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Einleitung Untersuchungen zufolge leiden über 12 % aller Deutschen unter einer Nagelpilzinfektion [1], doch leider wird die Erkrankung von den Betroffenen oft unterschätzt. Viele halten Nagelpilz in erster Linie für ein kosmetisches Problem, dabei kann es infolge einer Nagelpilzinfektion zu schweren Schädigungen bis hin zum vollständigen Verlust der betroffenen Nägel kommen. Da Nagelpilz nicht von alleine heilt und zudem ansteckend ist, muss er unbedingt behandelt werden. Dabei gilt: Je eher eine Infektion erkannt und behandelt wird, desto einfacher und schneller kann sie geheilt werden. Sowohl bei der frühzeitigen Erkennung als auch bei der richtigen Behandlung von Nagelpilz kommt der Apotheke eine wichtige Beratungsfunktion zu. Im Kundengespräch können Risikogruppen, wie z. B. Diabetiker, Sportler oder Menschen mit Immunschwäche gezielt auf die Gefahr von Nagelpilzinfektionen aufmerksam gemacht werden. Kunden mit Verdacht auf Nagelpilz sollten bezüglich der Therapieoptionen beraten und ggf. an den Arzt verwiesen werden. Bei der Abgabe von Nagelpilzpräparaten gilt es, die richtige Anwendung zu erläutern. Nicht zuletzt kann eine ausführliche Beratung in der Apotheke auch dazu beitragen, dass Patienten ihre Nagelpilzinfek- tion ausreichend lange und konsequent behandeln. Mit dieser Fortbildung können Sie Ihr Wissen rund um das Thema Nagelpilz auffrischen und vertiefen. Neben wichtigem Hintergrundwissen zur Indikation und den Therapieoptionen erhalten Sie wertvolle Tipps für die Arzneimittelabgabe und Beratung in der Apotheke. Die Fortbildung ist in drei Kapitel gegliedert: KAPITEL 1 DIE INDIKATION NAGELPILZ KAPITEL 2 DIE THERAPIE DER NAGELMYKOSE KAPITEL 3 ARZNEIMITTELABGABE UND BERATUNG IN DER APOTHEKE 2 PUNKTE für Apotheker und PTA von der Bundes- apothekerkammer zertifiziert Nagelpilz Zertifizierte Fortbildung 1 In Kooperation mit

Zertifizierte Fortbildung Nagelpilz · Auch der Begriff „Tinea unguium“ wird häufig verwendet, obwohl er streng genommen nicht synonym zu Nagelpilz ist, da mit einer Tinea nur

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Page 1: Zertifizierte Fortbildung Nagelpilz · Auch der Begriff „Tinea unguium“ wird häufig verwendet, obwohl er streng genommen nicht synonym zu Nagelpilz ist, da mit einer Tinea nur

Einleitung

Untersuchungen zufolge leiden über 12 % aller Deutschen unter einer Nagelpilzinfektion [1], doch leider wird die Erkrankung von den Betroffenen oft unterschätzt. Viele halten Nagelpilz in erster Linie für ein kosmetisches Problem, dabei kann es infolge einer Nagelpilzinfektion zu schweren Schädigungen bis hin zum vollständigen Verlust der betroffenen Nägel kommen. Da Nagelpilz nicht von alleine heilt und zudem ansteckend ist, muss er unbedingt behandelt werden. Dabei gilt: Je eher eine Infektion erkannt und behandelt wird, desto einfacher und schneller kann sie geheilt werden.

Sowohl bei der frühzeitigen Erkennung als auch bei der richtigen Behandlung von Nagelpilz kommt der Apotheke eine wichtige Beratungsfunktion zu. Im Kundengespräch können Risikogruppen, wie z. B. Diabetiker, Sportler oder Menschen mit Immunschwäche gezielt auf die Gefahr von Nagelpilzinfektionen aufmerksam gemacht werden. Kunden mit Verdacht auf Nagelpilz sollten bezüglich der Therapieoptionen beraten und ggf. an den Arzt verwiesen werden. Bei der Abgabe von Nagelpilzpräparaten gilt es, die richtige Anwendung zu erläutern. Nicht zuletzt kann eine ausführliche Beratung in der Apotheke auch dazu beitragen, dass Patienten ihre Nagelpilzinfek-tion ausreichend lange und konsequent behandeln.

