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ZEP - Otto-Friedrich-Universität Bamberg ZEP/ZEP_2005_… · of civil-societies participation and explains education for sustainable development as a concept for education that should

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ZEP

EDITORIAL

Schon wieder eine Weltdekade? Esfällt schwer, den Überblick zu behal-ten, welche „Dekade“ gerade über unsgekommen ist. Eben erst war die „Welt-dekade für Menschenrechtsbildung“ zuEnde gegangen – auch ihr hatte dieZEP eine Ausgabe gewidmet (4/2004)– da bricht auch schon das nächste ge-wichtige Bildungsjahrzehnt an: AufEmpfehlung des Weltgipfels für nach-haltige Entwicklung (Johannesburg2002) haben die Vereinten Nationendie Jahre 2005 bis 2014 zur Dekade„Bildung für nachhaltige Entwicklung“erklärt. Von der Ausrufung von Welt-dekaden, mit der zentrale globale Pro-bleme in den Fokus der Öffentlichkeitgerückt und die Entschlossenheit desHandelns der Staatengemeinschaftbekräftigt werden sollen, machen dieVereinten Nationen regen Gebrauch:im Jahr 2005 befinden wir uns imSchnittfeld von gleich acht laufendenUN-Dekaden, darunter die Alphabe-tisierungsdekade und die InternationaleDekade für eine Kultur des Friedens.Doch je mehr auf diese Weise Bedeut-samkeit beschworen wird, desto mehrdroht sich diese zu verflüchtigen. Unddoch: diese neue Dekade dürfte an al-len, die sich mit Fragen einer interna-tionalen und entwicklungsbezogenenBildung befassen, kaum spurlos vorü-bergehen. Die UN-Dekade „Bildungfür nachhaltige Entwicklung“ bietet ausunserer Sicht gute Perspektiven für eineNeuorientierung weltweiter Bildung imHorizont der globalen Herausforde-rungen. Sie eröffnet auch den Vertre-ter/innen und Akteur/innen der Ent-wicklungspädagogik eine Plattform,ihre innovativen Ansätze zur Geltungzu bringen und mit anderen reform-orientierten Bildungskonzepten zu ver-knüpfen.

Mit der Ausrufung der Dekade hat die57. UN-Generalversammlung bekräf-tigt, dass Bildung unverzichtbar ist, umeine nachhaltige Entwicklung der Welt-gesellschaft auf den Weg zu bringenund die Millennium-Entwicklungszielezur Halbierung der weltweiten Armutzu verwirklichen. Wenngleich das In-ternational Implementation Scheme,das die UNESCO für die weltweiteUmsetzung der Dekade vorgelegt hat,von einem facettenreichen und viel-dimensionalen Verständnis einer Bil-dung für nachhaltige Entwicklung aus-geht, ist im deutschsprachigen Raumnicht zu übersehen, dass das Konzepteiner Bildung für Nachhaltigkeit in ers-ter Linie in umweltpädagogischen Zu-sammenhängen verankert ist. Demge-genüber scheint es gerade angesichtsder internationalen Vorgaben vonnöten,die entwicklungspolitische Dimensioneiner Bildung für nachhaltige Entwick-lung zu stärken und die Dekade damitauch als Referenzrahmen für die Pro-filierung entwicklungspädagogischerAnliegen in Bildungspraxis und Erzieh-ungswissenschaft zu nutzen.Die ZEP hat sich schon mehrfach mitdem Konzept einer Bildung für nach-haltige Entwicklung befasst (in Heft 2/1998 und – anlässlich der Konferenz„Rio+10“ – in Heft 1/2002). Die vorIhnen liegende Ausgabe soll nun vorallem den internationalen Diskussions-stand bilanzieren und die in verschie-denen Ländern geplanten Beiträge zurUmsetzung der Dekade beleuchten.Wendy Goldstein gibt eine profundenÜberblick über die konzeptionellen Fort-schritte, die das Programm einer „Bil-dung für nachhaltige Entwicklung“ in ver-schiedenen Regionen der Welt, hier mitbesonderem Blick auf den außereu-ropäischen Raum, in den letzten Jah-

ren erfahren hat. Douglas Bourn skiz-ziert die Eckpunkte der Diskussion inGroßbritannien, Richard Helblingund Verena Schwarz analysieren dielaufenden Aktivitäten und Strategiede-batten in Deutschland bzw. in derSchweiz und stellen dabei auch die Be-züge zu generellen Trends der Bil-dungsreform her.Dass das Leitbild einer nachhaltigen Ent-wicklung auch weitreichende Konse-quenzen für die akademische Forschungund Lehre impliziert, verdeutlichen MaikAdomßent, Jasmin Godemann undGerd Michelsen. Demgegenüber warntErhard Meueler in seinen ideologie-kritischen Anmerkungen vor den allzuhohen oder auch irreführenden Erwar-tungen, die mit dem Nachhaltigkeits-Leitbild und dessen pädagogischen Am-bitionen transportiert werden.Die „Verquasselung“ des Nachhaltig-keitsbegriffs beklagte kürzlich auch der(deutsche) Rat für Nachhaltigkeit. Mitdem inflationären Gebrauch des Nach-haltigkeitsjargons droht das Profil die-ses Leitbildes, dem in „Rio“ durchausnoch ein mobilisierendes Potenzial zueigen war, ins Beliebige zu verschwim-men. Wir möchten mit dieser Ausgabeeinen Beitrag dazu leisten, die Kontu-ren der Nachhaltigkeitsidee und desinternationalen Bildungsauftrags, dermit ihr seit mehr als zehn Jahren ver-bunden ist, wieder zu schärfen.

Wir bedauern sehr das späte Erschei-nen dieser Ausgabe und bitten die Le-senden um Verständnis.

Eine anregende Lektüre wünschen

Heidi Grobbauer und Klaus Seitz,Salzburg und Neustetten,

im August 2005

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28. Jg. Heft 3 September 2005 Seite 1ZEP

28. Jahrgang ISSN 1434-4688D3 2005

Zeitschrift für internationale Bildungsforschungund Entwicklungspädagogik

September

Herausgeber: Gesellschaft für interkulturelle Bildungsforschung undEntwicklungspädagogik e.V. und KommEntSchriftleitung: Annette ScheunpflugRedaktionsanschrift: ZEP-Redaktion, Pädagogik I, EWF, RegensburgerStr. 160, 90478 NürnbergVerlag: Verlag für Interkulturelle Kommunikation (IKO), Postfach 90 0421, 60444 Frankfurt/ Main, Tel.: 069/784808; ISSN 1434-4688 D

Erscheinungsweise und Bezugsbedingungen: erscheint vierteljähr-lich; Jahresabonnement EUR 20,- Einzelheft EUR 6,-; alle Preise verste-hen sich zuzüglich Versandkosten; zu beziehen durch alle Buchhandlungenoder direkt vom Verlag. Abbestellungen spätestens acht Wochen vor Ablaufdes Jahres.

39

3533 Jugendpolitische Partizipation in Sambia im Aufwind

27

Hochschulen und das Leitbild der Nachhaltigkeit: Herausforderungen undStand der Umsetzung in Deutschland

Adomßent / Gode-mann / Michelsen 20

1592

Education for Sustainable Development and Global Citizenship. TheChallenge of the UN-Decade

Nachhaltige Entwicklung oder Segeln ohne Wind

Education for Sustainable Development - emerging

Douglas Bourn

Wendy Goldstein

Redaktion: Barbara Asbrand, Hans Bühler, Asit Datta, Heidi Grobbauer (Ös-terreich), Helmuth Hartmeyer (Österreich), Richard Helbling (Schweiz), TorstenJäger, Linda Helfrich, Ulrich Klemm, Gregor Lang-Wojtasik, Claudia Lohren-scheit, Gottfried Orth, Bernd Overwien, Georg-Friedrich Pfäfflin, AnnetteScheunpflug, Klaus Seitz, Barbara ToepferTechnische Redaktion: Gregor Lang-Wojtasik (verantwortlich) 0911/5302-735, Claudia Bergmüller (Rezensionen), Christine Schmidt (Infos)Abbildungen: (Falls nicht bezeichnet) Privatfotos oder Illustrationen derAutoren.Titelbild: Bos van der Schot; © Zeitschrift EntwicklungspolitikDiese Publikation ist gefördert vom Evangelischen Entwicklungsdienst-Ausschuss für Entwicklungsbezogene Bildung und Publizistik, Bonn. DasHeft ist auf umweltfreundlichem chlorfreien Papier gedruckt.

ImpressumZEP - Zeitschrift für internationale Bildungsforschung und Entwicklungspädagogik 28. Jg. 2005, Heft 3

Richard Helbling /Verena Schwarz

Bildung für nachhaltige Entwicklung soll curricular werden. Zum Stand derDiskussion in der Schweiz

Wechsel in der Geschäftsstelle/Neue Publikation/Sport und EZ/Aktion DeineStimme gegen Armut/Gespräch mit Horst Köhler

Informationen

Porträt

Erhard Meueler

UNESCO-Chair „Higher Education for Sustainable Development“/Podiumsdis-kussion zu Globalem Lernen/Mehrwert Mensch/Bin ich was ich mir kaufen kann?36

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VIE

Christoph Müller

Arne Lietz: Facing History and Ourselves

45

VENRO

Kurzrezensionen/Unterrichtsmaterialien

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Seite 2 28. Jg. Heft 3 September 2005ZEP

Wendy Goldstein

Education for SustainableDevelopment - emerging

Zusammenfassung: Dieser Beitrag beschreibt wichtigeStationen der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung inder internationalen Diskussion seit dem Weltgipfel von Riound gibt einen Überblick über die konzeptionellen Fort-schritte in verschiedenen Regionen der Welt. Die Autorinlegt ein besonderes Augenmerk auf die Rolle der zivil-gesellschaftlichen Partizipation und erläutert Bildung fürnachhaltige Entwicklung als ein Bildungskonzept, das Ver-änderungsprozesse nicht nur auf der individuellen, sondernauch auf der institutionellen und gesellschaftlichen Ebeneanstoßen soll.

Abstract: This article describes important milestones ofan education for sustainable development in the internatio-nal discussion since the world summit in Rio and gives anoverview about the conceptional progress in different worldregions. The author directs the reader’s attention to the roleof civil-societies participation and explains education forsustainable development as a concept for education thatshould encourage change processes not only on the indivi-dual level but also on the institutional and societal level.

How has the understanding ofeducation for sustainable developmentchanged since Rio?

The Rio mandate

The United Nations Conference on Environment andDevelopment in Rio (1992) developed Agenda 21 and stronglyemphasized the environmental basis of sustainable develop-ment, though striking a balance between improving people’seconomic and social standards of living on the one hand andconserving the natural resource base on the other. Agenda 21specified the role of many groups in making sustainabledevelopment a reality and emphasized throughout measuresto educate, train and engage society in participating in thejourney to sustainable development. Chapter 36 is dedicatedto promoting education, public awareness and training andcalled on actions to:

1. reduce adult illiteracy levels to half and improved accessto basic education for boys and girls;

2. reorient education towards sustainable development toachieve environmental and development awareness in allsectors of society, accessibility of environmental and deve-lopment education from primary school to adulthood, andintegrate environment and development concepts in all edu-cational programmes;

3. promote broad public awareness as an essential part ofglobal education to strengthen attitudes, values and actionswhich are compatible with sustainable development;

4. strengthen training to develop human resources and faci-litate a transition to a more sustainable world.

At Rio three Conventions were presented for adoption –the Convention on Biological Diversity, the FrameworkConvention on Climate Change, and the Convention on Deser-tification. All these Conventions call on the participation ofpeople in their implementation and include articles specifyingthe obligation of signatory countries to undertake education,awareness, and training for their successful implementation.

Post Rio influencesAlthough Agenda 21 speaks of development and en-

vironment education contributing to education for sustainabledevelopment (ESD), inevitably, approaches are influenced bythe sector from which it arises. The influence of the en-vironment sector on the concept of sustainable developmentand indeed of environmental education on education forsustainable development still persists in the way ESD is inter-preted today. Since Chapter 36 states more about the activitiesgovernments and a wide range of actors might take in edu-cation, than explaining what it is or how it should be under-taken, since Rio there has been a process of clarifying meaningand deepening understanding of ESD.

To communicate, stimulate and guide the work proposedby Agenda 21 the UN established the Commission on Sus-tainable Development CSD. UNESCO is the Task manager ofChapter 36 on education and public awareness and set up anESD programme. The CSD adopted a Work Programme oneducation and public awareness in 1997. However acquiringadequate funding to support the work programme has beenan issue. Five years after Rio, UNESCO reported to the UNthat education was „the forgotten priority of Rio“ 1.

Recognition for sustainable development gained ground

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during the 1990s as a series of UNConferences took place focusing on aspectsof social and economic development2. Thevalues and educational recommendationsagreed in these UN conferences added tothe scope of education for sustainabledevelopment and were incorporated intothinking in UNESCO on what it called „edu-cation for sustainability“ or „education fora sustainable future“ (UNESCO / Govern-ment of Greece 1997).

The recommendations of the global UNConferences were mostly debated and agreedoutside the education sector. So there had tobe a process of communication and buildingacceptance for these policy decisions by theeducation sector. UNESCO Conferences haveinvolved education ministries and educationunions in discussions to support ESD, thoughthere is still much to be done to integrate ESDin the education sector.

Moreover since Rio, the actors in education have becomebroad and include government, university, NGO, business,teachers, media, indigenous, consumer and communitygroups. Many international and regional meetings were heldto discuss the implications of education for sustainabledevelopment, such as Eco-Ed (Toronto 1993), SustainableDevelopment Education and Awareness (Prague 1995) Envi-ronment and Society (Thessaloniki 1997). Just as educatorsand NGOs discussed what was meant by education forsustainable development or education for sustainability,debates raged over the meaning of sustainable developmentitself and what a sustainable society would look like. TheWellbeing of Nations, a country by country index of qualityof life and the environment, captured the dilemma ofsustainable development: „Nobody knows how to meet thesenew demands. There is no proven recipe for success. In fact,no one has a clear sense of what success might be. Makingprogress towards ways of living that are desirable, equitableand sustainable is like going to a country we have never beento before with a sense of geography and the principles ofnavigation but without a map or compass. We do not knowwhat the destination will be like, we cannot tell how to getthere, we are not even sure which direction to take“ (Prescott-Allen 2001, pp. 1f.).

As well there was a range of terms to clarify. In New Zealand,„sustainability“ is the goal of sustainable development –„an unending quest to improve the quality of people’s livesand surroundings and to prosper without destroying and fu-ture generations of humans (and all other species on Earth)depend on. Like other important concepts such as equity andjustice, sustainability can be thought of as both a destination(something worth aiming for) and a journey (that has no pre-ordained route“ (Parliamentary Commissioner 2004).

It is clear that sustainable development is a process ofadaptive management and systems thinking. This requirescreativity, flexibility and critical reflection (Tilbury/Goldstein2002) to resolve the social, cultural and economic reasonsbehind unsustainable practices and inequalities that contribute

to the unsustainable exploitation of the environment. Theimplications of a more socially determined outcome of sustai-nable development have likewise impacted on education. Edu-cation is more than learning about sustainable developmentand conveying a body of theory and facts. It is education forsustainable development that leads to change in attitudes,changed ways of thinking and taking action. Education forsustainable development calls for new learning (rather thanteaching) yet few are trained or experienced in these newapproaches (Tilbury/Wortman 2004).

By the time of the World Summit on Sustainable Develop-ment (2002) the world’s governments had set new targets –the Millennium Development Goals, focused on alleviatingpoverty, reducing HIV/AIDS, providing access to basic edu-cation, clean water and protecting the environment, influen-cing the focus of the Summit. The lobby for sustainable deve-lopment education was well organised so that the Johannes-burg Plan of Implementation, recommends to „integrate sus-tainable development into education systems at all levels ofeducation in order to promote education as a key agent forchange“. Following an endorsement at the WSSD (WorldSummit on Sustainable Development), the United Nationsagreed to declare the Decade of Education for SustainableDevelopment 2005 - 2014.

An added impulse to ESD from the Summit is that states„have common but differentiated responsibilities. The deve-loped countries acknowledge the responsibility that they bearin the international pursuit of sustainable development in viewof the pressures their societies place on the global environ-ment[...]“. Developed countries have a responsibility tochange unsustainable patterns of consumption and produc-tion, and critically examine the values and lifestyles that thewell off now enjoys.

(Quelle: Bos van der Schot; © Zeitschrift Entwicklungspolitik)

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Understanding of ESD in differentparts of the world

Despite the emphasis on educational processes in Agenda21, the implementation of education for sustainable develop-ment over the last 12 years has been mixed and patchy. Fewcountries could claim that formal education has been reorien-ted to sustainable development, though environmental educa-tion and development education has gained ground in many(Tilbury/Goldstein/Ryan 2004). A number of issues and trendsare emerging.

Clarity in communicating sustainabledevelopment education

Confusion still exists as to what and how to undertakeeducation for sustainable development. There are still fewtexts which provide an in depth coverage of the approachesand tools for engaging and managing change for sustainabledevelopment (Tilbury/Wortman 2004). The Japan Councilon Sustainable Development in 2003 found from its dis-cussions in several meetings that education for sustainabledevelopment is a difficult concept for people to understand,despite conversations on it for 10 years. People understandbetter environmentally sustainable development 3. In Asia2005, a UNESCO meeting to prepare a regional strategy forthe Decade decided one action is to clearly explain what ESDinvolves in terms of major content areas, skills, values andopportunities – considering these in the context of local lang-uages and worldviews.

Definitions of ESD have emerged as countries developaction plans and strategies. ESD is defined (USA) as „a life-long learning process that leads to an informed and involvedcitizenry having the creative problem solving skills, scientificand social literacy and commitment to engage in responsibleindividual and cooperative actions. These actions will helpensue and environmentally sound and economicallyprosperous future.“4

The UK Sustainable Development Education Panel definedESD as: „Education for sustainable development is aboutdeveloping the knowledge, skills understanding and valuesto participate in decisions about the way we do things indi-

vidually and collectively, both locally and globally, that willimprove the quality of life now without damaging the planetfor the future“ (DETR/DfEE 1998).

In New Zealand: „Education for sustainability examines howpeople and groups in society can learn to live in sustainableways. It is not simply education „about“ sustainability – edu-cation for sustainability has a strong purpose. It aims to em-power people of all ages and different back grounds to con-tribute to a better future“ (Parliamentary Commissioner 2004).

UNESCO suggests there are certain guiding principles forESD (see UNESCO ESD Position paper 8th draft, 2003)

- Using quality education to encourage decision-makingbased on holistic and interdisciplinary critical thinking.

- Alleviating poverty and lessening the income gap betweennations and between communities and individuals.

- Promoting democracy, human rights, participation and aculture of acceptance, non-violence and peace in theworkplace and civil society.

- Promoting gender sensitivity and equity.- Sustaining diversities.- Making communities viable and sustainable.- Using natural resources and materials in a sustainable

manner, accounting for all hidden costs.- Planning across generations.

Differences between ESD and environmentaleducation

There has been some confusion and dissent about repla-cing environmental education with education for sustainabledevelopment. The IUCN (The World Conservation Union)Commission on Education and Communication held an inter-national internet debate in 2000 to explore in what ways prac-titioners saw the relationship between the two.

Many view ESD as the new generation of EE (EnvironmentalEducation) which includes ethics, equity and new ways ofthinking and learning. Others say ESD should be part of goodEE and there is no need to do away with EE as the umbrella.Others say EE is part of ESD and that ESD is more compre-hensive dealing with development, north-south relationships,cultural diversity, social and environmental equity. Figure 1shows the varying perceptions of the relationships. Thetrends or changes in environmental education to education

for sustainable development were discussed. Par-ticipants who say ESD as a successor to EEcharacterised it as:

- more future oriented (careful examination of pos-sible and probable futures);

- critical of predominant market and consumptiondriven society-emphasis on lifestyle choices;

- more sensitive to the different realities thatchallenge people around the world;

- more systemic when dealing with complexity anddeveloping skills and knowledge for socially criticalcitizens to deal with complex issues;

- more community and solidarity oriented as op-posed to individualistic and self promoting.

- less concerned with product (behavioural out-comes);

- more concerned with process – creating the rightFig. 1: Different views of the relation between EE and ESD from IUCN ESDebate

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condition for social learning and participatory processes;- more open to new ways of thinking and doing – changing

mental models;- preoccupied with linking social and economic and environ-

mental equity at local, regional and global level;- developing capacity for change and improved quality of

life;- less emphasis on awareness-raising and behaviour

changes;- more focus on social, structural and institutional change

(more than personal change) (Hesselink et al. 2000).

Institutional supportAgenda 21 called for all countries to develop and implement

a strategy to integrate environment and developmenteducation into education at all levels by 1995. A strategy isthe way to engage a wide sector of stakeholders in planningand follow up action, and should result in mechanisms tosupport it. To date, however, only a handful of nations havedrafted strategic frameworks for advancing this process atthe national level including Australia, Canada, USA, England,Germany, Spain, Hungary, The Netherlands, Scotland, Norway,Sweden, Poland, Jamaica, El Salvador, Ecuador, and SouthAfrica. As in most countries the strategy development processin Spain was developed through a participatory process ofdialogue with all its state governments and stakeholders. Inthe SADC (South African Development Community) countriesof southern Africa and south-east Asia a regional processwas put in place to stimulate environmental education policyand strategy. A Europe wide strategy for ESD has been deve-loped (2004) under the United Nations Economic Commissionfor Europe(www.unece.org).

Focus on formal educationEven though most unsustainable development happens

outside the formal education sphere, there is still an emphasisof activities in the formal education sector, an important factorto be addressed.

The UK Government set up a Sustainable DevelopmentEducation Panel (1998 - 2003) to advise on strategies to pro-mote ESD. It suggests the concepts for school educationinclude interdependence, citizenship and stewardship, needsand rights of future generations, diversity, quality of life, equityand justice, sustainable change, uncertainty and precautionin action 5.

Much educational innovation is driven by Non Governmen-tal Organisations, pushing for the reorientation of educationprograms to encompass environmental education and morelately for sustainable development. At first NGOs producedresources for formal education, from magazines like Action inSouthern Africa, and Walia by IUCN in Mali (Oepen/Hamacher 2000). NGOs stimulate wildlife clubs as an extracurricula activity e.g. Uganda and use traditional theatre andmarionettes as means to bring messages to the broader com-munity. NGOs prepare teaching resource materials like WWF(World Wildlife Fund) and the World Resources Institute,USA, to make use of its state of the environment reports andstimulate interdisciplinary and interactive approaches.

Over time the work of NGOs has gone from being an add-

on or issue based to be part of the mainstream, being involvedwith the government in the policy development for education(IUCN Pakistan). The Canadian NGO Learning for a Sustai-nable Future worked with provincial education ministries toencourage education for sustainable development. Theapproach encouraged a multi-stakeholder engagement in de-veloping the policy, knowledge, skills, and values of educa-tion. The NGO prepared a list of knowledge, values and skillsdrawing up a composite list from development, global andenvironmental education as a guide to deliberations(www.schoolnet.ca/vp/learning).

NGOs have been involved in curriculum reform (IUCN Ne-pal). In China WWF launched its successful EnvironmentalEducator’s Initiative (EEI) in 1997 in partnership with the Mi-nistry for Basic Education and British Petroleum China. EEIhas built capacity in the formal education system by chal-lenging existing curriculum structures, encouraging cross-curricular planning and promoting participatory and interactiveapproaches to teaching and learning. It has supported thesechanges with teacher education, resource development andestablishment of a number of regional Environmental Educa-tion Centres. In addition, EEI supports a number of pilotschools that act as leaders and developers of EnvironmentalEducation innovation and change. The successes of this pro-ject have placed the EEI team in a good position to takeadvantage of China’s current period of educational reform tocollaboratively develop National Environmental EducationGuidelines with the Ministry of Education, integrating ESDinto the curriculum and adopting enquiry-based student-cent-red learning (Tilbury 1999).

PartnershipsAs the China example shows, partnerships provide effective

ways to develop change in education and sustainabledevelopment. Many partnerships are flourishing around theworld helping create synergy, combining resources and ta-lents, breaking down hierarchies, building shared visions andmotivating actions. Partnerships were encouraged in Agenda21 and are a key to UNESCO’s Decade ESD ImplementationStrategy (2003). The University Leaders for a Sustainable Fu-ture in collaboration with the International Association ofUniversities, Copernicus Campus and UNESCO have formedthe Global Higher Education Network for SustainabilityPartnership (GHESP). This group is preparing regionally rele-vant resources, tools and change strategies for sustainabilityin curriculum and organisational practice in universities.

The US held a „National Forum on Partnerships SupportingEducation about the Environment“ (1994) as a demonstrationproject of the (Clinton) President’s Council on SustainableDevelopment. In an effort to explore strategies for buildingeffective partnerships to support education for sustainability,a multi-stakeholder group met to outline Education for sus-tainability - an agenda for action, including policy recom-mendations for formal and non formal education, partnershipsfor cross cutting themes and stories to illustrate practice. Thepublication provided a pool of opportunities for partnershipsto advance education for sustainability from formal educationto corporate and community education.

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Participation in decision making

Drawing from many failed development projects NGOs havebeen active in developing approaches to aid participationand empowerment of the communities that were to be „deve-loped“. Rather than imposing solutions on communities, theapproach evolved to work with and through communities tosolve sustainable development issues. These approachessuch as Participatory Rural Appraisal and Participatory Lear-ning and Action meant that stakeholders were more involvedin research, visioning, planning and evaluation of develop-ment and conservation projects. By acting as the catalyst,the „outsider“ plays a facilitating role to assist local people todecide what to do with the information and analysis that theygenerate (Borrini-Feyerabend et al 2004). Knowledge was nolonger seen as just in the heads of „experts“, communitiesalso have knowledge passed down over the generations.These experiences led to rethinking education to being oneof facilitating a learning process in which all participate andshare their knowledge and aspirations.

NGOs, the indigenous people’s movement, farmers’ and com-munity based organisations (CBOs) have pushed for sharing ofpower in the management of natural resources, so thatcommunities could take responsibility and receive benefit fromsustainable management of resources. In so doing they havechallenged the systems that sustain power, stimulated attentionto gender issues and equity. NGOs and CBOs have involvedschools, women and the landless in these community processesassisting in reconceptualising environmental education towardssustainability, going beyond schooling and into the domain oflifelong learning and stimulating social debate.

The effects of this work can be seen in more interactivepolicy making by governments and development agencies,and co-management of natural resources between governmentand community groups, and in local agenda 21 processesthrough local government and NGOs around the world. Go-vernment and civil society are both actors in promoting thisdebate. Networks or associations also provide a stimulus andforum in which debates or learning take place, from chambersof commerce to consumer groups, from agricultural networksto fishermen’s cooperatives to businesses and governmentorganisations.

CommunicationCommunication is often seen as the means to create aware-

ness, and to put issues on the social agenda. Often it is partof a government campaign to implement policy. In Canada,the Ministry of Environment developed manuals encompas-sing knowledge on environmental citizenship for use by ra-dio and educational institutions to increase awareness, de-velop values and practices to save water, energy, reduce im-pact on climate change and conserve nature. Communicationcampaigns are also effectively waged by NGOs to drawattention to particular issues and to raise the importance ofan issue on the agenda of a business or government. Some-times stunts are required to attract media attention, a methodwell developed by Greenpeace. Increasingly Internet is beingused to mobilise opinion and action, as happened in the inter-national lobby against land mines.

Communication is an essential part of awareness raisingand advocacy for the Decade to ensure involvement of awide range of stakeholders, sharing of results and politicalattention.

While governments and NGOs make use of the mass media,it is increasingly playing a role in stimulating social debate forsustainable development itself, driven by networks ofenvironmental journalists and responsible editors. The Syd-ney Morning Herald, the main morning newspaper for thecity of over four million, has waged a multi week Campaignfor Sydney, preparing the population for measures to addresswater, air transport and land planning issues. It has challengedthe government to improve the infrastructure and providemore effective governance of the city’s development. Thepaper shares examples of what works from cities around theworld and feedback from readers. It is a most remarkable in-vestment by a newspaper that goes beyond the usual „issue“to look at a holistic approach.

Communication is a policy instrument, a process of twoway engagement wherein community interests are heard, so-cial groups are engaged in policy forming and decision making.Communication is an essential tool for managing the relationswith stakeholders, keeping networks alive, people informedand giving feedback in policy, project and programme (Oepen/Hamacher 2000).

Designing the FutureThe Global Scenario Group prepared a report outlining a

number of scenarios for the future in „Great Transition“ (Ras-kin 2002). Work such as this is recognized as having an im-portant role in education for sustainable development. TheNGO Foundation For Our Future developed a methodology,drawing from business scenario and planning processes, touse in education (www.ffof.org). While referring to students,Wheeler (Introduction in Wheeler et al. 2000) states that „ourchallenge is to kindle a strong desire to look into the fullrange of possible futures, understand the systems that affectthe future, provide them with the techniques to plan for thefuture, and empower them to affect the future positively bothfor themselves and for their communities“.

The Global Scenario Group suggests that to achieve thedesired future we would act on the root causes that shapesociety and the human experience, the ultimate drivers suchas values, understanding, power and culture. This is in contrastto mainstream development policy which focuses on the pro-ximate drivers which are more responsive to short termintervention and include influence on economic patterns,technology, demographics and institutions (Raskin et al. 2002).

Recognizing the need for transformationThe New Zealand Parliamentary Commissioner for the Envi-

ronment released „See change - learning and change for sus-tainability“ as an inspiring think piece. In a play on words onthe title – See Change – the Report states that „a shift in per-ception and understanding is needed among many people andorganizations in society, in the ways that they look at issuesand search for solutions, to enable a sea change for the better“(when a „sea change“ – „refers to a profound or notabletransformation“) (Parliamentary Commissioner 2004, p. 3 f).

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The call for a transformation occurs frequently, creatingdemand for new learning in society and challenging deeplyheld beliefs about our social and economic systems and thesustainability of our lifestyles. New learning needs both skillsof critical and systemic thinking.

Systemic thinkingSystemic thinking helps us to think differently about the

world in contrast to the usual way of analyzing things bytaking them apart. This approach has led to seeing things inboxes and failing to see how one thing connects or relates toanother, leading to side effects and externalities from ouractions. ESD needs to develop relational thinking, with itsemphasis on integrative approaches and long term solutions.

System thinking is also helpful in understanding how toovercome barriers and the functioning of an organisation inrelation to the larger context, which in turn leads to organisa-tional change. When the way we think about the world ischanged, we can act on „the tipping point“ that can cause acascade of impact. This is a positive view that with the rightkind of impetus people will change their behaviour (Gladwell2000).

Values and ethicsSystemic and critical thinking are required for ESD to ad-

dress the drivers of unsustainability such as cultural valuesand ethics. It is recognized that while scientific and technolo-gical progress are important, science cannot answer questionson what type of people we want to be and what quality of lifewe want or what is right and wrong. This is part of the willwhich needs the principles for an inspiring ethical vision andthe courage to undertake transformation in values and insti-tutions. One approach to developing ethics is using the EarthCharter (www.earthcharter.org) as a basis for discussion ineducation. Recent research in Canada shows that environ-mental courses with a strong values element can have a signi-ficant impact on student’s values (Applied Environmental2003).

More than individual changeThe desired result of the above approaches - partnerships,

communication, critical and system thinking - is social debateto „heat up society“ (AED 2002) towards a transformation tosustainable development. In the Netherlands and IUCN sus-tainable development education can be thought of as deve-loping the learning citizen at three levels:

1. the individual level – a learning person who has skillsand plays a role in society leading to sustainable behaviour(new knowledge, new skills);

2. institutional level – within a learning organisation whichtries to improve the quality of its own structure and perfor-mances in sustainability (new priorities, new procedures, andnew practices);

3. social level – within the learning society in which thereis an addition of learning processes of different organisationsand individuals with their own perspectives in which there isa cumulative effect (creating new agendas, new partnerships,new ways of interaction and participation).

ESD aims for results in the individual, organization andsocial systems. In the educational sector besides changes incurricula and pedagogy, universities and schools need tochange their culture, how they operate, and what they procuretowards sustainability. With increasing social pressure to prac-tice corporate social responsibility, businesses have to notonly create learning opportunities to comply with sustainabi-lity standards but also learning to adopt new ways of workingand operating towards sustainability going beyond makingthe products more sustainable to even considering the typeof products themselves.

