHn, W.: Eine Einführung in die Soziologie der Technik. a.a.O.
26) krOHn, W. a.a.O.
27) rOpOHl, g.: Allgemeine Technologie – Wissenschaft in didaktischer Absicht. In: BOnz, B. / Ott, B. (Hrg.): Allgemeine Technikdidaktik . Theorieansätze und Praxisbezüge. Baltmannsweiler 2003,
28) rammert, W. Technik – Stichwort für eine Enzyklopädie. a.a.O.
29) WieSenfartH, g.: Zum technischen Handeln als Grundbegriff einer Technikdidaktik. In: „tu“ H. 66, 1992
30) JanicH, p.: Handwerk und Mundwerk. Über das Herstellen von Wissen. München 2015
31) fieS, H.: Allgemeine Technologie im Technikunterricht der allgemeinbildenden Schule? Teil 1 In: „tu“ H. 139, 2011
32) BrecHt, B. Das Leben des Galilei. 14. Aufzug
33) Leben im Technotop – Technosophie Der Mensch im Technotop http://www.technosophie.de/aufsaetze.html
34) Beck, u.: Risikogesellschaft – Auf dem Weg in eine andere Moderne. Frankfurt 1886
35) In der Flugphysik gibt es unterschiedliche Erklärungstheorien für den Auftrieb: Die Rückstoßtheorie nach Newton, die Theorie von Bernoulli und die Theorie der Zirkulationsströmung. Die BernoulliTheorie hatte ihre hohe Zeit als die Flieger die Luft eroberten. Sie gilt heute eher als falsch. Die Flugzeuge sind trotzdem geflogen. Die Flugzeugbauer nutzen den beobachteten und durch technische Maßnahmen beeinflussbaren Auftriebseffekt, „wandten“ aber nicht das von Bernoulli formulierte Gesetz an.
36) röBen, p.: Von den Tücken der didaktischen Reduktion und der Notwendigkeit der Differenzierung des technischen Wissens. In: „tu“ H. 150, 2013
37) Siehe den Beitrag von röBen in diesem Heft, S. 19 – siehe auch S. 4
38) Kultusministerium Bayern, Fach Natur und Technik, Gymnasien http://www.isbgym8lehrplan.de/contentserv/3.1.neu/g8.de/index.php?StoryID=26388
39) Kultusministerium BadenWürttemberg Biologie, Sek. I, Fächerverbund Naturphänomene und Technik. http://www.kultusportalbw.de/,Lde/ Startseite/schulebw/Bildungsplan+aktuell#anker2471701 Stundenkontingente Sekundarstufe I
40) http://www.kultusportalbw.de/,Lde/Startseite/schulebw/Bildungsplan+aktuell#anker2471701
41) VDIBroschüre Entwicklung des Fachbereiches Technische Bildung im VD, Nov. 2014 https://www.vdi.de/bildung
42) https://www.vdi.de/bildung/artikel/forschenundentwickeln/
43) VDINachrichten, Nr. 21, 22.Mai 2015, S. 2
44) ScHlagenHauf, W.: Das Fach Technik in der Sekundarstufe – Überlegungen zum aktuellen Stand, zu Problemen und Entwicklungsperspektiven. In: „tu“ H. 154, 2014
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Technikgeschichte tu: Sachinformationen
Die Entwicklung der Quantenmechanik und Halb-leitertechnikDer Transistor (Bild 1) ist der erste Halbleiter, der es im Transistorradio1, (Bild 2) zu allgemeiner Berühmtheit gebracht hat. Er basiert auf der glei-chen physikalischen Grundlage wie die Photovoltaik: nämlich der Anwen-dung der Quantenmechanik auf den Festkörper. Die Quantenmechanik ist eine Theorie, die das Verhalten von Elementarteilchen wie Elektronen be-schreibt und Halbleiter sind besondere Festkörper, die sich in ihrem Verhalten nicht eindeutig nur den Leitern zu-schreiben lassen (obwohl sie in be-stimmten Situationen gut leiten) oder den Isolatoren (obwohl sie dem Strom auch einen sehr hohen Widerstand entgegensetzen können). Der Gedan-ke, dass die zugrundeliegende Physik unumgänglich für das Verständnis
der technischen Artefakte wie Diode, Transistor und Solarzelle ist, hat viel-fältige Bemühungen gefördert, die Halbleiterphysik didaktisch zu reduzie-ren. Solche Ansätze finden sowohl im
Physik- als auch im Technikunterricht breite Anwendung, wenngleich die Tücke bei der didaktischen Reduktion nicht immer hinreichend erkannt wird (vgl. Röben 2013).
Um die Sache mit der Anwendung der Physik auf Gegenstände der Technik genauer zu untersuchen, werden wir einen Rückgriff auf die Technikge-schichte machen. Wir begeben uns zunächst zurück in das Jahr 1905. Dies ist das Jahr, in dem EinstEin ei-ne sehr wichtige Arbeit zum fotoelek-trischen Effekt in Festköpern publiziert hat. Einstein konnte zeigen, dass das Licht seine Energie in Quanten, also nur in festen Portionen und nicht in be-liebigen Größen, an die Elektronen im Metall abgibt. Diese benötigen eine ge-wisse Mindestenergie pro Quant, um frei gesetzt werden zu können. Die En-ergie pro Quant entspricht der Wellen-länge des Lichts und die Quantenhy-pothese konnte erklären, warum Licht großer Intensität aber unterhalb einer gewissen Wellenlänge keine Elektro-
Was man aus der Geschichte der Halbleiter- und Windkrafttechnik über das Verhältnis von Technik und Physik lernen kann
Von Peter Röben
Vorbemerkung
Technik und Physik gelten bei vielen Menschen als Begriff für Anwendung und Theorie. Die Technik wendet an, was die Physik an Erkenntnissen hervorgebracht hat. Auf den ersten Blick scheint dieses Verhältnis ziemlich plausibel, denn gerade die Innovationen der aktuellen Technik, wie z. B. der neue Mobilfunkstandard LTE Advanced, das Cloud computing, der Roboter LBR iiwa von Kuka oder auch die sogenannte „fühlende Werkzeugmaschine“, wie sie am Laserzentrum Hannover entwickelt wird, sind ohne die Erkenntnisse der Physik nicht denkbar. Wer wollte bezweifeln, dass es Computer ohne die Halbleitertechnik nicht gäbe, doch diese ist ohne die Kenntnis ihrer physikalischen Grundlage nicht zu haben. Aber andere Bei-spiele aktueller Technik lassen sich nicht so einfach einordnen: So sind z. B. Wind-kraftanlagen sicherlich einerseits Beispiele für hochaktuelle Technik, die in einem hohen Maße von den Erkenntnisse der Strömungsphysik profitieren, doch wie ist es mit ihren Vorläufern, den Windmühlen? Sind diese auch auf der Grundlage der damaligen Physik entstanden? Im Folgenden soll an zwei Beispielen, nämlich der Halbleitertechnik und der Windkrafttechnik aufgezeigt werden, wie das Verhältnis zwischen Technik und Physik sich einerseits historisch entwickelt hat, aber anderer-seits auch heute noch Konsequenzen für die Gegenwart bestehen.
1 1953 kam das erste Transistorradio in den USA auf den Markt (Regency TR1). In Deutschland war es das Telefunken „Partner“ 1957. Das TR1, welches von der Firma Intermetall 1953 auf der Düsseldorfer Funkaus-stellung präsentiert wurde, kam wohl nicht in den Handel (http://www. welt-der-alten-radios.de/geschichte-erste-transistorradios-293.html).
Bild 1: Der erste Transistor von 1947/48. Dies ist ein Foto eines Nachbaus aus dem Nixdorf-Museum.
Bild 2: Das erste kommerzielle Transistor-radio.
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tu: Sachinformationen Technikgeschichte
nen freisetzen konnte (auch wenn ins-gesamt mehr Energie eingestrahlt wird als für den Austritt der Elektronen nötig ist), hingegen Licht oberhalb einer ge-wissen Wellenlänge praktisch bei je-der Intensität Elektronen freisetzt. Die klassische Theorie konnte dies nicht.
Die Quantenmechanik entwickelte sich aus Widersprüchen heraus, die die al-te Theorie der Elektrodynamik in Be-zug auf das Verhalten der Elektronen im Festkörper lieferte. Nach der klas-sischen Theorie ist es nicht zu verste-hen, warum die Elektronen nicht En-ergie in beliebiger Größe aufnehmen können, sondern nur in bestimmten Packungen, eben der Energie der Quanten. Die Quantenmechanik ent-wickelte sich mit den Arbeiten von Planck, HEisEnbErg, scHrödingEr, di-rac, born etc. und feierte glänzende Triumphe als es gelang, das Spektrum des Wasserstoffatoms physikalisch zu erklären (Bild 3). Dass in diesen Spektren auffällige Regelmäßigkeiten zu entdecken waren, hatten im 19. Jahrhundert schon einige Forscher herausgefunden. Sie konnten auch jeweils Formeln für die von ihnen ent-deckten Regelmäßigkeiten aufstellen: Lyman-, Balmer-, Paschen-, Brackett-, und Pfundserie. Doch sie scheiterten bei der Erklärung dieser Regelmäßig-keiten. Die Quantenmechanik hinge-gen war in der Lage, die Spektren des Wasserstoffgases aus grundlegenden Prinzipien zu erklären. Die Moleküle sind in einem Gas weit von-einander entfernt und man kann sie deshalb als voneinander isoliert betrachten, was bei der Berechnung große Vereinfachungen zu-lässt. Im Festkörper sind die Verhältnisse allerdings verwickelter, weil die Atome sehr dicht gepackt sind und sie sich nicht als un-abhängig voneinander
betrachten lassen. Das Verhalten der Elektronen in Festkörpern konnten die Quantenphysiker daher zunächst nicht berechnen.
Der Festkörper war zu der Zeit ein wich-tiges Forschungsgebiet der experimen-tellen Physik und mit den Arbeiten von r. W. PoHl zur Konduktivität in Halblei-tern und seiner Vorhersage, dass die Steuerung von Elektronen in diesem Material eine große Zukunft haben wird, zeichnete sich die Bedeutung der Halbleiter auch innerhalb der Physik bereits ab und die Halbleiterphysik ent-wickelte sich zu einem eigenständigen Gebiet der Physik. Doch die ganze Be-deutung der Halbleiterphysik kann man nicht erkennen, wenn man sich auf die Physik beschränkt. Aus physikalischer Sicht ist die Anwendung der Quanten-mechanik auf den Festkörper lediglich eine Ausweitung des Anwendungsge-bietes einer bereits ausgearbeiteten Theorie. Dass die Halbleiterphysik be-deutsamer ist, war auch den Physikern jener Zeit klar. Doch der Grund für den Bedeutungszuwachs ergibt sich erst aus der Technik.
Die Funktechnik hatte sich um die Jahrhundertwende entwickelt. Der Ingenieur gugliElmo marconi (1874–1937) gab zum Glück nicht viel auf die Hinweise von Physikern, dass man mit elektrischen Wellen niemals große Distanzen überwinden kann. In den Augen der damaligen Physiker muss-
ten die sich geradlinig ausbreitenden Wellen in den Weltraum entweichen, weil die Erde eine Kugel ist und die Wellen sich nicht um dieses Kugel herum bewegen würden. Allerdings wusste es Marconi nicht wirklich bes-ser, sondern sein Glück war es, dass die Atmosphäre eine Ionosphäre hatte, an der das Funksignal reflektiert und Richtung Erdoberfläche weitergeleitet wurde. Davon wusste allerdings noch niemand. Durch marconis 1901 reali-sierte Übertragung eines Funksignals über den Atlantik wurde nun aus Sicht der Physiker eine Erklärung notwendig und in der Atmosphärenphysik auch gefunden2.
Die Funktechnik wurde zunächst nur als drahtlose Morsetechnik, z. B. für die Kommunikation mit Schiffen ein-gesetzt, die nicht mit den etablierten Kommunikationsmitteln erreicht wer-den konnten (Untergang der Titanic 1912). Doch rEginald FEssEndEn (1866–1932) gelang schon 1906 die erste drahtlose Musik- und Sprach-übertragung und damit entwickelte sich die Funktechnik in eine Richtung, die kaum ein Mensch vorhergesehen hatte (gollWitzEr 2007). Bereits in den 20er Jahren etablierte sich ein kommerziell bedeutsamer Radiomarkt in den USA, angetrieben von Rund-funkamateuren, aber bald auch von dem Unterhaltungsbedürfnis sehr vie-ler Menschen, die dem Radio anders als die Rundfunkamateure als tech-nischen Gegenstand nicht viel Interes-se entgegenbrachten. Die Bedeutung der Funktechnik erschließt sich durch die Entwicklung dieses Marktes, der 1922 noch bescheidene 60.000 $ be-trug, aber schon sieben Jahre später ein Volumen von 850 Mio. $ aufwies (HalFmann 1984, S. 107). Solche Ge-schäftsaussichten riefen die großen Elektrotechnikfirmen jener Zeit auf den Plan. Ein zentrales technisches Element der Funktechnik war die Elek-tronenröhre, deren Physik man gut ver-stand (Bild 4). Die Röhre wurde für die verschiedenen Anwendungszwecke ausdifferenziert und in der Industrie entwickelte sich eine Forschung, die speziell auf industrielle Zwecke ausge-richtet war. Über die Grenzen der USA
Bild 3: Eine Folge der Erkenntnis, dass Elektronen das Licht nur in festen Portionen (Quanten) aufnehmen und abgeben können, ist die Erklärung des Linienspektrums. Die hier sichtbaren farbigen Linien stehen für verschiedene Übergänge der Elektronen des Wasserstoffatoms. Eine technische Nutzung dieses Wissens ist beispielsweise der Laser.
Bild 4: Dieses Foto zeigt eine der ersten Trioden von Lee de Forest (1906)
2 Dafür hat EDWARD VICTOR APPLE-TON (1892–1965) 1947 den Nobel-preis für Physik bekommen.
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Technikgeschichte tu: Sachinformationen
bekannt geworden ist diese Form der Forschung durch tHomas alva Edison (1847–1931), der das Erfinden wohl als Erster zu einem hoch arbeitsteiligen Prozess in einer besonderen Art von Labor entwickelt hatte. Sein Labor im Menlo Park (1876) wurde sehr berühmt und Edison als „Zauberer vom Menlo Park“ bezeichnet, weil er es verstand, mit der von ihm entwickelten Glühbirne die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit durch effektheischende Präsentati-onen zu fesseln. Mit der Gründung der bEll-Laboratories (1925) wurde die Forschung in der Industrie auf ei-ne neue Stufe gehoben, weil mit ihnen über die Forschung für industrielle Anwendung hinaus eine besondere Form der Grundlagenforschung be-trieben wurde. Die Verbreitung des Telefons machte Neuentwicklungen notwendig, die sich nicht einfach aus der Physik der damaligen Zeit ableiten ließen, sondern eine eigene, auf das spezifisch technische Problem fokus-sierte Physikanwendung erforderten. Ein Beispiel sind die Pupinspulen, die das Problem der Dämpfung auf den Telefonleitungen lösten. Ohne sie wäre die Reichweite des Telefons auf Distanzen von 20 bis 30 km be-schränkt geblieben, in den Augen von dem damals größten Telekommunika-tionskonzerns AT&T eine unhaltbare Zumutung bei ihren ökonomischen Expansionsbestrebungen. In den bEll-Laboratories entwickelte sich eine Art von Industrieforschung, die auf einem bereits gut entwickelten Stand der Phy-sik aufsetzte. Im Fall der Pupinspulen ließ sich das Problem noch mit der klassischen Physik lösen, aber als es darum ging, die Elektronenröhre abzu-lösen, stellte sich das Problem, dass die Physik in den für die Entwicklung einer Alternative zur Elektronenröhre notwendigen Feldern der Physik noch nicht weit genug entwickelt war.
Sowohl in der schon gut etablierten Te-lefontechnik als auch in dem sich neu entwickelnden Feld der Funktechnik waren Elektronenröhren weit verbreitet (ab 1904 Vakuumdiode, 1906 Verstär-kerröhre von liEbEn und Audionröhre von lEE dE ForEst) und dabei wurden die Grenzen dieser Technik spürbar: Denn gerade ihre vielfältigen Anwen-dungen in Grundschaltungen als steu-erbarer Schalter und als Verstärker
machte ihre Abwärme, ihr Gewicht und ihre nur beschränkte Miniaturisierungs-möglichkeit zu einem Problem. Sobald sich an ihrer Stelle eine Lösung mit Halbleitern finden ließe, so die dama-lige Einschätzung, könnte ein weiterer Engpass der ökonomischen Entwick-lung mit Hilfe der Technik überwunden werden.
In den bEll-Laboratories wurde die Halbleitertechnik unter ihrem neuen Forschungsdirektor M. kElly ab 1936 zu einem Forschungsprogramm. Also zu einer Zeit, als auch in den Univer-sitäten noch intensiv an Halbleitern geforscht wurde. Schüler der damals führenden amerikanischen Festkö-perphysiker JoHn slatEr vom MIT und EugEn WignEr von Princeton, die späteren Nobelpreisträger William b. sHocklEy und JoHn bardEEn, wurden gezielt für die bEll-Laboratories an-geworben. Der Geist dieser Unterneh-mensforschung wird im folgenden Zitat von Kelly deutlich:
„Es wird nicht erwartet, dass dieses Programm der Festkörperphysik, bei dem die neuesten Konzepte der Fest-körperstruktur angewendet werden, Resultate erbringen, die unmittelbaren Nutzen für unsere Firma haben. Den-noch ist die Herangehensweise so grundlegend und kann von so weitrei-chender Bedeutung sein, dass wir sol-che Studien als Hintergrund für unsere verschiedenen Materialentwicklungen weiter betreiben sollten. Es besteht die rationale Erwartung, dass letztendlich ein so fundamentaler Angriff den Weg zur Produktion neuer Materialien mit bedeutenden Eigenschaften für den Telefongebrauch weisen wird.“ (zitiert nach HalFmann 1984, S. 105).
Das Argument, dass man das Ergeb-nis der Forschung nicht unmittelbar vorhersehen kann, wird typischerweise für die Begründung der universitären Forschung herangezogen. Gerade weil sich das Resultat der (Grundlagen)Forschung nicht unmittelbar nützlich für Unternehmensinteressen erweist, verzichten die Unternehmen darauf, dafür Geld zu investieren. Damit der Fortschritt der Wissenschaft nicht von diesem (kurzsichtigen) Gewinnkalkül behindert wird, muss dieser vom Staat gewährleistet werden. Wir sehen hier nun bei den bEll-Laboratories eine
Umkehrung dieser Argumentation: Ge-rade weil die Grundlagenforschung im Bereich der Festkörperphysik so dra-matische Auswirkungen auf die Unter-nehmensinteressen haben kann, muss darin investiert werden, auch wenn das unmittelbare Resultat nicht vorherge-sehen werden kann.
Die Entwicklung des Transistors kann als eine solche technisch inspirierte, ökonomisch getriebene Grundlagen-forschung angesehen werden. Unter der Leitung des Theoretischen Physi-kers William b. sHocklEy wurde 1945 eine Arbeitsgruppe mit einem Experi-mentalphysiker, einem Chemiker und einem Elektronikingenieur eingesetzt, die allerdings noch im selben Jahr beim Experiment mit ihrem ersten Feldeffekttransistor3 scheiterte. Es ist die theoretische Erklärung des Fehlers in diesem Experiment, die den ent-scheidenden Fortschritt ermöglichte: Der Kontakt zwischen dem Halbleiter und dem Metall führt nämlich zu einem unerwarteten Effekt, der erst durch die Vervollständigung der mott-scHottky-Theorie verstanden wurde und auch erst dann die Weiterentwicklung des Transistors ermöglichte. Das entschei-dende Experiment gelang brattain im November 1947. sHocklEy, bardEEn und brattain erhielten 1956 den No-belpreis für Physik.