Mit dieser Fortbildung können Sie Ihr Wissen rund um das Thema Nagelpilz auffrischen und vertiefen. Neben wichtigem Hintergrundwissen zur Indikation und den Therapieoptionen erhalten Sie wertvolle Tipps für die Arznei mittel abgabe und Beratung in der Apotheke.

Die Fortbildung ist in drei Kapitel gegliedert:

KAPITEL 1 DIE INDIKATION NAGELPILZ

KAPITEL 2 DIE THERAPIE DER NAGELMYKOSE

KAPITEL 3 ARZNEIMITTELABGABE UND BERATUNG IN DER APOTHEKE

2 PUNKTE für Apotheker

und PTA

von der Bundes- apothekerkammer

zertifiziert

NagelpilzZert i f iz ier te For tb i ldung

1

In Kooperation mit

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NagelpilzZert i f iz ier te For tb i ldung

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1.1 Was ist Nagelpilz?

Nagelpilz ist eine Infektionskrankheit der Nägel, die durch Pilze ausgelöst wird. Andere gängige Bezeichnun-gen sind Nagelmykose und Onychomykose (griechisch: Onycho = Nagel, Mykose = Pilzinfektion).

Auch der Begriff „Tinea unguium“ wird häufig verwendet, obwohl er streng genommen nicht synonym zu Nagelpilz ist, da mit einer Tinea nur eine Infektion mit Pilzen einer bestimmten Gruppe, den Dermatophyten, bezeichnet wird [2]. Da Dermatophyten aber mit Abstand die häufigsten Erreger von Nagelmykosen sind (siehe Kapitel 1.3 Erreger der Nagelmykose), ist die Bezeichnung „Tinea unguium“ meist zutreffend.

Von Nagelpilz können sowohl Zehen- als auch Fingernägel betroffen sein, manchmal ist nur ein Nagel infiziert, häufig sind es mehrere. Zehennägel sind etwa zehnmal häufiger betroffen als Fingernägel [3]. Das liegt zum einen an einer geringeren Wachstumsgeschwindigkeit, durch die die Erreger mehr Zeit haben, sich in der Nagelplatte auszubreiten, bevor der infizierte Nagelrand abgeschnitten wird. Zudem sind Zehennägel häufi-ger mechanischen Belastungen und einem feuchtwarmen Klima ausgesetzt, was eine Infektion mit Pilzen begünstigt (siehe Kapitel 1.6 Prädisponierende Faktoren).

1.2 Prävalenz der Nagelmykose

Nagelpilz ist die häufigste Erkrankung der Nägel – er macht etwa die Hälfte aller krankhaften Nagelverände-rungen aus [4]. Schätzungen bezüglich der Prävalenz in der Bevölkerung variieren und reichen je nach Land und Untersuchung von etwa 2 bis 25 % [1, 3, 5]. Die im Rahmen des europäischen Achilles-Projektes Ende der 90er Jahre durchgeführte „Foot-Check-Studie“ hat für Deutschland eine Prävalenz von 12,4 % ergeben [1]. Untersucht wurden Patienten, die aus anderen Gründen als Nagelpilz eine dermatologische Praxis aufgesucht hatten. Das Ergebnis beinhaltet nur Fälle mit gesicherter Diagnose, d. h. der Erreger wurde durch Anlegen einer Kultur identifiziert.

Die Studie zeigte auch, dass Männer häufiger als Frauen von Nagelpilz betroffen sind sowie dass das Risiko für eine Pilzinfektion mit dem Alter kontinuierlich steigt. Während die Prävalenz bei Kindern noch deutlich unter 5 % liegt, beträgt sie in der Altersgruppe der über 65-Jährigen über 40 %. Zu den Gründen zählt neben einer schwächeren Immunabwehr und einem langsameren Nagelwachstum im Alter auch eine Zunahme bestimm-ter Erkrankungen wie Diabetes, die Nagelpilzinfektionen begünstigen (siehe Kapitel 1.6 Prädisponierende Faktoren). Da ältere Menschen in den Industrienationen einen immer höheren Anteil der Bevölkerung ausmachen, verwundert es nicht, dass auch die Prävalenz der Nagelmykose stetig steigt.

Umso wichtiger ist es, Ansteckungen so gut es geht zu vermeiden. Dafür sind neben einer schnellen und konsequenten Behandlung von diagnostizierten Nagelpilzfällen auch Prophylaxemaßnahmen, wie z. B. das Tragen von Schuhen oder Schlappen an Orten mit hoher Infektionsgefahr, wichtig (siehe Kapitel 1.10 Pro-phylaxe – Wie lässt sich Nagelpilz vermeiden?).