Since ESD emphasises changes in organisations and soci-ety and not just individual learning, people are placed in asituation where they learn, often better than individually, byrelating their personal experiences to those of others. This iscalled social learning and there are four elements that formthe basis of this learning process:

- action: people have to be able and prepared to considerthemselves to be people who can actively take their own si-tuation in hand;

- cooperation: people have to be able and prepared tocooperate with others;

- reflection: people have to be able to reflect on what theyhave done and translate this into changed behaviour;

- communication: is conditional for social learning that onecan communicate about it, explain and transfer experience.

IUCN plans for the Decade

The World Conservation Union (IUCN) and its Commissionon Education and Communication (CEC) has been an advocateof education for sustainable development since Rio. TheCommission is a volunteer network of experts constituting aformal knowledge network under IUCN statutes to bring adviceto the organisation. At first CEC pushed for the developmentof national strategies for education and communication forsustainable development and held regional meetings withgovernments and NGOs to discuss strategic planning inEurope, Latin America and Asia. The Commission has a pub-lishing programme to share case studies and practice on edu-cation for sustainable development and managing parti-cipation and communication.

The Commission’s work now is mainly focused onestablishing the „World Conservation Learning Network“(www.wcln.org). This global partnership is focused ondeveloping capacity and empowering leadership amongst pro-fessionals to undertake sustainable development. In the futureCEC will offer learning opportunities in ESD and managingcommunication and participation for sustainable developmentand the environmental Conventions through the World Con-servation Learning Network.

IUCN’s over 1000 conservation organisations have en-dorsed the Decade of ESD and the organisation is developingits policy on ESD which will influence its work programmeglobally. IUCN members have called for ESD to be incor-porated in the IUCN programme. With UNESCO in the AsiaPacific, IUCN will work on the indicators to review, monitorand evaluate work and progress in ESD.

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Through the CEC web site www.iucn.org/cec knowledge isshared about education for sustainable development and com-munication as a service to the Conventions, governments,practitioners, and the Commission on Sustainable Develop-ment.

Conclusions

The Decade of Education for Sustainable Developmentoffers an important opportunity for advocacy for the educationfor sustainable development. Governments will want to reporton their activities at the UN and take responsibility for ESD inthe context of their sustainable development plans. Supportto foster ESD is needed and the following institutional meansneed to be in place and supported:

- A shared vision and framework to support ESD nationallydeveloped with key stakeholders and communicated natio-nally.

- To sustain the issue of ESD on the agenda, act as a watch-dog and progress thinking on ESD, establish an esteemedgroup of thinkers and educators such as an ESD Council orCommission.

- Foster the means to share knowledge nationally, regionallyand globally between NGOs, corporate sector, networks andlocal and national government on ways to stimulate socialengagement in sustainability.

- Support communities of practice and internet based wor-king groups.

- Stimulate innovation in ESD through prizes, grants andcommunication and support community groups in actions forsustainable development.

- Support research and communication of knowledge inESD to practitioners through forums, networks, websites andpublications.

- Stimulate media coverage of discussion on sustainabledevelopment issues.

- Set targets for ESD, monitor, evaluate, learn and adapt.- Develop capacity of educators and facilitators in leading

new learning, managing partnerships, systemic and criticalthinking, and activities such as scenario building.

- Develop leadership and the capacity of professionals tothink systemically about sustainable development.

- Take courage that there are thousands and thousands ofpeople working to bring about education for sustainabledevelopment.

Annotations:1 Report of Director General UNESCO 1997 on Chapter 36 to the 19th

Special Session of the General Assembly of the UN.2 1993 Human Rights – Vienna; 1994 Population and Development –Cairo; 1995 World Summit for Social Development – Copenhagen;1995 Women – Beijing; 1996 Food Security – Rome; 1996 HumanSettlements – Istanbul.3 Prof. Hirono, Seiki University, Japan, 2003 report during GEA Sym-posium in Tokyo Japan.4 Education for sustainability – an agenda for action, US GovernmentPrinting Office5 To see more visit www.defra.gov.uk and on the revised educationcurriculum that now gives more space to ESD: www.dfes.gov.uk.

References:AED - Academy of Educational Development: Heating up Society toTake Environmental Action – a Guide to Effective EnvironmentalEducation and Communication., Washington 2002.Applied Environmental Education and Communication: 2 (2003)2.Borrini-Feyerabend, G./Pimbert, M./Farvar, T./Kothari, A./Renard,Y: Sharing Power: Learning by Doing in Co-management of NaturalResources Throughout the World. Tehran 2004.DETR - Department of Environment, Transport and the Regions/DfEE – Department for Education and Employment: SustainableDevelopment Education Panel. First Annual Report. London 1998.Fien, J. (Hg.): Education & Conservation: Case Studies of Good Practice.Gland/Washington 1999.Gladwell, M.: The Tipping Point. How Little Things Can Make a BigDifference. New York 2000.Hesselink, F./van Kempen, P./Wals, A. (Hg.): ESDebate Internatio-nal Debate on Education for Sustainable Development. IUCN Commissionon Sustainable Development, Gland 2000.Oepen, M. (Hg.): Communicating the Environment. EnvironmentalCommunication for Sustainable Development. Frankfurt/Main 2000.Parliamentary Commissioner for the Environment: See Change– Learning and education for sustainability. Wellington 2004.Prescott-Allen, R.: The Wellbeing of Nations: a Country-by-CountryIndes of Quality of Life and the Environment. Washington 2001.Raskin, P./Banuri, T./Gallopin, G./Gutman, P./Hammond A.: GreatTransitions: The Promise and Lure of the Times Ahead (A Report of theGlobal Scenario Group) Stockholm 2002.Tilbury, D./Goldstein, W./Ryan, L.: Towards Environmental Educationfor Sustainable Development: The Contributions of NGOs in the Asia-Pacific Region. In: International Review for Environmental Strategies 4(2003) 1, S. 59 – 73.Tilbury, D./Goldstein, W.: Supporting the UN Decade of Educationfor Sustainable Development.. Gland 2002 (leaflet).Tillbury, D./Wortman, D.: Engaging People in Sustainability.. Gland2004.UNESCO/Government of Greece: Educating for a Sustainable Futu-re: A Transdisciplinary Vision for Concerted Action. Paper Prepared forthe International Conference Thessaloniki 8-12 December 1997.UNESCO: United Nations Decade of Education for SustainableDevelopment 2005-2014. Framework for the InternationalImplementation Scheme. Paris 2003.Wheeler, K.A./Bijur, A.P. (Hg.): Education for a Sustainable Future. AParadigm of Hope for the 21st Century. New York/London 2000.

Key Websites:www.unece.orgwww.schoolnet.ca/vp/learningwww.ffof.orgwww.earthcharter.orgwww.iucn.org/cecwww.defra.gov.ukwww.dfes.gov.uk

Wendy Goldstein is lecturer in Sustainable Development at the MacquarieUniversity Sydney and was the Head of IUCN (The World ConservationUnion) Environmental Education and Communication, at the globalIUCN Headquarters in Switzerland untilJune 2005. Since 1992 she has managedthe Programme of the IUCN Commis-sion on Education and Communication,a volunteer global network of expertswhich brings knowledge to IUCN on bio-diversity communication and sustainabledevelopment education from around theworld. She has worked to influence policyin communication and education at inter-national, regional and national levels,knowledge management and capacitydevelopment in communication insupport of biodiversity conservation andsustainable development.

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Erhard Meueler

Nachhaltige Entwicklung oderSegeln ohne Wind1

„Kurz, das wahre Problem des Kapitalismus besteht darin,dass er eben zu gut funktioniert. So gut, dass er eines schö-nen Tages alles verschlissen haben wird: die Ressourcen, dieNatur, einfach alles – einschließlich der Menschen, die ihmdienen.“ (Dany-Robert Dufour 2005)

Zusammenfassung: In diesem Beitrag werden verschiede-ne Varianten des herrschenden Nachhaltigkeitsdiskurses inideologiekritischer Absicht beleuchtet. Der Autor machtdeutlich, dass „Nachhaltigkeit“ keinen kritischen Gegenbe-griff zum kapitalistischen Wirtschafts- und Fortschrittsmodellmarkiert. Vor diesem Hintergrund erweist sich auch „Bil-dung für eine nachhaltige Entwicklung“ als ein Heilsver-sprechen, das nicht einlösbar ist. Pädagoginnen und Päda-gogen werden dazu ermutigt, kapitalismuskritische Lernge-legenheiten zu initiieren, die individueller und kollektiverSelbstermächtigung Raum geben.

Abstract: This article looks at different variations of theprevailing discourse on sustainability with an ideological-critical purpose. The author makes it clear that „sustaina-bility“ is not a critical counter-term to the capitalistic eco-nomical and progressive model. With this background „edu-cation for a sustainable development“ proves to be a mes-sage of salvation which cannot be kept, too. Educationalistsare encouraged to initiate capitalism-critical learning pos-sibilities which give some room for individual and collectiveself-authorization.

Das Wortfeld ‚Nachhaltig/Nachhaltigkeit‘ hat eine Aura vonhumaner Vision, Zukunftsweisendem und zugleich Unangreif-barem. Was ist dran an der Nachhaltigkeitsrhetorik?

Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit IDas Adjektiv ‚nachhaltig‘ bedeutet soviel wie „sich auf

längere Zeit stark auswirkend“. Nach Jean Baudrillard habenwir es heute weltweit „mit den Abfällen zweier Jahrhundertevon Kapital und Produktion zu tun [...,] einschließlich dermenschlichen Abfälle“ (Baudrillard 2002, S. 92). Die aktuellsich immer weiter verschärfende Globalisierung „der Techni-ken, der Märkte und des Tourismus, der Information“ als „Zu-sammendrängung und Vermischung aller Tauschgeschäfteund aller Waren, der fortwährende Fluss des Geldes“ schei-nen unumkehrbar (Baudrillard 2002, S. 25ff). Dabei handelt es

sich nicht etwa „um eine zwangsläufige, durch Politik nichtbeeinflussbare Entwicklung, sondern um bewusst herbeige-führte politische Weichenstellungen [...],die allerdings im Na-men einer Sachlogik des Weltmarktes verkauft [...] werden“(Huffschmid 2002, S. 65).

Die Ressourcen der Erde werden immer schneller ver-braucht: Der Weltenergieverbrauch setzt sich nach HermannScheer (1999) zu 32% aus der Verbrennung von Erdöl, 25%von Kohle, 17% von Erdgas und 5% von Atombrennstoffzusammen. Die restlichen Prozente fallen auf Biomasse (14%), Wasserkraft u.a.. Was die für unsere mobile Zivilisationzentrale Ressource ‚Erdöl‘ angeht, so konstatiert Elmar Altva-ter im Januar 2005, dass der Gipfel der Ölförderung (peak-oil)in einer Reihe von Förderländern bereits überschritten sei –in den USA schon seit den 70er Jahren – und sehr bald auchweltweit erreicht sein dürfte. Größere neue Reserven konven-tionellen Öls seien kaum noch zu finden. Das Erdölzeitalterneige sich seinem Ende zu und die „unkonventionellen Öle“wie Teersand, Tiefseeöl, Polaröl usw. seien kein vollwertigerund vor allem kein preiswerter Ersatz (vgl. Altvater 2005, S.67).

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe,die dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit nachge-ordnet ist, stellt 2003 in einem Bericht zur Reichweite vonEnergiereserven fest, dass ab 2017 drastische Einschränkun-gen in der Ölversorgung zu erwarten seien. AmerikanischenÖlgeologen zufolge ist der Höhepunkt der Ölförderung dage-gen schon in diesem Jahrzehnt zu erwarten (vgl. Luhmann2003, S. 1303f.). Steht dann der wachsenden Nachfrage keinentsprechendes Angebot mehr gegenüber, wird Erdöl, das janicht nur Energieträger (Heizöl, Benzin, Kerosin), sondernauch der zentrale Rohstoff der Petrochemie (von Kunststof-fen bis zu Medikamenten) ist, zu einer Rarität und der Preiswird in eine heute kaum vorstellbare Höhe klettern. Auf dieseEntwicklung bis hin zu einer Welt ohne Öl scheint bislangniemand vorbereitet zu sein.

Mit einer Ausnahme: Die USA haben trotz weltweit millio-nenfacher Proteste mit verlogenen Kriegsgründen (Massen-vernichtungswaffen) den Irak überfallen, um sich mit nochnicht absehbarem Erfolg die zweitgrößten Erdöl-Ressourcender Welt (Umfang rd. 110 Mrd. Barrel) zu sichern und gleich-zeitig Konkurrenten in Erkundung und Ausbeutung vonÖlvorkommen auszuschließen (vgl. Altvater 2005). Ihren Krieggegen das Taliban-Regime in Afghanistan nutzten die USAgeopolitisch, um militärisch in den zentralasiatischen LändernFuß zu fassen, nah dran an den neuen Öl- und Gasquellen derKaspischen Region.

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Nachhaltigkeit II

‚Nachhaltigkeit‘ in der hier interessierenden Bedeutung istein Fachterminus aus der Forstwirtschaft des 18./19. Jahrhun-derts. Bis dahin wurden in deutschen Landen die „Wälder [...]intensiv gerodet und abgeholzt, die verbliebenen wurden über-nutzt, die Böden verarmten. Die Erzverhüttung beanspruchtein zunehmendem Maße Holz als Brennstoff. Auch in den wach-senden Städten benötigte man immer größere Mengen vonHolz für das Bauen. Es drohte ein unwiederbringlicher Verlustder Wälder“ (Bachmann 2003, S. 663). 1713 führte der sächsi-sche Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz (1645 –1714) in seiner „Sylvicultura oeconomica“ für den FreibergerSilberbergbau das Prinzip der ‚Nachhaltigkeit‘ ein. Georg Lud-wig Hartig, ab 1811 als Oberlandforstmeister und StaatsratLeiter des Preußischen Forstwesens, nahm dieses Prinzip aufund ordnete in der von ihm initiierten Forstreform die Nut-zung der vorgefundenen Waldbestände und ihr erwartbaresWachstum der jeweils aktuell lebenden Generation und derenNachkommenschaft zu. Er machte ‚Nachhaltigkeit‘ zu demforstwirtschaftlichen Bewirtschaftungsprinzip: Holz jedes Jahr,über Jahrzehnte hinweg so gezielt zu pflanzen, zu hegen undzu schützen, dass es viele Generationen später einer nützlich-en Funktion zugeführt werden kann. Im Umkehrschluss: Nichtmehr Holz zu ernten, als jeweils nachwachsen kann (vgl.Weimann 1990, S. 414f.; Killy/Vierhaus 2001, Bd.4, S. 400).

„Sustainable development“Eine 1983 von den UN als unabhängige Sachverständigen-

runde gegründete Weltkommission für Umwelt und Entwick-lung unter dem Vorsitz der damaligen Ministerpräsidentin vonNorwegen, Gro Harlem Brundtland, veröffentlichte 1987 ihrenZukunftsbericht „Our common future“ (dtsch. Hauff 1987).Die zentrale Strategieformel dieses Berichts lautete „sustai-nable development“. Obgleich ‚sustainable’ mit ‚dauerhaft’oder ‚dauerhaft, aufrecht, erhaltbar’ übersetzt werden kann,wurde in der deutschen Übersetzung das Adjektiv ‚nachhal-tig‘ gewählt, augenscheinlich, um den programmatischen An-schluss an das bewährte Konzept zukunftsorientierter Forst-bewirtschaftung herzustellen. Der Kommission ging es dar-um, unter der Maßgabe ‚Nachhaltigkeit‘ Wirtschaftswachs-tum und Entwicklung miteinander zu verknüpfen. In dem seit1987 immer intensiver geführten ‚Nachhaltigkeits‘-Diskurs gehtes um ein auf nicht absehbare Dauer ausbalanciertes Verhält-nis zwischen den menschlichen Bedürfnissen einerseits undden begrenzten Raum-, Ressourcen- und Regenerations-Ka-pazitäten der Erde andererseits, dies mit dem Ziel, den Wohl-stand der heute lebenden Generation zu sichern, ohne denWohlstand künftiger Generationen zu gefährden, dies im Zu-sammenwirken aller Länder der Erde (vgl. Banse 2003, S. 685).

Solche hehren Ziele überfordern das bei uns bestehende„politische System, das auf kurzfristigen Wahlerfolg program-miert und an permanenter Wohlstandsvermehrung aus Grün-den der Machterhaltung orientiert ist“ (Zilleßen 1998, S. 4)und das den potentiellen Wählerinnen, geschweige denn derWirtschaft nichts an Verzicht zumuten möchte: „Es gibt nichtnur keine offizielle Strategie nachhaltiger Entwicklung odereinen nationalen Umweltplan, sondern vor allem auch keinenvon den politisch Verantwortlichen angestoßenen und ge-

führten nationalen Dialog über die aktuellen Herausforderun-gen zur Gestaltung der Zukunft“ (ebd., S. 5).

‚Nachhaltigkeit‘ ist kein kritischer BegriffFranz Schandl spricht vom „ökologischen Dauerlutscher

der Nachhaltigkeit“. Er zählt ‚Nachhaltigkeit‘ zu den „Kose-wörter(n) des allgemein oder speziell respektierten Unsinns“.Mit diesem Konzept werde kein einziger ökonomischer Impe-rativ in Frage gestellt: Markt, Geld, Verwertung, Wettbewerbs-fähigkeit. Alles bleibe letztlich unbeschadet, sehe man vonobligaten Kritteleien ab: „Nachhaltigkeit möchte Missständeausschalten, aber Zustände erhalten [...] Nicht die Welt zuerhalten, ist das Ziel, sondern die Welt, wie sie ist, zu erhal-ten“ (Schandl 2003, S. 13).

Wirtschaftswachstum und ökologischeNachhaltigkeit

Der grundsätzliche Widerspruch im Programm nachhalti-ger Entwicklung besteht in der Annahme, „dass sich die Fort-setzung grenzenlosen Wachstums mit der Wahrung der na-türlichen Gleichgewichte und der Lösung sozialer Problemevereinbaren lasse“ (Harribey 2004, S.10). Ernst Schriefl undAndreas Exner (2003) kommentieren dies so: Im kapitalisti-schen System müsse die Wirtschaftsleistung ständig wach-sen, um keine gröberen Staats-Krisen entstehen zu lassen.Stagnierende Wirtschaftsleistung oder selbst die bloße Er-wartung einer Stagnationsphase führen zum Rückgang vonNeuinvestitionen. Branchen, die direkt von der Investitionstä-tigkeit anderer leben, seien zuerst betroffen. Aufgrund gesun-kener Auftragslage bauen sie Arbeitsplätze ab, mehr Arbeits-lose führen dazu, dass es weniger Konsumausgaben gibt,was wiederum andere Branchen betrifft. So könne sich eineAbwärtsspirale in Gang setzen. Über die Steuereinnahmensei der Staat auf Gedeih und Verderb an den reibungslosenAblauf der Wirtschaftsmaschinerie gebunden. Kürze er dieAusgaben, verschärfe er über weitere entgangene Nachfragedie wirtschaftliche Krise. Wachstum werde schließlich ge-braucht, um die Renten und Pensionen zu sichern.

Jean-Marie Harribey sieht die Hauptschwäche des offiziel-len Diskurses über ‚nachhaltige Entwicklung‘ darin, dass mansich allen sozialen und ökologischen Zerstörungen zum Trotzeine Zukunft außerhalb des Wachstumsprinzips, das dazutendiere, die Produktion ins Unendliche zu steigern, nicht vor-stellen könne. Dieses kapitalistische Modell zeige „sich au-ßerstande, einen anderen Lebenssinn aufzuzeigen als Kon-sumismus und Vergeudung, die Ausbeutung der Naturres-sourcen und das Absahnen möglichst fetter Profite, was amEnde auf eine weitere Zunahme von Ungleichheit hinausläuft“(ebd.).

Das einleuchtende Ur-Konzept von ‚Nachhaltigkeit‘ alseiner planvollen Forstbewirtschaftung mit verbindlich berech-neten Zukunftsperspektiven von weit über 100 Jahren (beiEichen 180 Jahren) kann schon deshalb nicht auf die Welt-wirtschaft übertragen werden, da sich die Globalisierung in-klusive der Dynamik der um den Globus driftenden spekulati-ven Geldmengen jeder zentralen Planung und der Beeinflus-sung durch weltweit verabredete Regeln entzieht.

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‚Nachhaltigkeit‘ als ethischer Imperativ‚Nachhaltigkeit‘ wird in der politischen Ökologie als Auf-

ruf zur Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Gene-rationen gehandelt. Es geht um weitreichende Vorsorge-Bemü-hungen, die sich der Verfügungsgewalt der/des einzelnen inder Alltagsbewältigung in Beruf und Familie entziehen. Siemüssen stellvertretend von den für solche Aufgaben gewähl-ten Regierenden übernommen werden.

Idee und InteresseWie gehen die Regierenden mit ihrer weltweiten und inter-

generativen Verantwortlichkeit um? Für Jean Baudrillard sind„die, die zu entscheiden scheinen (zum Beispiel das WeißeHaus) nie mehr [...] als die Betreiber [...) einer multinationalenMaschinerie, die von Bill Gates, den Banken und der interna-tionalen Spekulation zurecht gemacht wird und die alle nun-mehr in einer nahezu totalen Autonomie und gemäß einergleichsam automatischen Strategie funktionieren“ (Baudrillard2002, S. 86). Die Hypermacht USA erteilt allen internationalenVerabredungen in Sachen „Nachhaltigkeit“ eine arrogante Ab-fuhr. Das US-Kapital erwartet für seine großzügige Finanzie-rung der Präsidentschafts-Wahlkämpfe G. W. Bushs, dass eralle nationalen wie internationalen Verträge, die die Realisie-rung größtmöglicher Hier-und-jetzt-Profite ohne Rücksicht aufdie kommenden Generationen behindern könnten, ablehnt undaufhebt. Dies geschieht. So ist G.W. Bush, obwohl die USAein Viertel der schädlichen Treibhausgase produziert, ein vehe-menter Gegner der Kyoto-Weltklimakonvention. Diese Kon-vention hat die Reduzierung klimaschädlicher Treibhausgasezum Inhalt. Vor allem geht es um CO2, also Kohledioxid, dasbei der Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Kohle,Erdgas und Erdölprodukten entsteht. Bush missachtet dieseKonvention, auch wenn sie inzwischen nach der Unterzeich-nung durch Russland im Oktober 2004 in bindendes interna-tionales Recht verwandelt wurde (vgl. Altvater 2005) und sie-ben Jahre nach der Klimaschutzkonferenz in Kyoto am 16.Februar 2005 endlich in Kraft getreten ist.

Ziel dieser Vereinbarung, in deren Zustandekommen wieRealisierung sich gleichsam die gesamte Debatte um nachhal-tige Entwicklung spiegelt, ist, dass bis zum Jahr 2012 in denVertragsstaaten die Treibhausgas-Emissionen um 5,2 % nied-riger liegen sollen als 1990. UN-Experten befürchten, dassstattdessen in diesen sieben Jahren eine Vermehrung um 17%erfolgen wird. So werden in den USA z. Zt. pro Kopf und Jahr21,4 Tonnen CO2 ausgestoßen, in Deutschland trotz der Ent-industrialisierung der ehemaligen DDR noch immer 10 Ton-nen, wobei zwei Tonnen pro Mensch und Jahr in etwa dasMaß darstellten, was das Klimasystem derzeit verkraften könn-te, ohne dass die Treibhausgaskonzentration in der Atmos-phäre weiter wachsen würde (vgl. Pomrehn 2005).

Nähme man das Programm ‚Nachhaltige Entwicklung‘ wirk-lich ernst, müsste das Ungleichgewicht von reichen und ar-men Ländern im Vordergrund stehen und der Norden müsste„seinen Schadstoffausstoß in solchen Größenordnungen sen-ken, dass der Süden noch gewisse Entwicklungsschritte in-nerhalb der Grenzen der Tragfähigkeit des Ökosystems ge-hen kann, ohne den Kollaps der Erde zu riskieren“ (Döring1999, S. 9).

Wie auch immer: Selbst wenn das Kyoto-Protokoll konse-

quent von allen Vertragsstaaten umgesetzt würde, würdenbis 2012 überhaupt nur drei % von dem erreicht, was nötigwäre, um die Erderwärmung mit allen katastrophalen Folgenzu stoppen (vgl. Le Monde diplomatique 2003, S.61)

Nachhaltigkeit als lästige PflichtIn Deutschland wurde bislang sozialdemokratisch regiert,

was bedeutete, sich öffentlich für Nachhaltigkeit zu interessie-ren, Delegierte auf internationale Konferenzen zu entsenden,Bundestags-Ausschüsse, einen „Rat für Nachhaltige Entwick-lung“ zu installieren und nationale ‚Nachhaltigkeits‘-Strate-gien ins Leben zu rufen, aber ja nicht die Wirtschaftsverbändezu vergrätzen.

Zwei Beispiele:1) Am 18. Dezember 2003 beschlossen die EU-Fischereimi-

nister, den seit 1970 auf ein Zehntel geschrumpften Kabeljau-Beständen eine Erholung zu gönnen. Zugleich aber legten siefür 2004 eine im Prinzip unveränderte Fangmenge von 27 000Tonnen inklusive einem Anstieg der deutschen Fangquotefest, womit das gesetzte Ziel einer Vermehrung der Fische um30 Prozent unerreichbar bleibt.

2) Im Rahmen des europaweiten Emissionshandels wurdeim März 2004 eine politische Einigung in Sachen Verteilungder Verschmutzungsrechte gesucht. Umweltminister Trittinforderte, dass die derzeit 505 Millionen Tonnen Kohlendioxide-missionen in den Jahren 2005 bis 2007 um 17 Millionen Ton-nen vermindert werden. Die deutschen Unternehmen, vonWirtschaftsminister Clement vehement unterstützt, mauerten.Man einigte sich schließlich auf eine Minderung um 2 Millio-nen Tonnen, wobei ganze Branchen wie die Stahl-, Glas- undKeramikindustrie sogar noch ausgenommen wurden.

Laut Karl Marx blamiert sich die „Idee“ immer, wenn sienicht mit dem „Interesse“ übereinstimmt (vgl. MEW 1958, Bd.2, S. 85).

Bildung für nachhaltige Entwicklung

Die politische Macht delegiert die VerantwortungDie Verantwortlichkeit wird weitergereicht. Die Regierung

begnügt sich mit ihrer Funktion, dem Kapital bestmöglichenBewegungsfreiraum und Wachstumschancen zu sichern. Ineiner „Strategie der Ermahnung, des Abwälzens aller Proble-me auf die, die sie erdulden müssen“ (Baudrillard 2002, S. 88)tut sie so, als gebe es trotz strikter Wachstums-OrientierungRettungs-Konzepte für die sinkende Titanic und als könntendiese ausgerechnet von den schwächsten Gliedern der Gesell-schaft, Kindern und Jugendlichen, realisiert werden. Die vonden erwachsenen politischen Subjekten nicht einlösbare Ver-antwortlichkeit wird pädagogisiert und an die nachfolgen-de Generation delegiert. Dabei wird mit pathetischen Wörternbeschworen, was mit Taten nicht zu haben ist.

1998 wurde ein zeitlich befristetes Bund-Länder-Programm„Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ aufgelegt. DieVereinten Nationen haben die Jahre 2005 bis 2014 zur Dekade„Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgerufen. Die deut-sche UNESCO-Kommission hat dazu ein „Deutsches National-komitee“ berufen, das einen „nationalen Aktionsplan“ für die-

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sen Zeitraum entwickeln und eine „Allianz Nachhaltigkeit Ler-nen“ „schmieden“ soll. Am 1. Juli 2004 erteilte der DeutscheBundestag dazu einstimmig den Auftrag. Zum Vorsitzendenwurde Gerhard de Haan gewählt. Er ist Erziehungswis-senschaftler an der Freien Universität Berlin und zur Zeit dieZentralfigur im Management der staatlich hoch subventionier-ten „Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Er propagiert alspädagogische Strategie eine „gezielte Steuerungspolitik“, dennes sei „nahe liegend, den Mentalitätswandel systematisch zuinitiieren und als Aufgabe des Bildungssystems zu definie-ren“ (Haan 2004, S. 40). Ohne die Ohnmacht des Einzelnendem globalisierten Kapital gegenüber zu thematisieren, strebter die „Teilkompetenz“ an, „die Zukunft als offen und gestalt-bar aufzufassen und ausgehend von dieser Haltung verschie-dene Handlungsoptionen aus gegenwärtigen Zuständen he-raus zu entwickeln“ (a.a.O. S. 41). Er propagiert eine „Politi-sche Bildung für Nachhaltigkeit“ und kommt dabei ohne jede(kritische) Information über die großen Konfliktlinien zwischenÖkonomie und Ökologie aus.

‚Bildung für nachhaltige Entwicklung“ als RennerErgab eine Zufallsstichprobe am 20.12 2003 im Internet 71.300

websites zu ‚Bildung für nachhaltige Entwicklung‘, waren esam 16.12.2005 schon 1.690.000. Dieser Befund ist umso er-staunlicher, als niemand genau sagen kann, worin weltweit‚Entwicklung‘ und dann noch in der anspruchsvollen Zuspit-zung ‚nachhaltiger Entwicklung‘ tatsächlich besteht und wosie heute, z.B. in jenen afrikanischen Staaten, die zur Zeit imChaos versinken, als realisiert zu beobachten ist.

Auf den hunderttausenden Internet-Seiten finden sich –bei grober Musterung – neben themenspezifischen Präsenta-tionen seitens staatlicher Institutionen und privater Verbän-de zum einen fachlich versierte ‚Nachhaltigkeits‘-Theoreti-ker, die politische Analysen erstellen, in nationalen und inter-nationalen Fachgremien mitarbeiten, Politikberatung betrei-ben, oft aber, bezogen auf die Verwirklichung ihrer Konzepte,vor allem Forderungen an Dritte erheben: „Die Menschheitoder die Gesellschaft soll, muss etc...“, als gebe es einhandlungsfähiges Subjekt namens „Menschheit“.

Des Weiteren gibt es universitäre ‚Nachhaltigkeits‘-Päda-gogen, bei deren oft abstrakt an Zukunftsvorstellungen ori-entierten Texten man von der Systematik und der Sprache herbezweifeln muss, dass sie das, was sie pädagogisch fordern,auch selbst im Klassenzimmer unterrichtlich einlösen könn-ten.

Dann gibt es die verblüffend große kreative Gruppe reflek-tierter Praktiker/innen, die Projekte initiieren und Arbeitsma-terialien produzieren. In diesen in ihrer Reichhaltigkeit undVielfalt kaum überschaubaren Internet-Informationen ist zubeobachten, dass ‚nachhaltige Entwicklung‘ zumeist auf dieDimension ‚Ökologie und Umwelt‘ reduziert wird. So sollenSchüler lernen, wie man Abfall trennt und entsorgt, wie manBachpatenschaften übernimmt und einen Biotop in der Schu-le pflegt, dies alles in Feldern, wo es keine mächtigen Kontra-henten gibt. Es wird suggeriert, dass die Umweltschädlichkeitder Industriegesellschaft vor allem durch individuelle Verhal-tensänderungen kompensiert werden könne und Aktionenhier bei uns weltweite Probleme, vor allem im Süden, mitlösenwürden. Das zentrale Thema weltweiter Gerechtigkeit wird,

das zeigen Stichproben, zumeist umgangen und polit-ökono-mische Fragestellungen bleiben eher in der Minderzahl. Sowird z.B. nicht danach gefragt, welche nachhaltige Rück-Ent-wicklung in unserer reichen deutschen Gesellschaft zur Zeitzu verzeichnen ist: wachsende Kinderarmut, unsichere Ar-beitsplätze, wachsende Arbeitslosigkeit inklusive hoher Ju-gendarbeitslosigkeit, Nichtvermittelbarkeit älterer Arbeitskräf-te, Verschlechterung der Chancen für Behinderte, Zunahmevon Gewalt an Schulen, Funktionsverlust der Familie etc.