Die Entwicklung der Solarzelle findet nur wenige Jahre später ebenfalls in den bEll-Laboratories statt. daryl cHaPin, calvin s. FullEr und gErald PEarson entwickeln 1953 die erste mit Arsen dotierte Solarzelle auf Silizium-basis und eröffnen damit den Eingang der Halbleitertechnik in die Energie-technik, auch wenn das zu ihrer Zeit noch utopisch erschien.
Zusammenfassend: Am Beginn des Transistors stand ein technisches Problem, einen Ersatz für die Elektro-nenröhre zu finden. Aber zur Lösung dieses Problems konnte nicht einfach auf die Physik als Wissenslieferantin zurückgegriffen werden, denn diese
3 Hier ist mit Absicht die Formulierung „ihrem ersten Feldeffekttranssistor“ gewählt worden, denn HERBERT MATARÉ und HEINRICH WELKER haben zeitgleich ebenfalls einen solchen entwickelt und sind erst spät dafür geehrt worden (Handel, 1999).
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musste zunächst selbst weiterentwi-ckelt werden. Die Vergabe des Phy-siknobelpreises für die Entwicklung des Transistors ist demnach auch der Weiterentwicklung der Physik zu ver-danken, obwohl es den Bell-Laborato-ries darum ging, tatsächlich ein tech-nisches Artefakt zu entwickeln4.
Es ist daher keineswegs so, dass die Rollen von Physik und Technik klar verteilt wären: Hier der Zulieferer von Wissen und dort der Anwender. Die Physik hatte allerdings in den vierziger Jahren schon ein solches Niveau er-reicht, dass die vorherige Zurückhal-tung der Unternehmen in diesem Feld der Grundlagenforschung aufgegeben wurde. In dem Wissen, dass sich die Probleme, die der ökonomisch getrie-bene technische Fortschritt durch die Verbreitung von Telefon und Funktech-nik sich selbst bereitete, nur durch die Weiterentwicklung der Physik selbst zu lösen sind, wurde die Grundlagen-forschung auch in die eigene Hand genommen (bEll-Laboratories). Die Quantenmechanik selbst ist das Re-sultat einer Grundlagenforschung, deren Nützlichkeit sich niemand zu ihrem Beginn ausmalen konnte, die also niemals für unternehmerische In-vestitionen interessant gewesen wäre. Aber mit dem Fortschritt dieser Theo-rie und der durch sie erst möglich ge-machten Schaffung von völlig neuen Halbleitermaterialien mit definierten Eigenschaften wurde ihre Weiterent-wicklung zu einem Geschäftsinteresse der großen Kommunikationsunterneh-men der USA. Durch die Entwicklung von technischen Artefakten wie dem Transistor werden aber auch Teilbe-reiche der Anwendung der Theorie der Quantenmechanik bedeutsam, die, aus der Perspektive der reinen Physik betrachtet, nicht so vordring-lich sind. Die korrekte Erklärung der Phänomene eines Metall-Halbleiter-Kontakts erhält ihre volle Bedeutung nicht aus dem System der Physik, dort sind sie ein weiterer Anwendungsfall einer bereits erfolgreichen Theorie, sondern durch die Leistung, die sie für die Weiterentwicklung des technischen Artefakts Transistor erbringt. Die bEll-Laboratories sind damit der Beginn der Entwicklung eines naturwissen-schaftlichen-technischen Komplexes, in dem die Unterscheidung der Rollen
zwischen Physik und Ingenieurwissen-schaften sekundär ist. Eine Seite als Wissenslieferant und die andere als Empfänger von Wissen zu betrachten, wird der Rollenverteilung nicht gerecht. Diese interdisziplinäre Zusammenar-beit ist allerdings nicht identisch mit einer Gleichsetzung der Disziplinen. Der Schwerpunkt der Ingenieurwis-senschaft ist die Schaffung von funk-tionstüchtigen Artefakten, die sich in den Anwendungsfällen außerhalb des Labors bewährend müssen, während die Physik einen wichtigen Teil der Vo-raussetzungen dafür schafft, entspre-chende Prototypen im Labor zu entwi-ckeln und zu optimieren.
Die Entwicklung der WindenergietechnikDer zweite Fall unserer Betrachtung, die Windenergietechnik, ist auch für den Laien als eine Technik begreiflich, die – zumindest von ihrer Entstehung her – nicht auf der Anwendung von Physik beruhen kann, ganz einfach, weil es die Physik als Wissenschaft bei der Entstehung dieser Technik noch gar nicht gab. Ob man dem Hinweis in den Gesetzbüchern von Hammura-pi folgt und die erste Nutzung eines Windrades als Arbeitsmaschine auf 1750 v. Chr. datiert5, die Windmaschi-ne von Heron um 60 n. Chr., die ersten
Windräder in Persien um 900 oder erst die Bockwindmühle ab dem 12. Jahrhundert als echte Windmaschine gelten lässt: Die Physik konnte zu ih-rer Entwicklung nichts beitragen, da es diese Wissenschaft noch nicht gab oder da, wo sie sich entwickelte, aus gutem Grund eher mit den Sternen als mit dem Wind beschäftigt war.
Die erste ernsthafte Befassung der Physik mit dem Wind, d. h. mit der Strömung von Luft, findet erst recht spät statt und resultierte in dem Werk Hydrodynamika (1738) von bErnoulli, dessen gleichnamiges Gesetz auch heute noch gilt. Doch zur Anwendung im Windmühlenbau wurde es nicht herangezogen, weil die Erbauer von Windmühlen mit einem solchen Ge-setz nichts anfangen konnten. Ihre Herangehensweise an den Bau einer Windmühle basiert auf Erfahrung und Tradition (Bild 5). Gelernt wurde von einem Meister und seine Vorgehens-weise wurde weitgehend beibehalten. Veränderungen wurden nur mit Be-dacht vorgenommen, das Risiko eine nicht funktionsfähige Windmühle zu bauen, konnte man nicht eingehen, da der Auftraggeber sich dann geweigert hätte, zu zahlen. Es entstand im Lau-fe der Jahrhunderte ein Windmühlen-
Bild 5: Eine sogenannte Holländer Windmüh-le, der Höhepunkt des erfahrungsgeleiteten Mühlenbaus, der zum Zeitpunkt des Baus der abgebildeten Moorseer Mühle in der Nähe von Nordenham schon im Niedergang begriffen war.
4 Das Testament von ALFRED NOBEL sieht ja auch ausdrücklich vor, dass der Preis „an diejenigen ausgeteilt werden soll, die im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen erbracht haben“. Der Nutzen zeigt sich bei vielen Entdeckungen von Kandi-daten oft erst Jahre später, manchmal sogar Jahrzehnte und so kommt es zu großen Verzögerungen zwischen dem Zeitpunkt der Entdeckung und der Preisverleihung. JACK KILBY erhielt den Physiknobelpreis zum Beispiel erst 2000 (zusammen mit HERBERT KRÖMER und ZHORES I. ALFEROW) für die erste Realisierung einer Schaltung von mehreren Tran-sis toren auf einem Halbleiterplättchen. Ob sich dagegen die Entdeckung des Higgs-Mechanismus’ (Theorie 1964, Entdeckung am LHC 2012, Nobelpreis 2013) einmal als nützlich für die Menschheit herausstellen wird, scheint dem Nobelpreiskomitee keine Frage zu sein. Jedenfalls wurde der Preis ein Jahr nach der experimentel-len Bestätigung verliehen.
5 vgl. wikipedia de.wikipedia.org/wiki/Windmühle#cite_note-1
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typ, der Holländer (Jan adriaanszoon lEEgHWatEr 1575–1650), der einen stationären Zustand darstellte und nur noch im Detail verändert wurde. Ins-besondere die Arbeitserleichterungen für den Windmüller, nämlich der Er-satz der Segel, die noch per Hand ein und ausgerollt werden mussten, durch die Jalousieklappen, die durch eine Mechanik an verschiedene Wind-stärken angepasst werden konnten und die Rosette, die das Drehen der Haube in den Wind automatisierte, waren bedeutsame Fortschritte. Doch an den vier Flügeln und vor allem an der Flügelform fanden keine gravie-renden Veränderungen mehr statt, bis die Physik hier ein neues Kapitel der Windkrafttechnik aufschlug. Dennoch musste einer der ersten Wissenschaft-ler, die sich mit der Anwendung der Erkenntnisse aus der Strömungsphy-sik auf die Windkraftanlagen beschäf-tigte, der Däne Paul la cour (1846-1908), den alten Windmühlenbauern Folgendes konstatieren:
„Die Form, welche die größte Arbeitslei-stung darbietet, ist ähnlich derjenigen, zu welcher das Menschengeschlecht durch hundertjährige Erfahrung ge-langt ist, ohne dass man jedoch ein eigentliches Verständnis des Zusam-menhangs gehabt hat (…).“ (la cour 1905, S. 53 f.)
Dennoch versuchte z. B. der Erfin-der und Artillerie-Offizier kurt bilau (1872–1941) mit Unterstützung von albErt bEEtz, dem Leiter der Ae-rodynamischen Versuchsanstalt in Göttingen, die Erkenntnisse über die Auftriebskraft bei den Flügelprofilen zum Bau neuer Windmühlenflügel zu nutzen und ihre Leistung zu steigern. Es gelang ihm auch und er realisierte Windmühlen mit sogenannten Bilau-schen Ventikanten, also Windmühlen-flügel mit einem Strömungsprofil, das auch die Auftriebskraft für die Drehbe-wegung des Flügels nutzt (siehe Bild 6). Aber dies geschah in einer Zeit (ab 1930 mit einem Höhepunkt der Ver-breitung um 1941) als das Windmüh-lensterben schon eingesetzt hatte und so konnte trotz einer zwei- bis dreifach höheren Windausbeute diese Inno-vation sich nicht gegen Diesel-, Ben-zin- und Elektromotoren durchsetzen. Immerhin wurden 160 Mühlen mit den Ventikanten ausgestattet, von denen
sich übrigens einige bis in die heutige Zeit erhalten haben6.
Ihre Ursprünge hatte die aerodyna-misch optimierte Flügelform in den Untersuchungen der Brüder liliEntHal, die schon 1874 begannen mit einem selbst entwickelten Rotationsapparat die Auftriebskraft von gewölbten Flü-geln systematisch zu untersuchen. Anders als noch frühere Vorläufer, ha-ben die Brüder liliEntHal ihre Unter-suchungen systematisch durchgeführt und ihre Ergebnisse publiziert, was von den Brüdern WrigHt hervorgehoben wurde, die sich bei ihren eigenen Flug-versuchen auf die Tabellen der LILI-ENTHALS stützten und dies auch aus-drücklich erwähnt haben7: „Von allen, die das Problem des Fliegens im 19. Jahrhundert behandelten, war Otto Li-lienthal zweifelsfrei der Bedeutendste. […] Niemand tat so viel dafür, das Pro-blem des menschlichen Fluges in die freie Luft zu überführen, wohin es ge-hört. […] Als Forscher war er unter sei-nen Zeitgenossen ohne Konkurrenten. Er entschlüsselte die Vorteile der ge-wölbten Fläche so überzeugend, dass er als ihr eigentlicher Entdecker gel-ten kann. Andere haben die Wölbung des Vogelflügels bemerkt und über die Möglichkeit spekuliert, dass ein gewölbter Flügel einem völlig glatten überlegen sei. Lilienthal demonstrierte den Grund für diese Überlegenheit und machte aus der puren Spekulation ak-zeptiertes Wissen.“ (Wilbur WrigHt in
einem vom Aero Club of America ver-öffentlichten Aufsatz8)
Wenn man das Vorgehen von lili-EntHal mit dem der Windmühlenbau-ern vergleicht, lassen sich folgende bedeutsame Unterschiede festhalten:
– Windmühlenbauer veröffentlichten nicht: Sie konnten es auch nicht, weil das Wissen in ihrem Können inkorporiert war. Zwar schufen auch sie einen Flügel mit einer geeig-neten Form, aber sie konnten nicht erklären und begründen, warum es so und nicht anders gemacht wer-den sollte.
– Die liliEntHals führten ihre Expe-rimente so durch, dass ihre Ver-öffentlichung jeden Verständigen prinzipiell in die Lage versetzte, ih-re Experimente zu verifizieren (oder auch zu falsifizieren, falls sie falsch lagen). Ihr Wissen fassten sie in eine Form, die explizit und perso-nenunabhängig war.
– Das Experiment hatte einen finalen Zweck. Systematisch wurde nach der optimalen Form für den Flügel gesucht. Ein auf die theoretischen Ursachen gerichteter Erkenntnisge-winn spielte eine sekundäre Rolle.
Mit dem ersten Motorflug der Brüder WRIGHT 1903 setzte dann die Ent-wicklung des Flugzeugs ein. 1909 überquerte z. B. LOUIS BLÉRIOT mit seinem Flugzeug den Ärmelkanal und wurde zum ersten kommerziellen Flug-zeughersteller9. Bereits 1919 wurden die ersten Passagierflugzeuge einge-setzt.
Schon vorher wurde durch die Entwick-lung der Luftschiffe die Untersuchung der bei der Luftströmung entstehen-den Kräfte angeregt. 1907 wurde die „Modellversuchsanstalt für Aerodyna-mik der Motorluftschiff-Studiengesell-schaft“ von ludWig Prantl in Göttingen gegründet, in der durch Messungen im Windkanal systematische Experimente
Bild 6: Eine Windmühle mit Bilauschen Venti-kanten, die durch die Nutzung der Auftriebs-kraft eines entsprechenden Strömungspro-fils leistungsfähiger ist als die klassische Windmühle mit dem sog. Widerstandsläufer.
6 de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Bilau
7 de.wikipedia.org/wiki/Otto_Lilienthal
8 Wilbur Wright: Otto Lilienthal. In: Aero Club of America Bulletin. September 1912. Zitiert nach de.wikipedia.org/wiki/Otto_Lilienthal.
9 de.wikipedia.org/wiki/Louis_Blériot
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auf theoretischem Fundament durch-geführt werden konnten.
Die Nutzung der Windenergie zum Zwecke der Elektrizitätserzeugung setzt überraschend früh ein und der Pionier war der Meteorologe Poul la cour (1846–1908), der seine Experi-mente in Askov, Dänemark, ab 1891 durchführte, wo er als Professor an einer Volkshochschule arbeitete10 (Bild 7). Die Elektrifizierung hatte zu dieser Zeit gerade erst begonnen. Das erste Kraftwerk von THOMAS ALVA EDI-SON (1847–1931) arbeitete seit 1882 in der Pearl Street Station in New York und 1884 wurde mit dem Café Bauer in Berlin das erste Haus in Deutschland mit Glühlampen beleuchtet. Während sich die Elektrizität in den Städten re-lativ schnell ausbreitete, dauerte dies auf dem Land sehr viel länger. la cour suchte deswegen nach Möglichkeiten, mit denen sich die Landbevölkerung selbst mit elektrischer Energie versor-gen konnte. Er wollte die Windenergie nutzen und errichtete zu diesem Zweck schon 1891 die erste Windkraftanlage zum Zwecke der Elektrizitätserzeu-gung (cHristEnsEn 2009). Bei seinem Tod 1908 gab es schon 30 ländliche Energieversorger in Dänemark.
la cour erkannte wohl als einer der Ersten, dass die aerodynamisch ge-formten Profile, die Leistung einer Windkraftanlage bedeutend steigern konnten und experimentierte zu die-sem Zweck auch mit einem selbst ge-bauten Windkanal (Resultate siehe la cour 1905, bEurskEns 2014, S. 13).
Neben seine Leistung als Forscher trat gleichbedeutend seine Leistung als Lehrer (Professor) an der Volks-hochschule in Askov. Er unterrichte-te dort die physikalisch-technischen Grundlagen für den Bau von dezentra-len Windkraftanlagen und begründete eine technische Community aus Aka-demikern und Handwerkern, die sich weit über seinen Tod hinaus mit dem Bau von kleinen Windkraftanlagen be-schäftigten und dabei stetige Verbes-serungen vornahmen (cHristEnsEn 2009, S. 12).
Doch bevor es eine zuverlässige und ökonomisch sinnvolle Nutzung von Windkraftanlagen zur Stromerzeu-
gung geben konnte, musste eine Reihe von Problemen gelöst werden. Diese liegen zum Beispiel in der Regelung und Steuerung des Windrades, der Umsetzung seiner Drehbewegung in die Drehbewegung des Generators und der zuverlässigen Ausführung der ganzen Apparatur. Bei der Umsetzung in realisierbare Konstruktionen wur-den sehr unterschiedliche Wege ein-geschlagen, die sich aber wohl in zwei Gruppen einteilen lassen wie Matthias Heymann untersucht hat (Heymann 1995). Es gibt einen dänischen Weg, der sich charakterisieren lässt als eine Fortsetzung des erfahrungsbasierten Windanlagenbaus der handwerklich geprägten Windmühlenbauer. Dabei werden die modernen Erkenntnisse der Strömungsphysik für die Gestal-tung des Flügelprofils herangezogen und die Elektrotechnik für den Gene-ratorbau. Doch war die community der Windanlagenbauer, die von Paul la cour und seinem Schüler JoHannEs Juul begründet wurde, der 1953 mit dem Bau der sog. Gedser Mühle, einer dreiflügeligen 200 kW-Anlage einen bedeutenden Meilenstein der Wind-kraftanlagenentwicklung schaffte, keine community von akademischen Ingenieuren. Dennoch setzten ihre An-lagen Maßstäbe für den Bau von Wind-kraftanlagen, die noch lange galten. Gerade in die Konstruktion der Ged-ser Mühle flossen viele Erfahrungen aus dem Bau von Windkraftanlagen ein und Juul schuf ein Design, dass durch seiner Zuverlässigkeit und seine Ertragssicherheit überzeugen konnte, weniger durch seine Ästhetik11 (Bild 8).
Der andere Weg lässt sich als der Weg der akademischen Ingenieure bezeichnen, die weitaus weniger von praktischer Erfahrung ausgingen, ihre Anlagen nach ingenieurwissenschaft-lichen Prinzipien bauten und dabei sehr viel größere Schritte machen wollten als die dänische community. Einer der Vertreter dieses Weges war
Bild 7: Die experimentellen Windmühlen von Paul Lacour in Dänemark.
Bild 8: Die Gedser Mühle, ein Meilenstein auf dem Weg zur modernen Windturbine.