KAPITEL 1 DIE INDIKATION NAGELPILZ

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1.3 Erreger der Nagelmykose

Die häufigsten Erreger von Nagelpilz sind Dermatophyten (Fadenpilze) – sie sind für ca. 80 % aller Nagelpilz- infektionen verantwortlich [2]. Der mit Abstand häufigste Erreger ist Trichophyton rubrum (Abb. 1) – er macht über 80 % der Dermatophyteninfektionen aus [2].

Nagelpilzerkrankungen, die von Dermatophyten ausgelöst werden, werden auch als Tinea unguium bezeich-net [2]. Wie der Name bereits sagt, sind Dermatophyten vor allem für Pilzinfektionen der Haut (griechisch:

derma = Haut) verantwortlich, wozu auch Fußpilzinfektionen (Tinea pedis) gehören, die häufig Vorläufer einer Infektion der Zehennägel sind. Aufgrund ihrer Enzymausstattung sind Derma-tophyten auf keratinhaltige Strukturen wie Haut und Nägel angewiesen.

Oft wird die Bezeichnung „Tinea unguium“ auch synonym zu Nagelpilz verwendet, was streng genommen nicht richtig ist, da Nagelpilz auch von anderen Pilzen ausgelöst werden kann. Für ca. 8 % aller Nagelpilzinfektionen sind Hefepilze verantwortlich, unter ihnen vor allem der Erreger Candida albicans [1]. Auch Schimmel-pilzinfektionen sowie Mischinfektionen kommen vor (s. Abb. 2).

Hefepilzinfektionen kommen am ehesten bei Menschen vor, die häufig nasse Hände haben, wie z. B. Köche oder Spülhilfen, und führen folglich vor allem zu Nagelpilz an den Händen. Schimmelpilzinfektionen treten in der Regel nur sekundär bei bereits mit Dermatophyten infizierten Nägeln sowie bei Menschen mit massiv gestörter Immunabwehr auf.

Hefe- und Schimmelpilze sind nicht wie Dermatophyten auf keratinhaltige Strukturen angewiesen und können auch systemische Mykosen auslösen [4].

Abb. 2: Häufigkeit verschiedener Nagelpilzerreger (aus [1])

Anteile der Nagelpilzerreger bei Patienten (in %)

100- 90- 80- 70- 60- 50- 40- 30- 20- 10- 0-

Dermatophyten

81,7

Mischinfektion mit Non-Dermatophyten

3,3

Mischinfektion Hefe- und Schimmelpilze

0,9Schimmelpilze

6,2

Hefe

7,8

Non-Dermatophyten- infektion (gesamt)

14,9

Abb. 1: Trichophyton rubrum – der häufigste Erreger von Nagelmykosen

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1.4 Der Nagel

Um die Entstehung und den Verlauf von Nagelpilzinfektionen besser verstehen zu können, wird zunächst die Struktur unserer Nägel näher betrachtet. Es handelt sich um Derivate der Haut, die aus harten, verhornten Zellen der Epidermis bestehen. Ihr Hauptbestandteil ist Keratin, ein festes, kompaktes Protein, das für die hohe Festigkeit der Nägel verantwortlich ist.

Der Nagel ist eine komplexe Struktur, bestehend aus der sichtbaren Nagelplatte, die aus der unter dem Nagelwall verborgen liegenden Nagelwurzel (= Nagelmatrix) nach vorne wächst sowie dem darunter-liegenden Nagelbett (Abb. 3).

Bis auf die Nagelspitze (distales Ende) ist der Nagel in eine huf - eisenförmige Hautfalte eingebettet, die als Nagelwall oder auch Nagelfalz bezeichnet wird. Die Nagelplatte wird im Bereich der Nagelwurzel gebildet, die größtenteils unter dem proximalen Nagelwall verborgen liegt. Nur ihr vorderstes Ende ist als weißlicher Halbmond (Lanula) unter dem Nagel zu erkennen. Die Zellen der Nagelwurzel teilen sich stetig, wo-durch der Nagel in Richtung Nagelspitze wächst.

Die Wachstumsgeschwindigkeit wird von verschiedenen Faktoren wie dem Alter, der Blutversorgung sowie der Außentemperatur bestimmt. Generell wachsen Fingernägel mit ca. einem Millime-ter pro Woche etwa dreimal so schnell wie Zehennägel [5].