Ein HeilsversprechenDa die Globalisierung allenfalls durch innere Widersprü-

che des Systems aus dem Rhythmus geraten kann, entstehteine „merkwürdige und widersprüchliche Entwicklung – einewachsende Diskrepanz zwischen den Aussagen von Idealis-ten, Freiwilligen und Experten, in denen durch eine Fluchtnach vorne in imaginäre Lösungen alles immer besser wird,und dem realen Stand der Dinge [...,] wo sich alles unabwend-bar verschlechtert“ (Baudrillard 2002, S. 105). ‚Bildung fürnachhaltige Entwicklung’ wirkt dabei wie ein religiöses Heils-versprechen.

Bildung für...Die gängige Formulierung „Bildung für“ lässt erkennen,

dass hier Formung, Beeinflussung, kurz ‚Erziehung für XY“gemeint ist, praktiziert als Belehrung und Bekehrung in morali-scher Absicht, nicht aber unter ‚Bildung’ Selbstermächtigung,Selbstbestimmung, Selbstaneignung verstanden wird (vgl.Meueler 1998).

Bildung als Subjektentwicklung ist ein in seinen Auswir-kungen nicht berechenbares „Institut der Steigerung“ (H.Ebeling) und kann nicht auf einen vorweg festgelegten Zweck(‚für’ ) verengt werden. ‚Bildung für nachhaltige Entwicklung’,diese Formel muss Erziehungs-Anstrengungen zugeschla-gen werden, die traditionell mit ‚Politische Bildung‘ überschrie-ben werden: interessengeleiteten, zumeist institutionellen Ein-griffen in die politische Sozialisation, didaktisch strukturier-ten Versuchen politischer Prägung, gerichtet auf ein je erwün-schtes Verhalten. Die kritische Rückfrage muss immer lauten:Wer ist das Subjekt der jeweils beschriebenen ‚Bildung‘? Istes nicht das kindliche, jugendliche oder erwachsene Subjekt,handelt es sich um Erziehung. Dass üblicherweise stets von‚politischer Bildung‘ statt redlicherweise von ‚politischer Er-ziehung‘ gesprochen wird, geschieht, um das Anstößige desErziehungsvokabulars zu vermeiden.

Lernen als nicht erzwingbare SubjektleistungErziehung zur Sensibilität für das labile Öko- und Sozial-

System der Erde wird immer dann ihren Zweck verfehlen, wenndie Lernenden die dargestellten Probleme nicht als ihre eige-ne Lernproblematik übernehmen, weil sie sich von den ange-strebten Lernresultaten keine Erweiterung ihrer Verfügungs-und Lebensmöglichkeiten erhoffen (vgl. Holzkamp 1993, S.423). Verstehen und Lernen als Aneignung von bislang frem-dem Wissen, nicht Verstandenem, bislang nicht beherrschtenFertigkeiten sind unverwechselbare Subjektleistungen. Siekönnen von Dritten allenfalls erbeten oder abgefordert, nichtaber erzwungen werden.

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Traditionelle Umwelterziehung mit magerenResultaten

Schon in der bisherigen „Umwelterziehung“ sollten Leh-rer/innen die Schüler/innen dazu bringen, „sich so zu verhal-ten, dass Schaden von unserer Umwelt ferngehalten wird undaus unserer geschädigten Welt eine bessere Welt wird“, diesmit dem Ziel, „dass sie sich später einmal besser verhalten alsdie Generation ihrer Lehrer“ (Rost 2002, S. 7). Diese pädagogi-schen Phantasien konnten in den vergangenen drei Jahrzehn-ten nicht eingelöst werden. Laut vorliegenden empirischenStudien zur Wirkung von Umwelterziehung steigt zwar dasUmweltbewusstsein infolge von Unterricht, das Verhalten derSchüler ändert sich aber nicht in großem Ausmaß (ebd.).Werden die relativ einfachen Regeln umweltfreundlichen Ver-haltens bislang nur nachlässig eingehalten, wie kann danndie jetzt geforderte „Mobilisierung der Menschen für einegelingende, selbst verantwortete und zu gestaltende Zukunft“aller Menschen weltweit (Heuer/Welfens 2003, S. 12) zustan-de kommen ?

„Vermittlung“ von Kompetenzen undEinstellungen

In der Einführung der technisch perfekt gestalteten Internet-Präsentation des „Deutschen Nationalkomitees“ für die „Alli-anz Nachhaltigkeit Lernen“ heißt es: „Aufgabe der Bildungfür nachhaltige Entwicklung ist es, den Menschen die nöti-gen Kompetenzen und Einstellungen zu vermitteln, dass künf-tige Generationen eine lebenswerte Welt vorfinden“. Abgese-hen davon, dass ‚Bildung‘, unter der man gemeinhin die selbstbetriebene Entwicklung der Persönlichkeit zu mehr Selbstbe-stimmung versteht, hier als Person erscheint, die Aufgabenlösen soll, wird unterstellt, dass Pädagog/innen Kompeten-zen und Einstellungen „vermitteln“ könnten. Diese Hoffnunggeht leider nicht auf:

„Vermitteln“ bedeutet neben ‚einen Streit schlichten‘ vorallem: ‚jemandem zu etwas verhelfen‘, ‚jemandem etwas ver-schaffen‘ (Paul 1992, S. 973; Wörter und Wendungen 1992,S.706). Es ist eine pädagogische Allmachtsphantasie, einer/einem Dritten eine Kompetenz oder Einstellungen verschaf-fen zu können. Eine Kompetenz ist jeweils die Summe aktuel-ler individueller Fähigkeiten, damit eine Potenz des Subjekts,die dem Subjekt nicht von außen verschafft werden kann.Das gleiche gilt für Einstellungen, die als soziale Deutungs-muster Ergebnis der jeweils bislang durchlaufenen Sozialisa-tion darstellen und nur vom Subjekt selbst verändert werdenkönnen.

Politische Sozialisation im AlltagEine substantielle politische Prägung und Entwicklung

der(s) Einzelnen vollzieht sich nicht vornehmlich in den zeit-lich winzigen unterrichtlichen Episoden, in denen in der Schu-le, beim ‚Bund’ oder im Zivildienst bewusst politische Erzie-hung betrieben wird. Relevantes politisches Lernen geschiehthauptsächlich im familiären und außerfamiliären Alltag (poli-tische Sozialisation).

Als selbst betriebene Entwicklung der Persönlichkeit, „So-zial-Werden“ (D. Geulen) und stetige Veränderung der Per-

son hat Sozialisation vom ersten Lebenstag bis zum hohenGreisenalter politische Anteile und ist politisch relevant. DerMensch ist immer politisches Subjekt, im Handeln ebensowie im Unterlassen. Die Entstehung des „vergesellschaftetenSubjekts“ (Geulen 1989) geschieht im „ensemble der gesell-schaftlichen Verhältnisse“ (K. Marx), hineingeboren und all-täglich eingeübt in die Machtstrukturen des kapitalistischenWirtschaftssystems, von dem sich das Subjekt als total ab-hängig erlebt und in dem alles zur Ware wird. Die in dieserWirtschaftsform und diesem Gesellschaftssystem geltendenWerte, Verhaltens- und Bewusstseinsformen werden in ihrerradikalen Vielfalt samt allen (größtenteils unaufhebbaren undunlösbaren) Widersprüchen, Konflikten und Krisen als Anpas-sungszwang erlebt.

Sollte die alltägliche Lebenswelt wirksam für ‚Nachhaltig-keit‘ sozialisieren, müsste solidarisches Handeln im Hinblickauf die eigene Mit- und Umwelt, vor allem aber auch auf dieNachwelt tagtäglich in einer inspirierenden Weise erlebbarsein. Es müsste der ethische Imperativ der freiwilligen Ein-schränkung aus Verantwortung gegenüber den späteren Ge-nerationen auf der gesamten Erde die erste Präferenz im allge-meinen Bewusstsein haben. Es ist aber gerade umgekehrt:Die/der Einzelne lernt von klein an, dass das wichtigste Zieldas der eigenen Selbstbehauptung im Hier und Jetzt sei, in-klusive bestmöglichem Konsum.

Der politische Alltag als permanentes LehrstückWie Solidarität verschwindet und organisierte oder indivi-

duelle Interessen (das Private ist politisch) durchgesetzt wer-den, das kann alltäglich beobachtet und erlernt werden. DerStaat wird als Selbstbedienungsladen für die Parteien erlebt.In ihnen wird unnachgiebig um Posten und Pfründe geran-gelt. Im alltäglichen Anschauungs-Unterricht zum Verhaltenpolitischer Subjekte stehen nicht diejenigen im Rampenlichtdes Medieninteresses, die z.B. in der kommunalen Selbstver-waltung ehrenamtlich für die Politik leben, sondern vor allemdiejenigen Mitglieder der politischen Klasse, die von der Poli-tik leben und z. T. ihren persönlichen Vorteil gekonnt durchzu-setzen wissen. Für eine wachsende Zahl von ihnen scheintdas einzige Interesse darin zu bestehen, die begrenzte Zeit,für die sie vom Bürger in Wahlen mit politischer Macht ausge-stattet wurden, auf alle nur erdenkliche Art und Weise für ihreje eigenen Interessen (Ergattern von möglichst viel Nebenein-künften aus Lobby-Tätigkeiten) und die ihrer Verbände undParteien (Schwarzgeld-Konten, Steuerhinterziehungen etc.)zu nutzen.

Die dabei beiläufig zustande kommende Werte-Erziehung(der eigene Vorteil als höchster Wert; Beschaffung von Pfrün-den, Posten-Jägerei und -Zuschanzerei, Belügen der Öffent-lichkeit, Vertuschen von Fehlleistungen und Verfehlungen alsselbstverständliche Praxis) fördert Nachahmungs-Lernen. DasAnsehen der politischen Elite verfällt. Mitreißende politischePerspektiven sind nirgends erkennbar. Die Bürger/innen wer-den immer mehr auf sich selbst zurück geworfen. EigenenBemühungen um ökologisch verantwortliches Alltags-Verhal-ten steht die Beobachtung gegenüber, dass gesamtgesell-schaftlich der Umweltschutz immer wieder durch Industriein-teressen nachhaltig blockiert wird.

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Was tun ?Die als Globalisierung bezeichnete Bewegung des kapitalis-

tischen Systems scheint in Sachen Ressourcenverschwen-dung und Verschmutzung der Biosphäre auf ihrem Zerstö-rungspfad unaufhaltbar. Wir, die Bewohner/innen der reichenLänder, sind Objekte dieser Dynamik, zugleich aber deren Nutz-nießer und Komplizen. Alle, die sich kritisch und kreativ mitGlobalisierung und ‚Nachhaltigkeit’ beschäftigen, wollennicht länger Komplizen sein. Die Einsicht, dass die Glo-balisierung unaufhaltsam ist, befreit von Illusionen.

„Nihilistisch ist nur die wohlwollende Analyse der Ereig-nisse. Jede radikale Analyse ist von einem gewaltigen Opti-mismus“ (Baudrillard 2002, S. 43). Aus der Klarheit einer radi-kalen kritischen Analyse resultiert erstaunlicherweise Zuver-sicht. Solch widersprüchliche Erfahrungen liegen unseremHandeln im Alltag zugrunde. Das macht unser Leben aus.

Es ist wie mit dem Verhältnis zur eigenen Endlichkeit. Ichweiß, dass ich irgendwann sterben werde, aber ich versuchebis dahin, meinem Leben vor allem in seiner sozialen Einbin-dung einen Sinn zu geben.

Mache ich mir klar, dass der heutige bedingungslos aufwirtschaftliches Wachstum ausgerichtete „Raubtierkapitalis-mus“ (Altkanzler Helmut Schmidt) politisch nicht steuerbarist, konzentriere ich die Widerstands-Kräfte, über die ich verfü-ge, auf das, was flexibel ist. Nur gemeinsam mit anderen (wegvom rein individualistischen Subjekt-Begriff hin zu Projektenund kollektiven Subjekten wie z.B. ATTAC) können wir unsselbst befähigen und den Weg aus der „selbstverschuldetenUnmündigkeit“ (I. Kant) finden. „Gesellschaftliche Verände-rungen brauchen zuvorderst starke und organisierte Minder-heiten, die tabuisierte Themen zur Sprache bringen“, meintThilo Bode, von 1995 bis 2001 Geschäftsführer von Green-peace International (Bode 2004, S.1352).

Die eigene Hilflosigkeit überrascht und lähmt, aber sie istnicht total. Um nicht den Politikern und ihren Experten dieEntscheidungsgewalt zu überlassen, müssen wir unsere poli-tische Ohnmacht organisieren, uns selbst befähigen, sach-und politikkundig mitzureden, müssen uns einmischen undals Pädagog/innen kapitalismuskritische Lerngelegenheitenin Sachen Zukunftssicherung inszenieren. Die kreative Fülleund der Erfindungsreichtum der hunderttausenden im Internetunter ‚Bildung für nachhaltige Entwicklung’ dokumentiertenInitiativen machen Mut.

Anmerkung:1 Dieser Text entstammt der völligen Überarbeitung und Aktualisierungmeines Aufsatzes „‚Bildung für nachhaltige Entwicklung‘„ in: Jahrbuchfür Pädagogik 2004, hrsg. von S. Blömeke u.a., Frankfurt/Main 2004,S. 361 – 373.

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Dr. Erhard Meueler, Jg. 1938, bisSommer 2003 Professor für Er-wachsenenbildung an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz, hatzahlreiche Bücher zu entwicklungs-politischen und erwachsenenpäd-agogischen Fragen geschrieben, zu-letzt: Lob des Scheiterns. Metho-den- und Geschichtenbuch zur Er-wachsenenbildung an der Universi-tät. Baltmannsweiler 2001.

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Douglas Bourn

Education for Sustainable Develop-ment and Global CitizenshipThe Challenge of the UN-Decade

Zusammenfassung: Dieser Beitrag informiert über Errun-genschaften und konzeptionelle Unzulänglichkeiten der„Bildung für nachhaltige Entwicklung“ in Großbritannienim bildungspolitischen und schulischem Bereich. Es wirdauf vernachlässigte Zusammenhänge zwischen einer Bildungfür nachhaltige Entwicklung und entwicklungspolitischerBildung aufmerksam gemacht und dafür plädiert, Fragender Verflechtung von Ökologie, Ökonomie und Gesellschaftauf lokaler, nationaler und globaler Ebene, verbunden mitder Förderung politischer Partizipation und von Empower-ment, in den Mittelpunkt der UN-Dekade zu stellen.

Abstract: This article informs about the achievements andconceptual insufficiencies of „education for sustainable de-velopment“ on the politico-educational and school level inGreat Britain. Therefore attention is drawn to neglected con-nections between an education for sustainable developmentand the education for developmental policy. It is arguedthat questions concerning the interconnection between eco-logy, economy and society on a local, national and globalscale should be put into the centre of the UN-decade, togetherwith the promotion of political participation and of empo-werment.

Learning and understanding more about sustainable deve-lopment had become a feature of policy initiatives and pro-grammes by a number of countries prior to the decision at theJohannesburg Summit to promote a Decade on the subject(Scott/Gough 2003; 2004; Huckle/Sterling 1996). But researchand evaluation of programmes on sustainable developmenteducation over the past ten years have in the main highlightedthe initiatives as being little more than an extension and deve-lopment from environmental education (Reid 2002).

The aim in this paper is to remind readers that an importantroot of sustainable development education has been deve-lopment education. The launch of the UN decade provides anopportunity to ensure that international and national pro-grammes are closely linked to understanding the world inwhich we live, the divisions between rich and poor, and theneed to engage people in working for a more just and equitableworld. In addition this paper, by reviewing progress to date inEngland, suggests that as a result of a lack of clarity anddebate about what is distinctive about education for sustai-nable development, many of the national policy initiatives

have also been extensions of environmental education withlimited objectives.

Development Education and Educationfor Sustainable Development

I come to the agenda of education for sustainable develop-ment as a development educationalist. This means as onewho sees sustainable development closely linked to under-standing the world in which we live, the divisions betweenrich and poor and the need to engage people in working for amore just and equitable world.

For development educationalists today there is increasingrecognition that our agenda is not about learning about de-velopment, but encouraging an understanding of how theglobal and the local are interconnected. It is also about givepeople the skills and knowledge to engage in society in orderto secure global as well as local change. Development educa-tion practice in England is closely linked to debates and pro-grammes around areas such as active citizenship, humanrights, improving the quality of life and understanding culturaldiversity (Bourn 2003).

2005 is a year which it is not only the launch of the Decadeon Education for Sustainable Development but is also thefirst review of progress with the Millennium DevelopmentGoals and increased international pressure from civil societyorganisations to ‘make global poverty history’.

Therefore discussions about education for sustainable de-velopment need to include discussions about developmenteducation and where the global and the environmental di-mensions to education relate. The roots of education for sus-tainable development could be argued to be from both thethinking and practice around environment education anddevelopment education. Indeed education for sustainabledevelopment has been seen as a bringing together of thesetwo educational movements (Belgeonne 2003).

UNESCO and UN Decade

At the World Summit on Sustainable Development in Jo-hannesburg in 2002, it was agreed, to recommend the creation

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of a Decade on Education for Sustainable Development. Sincethen UNESCO have developed their strategy in taking thiswork forward. For them the aims of the decade are closelylinked to the global campaign of Education for All. They alsowant to encourage initiatives at all levels, local, national, regi-onal and global. They recommend that national strategiesensure engagement and partnership with the key stakeholdersincluding voluntary bodies as well as education ministriesand schools.

For UNESCO, the Decade of Education for Sustainable De-velopment aims to promote education as a basis for a moresustainable human society and to integrate sustainable de-velopment into education systems at all levels. They see:„Education for sustainable development as a dynamic conceptthat utilises all aspects of public awareness, education andtraining to create or enhance an understanding of the linkagesamong the issues of sustainable development and to developthe knowledge, skills, perspectives and values which will em-power people of all ages to assume responsibility for creatingand enjoying a sustainable future. It is about the way we liveour lives, the way we respect the lives of others – far and near,present and future – and our attitudes to the world aroundus“ (www.unesco.org).

UNESCO’s Draft Implementation Scheme for the Decadeencourages national strategies to consider the following:

- Identify key stakeholders;- identify and set up appropriate financial mechanisms to

cover support to implementing the decade;- ensure ESD is reflected in existing educational plans;- develop a framework for co-operation across government

and with civil society bodies.

Education for SustainableDevelopment in England

The UK could from an initial reading of what is happeningon Education for Sustainable Development be seen as one ofthe few countries that had already begun to implement manyof the aims and goals of UNESCO’s strategy. But what hashappened in England over the past three years has presentedas many problems as well as openings for engaging broadersupport and understanding of sustainable development.

Successive UK government sustainable development stra-tegies have increasingly recognised the need to move beyondenvironmental indicators and make connections to global anddevelopment issues as well as connections to areas such ashealth, crime and personal lifestyle. The 2005 Sustainable De-velopment government strategy, ‘Securing the Future’, in-cludes a chapter on ‘From local to global: creating sustainablecommunities and a fairer world’, but the recommendations foraction appear to separate out local and global issues (seewww.sustainable-development.gov.uk).

Education belatedly appeared as a priority area within thegovernment’s overall sustainable development strategy. Thiswas in a large part due to the work of the government’s Sus-tainable Development Education Panel. They defined ESD

as: „Education for sustainable development is about develo-ping the knowledge, skills, understanding and values to par-ticipate in decisions about the way we do things individuallyand collectively, both locally and globally, that will improvethe quality of life now without damaging the planet for thefuture“ (DETR/DfEE 1998).

The Panel successfully secured in the revisions to the na-tional curriculum for schools in 2000, direct reference to sus-tainable development in its aims and purpose and explicitlywithin four core curriculum subjects: geography, sciences,design and technology and citizenship. Underpinning theirapproach there were different concepts (see Fig. 1).

In reporting on progress on education for sustainable de-velopment in 2003, a Parliamentary Committee in Englandcommented: ‘There is little dissent that these concepts en-compass the range of thinking required to engage with themulti-faceted issues, such as climate change, which sustai-nable development embraces. An understanding of some orall of the concepts is not uncommon; they provide the basisfor many other life skills and are consistent with what manywould consider a good all-round education, providing thefoundation for personal and professional development’(www.parliament.uk/eac).

Examples of good practice were identified on curriculumbody’s for England specially created web site (www.nc.uk.net/esd). The inspection body for schools undertook a review ofsustainable development in schools. The outcomes of theirreview identified again some good examples but identifiedthat much of the activities under the heading of sustainabledevelopment were in reality little more than recycling, localenvironmental projects with occasional references to areassuch as fair trade and school linking (see www.ofsted.gov.uk).

Throughout the life of the Panel the following key issuescontinued to emerge as major challenges:

- Lack of clarity as to what is meant by education for sustai-nable development which is linked to how do we communicateits key messages and principles;

- over-emphasis within education policy-makers and prac-titioners to see ESD as about the environment and green is-sues;

- learning agenda not seen as central – all too often inter-preted as environmental management indicators;

- recognition need to make closer connections to debatesin society about citizenship, social inclusion, and health andquality of life matters.

(see Annual Reports of the Panel 1998-2002, www.defra.gov.uk)

In essence whilst the aims of the government’s strategy forsustainable development were visionary and the underlyingprinciples agreed by the Panel provided a framework to im-plement this vision, educational policy-makers tended to re-duce ESD to technocratic and management focused indica-tors rather than learning outcomes.

In September 2003 the Ministry of Education in Englandlaunched its Sustainable Development Action Plan. Those ofus who were directly engaged in education for sustainabledevelopment were initially enthusiastic about the plan. Itsmain objectives were as follows:

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- „All learners will develop the skills, knowledge and valuebase to be active citizens in creating a more sustainable society.

- We will pursue the highest standards of environmentalmanagement across all properties owned and managed byThe Department and its associated bodies.

- We will encourage and support all publicly-funded edu-cational establishments to help them operate to the highestenvironmental standards.

- We will make effective links between education and su-stainable development to build capacity within local commu-nities“ (DfES 2003).

As can be seen from these objectives environmental ma-nagement indicators were brought together in one documentwith learning strategies. But the plan made no direct referenceto the interconnectedness between these two strands.

Since then there has been some progress in taking forwardthe Action Plan. Consultation documents have been producedfor higher education and lifelong learning. A work programmefor youth work has also been agreed. The biggest disappoint-ment have been in the area of schools where their has beenplenty of activity but based primarily around short-term initi-atives be it around school transport, ‘greening the schoolbuildings’ and ‘growing schools’.

Civil Society and StakeholderInvolvement

A key component of the aims of the UNESCO Implementa-tion Plan is the engagement of civil society organisations.

Most of the initiatives on education for sustainable develop-ment around the world have emerged from practice by vo-luntary and community groups, often responding to local pres-sure and thirst for more knowledge and opportunity to engagein social action. This has been reflected in England with thestrength in support for the two umbrella bodies in this area,the Council for Environmental Education (CEE) and the De-velopment Education Association (DEA). The combined mem-bership of both networks is over three hundred civil societyorganisations.

Local Agenda 21 provided a major impetus during the 1990sfor public engagement in sustainable development throughcivil society and local government partnerships. Across theUK a range of projects and initiatives were developed linkedto strategies which went beyond environmental indicatorsand began to make connections to areas such as social cohe-sion and poverty reduction (Huckle/Sterling 1996).

Connections with global issues and development educationwere recognised by some members of parliament at a debateon the ‘Global in the Local’ organised by the DEA. The memberfor Milton Keynes for example commented, that her local De-velopment Education Centre had developed a very success-ful project for schools on what we can learn from Ghana onrecycling. „This educational project“, she commented, „hadwider impact because it coincided with a plan to build a wasteincinerator in the city. Residents’ groups, through the processof campaigning against the plan, began to learn more aboutrecycling. Connections were than what the children werelearning about recycling in Ghana“ (DEA 2005).

In more recent years the focus has turned to more regionallybased initiatives. In the South West of England, a strategy‘The Way Ahead?’ has been produced which aims to bring

Interdependence Understanding the connections and links between all aspects of our lives and those of other people and places at a local and global level, and that decisions taken in one place will affect what happens elsewhere. Citizenship and stewardship Recognising that we have rights and responsibilities to participate in decision-making and that everyone should have a say in what happens in the future. Needs and rights of future generations Learning how we can lead lives that consider the rights and needs of others, and that what we do now has implications for what life will be like in the future. Diversity Understanding the importance and value of diversity in our lives - culturally, socially, economically and biologically - and that all our lives are impoverished without it. Quality of life Recognising that for any development to be sustainable it must benefit people in an equitable way, it is about improving everybody's lives. Sustainable change Understanding that there is a limit to the way in which the world, particularly the richer countries, can develop and that the consequences of unmanaged and unsustainable growth are increased poverty and hardship, and the degradation of the environment, to the disadvantage of us all. Uncertainty and precaution Realising that as we are learning all the time and our actions may have unforeseen consequences we should adopt a cautious approach to the welfare of the planet. (DETR/DfEE 1998).

Fig. 1: Conceptual challenges of Education for Sustainability in Great Britain

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together local government, civil society organisations andeducational bodies to provide regional support structures,resources and programmes linked to community regenerationand skills development (see www.sustainabilitysouthwest.org.uk).

However the importance of many of these initiatives becamelost as Agenda 21 disappeared within policy statements andfunding ended. In March 2005, the Ministry for the Environ-ment by withdrawing strategic funding to CEE and DEA in-dicated that they no longer saw it as their responsibility tolead on education for sustainable development. It was nowthe responsibility of the education ministry.

Policy Limitations

This decision to cease funding key civil society organisa-tions coincided with the second parliamentary report on sus-tainable development education. In reviewing progress todate, the Environmental Audit Committee of the House ofCommons re-visited sustainable development in early 2005and the outcomes of their update were far more critical ofDfES, the education ministry, than their earlier report in 2003.The new report concluded that the ministry has failed to sus-tainable development an integral part of its skills strategy andthat it needed to give the area much higher priority and matchthis with long-term funding (see www.parliament.co.uk/eac2005).

These issues again relate to the aims within the UNESCOImplementation Plan that refers to both resourcing this areabut also ensuring ownership and engagement from educationpolicy-makers. What has happened in England is that theeducation ministry by stating that it sees it as their role tolead on the subject has by default resulted in lessening theeffectiveness and impact of sustainable development withinlearning.

These challenges within the UK reflect wider questions asoutlined by Juergen Rost: „Education for sustainability is to agreater extent a concept that stems from an expression of(international) political will. It could be understood as a kindof mission from the political arena, given to education profes-sionals and academics, to design an educational concept thatcorrectly deals with the necessary requirements for sustainabledevelopment in our world“ (Rost 2004).

Education for sustainable development has now grown or-ganically within learning processes. Political pressures toachieve targets both at a national and international level haveresulted in a series of short-term initiatives without any re-cognition that the concept is still contested and lacking inclarity and focus. There is also a belief expressed by a previouseducation minister in England that sustainable developmenteducation is all about changing people’s behaviour, to driveless, to be more energy efficient and to recycle more goods.

Development and global issues have been perceived as anadd on and not integral to the ministries sustainable develop-ment education plans and priorities. The implementation of aparallel strategy on ‘international education’ reflects this lackof understanding about what is meant by education forsustainable development.

William Scott and Stephen Gough from Bath University inEngland propose that learning has to be at the heart of whatwe understand by sustainable development education. Und-erstanding sustainable development is complex and too manypeople it will seem impossible to achieve. They suggest that„sustainable development cannot possibly mean an ‘end state’to be achieved because there are no end states. If sustainabledevelopment means anything it can only be a way of descri-bing an adaptive approach to managing human-environmentco-evolution“ (Scott/Gough 2003).

It is suggested here that until there is a clarity about theseterms and the recognition of a long-term learning process,there is considerable evidence from the UK that sustainabledevelopment education will be reduced to environmental ma-nagement indicators rather than empowering people to beresponsible and active global citizens.

John Huckle, one of the leading thinkers on ESD in the UKsuggests that Education for Sustainable Development (ESD)is about understanding the social practices that shape andare shaped by different discourses. It is also about cultivatingcritical choice amongst discourses. Classroom talk plays akey role for it is through dialogue that pupils (with guidance)can decide what is technically possible, culturally appropriate,and morally and politically right. Language enables them tocritically evaluate discourse, judge knowledge claims, andarrive at consensus about those forms of technology andgovernance that may enable people to realise their commoninterests in sustainability. ESD requires that the ground rulesfor classroom talk are made visible (Huckle 2003).

Stephen Sterling, another leading thinker in this area hasemphasised the importance of system thinking as a way ofprogressing debate on ESD. We need, he suggests to thinkout of the box, to shift our focus and attention „from things toprocesses, from static states to dynamics, and from parts towholes“ (Sterling in Tilbury/Wortman 2004).

Others such as Ikeda (2005) and Maiteny (2005) take a morespiritual and emotive approach towards ESD. Ikeda looks atthe area from a Buddhist perspective and says that sustaina-bility can best be understood in terms of relationships andpersonal as well as social transformation. Maiteny, influencedby Laszlo argues that attempts to change attitudes and valuesand world views towards sustainability through rational per-suasion have limited success. He suggests that educatorsneed to embrace the psycho-emotional dimensions of moti-vation and learning if they are to contribute to the long-lastingbehavioural change that is needed to bring about sustainabi-lity.

This range of views and perspectives on ESD reflects manyof the challenges and dilemmas for the UNESCO decade. Thereis a danger of the subject being all things to all people with nofocus and being used to re-inforce a wide range of views andperspectives on education and personal and social change.

It is proposed in this paper that whilst aspects of the abovementioned perspectives have some validity there is a need toframe the debate for the decade within the interrelationship ofthe environment, economy and society at local, national andglobal levels. But it above all needs to be about people enga-ging on their own terms in changing the quality of their livesand those of people in the future.

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Debating Education for SustainableDevelopment During the Decade

The UNESCO decade because it is a ten-year strategy pro-vides an opportunity to think about long-term change. Centralto this decade has to be engaging all sectors of civil societyand education in dialogue, debate and above all learningabout what form of societies and what sort of planet do wewant to live in the future. This means as UNESCO states hasto be ‘fundamentally about values with respect at the centre:respect for others, including those of present and futuregenerations, for difference and diversity, for the environment,for the resources of the planet we inhabit.`(www.unesco.org)

What has been missing from the implementation programmein England has been values and what are the learning outcomeswe are all trying to achieve. If ESD is not seen as connected todeveloping greater understanding and skills of what ishappening the world today, then what is its purpose?

Policy development and implementation on education forsustainable development has in the UK gone ahead of de-bating what we are trying to achieve, taking risks and en-couraging innovation and reflecting on what is good practice.By rushing into producing policies and plans there has beena lack of debate and dialogue as to what is meant by the termsbeing promoted.

Central to any strategies for promoting ESD has to be thelinks between the agendas of ESD and people’s active engage-ment in society. What makes education for sustainable deve-lopment potentially so exciting and to governments and deci-sion-makers so challenging, is the emphasis on a sense ofresponsibility, of involving people in decision making in newways. Sustainable development is not seen by internationalinstitutions as about environmental economic indicators orstatistics, it is about challenging values, attitudes, ways ofliving, of proposing that to live in a sustainable society andon a sustainable planet, the values of equity, interdependence,co-operation and citizenship have to be central. That securingchanging involves both the consumer and the decision making.

Therefore ESD if it is really effective has to be rooted inapproaches towards learning and education that are partici-patory, are about economic and social change and above allgive people the skills, confidence and knowledge to improvethe quality of life for themselves and for others at local, nati-onal and global levels.

Tim O’Riordan, a member of the UK Sustainable Develop-ment Commission, has said that he sees „education for sus-tainability as the creation of a sense of global citizenship in allhumanity“. For O’Riordan, education for sustainability is linkedto democratic development. „Democracy“, he suggests, „isboth the necessary vehicle for the transition to sustainabilityand the greatest obstacle“ (see his reading in Scott/Gough2004). This implies we cannot divorce discussions about sus-tainable development from participation and empowerment.

If sustainable development is about the interrelationshipof environment, economy and society, it means including theagendas of citizenship and social inclusion, combating povertyat local, national and at a global level, and general publicconcerns about the quality of life. It is about learning abouthow we can move towards a more sustainable society for all.