10 de.wikipedia.org/wiki/Poul_la_Cour und http://www.poullacour.dk/engelsk/cour.htm. Die Ergebnisse seiner Untersuchungen sind auch auf Deutsch erschienen: LA COUR (1905)
11 ele.aut.ac.ir/~wind/en/pictures/juul.htm. Foto der Mühle: energimuseet.dk/Entdecken/Windkraft.aspx
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ulricH HüttEr, der mit seiner W34 (100 kW), die von 1959 bis 1968 auf der Schwäbischen Alb lief, ebenfalls einen Meilenstein der Windkraftanla-genentwicklung ablieferte. Seine zwei-flügelige Anlage war konsequent auf hohen Wirkungsgrad und damit hohe Drehzahl getrimmt. Die Pendelnabe, die Leichtbauflügel aus Kunststoff und die Flügelsteuerung setzten einen bis in die achtziger Jahre hinein gültigen Standard der Technik (Hau 2008, S. 41). Allerdings lieferte diese Anlage viel weniger Strom als die Anlage von Juul, weil sie störanfällig war und im-mer wieder stillgelegt werden musste. Vibrationen führten dazu, dass die An-lage mit nur 80 % ihrer Leistungsfähig-keit betrieben werden konnte (HEymann 1995). Diese Erfahrungen führten aller-dings nicht dazu, dass HüttEr Vorsicht walten ließ, wenn es um die Abschät-zung der Möglichkeit zur Vergrößerung der Windkraftanlage ging. Acht Jahre nach der Stilllegung der W34 empfahl er dem Bundesforschungsministerium den Bau einer Anlage mit der 10-fa-chen Leistung der W34, also 1MW. Das Ministerium und seine Berater nahmen diesen Vorschlag nicht nur an, sondern hielten es für möglich, gleich eine An-lage mit 100 m Turmhöhe und 100 m Flügeldurchmesser und einer Leistung von 3 MW also dem 30-fachen der W34 zu bauen: das Prestigeprojekt Growian, die lange Zeit größte Wind-kraftanlage der Welt. Aber diese Anla-ge war nicht nur die größte ihrer Zeit, sondern auch der größte Fehlschlag in der Geschichte der Windkraftanlagen: Bei einer Gesamtsumme 87,2 Mio. DM (doppelt so viel wie geplant) lieferte sie zwischen 1983 und 1987 331 Stunden Lastbetrieb und 41.000 Stunden Still-stand (99 %). Dieses Resultat hat die Vorstellung befeuert, dass das Ganze eine Beweisführung für die Unmöglich-keit der Windkraftnutzung sein sollte12.
In Kalifornien kam es zu Beginn der achtziger Jahre zu einem Boom der Windkraft. Ursache war das erste Ein-speisevergütungsgesetz der Welt. In-nerhalb weniger Jahre entstand ein lu-krativer Markt für Windkraftanlagen mit fast 5.000 Neuinstallationen auf dem Höhepunkt 1984 und einer Gesamt-zahl von ca. 15.000 Anlagen (HEymann 1995, S. 346). Diese große Zahl er-laubte eingehende Vergleiche der ver-
schiedenen Bauformen von Windturbi-nen und die Investoren waren natürlich in erster Linie an der Rendite aus den Anlagen interessiert, denn nur der ein-gespeiste und vergütete Strom spülte die verausgabten Vorschüsse wieder in die Kassen zurück und erlaubte ei-nen Profit, wenn es gut lief. Auf diesem Markt dominierten die dänischen Her-steller, weil ihre Anlagen die höchsten Kapazitätsfaktoren aufwiesen, d. h. am zuverlässigsten Strom ins Netz speisten und die wenigsten Stillstände wegen Reparaturarbeiten aufwiesen. Dies ist umso verblüffender, je ge-nauer man hinsieht und z. B. die For-schungsinvestitionen betrachtet, die von den USA und Deutschland getätigt wurden und sie mit denen in Dänemark vergleicht: Das kleine Land Dänemark hat weniger als ein Hundertstel der amerikanischen Ausgaben getätigt (HEymann 1995, S.400) und dennoch entstand hier mit der Firma vEstas der Weltmarktführer für Windturbinen.
Die Gründe für den dänischen Er-folg am Beginn der Entstehung eines Weltmarktes für Windenergieanlagen liegen in der starken Orientierung am Gebrauchswert (Stromproduktion) und an der Wertschätzung der Erfah-rung: So wurde die Leistungsfähig-keit der Anlagen in kleinen Schritten (55,65,75,95,150,200,400 und 500 kW) gesteigert und zunächst die Erfah-rungen beim Betrieb einer neuen Leis-tungsklasse ausgewertet, bevor man weitere Steigerungen in Betracht zog. Die Wertschätzung von praktischer Er-fahrung war geradezu diametral entge-gengesetzt zu dem der ingenieurwis-senschaftlich geprägten Firmen wie z. B. US Windpower, die am Beginn die Steigerung des Wirkungsgrades und damit der Drehzahl als wichtigstes Ziel verfolgten.
Schlussfolgerungen
Was für Schlussfolgerungen las-sen sich nun aus der Geschichte der Windenergie zum Verhältnis Physik und Technik ableiten? Technik, hier verstanden als der dänische Weg bis in die achtziger Jahre hinein, ist ein eigenständiger, von der Physik und akademischen Ingenieurwissenschaft weitgehend unabhängiger Weg, der
zudem noch weitaus früher beginnt, vermutlich bei der mittelalterlichen Windmühle oder vielleicht sogar noch früher. Diese Art von Technik hat ihre Wurzel im gegenständlichen Handeln und bezieht das durch das Subjektivie-rende Handeln (böHlE 2013) gelieferte Erfahrungswissen im Konstruktions-prozess ein. Dass es mit dem Unter-gang der Windmühle nicht obsolet wurde, davon legt der dänische Weg einen eindrucksvollen Beweis ab. Ge-rade der Anfangserfolg auf dem kali-fornischen Windenergieanlagenmarkt liefert ein objektives Kriterium dafür ab, dass der Erfahrungsseite des tech-nischen Handelns auch in der Gegen-wart eine hohe Bedeutung zukommt. Erfahrungen sammelt man aber im-mer nur mit dem, was man selbst tut. Im Zuge der sich mit der Etablierung der Ingenieurwissenschaften an tech-nischen Hochschulen (z. B. die Univer-sität Karlsruhe ab 1865) vertiefenden Arbeitsteilung zwischen Technikern, Facharbeitern und Ingenieuren kam es zur Ausbildung ingenieurwissen-schaftlicher Disziplinen (zunächst im Maschinenbau, dann in Chemie- und Elektrotechnik), deren Erfahrungs-basis das universitäre Labor wird. Erfahrungen aus dem direkten Um-gang mit den technischen Artefakten sammelten sich nun weniger bei den Konstrukteuren, als bei den Nutzern und Betreibern. Dies führte zum Ver-lust des Ansehens technischen Kön-nens, es fiel in die Sphäre der Tech-niknutzer und damit aus der Sphäre der Technikgestalter heraus. Eine weitere Ursache für die Geringschät-zung praktischer Erfahrung hat wohl viel mit dem Selbstbewusstsein des neu entstehenden Ingenieurstandes zu tun. Er hat in den USA, Frankreich und Deutschland im 19. Jahrhundert zwar eine beeindruckende Karriere hingelegt (vgl. KAISER, KÖNIG 2006, S. 127 ff. und 179 ff.), doch wurde ihm die Anerkennung als universitäre Diszi-plin in Deutschland zunächst verwehrt. Das Promotionsrecht z. B. wurde den technischen Hochschulen erst 1899 auf allerhöchsten Erlass Kaiser Wil-helms gegen die Widerstände an den Universitäten verliehen. Diese sorgten dafür, dass der zu führende Doktorti-tel nicht mit den „richtigen“ Titeln ver-
12 de.wikipedia.org/wiki/Growian
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wechselt werden konnte und beharrten auf dem Dr.-Ing., also mit Bindestrich und ohne den lateinischen Zusatz der wissenschaftlichen Disziplin, wie es an den Universitäten üblich war (Dr. phil. z. B. für die Promotion in Philosophie oder Dr. rer.nat. für die Promotion in den natürlichen Dingen, also den Na-turwissenschaften). Die Ingenieure an den Hochschulen und Universitäten haben um ihre Anerkennung gekämpft und dabei wohl auch die Abgrenzung zu der als theorielos geltenden Praxis zu scharf gezogen und die mathema-tische Formalisierung ihrer eigenen Disziplin als Grenzpatrouille etabliert.
Dies hat den Schein befördert, dass das Erfahrungswissen von geringerer Bedeutung sei als das zur Konstruktion notwendige theoretische Wissen. Das dies nur ein Schein ist, lässt sich z. B. dadurch nachweisen, dass selbst im absoluten Hochtechnologiesektor das in der Praxis gewonnene und an Per-sonen gebundene Wissen notwendig für den Fortbestand dieser Technolo-gie ist. Techniksoziologen wie donald mckEnziE und graHam sPinardi (1995) haben dargelegt, dass dieser Seite der Technik, von ihnen als implizites Wissen bezeichnet (M. Polanyi), auch bei einem so avancieren Produkt wie der Atombombe vorausgesetzt wer-den muss: Ohne die Tradierung des Wissens von Experte zu Novize, nur aufgrund des in Dokumenten nieder-gelegten Wissens, ließe sie sich nicht nachbauen. D. h. die Seite der Erfah-rung ist auch für das wissenschaftliche Arbeiten konstitutiv, allerdings erfährt die Erfahrung hier eine weitaus gerin-gere Wertschätzung als in der tech-nische Artefakte hervorbringenden Praxis.
Auch ohne den Rückgriff auf die Atom-bombe und dem bei ihr gewonnenen Erfahrungswissen, welches man gerne dem Vergessen anheim geben wür-de, ergeben sich Konsequenzen für das Verhältnis der Fächer Physik und Technik. In der Physik wird der Erfah-rung meist keine so hervorgehobene Bedeutung beigemessen wie in der Technik. Zwar weiß jeder Experimen-talphysiker, dass man Erfahrungen beim Experimentieren benötigt, aber das Paradigma der intersubjektiven Überprüfbarkeit von experimentellen Daten führt dazu, dass man indivi-
duelle Besonderheiten in Veröffentli-chungen nicht erwähnt.
Allerdings lässt sich eine gewisse Re-naissance der Erfahrung auch in der Physik beobachten, nämlich in der Physikdidaktik. Das Experimentieren der Schüler im Physikunterricht erfreut sich in den letzten Jahren wieder einer zunehmenden Aufmerksamkeit. Viel dazu beigetragen haben sicherlich die Schülerlabore und Science-Center. Durch die selbst gemachten Erfah-rungen beim Experimentieren kann die Attraktivität der naturwissenschaft-lichen Fächer erheblich gesteigert werden, und gerade die Physik gehört zu den unbeliebtesten Fächern, muss sich also um Maßnahmen zur Steige-rung ihrer Attraktivität kümmern.
In den Schulen hatte vielfach die Vor-stellung um sich gegriffen, dass die ei-gene Erfahrung der Schüler im selbst durchgeführten Experiment verzichtbar sei oder durch Simulationen, Animati-onen oder Vorführexperimente ersetzt werden könnte. In der Schule zeigt sich der durch die Stofffülle in den Lehrplä-nen ergebene Zeitdruck als eine der möglichen Ursachen, die zum Ersatz des Experiments oder zur Reduktion der Experimentierzeit führen. Denn Experimentieren kostet Zeit, Schüler können Fehler machen und sich in der Handhabung konkreter Geräte und vor allem ihrer Verkabelung verirren, Re-sultate bleiben aus oder weichen von den Erwartungen ab und erfordern einen nicht eingeplanten Erklärungs-aufwand. Die negative Bewertung des Experimentierens wird durch eine Sichtweise gefördert, die sich auf das Resultat des Experimentierens fixiert und weniger auf den Lernprozess der Schüler und seiner Resultate.
Im Fach Technik hat das gegenständ-liche Tun der Schüler immer schon ei-nen anderen Charakter und den dabei zu entwickelnden Fähigkeiten wurde größeres Gewicht beigemessen als in der Physik. Allerdings kann der Bezug zu dem dabei gewonnenen Wissen im Fach Technik unterschiedlich ausfal-len. Es ist auffällig, dass in den Gym-nasien das Fach Technik viel seltener vertreten ist als in den anderen allge-meinbildenden Schulen. Warum also leuchtet es in einer nicht-gymnasialen Sek.I eher ein, eine Werkstatt einzu-
richten als im Gymnasium? Und wa-rum hält man technischen Unterricht, selbst wenn man ihn in der Sek.I an-bietet, in der Sek.II für verzichtbar? Es fällt schwer, dafür didaktische Gründe zu finden und eher wird man auf ganz pragmatische Dinge wie Berufsorien-tierung stoßen, um diesen Unterschied zu erklären.
Doch auch das Fach Technik hat dort, wo es etabliert ist, mit ähnlichen Proble-men wie das Fach Physik zu kämpfen, wenn auch wohl kaum mit dem Ersatz der Animation für die gegenständliche Tätigkeit, aber doch mit dem Ersatz ei-gener Konstruktions- und Fertigungs-erfahrungen durch vorgefertigte Ma-terialien und Bausätze. Es zeigt sich aber auch hier, dass der durch Versuch und Irrtum gekennzeichnete Lernweg des Erfahrungslernens nur begrenzt abgekürzt werden kann und eine Fi-xierung auf das Produkt den Blick ver-stellt für die im Prozess der Produktion wirksam werdenden Lernprozesse. Al-lerdings lässt sich leider noch nicht von einer soliden Erforschung der beim technischen Handeln wirksam wer-denden Lernprozesse sprechen, die zu einem Anwachsen des tacit know-ing (M. Polanyi) führen. Erste Arbeiten zum technischen Wissen (gayckEn 2010, mildEnbErgEr 2006, kornWacHs 2012) und zum handlungsbegleitenden Sprechen (bindEr 2014) eröffnen aber bedeutende Forschungsfelder für die Technikdidaktik.
Das Fach Technik hat das Potenzial, beide Seiten der Technik zu repräsen-tieren: sowohl die Ingenieurwissen-schaft als gegenüber den Naturwis-senschaften eigenständige Disziplin mit eigenen Verfahren und Erkennt-nisweisen, wie sie am Beispiel von li-liEntHal erwähnt wurde, als auch die selbst in der Ingenieurwissenschaft nicht verlorengegangene Seite des Erfahrungslernens und des aus dem gegenständlichen Handeln gewon-nenen impliziten Wissens. Potenzial: Das Fach ist längst nicht in allen Bun-desländern im Gymnasium vertreten und die DGTB wie auch die Zeitschrift TU werden nicht als Impulsgeber für den Unterricht an Gymnasien und an der Sek. II wahrgenommen, wie z. B. scHlagEnHauF (2014, S. 9) für den Un-terricht im neu geschaffenen Fach NwT im Detail nachweist. Die vielen Förder-
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Technikgeschichte tu: Sachinformationen
möglichkeiten im Bereich des MINT-Unterrichts können dazu beitragen, dass sich diese Situation ändert und das Fach seine Stärken ausspielt. Dies kann es durch die Besinnung auf beide Wurzeln, Wissenschaft und Erfahrung, und durch die sorgfältig kommunizierte Unterscheidung zwischen Physik und Technik.
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HandEl, kai cHristian (1999): Anfänge der Halbleiterforschung und -entwick-lung. Dargestellt an den Biographien von vier deutschen Halbleiterpionie-ren. Techn. Hochsch., Diss. Aachen, 1999. Online verfügbar unter http://darwin.bth.rwth-aachen.de/opus3/volltexte/2008/2517.
Hartmann, ElkE (Hg.) (2008): Technik und Bildung in Deutschland. Technik in den Lehrplänen allgemeinbildender Schulen; eine Dokumentation und Analyse. Düsseldorf. (VDI-Report / Verein Deutscher Ingenieure, 38).
Hau, EricH (2008): Windkraftanlagen. Grundlagen, Technik, Einsatz, Wirt-schaftlichkeit. 4., vollst. neu bearb. Aufl. Berl.
HEymann, mattHias (1995): Die Geschich-te der Windenergienutzung. 1890–1990. Deutsches Museum, Diss. München. Frankfurt/Main.
kornWacHs, klaus (2012): Strukturen technologischen Wissens. Analytische Studien zu einer Wissenschaftstheo-rie der Technik. Berlin.
la cour, Poul (1905): Die Windkraft und ihre Anwendung zum Antrieb von Elektrizitäts-Werken. Übersetzung von Johannes Kaufmann. Leipzig.
kaisEr, WaltEr; könig, WolFgang (Hg.) (2006): Geschichte des Ingenieurs. Ein Beruf in sechs Jahrtausenden. München: Hanser. Online verfügbar
unter http://www.gbv.de/dms/ilmenau/toc/504107402.PdF.
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röbEn, PEtEr: Von den Tücken der didak-tischen Reduktion und der Notwendig-keit der Differenzierung technischen Wissens. TU – Technik im Unterricht (2013), Heft 149, S. 38–43.
BildnachweiseBild 1: http://upload.wikimedia.org/
wikipedia/commons/6/62/Nachbau_des_ersten_Transistors.jpg
Bild 2: http://de.wikipedia.org/wiki/Transistorradio#mediaviewer/File:Regency_transistor_radio.jpg
Bild 3: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Visible_spectrum_of_ hydrogen.jpg#mediaviewer/File: Visible_spectrum_of_hydrogen.jpg
Bild 4 http://upload.wikimedia.org/ wikipedia/commons/1/14/Triode_ tube_1906.jpg
Bild 5: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a3/Galerieholl%C3%A4nder-Moorseer-M%C3%BChle.jpg
Bild 6: http://de.wikipedia.org/wiki/Windm%C3%BChle#mediaviewer/File:Muehle_donsbr%C3%BCggen.JPG
Bild 7: http://www.poullacour.dk/
Bild 8 http://ele.aut.ac.ir/~wind/en/res/gedser2.jpg
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28 tu 156 / 2. Quartal 2015
tu: Unterrichtspraxis Energietechnik
SachbereicheErneuerbare Energien, Maschinen-technik, Fertigungstechnik, Elektro-technik, Strömungsmechanik
Technische FähigkeitenKonstruieren, Fertigen, Experimentie-ren, Testen, Messen, Vergleichen, Be-rechnen, Analysieren, Repowern
VorbemerkungDie Problematik einer zukunftswei-senden globalen Energieversorgung hat zu technischen Entwicklungen ge-führt, die erneuerbare Energieträger effizient nutzen können.
Windkraftanlagen und die damit ver-bundenen gesellschaftlichen Kon-troversen gehören zum Erfahrungs-
bereich unserer Schülerinnen und Schüler.
Damit stellt sich die Aufgabe, dieses Thema für den Technikunterricht auf-zubereiten und in den fachimmanenten Kontext von praktisch-manuellem Tun und gedanklicher Durchdringung der technischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge zu stellen.
Das Unterrichtsobjekt „Windkraftanla-ge in aufgelöster Bauform zur Erzeu-gung von elektrischem Strom“ steht exemplarisch für andere Bauweisen von Windkraftanlagen und für andere technische Systeme der Windnutzung (mechanische Mühlen, Pumpen, und Quirle).
Umsetzung für den Technikunterricht Die didaktische Diskussion ergibt dazu mehrere Möglichkeiten:
a) Vorgefertigte Kleinsysteme werden im Block angeboten. Sie ermög-lichen zwar das Aufnehmen von Messergebnissen, werden jedoch nicht der Breite technischer Hand-lungsvollzüge gerecht.
b) Andererseits wird eine Idee dis-kutiert, die die Montage einer leis-tungsstarken, wetterbeständigen Anlage aus originalen Maschinen-teilen für den Dauerbetrieb im Frei-en vorsieht. Die Kosten-, Wartungs- und Beaufsichtigungssituation wäre problematisch. Unterschiedliche Windverhältnisse behindern unter-richtlich organisiertes Testen und Experimentieren. Die Herstellung von nur einer Anlage durch die ge-samte Schülergruppe schränkt den Bildungszuwachs für den Einzelnen wesentlich ein.
c) Das hier skizzierte Konzept zeich-net sich durch folgende Merkmale aus:
Aufbau und Betrieb einer labor-mäßigen Teststrecke im Fachraum mit Windmaschine und Messvorrich-tungen. Die Windmaschine wird aus Sicherheitsgründen von der Lehrkraft bedient.