Die Unterseite des proximalen Nagelwalls, die der Nagelplatte aufliegt, wird als Eponychium bezeichnet. Dieses bildet eine mit der Nagelplatte fest verbundene Hornschicht aus. Durch das Wachstum des Nagels wird ein Teil dieser Hornschicht mitgezogen und wird als Nagelhäutchen (Kutikula) am proximalen Ende der sichtbaren Nagelplatte sichtbar. Der Übergang vom Nagelbett in die Haut der Finger- bzw. Zehenspitzen wird als Hyponychium bezeichnet. Das Nagelhäutchen und das Hyponychium stellen eine wichtige Barriere gegen das Eindringen von Fremdpartikeln und Krankheitserregern dar.

Die Funktionen der Nägel sind vielfältig. Sowohl Finger- als auch Zehennägel schützen vor Verletzungen. Die Fingernägel unterstützen zudem motorische Arbeiten wie Greifen, Trennen, Kratzen usw. und tragen nicht unerheblich zu unserem „Fingerspitzengefühl“ bei. Nicht zuletzt spielt auch die soziale Komponente eine Rolle – der Einfluss gesunder oder erkrankter Nägel auf Interaktionen mit anderen Menschen ist nicht zu unterschätzen.

1.5 Wie kommt es zur Nagelpilzinfektion?

Ein Kontakt der Hände und Füße mit pathogenen Pilzen lässt sich nicht vermeiden, denn diese sind so ziem-lich überall anzutreffen. Besonders wohl fühlen sich Pilze in einem warmen, feuchten Klima, weshalb z. B. Schwimmbäder und Saunen Orte mit hoher Ansteckungsgefahr sind. Pilze bilden aber auch Dauerstadien in Form widerstandsfähiger Sporen aus, die auch unter ungünstigen Umweltbedingungen lange Zeiträume überstehen können. Werden die Umweltbedingungen besser, z. B. durch eine Zufuhr von Wasser, Wärme

Abb. 3: Aufbau eines Zehennagels

Zehenglied

NagelhäutchenLunula

Nagelplatte

Nagelspitze

Nagelbett

Nagelwurzel

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oder Nährstoffen, „erwachen“ die Sporen und bilden wieder aktive Pilzkörper aus. Dies erklärt die hohe Ansteckungsgefahr: Pilze können sowohl in ihrer aktiven Form als auch in Form von Sporen übertragen werden. Verbreitet werden sie von Mensch zu Mensch oft über gemeinsam benutzte Gegenstände wie Handtücher oder Nagelfeilen, aber auch über Teppichböden, Bettvorleger oder andere Bodenflächen.

Der bloße Kontakt mit pathogenen Pilzen führt allerdings in der Regel nicht gleich zu einer Infektion. Es müssen zusätzlich prädisponierende Faktoren vorliegen, die Nagelpilzinfektionen begünstigen. Neben einer genetischen Disposition, bestimmten Erkrankungen und einer geschwächten Immunabwehr sind es vor allem kleine Verletzungen im Nagelbereich, die den Erregern ein Eindringen in den Nagel ermöglichen (siehe Kapitel 1.6 Prädisponierende Faktoren).

Ausgang einer Nagelpilzinfektion ist sehr häufig eine bereits bestehende Fußpilzinfektion. Fußpilz tritt meis-tens in den Zehenzwischenräumen auf, von wo aus er sich vor allem bei entsprechender Vorschädigung leicht auf einen oder mehrere Nägel ausbreiten kann. Da Fußpilz nicht immer mit spürbaren Symptomen einher-geht, kann er über lange Zeit ein Erregerreservoir darstellen. Grundsätzlich gilt: Wer einen Fußpilz nicht wirksam behandelt, riskiert eine Infektion der Zehennägel.

1.6 Prädisponierende Faktoren für Nagelpilzinfektionen

Es gibt viele Faktoren, die Nagelpilzinfektionen begünstigen. Dazu zählen neben einer genetischen Disposition z. B. bestimmte Erkrankungen wie Diabetes mellitus und Durchblutungsstörungen. Aber auch eine hohe mechanische Belastung, z. B. bei bestimmten Sportarten, sowie das Alter sind bekannte Risikofaktoren [4–7].