References :Belgeonne, C.: DE + EE = ESD. In: The Development EducationJournal 10 (2003) 1, S.12 – 14.Bourn, D.: Towards a Theory of Development Education. In: TheDevelopment Education Journal 10 (2003) 1, S.3 – 6.DEA – Development Education Association: Global in the Local.London 2005.DETR – Department for Environment, Transport & the Regions/DfEE – Department for Education and Employment: SustainableDevelopment Education Panel. First Annual Report. London 1998.DfES – Department for Education and Skills: SustainableDevelopment Action Plan for Education and Skills. London 2003.Environment Audit Committee: Learning the Sustainability Lesson.London: 2003.Environment Audit Committee: Environmental Education:Follow Up to Learning the Sustainability Lesson. London 2005.HEFCE: Sustainable Development in Higher Education. HigherEducation Funding Council for England-Consultation. Bristol 2005.Huckle, J.: Education for Sustainable Development. Draft Paper forTeacher Training Agency 2003 (unpublished paper).Huckle, J./Sterling S. (ed.): Education for Sustainability. London1996.Ikeda, D.: Thoughts on education for sustainable development: towardsa value of life-creation. In: The Development Education Journal 12(2005) 1, S. 6 – 8.Learning and Skills Council: Strategy for Sustainable Development.Consultation Document. Coventry 2005.Maiteny, P.: Education for Sustainability and Development. Psycho-emotional blocks and catalysts. In: The Development Education Jour-nal 12 (2005) 1, S.12 – 14.Reid, A.: On the Possibility of Education for Sustainable Development.In: Environment Education Research 8 (2002) 1, S. 5 – 8, 73 – 80.Rost, J.: Competencies for Global Learning. In: The DevelopmentEducation Journal 11 (2004) 1, S. 6 – 8.Scott,W./Gough, S.: Sustainable Development and Learning. London2003.Scott,W./Gough, S. (ed.): Key Issues in Sustainable Developmentand Learning. London 2004.Tilbury, D./Wortman, D. (ed.): Engaging People in Sustainability.Gland/London 2004.

Key Websites:www.defra.gov.ukwww.nc.uk.net/esdwww.unesco.orgwww.dea.org.ukwww.dfes.gov.ukwww.defra.gov.ukwww.ofsted.gov.ukwww.parliament.uk/eacwww.parliament.co.uk/eac2005www.sustainabilitysouthwest.org.uk

Dr. Douglas Bourn was born in 1951and has a degree and doctorate fromKeele University. His thesis was onLabour Party Ideas on Education. Heis currently Director of The Deve-lopment Education Association in theUK. He was a member of the UK Go-vernment’s Sustainable DevelopmentEducation Panel and chairs the UNES-CO working group to launch the ESDin the UK. He has written extensivelyon development education and ESD.

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Maik Adomßent / Jasmin Godemann / Gerd Michelsen

Hochschulen und das Leitbild derNachhaltigkeitHerausforderungen und Stand der Umsetzungin Deutschland

Zusammenfassung: Dieser Beitrag bilanziert den Standdes Nachhaltigkeitsdiskurse im deutschen Hochschulwesen.Dabei wird deutlich: trotz verschiedener Beispiele für Inno-vationen in Forschung und Lehre kann von einer breitenUmsetzung des Leitbildes noch nicht die Rede sein. Soll Wis-senschaft den Anforderungen der Nachhaltigkeit genügen,dann bedarf es neuer inter- und transdisziplinärer Ansätzein Forschung und Lehre und einer strategischen Ausrichtungder Hochschulpolitik am Leitbild der Nachhaltigkeit. Wiedies konkret aussehen könnte, wird am Beispiel des Projek-tes „Sustainable University“ der Universität Lüneburg il-lustriert.

Abstract: This article assesses the level of the discourseon sustainability at German universities. It shows that –apart from different examples for innovations in researchand teaching – there can be no question of a realisation ofthe model. If research should be sufficient for the claims ofsustainability, new inter- and transdisciplinary attempts inresearch and teaching are needed as well as a strategicorganization of the university politics devoted to the modelof sustainability. How this might look in reality is illustratedby the example of the project „Sustainable University“ atthe university of Lüneburg.

Herausforderungen

Nachhaltige Entwicklung ist eine der großen Herausforde-rungen unserer Zeit. Die Länder der Erde stehen vor der Auf-gabe, die Lebenschancen der Menschen weltweit fair undgerecht zu verteilen. Gleichzeitig hat nachhaltige Entwicklungdafür Sorge zu tragen, dass künftige Generationen gleicheChancen auf ein erfülltes Lebens haben wie die heutige Gene-ration. Vor dem Hintergrund der sich beschleunigenden Glo-balisierung wird die Aufgabe nachhaltiger Entwicklung derWeltgesellschaft zunehmend dringlicher, wobei im Prozessder Globalisierung die Wissenschaften eine wichtige Rollespielen. Die durch Wissenschaft und Technik mit verursach-ten globalen Wissens-, Produktions-, Handels- und Men-schenströme haben erhebliche ökologische und gesellschaft-liche Folgen. Sie erfordern das Aufgreifen neuer Forschungs-

fragen – zu den komplexen Wechselwirkungen zwischenMensch und Umwelt ebenso wie im Hinblick auf das menschli-che Zusammenleben. Die neuen Anforderungen lassen sichmit folgenden Stichworten umreißen: wachsende interkulturel-le Konflikte, zunehmende Migrationsbewegungen, gesell-schaftliche Spannungen sowie sorgloser Umgang mit demwissenschaftlich-technischen Fortschritt.

Damit stehen auch die Hochschulen vor neuen Herausfor-derungen: Sie müssen, um ihren Beitrag zur nachhaltigen Ent-wicklung der Gesellschaft zu leisten, nicht nur in der For-schung, sondern auch in der Lehre spezialisierte Fachkompe-tenz und problemorientierte, systemische und integrierte Be-trachtungsweisen verbinden. Dazu bedarf es neuer fächerü-bergreifender Forschungs- und Lehrstrukturen. Da nachhal-tige Entwicklung ethische Entscheidungen erfordert, müssensich die Hochschulen und die Wissenschaft auch mit unter-schiedlichen Grundkonzepten zur Nachhaltigkeit auseinandersetzen (vgl. Grunwald/Ott 2005).

Die deutschen Hochschulen stehen seit geraumer Zeit un-ter einem weiteren Druck. Spätestens seit die europäischenBildungsminister sich 1999 in ihrer „Bologna-Erklärung“ aufdie Einführung eines Systems vergleichbarer Abschlüsse mitdem Ziel verständigt haben, „die arbeitsmarktrelevanten Quali-fikationen der europäischen Bürger ebenso wie die interna-tionale Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Hochschul-systems zu fördern“ (Bologna Erklärung 1999), ist Bewegungin die Hochschulentwicklung gekommen. Die Umstellung aufBachelor- und Masterprogramme soll die Mobilität der Stu-dierenden steigern und eine Internationalisierung im Hoch-schulwesen unterstützen. Dieser Prozess soll spätestens 2010abgeschlossen sein. Nachhaltige Entwicklung soll in diesemReformprozess eine besondere Rolle spielen, wie die europä-ischen Bildungsminister auf ihrer Konferenz in Bergen im Mai2005 festgehalten haben.

Eine weitere Herausforderung stellt die Weltdekade der Ver-einten Nationen ‚Bildung für nachhaltige Entwicklung’ dar.Sie verfolgt das Ziel, Nachhaltigkeit als ein zentrales Elementin Bildungsprozessen zu verankern, so auch in der Hochschul-bildung. Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen der Hochschul-lehre, der Produktion von Wissen und des interkulturellenLehrens und Lernens.

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Wie haben die deutschen Hochschulen bislang auf dieseHerausforderungen reagiert?

Der Nachhaltigkeitsdiskurs imdeutschen Hochschulwesen

Die Weltkonferenz für Umwelt und Entwicklung von 1992in Rio de Janeiro hatte im Hinblick auf die Auseinanderset-zung mit dem Leitbild der Nachhaltigkeit eine wichtige Impuls-wirkung. Für die Umsetzung von Nachhaltigkeit als Leitprinzipfür die institutionelle und organisationsbezogene Entwick-lung spielte die COPERNICUS-Charta (CO-operation Program-me in Europe for Research on Nature and Industry throughCoordinated University Studies) eine wichtige Rolle. Die be-reits 1993 von der Europäischen Hochschulrektorenkonfe-renz (CRE – Confederation of European Union Rectors’ Con-ferences, heute EUA – European University Association) ver-abschiedete Charta ist als eine Reaktion auf die Konferenzvon Rio zu verstehen. Für den europäischen Raum diente sieals prägendes Leitbild bei der Suche von Hochschulen nachWegen der Integration der Prinzipien von Nachhaltigkeit. DieHochschulen verpflichten sich darin auf folgende vier Haupt-ziele:

- nachhaltige Entwicklung in das gesamte System Hoch-schule zu integrieren;

- interdisziplinär ausgerichtete Forschungsprojekte anzu-regen und abzustimmen;

- Forschungsergebnisse den Entscheidungsträgern in Wirt-schaft und Politik nahe zu bringen sowie

- Hochschulen und andere Bereiche der Gesellschaft imlokalen, nationalen und gesamteuropäischen Rahmen zusam-menzubringen.

Bis heute haben 322 europäische Institutionen die Chartaunterzeichnet, darunter 47 Hochschuleinrichtungen ausDeutschland (Stand: 2. Juli 2005) (http://copernicus-campus.org/sites/charter_index1.html).

In Deutschland hatte der Rio-Prozess zur Folge, dass nachannähernd zwei Jahrzehnten vorwiegend konzeptionell undpraxisorientiert ausgerichteter Umweltbildungsarbeit im aka-demischen Bereich eine eher programmatische Phase einge-läutet wurde. Der Deutsche Bundestag fasste seit 1992 meh-rere Beschlüsse zur Umsetzung des Leitbilds nachhaltigerEntwicklung an Hochschulen. Forschungsbedarf wurde dabeivor allem im Hinblick auf „nachhaltige Konsum- und Lebens-stile sowie nachhaltiges Wirtschaften und globale Zusam-menhänge“ sowie für die Umweltbildungsforschung konsta-tiert. Darüber hinaus wurde auf die Notwendigkeit einer Ver-änderung von Studienordnungen hingewiesen. Weitergehen-de Fingerzeige finden sich im 1998 von der BLK für Bildungs-planung und Forschungsförderung veröffentlichten Orien-tierungsrahmen „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“(BLK 1998). Dieses Papier enthält eine Reihe von Vorschlä-gen zur Konkretisierung des Nachhaltigkeitsleitbilds in denzentralen Aufgabenbereichen von Hochschulen:

- Interdisziplinarität ist durch Ergänzung natur- und technik-

wissenschaftlicher Ansätze bei der Problemlösung durchkultur-, sozial-, politik- und wirtschaftswissenschaftliche Diszi-plinen zu fördern.

- Umweltbezogene Lehre bedarf der Fundierung durch For-schung. Die Zielperspektive wird in einer „ökologischen Zu-kunftsforschung“ gesehen, die „einerseits Rückkopplungs-effekte menschlichen Handelns auf die natürlichen Systeme,aber zugleich auch die aus der Veränderung der natürlichenSysteme resultierenden Rückkoppelungseffekte auf diemenschliche Gesellschaft untersucht“.

- Für nachhaltige Entwicklung werden ein systematischerWissens- und Forschungstransfer zwischen Hochschulen,Wirtschaft, Kommune und Bürgern als ebenso essentiell ange-sehen wie die Bildung von Netzwerken in Forschung in Lehresowie das Eingehen von Partnerschaften.

- Als Betriebe sind Hochschulen unter dem Leitbild nach-haltiger Entwicklung gehalten, ihren eigenen Ressourcenver-brauch möglichst effizient zu gestalten.

- Die Anforderungen einer Bildung für nachhaltige Entwick-lung erfordern eine ständige Fortbildung des Hochschulper-sonals im Sinne eines umweltgerechten Hochschulmanage-ments.

Die Bundesregierung verabschiedete 2001 den Bericht „Bil-dung für eine nachhaltige Entwicklung“, nahezu zeitgleichwurde der Bericht der BLK „Bildung für eine nachhaltige Ent-wicklung“ veröffentlicht. Hochschulen wird in diesen Berich-ten eine wichtige Rolle bei der Umsetzung des Leitbildes

(Quelle: Carlos Villar Alemán; © Zeitschrift Entwicklungspolitik)

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Nachhaltigkeit beigemessen (BLK 2001, Deutscher Bundes-tag 2002). Eine ähnliche Position vertrat die deutsche Delega-tion im Verlauf der UNESCO-Vollversammlung im Oktober 2001in Paris. Sie nahm Bezug auf die ‘Global Higher Education forSustainability Partnership’ (GHESP), in der die besondere Rollevon Hochschulen für nachhaltige Entwicklung herausgestelltwurde, und zwar als „higher education for sustainability as across-cutting issue for implementing the principles of sus-tainable development, starting with science and research, andincluding policy making, capacity building and technologytransfer“ (o.A. 2002, S. 246).

Als eines der wichtigsten Ergebnisse der Nachhaltigkeits-konferenz von Johannesburg 2002 ist die deutlich gestiegeneBedeutung von Bildung und Wissenschaft im Nachhaltig-keitsdiskurs anzusehen. Diese Akzentsetzung mündete in derEmpfehlung an die UN-Generalversammlung, für die Jahre 2005bis 2014 eine internationale Dekade zur ‚Bildung für eine nach-haltige Entwicklung’ auszurufen.

Im Rahmen der internationalen Konferenz „Committing Uni-versities to Sustainable Development“ in Graz (April 2005)erfolgte der internationale Auftakt der UN-Dekade für denBereich der Hochschulbildung. In der abschließenden „GrazDeclaration“ werden die Hochschulen aufgefordert, „to givesustainable development fundamental status in their strategyand their activities […] in relation to their three major functions– learning and teaching, research, internal and external socialresponsibility.“ In Deutschland fand eine Auftaktveranstal-tung zum Thema „Nachhaltige Hochschulbildung im Bolo-gna-Prozess“ statt.

Das Thema ‚Nachhaltigkeit und Hochschule’ wird so gese-hen im politischen Raum durchaus diskutiert. Mit den zahlrei-chen offiziellen Positionspapieren und Deklarationen istallerdings noch nicht sicher gestellt, ob und wie sich die deut-schen Hochschulen dem Leitbild nachhaltiger Entwicklungtatsächlich verpflichtet fühlen.

Umsetzung des Nachhaltigkeitsleitbildesim Hochschulwesen

Lehren und LernenNachhaltigkeitsrelevante Themenfelder sind Bestandteil

verschiedener Studienangebote an deutschen Hochschulen.In den Naturwissenschaften gibt es neben den Fächern Biolo-gie/Ökologie vorwiegend im Fach Chemie konkrete Studienan-gebote mit Nachhaltigkeitsbezug. Auch in den ingenieurwis-senschaftlichen Studiengängen sind in den letzten Jahren eineReihe von umweltbezogenen Angebote entstanden. Seltenersind hingegen ingenieurwissenschaftliche Studienangeboteauszumachen, die explizit auf das Leitbild der nachhaltigenEntwicklung ausgerichtet sind. Mit Blick auf die Umweltthe-matik ist festzustellen, dass hier zunehmend ganzheitliche Be-trachtungen Platz finden und Bestrebungen der Hochschu-len erkennbar sind, angehende Ingenieure stärker interdiszipli-när auszubilden. Viele Themenstellungen nachhaltiger Ent-wicklung finden sich auch in den Studiengängen zur Raum-und Stadtplanung; dies gilt ebenso für den Bereich der Archi-tektur und des Bauwesens. Allerdings existieren hier nur weni-

ge Studienangebote an einzelnen Hochschulen mit direktenVerknüpfungen zur Nachhaltigkeit. Eine Schwerpunktsetzunglässt sich in den Wirtschaftswissenschaften ausmachen, woFragen der nachhaltigen Entwicklung sowohl in der Volkswirt-schafts- als auch in der Betriebswirtschaftslehre integriert wer-den.

In den Sozialwissenschaften existieren an einigen Hoch-schulen Studienangebote mit Bezug zum Leitbild der Nach-haltigkeit. Darüber hinaus thematisieren Hochschulen aufunterschiedliche Weise ethische Fragestellungen und inte-grieren unter anderem nachhaltiges Konsumverhalten undökologische Lebensstile in ihr Lehrangebot. Im Rahmen desDAAD-Programms ‚Studienangebote deutscher Hochschu-len im Ausland’ werden Studiengänge mit Schwerpunkten Um-welt, Agrarwissenschaften und Entwicklungsforschung und-politik gefördert (vgl. Winkelmann 2005).

Bislang gibt es allerdings keinen grundständigen Studien-gang zur Bildung für nachhaltige Entwicklung. An der Uni-versität Lüneburg kann lediglich der Studiengang ‚Umweltwis-senschaften’ belegt werden, in dessen Rahmen der Wahl-pflichtbereich ‚Umweltkommunikation’ eine Vertiefung in Rich-tung Bildung für nachhaltige Entwicklung ermöglicht. DieFernuniversität Hagen bietet ein vergleichbares Weiterbil-dungsstudienangebot an. Die Universität Rostock hat einpostgraduales Masterstudium ‚Umwelt & Bildung’ als Fernstu-dium entwickelt, das in einzelnen Modulen einen Bezug zurBildung für nachhaltige Entwicklung aufweist.

Der seit 1999 laufende Bologna-Prozess zur Schaffung ei-nes kohärenten europäischen Hochschulraumes bietet dieChance, neue Studiengänge mit stärkerem Bezug zum Leitbildder Nachhaltigkeit zu entwickeln und anzubieten. In Deutsch-land sind sowohl Fachhochschulen als auch Universitäten indieser Richtung aktiv geworden. Beispielhaft seien hier diefolgenden Angebote genannt: ‚Master of Science on Environ-mental Technology’ (Fachhochschule Oldenburg / Ostfries-land / Wilhelmshaven), ‚Master of Sustainable Tourism Ma-nagement’ (Fachhochschule Eberswalde), ‚MBA Sustainabi-lity Management’ (Universität Lüneburg) oder „Master of Sus-tainable Forestry and Land Use Management“ (UniversitätFreiburg).

Die angelaufene Hochschulreform erleichtert die Integrati-on von Kurseinheiten in Form von Modulen. So können ander Universität Lüneburg alle Bachelor-Studienanfänger allerFächer ab dem Wintersemester 2005/06 im Rahmen der sogenannten ‚General Studies’ an einem ‚StudienprogrammNachhaltigkeit’ teilnehmen. Das modulare Design von Bache-lor- und Masterstudiengängen erleichtert zudem auch dietransnationale Entwicklung virtueller Studienangebote. Alsbeispielhaft in dieser Richtung können das ‚European VirtualSeminar on Sustainable Development’ und das seit April 2005laufende EU-Projekt ‚Virtual Copernicus Campus: eLearningfor Sustainability in the European Higher Education Area’gelten.

Internationale Hochschulzusammenarbeit

Auch im Bereich der hochschulbezogenen Entwicklungs-zusammenarbeit leisten deutsche Hochschulen Beiträge zueiner nachhaltigen Entwicklung. So thematisiert eine Reihe

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von Hochschulen die Nord-Süd-Proble-matik nicht nur in Forschung und Leh-re, sondern auch in Lehrangeboten, diesich an die Ausbildung von Fachkräf-ten für den Einsatz in Entwicklungslän-dern richten. Neben den einzelnenHochschulen unterstützen vor allemhochschulbezogene Institutionen wieder DAAD im Rahmen der internatio-nalen Hochschulzusammenarbeit dieFörderung einer nachhaltigen Entwick-lung. Einen wichtigen Beitrag innerhalbder Hochschul- und Wissenschafts-kooperation leistet hierzu der DAAD mitseinem Programm ‚Fachbezogene Part-nerschaften’, mit dem die Kooperationmit Hochschulen in Entwicklungslän-dern verstetigt wird, sowie mit seinemAlumni-Programm, durch das eine kon-tinuierliche fachliche Beratung von Ab-solventen deutscher Hochschulen ausEntwicklungsländern geleistet wird.Insgesamt existieren eine Reihe vonProjekten und Programmen in den deut-schen Hochschulen, die teilweise auch im Rahmen weitererMaßnahmen innerhalb der deutschen Entwicklungszusam-menarbeit gefördert werden, beispielsweise durch die Deut-sche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ). Ins-gesamt werden in der Bundesrepublik über 50 Aufbaustu-diengänge sowie grundständige Studiengänge im Kontextvon Entwicklungszusammenarbeit angeboten.

In den letzten Jahren sind damit eine Reihe von Aktivitätenan deutschen Hochschulen zur Umsetzung des Leitbildesnachhaltiger Entwicklung und zur Bildung für eine nachhalti-ge Entwicklung initiiert worden. Dennoch kann noch nichtvon einer breiten Umsetzung des Leitbilds gesprochen wer-den, denn die überwiegende Zahl der Anstrengungen lässtsich als Einzelaktivitäten charakterisieren, die eher zufällig ent-standen oder von einzelnen Personen abhängig sind.

Forschung für eine nachhaltige EntwicklungUm der Idee nachhaltiger Entwicklung zu entsprechen, müs-

sen wissenschaftliche Ansätze den unterschiedlichen Pers-pektiven auf die Mensch-Natur-Verhältnisse gerecht werden.Die besondere Herausforderung liegt darin, die verschiede-nen Rollen des Menschen als Auslöser, Betroffener und po-tenzieller Bewältiger von Umweltveränderungen zu begreifenund abzubilden. Zufrieden stellende Lösungsansätze sind da-her nur durch gemeinsame kooperative Forschungsanstren-gungen von Natur-, Ingenieur- und Sozialwissenschaften zuerreichen, da jede Disziplin für sich genommen nicht überhinreichend geeignete Werkzeuge zur Bewältigung der theore-tischen, praktischen und empirischen Herausforderungen ver-fügt.

Es war kein Zufall, dass 2001 eine international zusammen-gesetzte Gruppe von Wissenschaftlern aus den drei großenGlobal Change Forschungsprogrammen (IGBP, IHDP WCRP1

und Diversitas) einen Vorstoß zur Begründung einer ‚Sustai-nability Science’ unternahm und ihre Idee mit der ‚Amsterdam

Declaration on Global Change’ vorstellte (vgl. Kruse 2005).Die Autoren lassen keinen Zweifel daran, dass Wissenschaft,die den Anforderungen von Nachhaltigkeit genügen soll, so-wohl in Struktur, als auch in Methodologie und Inhalt in be-trächtlichem Maße von der uns vertrauten Wissenschaft ab-weichen muss: „In particular, sustainability science will needto do the following: (i) span the range of spatial scales betweensuch diverse phenomena as economic globalization and localfarming practices, (ii) account for both the temporal inertiaand urgency of processes like ozone depletion, (iii) deal withfunctional complexity such as is evident in recent analyses ofenvironmental degradation resulting from multiple stresses;and (iv) recognize the wide range of outlooks regarding whatmakes knowledge usable within both science and society“(Kates et al. 2001).

In Anbetracht der Kernfragen einer Forschung für nachhal-tige Entwicklung oder gar einer ‚Nachhaltigkeitswissenschaft’gilt es, neue methodologische Ansätze zu entwickeln, zu erwei-tern oder gänzlich neu zu erfinden. Dabei sind nennenswerteFortschritte ohne die systematische Inanspruchnahme vonNetzwerken, die Nutzbarmachung vorhandener Expertise unddie Förderung sozialen Lernens kaum zu erzielen. Als un-verzichtbar wird daher die partizipatorische Einbindung nichtnur von Wissenschaftlern, sondern auch von Vertretern un-terschiedlicher Interessengruppen, aktiven Bürgern und An-wendern von Wissen gesehen, womit die Notwendigkeit ei-nes transdisziplinären Forschungsansatzes zum Ausdruck ge-bracht wird.

In Deutschland wurde 1999 der Förderschwerpunkt sozial-ökologische Forschung vom BMBF eingerichtet. Dieser An-satz zeichnet sich dadurch aus, dass Wissen fachübergrei-fend zusammengeführt wird, um zur Lösung konkreter gesell-schaftlicher Nachhaltigkeitsprobleme beizutragen. Dement-sprechend liegt der Schwerpunkt auf Themenbereichen wie:Ernährung und nachhaltiger Konsum, Strategien für eine nach-

(Quelle: Zhang Zong Dao; © Zeitschrift Entwicklungspolitik)

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haltig kommunale Ver- und Entsorgung oder Wege nachhalti-ger Stadt- und Regionalentwicklung. In der sozial-ökologi-schen Forschung wird der traditionell naturwissenschaftli-che Ansatz der Umweltforschung um sozial- und kulturwis-senschaftliche Dimensionen erweitert. Bisherige Erfahrungenbelegen, dass es nicht ausreicht, Umweltszenarien zu be-schreiben, ohne zugleich gesellschaftliche Handlungsoptio-nen aufzuzeigen, und dass es keinen Sinn macht, Umwelt-technologien zu entwickeln, die nicht angenommen und ge-nutzt werden. Daher werden wichtige gesellschaftliche Ak-teure wie Verbraucher, Kommunen, Unternehmen und Nichtre-gierungsorganisationen bereits bei der Problem- und Zielbe-schreibung in den Forschungsprozess einbezogen. Kontinu-ierliche Dialoge mit diesen Akteuren und der allgemeinen Öf-fentlichkeit sind substanzieller Bestandteil dieses innovati-ven Förderschwerpunkts.

Von seiner finanziellen Dimension her handelt es sich aller-dings um ein relativ kleines Forschungsprogramm, dass seit2000 mit jährlich ca. sieben Millionen Euro gefördert wird.Bisher wurden etwa 30 Forschungsprojekte unterstützt; da-rüber hinaus flossen die Mittel auch in die Förderung deswissenschaftlichen Nachwuchses. Derzeit bestehen neun For-schungsgruppen mit rund 50 jungen Wissenschaftlern undWissenschaftlerinnen, wobei der Anteil der Frauen in diesenForschungsgruppen mit über 60 Prozent deutlich höher als inder klassischen Umweltforschung liegt. Schließlich spielt dieInfrastrukturförderung in Deutschland eine Rolle, mit derenHilfe die entstehenden strategischen Netzwerke ihre Erfah-rungen mit inter- und transdisziplinärer Forschung aufberei-ten und weiterentwickeln können (www.sozial-oekologische-forschung.org).

Einen weiteren Schritt ist 2004 das BMBF gegangen, indemes ein neues Rahmenprogramm „Forschung für Nachhaltig-keit“ (FONA) aufgelegt hat und damit eine Neuausrichtungbisheriger, durch den Bund geförderter Ansätze umwelt-bezogener Forschung vornahm. Das Programm ist Teil dernationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Es zielt auf die Erfor-schung, Umsetzung und Vermittlung von Innovationen für

eine nachhaltige Entwicklung ab. Im Mittelpunkt des Rahmen-programms stehen die vier Aktionsfelder:

- Nachhaltigkeit in Industrie und Wirtschaft,- nachhaltige Konzepte für Regionen,- nachhaltige Nutzung von Ressourcen und- Strategien für gesellschaftliches Handeln.

Mit dem Rahmenprogramm wird der Versuch unternommen,technologischen Fortschritt an gesellschaftliche Prozesse undden zielgerichteten Transfer in die Bildungssysteme zu kop-peln. Es ist als ‚lernendes Programm’ angelegt, bei dem Initia-tiven und Maßnahmen immer wieder an neue Erkenntnisseangepasst werden können. Daran ist die Hoffnung geknüpft,dass „durch die Internationalität der ‚Forschung für Nachhal-tigkeit’ […] Synergieeffekte im europäischen und internatio-nalen Raum gestärkt werden“ (BMBF 2004, S.3).

Das Programm FONA wurde positiv aufgenommen, trotzerster Kritik (vgl. Jahn 2004), die sich vor allem auf zwei As-pekte bezieht: Zum einen setze FONA nur den Rahmen für dieProjektförderung im Bereich der Nachhaltigkeitsforschung,während zugleich bei der institutionellen Förderung des Bun-des weiterhin naturwissenschaftliche Zugänge dominierten.In der weitgehenden Unverbundenheit beider Förderarten wirddie Gefahr eines Rückschritts in Form der Desintegration vonNaturwissenschaften und Sozialwissenschaften gesehen.Zum zweiten fehlten nachvollziehbare Ansätze zur Umsetzungder Ergebnisse von FONA in andere Förderschwerpunkte (z.B.bei der Erforschung neuer Technologien, der Verkehrsfor-schung oder der IuK-Forschung). Nach FONA wäre „einekonsequente Orientierung der Forschungsförderung am Leit-bild einer Nachhaltigen Entwicklung auch in diesen Förderthe-men der nächste Schritt“ (Jahn 2004, S.14).

Ein Beitrag zur Reformierung der deutschenHochschulpolitik

Eine Reihe viel versprechender Schritte in Richtung nach-haltiger(er) Ausrichtung von Forschung und Lehre wurden

1. Die Hochschulen sollten selbstkritisch ihr inter- und transdisziplinäres Potenzial überprüfen und im Diskurs mit anderen Einrichtungen zum Vergleich bringen. So erst können die relevanten Forschungsfelder und Forschungsstrategien für die Zukunft ermittelt werden. 2. Komplexe Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt sowie die globalen Probleme des menschlichen Zusammenlebens sind nur sinnvoll zu erforschen und zu bearbeiten, wenn sich die Geistes-, Sozial- und Verhaltenswissenschaften mit den Natur- und Technikwissenschaften stärker verbinden. 3. Im Diskurs mit der Gesellschaft ist durch verstärkte Bildung und Wissensvermittlung die Fähigkeit zur Teilnahme an den Orientierungsprozessen für mehr Nachhaltigkeit zu stärken. Hierzu gehört insbesondere die Fähigkeit zu vorausschauendem und vernetztem Denken und zur kritischen Prüfung von Leitbildern. Daneben ist die Kompetenz zu interkultureller Verständigung und Kooperation zu stärken. 4. Unter dem Gesichtspunkt einer auf Nachhaltigkeit orientierten Bildung und Ausbildung sind die Lehrstrukturen für die Bachelor- und Masterstudiengänge auf transdisziplinäre Vernetzung und die Erziehung zu Selbständigkeit und Verantwortlichkeit auszurichten. Auch in den weiterführenden akademischen Ausbildungsgängen (Promotion) ist die interdisziplinäre Lehr- und Forschungsstruktur zu verbessern. 5. Die Kooperation mit zukunftsorientierten Kräften in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik ist entschieden zu stärken. Dabei müssen Globalität und Nachhaltigkeit zu Kriterien möglicher Kooperationen werden. Mit technischer Effizienz unter der Perspektive kurzfristiger Produktionsinteressen allein ist es nicht getan. Abb.1: Ausgewählte Thesen des Memorandums „Hochschule neu denken – Neuorientierung im Horizont der Nachhaltigkeit“ (Gruppe 2004, S. 34ff).

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unternommen. Andererseits entsteht bei der Bilanz unwillkür-lich das Bild eines Flickenteppichs, denn die Forschungsan-strengungen im Bereich der Nachhaltigkeit sind noch weitdavon entfernt, zum wissenschaftlichen Mainstream zu wer-den; für den Bereich der universitären Lehre gilt dies ebenso.

Während die positiven Anstrengungen einzelner Aktiverin den Hochschulen in der Summe mehr oder weniger zu ver-puffen drohen, ist auf politischer Ebene ebenso wenig zu er-kennen, dass das Leitbild nachhaltiger Entwicklung in derstrategischen Ausrichtung bundesdeutscher Hochschulpo-litik eine größere Rolle spielt. Die vornehmliche Ursache hierfürist das Fehlen politischer Rahmenvorgaben in diesem Bereich.Bis heute hat es die deutsche Hochschulpolitik nicht ver-mocht, die Hochschulen mit adäquaten finanziellen und recht-lichen Instrumenten auszustatten, die es ihnen erlaubten, Wegezur Nachhaltigkeit in erforderlichem Maße zu beschreiten.