Die Maße des Funktionsmodells sind der verfügbaren Windmaschine angepasst.
Das Baukastensystem besteht im Wesentlichen aus Bauteilen der Firma Traudl Riess. Es ermöglicht maschi-nentechnisch stabile Konstruktionen, ist variabel und zur späteren Wieder-verwendung vorgesehen.
Das Funktionsmodell ist relativ kos-tengünstig und von den Schülerinnen und Schülern gut zu handhaben.
Das Funktionsmodell ist nicht wet-terbeständig und nicht für den Dau-erbetrieb geeignet, jedoch sehr wohl stabil für den gelegentlichen Betrieb im Freien.
Fachdidaktische Überlegungen Das Konzept öffnet vielfältige Ge-staltungsmöglichkeiten des Unterrichts und seiner inhaltlichen und metho-dischen Anspruchsebenen, die jeweils abhängig von der Lernsituation in der Lerngruppe sind.
Frischer, kräftiger Wind im TechnikunterrichtWindkraftanlage als Funktionsmodell im Windkanal*)
von Dietrich Kadell und Lothar Georgi
*) Ein Beispiel für die technische Nutzung erneuerbarer Energieträger Unterrichtsskizze für den allgemeinbildenden Technikunterricht Sek. I und II Erarbeitet in der Grund- und Gemeinschaftsschule Kropp, Geestlandschule, 24848 Kropp
29tu 156 / 2. Quartal 2015
Energietechnik tu: Unterrichtspraxis
Es ermöglicht die Wahl zwischen ein-fachen und anspruchsvollen Inhalten.
a) Einerseits kann die konzipierte WKA nach Vorlage montiert und betrieben werden.
b) Andererseits ermöglicht dieses Unterrichtskonzept im Zusam-menhang mit dem labormäßigen Betrieb der Testanlage vielfältig anspruchsvolle und technisch rele-vante Handlungsvollzüge.
c) Auf anspruchsvollerem Bildungsni-veau ergibt sich während des Un-terrichts zwangsläufig die Notwen-digkeit, die praktischen Tätigkeiten mit physikalischen, maschinen-technischen, elektrotechnischen, meteorologischen und aerodyna-mischen Wirkungszusammenhän-gen einer WKA zu verknüpfen.
Stichwortartig Beispiele:
Windentstehung,
WKA im Überblick, historisch und zeit-gemäß,
Fertigung, Aufbau, Betrieb von WKA,
Standort, Stromnetz,
Widerstands- und Auftriebsprinzip,
Schnelllaufzahl, Leistungsbeiwert,
Leistungsregelungen, Steuerung der Anlage.
Die ökologische, ökonomische und gesellschaftliche Energieproblematik wäre unterrichtlich in Kooperation mit anderen Unterrichtsfächern einzube-ziehen.
Der Unterricht ist auf anspruchs-vollem Niveau problem- und hand-lungsorientiert angelegt.
Schülerinnen und Schüler planen, montieren und testen jeweils ihr eige-nes Funktionsmodell, um individuelle Kreativität und Problemlösungsverhal-ten entwickeln zu können.
Vermieden werden konkrete Kon-struktionsvorgaben und differenzierte, schrittweise angelegte Montageanwei-sungen.
Für Konstruktion und Montage der WKA bestehen Wahlmöglichkeiten:
Material, Form und Anzahl der Rotor-blätter, Getriebeübersetzungen, E-Mo-toren als Generator, auch Arbeitsab-lauf, Arbeitsmittel und Montagehilfen, Fertigung einzelner Bauteile.
Die Wahl des Vorgehens ist zunächst Aufgabe der Schülerinnen und Schü-ler. Dies führt zu verschiedenen Kon-struktionen und vergleichbaren Tester-gebnissen.
Unterschiedliche Testergebnisse ge-nerieren Problemstellungen und wer-den möglichst in Eigenleistung gelöst.
Fertigung und Vergleich unterschied-licher Konstruktionen liegen im didak-tischen Interesse.
Schwerpunkte techniktypischer Handlungsweisen sind hier: – Lesen und Umsetzen technischer
Anweisungen,– eigene Informationsbeschaffung,– vorausschauende konstruktive,
auch kreative Planung, – organisieren von Arbeitsablauf und
Arbeitsplatz,– Montagearbeiten, – entwickeln und anfertigen von Bau-
teilen und Montagehilfen, – testen, experimentieren,– Testergebnisse analysieren,– Windleistung und elektrische Leis-
tung messen, berechnen und ver-gleichen,
– Funktionszusammenhänge erken-nen, daraus funktionelle und kon-struktive Entscheidungen treffen.
Dies fordert anspruchsvoll von der Lehrkraft die Initiierung entspre-chender Lernprozesse.
Das vorliegende Unterrichtskonzept bedingt bei anspruchsvoller Gestal-tung die Einbeziehung grundlegender technischer, physikalischer und mathe-matischer Funktionszusammenhänge in den Lernprozess. Deren Komplexi-tät erfordert im Unterrichtsablauf ver-fügbares, funktionales Vorwissen der Schülerinnen und Schüler aus dem Physik-, Mathematik- und dem Technik unterricht.
Themen z.B.:– einfache elektrotechnische Schal-
tungen,– elektromagnetische Wirkungen, – Aufbau und Funktion einfacher E-
Motoren, – Spannung, Stromstärke, Wider-
stand, – Aufbau und Funktion einfacher Ge-
triebe,
– Aufbau und Funktion einfacher Ma-schinen,
– Grundbegriffe der Steuerungstech-nik.
In der Unterrichtspraxis gestaltet sich ein Rückgriff auf vorhandenes Vor-wissen oft problematisch. Deswegen werden eingeschobene Lehrgänge er-forderlich, die wiederum den geplanten Lernprozess unterbrechen und stören können.
Vorteilhaft wäre die Möglichkeit cur-ricularer Planung des Technikunter-richts über die gesamte Schulzeit der Schüler. Dies ist jedoch bei labiler Position des Faches im Schulangebot oft nicht möglich. Auch die effektive Abstimmung der Unterrichtsinhalte mit anderen Unterrichtsfächern bereitet oft Schwierigkeiten.
Funktionsmodell der Wind-kraftanlage, Arbeitsbögen mit Informationen und Aufträgen Die Unterrichtsskizze bleibt hier offen, ohne Vorschläge zur Einordnung von Unterrichtssequenzen und ohne Hin-weis auf unterstützende Medien. An einer themadienlichen Sammlung der Unterrichtsmedien wird gearbeitet.
Die folgenden Ausführungen be-schränken sich auf die Konstruktion und Montage des Funktionsmodells und auf das Messen und Berechnen der Windleistung sowie der elek-trischen Leistung.
Die Arbeitsbögen sind für die Hand der Schülerinnen und Schüler ange-legt. Sie sind in Form von Hinweisen, Aufträgen und Anregungen gestaltet, und ebenso als Dokumente für die unterrichtsbegleitende Technikmappe zum Nachschlagen und Präsentieren vorgesehen.
Blatt Nr. 1 Triebstrang der WKA / 2 MW Windkraftanlage / Funktionsmo-dell
Blatt Nr. 2 Rotor / Form und Anzahl der Rotorblätter / Vorschlag für ein Rotor-blatt aus Balsaholz
Blatt Nr. 3 Rotornabe / Blattwinkelver-stellung / Bohrvorlage
Blatt Nr. 4 Hauptwelle mit Wellenlager / Bohrvorlage für Wellenlagerträger
30 tu 156 / 2. Quartal 2015
tu: Unterrichtspraxis Energietechnik
Blatt Nr. 5 Getriebe / Generator
Blatt Nr. 6 – WKA-Triebstrang / Monta-ge der Baugruppen – Drehkranz der WKA-Gondel am Turmschaft
Blatt Nr. 7 Test / Geräteaufbau / Schalttafel / Einsatz verschiedener Verbraucher
Blatt Nr. 8 Wirkungsgrad der WKA / Windleistung vor dem Rotor / Formeln
Blatt Nr. 9 Testprotokoll / Berech-nungen / Vergleich
Blatt Nr. 10 Energieumwandlung / En-ergieausbeute / Reibungsverluste
Anmerkungen zu den Arbeitsbögen
Blatt 2Die projektbezogene Entscheidung für das Metallbaukasten-System der Fir-ma Traudl Riess fiel nach didaktischer Diskussion und Vergleich mit anderen marktgängigen Baukastensystemen.
Den Ausschlag gaben:
– die Schraubmontage als ein Bei-spiel für das Grundverfahren der Fertigungstechnik „Fügen“,
– die Stabilität des Systems durch Schraubmontage von Metall-Bau-elementen und
– die für das Projekt geeigneten und geringen Ausmaße des Trieb-stranges als Funktionsmodell.
Die Lochung der Riess-Metallelemente beträgt im Durchmesser 4,15 mm, Durchmesser der Wellen-Elemente 4,00 mm. Diese Differenz erfordert bei der Montage genaues Beachten der parallelen und rechtwinkligen Zuord-nung der Bauelemente und Baugrup-pen.
Die Stücklisten der Arbeitsblätter ver-merken die Artikelnummern aus dem Hauptkatalog.
Sie enthalten nicht die in hoher Zahl erforderlichen Zylinderschrauben und Muttern.
Empfehlung: Zylinderschrauben mit Zylinderkopf und Kopf-Schlitz.
Muttern-Artikelnummer 21.015.0Schrauben M4 x 6 - 21.129.0Schrauben M4 x 8 - 21.130.0
Auf erforderliche Montage-Werkzeuge und Montage-Hilfen wird hier nicht ein-gegangen.
Für die Fertigung der Rotorblätter ist halbhartes Aluminiumblech (0,5 mm) besonders auch für den Betrieb der WKA im Freien gut geeignet. Durch Abkanten erhalten die Rotorblätter Stabilität.
Blatt 3Die Auswahl konstruktiver Komponen-ten bleibt offen und dem Schüler über-lassen.
Natürlich werden in der Literatur „op-timale“ Lösungen genannt. Jedoch liegen in dieser Unterrichtskonzeption vielseitige Lösungsansätze im didak-tischen Interesse.
Blatt 4
Die mechanische Belastung des Funktionsmodells ist abhängig vom Gewicht des Rotors (Zahl und Form der Rotorblätter, Material) und von
der Windleistung. Darum wird grund-sätzlich empfohlen, die Hauptwelle als M5-Gewindestange zu wählen und entsprechende Kugellager (5-16-5) zu verwenden, die beide nicht im Ries-Katalog angeboten werden.
Die Radnabe (Blatt 4, Pos. 10) ist auf-zubohren, 5 mm.
Als Material für die Wellenlagerträger ist auch Sperrholz möglich.
Blatt 5
Für die Experimente sind als Genera-tor alle E-Motoren geeignet, die an die Platten des Riess-Universal-Getriebe-Bausatzes angeschraubt werden kön-nen.
Das Übersetzungsverhältnis des ab-gebildeten zweistufigen Getriebes be-trägt 1:6,25.
Der bisher erreichte Wirkungsgrad dieses Funktionsmodells ist extrem gering, siehe Berechnungen Blatt 9.
Die Auswahl eines optimal geeigneten E-Motors als Generator ist problema-
Bild zu Blatt 5
Bild zu Blatt 5Bild zu Blatt 2
31tu 156 / 2. Quartal 2015
Energietechnik tu: Unterrichtspraxis
Die 10 Arbeitsbögen sind abrufbar unter: www.neckar-verlag.de – TU 156
©TEMBRA GmbH,Berlin
© Dietrich Kadell
Flanschzur Befestigungder Rotornabe
wandelt dieBewegungs-
energieder
Windströmungin die
Drehbewegung um
langsame Welle,
verbindet die Rotornabe
mit dem Getriebe
wandelt dieDrehzahl des
Rotors inschnelle, für den
Generatorgünstige
Drehzahlen um
bringt dieMaschine
zum Stillstandfür Wartungs-
undReparatur-
arbeiten
wandelt die Drehbewegungder schnellen
Wellein elektrischen
Strom um
Rotor Hauptwelle Getriebe Scheiben-bremse
Generator
Triebstrang unserer kleinen Windkraftanlage
Name:
Schule: Thema:
Projekt: Datum:
Maßstab:
Blatt-Nr.:Klasse / Kurs:
Diese WKA kannbei guten Wind-verhältnissenin ca.3,5 Stundenden Jahresbedarfan Strom füreinen durch-schnittlichenHaushalt erzeugen.
Wieviel Stromkann deineWKAerzeugen?
Windkraftanlageaufgelöste Bauform
Eine Windkraftanlage ( WKA ) wandelt die Bewegungsenergie der Windströmung
in elektrische Energie um.
Triebstrang einer 2 Megawatt (MW)- Windkraftanlage
Ein Wettbewerb:
Wessen WKAliefert die besteelektrischeLeistung?
schnelle Welle
schnelle Welle
Windkraftanlage (WKA) - Funktionsmodell
Triebstrang der WKA- 2 MW Windkraftanlage- Funktionsmodell
© Dietrich Kadell
1
In der Gondelbefindet sich der Triebstrangder Maschine.
Gondel
langsame Welle
Übertragungsgetriebe 1:1
- Überlege und forsche nach, mit welcher Anzahl und Form der Rotorblätter deine WKA die beste Windausbeute erreichen könnte.- Entscheide dich und skizziere einen Plan. Der Baukasten ermöglicht unterschiedliche Planungen. Auch über geeignetes Material für die Rotorblätter solltest du nachdenken.- Fertige und erprobe deinen Rotor ( Windkanal ). Überlege Verbesserungen und führe sie aus.
Arbeitsauftrag an dich als Entwicklungsingenieur für Rotoren:
Vorschlag für ein Rotorblatt aus Balsaholz
Zeichnung nicht maßstabgerecht / Bohrung: 4 mmDie Maße passen zu einem Ventilator O = 60 cm
- Bohrvorlage mit Zeichenprogramm anfertigen und maßstabgerecht ausdrucken- Für exakte Bohrungen könnte CNC-Fräse mit CAD-Ansteuerung genutzt werden.
Aufträge an dich als Fachkraft für technisches Zeichnen,CAD und CNC:
Rotor / Form und Anzahl der RotorblätterVorschlag für ein Rotorblatt aus Balsaholz
Windkraftanlage ( WKA ) - Funktionsmodell
Nr. Bezeichnung Material / BauteilAnzahl Artikel
Stückliste - Rotorblatt
ü
1
2
3
4
5
6
Tragfläche
Blattverstärkung
Befestigungsbügel
Befestigung Zylinderschraube M4 - 10je 2
Unterlegscheibe Flachstab 2 Loch
Bohrvorlage Papier
50.085.0
27.069.1Bügel 3 x 1 Loch klein
27.030.5
Hartholz 70 x 20 x 3
Balsabrett 2 mm
* entsprechend der Rotorplanung
*
*
*
*
1
2
3
4
5
6
2/
© Dietrich Kadell
2
55
10
20
30
100
60
300
10
1510
70
20
Name:
Schule: Thema:
Projekt: Datum:
Maßstab:
Blatt-Nr.:Klasse / Kurs:
1 2 3 4 5
- Bohrvorlage mit PC-Zeichenprogramm anfertigen und maßstabgerecht ausdrucken,- Bohrlehre herstellen.
Aufträge an dich als Fachkraft für technisches Zeichnen,CAD und Gerätebau:
- Eine Messlehre entwickeln für genaues Einstellen der
angewinkelten Rotorblätter, Anströmwinkel.gegen die Windströmung
Rotornabe, BlattwinkelverstellungBohrvorlage / Bohrlehre / Messlehre für Aufprallwinkel
Beispiel: Vierblatt-Rotor
Montage der Rotornabe / Einstellen der Anströmwinkel
1
1
1
4
5
5
5
Nabenkörper des Rotors
2- und 4-Blatt 3- und 6-Blatt
Blattwinkelverstellung
Bohrvorlage
Bohrlehre
Befestigungsbügel des Rotorblattes auf der Längsachse verstellen und mitKontermuttern festsetzen.
6
3
3
32
2
Lochabstand in allen Bauteilen: Abstand 10 mm
Windkraftanlage ( WKA ) - Funktionsmodell
Nabenkörper vor dem Bohren mit Zylinderschraube
unterhalb der Bohrlehre befestigen
Beispiel: zusätzliche Bohrungen für4-Blatt-Rotor
Nr. Bezeichnung Material / BauteilAnzahl Artikel
Stückliste - Rotornabe
ü
1
2
3
4
5
6
Nabenkörper
Nabe der Hauptwelle
Befestigung
Befestigungsbügel
Rotorblatt-Längsachse
Kontermuttern
Mehrzweckscheibe 70 mm
Radnabe 6 mm
Bügel 3 x 1 Loch klein
Zylinderschraube M4 - 8
Gewindestange M4 - 70 mm
Muttern M4
35.020.0
35.027.0
27.069.1
21.128.0
21.101.5
21.015.0
1
1
1 *
1 *
2 *
2 *
* je Rotorblatt
Name:
Schule: Thema:
Projekt: Datum:
Maßstab:
Blatt-Nr.:Klasse / Kurs:3
© Dietrich Kadell
Je nach Zahl der Rotorblätter sind zusätzliche Bohrungen ( 4 mm ) im Nabenkörper erforderlich.
Ein Auftrag für dich als Entwicklungsingenieur:
1
1
2
2
3
3
4
5
5
6
7
7
8
8
9
9
Hauptwelle mit Wellenlager
Lagergehäuse der HauptwelleEs sind zusätzliche Arbeiten erforderlich:
Freilauf des inneren Kugellagerringes:
beide Teile des Lagergehäuses sind mittig
aufzubohren, 10 mm.
- Bohrvorlage für den Wellenlagerträger mit Zeichenprogramm anfertigen und maßstabgerecht ausdrucken,- Kugellagerträger anfertigen,
- Bohrung: Freilauf des inneren Kugellagerringes.
Aufträge an dich als Fachkraft für technisches Zeichnen, Gerätebau, CAD und CNC:
nach Möglichkeit CNC-Fräse und CAD-Ansteuerung nutzen,
Zahnrad, Übertragung der Drehbewegung zur Getriebe-Baugruppe
4
16
10
20
525
45
50
Bohrvorlage
3 2
Windkraftanlage ( WKA )- Funktionsmodell
Hauptwelle mit WellenlagerBohrvorlage für Wellenlagerträger
Nr. Bezeichnung Material / BauteilAnzahl Artikel
Stückliste - Hauptwelle mit Wellenlager
ü
1 Maschinengestell
2 Wellenlagergehäuse
3 Wellenlagerträger
4 Wellenlager
5 Hauptwelle, langsame Welle
6 Sicherungsscheibe
7 Zylinderschraube
8 Gehäuseflansch
9 Übertragungsgetriebe
1
2
2
2
1
1
Montageplatte 11 x 5
Montageplatte 5 x 3
Hartholz 5 x 20 x 50
Kugellager 5-16-5
Gewindestange - 120M5
Flachstab 2 Loch
4
4
1
M4 - 10
Flachwinkel
Zahnrad Modul 1 - 20 Z
27.021.0
27.094.0
27.030.5
27.074.5
35.015.0
Name:
Schule: Thema:
Projekt: Datum:
Maßstab:
Blatt-Nr.:Klasse / Kurs:
© Dietrich Kadell
4
32 tu 156 / 2. Quartal 2015
tu: Unterrichtspraxis Energietechnik
Die 10 Arbeitsbögen sind abrufbar unter: www.neckar-verlag.de – TU 156
Name:
Schule: Thema:
Projekt: Datum:
Maßstab:
Blatt-Nr.:Klasse / Kurs:
- Berechne die Getriebeübersetzung. - Berechne und Vergleiche die elektrische Leistung. Blatt Nr. 7
Aufträge an dich als Ingenieur:
- Wähle Getriebeübersetzung und Generator aus.- Montiere den Triebstrang deiner WKA.