1.6.1 Genetische Disposition

Untersuchungen haben gezeigt, dass Nagelpilz innerhalb von Familien mitunter gehäuft vorkommt [4–6].Dabei tritt die Häufung nur unter genetisch miteinander verwandten Familienmitgliedern wie Eltern und Kindern auf, nicht aber unter nicht verwandten, wie z. B. Eheleuten. Dies zeigt eine genetische Veranlagung, die von Eltern an ihre Kinder weitervererbt wird.

1.6.2 Erkrankungen, die Nagelpilz begünstigen

Bestimmte Erkrankungen begünstigen das Auftreten von Nagelmykosen. Vor allem Diabetiker sind gefährdet [7]. Sie leiden häufig unter Durchblutungsstörungen vor allem in den Extremitäten, welche zusammen mit einer insgesamt herabgesetzten Immunabwehr eine Pilzinfektion der Haut und Nägel begünstigen. Ein hoher Blut zuckerspiegel stellt zudem eine gute Nahrungssituation für Pilze dar, die folglich schneller wachsen und sich vermehren können.

Hinzu kommt, dass Diabetiker eine bestehende Fußpilzinfektion, die sich leicht auf die Zehen ausbreiten kann, oft erst spät bemerken, denn aufgrund der mit Diabetes häufig einhergehenden Neuropathien wird der typische Juckreiz oft nicht oder kaum wahrgenommen. Auch Verletzungen im Bereich der Füße inklusive der Nägel werden aufgrund von peripheren Nervenschäden oft nicht oder erst spät bemerkt. Es kommen also gleich mehrere Faktoren zusammen, die Pilzinfektionen der Haut und Nägel begünstigen.

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Neben Diabetes mellitus gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Erkrankungen, die als Risikofaktor für Nagel-pilzinfektionen gelten [3, 6, 7]. Dazu gehören z. B. alle Erkrankungen, die mit Durchblutungsstörungen einher-gehen, insbesondere Gefäßerkrankungen wie die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK). Auch Raucher sind aufgrund von Gefäßerkrankungen mit Durchblutungsstörungen gefährdet. Ein hohes Risiko für Nagelmykosen besitzen zudem Menschen mit einer deutlich herabgesetzten Immunabwehr, etwa infolge einer immunsuppressiven Therapie oder einer HIV-Infektion. Auch Menschen mit Psoriasis leiden häufiger unter Nagelmykosen als nicht von dieser Krankheit betroffene Personen.

1.6.3 Sport als Risikofaktor

Zu den wichtigsten Risikofaktoren für Pilzinfektionen der Zehennägel zählt eine regelmäßige und starke mechanische Belastung der Füße. Bei Sportarten wie Joggen, Fußballspielen oder Skifahren kommt es auf-

grund der anhaltenden bzw. sich ständig wiederholenden mecha-nischen Belastung häufig zu kleinen oder auch größeren Verlet-zungen (Abschürfungen, Druckstellen, Blasen, Rissen), über die pathogene Pilze in die Haut und in die Nägel eindringen können.

Zudem fühlen sich Pilze in dem durch die Schweißproduktion meist feuchtwarmen Klima in Sportschuhen besonders wohl. Die Feuchtigkeit sorgt auch dafür, dass Haut und Nägel aufweichen, was ein Eindringen von Krankheitserregern zusätzlich erleichtert.

Auch Profi- oder ambitionierte Hobbyschwimmer, die täglich mehrere Stunden im Becken verbringen, haben ein erhöhtes Risiko für Nagelpilz, weil das nach längerem Aufenthalt im Wasser aufgeweichte Gewebe der Zehen und Nägel leichter von Pilz-

erregern besiedelt werden kann. Bei Spitzensportlern mit einer sehr hohen Trainingsintensität kommt auch eine vorübergehende Schwächung der Immunabwehr nach dem Training hinzu. Nicht zuletzt spielt auch das Ansteckungs risiko in Sportanlagen eine Rolle, insbesondere im Schwimmbad und in Gemeinschaftsduschen, da hier viele Leute in dem für Pilze angenehm feuchten Klima barfuß laufen.

Sportler sollten sich daher besonders gut über die Vorbeuge- und Behandlungsmaßnahmen bei Nagelpilz informieren.