Die Unzufriedenheit mit diesem Missstand war der Auslö-ser für die Gründung der ‚Gruppe 2004’, einem Zusammen-schluss hochschulpolitisch engagierter Professoren unter-schiedlicher Hochschulen. Sie alle eint der Wunsch, mit demvon ihnen erarbeiteten Memorandum ‚Hochschule neu den-ken – Neuorientierung im Horizont der Nachhaltigkeit’ ei-nen inhaltlichen Beitrag zu der schon lange laufenden Dis-kussion über die Hochschulreform zu leisten. Dieser Beitragsoll sich bewusst von der in der öffentlichen Diskussion häu-figen Fixierung auf Elite-Hochschulen, Spitzenforschung undentsprechende Finanzierungsprogramme ebenso wie von dervorschnellen Diffamierung der als ‚Massenuniversitäten’ de-klarierten deutschen Hochschulen abgrenzen. Das Ziel desMemorandums liegt vielmehr darin, Wege aufzuzeigen, wiedie Hochschule die komplexen Probleme einer Weltgesell-schaft im Wandel erkennen und zu deren Lösung beitragenkann. Ohne das Verständnis, diese Aufgabe als Verpflichtungzu einer nachhaltigen Weltkultur zu begreifen, die Langfris-tigkeit mit Verantwortung vereint, wird diese Herausforde-rung kaum zu meistern sein. Daher wird an den Hochschulenund in der Hochschulpolitik ein vertiefter Selbstprüfungs-prozess angeregt, bei dem verschiedenen Aspekten beson-dere Geltung verschafft werden sollte (Abb.1).

Wenige Monate nach der Veröffentlichung der Denkschriftist festzuhalten, dass das Echo bislang eher verhalten aus-fällt. Der Versuch, auf politischer Ebene Einfluss zu nehmen,ist ein möglicher Weg, Hochschulen auf den Pfad nachhalti-ger Entwicklung zu bringen. Auf institutioneller Ebene kön-nen aber auch kleinere, konkretere Schritte Erfolge zeitigen,wenn die gesamte Einrichtung in den Blick genommen wird.Ein Versuch in dieser Richtung wird abschließend dargestellt.

‚Sustainable University’

Die Universität Lüneburg hat sich bereits 1997 der Heraus-forderung Nachhaltigkeit gestellt und zwei Jahre später einProjekt mit Unterstützung der Deutschen BundesstiftungUmwelt (DBU) ins Leben gerufen, um im Rahmen eines uni-versitären Agendaprozesses das Leitbild ‚Nachhaltigkeit’ inForschung, Lehre und Alltagspraxis auf dem Campus der Uni-versität zu verankern (vgl. Michelsen 2002). Damit wurdenVoraussetzungen geschaffen, die für das seit Sommer 2004

laufende Folgeprojekt ‚Sustainable University – NachhaltigeEntwicklung im Kontext universitärer Aufgabenstellungen’,gefördert von der VW-Stiftung,, eine Basis bilden. Im Zen-trum dieses Projekts stehen Lehre, Forschung, Weiterbildungund Wissenstransfer, aber auch die Institution Hochschuleselbst. Der übergreifende Ansatz zeigt sich in der un-tersuchungsleitenden Fragestellung: „Wie kann die Universi-tät den mit dem neuen Paradigma einer nachhaltigen Entwick-lung verbundenen Herausforderungen aktiv begegnen undinwieweit leisten zielgerichtete Strukturänderungen einen Bei-trag zur Wandlung der Universität im Sinne der Nachhal-tigkeit?“

Das Gesamtprojekt wurde in verschiedene Teilprojekte mitfolgenden Schwerpunkten aufgegliedert:

Vom Öko-Audit zum Nachhaltigkeits-AuditFür die Universität Lüneburg soll ein Nachhaltigkeitsma-

nagementsystem konzipiert und implementiert werden. Ele-mentar ist hierbei nicht nur der Auditierungsprozess, son-dern besonders die Verknüpfung zum Controlling und dieEntwicklung eines solchen integrativen Konzepts. Die Initiie-rung eines Nachhaltigkeitsberichts der Universität soll dabeiein Anstoß für die Etablierung eines Nachhaltigkeitsmanage-ments sein.

Energie- und Ressourcenmanagement inHochschulen

Im Rahmen dieses Teilprojekts sollen Strategien für ein ef-fektives Ressourcenmanagement entwickelt werden. Bei derErmittlung von Einflussfaktoren zur Veränderung von Ein-stellungs- und Handlungsmustern zum Ressourcenverbrauchvon Universitätsakteuren soll geklärt werden, wie sich in ei-ner öffentlichen Institution Denk- und Handlungsmuster soverändern lassen, dass ein verantwortlicher Umgang mit derkollektiven Ressource Energie stattfindet.

Interdisziplinarität in der LehreIn diesem Teilprojekt geht es um Fragen der interdisziplinä-

ren Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen sowie dieUmsetzung des interdisziplinären Anspruchs des Leitbildesder Nachhaltigkeit innerhalb der Lehre. Dazu wurde das fach-bereichsübergreifende Studienprogramm Nachhaltigkeit wei-terentwickelt. Ziel ist, interdisziplinäre Kompetenzen seitensder Studierenden sowie der Lehrenden zu fördern und eineinterdisziplinäre, inhaltliche Auseinandersetzung mit Frageneiner nachhaltigen Entwicklung zu ermöglichen. In dieser Fort-führung des Studienprogramms wird das Lernarrangementdurch eine multimediale Lernplattform erweitert, so dass neueLernformen erprobt werden können.

Lebenswelt Universität: Raumgestaltung,Konsum und Gesundheit

Hier steht die Frage im Mittelpunkt, wie sich die Universi-tät als Erfahrungsraum für die Konkretisierung von Nachhal-tigkeit weiter entwickeln lässt und welche Zugänge eine Aus-einandersetzung mit Nachhaltigkeit seitens der Akteure aufdem Campus befördern. Im Fokus stehen die ThemenfelderGesundheit, Konsum und Raum(nutzung). Weiterhin soll un-tersucht werden, wie durch Nachhaltigkeitskommunikation

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mit partizipativen Methoden die Universität als Gestaltungs-raum im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung konstituiertwerden kann.

Kommunikation und ÖffentlichkeitsarbeitKommunikation und Öffentlichkeitsarbeit bilden die Inte-

grationsebene für das Gesamtprojekt. Neben der Frage nachgeeigneten Kommunikationsstrategien zur spezifischen Ver-breitung des Nachhaltigkeitskonzepts inner- und außerhalbeiner Universität steht die Kommunikation zwischen den Teil-projekten, zwischen Forschung und Lehre, zwischen den Fach-bereichen sowie zwischen Wissenschaft und Praxis im Mittel-punkt.

Kultur und nachhaltige EntwicklungEs hat sich bereits im Vorläuferprojekt gezeigt, dass die

Thematisierung von Nachhaltigkeit mit Mitteln der Kunst Zu-gänge schafft, die es ermöglichen, neue Zielgruppen an demDiskurs partizipieren zu lassen. Zwei wesentliche Zielsetzun-gen bestimmen die inhaltliche Ausrichtung: Die kultur- undsozialtheoretische Hinterfragung der gängigen Entwicklungs-diskurse sowie die Beschäftigung mit ethno- bzw. eurozentri-schen Wahrnehmungs-, Klassifikations- und Bewertungs-strukturen.

Die Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit in verschiede-nen universitären Kontexten soll zu einer Gestaltungskompe-tenz im Sinne von Wissen um nachhaltige Verhaltensweisenund Handlungsstrategien führen – auf individueller wie auchauf institutioneller Ebene. Zugleich soll sie aber auch zu einerwissenschaftlich reflektierten Handlungskompetenz, das heißtReflexionsfähigkeit mit ethischer Orientierung zum Verhältnisvon Mensch und Natur sowie Einbezug verschiedener Pers-pektiven und Abwägen von Konsequenzen des eigenen Han-delns beitragen.

Anmerkung:1 IGBP = International Geosphere-Biosphere Programme; IHDP =International Human Dimension Programme on Global EnvironmentalChange; WCRP = World Climate Research Programme.

Literatur:BLK – Bund-Länder-Kommission: Bildung für eine nachhaltigeEntwicklung. Orientierungsrahmen (1998) 69.BLK – Bund-Länder-Kommission: Bildung für eine nachhaltigeEntwicklung (2001) 94.BMBF – Bundesministerium für Bildung und Forschung: For-schung für die Nachhaltigkeit. Rahmenprogramm des BMBF für einezukunftsfähige innovative Gesellschaft. Berlin 2004.Bologna-Erklärung. „Der Europäische Hochschulraum. Gemeinsa-me Erklärung der Europäischen Bildungsminister, 19. Juni 1999, Bolo-gna“ 3/324-41124-2/2.Deutscher Bundestag: Bundestagsdrucksache 14/7971, Bericht derBundesregierung „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“. Berlin2002.Grunwald, A./Ott, K.: Leitbild mit Kontur. Zukunftsverantwortungals ethische Grundlage nachhaltiger Entwicklung. In: Politische Ökolo-gie 23 (2005) 93, S. 24 – 27.Gruppe 2004: Hochschule neu denken: Neuorientierung im Horizontder Nachhaltigkeit – ein Memorandum. Frankfurt/Main 2004.Jahn, T.: Neue Spieler in der Wissenschaft. Von der Umwelt- zurNachhaltigkeitsforschung. In: Ökologisches Wirtschaften (2004) 6, S.12 – 14.Kates, R. W./Clark, W.C. et al.: Environment and Development:

Sustainability Science. In: Science 292 (2001) 5517, S. 641 – 642.Kruse, L.: Eine neue Dimension der Forschung: Sustainability Science.In: Politische Ökologie 23 (2005) 93, S. 28 – 30.Michelsen, G.: Higher education and sustainable development inGermany: The example of the University of Lüneburg. In: Dam-Mieras,R. v./Michelsen, G./Winkelmann, H.-P. (Hg.): COPERNICUS inLüneburg. Higher Education in the Context of Sustainable Developmentand Globalization. Frankfurt/Main 2002, S. 120 – 133.O.A.: The Lüneburg Declaration on Higher Education for SustainableDevelopment of 10 October 2001. In: van Dam-Mieras u.a.. a.a.O.2002, S. 246 – 248.Winkelmann, H.-P.: Gutachten zur Entwicklung der Aktivitäten derBildung für eine nachhaltige Entwicklung im Bereich „Hochschulbil-dung“ für den Zeitraum 2001-2005, o.O. 2005 (unveröffentlicht).

Key Websites:http://copernicus-campus.orgwww.sozial-oekologische-forschung.org

Dr. Maik Adomßent arbeitet als wis-senschaftlicher Mitarbeiter am Insti-tut für Umweltkommunikation derUniversität Lüneburg. In Forschungund Lehre beschäftigt er sich mit Fra-gen der Nachhaltigkeit im Kontextuniversitärer Aufgabenstellungen.

Dr. Jasmin Godemann ist wissen-schaftliche Mitarbeiterin am Insti-tut für Umweltkommunikation derUniversität Lüneburg. Sie habilitiertzum Thema Inter- und Transdis-ziplinarität in Forschung und Lehre.

Prof. Dr. Gerd Michelsen ist Mitbe-gründer des Öko-Instituts Freiburg imBreisgau und Leiter des Instituts fürUmweltkommunikation der Univer-sität Lüneburg. Zudem deutscherVertreter in der Task Force UN ECE„Strategy for Education for Sustai-nable Development“, Mitglied desUNESCO-Nationalkomitees zur De-kade „Bildung für nachhaltige Ent-wicklung“, derzeit Vizepräsident derUniversität Lüneburg.

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Richard Helbling / Verena Schwarz

Bildung für nachhaltigeEntwicklung soll curricular werdenZum Stand der Diskussion in der Schweiz

rischen Bildungslandschaft findet sich daher eine ausgespro-chen heterogene Regelungsvielfalt. Die drei großen Sprachre-gionen führen zudem ihren eigenen schulpolitischen und päda-gogischen Diskurs. Schulträger sind die Gemeinden, Klein-räumigkeit und lokalpolitische Verankerung sind Kennzeichender Schulorganisation. Die Lehrpersonen schließlich verfü-gen dank der weitgefassten Lehrpläne über einen großen Ge-staltungsspielraum, tragen aber auch große Verantwortungfür die Bildungsinhalte.

Die Institutionenvielfalt im schweizerischen Bildungssys-tem verlangsamt Anpassungs- und Veränderungsprozesse.Die notwendige Koordination und Abstimmung finden aufder Ebene der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Er-ziehungsdirektor/innen (EDK) statt. Einheitlich festgelegt sindüber das Konkordat von 1970 das Schuleintrittsalter, die Dau-er der Schulpflicht und der Schuljahresbeginn. Darüber hin-aus kann die EDK lediglich Empfehlungen und Rahmenrichtli-nien erarbeiten; eine Verpflichtung, diese zu befolgen, be-steht für die Kantone nicht.

Auf der kantonalen, regionalen und nationalen Ebene sindgegenwärtig gewichtige Reformprozesse im Gang. Dabei hatsich der Trend zur Harmonisierung deutlich verstärkt. Daszeigt sich am deutlichsten bei den Lehrplänen und Bildungs-standards. Vorreiterin ist dabei die welsche Schweiz, die imJahr 2004 einen ausgearbeiteten Entwurf für einen Rahmen-lehrplan für die Welschschweizer Kantone (Plan d’EtudesCadre de Suisse Romande-PECARO) in die Vernehmlassunggeschickt hat. Die Diskussion um einen gemeinsamen Lehr-plan für die Deutschschweizer Kantone ist eben erst lanciertworden. Das ehrgeizigste und gleichzeitig umstrittenste Vorha-ben ist das sogenannte HarmoS-Projekt (Harmonisierung derobligatorischen Schule) der EDK. Es umfasst die Entwick-lung von gesamtschweizerisch verbindlichen Bildungsstan-dards für die sogenannten PISA-Fächer (Erstsprache, Fremd-sprachen, Mathematik und Naturwissenschaften).

Die Schweiz und die Agenda 21

Die Schweiz hat 1999 die nachhaltige Entwicklung in ihreVerfassung aufgenommen. Artikel 2 (‚Zweck’) der Bundes-verfassung erklärt die Nachhaltige Entwicklung zu einemStaatsziel, und Artikel 73 (‚Nachhaltigkeit’) fordert Bund und

Zusammenfassung: Die Diskussion um Bildung für nach-haltige Entwicklung in der Schweiz, die in diesem Beitragdargestellt wird, ist ein Abbild der vielgestaltigen schweize-rischen Bildungslandschaft. Sie zeichnet sich aus durch eineVielfalt an Akteuren und Projekten, an Meinungen und Posi-tionen, gleichzeitig aber durch wenig zentrale Steuerungund Koordination. Der föderalistische Bildungsaufbaus zähltzu den besonderen Rahmenbedingungen für die Umsetzungder UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“(BNE) in der Schweiz. Inhaltlich dreht sich die Konzept-und Strategiediskussion einmal um das Verhältnis von BNEzu den sektoriellen Ansätzen (Umweltbildung, Globales Ler-nen, Gesundheitsförderung etc.), zum anderen um die Posi-tion von BNE gegenüber dem Bildungssystem. Dabei stehtdie Frage nach der Curriculumsfähigkeit von BNE im Zen-trum.

Abstract: The discussion on education for a sustainabledevelopment in Switzerland, which is presented in this arti-cle is a reflection of the variously shaped Swiss educationallandscape. It is distinguishes by a variety of actors and pro-jects, opinions and positions;but at the same time showslittle central control and coordination. The federal organi-zation of the educational system is one of the specific basicconditions for the realization of the UN-decade „Educationfor a sustainable development“(BNE) in Switzerland. Regar-ding the contents, the concept and the strategic discussionfocus on one hand the relationship between BNE and theattempts performed in other fields (environmental education,global learning, health care etc.) and on the other hand theposition of BNE towards the educational system. Central tothis discussion is the question if one is able to implementBNE into the curriculum.

Eigenheiten der Schweizer Bildungs-landschaft

Das Bildungssystem der Schweiz ist gekennzeichnet durcheinen ausgeprägten Föderalismus. Die Schulhoheit liegt lautBundesverfassung bei den 26 Kantonen. Es gibt kein Bundes-ministerium für Bildung, der Bund ist lediglich für die Hoch-schulpolitik und die Berufsbildung zuständig. In der schweize-

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Kantone dazu auf, ‚ein auf Dauer ausgewogenes Verhältniszwischen der Natur und ihrer Erneuerungsfähigkeit einerseitsund ihrer Beanspruchung durch den Menschen andererseits’anzustreben. Da diesen Verfassungsbestimmungen eine di-rekte Anschlussgesetzgebung fehlt, haben sie in erster Liniedie Funktion einer handlungsleitenden Vision. Im Hinblickauf den Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung in Johannes-burg verabschiedete der Bundesrat im Frühjahr 2002 eine‚Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002’, die auf die Bedeu-tung von kantonalen, regionalen und kommunalen Nachhal-tigkeitsstrategien unterstreicht.

Ab 1997 entstanden in der Schweiz die ersten Lokale-Agen-da 21-Prozesse. Bis heute sind in der Hälfte der Kantone sol-che Prozesse in Gang gesetzt worden, in vier weiteren ist eineEinführung geplant. In 138 Gemeinden wurden Nachhaltig-keitsprozesse angestoßen; sie machen 4,5% der SchweizerGemeinden aus. Das ist ein im Vergleich zu anderen europäi-schen Ländern tiefer Satz. Allerdings leben in den beteiligtenGemeinden fast 30% der Bevölkerung.

Es wäre gewagt zu behaupten, das Konzept der nachhalti-gen Entwicklung habe sich in der Schweiz als gesellschaftli-ches Leitbild durchgesetzt. Die laufenden Nachhaltigkeits-prozesse liegen zu fast 80% in den Händen der jeweiligenExekutiven, der Verwaltung und offiziell eingesetzten Komi-tees. Auch wenn am Prozess zahlreiche Akteure beteiligt sind:Nachhaltige Entwicklung ist noch nicht im Bewusstsein derbreiteren Bevölkerung angelangt.

Bildung für eine nachhaltige Entwick-lung

Die Relevanz von BNE seit 2002Vor 2002 war Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in

der Schweiz kaum ein Thema, zumindest nicht in Bildungs-fachkreisen. Die intensivere Beschäftigung mit BNE begannmit den Vorbereitungen auf den Weltgipfel 2002 in Johannes-burg. Die dabei von der Stiftung Bildung und Entwicklung(SBE) initiierten Prozesse und Veranstaltungen zielten daraufab, das Thema auf die Agenda der bildungspolitischen Diskus-sion zu setzen. Ende 2001 organisierte die SBE neun Expert/innen-Runden mit Fachpersonen aus der Schweizer Bildungs-landschaft. Diese Vorarbeiten mündeten in den nationalenBildungskongress ‚Nachhaltige Entwicklung macht Schule– macht die Schule nachhaltige Entwicklung?’ im Novem-ber 2002 in Bern. Der Kongress war breit abgestützt (sechsBundesämter, Schweizersche Konferenz der kantonalen Er-ziehungsdirektorInnen, drei Lehrer/innen-Organisationen,Schweizer Netzwerk Gesundheitsfördernder Schulen, StiftungBildung und Entwicklung und Stiftung UmweltbildungSchweiz), und mit der Teilnahme von 570 Interessierten ausSchulen, Behörden und Organisationen aus allen Landest-eilen fand die zweitägige Veranstaltung eine überraschendgroße Resonanz. Zwar blieb der Kongress in bezug auf diebegriffliche Klärung von BNE hinter den Erwartungen zurück.Sein Hauptziel, Bildung für nachhaltige Entwicklung als The-ma in der Bildungsdiskussion zu platzieren und Folgeaktivi-täten anzustoßen, wurde jedoch erreicht.

(© www..lukemarvin.de)

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Die UN-Dekade

Es war ein glücklicher Umstand, dass am20. Dezember 2002, also unmittelbar nachdem nationalen Bildungskongress, die Welt-dekade ‚Bildung für nachhaltige Entwick-lung 2005-2014’ ausgerufen wurde. Sie gabder Arbeit zu BNE entscheidenden Schub.Bereits vor dem offiziellen Beginn der Deka-de hat sich die Anzahl der Akteure als auchder Aktivitäten und Projekte zu BNE ver-vielfacht.

Von den politischen Entscheidungsträ-gern in der Schweiz ist die Dekade bislangmit distanziertem Interesse zur Kenntnis ge-nommen worden. Bis heute ist ein einzigerparlamentarischer Vorstoß zu verzeichnen,bisher ohne sichtbares Ergebnis. Auch hatnoch keine Institution die Federführung für die Dekade über-nommen. Die innenpolitisch zuständigen Instanzen wären dieKantone; diese sind aber von anderen Problemen absorbiertund am Thema kaum interessiert. Die EDK kann daher nur inbegrenztem Umfang eine federführende Rolle spielen. In Fra-ge kämen auch die für Außenpolitik zuständigen Bundesbe-hörden; aber diese fürchten die innenpolitischen und finanzi-ellen Implikationen einer solchen Leitfunktion. Schließlich willdie schweizerische Unesco-Kommission aus ähnlichen Über-legungen diese Aufgabe nicht übernehmen.

Die politische Legitimation der UN-Dekade ist in derSchweiz also noch schwach. Gemeinsame Visionen, eine strate-gische Orientierung und folglich auch ein nationaler Aktions-plan müssen erst noch erarbeitet werden. Erste Strukturen füreine bessere Koordination und Vernetzung der laufenden Pro-jekte und Aktivitäten sind jedoch vorhanden.

Die wichtigsten AkteureDie Zahl der Akteure im Bereich BNE in der Schweiz nimmt

seit 2002 ständig zu. An der Diskussion um BNE in der Schweizhaben folgende Institutionen und Organisationen maßgebli-chen Anteil:

- Die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren(EDK) hat nach dem Bildungskongress 2002 ein wichtigesSignal gesetzt, indem sie seit 2003 in ihrem Tätigkeitsprogrammden Arbeitsschwerpunkt 19 (von insgesamt 27) neu unter demBegriff ’Nachhaltige Entwicklung’ führt. Dieser Arbeitschwer-punkt zielt darauf ab, ‚das Konzept der nachhaltigen Entwick-lung in Schule und Unterricht integrieren zu helfen, vorab anden Themen Gesundheit, Entwicklung und Umwelt’.

- Auf der Bundesebene sind die sechs Bundesämter (Ent-wicklung und Zusammenarbeit - DEZA; Umwelt, Wald undLandschaft - BUWAL; Gesundheit- BAG; Raumplanung- ARE;Berufsbildung und Technologie- BBT; Bildung und For-schung- SBF), die bereits zur Trägerschaft des Kongressesgehört haben, zu nennen. Sie sind Teilnehmer der EDK-Platt-form und stellen die finanziellen Mittel für die gemeinsamenProjekte. Zudem sind zwei Bundesämter (DEZA und BUWAL)die Hauptgeldgeber der zwei nachfolgend genannten Stiftun-gen.

- Die Stiftung Bildung und Entwicklung (SBE) und die

Stiftung Umweltbildung Schweiz (SUB) sind von ihrem Man-dat her die wichtigsten privaten Organisationen im BereichBNE. Die SBE (als Vertreterin des Globalen Lernens) und dieSUB (als Vertreterin der Umweltbildung) sind die ersten An-sprechpartner sowohl der EDK als auch der Plattform. Sietragen gemeinsam die Verantwortung für das sogenannteBNE-Forum und führen zusammen regionale Fachkolloquienzu BNE durch.

- Die 15 Pädagogischen Hochschulen sind die neuen In-stitutionen der Lehrerinnen- und Lehrerbildung in der Schweiz.Ihr Pflichtenheft umfasst neben Aus- und Weiterbildung derLehrkräfte auch den Bereich Forschung & Entwicklung. Meh-rere PHs (Solothurn, Aargau, Zürich, Zentralschweiz) habenBNE als Forschungsschwerpunkt aufgenommen. Diese PHsnehmen teil am BNE-Forum und an der laufenden BNE-Dis-kussion.

- Die NGO-Bildungskoalition ist ein Verbund einiger Um-welt-, Entwicklungs- und Jugendorganisationen. Sie interve-niert vor allem auf der politischen Ebene und schaltet sich einbei der Vernehmlassung von Gesetzesvorlagen (vor allem zurBerufsbildung und Hochschulpolitik).

- Die Schweizerische UNESCO-Kommission hat mittlerweileein internes Dekaden-Komitee mit einem kleinen Betriebs-budget eingerichtet. Zudem stellt sie ihre Newsletter für denInformationsaustausch zur Verfügung.

- Aus dem Umfeld der Hochschulen ist GéDuc zu erwäh-nen, eine von Lehrenden und Studierenden der Uni Genf ge-gründete NGO, die sich dafür einsetzen will, dass das Kon-zept der nachhaltigen Entwicklung vermehrt in den Hoch-schulen Einzug hält. GéDuc hat anfangs 2005 eine große Veran-staltung zu diesem Anliegen durchgeführt.

Es fehlt in der Schweiz noch an einer effektiven nationalenKoordination. Es haben sich aber zwei Strukturen etabliert,die begrenzte Koordinationsfunktionen wahrnehmen können:

- Das BNE-Forum ist nach dem Kongress zur Sicherstellungder Folgearbeit ins Leben gerufen worden und umfasst heutealle wichtigen Akteure im Bereich BNE. Es trifft sich dreimalpro Jahr und dient der gegenseitigen Information, dem Erfah-rungsaustausch sowie als ‚sounding board’ für Ideen, Konzep-te und Projekte.

(© www..lukemarvin.de)

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- Die Plattform EDK-Bundesämter „Bildung für nachhal-tige Entwicklung“ ist als Koordinationsorgan zwischen EDKund Bund konzipiert. Sie bestimmt aber zunehmend auch dieAgenda der BNE-Diskussion und der Bildungsdekade. Alserstes offizielles Organ hat sie eine positive Stellungnahmezur Dekade abgegeben und plädiert für ein gemeinsames Vor-gehen von Bund, Kantonen und privaten Organisationen.Sie hat die Lehrer/innenbildung als eine ihrer Prioritäten be-stimmt und erwägt die Schaffung eines Projektfonds zur För-derung von spezifischen BNE-Projekten.

Dank der Kleinräumigkeit der Schweiz stehen sich die Ak-teure hier näher als in anderen europäischen Ländern. Dasgilt insbesondere für die VertreterInnen von Umweltbildungund Globalem Lernen. Dahinter steht die Überzeugung, dassdas Zusammengehen der verschiedenen sektoriellen Ansät-ze eine Voraussetzung für die Integration von BNE im Bil-dungssystem darstellt.

Kaum präsent im Kreis der BNE-Akteure sind die Kantoneund ihre Bildungsverwaltungen. In ihrer großen Mehrheit kön-nen sie in BNE bisher keinen Mehrwert für die Schule er-kennen. Das gilt im großen Ganzen auch für die Lehrerschaft.Selbstverständlich gibt es auch in der Schweiz eine beträcht-liche Anzahl von Lehrpersonen, die sich mit Feuer für BNEeinsetzen und einzelne Themenfelder zum Gegenstand ihresUnterrichts machen. Aber die meisten Lehrpersonen nehmenBNE lediglich als weitere zusätzliche Aufgabe für die Schulewahr.

Diskussion um Konzept und Strategie

Bildung für nachhaltige Entwicklung ist in der Schweiz einebildungspolitische Leitidee, hingegen noch kein fassbaresBildungskonzept, das sich auf ein konsolidiertes Verständnisunter Fachleuten abstützen kann. Das Lernfeld von BNE wirdfast ausschließlich von den sektoriellen Ansätzen (Umwelt-bildung, Globales Lernen, Gesundheitsförderung, Menschen-rechts-Erziehung, etc.) geprägt. Diese vertreten partikulareinhaltliche Interessen, sind oft additiv, konkurrieren mitein-ander und stehen mit ihren Angeboten am Rande des Bil-dungssystems. Alle an BNE interessierten Organisationen ver-missen zwar das Fehlen eines gemeinsamen Verständnisses,gleichzeitig wollen alle ihr spezifisches Label behalten; ge-sucht wird daher nach einem BNE-Konzept, das niemandemwehtut.

Die Konzept- und Strategiediskussion wird in der Schweizvor allem in Bezug auf zwei Gesichtspunkte geführt:

Verhältnis von BNE zu den sektoriellen Ansätzen- ‚BNE ist eine Fortschreibung von Umweltbildung.’ Das

ist wohl die am meisten verbreitete Wahrnehmung von BNE.Sie ist in Umweltfachkreisen und insbesondere in der franzö-sisch- und italienischsprachigen Schweiz populär. Für die wel-sche Schweiz fällt dabei ins Gewicht, dass diese Sichtweiseim ganzen frankophonen Raum unter dem Begriff „Educationà l’environnement vers un dévelopement durable“ vorherrscht.

- ‚BNE ist übergeordnetes Ziel der verschiedenen sektori-ellen Ansätze.’ Nach diesem Verständnis sind die verschiede-

nen sektoriellen Bereiche als Zugänge zu BNE zu sehen. Dem-nach leisten Umweltbildung, Globales Lernen, Gesundheits-förderung, Menschenrechts-Erziehung etc je ihren spezifi-schen Beitrag zu BNE. Dabei ist die Liste der sektoriellen Be-reiche nach allen Seiten offen.

- ‚BNE ist ein neues Bildungskonzept und bedeutet nichtsanderes als die positive Leitformulierung von Rio in die Bil-dungssysteme hineinzutragen.’ Dahinter steht die Ansicht,dass BNE entsprechend der Rio-Formel und im Gegensatz zuden partikularen Ansätzen nicht an den Defiziten der heuti-gen Gesellschaft anknüpft, sondern sich am Leitbild einerzukünftigen gerechten Welt orientiert; BNE ist daher auf ei-ner übergeordneten Ebene anzusiedeln. Im Wesentlichen gehtes darum, verschiedene Fachdisziplinen auf die Perspektiveeiner nachhaltigen Entwicklung auszurichten.

Verhältnis von BNE zum BildungssystemEs besteht weitgehend Übereinstimmung darüber, dass

BNE, wie die verschiedenen sektoriellen Ansätze auch, nochaußerhalb des Bildungssystems steht, dass BNE aber im Bil-dungssystem Eingang finden muss. Ganz unterschiedlich sindaber die Antworten auf die Frage nach den möglichen Zugän-gen, d.h. wo und wie BNE in bezug auf den Fächerkanonsangesiedelt werden soll.

- Als die pragmatischste Lösung gilt der Projektansatz, d.h.BNE findet im Rahmen von frei gestalteten Schulprojektenstatt.

- Am häufigsten wird BNE als ein von allen oder zumindestmehreren Fächern wahrgenommenes transversales Anliegengesehen; damit wird BNE Teil der Allgemeinbildung.

- Dem steht die Meinung gegenüber, dass die Inhalte vonBNE nur über einen eigenständigen Lernbereich regelmäßigund wiederkehrend unterrichtet werden können. Dabei liegtder Fokus nicht so sehr auf der Einführung einer neuen Fach-disziplin, sondern vielmehr auf einem bestehenden, aber imSinne von BNE veränderten Fach.

Bei der inhaltlichen Debatte geht es vorwiegend um Kom-petenzformulierungen. Dabei wird auf bereits vorhandeneModelle zurückgegriffen, etwa auf die OECD-Schlüsselkom-petenzen, auf das von Gerhard de Haan geprägte Konzept derGestaltungskompetenz oder auf die von Anne Versailles (UniLüttich) entwickelten Transversalkompetenzen. Diese Diskus-sion zeichnet sich durch ein große Flughöhe mit geringerVerknüpfung zur Praxis aus. Erst in Ansätzen wird bislang derFrage nach dem singulären kognitiven Gehalt von BNE nach-gegangen. Thematische Beliebigkeit bleibt daher bis auf Wei-teres ein Merkmal von BNE.