Aufträge an dich als Konstrukteurund Monteur:
Getriebe und Generator
Du benutzt den Riess-Universal-Getriebemotor-Bausatz.Er ermöglicht 1 - 5 Getriebeübersetzungen.Hier als Beispiel ein zweistufiges Getriebe.
Nr. Bezeichnung Material / BauteilAnzahl Artikel
Stückliste - Getriebe / Generator
ü
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
Maschinengestell
Getriebegehäuse
Abstandsbolzen
Befestigungslasche
Übertragungsgetriebe
Antriebswelle, langsame Welle
Antriebszahnrad
Stufengetriebe
Abtriebswelle, schnelle Welle
Abtriebszahnrad
Generator
Distanzrolle
Stellring
1
2
* 3 / 6
4
1
1
1
4
1
1
1
div
2
Montageplatte 11 x 5
Montageplatte 3 x 5
Abstandsbolzen M4 12 u 18
Winkel 1 Rundloch 1 Langl. 27.070.5
Zahnrad Modul 1 - 20 Zähne
Metallachse
Doppelzahnrad
Doppelzahnräder
Generatorwelle
Zahnrad
E-Motor
Distanzrollen
Elastikstellring
*je nach Konstruktion **Bausatz 06.025.0 / gewünschten Motor anfordern
Empfehlung: 06.040.0
27.021.0
**
**
35.015.0
**
**
**
**
**
**
**
7
1
2
2
2
3
4
4
5
6
6
8
5
8
910
11
12
13
Windkraftanlage (WKA) - Funktionsmodell
Getriebe - GeneratorGetriebeübersetzung, berechnen, auswählenGenerator, auswählen
1
7
© Dietrich Kadell
5
Name:
Schule: Thema:
Projekt: Datum:
Maßstab:
Blatt-Nr.:Klasse / Kurs:
Hauptwelle und schnelle Welle sind parallel versetzt.Zahnräder übertragen die Drehbewegung, 1:1
WKA-Triebstrang / Montage der Baugruppen
11 - Montage der Windrichtungsnachführung am Maschinengestell, einfache Windfahne
Drehkranz - Sockel der WKA-Gondel
1
5
7 3
3
2
4
ü
6
88
9
Übertragungsgetriebezwischen Lagergehäuse der Hauptwelle und der Getriebe-Generator-Baugruppe
Haupt-welle, langsameWelle
Generator-welle,schnelle Welle
Windkraftanlage - Funktionsmodell
- WKA - Triebstrang / Montage der Baugruppen- Drehkranz der WKA-Gondel am Turmschaft
© Dietrich Kadell
6
Montage der Stabilatorscheibe
6
11
11
10
Nr. Bezeichnung Material - BauteilAnzahl Artikel Nr.
27.045.0
Stückliste / Drehkranz
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Turmschaft
Sockelteil am Turmschaft
Drehsgestellachse
Drehkranz, Gleitlager fest
Drehkranz, Gleitlager beweglich
Sockelteil am Maschinengestell
Stabilisator
Kontermuttern
Befestigung am Turmschaft
Windrichtungsnachführung
1
1
1
1
1
1
4
Holz
Montageplatte 5x5 Loch
Achse mit Gewindeenden 27.080.1
Scheibe mit Buchse 27.063.1
M4
Schrauben
Montageplatte 5x5 Loch 27.045.0
Mehrzweckscheibe 35.020.0
Mehrzweckscheibe 35.020.0
Achsführung
11 Aluminium, Stab, Blech
1 Flachstab 5 Loch 27.032.5
Name:
Schule: Thema:
Projekt: Datum:
Maßstab:
Blatt-Nr.:Klasse / Kurs:
Aufträge an dich als Ingenieur für Testverfahren: Zu deinen Aufgaben gehört nicht nur das Anfertigen der WKA, sondern auch
das Experimentieren, Messen, Rechnen, Vergleichen und Verbessern. Jetzt geht es los.
Deine WKA im Test / Versuchsanordnung im Fachraum Technik
WKA mittig vor dem offenen Windkanal
platzieren und betreiben
Standventilator( PEREL 60 cm, 239 V)mit offenem Windkanal
3 Geschwindigkeitsstufen
Miss die elektrische Leistung, Volt und Ampere.
WindmessgerätAnemometer
Meter pro Sekunde ( m/s) messen
WKA im offenen
Windkanal
Kennzeichne deine WKA, vermerke spezielle Einstellungen, protokolliere Messergebnisse, berechne Wind- und Generatorleistung, Wirkungsgrad. (
Testprotokoll:
Protokoll-Formular, Formeln, Blatt Nr. 9)
Verbessere deine WKA, vergleiche sie mit den WKA deiner Mitschülerinnen und Mitschüler.
Fertige eine „Schalttafel“mit schaltplangerechter Montage der Leiterbahnen an.
Motorwinde:Möglichkeit, die mechanische Leistung einer Maschine zu messen und zu vergleichen - verrichtete Arbeit (Gewicht und Strecke)- benötigte Zeit
- Einsatz verschiedener Verbraucher- Aufladen von Akkus für Kleingeräte
Deine WKA erzeugt Strom, den du nutzen kannst.:
Test / Geräteaufbau im FachraumSchalttafel, Einsatz verschiedener VerbraucherTestprotokoll,
© Dietrich Kadell
7
Windkraftanlage (WKA) - Funktionsmodell
- Stromspeicherung im Super-Cap-Kondensator - mit gespeichertem Strom Funktionsmodelle antreiben
Teste verschiedene Konstruktionen und Einstellungen deiner WKA.
V
A
M
G
Du möchtest nun wissen, wie gut deine WKA funktioniert, wieviel Energie sie aus dem verfügbaren Wind in elektrischen Strom um wandeln konnte. Das ist die Frage nach dem Wirkungsgrad - Cp.
Wie stark ist der Wind vor dem Rotor ?
Wieviel Strom stellt der Generatorzur Verfügung ?
... ist abhängig von
- der Rotorfläche (Durchmesser)- der Windgeschwindigkeit (m/s)
- der Masse der Luft (Gewicht) ... ist abhängig von - der Leistung des Windes vor dem Rotor- der Bauweise der WKA (Konstruktion)- der störungsfreien Funktion der WKA
Die Energie des Windes steckt in der Masse der Luft (Gewicht).
Pwind = 0,5 • (Rho) A • v³ • Pel = U • IPel
PwindCp =
Windleistung vor dem Rotor Wirkungsgrad der WKAGeneratorleistung
Name:
Schule: Thema:
Projekt: Datum:
Maßstab:
Blatt-Nr.:Klasse / Kurs:
abgegebene Leistung
Windkraftanlage ( WKA) - Funktionsmodell
Wirkungsgrad der WAKWindleistung vor dem RotorBerechnung: Windgeschwindigkeit mit 3. Potenz 8
© Dietrich Kadell
Leistung ist eine bezogen auf eine Zeitspanne. Formelzeichen: P (power) / Maßeinheit: Watt, Zeichen W.
physikalische Größe. Sie bezeichnet die umgesetzte Energie
Die Windgeschwindigkeit ist extrem bedeutsam
und geht mit der 3. Potenz in die Berechnungen ein. Beispiel Strömungsröhre:
erkunde: Newton`sches Gesetz.
Doppelte Masse der Luft bedeutet doppelten Energiegehalt.
Doppelte Masse mal doppelte Geschwindigkeit führen zusammen zu achtfachem Energiegehalt des Windes.
2³ = 2 x 2 x 2 = 8
Windgeschwindigkeit in m/s - v
Doppelte Geschwindigkeit bedeutet vierfachen Energiegehalt.
Das Volumen der Luftmenge, die in einer bestimmten
Zeitspanne durch die Rotorfläche strömt, kann als zylindrische Luftstromröhre dargestellt werden.
a - Luftmenge in 1 Sekunde b - doppelte Luftmenge / doppelte Windgeschwindigkeit in 1 Sek.
Volumen Luftmenge - V
Vzyl = G • h = A • v
A - Rotorfläche v - Windgeschwindigkeit m/s
Rotorfläche beihalbiertem Radius
A = r² • PiGrundfläche der Strömungsröhre
Verdoppelung des Rotordurchmessers führt zu vierfacher Energieausbeute.
2² = 2 x 2 = 4
Rotorfläche - A
Auch Luft wiegt. Die Dichte
der Luft gibt an, wie viel Masse Luft (Gewicht) in einem
bestimmten Volumen enthalten ist.1 m³ trockene Luft wiegt 1,225 kg,
15° C, Meereshöhe.
Je „schwerer“ die Luft ist, umso mehr Energie kann die WKA
aus ihr entnehmen.
Luftdichte - ( Rho )
Windströmung hinter dem Rotor verlangsamt wegen Energieausbeute
ab
A-vollständig vom Wind angeströmt, vom drehenden Rotor erfasst
Windleistung vor dem Rotor
Masse der Luft = Luftdichte mal Volumen
zugeführteLeistung
Wirkungsgrad
33tu 156 / 2. Quartal 2015
Energietechnik tu: Unterrichtspraxis
tisch. Versuche mit anderen verfüg-baren E-Motoren ergaben keine Leis-tungssteigerung.
Eine andere Triebstrang-Konstruktion mit dem Riess-Bausatz RGM08 (Arti-kel Nummer 06.068.0) ermöglicht zwei Getriebeübersetzungen (1:3 und 1:9) und vermindert Reibungsverluste. Je-doch können Schülerinnen und Schü-
ler die Montage und Feineinstellung eines Getriebes damit nicht üben.
Kardangelenk als Kupplung –
Artikel Nummer 27.012.0
Gewindestifte –
Artikel Nummer 21.125.0
Blatt 6Für die Testversuche am Windkanal wird kein Drehkranz benötigt. Bei Auf-bau der WKA im Freien für längere Betriebszeiten ist als Drehkranz der Gondel eine andere, stabilere Kon-struktion erforderlich, evtl. mit Fahr-radnabe.
Blatt 7Leistungsgerechte Axial-Trommelven-tilatoren werden marktgängig ange-boten. Für den Wohnbereich übliche Standventilatoren reichen nicht aus.
Empfehlung:
– Korbdurchmesser mindestens 60 cm.
– Für die Konstruktion des hier dar-gestellten Funktionsmodells wären zur Optimierung der Leistungser-gebnisse Korbdurchmesser von 70–80 cm angebracht.
– Wechselstrom 230 V, Drehstrom bei Anschluss im Fachraum denk-bar,
– 2–3 Stufen der Windgeschwindig-keit
– Richtwert für den Luftstrom ca. 12000³/h
Fachkollegen nutzen im Austausch zwischen den Schulen eine gemein-sam angeschaffte Windmaschine. Regional können Handwerk und Feu-erwehr oft behilfl ich sein.
Die Luftströmung von Axialventila-toren ist stark verwirbelt. Die Wind-geschwindigkeit ist zwischen Zentrum und Randbereich extrem unterschied-lich. Für die Berechnung des Wir-kungsgrades wäre ein gemittelter Wert der Windgeschwindigkeit, bezo-gen auf Teilbereiche der Rotorfl äche, sinnvoll.Bild zu Blatt 6
Die 10 Arbeitsbögen sind abrufbar unter: www.neckar-verlag.de – TU 156
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Name:
Schule: Thema:
Projekt: Datum:
Maßstab:
Blatt-Nr.:Klasse / Kurs:
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Rangfolge
Nr.
© Dietrich Kadell
Windkraftanlage ( WKA) - Funktionsmodell
9
Testprotokollkennzeichnen, messen, berechnen
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2
Energieumwandlung - Energieausbeute
- Bei kräftigem Wind aus der Windmaschine liefert deine WKA nur sehr wenig Strom.- Das erkennst du am gemessenen und berechneten Wirkungsgrad deiner Anlage und noch deutlicher an der geringen Leistung der angeschlossenen kleinen Winde und des kleinen Ventilators.Welche Ursachen könnten diese Leistungsverluste haben?
Euch Monteuren und Ingenieuren ist aufgefallen:
Abb. TEMBRA GmbH,Berlin
Die WKA entzieht dem Wind Energie und bremst dabei die Windströmung ab. Da der Wind nicht hinter dem Rotor stehen bleiben kann, ist nur ein Teil der Windenergie nutzbar. Erkunde: Betz`sches Gesetz.
Du hast flache Rotorblätter benutzt. Sie wirken nach dem Widerstandsprinzip.Die Energieausbeute lässt sich verbessern. Forsche: aerodynamisch geformte Rotorblätter
Du kannst deutlich die Reibungsverluste im Getriebe deiner WKA spüren.Minderung der Verluste ist kaum möglich. Oder?
Du hast einfallsreich, zielgerichtet,gründlich und ausdauernd gearbeitet.
Weiter so!
1
2
3
1-Probemontage des Nabenkörpers2-Kühlanlage für Getriebeöl3-Getriebeölfilter4-Kühlanlage für den Generator5-Schaltschränke6-Drehkranzantrieb7-Drehkranz
Der Energiegehalt des Windes vor dem Rotor kann zu 40% in elektrische Energie umgewandelt werden. Eine sehr gute Ausbeute. Und die Ausbeute deiner WKA?
Aerodynamische Verlustedurch Reibung und Wirbelam Rotorblatt
Physikalisch nicht nutzbare Leistung des Windes
Elektrische Verluste in Generator,Umrichter, Kabel und Trafo
Mechanische Verluste durch Reibung in Lager und Getriebe
Abb. Bundesverband Windenergie, Berlin
Energiefluss einer modernen Windkraftanlage
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Windkraftanlage ( WKA) - Funktionsmodell
Energieumwandlung / EnergieausbeuteReibungsverluste / aerodynamisch geformte Rotorblätter
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Name:
Schule: Thema:
Projekt: Datum:
Maßstab:
Blatt-Nr.:Klasse / Kurs:
© Dietrich Kadell
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34 tu 156 / 2. Quartal 2015
tu: Unterrichtspraxis Energietechnik
Versuche von Kollegen mit kompletter Bestückung des Windkanalausgangs mit kleinen Pappröhren und sogar Strohhalmen zur Verbesserung der Strömung blieben unergiebig.
Windmessgerät:Einfache digitale Geräte (Anemometer) für das Messen der Windgeschwindig-keit werden kostengünstig als Handge-räte angeboten. Die Geräteausstattung des Physikunterrichts könnte über ein geeignetes Schalenkreuz-Anemome-ter verfügen. Es wäre an sich bereits eine kleine Windkraftanlage.
Windmaschine:– preisgünstige Windmaschine von
PEREL: industrieller Trommelventilator, 230
V mit 3 Stufen der Windgeschwin-digkeit, 120, 145, 200 W, Ventilator- Durchmesser 60 cm,
– für angemessene Leistungssteige-rung besser: z.B. CasaFan DF 800
Windkanal:– nur Eigenbau nach Maßvorgabe
der Windmaschine, Länge des Ka-nals ca. 60 cm
– Abbildungen: stabile Kanalröhre, Zuschnitt
Schweißgitter-Gartenzaun grün, Maschen 10 x 5 cm,
Matte als Röhre formen und mit Blumendraht an der Stoßstelle fi-xieren,
Röhre mit zwei Schichten Wellpap-pe auskleiden, Rolle 60 cm breit,
zwischen den Schichten punktuell mit Tapetenleim fixieren,
Wellpappe mit Blumendraht an den Rohrenden befestigen, s. Ab-bildung,
Die Klebebänder auf der Abbildung sind nachträgliche Korrekturen.
Sockel des Windkanals wie Abbil-dung.
Verbesserung der elektrischen Leistung:Wenn nicht durch experimentelle Ver-gleiche bereits von den Schülern selbst erkannt, kann auf mögliche funktio-nelle Zusammenhänge zur Steigerung der elektrischen Leistung hingewiesen werden.
Beispiele:
– Formen und Anzahl der Rotorblät-ter verändern,
– Anströmwinkel verändern,
– Unwucht der Rotoren überprüfen und beheben,
– Leichtgängigkeit der Mechanik überprüfen.
– Andere Getriebe-Übersetzungen, auch Zahnrad-Module erproben,
– verschiedene Generatoren erpro-ben (Versuche mit Brushless-Mo-toren aus dem Flugmodellbau!),
– Betrieb im Freien ermöglicht län-gere Rotorblätter.
Blatt 9
Die Wirkungsgrade der Funktions-modelle sind eher vergleichbar, wenn jeweils Mittelwerte von Messreihen zugrunde liegen.
Blatt 10
Der Hinweis auf aerodynamisch ge-formte Rotorblätter ist als weiterfüh-
render Auftrag zur Fertigung und Er-probung zu verstehen.
Aerodynamisch geformte Profile und geometrische Schränkung der Ro-torblätter sind zweifellos wesentliche Komponenten moderner Windkraftan-lagen. Dazu Informationen in der hier genannten Quellenauswahl.
Fachkollegen haben solche Rotorblät-ter aus Holz und auch aus Styropor herstellen lassen. Der Zeitaufwand und die Anzahl missglückter Arbeitsergeb-nisse ist erheblich. Für aerodynamisch geformte Rotorblätter aus massivem Holz reicht die Stabilität der vorgestell-ten WKA-Konstruktion wegen des ho-hen Gewichts nicht aus.
Weiterführende Vorschläge und Hin-weise wären hilfreich.
Auch ohne den Aspekt aerodyna-misch geformter Rotorblätter sehen wir die mit dem vorliegenden Unter-richtskonzept verbundenen didak-tischen Zielvorstellungen zunächst als erreicht an.
Das skizzierte Unterrichtsbeispiel ist innovativ offen. Der wissenschaftlichen Unterrichtsforschung bietet sich ein fachdidaktisch und auch lernpsycholo-gisch interessantes Feld.
Verbesserungsvorschläge aus dem Erfahrungsschatz der Kollegen und TU -Leser sind willkommen.
Viel Erfolg!