1.6.4 Ältere Menschen als Risikogruppe

Ältere Menschen haben ein höheres Risiko für Nagelpilz als jüngere. Die im Rahmen des europäischen Achilles-Projektes durchgeführte „Foot-Check-Studie“ hat gezeigt, dass über 40 % der über 65-Jährigen von einer Nagelmykose betroffen sind [1]. Dies hat zum einen damit zu tun, dass ältere Menschen häufiger unter Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Gefäßerkrankungen leiden, die die Entstehung von Nagelpilz begünstigen. Hinzu kommen ein generell mit dem Alter schwächer werdendes Immunsystem sowie eine dünner werdende Haut. Außerdem wachsen Nägel mit zunehmendem Alter langsamer, weshalb Krankheits-erreger mehr Zeit haben, sich im Nagel auszubreiten, bevor infizierte Ränder abgeschnitten werden und

Abb. 4: Sportarten wie Joggen stellen einen Risikofaktor dar

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gesundes Nagelmaterial nachwachsen kann. Nicht zuletzt kann bei älteren Menschen eine unzu reichende Fußpflege aufgrund von Seh- und Bewegungseinschränkungen zu einem erhöhten Nagel-pilzrisiko führen. In solchen Fällen ist eine regelmäßige professio-nelle Fußpflege durch einen Podologen zu empfehlen.

1.6.5 Weitere allgemeine Risikofaktoren

Neben den genannten Risikofaktoren, die jeweils nur bestimmte Gruppen von Menschen betreffen, gibt es auch allgemeine Faktoren, die das Risiko für Nagelpilzinfektionen bei jedem von uns erhöhen. An erster Stelle ist hier falsches Schuhwerk zu

nennen. Zu enge Schuhe, die zu Druckstellen und zur Verkrümmung der Nägel führen, tragen wesentlich zum Nagelpilzrisiko bei. Auch luftundurchlässige Schuhe, wie z. B. Gummi- oder Winterstiefel, erhöhen das Risiko. Eine Ansteckungsgefahr stellen auch ausgeliehene Schuhe z. B. fürs Schlittschuh- oder Skilaufen dar, in denen Pilze bzw. deren Sporen von vorherigen Trägern lange Zeit überdauern können.

Bei der Sockenauswahl sollte luftdurchlässiges Material wie Baumwolle bevorzugt werden, da luftundurchlässi-ge Synthetiksocken ein feuchtes Klima und damit Pilzinfektionen begünstigen.

Einen weiteren wichtigen Risikofaktor stellen Orte, an denen viele Menschen barfuß laufen, dar – insbesondere wenn es dort feucht ist, wie z. B. in Schwimmbädern, Saunen oder Gemein-schaftsduschen. Laufen viele Menschen an einem Ort barfuß, sammeln sich Pilze schnell an und in feuchtwarmem Milieu gedeihen sie bekanntlich besonders gut. Einen Schutz bietet hier das Tragen von Schuhen bzw. Schlappen. Zudem sollten die Füße vor dem Verlassen dieser Orte gründlich mit Wasser gereinigt und anschließend sorgfältig abgetrocknet werden.

Pilzsporen sind auch in Hotels oft vermehrt vorzufinden. Dies hat nicht unbedingt etwas mit mangelnder Hygiene zu tun. Auch wenn der Boden regelmäßig gesaugt und gewischt wird, können sich

Pilzerreger z. B. in Bettvorlegern oder Teppichen ansammeln. Vor allem die widerstandsfähigen Pilzsporen stellen hier ein Problem dar. Diese können auch unter ungünstigen Lebensbedingungen, wie etwa im trocke-nen Milieu eines Teppichs, lange überdauern und damit eine Quelle für Fuß- und Nagelpilzinfektionen sein.

Abb. 5: Ältere Menschen haben generell ein höheres Nagelpilzrisiko

Abb. 6: In Schwimmbädern ist die Ansteckungsgefahr hoch

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1.7 Symptome und typischer Verlauf einer Nagelmykose

In den meisten Fällen dringt der Pilz am distalen Ende unter und seitlich des Nagelrandes in den Nagel ein und wandert an der Unterseite der Nagelplatte in Richtung des proximalen Nagelendes. Diese Form der Nagel mykose wird als distolaterale subunguale Onychomykose (DSLO) bezeichnet. Die DSLO ist mit Ab-stand die häufigste Form der Nagelmykose – sie macht etwa 82 % aller Fälle aus [2]. Als Erreger tritt in erster Linie der Dermatophyt Trichophyton rubrum in Erscheinung.