In Bildungskreisen wird kritisiert, dass BNE nur als neueAufgabe an die Schule wahrgenommen und nicht nachge-fragt wird, was die Schule dank BNE denn überhaupt gewin-nen könne. An der UNECE-Ministerkonferenz in Vilnius (März2005) hat die von der EDK angeführte Schweizer Delegationden Standpunkt vertreten, dass BNE danach beurteilt werdenmüsse, inwieweit sie die Schule bei der Erfüllung ihres Bil-dungsauftrags unterstützen kann.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass sich die BNE-Diskussion in der Schweiz durch eine Vielfalt an Meinungenund Positionen auszeichnet. Ein allgemein anerkannter

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Referenzrahmen liegt vorläufig nochnicht vor, nicht zuletzt deshalb, weil BNE(ähnlich wie Globales Lernen) nochkaum Gegenstand der pädagogischenForschung in der Schweiz ist. Dochhaben einige Pädagogische Hochschu-len erste Schritte getan, indem sie sichBNE als Profilschwerpunkt auf die Fah-ne geschrieben haben und ihre For-schungsarbeiten langsam vorantrei-ben.

Projekte und Aktivitäten

Laufende Projekte- Das Forschungsprojekt ’Bildung

für eine nachhaltige Entwicklung:Didaktische Konzeption und Umset-zung in der Schulpraxis’ der Interfa-kultären Koordinationsstelle für Allgemeine Ökologie und desInstituts für Pädagogik und Schulpädagogik der UniversitätBern hat zum Ziel, die Anforderungen an eine Bildung fürnachhaltige Entwicklung zu bestimmen und für die Primar-schul-Unterstufe zu konkretisieren. Das didaktische Konzeptliegt vor und ist in der Praxis erprobt worden. Aus der laufen-den Datenauswertung sind bereits erste Trends erkennbar:Die Lehrpersonen erleben die Bündelung der vielen Einzelt-hemen und Aktivitäten als Erleichterung und sind fasziniertvon den Vernetzungsmöglichkeiten von BNE. Planung undDurchführung des Unterrichts sind aber sehr aufwändig, ent-sprechende Materialien müssen noch erarbeitet werden.

- Die SBE hat im September 2004 im Rahmen der Vernehm-lassung zum ersten Entwurf des Rahmenlehrplans für dieWelschschweizer Kantone (PECARO) eine ausführliche Ein-gabe erarbeitet. Die SBE siedelt dabei BNE in der Allgemein-bildung (sog. ‚Formation générale’) an, welche die vier Berei-che ‚Citoyenneté’, ‚Altérité’, ‚Environnement’ und ‚Complexitéet Interdépendances mondiales’ umfasst. Die Auswertung derVernehmlassung ist zwar noch nicht abgeschlossen, aber dieChancen, dass BNE im neuen Rahmenlehrplan Eingang fin-det, sind gut. Weniger erfolgreich waren bisher die Versuchezur Aufnahme von BNE ins HarmoS-Projekt der EDK. Die In-tegration von BNE in HarmoS bleibt aber ein zentrales lang-fristiges Anliegen.

- Ein internes Forschungsprojekt der Pädagogischen Hoch-schule Zürich widmet sich einer systematischen Untersu-chung von Kompetenzformulierungen in den Bereichen Um-weltbildung, Gesundheitsförderung und Globales Lernen. Eswill einen Beitrag zur Entwicklung fachübergreifender Stan-dards für die Bildung für nachhaltige Entwicklung leisten.

- Profilschwerpunkt der PH Solothurn: Derzeit wird einumfassendes Curriculum für die Lehrer/innen-Ausbildungkonzipiert. Zudem will die PH Solothurn, ausgehend von vor-liegenden Forschungsarbeiten, die pädagogischen und di-daktischen Grundlagen von BNE weiter entwickeln.

- Die beiden Stiftungen SBE und SUB führen seit Herbst2004 in Zusammenarbeit mit Pädagogischen Hochschulen vorOrt regionale Fachkolloquien mit dem Ziel durch, die

Konzeptdiskussion aus den Zentren hinauszutragen. Am ers-ten Fachkolloquium im November 2004 in Kreuzlingen TGhob Prof. Jürgen Oelkers von der Universität Zürich in sei-nem Inputreferat hervor, dass BNE generell curricular werdenmüsse, wenn es im Bildungssystem Eingang finden wolle. Im2005 finden zwei Fachkolloquien in der Zentral- und West-schweiz statt.

- Das von der Universität Genf lancierte, groß angelegteProjekt Climatic bietet Schulen in der Schweiz die Möglich-keit an, während drei Jahren (2005 - 2008) drei Forschungs-vorhaben zu Klima- und Umweltveränderungen (in Arktis, Ant-arktis und Kongobecken) zu begleiten. Das Projekt stellt dafüraufgearbeitetes didaktisches Material zur Verfügung (Internet-Plattform, Unterrichtsblätter, audiovisuelle Hilfen, Comics).

Projekte in Vorbereitung- Eine Studie der EDK zur Begriffsklärung und zur Adap-

tation von BNE soll erste Antworten zur Frage liefern, inwie-weit BNE zwingend in den Bereich des schulischen Lernensgehört. Mit dem Mandat beauftragt sind die InterfakultäreKoordinationsstelle für angewandte Ökologie (IKAÖ) der Uni-versität Bern und die Pädagogische Hochschule Waadt. Er-

Errata: In der ZEP 2-2005 war im Beitrag von Lang-Wojtasik/Scheunpflug übder die Aktivitäten der ZürcherProjektgruppe formuliert worden: „...Vielmehr werden mitHilfe der Delphi-Methode Experten interviewt und vordiesem Hintergrund dann ein Kompetenzmodell für denfächerübergreifenden Bereich Globales Lernen bzw. Bil-dung für Nachhaltigkeit zu entwickeln versucht“ (S. 6).Verena Schwarz weist in einer Email an die Redaktiondarauf hin, dass das Ziel der Studie bescheidener sei. Esgehe darum, im deutschsprachigen Raum bestehende oderin Entwicklung befindliche Kompetenzformulierungen inden Querschnittbereichen Umweltbildung, Gesundheits-erziehung und Globales Lernen mittels Literaturrecher-chen sowie Experteninterviews zu untersuchen. (Die Re-daktion)

(© Stiftung Bildung und Entwicklung)

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wartet wird von den Expert/innen die Definition eines Minimal-programms BNE für die Grundschulausbildung mit einem ge-stuften Bildungsgang über die gesamte Schulpflicht sowieVorschlägen für die Verortung von BNE in den Lehrplänen.Die Ergebnisse der Studie sollen bis im Oktober 2006 vorlie-gen.

- Die Plattform EDK-Bundesämter will in den nächsten Wo-chen ein Projekt zur Erarbeitung eines Modell-LehrgangsBNE für die Sekundarstufe I ausschreiben; angesprochensind dabei in erster Linie die Pädagogischen Hochschulen.Der Lehrgang soll neben einer konzeptionellen Klärung vonBNE didaktische Vorschläge und ausgearbeitete Unterrichts-einheiten für das neunte Schuljahr enthalten.

Fazit

Die UN-Dekade liefert einen äußerst förderlichen Rahmenfür die Implementierung von BNE im Bildungssystem. Sie bie-tet die Gelegenheit für eine weltweite Diskussion über dielangfristige Ausrichtung der Bildungssysteme im Hinblick aufGlobalisierung, Demokratie, Bevölkerungswachstum, Armuts-bekämpfung und Weltwirtschaftsordnung, Völkerrechte undGewalt, Sicherheit und Frieden, globale Umwelt. Diese Debat-te kann die grundlegenden Überlegungen zum schweizeri-schen Bildungssystem unterstützen, das derzeit mitten in ei-nem Prozess der Neuorientierung steht. Nicht zuletzt sind zehnJahre ein vernünftiger Zeithorizont für die Umsetzung vonBildungsvorhaben.

Die Voraussetzungen für einen konkreten Beitrag derSchweiz zur UN-Dekade sind nicht schlecht, aber es geltenbesondere Rahmenbedingungen. So entspricht ein zentral ge-steuerter Aktionsplan nicht den föderalistischen Strukturen.Wie die Schweizer Delegation an der Ministerkonferenz derUNECE in Vilnius deutlich gemacht hat, will man vielmehr aufder Ebene von konkreten Projekten und über Abstimmungs-und Koordinationsstrukturen (Plattform, BNE-Forum) arbei-ten. Klar ist mittlerweile, dass die Beiträge zur Dekade, wennsie wirksam sein sollen, vornehmlich im Rahmen dessen erfol-gen müssen, was ohnehin geplant ist. Dabei werden sich na-tionale/paranationale und kantonale Zuständigkeiten in ei-nem relativ schwach strukturierten Rahmen auf eine inhaltli-che weitgehende Zusammenarbeit verständigen müssen. DenOrientierungsrahmen könnte das geplante Vorgehenspapierder BNE-Plattform abgeben. Die einzelnen teilnehmenden Ak-teure auf allen Ebenen werden aber weiterhin eine hohe Auto-nomie haben.

Seit dem nationalen Bildungskongress 2002 ist BNE einzentrales Anliegen der Stiftung Bildung und Entwicklung(SBE). Sie beabsichtigt, ihr Profil langfristig auf BNE auszu-richten. Hinter dieser Ausrichtung steht die Ansicht, dassBNE das Potential besitzt, die verschiedenen pädagogischenQuerschnittbereiche in einem zentralen Bildungskonzept mitstarker Werteorientierung zu vereinen und so einen gemein-samen Bildungsanspruch an die Schule zu formulieren. Umdieses Potential nutzen zu können, muss BNE curricular wer-den. Das heißt: „BNE braucht singuläre kognitive Inhalte, ei-nen gestuften Aufbau mit steigenden Schwierigkeitsgraden,eine bildungstheoretische Begründung, einen Ausbildungs-

gang für Lehrkräfte, unterscheidbare Kompetenzen und er-reichbare Ziele“ (Oelkers 2004). Zielhorizont ist dabei das Endeder Bildungsdekade.

Die SBE arbeitet auf dieses Ziel hin und will im Rahmen derlaufenden Konzept- und Strategiedebatte

- die begriffliche Diskussion ins Zentrum stellen. Ihre Beiträ-ge und Impulse entwickelt sie aus der internen BNE-Diskus-sion heraus.

- Übersicht schaffen und Zusammenhänge aufzeigen. Diesbedingt die Intensivierung von Vernetzung und Zusammen-arbeit mit den verschiedenen Akteuren, insbesondere mit derPlattform EDK-Bundesämter und im Rahmen des BNE-Fo-rums.

- Chancen und Potentiale von BNE den Lehrkräften ver-ständlich machen durch Übertragung und Übersetzung vonKonzepten und Strategien in den schulischen Alltag.

Literatur:Oelkers, J.: Bildung, Nachhaltigkeit und die Struktur der Schule. Vor-trag im Kolloquium ‚Bildung für nachhaltige Entwicklung’ am 9. No-vember 2004 in der Pädagogischen Hochschule Kreuzlingen. (http://www.paed.unizh.ch/ap/home/vortraege.html)

Key Websites:Bundesamt für Raumplanung-ARE: http://www.are.admin.ch/are/de/Conférence intercantonale de l’instruction publique de la Suisse romandeet du Tessin: http://www.ciip.ch/ciip/index.htmSchweizerische Konferenz der kant. Erziehungsdirektor/innen-EDK:http://edkwww.unibe.ch/Umweltbildung Schweiz: http://www.umweltbildung.ch/sub/de/web/index.html

Richard Helbling studierte Geschichteund Geographie (lic.phil.I) und unter-richtete mehrere Jahre an Primar- undMittelschulen sowie in der Erwach-senenbildung. Auf das Nachdiplom-studium Entwicklungsländer (INDEL)an der ETH Zürich folgte ein mehr-jähriger Projekteinsatz für Helvetasin Mali. Zurück in der Schweiz, wurdeer Programmverantwortlicher undLeiter der Auslandsabteilung bei Hel-vetas, bevor er die Tätigkeit als Lei-ter der Entschuldungsstelle der Arbeits-gemeinschaft Swissaid · Fastenopfer ·Brot für alle · Helvetas · Caritas auf-nahm. Seit Februar 1998 ist RichardHelbling Zentralsekretär der StiftungBildung und Entwicklung.

Verena Schwarz (lic.phil.I) ist ausge-bildete Primarlehrerin und Lehrerinfür musikalische Früherziehung undGrundschule. An der Universität Zü-rich studierte sie Ethnologie, Wirt-schafts- und Sozialgeschichte undVölkerrecht. Sie hat mehrjährigeUnterrichtserfahrung auf der Primar-stufe und an der musikalischenGrundschule, leitete Theaterkurse.Seit April 1998 ist sie bei der Stif-tung Bildung und Entwicklung tätig,seit Februar 1999 leitet sie die Re-gionalstelle deutsche und rätoromani-sche Schweiz. Arbeitsort: Zürich.

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Christoph Müller

Jugendpolitische Partizipation inSambia im Aufwind

Über 60% der ca. 10 Millionen Einwohner Sambias, sindunter 25 Jahre alt und 45% unter 15 Jahren. Über 70% derGesamtbevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Diesgilt vor allem für Frauen, Jugendliche und Kinder. WichtigeIndikatoren zur Beschreibung der Situation Sambias sind auchdie hohe Säuglings- und Kindersterblichkeitsraten sowieFehl- und Unterernährung, die in den letzten Jahren stark zu-genommen haben. Im Jahr 2001 waren 42% der Kinder unterfünf Jahren unterernährt.

Rund 16% der Bevölkerung sind durch HIV/AIDS infiziertund die durchschnittliche Lebenserwartung ist von 54 Jahrenin den 1980er Jahren auf heute 37 Jahre gefallen. Vor allemJugendliche in Lusaka, Livingstone, im Kupfergürtel und denStädten entlang der Eisenbahnlinien und Hauptverkehrswege,gehören zu den besonderen Risikogruppen. Die Anzahl derAIDS Waisen ist in den letzten Jahren auf ca. 600.000 ange-stiegen. Eine zunehmende Anzahl von älteren Kindern über-nimmt in „child headed households“ die Versorgung und Er-ziehung jüngerer Geschwister. Im Jahr 2000 wurden ca. 80.000Straßenkinder gezählt.

Durch die starke Verstädterung verlieren traditionelle Fa-milienstrukturen an Bedeutung. 40% der Bevölkerung Sam-bias leben in Städten. Das öffentliche Erziehungssystem be-reitet aufgrund massiver Defizite Jugendliche nur unzurei-chend auf ein neues demokratisches Wertesystem vor. VieleSchüler haben tägliche Schulwege von bis zu 10 km. LautUmfragen des sambischen Councils for Community Schoolsteilen sich im Lusaka Distrikt 8,6 Schüler ein Buch, 10,8 Schü-ler einen Tisch und die Zahl der Schüler pro m² beträgt 2,4.Nur rd. acht % der Kinder nehmen an einer Form der Vorschul-erziehung teil. Diese Chance haben vor allem Kinder in denStädten.

Die Regierungen der Post Kaunda Ära unter Chiluba undMwanawasa haben erste Maßnahmen zur sozialen Unterstüt-zung der Jugend im Rahmen einer nationalen Jugendpolitikvon 1994 unternommen und 1997 ein Aktionsprogramm zurJugendförderung verabschiedet. Verantwortlich für die Um-setzung ist das Ministerium für Sport, Jugend und KinderEntwicklung (MSYCD) unter Leitung von George Chulumanda.Auf nationaler Ebene hat das Ministerium als erste Jugend-behörde 19 Berufsbildungszentren in Provinzen eingerichtet,welche klassische Kurzausbildungen in Schreinerei, Textilver-arbeitung und Metallberufen anbieten. Die technische Aus-

stattung und Leistungsfähigkeit der Einrichtungen liegen weitunter den Ansprüchen. In jeder der neun Provinzen wur-den„Youth Development Officer“ eingesetzt, um Berichter-stattung, Jugendberatung und politische Koordination sicher-zustellen. Die Mehrheit der Büros verfügen weder über Tele-fonanschlüsse, Transportmittel, noch Computer und operati-ve Budgets. Unter Jugendorganisationen besteht der Eindruck,dass „ihr“ Ministerium die meiste Energie und Ressourcen indie Sportförderung und hier in den medien wirksamen Fuß-ball investiert, so dass die Jugendförderung auf der Streckebleibt.

Seit Ende der 1990er Jahre nimmt die Neugründung vonJugendorganisationen und Netzwerken der Zivilgesellschaftin Sambia zu. Traditionelle Jugendverbände, die ihre Wurzelnin Gründungen der Kolonialzeit haben, sind in Sambia weitverbreitet. Dazu gehören die Christlichen Vereine JungerMänner und Frauen (YWCA und YMCA), die Pfadfinderbe-wegung, die Rotkreuzjugend und kirchliche Verbände. Siezeichnen sich durch starke administrative Strukturen, ein In-formationsgefälle zwischen Lusaka und der Peripherie sowieein geringes Angebot attraktiver jugendgemäßer sozialpäda-gogischer Programme aus. Es gibt einen starken Einfluss er-wachsener Führungskräfte, die als Berufsjugendliche derMutterorganisationen und Zentralen in Lusaka häufig eineTop-Down-Organisationskultur mit geringer Verankerung inden Provinzen bestimmen.

Mit Unterstützung internationaler Geber haben sich schlan-kere interessen- und selbsthilfeorientierte Jugendinitiativengebildet, die die Jugendgesundheit, die Verfassungsreform,die Revision der Jugendpolitik von 1994, den Kampf gegenArbeitslosigkeit und für Pressefreiheit zum Thema gemachthaben. Dazu gehören Youth Alive, eine christliche HIV/AIDSorientierte Bewegung, die auf ugandische Erfahrungen auf-baut und von Misereor sowie Brot für die Welt gefördert wird.Das Youth Constitutional Coordinating Committee (YCCC)mit 12 Mitgliedsverbänden und die National Youth Consti-tutional Assembly (NYCA) engagieren sich in allen sambi-schen Provinzen erfolgreich durch politische Bildungsarbeitfür eine aktive Jugendbeteiligung in der Reform der NationalenJugendpolitik und Verfassung. Die Gesellschaft für Techni-sche Zusammenarbeit und die Friedrich-Ebert Stiftung unter-stützen YCCC als Netzwerk für Knowledge Sharing undjugendpolitische Lobbyarbeit sowie strategische Planung.

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Mit Unterstützung der deutschen Entwicklungszusammen-arbeit und gemeinsam mit UNICEF sowie dem Common WealthJugendprogramm fanden in allen sambischen Provinzen mehr-tägige Jugendhearings zur Diskussion der aktuellen Jugend-politik und ihrer Defizite statt. Über 1800 Jugendliche nahmenan diesem Prozess aktiv teil und formulierten auf einem Natio-nalen Jugendkongress in Lusaka vom ihre Forderungen andie Regierung:

- Der Einsatz von Finanzmitteln aus der HIPC Entschul-dungsinitiative für Jugendförderung öffentlicher und priva-ter Organisationen.

- Die Einrichtung eines demokratisch gewählten nationa-len Jugendrates mit 70% jugendlichen Mitgliedern und Ablö-sung der bisher üblichen Berufungspraxis von Experten durchdie Regierung.

- Die Bildung eines Nationalen Freiwilligenzentrums zur Be-ratung und Weiterbildung von Jugendinitiativen und Verbän-den sowie zur Koordination Internationalen Freiwilligen-austausches.

- Die Einrichtung von Jugendbüros der nationalen Behör-den auf Distriktebene und Qualifizierung des Personals inMethoden der Jugendarbeit.

- Intensivierung und Koordination der Zusammenarbeit vonJugend- und Erwachsenen Organisationen in der formalenund non-formalen Bildungsarbeit im Kampf gegen HIV/AIDS,Arbeitslosigkeit und gegen Mädchen Benachteiligung.

- Aktive Maßnahmen zur Integration und Antidiskriminie-rung behinderter Jugendlicher und Reform des Jugendstraf-vollzuges.

- Kooperation von Nationalen Jugendbehörden, Jugendver-bänden der Privatwirtschaft und Internationalen Gebern inder nachhaltigen Finanzierung von Jugendförderung.

Heute sind über 300 Jugendorganisationen beim NationalYouth Development Council (NYDC) Sambias registriert. Auchin Sambia ist die Gründung von Jugend NGOs eine Ein-kommens- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für junge Funk-tionäre. Legitimität, Integrität Basisnähe und Wirkungsorien-tierung sind Kriterien von Mitgliedern der Jugend NGOs undinternationalen Kooperationspartnern in der Bewertung ihrerAktivitäten, besonders der zentralen Strukturen in Lusaka.

Misstrauen, Konkurrenz und Korruption bilden Hindernis-se für Capacity building in und zwischen Jugendorganisatio-nen. Good Governance, Mangel an Transparenz, Mitbestim-mung der örtlichen Gliederungen und schwache Serviceleis-tungen der Zentralen für periphere Strukturen, werden häufigals Defizite von NGOs im Baseline Survey der GTZ 2004 ge-nannt.

Eine Serie von Trainingsmaßnahmen für Multiplikatorensambischer Jugend- und Erwachsener NGOs zu Themen effi-zienter Vortandsarbeit, NGO Management und der finanziel-len Mittelbeschaffung wurden vom DED in Kooperation mitInWent begonnen, die der Fortsetzung auf Provinzebene be-darf. In mehreren Pilotdistrikten der Schwerpunktprovinzendeutscher Technischer Zusammenarbeit haben sich RundeTische von Jugend NGOs und der Jugendbehörden gebildet:In Livingstone, Chiapata, Choma und Lusaka um z.B. denAufbau lokaler Jugendzentren durch Freiwilligenarbeit zu koor-

dinieren.Die Mehrheit der Jugend NGOs folgt eher den Geldflüssen

und Moden ihrer Geber und weniger der eigenen strategi-schen politischen Planung. Die aktive Beteiligung von Jugend-organisationen in allen Distrikt- und Provinz Entwicklungspla-nungsausschüssen ist Ziel der neuen Jugendpolitik. Flankie-rend standen 2005 die Fortsetzung von Capacity building Maß-nahmen im NGO Management, zur Förderung von Private-Public-Partnerships, der aktiven Mitwirkung am PRSP Moni-torring mit dem Netzwerk „Civil Society for Poverty Reduction“und der Jugendmedienarbeit auf der Tagesordnung. Wis-senstransfer zwischen den nationalen Jugendbehörden derSADC Staaten und aktiver Personalaustausch im Rahmen derNEPAD Strukturen sind Elemente des Aktionsplanes zur Um-setzung der neuen sambischen Jugendpolitik, die einen prakti-schen Beitrag zur Umsetzung der Millennium DevelopmentGoals (MDG) leisten soll.

Im Rahmen der Deutsch-Sambischen Entwicklungszusam-menarbeit unterstützten die GTZ und der Deutsche Entwick-lungsdienst (DED) 2005 die Organisationsentwicklung vonJugendorganisationen, nationalen Behörden und Netzwerken,die Förderung nationaler und internationaler Freiwilligenarbeit,die Weiterbildung haupt- und ehrenamtlicher Leitungskräfteder Jugendarbeit sowie Fachkräfteaustausch zwischen städ-tischen und ländlichen Regionen. Partner in Deutschland sindu.a. der Service Civil International in Bonn in der Organisati-on von vier internationalen Work- und Study Camps 2005 zuden Themen Armutsbekämpfung, HIV/AIDS Prävention, Na-turschutz und Mädchenförderung sowie dem Einsatz langfris-tiger Freiwilliger als sozialpädagogische Mitarbeiter lokalerJugend NGOs in der Süd- und Ostprovinz Sambias.

Die Deutsche Katholische Jugend in den Bistümern Aachenund Paderborn unterstützt bilaterale Jugendprojekte in Sam-bia. Mehrere Deutsche Schulen und Hochschulen unterhal-ten aktive Partnerschaften. Im September 2005 organisiertedie GTZ die Durchführung eines sambisch-deutschen Netz-werkes zur Jugendförderung in Bonn, in Kooperation mit demDeutschen Zweig des Service Civil International.

Christoph Müller ist Diplom Pädagoge und war bis November 2005Berater für Jugend Förderung der GTZ in Sambia.Kontakt: [email protected]

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Porträt Porträt Porträt Porträt Porträt Porträt Porträt Porträt Porträt Porträt Porträt

Facing History and Ourselves

What is Facing History and Ourselves?Facing History and Ourselves is an American based not-for-

profit educational and teacher training organization that providesmiddle and high school educators with tools for teaching historyand ethics, and for helping their students learn to combatprejudice with compassion, indifference with participation, mythand misinformation with knowledge. Facing History offers aninterdisciplinary approach to citizenship education thatconnects the history of the Holocaust and other examples ofgenocide to the moral questions young people face in theirown lives. The program engages students in an education thatencourages the skills, promotes the values, and fosters theideals needed to sustain a democratic society.

To study and teach Facing History is to experience meaning-ful professional and adult development. Rather than givingteachers a ready made curriculum, Facing History provides aframework and many varied resources, drawing from history,the arts, economics, literature and science. Teachers then createa course appropriate to the curricula, the philosophy of theirown schools and to the dynamics of their classroom.

The journey which is encompassed by a Facing Historycourse begins by examining issues of personal identity and thecomplexity of ways that society affects the individual. Thisexamination raises important issues of stereotyping, prejudice,and discrimination as they have occurred in history, andstudents are encouraged to think about connections to theirpresent worlds. They are then introduced to an in depth casestudy, examining the nature of a fledgling democracy - theWeimar Republic – the reasons leading to it’s downfall and therise of the National Socialism. In the case study, students studythe steps leading to the collapse of democracy and the choicesopen to individuals. They consider the consequences ofchoices made and not made. They analyze concepts of judgmentin history and ways in which that history is memorialized andbecomes legacy. In the concluding sections of the program,students investigate individuals who made a difference in theirsocieties and explore the ways in which participation can makea difference.

Although the principle case study focuses on German histo-ry, Facing History teachers use its pedagogic framework toexamine other related historical situations in their courses – theArmenian genocide, the genocide in Rwanda, apartheid in SouthAfrica, or other issues like the American civil rights movement.

Teachers and students examine how the study of memoryand legacy of previous conflicts could be related to the ques-tion of prevention. This study goes along with the develop-ment of materials about the changes of the internationalstandards of law, human rights questions and institution buil-ding. The most recently developed resources deal in particularwith the question of genocide prevention and include readingsof the ongoing genocide in Sudan and address the work ofpeace builders. Facing History has also prepared readings andlessons plans in the aftermath of the September 11 attacks thatexplore connections between region and identity.

Founded in 1976, Facing History has regional centers in Bos-ton, Chicago, Cleveland, Los Angeles, Memphis, New York, SanFrancisco, and representatives in Europe, with more than 20,000educators in its network. With more than 113 staff members, andwith Internet-based resources reaching globally, Facing Historyengages over 1.5 million students annually.

How does Facing History support educators?Many educators begin their Facing History journey at week-

long institutes that explore the program’s content and methodo-logy, challenge their thinking, invigorate their teaching, and sparknew ideas about how to approach history and ethics with theirstudents. Institutes are conducted in America, Europe and inAfrica. Online seminars and forums have been developed toenable teachers to take introductory workshops via e-learning.The next seminar starts beginning February 2006. To furtherengage scholars and educators around the world, and as part ofits own ongoing research and development, Facing History alsooffers international online forums on such themes as: crimesagainst humanity and civilization: the genocide of the Armenians;engaging the future: religion, human rights, and conflictresolution; and educating for a civil society after collectiveviolence.

Educators in the Facing History network receive follow-upsupport through individual consultation, the opportunity to par-ticipate in workshops and community events, and access toFacing History’s online resources. Its website offers a variety ofinformation, including readings, curriculum outlines, lessonplans, downloadable books and study guides, and onlinemodules. An online campus expands delivery of the core pro-gram and extends follow-up services for educators through theWeb. The campus allows educators around the globe to accesslesson plans and teaching strategies, and share ideas with Fa-cing History staff and colleagues. Educators can also borrowbooks, videos, articles, and other materials from Facing History’sextensive resource library, or arrange to bring students togetherwith survivors and witnesses of genocide, rescuers, communityactivists, artists, and scholars.

International work of Facing HistoryFacing History is currently developing and implementing pro-

grams for teachers and students to several countries around theworld, including Rwanda, South Africa, the Czech Republic,Columbia and the United Kingdom. In the Czech Republic FacingHistory has established a partnership with one of the country’skey teacher networks, which is developing materials in Czech.With other partners Facing History has been invited by theRwandan Ministry of Education to support the development ofa new history curriculum after the genocide.

Facing History also has a contact person in Germany and isexploring how the materials could be used in German classrooms.As the materials are in English this pilot project will be done incooperation with bilingual schools.

Information: http://www.facinghistory.org/

Arne Lietz ([email protected])

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Seite 36 28. Jg. Heft 3 September 2005ZEP

VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIEDeutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft / Kommission Vergleichende und Internationale Erziehungswissenschaft

UNESCO-Chair „Higher Educationfor Sustainable Development“ inDeutschland eingerichtetUniversität Lüneburg für Bemühungen um NachhaltigeEntwicklung an Hochschulen ausgezeichnet

Nachhaltige Entwicklung ist das zentrale Leitbild für dieLösung der großen Zukunftsfragen der Menschheit. Ziel desneu eingerichteten UNESCO-Lehrstuhls „Hochschulbildungfür nachhaltige Entwicklung“ an der Universität Lüneburg istes, dieses Leitbild in universitärer Forschung und Lehre zuverankern und durch internationale Kooperation mit Univer-sitäten weltweit voranzubringen.

Seit Jahren ist das Institut für Umweltkommunikation unterLeitung von Prof. Dr. Gerd Michelsen bestrebt, den Auftragder Agenda 21 an die Bildung allgemein und an die Hoch-schulen im Besonderen ernst zu nehmen. Zwei große For-schungsprojekte waren bzw. sind1 ausschließlich der Fragegewidmet, wie Universitäten in allen ihren Funktionsbereichen(Forschung, Lehre, Management) und als Lebenswelt für diedort Tätigen Wege einer nachhaltigen Entwicklung beschrei-ten können. Die Verleihung des UNESCO-Chair würdige ins-besondere die Bestrebungen des Instituts, Bildung für einenachhaltige Entwicklung in die universitäre Lehre zu imple-mentieren, so Gerd Michelsen, der Lehrstuhlinhaber. Dies er-leichtere künftig die Initiativen an der Universität Lüneburg ,„...wir haben mächtig Rückenwind bekommen. Nachhaltigkeitals komplexes, integratives und normatives Leitbild, das durchökologische, ökonomische, soziale, kulturelle und politischeDimensionen gekennzeichnet ist, liegt quer zu traditionellenStrukturen im wissenschaftlichen Bereich. Damit steht dieuniversitäre Lehre vor der Herausforderung, Lernprozesse zuinitiieren, die durch offene Arbeitsprozesse mit einem weitenBlickwinkel charakterisiert sind. Inhalte einer nachhaltigenEntwicklung sind in einer Art und Weise zu bearbeiten, in derdie Komplexität, die Vernetztheit und auch die Offenheit aufder Handlungsebene nicht wegdefiniert, sondern nachvoll-ziehbar gemacht werden.“

Das Programm der UNESCO-Chairs wurde 1992 von der 26.Generalkonferenz ins Leben gerufen. Seither gibt es weltweitüber 590 UNESCO-Lehrstühle in über 120 Ländern. UNESCO-Lehrstühle, die übrigens keine finanzielle Förderung erhalten,verpflichten sich, durch internationale Zusammenarbeit, inter-kulturellen Dialog und interdisziplinäre Lehre und Forschungzu den Zielen der UNESCO beizutragen. Das Themenspektrumist breit, und langsam wächst die Zahl derer, die wie der Lüne-burger Chair dezidiert „Nachhaltige Entwicklung“ als Aufga-be gestellt bekommen haben.

Zwischen den UNESCO-Lehrstühlen und ihren Universitä-ten sollen Netzwerke entstehen. Aus diesem Grund – und kei-neswegs nur um einen feierlichen Rahmen für die Eröffnung desUNESCO-Chair zur Nachhaltigkeitsbildung zu bieten – ludendie Universität Lüneburg und die Deutsche UNESCO-Kommis-sion Ende September zu einer internationalen Auftaktkonferenzmit dem Titel: „Higher Education for Sustainable Development:

New Challenges from a Global Perspective” ein. Die Resonanzzeigte, dass damit offensichtlich brennende Fragen zur künfti-gen Entwicklung von Hochschulen angesprochen wurden.