Sachinformation, Quellenauswahl
1. Bundesverband Windenergie, Berlin http://www.wind-energie.de/ themen/technik-anlagen
2. Schuler AG, Göppingen http://windenergie-rgd.jimdo.com/
3. Verband der dänischen Windkraftin-dustrie: „Streifzug durch die Welt der Windenergie“ in Deutsch unter http://ifs.mv.fh-duesseldorf.de/ Vorlesung/windpower_dk/ windweb/de/tour/index.htm
4. Bundesverband Windenergie Unterrichtseinheit Physik: Windenergie – Messung der Leistung und Bestimmung der Wirkungsgrade von Windenergieanlagen http://www.wind-energie.de/sites/default/files/download/publication/unterrichtseinheit-physik/ physikbroschuere.pdf
Windmaschine Bild 2Windmaschine Bild 1
35tu 156 / 2. Quartal 2015
Elektrotechnik / Elektronik tu: Unterrichtspraxis
Der neue BatterietesterIn der tu 76 hatte ich schon einmal einen Batterieprüfer vorgestellt. Inzwi-schen gibt es jedoch zusätzlich die 3-V-Lithiumbatterien, und zwar nicht nur als Knopfzellen, sondern auch als Rundzellen (gleiche Form wie Mignon- und Babyzellen). Dies war der Anlass nach 20 Jahren für eine Neukonzep-tion. Das nun vorgestellte jetzige Pro-dukt kann nicht nur weit mehr Batterie-sorten prüfen (alle im Foto gezeigten Ausführungen), sondern ist auch mit seinem schönen großen Ampelskala-Instrument aussagekräftiger:
grüner Sektor: neuwertig bzw. guter Zustand der Batterie (Bat. ok)
gelber Sektor: Achtung: mäßiger Zustand, deutlich angebraucht bzw. teilentladen
roter Sektor: die Batterie ist ver-braucht, d.h. möglichst gleich aus-tauschen
Schnelle Aussage über den Batteriezustand erwünschtEin Batterietester mit zu kleinem Zei-gerwerk und zu vielen Balkenbögen
ist eher irritierend und bedarf zuerst eines intensiven Studiums der Bedie-nungsanleitung, die u. U. natürlich im Irgendwo verlegt wurde. Auch bei den modernen ziemlich kleinen Displays mit Ziffernanzeigen ist eine einge-hende Sichtung der zuordnenden Ta-bellenwerte von Spannungen in einer Betriebsanleitung für eine wertende Aussage nötig. In der tu 88 (S. 26 links unten) hatte schon 1998 der Autor Ger-rit Upmeier zu Recht beklagt: „Oft ist die Messanzeige solcher (Komponenten-)Tester auch nur auf dem Hintergrund großer Erfahrung ablesbar oder inter-pretierbar.“ Eine Ampelanzeige mit den Farben Grün – Gelb – Rot ist jeden-falls unmissverständlich aussagekräf-tig. Hier zeigt sich die grundsätzliche Wirkung wirklich effektiver technischer Artefakte. Alles muss nicht nur funktio-nieren, sondern schneller und intuitiver als bisher ablaufen. Im Grunde handelt es sich hier um ein Informationsgerät. Ein Nutzer möchte rasch die informie-rende Ja/Nein-Aussage bekommen: Taugt die vorliegende Batterie noch was oder nicht?
Die Messung mit einem DMM Zuweilen kommt die Frage: Bekommt man die Information über den Batterie-zustand nicht einfacher und preiswerter über eine Spannungsmessung an den Batteriepolen mit einem schon vorhan-denen Digitalmultimeter (DMM)?
Ein gängiges DMM hat meist 10 Me-gaohm Innenwiderstand im Voltmeter-bereich. Bei einer 9-V-Blockbatterie ist der entnommene Strom I dann beim Testen lediglich unter einem Mikroam-pere (aus: I = 9 V/107 Ω). Das ist kein praxisnaher Belastungsstrom. Erst mit einem parallel zu an den Batteriepolen angelegten relativ niederohmigen Wi-derstand geht diese Leerlaufspannung herunter. Beim Test müsste daher ein solcher Belastungswiderstand dem je-weiligen Anwendungsfall der Batterie angepasst sein. Dies gelingt Testern nicht immer. Dazu ein Beispiel:
Bei einer geringen Belastung von 5 mA eines Testgeräts ist für eine Babyzelle die gemessene Spannung von 1,3 V für eine Uhrenbatterie noch o. k. Ei-ne solche Wanduhr läuft auch noch
Batterietester für viele gängige Batterietypen Von Wolfgang Zeiller
Das Gerät dieses Bauvorschlags ist käuflichen Testgeräten in zwei Punkten überlegen: Es hat eine große analoge Ampelskala und mit ihm können auch die 4,5-V-Flachbatterien, die häufig im Unterricht Anwendung finden, geprüft werden. Nahezu alle neueren Lithiumzellen sind ebenfalls prüfbar.
36 tu 156 / 2. Quartal 2015
tu: Unterrichtspraxis Elektrotechnik / Elektronik
eine Weile weiter. Anders sieht es aus, wenn dieselbe Zelle in einer Ta-schenlampe drin ist, deren Leuchtmit-tel 300 mA benötigt. Dann senkt sich die Zellenspannung im Betrieb auf z. B. 0,9 V und die Lampe ist damit eine unbrauchbare Funzel. Wäre der Belastungsstrom des Testgeräts je-doch 0,3 A, würde der Anwender die Batterie aber schon für eine Uhr un-brauchbar halten und entsorgen. Allzu viele Einstellmöglichkeiten machen je-doch das Testgerät wiederum bei der Bedienung eher zu kompliziert. Um ei-nen Batterietester nicht konstruktiv zu umfangreich und bedienungsintensiv werden zu lassen, muss man hier für eine Zielkonfliktlösung Kompromisse eingehen.
Es gibt viele BatterietypenFalls bereits bei relativ kleinem Be-lastungsstrom die Spannung an den Batteriepolen deutlich absinkt, ist das durchaus ein Warnhinweis, die Batte-rie möglichst sogleich auszutauschen. Zudem gibt es eine enorme Vielfalt von Batterietypen hinsichtlich Baugröße und Spannungswerten. So ist es nicht einfach, alle momentan gängigen Ty-pen mit einem handlichen Gerät zu prüfen. Schließlich soll so ein Produkt im Unterricht nicht bloß stumpf dem Schaltplan nachgebaut, sondern auch von den Lehrenden und Lernenden funktional verstanden werden. Kurz: Zu komplex darf das Konstrukt nicht werden.
Der vorgestellte Tester hat einen Dreh-schalter (auch Stufenschalter genannt) mit sechs Schalterstellungen. Mit ihm gelingt es immerhin, alle eingangs abgebildeten Batterietypen zu testen. Dazu waren auch etliche Änderungen bzw. Umbauten während der Ent-wicklung nötig. Ganz so einfach ist es eben nicht, einen brauchbaren Tester für die derzeitige große Vielzahl von Batterievarianten zu entwerfen. Es gibt einen schönen kleinen Bat.-Tester (schwarz-gelbes Gehäuse), sogar mit kleinem Ampelinstrument. Doch sein ausziehbarer Einklemmbügel für die Testbatterien brach nach einiger Zeit ab. Dies kann mit unseren Prüfkabeln nicht passieren, zudem sind so alle möglichen Bat.-Formen leichter zu kontaktieren.
Batterien verraten ihren inneren Zustand selten durch eine Sichtprobe Batteriezellen sind heutzutage so gut verarbeitet, dass man nach längerer Einsatzdauer eher selten ausgelaufe-ne Zellen oder gar aufgeblähte Exem-plare findet. Auch die neueren Lithium-Mignonzellen etwa zeigen bei ihrem „Lebensende“ äußerlich nicht die ge-ringste Spur von Unbrauchbarkeit. Sie gaukeln einem geradezu einen Neu-wert vor. In schönstem Silberglanz der Umhüllung bringen sie jedoch nach Monaten oder gar Jahren bei Nach-messung statt der aufgedruckten 1,5 V Nennspannung z. B. nicht ein paar Zehntel Volt an einem 100-Ohm-Wi-derstand zuwege! Bei Knopfzellen sieht man ebenfalls selten Oxidations-spuren eines austretenden Elektrolyts, der wie bei großen älteren Rundzellen mit dem Zink-Kohle-System (heute nur noch in Billigprodukten) nicht nur die Nickeloberfläche der Bat.-Pole, sondern auch die federnde Batterie-halterung (meist auch vernickelt) an-greift. Chemiker wissen: Nickelsalze sind grünlich. Eine Kontaktreinigung erledigt man schonend mit einem Schmirgelschwamm oder mit einem Stückchen Sandpapier mit ganz feiner Körnung. Mit „mit Wattestäbchen put-zen“ allein erreicht man jedenfalls kei-nen Stromdurchgang.
Auch anderen Bat.-Typen sieht man ihren guten oder schlechten Ladezu-stand eher selten direkt an. Der Be-nutzer benötigt daher ein Instrument als Vermittler für den ungefähren Zu-stand einer Batterie. Es gibt Geräte mit bis zu 8 (!) seriell eingesetzten 1,5-V-Rundzellen, um z. B. 12 V zu erreichen, wie die moderne tragbare Gartendruckspritze mit Elektropumpe zur komfortableren Applikation von Fungiziden und Herbiziden. Hier kann man mit einem Batterietester pro-blemlos die „lahmen“ oder gar „toten“ Exemplare der langen Batteriereihe detektieren.
Funktionsprinzip des Batterietesters Das verwendete Voltmeter hat wie
jedes gängige Drehspulwerk eine lineare Anzeige. Auf der Skala wür-de der hier interessierende Bereich als die letzten 10–20 % vom Voll-ausschlag in der Praxis zu schmal erscheinen. Deshalb blenden beim aufgezeigten Bauvorschlag einge-baute Zenerdioden den unteren, nicht relevanten Spannungssektor aus. Die Wirkung ist damit so, als ob nun der interessierende Voltbe-reich in der Anzeige wie mit einer Lupe herausgehoben erscheint.
Mit den Einstellbauteilen (Trimmer) werden die genaueren Anzeige-
Schaltplan Batterietester: Die zu prüfende Batterie liefert selbst den Strom für die Anzeige. Das Gerät benötigt daher im Gegensatz zu Batterietestern mit Display keine eigene Batterie wie Knopfzellen. Erfreulich ist zudem: Außer Dioden gibt’s hier keine elektronischen Bauteile.
37tu 156 / 2. Quartal 2015
Elektrotechnik / Elektronik tu: Unterrichtspraxis
stellungen von Spannungen einge-stellt. Wir machen dies im Vergleich mit einem DMM und man erkennt: Messen ist nichts anderes als Ver-gleichen. Grund des Vorgehens: Es gibt ja immer Bauteiltoleranzen, auch bei Dioden. Die Kleinpotis be-grenzen zugleich den Zenerdioden-strom, andernfalls werden sie evtl. zu erwärmt.
Der Drehschalter ermöglicht es, den Bereich der Testspannung ent-sprechend der Batteriespannung auszuwählen. Er hat also eine Zu-ordnungsfunktion.
Belastungswiderstände setzen die Testbatterie ein wenig unter Druck. Es ist wie beim Menschen, der sich ohne Belastung im Fernsehsessel fit gibt, aber bei Arbeitsbelastung erst zeigen kann, was er wirklich „drauf“ hat. Mit merklicher Strom-entnahme sinkt die Leerlaufspan-nung einer Batterie deutlich und verrät uns mehr über das, was in ihr noch „drin“ ist. Im Idealfall wäre der Belastungsstrom beim Testen so groß wie der Einsatzstrom der Batterie.
Die restlichen Bauelemente sind meist Sicherheitsteile, um das teure Messwerk bei möglicher Fehlbe-dienung des Geräts zu schützen. Auch das Gehäuse ist nicht nur ein „anordnendes Gestell“, sondern ein Sicherheitsteil. Selbst wenn das Gerät mal vom Tisch fällt, fängt das elastische Material noch Stöße auf und das sensible Messwerk kann so ein Malheur wohl überstehen.
Der Anzeigeteil Zunächst fällt links das Anzeigeinstru-ment mit seiner Peripheriebeschaltung auf. Das Voltmeter V ist gar mit 3 Dio-den (1 N 4148, ca. 5 Cent/Stück) be-stückt. Wozu dienen sie? Zudem: Was soll der Kondensator C bewirken?
Die Diode D1 (grün) verhindert durch Stromsperrung, dass der dünne Zeiger bei versehentlicher Falschpolung der zu testenden Batterie an den Krokodil-Klemmen nicht zu heftig in den linken Be-grenzungsstopp saust und sich dann verbiegt. Zudem nimmt D1
ca. 0,7 V in korrekter Durchlassrich-tung weg, denn das Instrument (Ri = 1,66 kΩ, Imax. = 0,27 mA) verträgt für den totalen Vollausschlag nicht mehr als etwa 0,5 V (aus: U = Ri x Imax.); selbst eine altersschwache Rundzelle (Alkali-Typ) hat aber z. B. immer noch 0,9 V.
D2 und D3 leiten jede Spannung über 0,7 V am Messwerk vorbei. Dadurch wird die sensible Dreh-spule geschont, falls der Nutzer z. B. im 3-V-Bereich unkorrekt eine 9-V-Batterie anschließt. Ebenso ist das bei versehentlicher Ver-tauschung der Krokoklemmen ein Überlastungsschutz für das Instru-ment V bei allen Einstellbereichen des Drehschalters DS (rechts im Schaltplan).
Der Elko (ca. 10 Cent) bewirkt ei-ne Zeigerberuhigung. Dieser Kon-densator C dämpft zu unruhiges Zeigerpendeln beim Testen. Wir pressen an einige Bat.-Pole wie bei Knopfzellen ja nur kurz die Kroko-klemmen an. Dabei gibt’s mal gu-ten Kontakt oder mal weniger gu-ten, worauf der Zeiger mit heftigem Pendeln zu unruhig reagieren wür-de. Nur bei der Flachbatterie und dem kleinen E-Block können wir die Klemmen an die Bat.-Pole fixieren. Alle anderen Typen haben zu un-terschiedliche Formen und Größen, weshalb hier auf Bat.-Fassungen verzichtet wird.
Zusammengefasst dient die Peri-pheriebeschaltung von V der Be-triebssicherheit und dem Komfort beim Ablesen des Instruments.
Das Kalibrieren (Einstellen der Potis)
Schalter an 1,5 V: Rundzellen und Alkali-KnopfzellenDer Drehschalter DS steht auf 1,5 V. Die Batterie wird durch R1 mit 100 Ohm mit etwa 150 mA belastet. Im Schaltplan sind alle „grauen Wider-stände“ – R1 bis R6 – solche Bela-stungswiderstände für die jeweilige Batteriesorte. Um die zarten Kontakte des DS vor möglicher Kontaktoxidati-on durch Funken zu schützen, soll laut Hersteller des DS der Schaltstrom je-
doch 0,15 A beim Schalten nicht über-steigen (ohne Stromdurchgang mehr, aber mit hastigen Fehlbedienungen ist eben zu rechnen). Also darf ein Bela-stungswiderstand hier auch nicht zu niederohmig gewählt werden.
Der Messstrom wird ganz oben über P1 begrenzt. Das Trimmpoti P1 wird so mit einem einstellbarem Netzge-rät und einem an den Krokoklemmen angeschlossenen DMM (Spannungs-bereich 20 V) eingestellt, dass bei 1,5 V der Zeiger bei Mitte Grün liegt. Am DMM 1,0 V entspricht dann beim Batterietester Mitte Gelb. Ab Rot rechts ist UBat = 0,7 V. Die Verwendung eines DMM beim Kalibrieren ist sinnvoll, weil die Display- oder Zeigerangaben ein-gebauter Instrumente an Netzgeräten nicht immer exakt sind.
Schalter an 3 V: Lithiumzellen P2 wird so eingestellt, dass Mitte Grün 3,2 V am DMM entspricht. Mitte Gelb ist dann 2,6 V. Rot rechts ist 2,4 V. Die Zenerdiode 2,7 entlastet das sensible Analoginstrument V zusammen mit D1 und P2 vor zu viel Spannung (die Z-Diode nimmt für sich 2,7 V in An-spruch). R2 ist mit Rücksicht auf die kleinen Knopfzellen 680 Ω, sodass ein nur relativ kleiner Belastungsstrom et-wa 4 – 5 mA fließt (aus 3 V/680 Ω). Li-Zellen haben neu teilweise 3,6 V Leerlaufspannung. Erst mit einem Be-lastungsstrom verraten sie ihren La-dungszustand.
Schalter an 4,5 V: Flachbatterie: P3 auf Mitte Grün 4,5 V einstellen (Mit-tel Gelb ist dann 4,2 V und Rot rechts 4 V). R3 ist unkritisch, z. B. 100 Ω (je-doch nicht kleiner als 47 Ohm wählen, um die Kontakte vom DS zu schonen).
Schalter an 9 V: R4 sollte z. B. 470 Ω sein, denn bei Werten < 390 Ω sinkt die Spannung der kleinen Blockbatte-rie sonst zu stark. Man bedenke: Die kleinen 6 internen Zellen des E-Blocks haben natürlich in der Summe einen merklichen Innenwiderstand. P4 ist so einzustellen, dass bei 9,0 V der Zeiger in der Mitte Grün liegt. Mitte Gelb ist dann 8,2 V und Rot rechts 8 V. Viele DMM mit Blockbatterie zeigen bei 7,5 V das Batterieende an; unter 7,2 V gibt es dann beim Messen gar meist „Mondwerte“ im Display.
Schalter an 12 V: Zur Kurzüberprü-fung eines Bleiakkus. Der Wider-
38 tu 156 / 2. Quartal 2015
tu: Unterrichtspraxis Elektrotechnik / Elektronik
standswert R5 mit 220 Ohm ist als Be-lastungswiderstand eigentlich zu hoch und dadurch der Belastungsstrom eher zu klein. Aber wir wollen ja kein Heiz-element in den Bat.-Tester einbauen. R5 muss mindestens diese Leistung P aufnehmen können, wenn der frisch geladene Akku 13 V hat: P = U²/R = 13² V²/ 220 Ω = 0,75 W. Hat man einen hochkapazitiven Akku, ist es sinnvoll, während des Testens ihn zusätzlich mit einer 12-V-Halogenlampe mit 20–50 Watt zu belasten. Bei einem Autoak-ku schaltet man die Frontlichter zu und misst dann die Spannung. P5 stellt man auf Zeigerende Grün bei 12,6 V des DMM, Anfang Grün ist dann 12 V, Mitte Gelb 11,8 V und Rot links 11,2 V. Hinweis: Ein Bleiakku sollte auch bela-stet nicht deutlich unter 10,8 V gehen, sonst liegt Tiefentladung vor, was sei-ne Lebensdauer verkürzt.
Schalter an A23: Manchmal auch 23 A genannt – so heißt eine kleine 12-V-Alkali-Rundzellen-Batterie, die oft für Garagen- und andere Funk-Fernsteu-erungen benutzt wird. Man kann sich gut vorstellen, dass bei der kleinen Größe (D = 10 mm, L = 28 mm) die winzigen 8 Zellen in Reihe zusammen einen relativ hohen Innenwiderstand haben. Daher wurde R6 mit 3,3 kΩ ge-wählt, denn bei kleinerem Belastungs-widerstand sackt die Bat.-Spannung, wie ich prüfte, schon zu stark ab und würde beim Testen eine Altbatterie an-zeigen, selbst wenn sie nagelneu wäre. P6 stellt man so ein, dass Mitte Grün
bei 12,3 V des DMM liegt. D4 hebt die Zenerspannung von 10 V etwas an. Man bedenke, dass bei sehr kleinen Strömen die auf das Bauteil aufge-stempelten Z-Diodenspannungen auf Grund der leicht gekrümmten Kennli-nien nicht mit den Normwerten ganz exakt übereinstimmen. Daher wählte ich nach optimierendem Ausprobieren hier die serielle Kombination von ZD 10 und 1 N 4148.
Das GehäuseEs handelt sich um einen gängigen Plastik-Abzweigkasten (100 x 100 x 40 hoch), Farbe: Lichtgrau; auf jeder seiner Seitenflächen sind 3 Abzweig-vorprägungen zu sehen). Seine Vor-teile sind: Er ist preiswert (knapp 3 Euro im Baumarkt), hat einen Schnappver-schluss, ist elastisch und alle nötigen Löcher sind unschwer zu bohren.