Der Verlauf der DSLO lässt sich in verschiedene Phasen gliedern, die durch unterschiedliche Symptomausprä-gungen charakterisiert sind (Tab. 1). Zunächst verliert der infizierte Nagel seinen Glanz und verfärbt sich von

der Nagelspitze aus weißlich, gelblich oder grau-bräunlich (Abb. 7). Aufgrund des einwachsenden Pilzes wird die Nagelplatte dicker und rauer. Wird die Infektion nicht behandelt, breitet sich der Pilz weiter aus, wobei die Nagelplatte zunehmend brüchig und bröckelig wird und sich schließlich vom Nagelbett ablösen kann (Abb. 7).

Im schlimmsten Fall droht ein vollständiger Verlust der betroffe-nen Nägel. Eine nicht behandelte Nagelpilzinfektion stellt zudem ein Erregerreservoir dar, aus dem umliegende Hautareale, weitere Nägel und auch andere Personen befallen werden können. Nagelpilz muss daher unbedingt behandelt werden.

1.8 Weitere Formen von Nagelmykosen

Neben der distolateralen subungualen Onychomykose gibt es weitere Formen von Nagelmykosen, die allerdings vergleichsweise selten auftreten [2, 4].

1.8.1 Proximale subunguale Onychomykose (PSO)

Bei der proximalen subungualen Onychomykose (PSO) beginnt die Pilzinfektion hinten am Nagel unter dem Nagelhäutchen. Nach Infektion der Nagelmatrix dringt der Pilz mit dem wachsenden Nagel in das Nagelbett

Tab. 1: Typischer Verlauf einer unbehandelten Nagelmykose

Phase 1 Der Nagel wirkt stumpf und glanzlos. Meist keine Beschwerden.

Phase 2 Verfärbungen der Nagelplatte (weißlich, gelblich, grau-bräunlich). Oft keine Beschwerden.

Phase 3 Verdickung des Nagels, der sich vom Nagelbett abhebt, Gefahr der zusätzlichen Infektion durch Bakterien (auch in folgenden Phasen). Beschwerden durch Instabilität des Nagels und Bakterieninfektionen möglich, manchmal noch ohne Beschwerden.

Phase 4 Der Nagel ist rissig, brüchig und krümelig. Beschwerden: siehe Phase 3.

Phase 5 Vollständige Zerstörung der Nagelplatte, Verletzungs- und Infektionsgefahr. Starke Beschwerden, z. B. beim Gehen, möglich.

Abb. 7: Typische Symptome einer Nagelmykose. Links: Nagelverfärbungen, rechts: Ablösung von brüchigem Nagelmaterial.

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und die Nagelplatte ein. Es kommt zu einer weißlichen Verfärbung und Trübung der Nagelplatte, die vom proximalen Nagelende in distale Richtung fortschreitet, bis schließlich die gesamte Nagelplatte mit Pilzen durchsetzt ist. Wie bei der DLSO ist der Dermatophyt Trichophyton rubrum der häufigste Erreger.

Interessanterweise ist diese Form der Nagelmykose fast ausschließlich bei Personen mit geschwächtem Immunsystem, z. B. infolge einer HIV-Infektion oder einer immunsuppressiven Therapie, zu finden.

1.8.2 Superfizielle weiße Onychomykose (SWO)

Bei der superfiziellen weißen Onychomykose (SWO) dringt der Erreger direkt in die Oberfläche der Nagel-platte ein. Im infizierten Bereich bilden sich weiße Flecken, die sich mit der Zeit vergrößern. Breitet sich die Infektion unter den proximalen Nagelwall aus, kann sie von dort aus auch über die Nagelmatrix wie bei einer PSO unter die Nagelplatte gelangen und sich über das Nagelbett weiter ausbreiten.

Die SWO tritt überwiegend an Zehennägeln auf und wird am häufigsten von dem Dermatophyten Trichophy-ton mentagrophytes ausgelöst.

1.8.3 Edonyx-Onychomykose

Bei der seltenen Edonyx-Onychomykose dringen die Erreger am distalen Ende nicht über das Hyponychium, sondern direkt zwischen die einzelnen Schichten der Nagelplatte ein. Während sich der Pilz (verschiedene Trichophyton-Arten) in der Nagelplatte ausbreitet, bleiben Nageloberfläche und Nagelbett weitgehend intakt. Durch die Ausbreitung des Pilzes in der Nagelplatte splittet diese lamellenartig auf. Die Nagelplatte ist glanzlos und weißlich verfärbt.