Die Veranstalter konnten Wissenschaftlerinnen und Wis-senschaftler aus über 20 Ländern und fünf Kontinenten be-grüßen, die sich im Laufe der Konferenz in Workshops mitFragen zu „Sustainability in Learning and Teaching“, „Pro-duction and Transfer of New Knowledge“ und „Interculturaland Global Learning“ befassten.

In seinem Grußwort bezeichnete UNESCO-GeneralsekretärDr. Roland Bernecker die Bildung für eine nachhaltige Ent-wicklung als „eine Angelegenheit von hoher Priorität“. Dasweltweite Netzwerk von UNESCO-Chairs sei ein wertvollesInstrument, um die Arbeit der UNESCO für Zukunftssiche-rung, Gerechtigkeit und Frieden mit Wissen und bürgerschaft-lichem Engagement zu unterstützen.

Eindrucksvolle Berichte über die Rolle der Hochschulenbei der Lösung von Umwelt- und Nachhaltigkeitsproblemenin Nord- und Südamerika weiteten dann den Blick in globaleDimensionen und bildeten den Auftakt für den Gedanken-austausch zwischen den Wissenschaftlern und Wissenschaft-lerinnen aus Europa, Afrika, Asien, Amerika und Australien.In Workshops suchte man nach gemeinsamen Forschungs-fragen, die unter Federführung des Lüneburger Lehrstuhls inden nächsten Jahren gemeinsam bearbeitet werden sollen.Diese weltweite Kooperation stellte Gerd Michelsen als einwichtiges Ziel des Chair und als Antwort auf die Herausfor-derungen der Globalisierung heraus. Über die Anbindung andas internationale UNESCO-Netzwerk solle sich das Institutzu einem Kompetenzzentrum für Bildung für eine nachhaltigeEntwicklung im universitären Kontext entwickeln.

Als Präsident der Deutschen UNESCO-Kommission über-reichte der niedersächsische Wirtschaftsminister WalterHirche Professor Michelsen den am 12. September in Parisunterzeichneten Vertrag zwischen der Universität und derWeltorganisation. Er betonte in seiner Ansprache die großeBedeutung von Kultur, die dazu beitragen könne, dass dienachhaltige Entwicklung zum zentralen Leitbild einer huma-nen Globalisierung werde.

Die Konferenz war auch ein wichtiger Beitrag aus Deutsch-land zur Weltdekade der Vereinten Nationen „Bildung für nach-haltige Entwicklung (2005-2014)“. Die Dekade verfolgt dasZiel, Nachhaltigkeit als ein zentrales Element in Bildungs-prozessen zu verankern. Als Highlight fand die Auszeichnungsogenannter „Dekade-Projekte“ statt, zu diesem Anlass wa-ren Vertreter von Bildungsprojekten aus ganz Deutschlandangereist. Mit künstlerischen Darbietungen brachten sie Far-be und Fröhlichkeit in die ohnehin durch internationale Viel-falt lebhafte Konferenz.

Angela Franz-Bahlsen

Anmerkungen

1 1999 – 2001: Projekt „Agenda 21 und Universität“ (http://idw-online.de/pages/de/news367729); 2004 – 2007: Projekt „SustainableUniversity“ (www.uni-lueneburg.de/infu/sustuni)

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28. Jg. Heft 3 September 2005 Seite 37ZEP

VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIEDeutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft / Kommission Vergleichende und Internationale Erziehungswissenschaft

Podiumsdiskussion zu GlobalemLernen in Berlin

Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus unterstützen seitJahren auf verschiedenen Ebenen die Verbreitung des GlobalenLernens. Am 29. 11. 2005 luden sie zu einer Podiumsdiskussionein, bei der sie Vertreter/innen aus der Bildungsverwaltung,Wissenschaft, NRO und dem Gripstheater in eine konstruktiveDiskussion brachten. Das Kinder- und Jugendtheater war des-halb mit dabei, weil die Theaterpädagogen und die Dramaturgiein einem zwei Jahre währenden Prozess ein „Mitmachtheater-stück“ zum Thema Kinderarbeit und einen „Globalisierungskri-mi“ produzierten („Der Ball ist rund“). Dabei hat das Theaterintensiv auf die Erfahrungen der Berliner Szene des GlobalenLernens zurückgreifen können. Aus dieser Perspektive und auchaus den jeweils anderen Blickrichtungen wurde für die letztenzehn Jahre eine positive Bilanz der Verbreitung des Ansatzesgezogen. Entwicklungen der Globalisierung hätten zu einem ver-stärkten Interesse an entsprechenden Fragestellungen geführt.Dabei kämen allerdings häufig mehr emanzipatorische Heran-gehensweisen zu kurz, da es Vielen lediglich um eine – wie auchimmer gestaltete – Vorbereitung auf das Globalisierungsphä-nomen ankomme. In den nächsten Jahren müsse Globales Ler-nen stärker als bisher in das Regelangebot der Schule undanderer Einrichtungen integriert werden. Besonders deutlichwürden Mängel auch in der Lehrerbildung, wo von einer nach-haltigeren Integration des Themenbereiches noch keine Redesein kann. Auch die Verbindungen zur eher umweltpädagogischausgerichteten BLK 21-Szene müssten stärker ausgebaut wer-den, wie eine Vertreterin des BLK-Transfer-Programms deutlichmachte. Ein Aktionsprogramm zur Umsetzung der Dekade BNEmüsse für Berlin erstellt werden, wobei Hamburg hier Vorbildsein könne. Der Abgeordnete Oliver Schruofeneger erklärte vorden etwa 50 Anwesenden, er werde sich mithilfe des parlamen-tarischen Instrumentariums für eine Umsetzung der verschiede-nen Vorschläge einsetzen.

(Red.)

Mehrwert MenschPersonelle Entwicklungszusammenarbeit im Kreuzfeuer

„Wir konzentrieren uns auf das, was wir gut können.“ So-weit Klaus Risch, Personalchef der Hilti AG zum Erfolgsge-heimnis des Schweizer Unternehmens auf einer Fachtagungzur Personellen Entwicklungszusammenarbeit. Die Veranstal-ter Arbeitgemeinschaft für Entwicklungshilfe, HORIZONT3000, Interteam und Liechtensteiner Entwicklungsdienst hat-ten Vertreter aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Kir-che Anfang Mai 2005 nach Lindau am Bodensee eingeladen,um Vorteile und Leistungsfähigkeit der Vermittlung von Ent-wicklungshelfern zu diskutieren und zukunftsweisende Pers-pektiven zu entwickeln.

Personelle Entwicklungszusammenarbeit ist seit den 1950erJahren in der Gesellschaft hoch geachtet. Aber in Zeiten knap-

pen Geldes wird sie von den Akteuren der Entwicklungszu-sammenarbeit zunehmend hinterfragt. Der menschliche Fak-tor, das solidarische Mitleben und die Partnerschaftlichkeitscheinen vor dem Hintergrund knapper Kassen eine zu ver-nachlässigende Größe. Ungeachtet der professionellen Ar-beit, die Entwicklungshelfer heute leisten, hängt ihnenüberdies oft das Image des Idealistischen und leicht Unpro-fessionellen an.

Übereinstimmung herrschte bei den Diskussionsteilneh-mern zunächst darüber, dass der Transfer von Know How aufprofessionellem Niveau zwar notwendig ist, jedoch als Allein-stellungsmerkmal für die Personelle Entwicklungszusammen-arbeit viel zu kurz greift. Der Faktor Mensch ist unverzichtbar,wenn man mehr will als reine technokratische oder finanzielleUnterstützung für die Partnerorganisationen im Süden.

Alle Podiumsvertreter betonten die Bedeutung der Werte-vermittlung nach beiden Seiten, die durch das Mitleben und -Arbeiten in einer anderen Kultur angestoßen wird. PetraNavara, Geschäftsführerin von HORIZONT3000 brachte esauf den Punkt: „Interkultureller Austausch von Professionali-tät, Solidarität und Spiritualität ist seit jeher und immer nochder added value des Personaleinsatzes: die Kombination ausinternationalem Wissen, Methoden, Instrumenten, Weltbil-dern und Kulturen, … ergänzen und befruchten einander, er-möglichen neue Erkenntnisse und fördern letztendlichEntwicklung – im Süden und im Norden.“

Den interkulturellen Austausch sah auch Bianca Buchmann,Geschäftsführerin der Firma Hospital Engineering und Präsi-dentin des Afrikavereins für deutsch-afrikanische Wirtschafts-beziehungen als große Chance für die Entwicklung vonWirtschaftsstrukturen. Wertebildung sei die Aufbauarbeit fürdie Kooperation auf Wirtschaftsebene, sagte die Geschäfts-frau.

Für Obiora Ike, Direktor des Catholic Institute for Deve-lopment, Justice, Peace and Caritas in Enugu, Nigeria, denKulturaustausch ist der Dialog, der durch die PersonelleEntwicklungszusammenarbeit ermöglicht wird der Weg derZukunft. Dies hat auch Rudolf Zeiner, Programmdirektorder Austrian Development Agency, im Blick, wenn er dieStärke der Personellen Entwicklungszusammenarbeit in derBefähigung der Südpartner am Politik-Dialog sieht. Es gehenicht nur darum ihre Interessen zu vertreten, sondern sieauch aktiv in den Dialog mit einzubeziehen.

Für Günter Bonnet, Ministerialdirigent im BMZ, ist nebender fachlichen Professionalität der Entwicklungshelfer vorallem der Kontakt zur Bevölkerung und die fortlaufendeBedarfsanalyse vor Ort ein großes Plus. „Fachkräfte sindAntennen, die die Bedürfnisse der Bevölkerung aufnehmen.“Unverzichtbar sei nach der Rückkehr aus dem Entwicklungs-dienst auch die Rückkoppelung ihrer Erfahrungen in dieentwicklungspolitische Bildungsarbeit. Bischof Leo Schwarzaus Trier ging noch weiter und regte an über einen zeitlichbefristeten Einsatz von Personal der südlichen Partnerländerin Organisationen der EZ in Deutschland nachzudenken. EinAustausch also in umgekehrter Richtung.

Für die Geschäftsführer/innen der vier Personaldienste war

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VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIE VIEDeutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft / Kommission Vergleichende und Internationale Erziehungswissenschaft

am Ende klar, dass sie alle Gründe hätten, sich offensiver undselbstbewusster zu präsentieren. Für Klaus Risch, sind dieUmsatzzahlen der Hilti AG ein klares Messinstrument dafür,dass das Unternehmen mit seiner Philosophie „Begeisterungder Kunden durch bessere Zukunft für die Mitarbeiter“ – unddamit der Orientierung am Faktor Mensch – auf dem richtigenWeg ist. Auch die Personelle Entwicklungszusammenarbeitsieht im Mittelpunkt den Menschen und sein Entwicklungs-potential. Aber nur selbst zu wissen, dass die geleistete Ar-beit gut und sinnvoll ist, reicht heute nicht mehr aus. Wenndie Personaldienste auch in Zukunft im Wettbewerb mit an-deren Diensten und Institutionen bestehen wollen, müssensie dringend Messinstrumente und Indikatoren entwickeln,mit denen die positiven Ergebnisse der Personellen Entwick-lungszusammenarbeit auch objektiv erhoben werden können.

Katharina Engels

„Bin ich, was ich mir kaufen kann? –Konsum und globale Gerechtigkeit“Zweite Brandenburger entwicklungspolitischeBildungs- und Informationstage (BREBIT)

Wie wollen wir leben? Führen wir den Anspruch der Nach-haltigkeit nur im Mund weil es gerade en vogue ist? Wenn wirlernen, was das bedeutet und es andere lehren, sind wir selbstauch bereit es zu leben?

Diese und andere interessante Fragen zum individuellenund gesellschaftlichen Lebensstil beschäftigten etwa 1.000Brandenburger von Perleberg bis Cottbus an elf Orten imRahmen der Zweiten Brandenburger EntwicklungspolitischenBildungs- und Informationstage (BREBIT). Mit dem themati-schen Schwerpunkt Konsum und globale Gerechtigkeit hat-ten die Mitglieder der Koordinationsgruppe angeregt, sichmit dem eigenen Konsumverhalten zu beschäftigen und dabeiauch zu schauen, wie die Produzenten leben und was diesekonsumieren.

Es wurde Wissen vermittelt – über die Äpfel in Markendorfgenauso wie über Schokolade aus Bolivien, über die LausitzerTextilindustrie und über Näherinnen in Bangladesch. Es wur-den Fragen gestellt, Antworten gesucht und Handlungs-optionen aufgezeigt. Für Potsdamer regnete es faire Rosen,als Mitglieder des Aktionsladens Eine Welt über Blumen aussozial- und umweltgerechter Produktion informierten. Schü-ler/innen der Kant Gesamtschule Falkensee beschäftigten sichmit dem günen Gold aus roten Kirschen und erfuhren dabeiviel über Kaffee, fairen Handel und Brandenburger Partner-kaffee.

Vor einem Jahr war der Brandenburger Partnerkaffee zu denersten Entwicklungspolitischen Bildungs- und Informations-tagen auf den Markt gekommen. Im Oktober 2005 konnteMichaela Blaske vom Tansaniafreundeskreis „Twendepampja“ berichten, dass bereits 1.300 Päckchen mit jeweils500 Gramm Arabikakaffee aus dem tansanischen Hochlandverkauft wurden. Der Solidaritätsbeitrag von 494 Euro konntein die Ausstattung von Bibliotheken auf Sansibar (Tansania)

investiert werden. Dies ist ein kleiner Brandenburger Beitragzum Aufbau einer weltweiten Entwicklungspartnerschaft, wiesie als eines der Millenniumsentwicklungsziele der VereintenNationen gefordert wird, die mit diesen Aktionen einer brei-ten Öffentlichkeit näher gebracht werden sollten.

Neben eintägigen Projekten gab es zwei Potsdamer Schüler-gruppen, die sich langfristig mit einem Thema auseinander-setzten. An der Voltaireschule arbeiteten Schüler/innen einerachten Klasse drei Monate lang an einer ganz besonderenZeitung, in der sie der Frage nachgingen: „Was braucht derMensch zum Leben?“ Die achtseitige Zeitung berichtet zumBeispeil über den Coltanabbau im Kongo und veröffentlichtdie Umfrage der Jugendlichen in einer Fußgängerzone, wo sievon Passanten wissen wollten: „Was hat ihr Handy mit demKrieg im Kongo zu tun?“.

In der Waldstadtgrundschule beschäfigte sich eine Grup-pe ein Schuljahr lang mit Papier. Die Schüler/innen haben nichtnur gelernt, wie viel Wald in ihren Schulheften steckt, siehaben auch Konsequenzen gezogen: An ihrer Schule gibt esnur noch Recyclingpapier. Stolz präsentierten die Mädchenund Jungen auf der Abschlussveranstaltung in Frankfurt/Oderihre Erfahrungen und brachten Schulhefte aus Recyclingpa-pier mit, um zum Nachmachen zu motivieren.

Die Beispiele sind nur ein Ausschnitt aus der Vielfalt derArbeit. Es ist uns gelungen, in diesem Jahr viele neue Akteurezu gewinnen. Die BREBIT-Akteure – das sind Vereine, Grup-pen, Schulen, Einrichtungen und Einzelpersonen, die sichentwicklungspolitisch engagieren und in den Bereichen Glo-bales Lernen, Interkulturelle- und Umweltbildung aktiv sind.Leider blieben einige dieser Angebote ungenutzt. Daher istein Thema für die Auswertung die Frage, wie es uns in Zu-kunft besser gelingt, Angebot und Nachfrage zusammen zubringen.

Die Koordinationsgruppe mit inzwischen zwölf Vertreternaus verschiedenen Vereinen hat zum zweiten Mal bewiesen,wie viele Aktionen man gemeinsam anregen kann, um einegrößere Öffentlichkeit dafür zu sensibilisieren, Globalität inunserem Alltag bewusster wahrzunehmen und die Gestaltungs-räume in der globalisierten Welt auszufüllen.

Die folgenden BREBIT werden sich mit dem Thema „Kultu-relle Vielfalt“ beschäftigen

Birgit Mitawi (RAA Brandenburg e.V.)

Info: [email protected]., www.brebit.org

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28. Jg. Heft 3 September 2005 Seite 39ZEP

VENRO VENRO VENRO VENRO VENRO VENRO VENRO VENRO VENRO

Wechsel in der VENRO-Geschäftsstelle

Seit Anfang September ist Dirk Bange als Referent für Me-dien,- Öffentlichkeits- und Inlandsarbeit in der VENRO-Ge-schäftsstelle tätig. Er tritt die Nachfolge von Steffen Beitz an,der die jüngst zusammengelegten Arbeitsgruppen Bildungund Lokal-Global in den vergangenen sechs Jahren unter-stützt hatte. Zu den bisherigen beruflichen Stationen von DirkBange gehört u.a die Tätigkeit bei der Andheri-Hilfe Bonn e.V.(Projektreferent Indien sowie Öffentlichkeitsarbeit) und beider Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit(Consultant für Öffentlichkeitsarbeit im Bereich internationa-ler Umweltkonventionen und Umweltbildung und Umwelt-kommunikation). Kontakt: [email protected].

Seit dem 01. August 2005 ist Anne Storcks bei VENRO fürden Bereich „Sport und Entwicklung“ zuständig. Zu ihrenwichtigsten Aufgaben gehören die Vorbereitung und Koordi-nation der geplanten Fachtagung zum Thema „Sport und Ent-wicklung“ im März 2006 und der europäischen Summer Schoolzum selben Thema im Juni 2006 (siehe folgende Mitteilung).A. Storcks war zuvor in der Misereor Bildungsabteilung alsReferentin der BDKJ-Jugendinitiative tätig. Kontakt: [email protected].

Neue VENRO-Publikation zum Thema Bildungfür nachhaltige Entwicklung

Zur UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ist dasVENRO-Arbeitspapier Nr. 15 „Kurs auf eine nachhaltige Ent-wicklung – Lernen für eine zukunftsfähige Welt“ Erschienen.Das VENRO-Papier wurde von Klaus Seitz und Jörg-RobertSchreiber in Zusammenarbeit mit der VENRO-Arbeitsgruppe„Bildung lokal-global“ erstellt und liefert einen VENRO-Diskussionsbeitrag zur UN-Dekade „Bildung für nachhaltigeEntwicklung“. Es enthält u.a. einen Maßnahmenkatalog mitEmpfehlungen zur Umsetzung der UN-Dekade in Deutschland.Das Papier kann bei der VENRO-Geschäftsstelle bestellt wer-den und steht zum Download als PDF-Dokument auf der VENRO-Homepage bereit unter: http://www.venro.org/publikationen/archiv/VENRO-Positionspapier%2015.pdf

Die vorletzte VENRO-Vorstandssitzung hatte das ThemaInlandsarbeit zum Schwerpunkt. Dabei wurde das Arbeitspa-pier, das in Kürze auch in englischer Übersetzung vorliegenwird, vom Vorstand sehr positiv bewertet. Angestrebt wirdeine gemeinsame Pressekonferenz zur Präsentation des Pa-piers oder eine Podiumsdiskussion seiner Inhalte mit der GEW.

Sport und entwicklungspolitische Bildungs- undEntwicklungszusammenarbeit

Im Jahr der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland or-ganisiert VENRO zwei Veranstaltungen unter dem Titel: „Sportentwickelt“. Eine Fachtagung zum Thema „Entwicklungs-politische Bildung und Sport“ richtet sich an Vertreter/innen

des organisierten Sports, entwicklungspolitischer Organisa-tionen und der Fachmedien. Die Tagung wird voraussichtlicham 16. März 2006 stattfinden. In Zusammenarbeit mit demDevelopment Education Exchange in Europe Project (DEEEP)des europäischen NRO-Dachverbandes CONCORD veran-staltet VENRO vom 11. bis 18. Juni 2006 zum gleichen Themaeine europäische Summer School. Die einwöchige Veranstal-tung richtet sich an Personen, die in der entwicklungspoliti-schen Bildungsarbeit tätig sind.

Zur Vorbereitung beider Veranstaltungen wurde eineVENRO-Arbeitsgruppe gebildet, die sich aus Vertreter/innenaus der Arbeitsgruppe „Bildung lokal-global“ sowie VENRO-Mitgliedsorganisationen zusammensetzt. Für beide Veran-staltungen sucht VENRO Best-Practice-Beispiele zum ThemaSport und entwicklungspolitische Bildungs- und Entwick-lungszusammenarbeit. Bitte wenden Sie sich an die Koordi-natorin in der VENRO-Geschäftsstelle: Anne Storcks ([email protected], Tel. 0228 / 966 99 310).

Aktion Deine Stimme gegen Armut übergibt300.000 Unterschiften an Bundeskanzler Schröder

Die Aktion Deine Stimme gegen Armut hat BundeskanzlerGerhard Schröder am 09. September 2005 anlässlich des zwei-ten internationalen „White Band Day“ rund 300.000 Stimmengegen Armut übergeben. Zuvor hatten ca. 300 Helfer/innenMedienvertreter/innen und der Öffentlichkeit ein 800 Meterlanges weißes Band - das Symbol der weltweiten Aktion – inacht Reihen auf der Reichtagswiese präsentiert. Bei der Über-gabe der Stimmen durch die VENRO-Delegation an GerhardSchröder forderte VENRO-Vorstandsvorsitzender ReinhardHermle den Bundeskanzler auf, sich für die Erreichung derMillenniums-Entwicklungsziele einzusetzen, begonnene Ini-tiativen fortzusetzen und verbindliche Zusagen zugunstender Entwicklungsländer zu machen. Auch in anderen deut-schen Städten fanden am zweiten „White Band Day“ Aktio-nen statt.

Mehr Informationen und Fotos unter: www.deine-stimme-gegen-armut.de.

VENRO-Gespräch mit Bundespräsident HorstKöhler

Der VENRO-Vorstand ist am 22. September in Berlin zu ei-nem Gespräch mit Bundespräsident Horst Köhler zusammen-gekommen. Dabei ging es um die Rolle der deutschenNichtregierungsorganisationen (NRO) in der Entwicklungs-zusammenarbeit und um eine entwicklungspolitische Bilanznach dem G8-Gipfel von Gleneagles und dem Millennium+5-Gipfel in New York. Bei diesem ersten Treffen zwischenVENRO-Vertretern und dem Bundespräsidenten kam auch dieRolle der entwicklungspolitischen Inlands- und Bildungs-arbeit zur Sprache.

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Seite 40 28. Jg. Heft 3 September 2005ZEPKurzrezension Kurzrezension Kurzrezension Kurzrezension Kurzrezension Kurzrezension

Jens Horbach/Joseph Huber/Thomas Schulz (Hg.): Nach-haltigkeit und Innovation. Rahmenbedingungen für Umwelt-innovation. München: ökom- Verlag 2003, 254 S., ISBN 3-936581-13-4, EUR 25,00.

Dieses Buch entstand im Zusammenhang mit dem BMBF-Förderschwerpunkt „Rahmenbedingungen für Innovationenzum nachhaltigen Wirtschaften“. Nach einem Jahr For-schungsarbeit werden darin erste Ergebnisse und Arbeits-schwerpunkte präsentiert. Von den insgesamt zwölf geförder-ten Projekten stellen sich acht in diesem Buch vor. So wirdzum Beispiel das konzeptionelle Gerüst des Projektes „Zeit-strategien ökologischer Innovationspolitik“ dargelegt. Hierwird die Annahme getroffen, dass es Zeitfenster gibt, in de-nen es leichter ist, Innovationen anzustoßen. Diese sollenidentifizierbar werden. Zwei Gruppen beschäftigen sich mitInnovationen im Industriebereich der Chemie. Besonders in-teressant im Hinblick auf Bildungsfragen ist dabei, dass hierdie Aussage getroffen wird, „Umgang mit Nichtwissen ist einSchlüssel zur Innovation“ (S. 107). Weitere Artikel beschäfti-gen sich mit Fragen nach Kooperationspartnern und Koope-rationssystemen in der Industrie oder Politik. Insgesamt wid-met sich das Buch vor allem Fragen der Wirtschaftsforschung.

Weitere Informationen zum Stand der Forschung, zur Ar-beitsweise und zum Projekt insgesamt können unter www.rwi-netzwerk.de eingesehen werden.

Christine Schmidt

Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie (Hg.):Fair Future. Ein Report des Wuppertal Instituts. BegrenzteRessourcen und globale Gerechtigkeit. München: C.H. Beck2005. 278 S., ISBN 3-406-52788-4, EUR 19,90.

1996 hat das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und En-ergie mit dem Buch Zukunftsfähiges Deutschland. Ein Bei-trag zu einer global nachhaltigen Entwicklung ein Zeichenin der Umweltpolitik gesetzt. Vier Jahre nach der Rio-Konfe-renz hatte die „Ökobibel“, wie sie seinerzeit auch genanntwurde, eine für heutige Zeiten kaum vorstellbare umwelt-politische Resonanz ausgelöst. Warum? In ZukunftsfähigesDeutschland wurde vier Jahre nach der Rio-Konferenz zumersten Mal in aller Deutlichkeit das Leitbild Nachhaltige Ent-wicklung in seinen Konsequenzen für Deutschland mit um-fangreichen Datenmaterial unterfüttert und in acht Leitbil-dern und dazu gehörenden Wende-Szenen konkretisiert. Dieökonomische, die ökologische und die gesellschaftlich-kul-turelle Dimension von Nachhaltigkeit nahmen in ihrer Ver-netztheit Gestalt an. Das war für viele Menschen in einer in-dustriellen Wohlstandsgesellschaft erwartungsgemäß unbe-quem, z.B. wenn ein Tempolimit auf Autobahnen von 100 km/h, auf Landstraßen Tempo 80 und in Ortschaften Tempo 30 ineiner Wende-Szene gefordert wurde oder wenn von „Gut le-ben statt viel haben“ die Rede war. Nun meldet sich dasWuppertal Institut wieder mit einer Publikation zu Wort (na-türlich neben zahlreichen Veröffentlichungen der Mitarbeiterdes Instituts und den Wuppertal Papers):

Bereits der Titel des Buches zeigt an, dass sich Fair Futu-

re in der grundlegenden inhaltlichen Intention vom 1996-erBuch unterscheidet: Es geht jetzt vorrangig um globale Zu-sammenhänge, bei denen die Bezüge zu den Ländern desNordens zwar immer wieder eingeflochten, aber eher allge-mein angesprochen werden. Konkrete umweltpolitische Po-sitionen oder gar Konsequenzen für das Handeln von Men-schen in den Ländern des Nordens werden sehr zurückhal-tend in der einerseits – andererseits - Diktion formuliert undbeziehen sich zudem auf Bereiche, die in interessierten Krei-sen nicht neu sind, etwa die Fair trade - Bewegung. An Be-kanntes zu erinnern – auch in den grundlegenden Fakten,etwa an die „Faustformel“: Ein Viertel der Weltbevölkerungbeansprucht drei Viertel der Ressourcen – mag immer wiedernützlich sein, aber ein wenig mehr Deutlichkeit hätte man sichhinsichtlich umweltpolitischer Aussagen schon vorstellenkönnen. An „ausgewogenen“ Äußerungen in Partei-, Ver-bands- und Gutachtenschriften mangelt es nicht. Das renom-mierte Wuppertal-Institut wird es sich sicherlich erlaubendürfen, wissenschaftlich fundierte aber dennoch deutlichePositionen zu vertreten, z.B. warum das Postulat des qualita-tives Wachstums in der gegenwärtigen deutschen Arbeits-marktdebatte kaum noch zu hören ist. Am fruchtbarsten schei-nen mir die Kapitel 4, 5 und 6 zu sein, in denen immer wiederdas im globalen Kontext grundlegende Problemfeld Gerech-tigkeit zwischen Nord und Süd umkreist wird. Hier findet maneine innovative Interpretation des sozialphilosophischenGerechtigkeitstheoretikers John Rawls, dessen Differenz-prinzip auf Umwelt- und Entwicklungsperspektiven transfe-riert wird: „Eine Gesellschaft ist ausreichend gerecht, wennsie allen Bürgerinnen und Bürgern die gleichen Grundrechtebietet, wenn faire Chancengleichheit im Zugang zu privile-gierten Positionen besteht und wenn sie im Übrigen so organi-siert ist, dass es den am meisten Benachteiligten besser er-geht, als es ihnen erginge, wenn die Gesellschaft anders or-ganisiert wäre“ (S.136). „Benachteiligten zum Ausgleich Start-vorteile einzuräumen“ (S.152) – das ist eine (umwelt-) ethi-sche Prämisse, die für Menschen in Bangladesh gilt, die „nur“von einem Stück des Kuchens träumen, das für Menschen inIndustrieländern als Existenzminimum bezeichnet wird.

Dietmar Bolscho

Hans-Werner Kuhn: Urteilsbildung im Politikunterricht.Ein multimediales Projekt. Schwalbach/Ts.: WochenschauVerlag 2003, 206 S. (Buch, Video, CD-ROM), ISBN 3-87920-272-9, EUR 14,80 (Buch), EUR 32,00 (Video), EUR 32,00(CD-Rom), EUR 69,00 (Komplettpaket)

Betrachtet man das Material als Ganzes, so kann man zu-sammenfassend fragen: Warum heute noch Pinochet? ZurErinnerung: Der Fall Pinochet beginnt mit dem Putsch gegendie erste chilenische Demokratie unter Präsident SalvatoreAllende im Jahr 1973. Unter der Diktatur Pinochets folgenJahre der Ermordung, Folterung und Verschleppung von Tau-senden Chilenen. 1998 wird Pinochet in London inhaftiert.Die Frage der Immunität des ehemaligen Staatsoberhauptsund der daraus folgenden möglichen Straffreiheit soll durch

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Kurzrezension Kurzrezension Kurzrezension Kurzrezension Kurzrezension Kurzrezension

den englischen Außenminister Jack Straw entschieden wer-den. Aufgrund seines Gesundheitszustandes wird Pinochetfür nicht prozessfähig erklärt und darf als freier Mann nachChile zurückkehren. Dennoch: „Darf Pinochet Straffreiheitgewährt werden?“ Dieser Frage stellen sich die Schüler/innenzweier neunter Klassen in Berlin. Hans-Werner Kuhn, Politik-didaktiker an der PH Freiburg, geht dabei mit seinemMultimediaprojekt der Frage nach: „Wie können Schülerinnenund Schüler politische Urteilsbildung erwerben?“ Das Buchwird durch eine CD-Rom ergänzt, die als „Antwortmedium“ inBausteinform elektronisch aufbereitete und mit Texten, Grafi-ken und Bildern vernetzte Materialien zu den sechs Feldern„Lernwege“, „Politikdidaktische Analysen“, „Politik-unterricht“, „Unterrichtsstrategien“, „Interviews“ und „Ma-terialpool“ enthält. Den audiovisuellen Teil der CD-ROM er-gänzt ein ca. vierstündiges Video, in dem Schlüsselszenender Unterrichtsstunden in den zwei Klassen dokumentiert,zehn Fragekomplexe in drei Interviews erörtert und die beidenEinzelstunden komplett (als pdf-Datei) wiedergegeben wer-den. Wenngleich Videobücher in der Vergangenheit gelegent-lich auf den Markt kamen, so ist doch das durch eine CD-ROM angereicherte Videobuch ein Novum für den Bereichder Politikdidaktik.

Das Projekt geht auf ein Werkstattgespräch der Bundes-zentrale für politische Bildung und des Arbeitskreises „Theo-rie und Praxis“ der Deutschen Vereinigung für politische Bil-dung (DVPB) zurück, für das die beiden Unterrichtsstundenaufgezeichnet wurden. Kuhn entwickelte daraus die Idee, dievorliegenden Video-Aufzeichnungen um das Buch und dieCD ROM zu ergänzen. Diese Idee erweist sich für das didak-tische Szenario der Ersten und Zweiten Phase der Lehrenden-ausbildung als ausgesprochen hilfreich. In einer Zeit desInformationsüberflusses konzentriert sich sein Projekt auflediglich zwei Unterrichtsstunden, leuchtet aber die dahinterliegende Leitvorstellung, den Prozess der Urteilsbildung vonSchüler/innen nachvollziehbar zu machen, nach allen Rich-tungen aus. So macht es Sinn, die für ausbildungsdidaktischeZiele notwendige Breite durch einen komplexen Zugriff inForm dreier komplementärer Module, Buch, CD-ROM undVideo, zu gewährleisten.