Die beiden Testkabel sind halbierte gängige Krokokabel. Aber Achtung: Wenn nichts zu messen ist, ist wohl wieder mal die oftmals miese Klemm-befestigung des Kabels schuld. Hier muss evtl. die die Kupferseele an die Klemme angelötet werden. Zur Sicher-heit messe man mit einem „Durch-gangsohmmeter“ (Piepser), ob da überhaupt eine leitende Verbindung Krokoklemme bis Kabel-ende vorhanden ist. Die Plastikhülle lässt sich oft nur durch Erwärmen mit einem Heißluftföhn weich-machen und dann abzie-hen bzw. später wieder überstülpen.
Das Instrument und der Drehschalter werden in-nen mit etwas Schmelz-kleber fixiert. Die 6 Schal-terstel lungen werden mit einem wasserfesten Farb-Filzstif t markiert. Der Rest (Trimmer und Dioden) dürfte 5 € nicht wesentlich überschrei-ten, sodass man mit etwa 15 –17 € als Gesamtpreis auskommt.
Im Gehäuse befindet sich der gesamte Drahtverhau. Eine vorgefertigte Platine ergibt zwar möglicherweise bei einigen Schüler/-innen weniger Schaltungs-fehler beim Löten, jedoch benötigt sie
auch Platz und das Gehäuse müsste dann größer sein. Also beim Löten Leitung für Leitung im Schaltplan ab-haken und nicht an allen möglichen Stellen weitermachen. Die Z-Dioden sind so gedreht einzubauen, dass ihre Spannungswerte ablesbar sind und so eine eventuelle Fehlersuche erleichtert wird.
Das InstrumentVerwendet wird das Einbau-Messge-rät AM-49X27/KONTROLL: Conrad.de Best-Nr. 103550-33. Preis 6,05 € (bei Bestellung ab 10 St. nach Business-Katalog 2014/15, S. 608), sonst fast 7 €). Zum Einbau wird der Gehäusede-ckel vorgebohrt (z. B. mit 13 mm) und mit einem 20-mm-Stufenbohrer oder besser mit einer ebenso großen ke-gelförmigen Handreibahle aufgebohrt. Das Arbeiten mit einem größeren Forstnerbohrer ist gerne unfallträchtig – hier besonders vorsichtig sein!
Der Drehschalter DSEs wird hier der preisgünstige und leichtgängige Typ LORLIN verwendet (z. B. bei conrad.de, Best.-Nr. 709719-33; ca. 3,50 €). Er hat allerdings 2 x 6 Schaltstellungen. Wir benötigen aber
nur die Hälfte der Kontakte, wie die Grafik zeigt. Das Einbauloch im Ge-häusedeckel erfordert einen 11-mm-Bohrer. Die schwarze 6-mm-Achse des DS ist aus Kunststoff und daher leicht mit einer PUK-Eisensäge zu kürzen.
Das Schaltzeichen einer Zener-Diode und das reale Bauteil: Wenn man in einem Elektronik-shop die blaue Ausführung bekommt, nehme man diese, da bei ihr die aufgestempelten Da-ten (wie 2V7; das V steht immer für das kaum sichtbare Komma, also hier 2,7 V) viel bes-ser lesen kann als auf den roten Typen. Man bevorzuge die 1,3-Watt-Ausführungen, da sie für Schüler/-innen leichter handzuhaben sind als die zierlichen 500-mW-Typen. Man beachte, dass eine Z-Diode (10 bis 30 Cent/St.) andersherum gepolt eingebaut wird als eine „Normaldiode“ (z. B. 1N 4148).
Die Beschaltung des Drehschalters (DS) von unten
39tu 156 / 2. Quartal 2015
Elektrotechnik / Elektronik tu: Unterrichtspraxis
Anmerkung zu LithiumzellenEine gängige Alkali-Babyzelle hat 1,5 V. Die im Eingangsfoto gezeigte grü-ne Babyzelle (nahe dem schwarzen Drehknopf) ist jedoch ein 3-V-Lithium-Typ (neu im Leerlauf gar 3,6–3,7 V). Sie kostet mit 10 € das 5-Fache einer Alkali-Babyzelle, hat allerdings einen tieferen Temperaturbereich. So hält mit nur einer solchen Li-Zelle ein fla-ckerndes Grablicht auf dem Friedhof besonders im Winter länger durch als zwei Alkali-Babyzellen in Reihe: Alka-lizellen müssen alle 2–3 Monate ge-wechselt werden, Grablichter mit Pa-raffinkerzen sogar alle 3–4 Tage und können u. U. von einem Sturmwind ausgeblasen werden.
Lithiumzellen in Mignongröße und Mi-crogröße gibt es auch als 1,5-V-Typen in Baumärkten. Bei Kälte halten sie in Außenthermometer-Sendern viel län-ger durch und auch bei elektrischen Uhren im Haus. Allerdings sind sie auch teuer als ihre Alkali-Vorgänger. In Armbanduhren mit ihren Schnapp-verschlüssen baut man heutzutage nur noch die 3-V-Knopfzellen aus Lithium, da sie nicht nur eine größere Energie-dichte (schon wegen der doppelten Zellenspannung) als die Alkalizellen haben, sondern auch weil sie länger
korrosionssicher lagerbar (bis 10 Jah-re) und benutzbar sind.
Entsorgung von BatterienAuf Recyclinghöfen dürfen Akkus und große Batterien, ganz besonders Li-thiumakkus, nur entladen abgegeben werden, da sie bei Kurzschluss durch Kontakt der durcheinandergewürfelten Zellen schon öfters den ganzen Sam-melbehälter zum Brennen gebracht ha-ben. Auch in Schulen sollen Flach- und Blockbatterien mit ihren offenen Kon-takten nicht zusammengewürfelt wer-den. So manche alte Batterie ist eben nur teilentladen und kurzgeschlossen dann „zündwillig“. Das gilt auch für klei-
ne Akkus wie von Handys, Rollladen-antrieben und Akkubohrern.
Alte Autobatterien nehmen Recyc-linghöfe nicht an – sie müssen zum Schrotthändler und werden dort der Säure wegen auf gesondertem Bo-denbelag (Wanne) gelagert. Besser ist, man nimmt sie zum Neukaufs eines solchen Akkus mit – dann hat man auch die richtigen Einbaumaße und die richtige Amperestundenzahl (Ah) gleich parat. Zudem bekommt man 7,50 € Pfand quasi gutgeschrieben, die man extra bezahlen müsste, wenn man die Altbatterie (gleich welchen Herstellers und ähnlicher Kapazität) eben nicht mitbringt.
Batterietypen, die mit dem Testgerät prüfbar sind
BAutEIL-LIStE1 Abzweigkasten groß (je 3 seitl. Ausgänge) oder ein ähnl. Kunststoffgehäuse 1 Analog-Instrument (Conrad.de, Best-Nr. 103550-33)1 Drehschalter für 6 Kontakte und 1 Drehknopf für die 6-mm-Achse des DS 4 Poti-trimmer 2,5 kΩ (P1–P4); z. B. Miniatur-trimmer Pt 10 stehend2 trimmer 1 kΩ (P5 u. P6), z. B. Pt 10 LH4 Dioden 1 N 4148 Z-Dioden: jeweils 1 x ZD 2,7; 3,6; 6,8; 10; 11 (möglichst 1,3 W; insgesamt 5 St.)Widerstände (Festwiderstand, Kohle, ¼ Watt, toleranz unkritisch: 10 % auch i. O.)2 x 100 Ohm (R1 und R3) 1 x 470 Ω (R4), 1 x 680 Ω (R2), 1 x 3,3 kΩ (R6)1 x 220 Ω (R5), 2 Watt (Kohle) od. 5 W (Keramik)1 Elko 47 µF/6,3 V 1 Verbindungskabel mit kleiner schwarzer Krokodilklemme1 Verbindungskabel mit kl. roter Krokoklemme (jeweils ca. 15 cm lang)
Batterietyp Anwendungsbeispiel u Kapazität Gewicht Preis Wo im Eingangsbild?
Knopfzelle Alkali wie LR 43; Messschieber 1,5 V 0,1 Ah 1,4 g 1,70 € kleinste Zelle vorne
Ladyzelle N Fahrrad-Rückleuchte 1,5 V 0,8 Ah 9 g 2,50 € vorne links unten
Microzelle AAA elektr. Kleinwaage 1,5 V 1,1 Ah 11 g 1,– € am roten Kabel, braun
Mignonzelle AA LED-Taschenlampe 1,5 V 2,7 Ah 24 g 1,– € am roten Kabel, blau
Babyzelle C Portabel-Radio 1,5 V 7,7 Ah 43 g 1,70 € zwei hinter bl. Blockbat.
Monozelle D tragbare Warnleuchte 1,5 V 18 Ah 137 g 2,20 € groß rund, links oben
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Knopfzelle Lithium Sender Garagentor 3 V 0,09 Ah 1,6 g 3,30 € vorne am roten Kabel
wie z. B. CD 2016 20 = Durchmesser, 16 = 1,6 mm hoch, Leerlaufspannung neu: 3,3 V
Flachbatterie für kleine E-Motoren 4,5 V 5,4 Ah 108 g 4,20 € ganz hinten, hier grün
Blockbatterie Sender Fernsteuerung 9 V 0,55 Ah 46 g 3,30 € rechts, hier blau
A 23 Sender Funkfernsteuerung 12 V 0,05 Ah 8 g 3,– € schwarz/silber, vorne
Diese Batterie ist leicht mit der Ladyzelle (nur 1,5 V) zu verwechseln! links von der kl. Knopfzelle
40 tu 156 / 2. Quartal 2015
tu: Veranstaltungen DGTB
Deutsche Gesellschaft für Technische Bildung e. V.
Einladung zur 17. Jahrestagung und zum Nachwuchsforum der DGTB
„Technik: Wirklichkeitsbereich und Bildungsgegenstand“vom 18. 09. – 19. 09. 2015 in Ingolstadt
Tagungsort: Bildungswesen der Audi AG Ingolstadt (A 101)
Samstag, 19.09.2015
09:00 Eröffnung des zweiten Tages (A 101)
Offenes Forum
Sektion Technikdidaktik Sektion Unterrichtspraxis Offenes Forum A 101 Flur
09:15 Egbert/Gies: Räumlich-zeitliche Mobilität mit dem Schwerpunkt Verkehr als Themenkomplex im Sachunterricht
10:00 Ilgenstein: Berufswahl und Persönlichkeit – Eine Studie zu Schülerpersönlichkeiten und deren Berufswahlentscheidungen unter der Einflussnahme einer technikorientierten, lernortübergreifenden Lernumgebung
10:45 Pause
11:00 Möllers: Technische Mündigkeit als Bildungs- ziel am Beispiel einer Unterrichtsreihe zur „Elektromobilität“ in der gymnasialen Oberstufe
11:45 Wiesmüller: Abschlussdiskussion und Ausblick
12:30 Möglichkeit zum individuellen Mittagessen (Mövenpick Restaurant im Audi Forum)
13:00 Führung I – Museum Mobile
14:00 Jeretin-Kopf: Nachwuchsforum der DGTB Führung II – Museum Mobile
Hinweise zur Hotelbuchung, zur Anreise und einen Plan der Tagungsräume finden Sie unter www.dgtb.de
Poster-präsentationen von Lehr- und Forschungs-projekten
Präsentation von Ausstellern
Lehmke: Vorwiderstand, PWM, MOSFET und Co. – Lösungs-varianten für ein technisches Problem vergleichen
Zeiller: Der Optimierungsprozess – Methodische Vorgehensweisen zur Verbesserungen von der Gestaltung technischer Objekte
Löhr: Museales Arbeiten im Technikunterricht
Freitag, 18.09.2015
Technik: Wirklichkeitsbereich und Bildungsgegenstand Offenes Forum Raum A 101 Flur
13:00 Grußworte des DGTB-Vorstands und der Audi AG
13:15 Einführung in das Tagungsthema
13:30 Dienel: Technik und Wirtschaft – ein Spannungsverhältnis
14:15 Pause
14:30 Schlagenhauf: Alltagstechnik als Gegenstand des Technikunterrichts
15:15 Graube/Mammes: Big Data und Industrie 4.0 – Herausforderungen an Technikbildung und -didaktik
16:00 Pause
16:15 Janich: Technik: Wirklichkeitsbereich und Bildungsbereich
17:15 Binder: Fragestellungen und Perspektiven der Soziologie auf den Wirklichkeitsbereich Technik und Folgerungen für die Technikdidaktik
18:00 Gesellschaftsversammlung
20:00 Gemeinsames Abendessen im „das Mo“, Bergbräustraße 7, 85049 Ingolstadt
Poster- präsentationenvon Lehr- und Forschungs-projekten
Präsentation von Ausstellern
41tu 156 / 2. Quartal 2015
Allgemeine Technikwissenschaften tu: Sachinformationen
2.2.5 Strukturen computerge-stützter, informationsverarbeiten-der Systeme
Moderne Technikentwicklung zeichnet sich dadurch aus, dass zunehmend in-formationsgewinnende, -übertragende und -verarbeitende Systeme durch den Einsatz von Mikroprozessoren bzw. dafür speziell entwickelten Computer-systemen gestützt oder übernommen werden. Moderne Mess-, Steuerungs- und Regelungssysteme sind also z. B. mehr und mehr prozessor- bzw. com-putergestützte Systeme. In diesem Ab-schnitt sollen nur informationsverarbei-tende Systeme untersucht werden.
Die grundsätzliche Struktur eines Computers lässt sich leicht überall nachlesen, da findet man dann den Mikro-Prozessor, den Fest- und den Arbeitsspeicher, verschiedene Ein-Ausgabe-Bausteine und Bussysteme (Daten-, Adress- und Steuerbus). Die-se Grobstruktur lässt sich noch weiter verfeinern, indem man diese sehr gro-ßen Black Boxes öffnet und die Struk-tur der darin befindlichen Baugruppen untersucht. Dann findet man Decodie-rer, Adress-Decodierer, Befehlszähler, ALU, AKKU, Register, Tore usw. Aber selbst wenn man diese Strukturen im-mer weiter verfeinert, wird ein wichtiger Unterschied zur klassischen, konventi-onellen Informationsverarbeitung nicht deutlich: der Unterschied zwischen verbindungsprogrammierten und befehlsprogrammierten Systemen. Anders ausgedrückt, der wesentliche Unterschied zu den bisher bespro-chenen Systemen besteht nicht darin,
dass hier eine andere Struktur vorliegt, sondern dass es sich um ein grund-sätzlich anderes Struktur-Prinzip handelt!
Ein einfaches Beispiel:
Aufgabe: Für ein einstöckiges Haus soll die Steuerung für einen Lift ent-worfen werden (EG, 1. OG).
Anforderungen: Im Fahrkorb sind die Zieltasten eingebaut, mit denen man das Stockwerk wählt, in das man fah-ren möchte. Wenn während der Fahrt Zieltasten gedrückt werden, dürfen die se keine Auswirkungen haben (Ver-riegelung).
Bild 1 zeigt die Anlage des Lifts mit eingezeichneten Bauelementen, aber ohne die notwendige Steuerung. Es handelt sich also um eine Transport-maschine mit Antriebsorgan, Über-tragungsorgan, Führungsorgan und Arbeitsorgan. Damit daraus eine funktionsfähige Transportmaschine wird, müssen die Steuerelemente (Zieltasten, Endlagentaster) und das
An triebs organ durch eine Schaltung (Konstruktion) so miteinander ver-knüpft werden, dass damit die gefor-derten Funktionen realisiert werden.
Eine elektrotechnische Lösung dieser Konstruktion zeigt die Abbildung unten.
Diese Schaltung (Konstruktion) (Bild 2) besteht aus zwei Teilen:
Der linke Teil (Steuerungsteil) dient der Anwahl der Stockwerke, der Spei-cherung der Informationen bis zum Erreichen des Ziels, dem Stopp des Fahrkorbs beim Erreichen des ge-wünschten Stockwerks und der Verrie-gelung der beiden Relais, damit nicht
Technische GrundsachverhalteEinführung in die Technikwissenschaft(en) 5. Folge
Von Helmut Fies
Der Beitrag gehört zu einer Folge von Artikeln, welche grundlegende wis-senschaftliche Einsichten in wesentliche Zusammenhänge und Bezüge der Technik vorstellen. Siehe auch tu 152 S. 40-46, tu 153 S. 38-47 und tu 154 S. 29-36. In tu 152 befindet sich die gemeinsame Literaturliste.
Bild 1
Z1
Z0 S0
S1
Bild 2 Elektromagnetische Lösung: Relaisschaltung
A
a1
S0
Z0
B
b1
S1
Z1
EG 1. OG
b3 a3Verriegelung
+
_
Re
Li
b2 a2
+
_
inEG
in1. OG
in1. OG
inEG
42 tu 156 / 2. Quartal 2015
tu: Sachinformationen Allgemeine Technikwissenschaften
Aufwärts- und Abwärtsfahrt gleichzei-tig angewählt werden können. Dies würde in diesem Fall zum unweiger-lichen Stopp des Fahrkorbs führen.
Der rechte Teil (Energieteil) steuert den Motor (Start, Rechts-Links) und damit die Bewegung des Fahrkorbs.
Diese Konstruktion ist also die auf-gabenspezifische Verknüpfung der Bauelemente und Baugruppen, um die eingangs geforderten Funktionen zu realisieren.
Möchte man diesen Lift mit Zusatzfunk-tionen ausstatten, z. B. dass während der Fahrt bereits das nächste Stock-werk angewählt werden kann, um es nach Ankunft automatisch anzufahren, muss diese Konstruktion aufgelöst und eine neue Struktur gefunden werden, die auch die Zusatzfunktion realisiert.
Eine solche Konstruktion/Steue-rung nennt man verbindungspro-grammiert, da das Steuerprogramm eben durch die Schaltung, also die Verbindung der Schaltelemente oder
Baugruppen, realisiert wird. Man kann dieselbe Aufgabe (mit denselben An-forderungen) auch durch Einsatz eines Mikroprozessors/Computers lösen.
In diesem Fall werden die einzelnen Bauelemente aber nicht durch eine entsprechende Schaltung verbunden, sondern über eine Anpassschaltung (Interface) an einen Computer ange-schlossen, und die geforderten Funk-tionen werden durch ein Programm (Software) realisiert (Bild 3).
Ein solches Programm könnte etwa so aussehen (siehe Abb. unten):
Der entscheidende Unterschied zur verbindungsprogrammierten Kon-struktion besteht darin, dass in die-sem Fall die notwendigen Verknüp-fungen und Strukturen durch das Programm hergestellt werden. Das Programm ist an die Stelle der Kon-struktion getreten und übernimmt sei-ne Aufgabe. Deshalb spricht man hier von befehlsprogrammierter Steue-rung/Konstruktion.