Die Frage nach dem Zentrum des Projekts lässt sich leichtbeantworten. Es stellt zweifellos die Aufzeichnung der beidenUnterrichtsstunden mit der Frage an die Schüler/innen dar,ob Pinochet aus Großbritannien ausreisen durfte. Hervorra-gend lässt sich mit den an einem solchen Projekt arbeitendenLehramtsstudierenden oder Referendarinnen die innere Ar-chitektur politischer Urteile von Schülerinnen und Schülernerkennen. Dabei wird eines der Forschungsdesiderate für dieEntwicklung politischer Urteilsfähigkeit allgemein offenbar:Wir wissen wenig darüber, in welchem Alter Schüler/innenwelche Art politischer Urteile fällen, und so kommt der politik-didaktischen Hermeneutik die Aufgabe zu, im Sinne einerMikroanalyse herauszuarbeiten, wie sich Urteilsfähigkeit beiden Schüler/innen der beiden Klassen darstellt und entwi-ckelt. Allerdings – so aufschlussreich auch das Video als se-lektive Spiegelung des Unterrichtsgeschehens ist, sein linea-

rer Ablaufzwang wird erst durch die CD-ROM mit der Mög-lichkeit des problemlosen „Springens“ zwischen den einzel-nen Bausteinen kompensiert. Das Buch stellt das stabile, je-derzeit „abrufbare“ lineare Rückgrat des gesamten Projektsdar.

Das Projekt gewährt Einblicke in eine lebendige sozial-wissenschaftliche Werkstatt, in der die Politische Urteils-bildung im Zentrum steht. Dies nicht zu Unrecht, denn der § 1des Berliner Schulgesetzes spricht doch beispielsweise expli-zit von einem „Höchstmaß an Urteilskraft“, die es im Unter-richt zu vermitteln gelte.

Um der Komplexität des Themas Herr zu werden, gliedertKuhn das Buch in fünf aufeinander aufbauende Kapitel.

Im ersten Kapitel weist er in seinem fachdidaktischenProblemaufriss auf die Desiderata im Feld der Vermittlungpolitischer Urteilsfähigkeit hin, für deren Bearbeitung er diezentralen Elemente der Unterrichtsplanung, die Sachanalysen(Kerstin Pohl und Mark Arenhövel), die Lernbiografien derbeteiligten beiden neunten Klassen ebenso wie zentrale Ele-mente der Unterrichtsplanung (Bernd Knittel), vor allem aberdie beiden Unterrichtssequenzen (im zweiten Kapitel) zur Ver-fügung stellt. Die Transkripte der Unterrichtssequenzen derbeiden Klassen (in voller Länge als pdf-Datei auf der CD-ROM) ermöglichen und erleichtern Rekonstruktion und In-terpretation des Unterrichts. Kuhn bietet aus seiner Perspek-tive eine fachdidaktische Interpretation der Schlüsselszenenbeider Unterrichtsstunden an, die noch einmal (im drittenKapitel) vom Unterrichtenden selbst und Karin Kroll unterder Aussage Carl Bonhoeffers „Nichts von dem, was wir imanderen verachten, ist uns selbst ganz fremd“ reflektiert wird.Wie ist es möglich, so paraphrasiert Karin Kroll die Schüler/innen aus den Unterrichtsversuchen, dass Einzelne an dieMacht eines Staates kommen, Folterungen und Mord befeh-ligen, dafür nicht bestraft werden und die Menschlichkeit aufder Strecke bleibt? Krolls Beitrag spiegelt die durchgängighohe hermeneutische Kompetenz bei der methodisch kon-trollierten Interpretation derjenigen Teile des Buches, die sichdem Dekodieren des videographierten Unterrichts widmenund machen sie sowohl zu einer Fundgrube für das fach-didaktische Anliegen der Entwicklung kategorialer politischerUrteilsfähigkeit (Peter Massing) als auch für die Verstetigunginterpretativ-hermeneutischer Unterrichtsforschung.

Kuhn rundet das Projekt im vierten Kapitel durch drei In-terviews ab, die er mit zwei Praktikern, Kurt Lach und BerndKnittel (letzterer hielt die beiden Stunden) sowie Peter Massing,Politikdidaktiker an der FU Berlin, führt und beschließt dasBuch mit praktisch handhabbaren methodischen Hinweisen,Unterrichtsstrategien genannt, die sich zwar auf den FallPinochet beziehen, aber letztlich auf jeden anderen Fall ausdem politischen Alltag übertragen werden können.

Die dokumentarischen und fachdidaktischen Interpretati-onen der Unterrichtsgespräche lassen deutlich erkennen, wiesinnvoll es sein kann, Äußerungen von Schüler/innen in ih-rer Entwicklung hermeneutisch zu interpretieren. Dies istallerdings nur möglich, weil bestimmte Schlüsselszenen derbeiden aufgezeichneten Unterrichtsstunden für die CD-ROM

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Seite 42 28. Jg. Heft 3 September 2005ZEPKurzrezension Kurzrezension Kurzrezension Kurzrezension Kurzrezension Kurzrezension

aufbereitet worden sind, so dass sie beispielsweise in Veran-staltungen der Ersten oder Zweiten Phase der Lehrendenaus-bildung reproduziert werden können. Förderung hermeneuti-scher Kompetenz, so könnte man, auf einen prägnanten Be-griff gebracht, das Ziel beschreiben, wovon die Lehrenden-ausbildung in beiden Phasen mit dem Einsatz des Medien-pakets von Hans-Werner Kuhn profitieren kann.

Hanns-Fred Rathenow/André Küppers

Sozialpädagogisches Institut im SOS-Kinderdorf e.V. (Hg.):Migrantenkinder in der Jugendhilfe. Mit Beiträgen vonFranz Hamburger, Ursula Boos-Nünning, YasemineKarakasoglu, Christel Sperlich, Kristin Teuber, Karin Hau-brich, Kerstin Frank. Autorenband 6 der SPI-Schriftenreihe.München: Eigenverlag 2002, 188 S., ISBN 1435-3016, EUR3,50.Bezug über: Sozialpädagogisches Institut im SOS-Kinder-dorf e.V., München, [email protected]

Für diesen Sammelband aus der SOS-Kinderdorf Schriften-reihe ist die These leitend, dass im Bereich der Kinder- undJugendhilfe derzeit ein Mangel an fachlichem Know-how,konzeptioneller Planung und fehlender Sensibilität für Rat-und Hilfesuchende mit Migrationshintergrund festzustellenist. Obgleich ca. 30% aller in Deutschland lebenden Kinderaus entsprechenden Familienverhältnissen stammen, ist eineinterkulturelle Öffnung der freien und öffentlichen Einrich-tungen der Jugendhilfe eher die Ausnahme. Die wissenschaft-liche Mitarbeiterin am Sozialpädagogischen Institut im SOS-Kinderdorf e.V., Kristin Teuber, schreibt hierzu: „Insgesamtwerden die Lebenssituation von Migrantinnen und Migrantenund ihre Bedeutung für das praktische Handeln im Bereichder Jugendhilfe wenig thematisiert. Die Gründe hierfür liegenbei den Fachkräften und den konkreten Arbeitsstrukturen inJugendämtern und Einrichtungen“ (Teuber, S. 79). Durch denBand soll in diesem Sinne ein Perspektivenwechsel gefördertwerden. Die defizitorientierte „Ausländerpädagogik“ aus den1970er Jahren wurde in den 1980er und 90er Jahren zur „inter-kulturellen Pädagogik“ weiterentwickelt und befindet sichheute erneut in einer Phase des Wandels bzw. der Neuorien-tierung. Zum zentralen Bezugspunkt wird dabei das Phäno-men der Migration. Hier setzt der Band an und beschäftigtsich mit Migrantenkindern in der Jugendhilfe. Eine prägnanteund übersichtliche Einführung in den Themenbereich derMigration bietet einleitend der Mainzer Professor für Sozial-pädagogik, Franz Hamburger. Seine zentrale Annahme ist, dasses interkulturellem Lernen in erster Linie um Anerkennungund um Gerechtigkeit gehen muss und nicht um eine bestimmte„Kultur“. Der Beitrag von Ursula Boos-Nünning, Professorinfür Erziehungswissenschaft an der Universität Essen, undder Turkologin Yasemine Karakasoglu, ebenfalls UniversitätEssen, macht vor dem Hintergrund des zehnten Kinder- undJugendberichts der Bundesregierung auf die interkulturellenDefizite bei Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung aufmerk-sam und fordert eine allgemeine „interkulturelle Öffnung“ inder Jugendhilfe. Sowohl inhaltlich als auch strukturell wer-den Mängel aufgeführt. Als alternative Strategie wird die

derzeit in der Praxis gefragte und bewährte so genannte Sozial-raumorientierung empfohlen.

Ähnlich argumentiert auch Kristin Teuber, die davonspricht, dass Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe so-wie auch die Regelschule vielfach nicht für Menschen mitMigrationserfahrung konzeptionell und personell ausgestat-tet sind, obgleich diese zu einer nicht unerheblichen Ziel-gruppe zählen. Was fehlt, ist ein „migrationssensibles Han-deln“ bzw. „interkulturelle Kompetenzen und Arbeits-haltungen“ (Teuber S. 75 – 134). Es geht jedoch nicht wiederum die Schaffung neuer Sondereinrichtungen. Ihr Plädoyergeht in Richtung eines ganzheitlichen Integrationsansatzesfür Einrichtungen, um Selektion zu vermeiden. Ausgangspunktist dabei ein subjekttheoretischer Ansatz. In diesem Sinnebietet sie in ihrem umfangreichen Beitrag Basiswissen für diePraxis an. In einem weiteren Beitrag berichten Karin Haubrich(Deutsches Jugendinstitut) und Kerstin Frank (freiberuflicheSozialwissenschaftlerin) über Möglichkeiten mobiler Jugend-sozialarbeit, die im Rahmen eines Projekts von 1995 bis 1999erprobt wurden. Es geht dabei um aufsuchende Strategienund niederschwellige Angebote für Jugendliche ausländi-scher Herkunft. Gleichsam als Exkurs ist der kurze Beitrag (S.67 – 74)von der Journalistin Christel Sperlich über Kinder aufder Flucht zu werten, der über das Schicksal minderjährigerFlüchtlinge in Deutschland erzählt und methodisch einen bi-ografischen Zugang zum Thema wählt.

Als Fazit bleibt festzuhalten: Der Band bietet interessanteund wichtige Informationen und Anregungen für eine Inten-sivierung und Neuorientierung interkultureller pädagogischerTheorie und Praxis hinsichtlich einer stärkeren Betonung desMigrationshintergrunds. Er plädiert und argumentiert für einemigrationssensible Jugendhilfeplanung und -praxis und kriti-siert ihre Hilflosigkeit im Umgang mit diesbezüglichen Kin-dern und Jugendlichen.

Die Migrationsproblematik und -situation in der Jugend-hilfe ist ein auf allen Handlungsebenen und -feldern vernach-lässigter Bereich – dies ist die zentrale Botschaft des Sammel-bandes.

Ulrich Klemm

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28. Jg. Heft 3 September 2005 Seite 43ZEP

Unterrichtsmaterial Unterrichtsmaterial Unterrichtsmaterial Unterrichtsmaterial

Misereor (Hg.): Nachhaltigkeit konkret. Entwicklungen imLändlichen Raum. Hannover: Schroedel 2002 (Materialienfür die Schule; 36), ISBN 3-507-52890-8, EUR 16,00.

Diese Mappe enthält Unterrichtsmaterial zur nachhaltigenund umweltschonenden Entwicklung im ländlichen Raum. DieBeiträge beziehen sich meist auf Projekte und Beispiele kirch-licher Entwicklungsarbeit aus dem süd- und lateinamerikani-schen Raum und regen zur Auseinandersetzung mit der euro-päischen Entwicklung an.

Zu folgenden Themen sind Unterrichtseinheiten enthal-ten: Die Sorge um Land und Leben – Das Leitbild der Land-pastoral; Mit der Erde leben – Beispiele aus der andinen undJüdisch-christlichen Tradition; Der Weg entsteht beim Ge-hen – Beispiele nachhaltiger ländlicher Entwicklungsarbeit inLateinamerika; Ein Modell mit Zukunft – Das Konzept dernachhaltigen Entwicklung im ländlichen Raum; Veränderungist möglich – Erfahrungen aus der Arbeit mit Bauerngruppenals Lernimpuls; Agenda 21 – Global denken, lokal handeln.

Zu allen Einheiten bietet ein Heft Lehrerinformationen, aufder beigefügten CD-ROM befinden sich Kopiervorlagen fürArbeitsblätter, Medien und Hintergrundinformationen. Zu-sätzlich befinden sich in der Mappe drei Farbposter, die imRahmen der Einheiten eingesetzt werden können.

Das Material eignet sich für den Einsatz ab der 8. Jahrgangs-stufe in Fächern wie Erdkunde, Sozialkunde/Politik undReligionsunterricht. Ebenso können die Materialien auch füraußerschulische Projektarbeit eingesetzt werden.

Susanne Pühl

Koordinierungsstelle des BLK-Programm „21“ – Bildungfür eine nachhaltige Entwicklung/Gerhard de Haan (Hg.):Box 21. Die Ergebnisse des BLK-Programms „21“. (21 CD-ROM), EUR 85,00.Bezug: Koordinierungsstelle des BLK-Programm „21“ -Freie Universität Berlin, Arnimallee 9, 14195 Berlin, 030/83852515, [email protected], www.blk21.de

Die Bund-Länder-Kommission (BLK) vergab 1999 Mittelfür einen Modellversuch zum Thema Bildung für nachhaltigeEntwicklung an ca. 200 Schulen der Sekundarstufe I und II. ImZuge dessen verfassten de Haan und Harenberg einen Orien-tierungsrahmen und 1999 eine Expertise, die die Grundlagefür diesen Modellversuch zur Bildung für nachhaltige Entwick-lung bildeten. Ziel des Modellversuches war eine Veranke-rung bzw. Etablierung der Bildung für nachhaltige Entwick-lung in der schulischen Regelpraxis. Das Konzept „Bildungfür nachhaltige Entwicklung“ von de Haan hat die Ausbil-dung von Gestaltungskompetenz zum Ziel.

Als zusammenfassender Überblick über den Modellver-such „Programm 21“ entstand die „Box 21“. Sie enthält 21 CD-ROMs mit Grundlagen und Ergebnissen des Modellversuchs.

Die oben genannten grundlegenden Werke und weiterekurze Artikel zur Einführung in die Thematik „Bildung für nach-haltige Entwicklung“ sind Bestandteil der ersten CD-ROMder „Box 21“.

Die zweite CD-ROM umfasst neben einem Überblick überdas „Programm 21“ Einführungen in die dreizehn verschiede-nen Themengebiete, die sich den drei Modulen „Interdiszipli-

näres Wissen“, „Partizipatives Lernen“ und „Innovative Struk-turen“ zuteilen lassen.

Auf den folgenden beiden CD-ROMs sind Materialien zurFortbildung und Handreichungen, die im Laufe der Umset-zung des Modellversuchs entstanden, zusammengefasst. Die-se Fortbildungen dienen laut Herausgeber der Ausbildungvon Multiplikatoren und beziehen sich auf sechs Themenfel-der. Die Handreichungen sollen Hilfen für die Initiierung undPlanung von Projekten im Rahmen des „Programm 21“ bzw.nachfolgender Vorhaben im Kontext der Bildung für nachhal-tige Entwicklung bieten.

Die Ergebnisse aus dem schulischen Unterricht sind aufder sechsten CD-ROM mit dem Titel „Werkstattmaterialien“enthalten. Dort finden sich 56 Praxisbeispiele in einer von derKoordinierungsstelle überarbeiteten Version. Diese Werkstatt-materialien sind sehr umfangreich, sie bewegen sich zwischen29 und 147 Seiten. Konkrete Unterrichtsbeispiele aus verschie-den Schulstufen geben Anregungen für eine praktische Um-setzung der BNE. Leider sind zwei der erwähnten Werkstatt-materialien nicht enthalten und müssen extra bezogen wer-den. Teilweise werden die Werkstattmaterialien durch Inhalteder Länder-CD-ROMs ergänzt. Um einen Überblick zu gewin-nen können in einem „Exposés von 55 Werkstattmaterialien“die Zusammenfassungen nachgelesen werden.

Die restlichen 16 CD-ROMs dokumentieren die Aktivitätender sechszehn Bundesländer und enthalten Materialien, Home-pages und ähnliches der teilnehmenden Schulen des jeweili-gen Bundeslandes.

Auf den Datenträgern der „Box 21“ sind sehr viele Informa-tionen enthalten, die Datenmenge wäre jedoch auf wenigenCD-ROMs oder gar einer DVD speicherbar. Es ist zu vermu-ten, das sich die Anzahl 21 aus werbetechnischen Gründenanbot; wobei hier zu fragen wäre, ob aus Gründen des Um-weltschutzes und der Übersichtlichkeit eine DVD nicht ange-brachter wäre.

Die Handhabung der ersten sechs CD-ROMs ist sehr gut;die CD’s sind übersichtlich strukturiert. Die Navigation aufden CD-ROMs der Bundesländer gestaltet sich hingegennicht immer angenehm. Das Material ist in der Qualität sehrunterschiedlich und unübersichtlich, teilweise erscheint es,als wäre das Material ohne zusammenfassende Struktur ab-gespeichert worden.

Hinzu kommt die mangelnde Sorgfalt bei der Aufbereitungder verschiedenen Materialien. Dokumente sind, wie z. B. beider Zeitschrift „21“ nur eingescannt, so dass sie nicht lesbarsind und somit nicht für die Weiterverarbeitung nutzbar.

Die zusätzlichen Inhalte zu manchen Werkstattmaterialienauf den Länder-CD-Roms zu finden, gestaltet sich nicht immerals einfach, da keine konkreten Verweise enthalten sind, wel-che Länder das Gesuchte beinhalten. Bei der Auseinander-setzung mit den einzelnen Werkstattmaterialien fällt bald auf,dass sich diese inhaltlich sehr stark unterscheiden. Manchesind auf die Planung und Anregung für Lehrer hin verfasst,andere wiederum behandeln verstärkt das Fachwissen für dieThemengebiete.

Ein weiteres Manko der CD-ROM-Sammlung ist das Feh-len dreier CD-ROMs mit dem Verweis, dass diese bei Redakti-

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Seite 44 28. Jg. Heft 3 September 2005ZEPUnterrichtsmaterial Unterrichtsmaterial Unterrichtsmaterial Unterrichtsmaterial

onsschluss nicht vorlagen und über die Bundesländer zu be-ziehen seien. Bei einem Preis von 85 Euro wäre eine Vollstän-digkeit des Werkes erwartbar gewesen.

Für jemanden der sich speziell mit dem Programm 21 aus-einandersetzen will, ist dieses Material durchaus zu empfeh-len. Eventuell könnte es eine Hilfe für die im Transfer Pro-gramm zur Bildung für nachhaltige Entwicklung teilnehmen-den 4.500 Schulen sein.

Will man sich jedoch generell in das Thema „Bildung fürnachhaltige Entwicklung“ und seine praktische Umsetzungeinlesen, bieten andere Veröffentlichungen einen besserenÜberblick.

Claudia Hanisch

NFP marketing und distribution (eine Abteilung der NFP NeueFilmproduktion tv GmbH) in Zusammenarbeit mit VOLZJORDE: Fateless – Roman eines Schicksallosen von ImreKertész. Ideen für den Schulunterricht. Berlin; 43 Seiten;download unter www.fateless-derfilm.deNFP marketing und distribution: Fateless – Roman einesSchicksallosen von Imre Kertész. Digitale Materialien fürSchulunterricht, Gemeinde- und Jugendarbeit. Frankfurt a.M.Bezug (kostenlos): Verleih von NFP marketing und distribu-tion, Kurfürstendamm 57, 10707 Berlin oder Vertrieb von UIPUnited International Pictures Hahnstr. 31-35, 60528 Frank-furt a.M.

Der Film nach dem „Roman eines Schicksallosen“ vonLiteraturnobelpreisträger Imre Kertész setzt sich in zurück-haltender aber eingängiger Weise mit den Themen National-sozialismus, Judenverfolgung und Fremdenhass auseinander.Erzählt wird die Geschichte eines 14jährigen jüdischen Jun-gen aus Budapest, seinem Überleben im KZ und seiner Rück-kehr in seine zerstörte Heimatstadt nach der Befreiung desLagers, die ihn mit einer bizarren Mischung aus Fremdem undVertrautem konfrontiert.

Zu dieser von der FBW mit dem „Prädikat besonders wert-voll“ ausgezeichneten Koproduktion der Magic Media/H2OProductions (Ungarn), der EuroArts Medien GmbH (Deutsch-land) und der Renegade Films (Großbritannien) sind ein Ma-terialheft und eine DVD als Begleitmaterialien für den Einsatzim Unterricht der Klassen 9 bis 13 in den Fächern Deutsch,Geschichte, Sozialkunde, Religion und Ethik erhältlich.

Das Materialheft beinhaltet Texte zum Film, historischeHintergrundinformationen sowie methodische Hinweise fürden Umgang mit Film und Roman im schulischen Unterrichtzu Film und Literatur. Damit wird es möglich, Zeitgeschichteüber die verschiedenen Zugänge Film, Roman und Drehbuchzu thematisieren sowie den Umgang mit Zeitgeschichte in-nerhalb dieser Zugänge (vergleichend) zu reflektieren. Anre-gungen hierfür bieten die sich an die Texte anschließendenVorschläge für die Bearbeitung im Unterricht. Alle Texte kön-nen sowohl zur Vorbereitung auf den Unterricht als auch alsKopiervorlagen für den Einsatz im Unterricht verwendet wer-den. Ein Essay von Imre Kertész zu den Filmen „SchindlersListe“ und „Das Leben ist schön“, Literaturhinweise und eineÜbersicht von Kino- und Fernsehfilmen zum Thema DrittesReich, Nationalsozialismus und Judenverfolgung runden die-

ses empfehlenswerte Material ab. Den Abschluss bilden das„Buchenwaldlied“ und Paul Celans „Todesfuge“.

Die DVD enthält neben einer PDF-Datei des Materialheftesweitere Zusatzmaterialien zum Film: das Presseheft sowie einVerleihfotosatz von acht ausgewählten Szenen des Films, ei-nen kurzen Trailer sowie zahlreiche Hintergrundinformationenzum Film in Folienformat, so dass diese DVD zur Vor- oderNachbereitung des Films im Unterricht eingesetzt werden kann.

Claudia Bergmüller

Kindernothilfe e.V.: Unterrichtseinheit „Eine Kultur – vieleKulturen“. Unterrichtsmaterialien zum interkulturellenLernen ab Klasse 8. (26 Seiten)Bezug: kostenlos unter Kindernothilfe e.V., DüsseldorferLandstr. 180, 47249 Duisburg; Fax: 0203/7789-118

Mit dem von der Kindernothilfe konzipierten Unterrichts-material „Eine Kultur – viele Kulturen“ sollen Anregungen fürinterkulturelle Kompetenz im Unterricht gegeben werden.Dabei wird die Frage kultureller Personalisation und Soziali-sation mit Fragen kultureller Vielfalt sowie kulturübergreifenderUniversalien verbunden. Ermöglicht werden soll damit nichtnur eine theoretische Auseinandersetzung mit diesen Fragen,sondern auch ein konkreter handlungsorientierter Zugang.Das Material umfasst vier thematisch aufeinander aufbauen-de Bausteine zu den Themen (1) „Eine Kultur – viele Kultu-ren“, (2) „Interkulturelle Kommunikation“, (3) „Werte, Regeln,Rechte – welche gelten überall?“ und (4) „In Dialog treten“.Es wird zunächst ein über das nationalkulturelle Verständnishinaus gehender, weiter gefasster Kulturbegriff eingeführt,verbunden mit Übungen zur Auseinandersetzung mit Fragenkultureller Identität, um die Vorstellung einer homogenen na-tionalen Kultur aufzubrechen (1). Anschließend werden Fra-gen und Probleme interkultureller Kommunikation themati-siert (2). Es folgt die Auseinandersetzung mit der Frage nachder Universalität von Werten. Die Schülerinnen und Schülerkönnen mögliche Beispiele hierfür kennen lernen und Initiati-ven recherchieren, die im interkulturellen Dialog globale ethi-sche Grundlagen erarbeiten; hierbei wird vor allem auf dieUniversalität der Menschenrechte eingegangen (3). Schließ-lich werden die Kinder und Jugendlichen dazu angehalten,sich am Beispiel der Kinderrechtskonvention mit dem Wider-spruch von Anspruch und Umsetzung der Universalität derMenschenrechte auseinander zu setzen. Sie lernen konkreteMöglichkeiten kennen, wie Kinder und Jugendliche für dieRealisierung der Kinderrechte in einen globalen interkulturel-len Dialog treten können.

Zu Beginn jedes Bausteins führt eine kurze Einleitung indas Thema ein, dann werden hilfreiche Hinweise für den Un-terricht gegeben und vielfältige schülerorientierte Arbeitsvor-schläge angeboten, die den Schüler/innen unterschiedlicheund abwechslungsreiche Zugänge zu den jeweiligen Themenermöglichen. Zusätzlich sind alle benötigten Kopiervorlagenenthalten. Diese können unmittelbar im Unterricht verwendetwerden. Die Unterrichtseinheit wurde für die Fächer Politik,Sozialwirtschaft und Religion der 9. und 10. Klasse konzipiert.Sie eignet sich auch für den fächerübergreifenden Unterricht.

Claudia Bergmüller

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Seite 45ZEP 28. Jg. Heft 3 September 2005

Information Information Information Information Information Information Information

Medien

Sonstiges

(red.): „Giving Aid is interessting… and challenging“Spiel “Food Force”: Der Kampf gegen Hunger als Computer-spiel – diese Idee ist auf der UNESCO-Seite www.food-force.com (kostenloser Download) verwirklicht. Dabei soll dieInsel Sheylan gerettet und wiederaufgebaut werden.

(red.): Kompass- Handbuch zur Menschenrechtsbildung:Kernstück des von der Bundeszentrale für politische Bildungherausgegeben Buches sind 49 Aktivitäten und Methodenzu Menschenrechtsproblemen, mit denen Multiplikatoren undMultiplikatorinnen der Bildungsarbeit jungen Menschen dieMenschenrechte und ihre Bedeutung nahe bringen.

Bezug über www.bpb.de.(red.): „Was heißt hier arm?“: Loseblattsammlung mit 17

methodischen Anregungen Bezug: DED, Tulpenfeld 7, 53113Bonn, 0228/2434141.

(red.): Broschüre „Der Stoff, aus dem Kriege sind.“: Vonmedico wurde eine Broschüre veröffentlicht, die auf 28 Seitenüber den Zusammenhang von Ressourcenexporten und Kon-flikten am Beispiel der drei Länder Angola, Sierra Leone undder Demokratischen Republik Kongo informiert.

Kostenloser download: www.medico-international.de/kampagne/fatal/.

(red.): Bildungsmappe „Nach der Flut – Schulen für Schu-len“: Ab der Primarstufe ist die Materialmappe einsetzbar, umanhand von Aufzeichnungen, Geschichten und Bildern dieKatastrophe und die Hilfe danach. Die Aktionsvorschläge fürKlassen richten sich besonders an die Aktion „Schulen fürSchulen“. Bezug: Deutsche Welthungerhilfe, Friedrich-Ebert-Str. 1, 53173 Bonn, www.welthungerhilfe.de.

(red.): „Afrika total normal“: Aktualisiertes Infoset, beste-hend aus zwei Wandzeitungen und Materialheft, in dem west-afrikanische Jugendliche und ihr Alltag vorgestellt werden.

Bezug: Deutsche Welthungerhilfe, s.o..(red.): Bildung als Querschnittsaufgabe deutscher NGOs:

Die Jahresberichte des Jahres 2004 von Brot für die Welt,Diakonie Katastrophenhilfe und Misereor verdeutlichen, dassBildung ein bedeutsamer Baustein im Rahmen von Armuts-bekämpfungs- und Katastrophenarbeit für die Menschen imSüden ist und dass dies gemeinsame Anstrengungen im Nor-den und Süden erfordert. Diese Erkenntnis wird in vielfälti-gen (Aufklärungs-)Kampagnen, Aktionsbündnissen undProjektpartnerschaften deutlich. Thematische Schwerpunkteder Arbeit von Brot für die Welt waren in 2004 v.a. HIV/Aidsund Wasser. Die Diakonie Katastrophenhilfe konzentriertesich auf verschiedene Länder in Afrika, Südasien und demNahen Osten, Lateinamerika und Osteuropa. Misereor prä-sentiert in seinem Bericht 30 Projekte aus Afrika, Lateinamerikaund Asien, zu denen Projektpartnerschaften aufgenommenwerden können. Die Handreichung von Misereor enthält de-taillierte Informationen darüber, wie man mit thematischenSchwerpunkten in die Öffentlichkeit gehen kann (Medien,ausleihbare Ausstellungen, Tipps und Ideen für Aktionen.

Bezug: Brot für die Welt, Stafflenbergstraße 76, 70184 Stuttgart,0711/2159-0;www.brot-fuer-die-welt.de; Diakonie Katastro-phenhilfe, Postfach 101142, 70010 Stuttgart, 0711/2159-0;[email protected]; Misereor, Postfach10101545, 52015 Aachen; [email protected]

(red.): Kinderpatenschaften oder Projektförderung? Ineiner aktuell erschienen Broschüre formulieren die Organisa-tionen Brot für die Welt, medico international, Misereor, terredes hommes und Welthungerhilfe, warum sie sich gegenKinderpatenschaften und für Projektpartnerschaften entschie-denen haben. Kinderpatenschaften sind nach Auffassung derOrganisationen nicht vereinbar mit den bewährten Prinzipieneiner wirksamen und nachhaltigen Entwicklungsarbeit undihre Darstellung in der Öffentlichkeit. Bezug: Gemeinsam fürMenschen in Not e.V. Entwicklung hilft. Mozartstraße 9, 52064Aachen, 0241/442-504; [email protected]

(red.): Internetportal für Kinder: Unter www.frieden-fra-gen.de werden kontinuierlich ehrliche, kindgemäße und wis-senschaftlich fundierte Antworten auf zentrale Lebens-Fra-gen angeboten, die Ängste von Kindern (z.B. bei Terroran-schlägen oder Kriegsereignissen) im Alter von 9 bis 13 Jahrenorientierend aufgreifen.

(red.): Bildungsagenda online: Unter www.hamburger-bildungsagenda.de findet sich das Onlineangebot des Ham-burger Bildungsnetzwerk für nachhaltige Entwicklung mit Pro-jektbeschreibungen, Infobriefen und Materialien für die Bil-dungsarbeit.

(red.): Bildung für alle: Das kann auch einmal heißen: aneinem Tag NICHT zur Schule zu gehen. So jedenfalls machtenes Schülerinnen und Schüler der Aktion „Work for Peace“ inBerlin. Kurz vor den Sommerferien gingen sie einen Tag langarbeiten oder Spenden sammeln - um dann den Erlös Kindernin Mosambik und Südafrika zur Verfügung stellen: Damit diezur Schule gehen können, statt zu arbeiten.

Info: www.work-for-peace.de.(red.): Education For All und Vereinte Nationen: Im Kon-

text des UN-Gipfels MDG + 5 steht zwar das Ziel von Grund-bildung für alle ganz oben auf der Agenda, wird aber mit gro-ßer Wahrscheinlichkeit nicht erreicht. Der EED weist daraufhin, dass es häufig Kirchen und kirchliche Einrichtungen sind,die in Krisenregionen den Schulbetrieb aufrecht erhalten. NachAuffassung der Organisation sollte Bildung zum Schwerpunktder Entwicklungszusammenarbeit im Ausland und Inland ge-macht werden. Auch plädiert der EED für eine UN-Reform, dieeine angemessene Vertretung des Südens, insbesondere imWeltsicherheitsrat vorsieht. Info: www.eed.de

(red): Weltdekade der Alphabetisierung: Informationen zurUNO-Weltdekade von 2003 bis 2012, in der die Vereinten Na-tionen das Ziel „Bildung für Alle“ verwirklichen wollen:www.unesco.de, www.unesco-heute.de, www.unesco.org/education/litdecade, www.unesco.org/education/ild2005.