Dieser Punkt, dass nämlich das Pro-gramm über Befehle die Verknüp-fungs-Struktur bestimmt und diese da-durch auch ständig geändert werden kann, selbst während des Programm-ablaufes, soll durch das Bild 4 noch deutlicher gemacht werden:
Hier wurde versucht, die flexible Struktur eines solchen Systems deut-lich zu machen:
Die Bedienelemente, die Sensoren, die die Signale aus dem laufenden Prozess liefern, und die Aktoren, die wiederum in den Prozess eingreifen und ihn steuernd oder regelnd verän-dern, sind hier je an Eingangs- bzw. Ausgangsschnittstellen (Interface, Anpass-Schaltung) angeschlossen, die diese Signale leistungsmäßig vom Computer/Prozessor trennen. Ein-gabe- bzw. Ausgaberegister sorgen dafür, dass die Signale eine gewisse Zeit zwischengespeichert werden. Aber die eigentliche flexible Struktur wird hier durch sogenannte Daten-selektoren und interne Verknüpfungs-schaltungen repräsentiert. Einen Da-tenselektor kann man sich wie einen elektronischen Schalter vorstellen, der über Befehle gesteuert wird. Dies soll über die roten Befehlsleitungen an-gedeutet werden. Man kann damit zu jeder Zeit z. B. bestimmte Eingangs-
CIUS 2Computer-Interface
S0
Z1
Z0
S1
Bild 3
Programm:
DOIF DINS ( ) = "1111 0001 1111 1101" THEN 'Aufzug im EG, Z1 gedrücktAMOT 1, Left, 255 'Fahrt ins 1. OGDOLOOP UNTIL DIN (10) = 1 'bis S1 gedrücktAMOT 1, Off , 0 'Motor aus
END IFIF DINS ( ) = "1111 0010 1111 1110" THEN 'Aufzug im 1. OG, Z0 gedrücktAMOT 1, Right, 255 'Fahrt ins EGDOLOOP UNTIL DIN (9) = 1 'bis S0 gedrücktAMOT 1, Off , 0 'Motor aus
END IFLOOP
43tu 156 / 2. Quartal 2015
Allgemeine Technikwissenschaften tu: Sachinformationen
Informationen auswählen und sie einer bestimmten Art der Verknüpfung un-terwerfen. Aber auch diese Verknüp-fungen, die hier wie geschlossene Blocks aussehen, sind so gestaltet, dass man über Befehle die Form und Komplexität der jeweiligen Verknüp-fung bestimmen kann. Dies soll wiede-rum durch die roten Befehlsleitungen angedeutet werden. Die Befehle selbst sind in einem Programmspeicher ab-gelegt, der selbst wieder eine ziemlich komplizierte Steuerung benötigt.
Wenn auch nicht alle Details der Pro-zessorstruktur angegeben sind, so wird durch diese Darstellung doch deutlich, dass es sich hier nicht um ei-ne fixe, „fest verdrahtete Struktur“ han-delt, sondern um eine außerordentlich flexible, praktisch in jedem Moment veränderbare Struktur.
Vergleich von Verbindungspro-grammierung (VP) und Befehlspro-grammierung (BP)
Aufgabe des Programms: Bei einer Verbindungsprogrammierung sind durch die schaltungstechnische Ver-knüpfung ständig alle Bauelemente „vorhanden“, also funktionsbereit, sie arbeitet quasi „parallel“. Sollen für ei-
nen bestimmten Funktionsablauf ge-wisse Bauelemente oder Baugruppen außer Funktion sein, so muss dies durch gezielte schaltungstechnische Maßnahmen realisiert werden, was bei komplexeren Schaltungen einen ziemlich hohen Aufwand bedeuten kann. Im Gegensatz dazu arbeitet die Befehlsprogrammierung „seriell“, d. h. sie durchläuft ein Programm Schritt für Schritt und führt die entsprechenden Anweisungen nacheinander aus. Das bietet die Möglichkeit, dass während dieses Ablaufs jeweils nur diejenigen Bauelemente miteinander verknüpft werden, die im Moment in Funktion sein müssen → durch die flexible Struktur der BP treten hier die Ab-laufprobleme der VP in ungleich gerin-gerem Maß auf.
Anforderungen an Kenntnisse und Erfahrungen: Für Lösungen mit Ver-bindungsprogrammierung, besonders wenn die Aufgaben etwas anspruchs-voller werden, werden schnell diffe-renzierte Kenntnisse über die Bauele-mente, ihre Betriebseigenschaften und ihre Schaltungstechnik notwendig. Es handelt sich bei dieser Tätigkeit um eine sehr anspruchsvolle Konstruk-tionsarbeit! Dies kann in der allge-
meinbildenden Schule, die nur die Grundprinzipien verdeutlichen soll, nicht geleistet werden. Hier muss man also auf einer sehr einfachen Ebe-ne bleiben, um die Schüler nicht zu überfordern. Durch Befehlsprogram-mierung werden die Bauelemente und Baugruppen durch das Programm in jedem Moment so miteinander ver-knüpft, dass sich durch ihr Zusam-menwirken der geforderte Ablauf/Prozess ergibt. Dazu muss man keine Kenntnisse über die Bauelemente, ihre Betriebseigenschaften und ihre Schaltungstechnik haben, wohl aber über die Struktur des Problems und die verwendete Programmiersprache. Es handelt sich beim Programmieren also ebenfalls um eine Art Konstruk-tionsarbeit, aber auf einer abstrakten, formalen, eher logischen und virtuellen Ebene! Lösungen mit BP sind also im Vergleich mit VP recht einfach zu reali-sieren, was die Möglichkeit eröffnet, in der Schule auch anspruchsvollere und damit reizvollere Themen zu behan-deln. Damit gelingt auch der Transfer in die industrielle Wirklichkeit leichter. Auch dort sind solche Lösungen ein-facher und schneller zu realisieren als die klassischen fest verdrahteten VP.
Bed
iene
lemen
teSigna
leau
sde
mProzess
Schalter
Taster
Sensor(allgemein)
Endlagen-taster
Überstrom-auslöser
24V
5V
Einga
beregister
Ausga
beregister
230V
5VM
Ventil
Relais,Schütz
Leucht-melder
Antriebs-motor
Datenselektoren Datenselektoren
Bef.
Mikroprozessor,Computer
Anp
ass-Schaltung
Interface
Anp
ass-Schaltung
Interface
Verarbeitungs-prozesse
Adr.
math.verknüpfen
kombin.verknüpfen
zwischen-speichern
Datenspeicherschreiben/lesen
Programmspeicher:Befehle zur Prozesssteuerung
zeitlichbeeinflussen
Bef. Bef.
adressieren
Bild 4
44 tu 156 / 2. Quartal 2015
tu: Sachinformationen Allgemeine Technikwissenschaften
Komplexität der Systeme: Mit Ver-bindungsprogrammierung stößt man recht schnell an die „Grenze des Mach-baren“. Es ist leicht, Forderungen an eine Aufgabe zu knüpfen, die als VP nicht mehr lösbar ist; Beispiel Aufzug: Es mag noch realisierbar sein, die wäh-rend der Fahrt betätigten Zieltasten zu speichern und dann die entspre-chenden Stockwerke nacheinander anzufahren. Eine Optimierung dieser Fahrwege in der Form, dass die je-weils kürzesten Wege ausgewählt wer-den, scheint durch eine VP nicht mehr lösbar. Anders als Programm für eine BP, dies können sogar noch gewiefte Schüler leisten! Daraus wird deutlich, dass BP-Lösungen nicht nur einfacher und schneller als VP zu realisieren sind, sondern auch, dass BP über-haupt erst die Lösung komplizierter Aufgaben und komplexer Systeme ge-stattet (automatische Steuerung von Großkraftwerken, Verkehrssystemen, verfahrenstechnischen Anlagen, au-tomatisierte Produktion, Autopilot in Flugzeugen usw.).
Unterschiede in der Flexibilität: Sollen in einer Firma die Produktion umgestellt, veränderte oder neue Pro-dukte gefertigt werden, so ist die BP der VP weit überlegen. VP-Lösungen müssen in einem solchen Fall völlig neu konzipiert, entwickelt, getestet und installiert werden, ein Aufwand, der viele Monate in Anspruch nehmen kann. BP-Lösungen können dagegen sehr leicht an veränderte Produkti-onslinien angepasst werden, da Pro-gramme leicht umgeschrieben werden können. Dies kann z. B. bereits ge-schehen, während die „alte“ Produkti-on noch läuft. Auch die hardwaremä-ßige Umstellung gelingt viel schneller, da keine Schaltungen entwickelt, son-dern lediglich die Sensoren und Ak-toren richtig an die Computersteue-rung angeschlossen werden müssen. Die Flexibilität der BP ist sehr hoch, was einen enormen Produktivitätsfak-tor darstellt.
Unterschiede in der Verarbeitungs-geschwindigkeit: BP zeichnet eine hohe Verarbeitungsgeschwindig-keit aus. Dies ist wichtig beim Messen, Steuern oder Regeln sehr schneller oder sehr komplexer Prozesse. Dem-gegenüber sind etwa Relais- oder Schützsteuerungen extrem langsam.
Wirtschaftlichkeit: Die beschriebene Flexibilität der BP hat in der Industrie die automatisierte Fertigung auch kleinerer Stückzahlen ermöglicht: Wenn die Umrüst- und damit Stand-zeiten kleingehalten werden können, dann werden auch kleinere Serien rentabel.
Alle diese Gründe haben dazu geführt, dass die Steuerung und Regelung komplexer Prozesse in der Industrie in immer stärkerem Maß von Prozes-soren gesteuert werden.
2.2.6 Strukturen informationsüber-tragender Systeme (nach [17])
Die drei grundlegenden Funktionen, die die Informationsübertragungstech-nik ausmachen, sind: Senden – Über-tragen – Empfangen. In den Fällen, in denen die Informationen nur an einen ganz bestimmten Empfänger übertra-gen werden sollen, muss zum Über-tragen noch das Vermitteln dazutreten. Die vollständige „Organ“struktur dieser Anlagen sieht also so aus:
Sendesystem – Vermittlungssystem – Übertragungssystem – Vermitt-lungssystem – Empfangssystem.
Nicht besonders betont werden muss, dass diese Systeme zum Teil außeror-dentlich komplex sind, die hier ange-gebene Struktur also die allgemeinste Ebene darstellt (Bild 5).
Dabei sind die Sendegeräte und die Empfangs-Endgeräte meist identisch: Sie dienen sowohl dem Senden als auch dem Empfangen von Informati-onen. Beispiele dafür sind Telefonap-parate, Telefaxgeräte, Fernschreiber und Fernkopierer, Sprechfunkanlagen usw.
Die Abbildung auf der letzten Seite zeigt anschaulich diese Struktur für zwei wichtige Anwendungsbereiche: die Rundfunk- und Fernsehtechnik und die Fernsprechtechnik.
Die unterschiedlichen Bereiche der Informationsübertragungstechnik kön-nen stichwortartig folgendermaßen gekennzeichnet werden:
Rundfunk- und Fernsehtechnik:
Sender: Studio- und Videokameras, Rundfunk- und Fernsehübertragungs-wagen.
Empfänger: Rundfunkempfänger, Fernsehgeräte, Audio- und Videore-corder, Hifi-Geräte.
Fernsprechtechnik
Über sie kann man sprechen, sehen, schreiben, fernkopieren und ande-re Daten übertragen. Dazu gehören: Telefonanlagen, Teletex, Telefax, Bu-chungsanlagen.
Alle diese Systeme dienen sowohl zum Senden als auch zum Empfangen der Informationen.
Bildschirmtext (Btx) >> Internet
Dialogfähige Btx-Systeme bestanden aus einem Bildschirm (Fernsehge-rät), aus einer Tastatur für Ziffern und Buchstaben und einem Drucker zur Dokumentation der empfangenen In-formationen. Dieses System verband die Telefon- mit der Fernsehtechnik und erlaubte nicht nur Daten abzu-fragen, sondern auch Aufträge zu er-teilen, Finanzierungen, Steuern oder Renten berechnen zu lassen sowie Aufgaben aus dem Bereich Konstruk-tion und Entwicklung lösen zu lassen. Dieses System wurde abgelöst vom Internet, welches dezentral strukturiert ist und eine höhere Flexibilität und Reichweite besitzt.
Sprachgesteuerte Datentechnik
Damit sind Systeme gemeint, die menschliche Sprache erkennen und ausgeben und über menschliche Sprache gesteuert werden können. Dies reicht von der automatischen Zeitansage über die sprachgesteuerte Abfrage von Datenbanken bis zu Be-stellsystemen, um Waren direkt „beim Computer“ ordern zu können.
Solche Sprachsysteme sind bis heute noch nicht so weit ausgereift, dass sie universell eingesetzt werden könnten, da die Spracherkennung und die grammatikalisch und sinngemäß rich-tige Sprachausgabe ein schwieriges Grundproblem der künstlichen Intelli-genz (KI) darstellt. Für begrenzte Auf-gabenbereiche sind funktionierende Systeme bereits im Einsatz.
Funktechnik
Dazu gehören: Sprechfunkanlagen, Kraftfahrzeugfunk, Handsprechfunk, Funkalarmsysteme und Personenruf-anlagen. Solche Funksysteme eignen sich auch für den Dialog zwischen Mensch und Maschine. Um den Ausfall von Maschinen oder Anlagen(teilen) anzuzeigen, können codierte Funkte-legramme ausgesendet werden, um
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Allgemeine Technikwissenschaften tu: Sachinformationen
Bild
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46 tu 156 / 2. Quartal 2015
tu: Sachinformationen Allgemeine Technikwissenschaften
den Empfänger zu alarmieren und ihm Ort, Zeit und Art der Störung mitzutei-len. Mit manchen Empfangsgeräten ist auch ein Sprachdialog mit der Zentrale möglich.
Verkehrs- und Mobile Informations-technik
Autoradios, Autotelefon, Verkehrsfunk, Eurosignal, Autofahr- und Leitsysteme, Informationssysteme und der elektro-nische Verkehrslotse (Navigator) gehö-ren hierzu.
Besonders das Autoradio wird immer mehr zum „intelligenten“ Terminal wei-terentwickelt mit allen Funktionen vom Identifizieren und Ansagen bestimmter Sender bis zu Leit- bzw. Pilotsystemen, die die Autofahrer sicher zum Zielort leiten.
Insgesamt muss jedoch angemerkt werden, dass viele dieser Funktionen und Systeme nur durch eine Integra-tion von Informationsverarbeitung und -übertragung realisiert werden konn-ten, also keine reinen Übertragungssy-steme mehr darstellen. Doch dies ist bereits bei modernen automatischen Vermittlungssystemen der Fall.
Man kann allgemein sagen, dass ge-nau hierin ein wichtiger Entwicklungs-trend moderner Informationstechnik zu sehen ist, dass die Grenzen zwischen ehemals getrennten Bereichen über-schritten werden und diese Bereiche mehr und mehr zusammenwachsen: Fernsehtechnik und Computertechnik, Telefontechnik und Bildübertragungs-technik, Telefontechnik und Funk-technik (Handys), Telefontechnik und Computertechnik, fotografische Tech-nik und Computertechnik ...
2.2.7 Zusammenfassung
Vergleicht man die unterschiedlichen Strukturen von Maschinen (Ener gie-, Werkzeug- und Transportmaschi-nen), von Informationsgewinnungs-, Informationsübertragungs- und In-formationsverarbeitungssystemen (Messsystemen, Steuerungs- und Regelungssystemen) sowie von Computersystemen (befehlsprogram-mierten Systemen), so kann man fest-stellen, dass sich die Idee einer allen technischen Systemen gleicherma-ßen zugrunde liegenden, allgemeinen Struktur nicht bewahrheitet hat. Weder lässt sich die Organstruktur von Ma-
schinen auf andere Systeme übertra-gen, noch lassen sich umgekehrt die Maschinen nach den Grundstrukturen der Informationstechnik analysieren.
Eine Vereinheitlichung und damit Ver-einfachung der Theorie und Beschrei-bung von Technik gelingt also auf der recht allgemeinen Ebene der Funk-tionen recht gut, auf der konkreteren Ebene der Strukturen aber nicht mehr. Hier muss man sich damit begnügen, dass es innerhalb der einzelnen technischen Teilbereiche solche Grundstrukturen gibt, die aber inner-halb dieser Grenzen aufschließend, gliedernd und ordnend wirkt.
2.3 Eigenschaften technischer SachsystemeNatürlich müssen, wenn die oben behandelten Funktionen präzise be-schrieben werden sollen, die verwen-deten Stoffe/Materialien, Energien und Informationen bezüglich ihrer Größen und Eigenschaften genauer bestimmt werden. Dies soll hier nicht gesche-hen, weil dies nur im Zusammenhang mit einer differenzierten Planung und Konstruktion notwendig ist.
Eigenschaften, die aber für den Benut-zer oder Folgebetroffenen eines tech-nischen Sachsystems bedeutungsvoll sind, sind die Eigenschaften des Systems als Ganzes. Es handelt sich dabei um solche, die durch die ausgewählten Wirkungsgefüge, die spezifischen Konstruktionsmerkmale und den gewählten Bau- und Sy-stemzusammenhang erzeugt werden. Man kann dabei mehrere Gruppen von Eigenschaften unterscheiden, wo-bei hier nur die für den Benutzer/Laien wichtigen angegeben werden sollen:
Funktionsbedingte Eigen-schaften: Leistung, Geschwindig-keit, Tragfähigkeit usw.
Betriebseigenschaften: Be-triebssicherheit, Zuverlässigkeit, Lebensdauer, Energieverbrauch, Raumverbrauch, Wartungsfähig-keit, Reparaturfähigkeit usw.
Wirtschaftliche Eigenschaften: Betriebskosten, Herstellungsko-sten, Effektivität, Wirkungsgrad, Preis usw.
Ergonomische Eigenschaften: Bedienungssicherheit, Handha-
bung, Übersichtlichkeit (intuitive Bedienung), Forderungen an die Aufmerksamkeit, körperliche Bela-stung (Kraft, Haltung usw.), „Stör“-Eigenschaften (Vibrationen, Lärm, Emissionen usw.).
Ökologische Eigenschaften: Landschafts- und Raumverbrauch, Eingriff in die Landschaft, Entnah-me von nicht regenerierbaren Roh-stoffen und Energien, Emissionen in die Umwelt (Abgase, Abwärme, Abwässer, Abfallstoffe, ausdamp-fende Gifte, Abgabe von Radioakti-vität, Lärm), Belastung der Umwelt beim Verschrotten (Müll, Sonder-müll) usw.
Ästhetische Eigenschaften: Form (Design), Farbe, Oberflä-chengestaltung, Verbindung von Form und Funktion usw.
Prestige-Eigenschaften: Betont es meine Person? Zeigt es meine gesellschaftliche Rolle/Stellung? Zeigt es meine Zugehörigkeit zu ei-ner Gruppe? (Diese Eigenschaften spielen mehr oder weniger bewusst bei den Jugendlichen, aber auch bei vielen Erwachsenen eine große Rolle.)
Je nach Art des Sachsystems werden diese unterschiedlichen Eigenschaften mehr oder weniger in den Vordergrund treten und an Bedeutung gewinnen. Bei Objekten, die Laien unmittelbar nutzen, werden sie sich beim Kauf und beim Gebrauch zeigen, bei Sachsyste-men im öffentlichen Raum (z. B. Kraft-werke) zeigen sie sich im Betrieb.
Während die Funktionen eng mit dem Sinnzusammenhang und dem Wis-sen und Verstehen der Sachsysteme verbunden sind, korrespondieren die Eigenschaften der Sachsysteme mit der Beurteilung und Bewertung von Technik. Sie stellen eine Reihe von Bewertungskriterien zur Verfügung, die man sowohl für die Planung und Herstellung als auch für den Vergleich und Test oder die analytische Unter-suchung von technischen Objekten im Unterricht (oder außerhalb des Unter-richts) benutzen kann.
Wird fortgesetzt
Literatur:
siehe 1. Teil in tu 152
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