1.8.4 Totale dystrophische Onychomykose (TDO)

Als totale dystrophische Onychomykose (TDO) wird ein Pilzbefall des kompletten Nagels bezeichnet, der oft in einer völligen Zerstörung der Nagelplatte resultiert. Sie kann sich als Endergebnis aller oben beschriebenen Formen entwickeln (sekundäre Form), wenn die Infektion nicht oder zu spät behandelt wird.

Die primäre Form – also eine TDO, der keine andere Nagelpilzform vorausgegangen ist – findet man in seltenen Fällen bei Menschen, die eine verminderte Abwehr gegen den Hefepilz Candida albicans besitzen.

1.8.5 Candida-Paronychie

Als Candida-Paronychie wird eine chronische Entzündung des proximalen, später auch des lateralen Nagel-walls durch Hefepilze (meist Candida albicans) bezeichnet. Charakteristisch für diese seltene Infektion sind eine Rötung und Schwellung des Nagelwalls, später auch Verfärbungen der distalen und lateralen Ränder der Nagelplatte. Unbehandelt kann sich die Infektion auf die Nagelmatrix und von dort aus auf das Nagelbett ausweiten.

Die Candida-Paronychie kommt vor allem an Fingernägeln bei Menschen vor, die mit ihren Händen viel im feuchten oder nassen Milieu arbeiten.

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1.9 Mögliche Folgen von Nagelpilzinfektionen

Nagelpilz verursacht oft über eine lange Zeit keinerlei Schmerzen oder sonstige körperliche Beschwerden. Dennoch sollte eine Nagelpilzinfektion immer schnellstmöglich behandelt werden, da sie zum einen anste-ckend ist und zum anderen im weiteren Verlauf zu erhebliche Beschwerden führen kann.

Ein verdickter und brüchiger Zehennagel bereitet vor allem beim Tragen von Schuhen Probleme. Viele Betrof-fene haben Beschwerden beim Gehen und leiden unter Schmerzen (Abb. 8) [1].

Durch Nagelpilz verursachte Veränderungen der Fingernägel können das Fingerspitzengefühl und damit die Feinmotorik beeinträchtigen. Dies kann das Verrichten von Tätigkeiten im Alltag und bei der Arbeit erheblich erschweren. Im späteren Stadium treten außerdem häufig Schmerzen auf.

Hinzu kommt, dass jede Nagelmykose ein Erreger-reservoir darstellt, aus dem sich die Infektion auf weitere Nägel, die Haut und auch auf andere Personen ausbreiten kann. Vor allem die resisten-ten Pilzsporen stellen hier ein Problem dar. Sie können nicht nur im Nagel oder der Haut, sondern auch auf Textilien und Gegenständen lange über-

dauern. Aus diesem Grund ist es wichtig, Nagelpilzinfektionen nicht nur schnell und mit einem geeigneten Mittel zu behandeln, sondern auch so lange konsequent durchzuführen, bis die Infektion vollkommen aus-geheilt und ein gesunder Nagel nachgewachsen ist. Bei einer falschen oder zu kurzen Therapie kann noch vorhandenes Pilzmaterial gleich wieder eine erneute Infektion auslösen. Insbesondere die widerstandsfähigen Pilzsporen können eine falsche oder zu kurze Therapie leicht überdauern und dann zum erneuten Ausbre-chen der Erkrankung führen.

Zu bedenken ist auch, dass Nagelmykosen ein Wegbereiter für gefährliche bakterielle Sekundärinfektionen sein können. Ist der Nagel erst einmal geschädigt, haben andere Krankheitserreger wie Bakterien leichtes Spiel.

Nicht zuletzt sind ästhetische Aspekte und damit einhergehende psychosoziale Komponenten zu bedenken. Gerade die Hände spielen bei zwischenmenschlichen Interaktionen eine wichtige Rolle. Pilzinfektionen der Fingernägel werden von anderen Menschen schnell bemerkt und in der Regel als abstoßend empfunden. Viele schämen sich daher für die Erkrankung, was wiederum zu psychischen Problemen bei den Betroffenen führen kann. Infektionen der Zehennägel lassen sich besser verstecken, spätestens wenn der Sommer vor der Tür steht, wünscht sich aber wohl jeder vorzeigbare Füße.

1.10 Prophylaxe – Wie lässt sich Nagelpilz vermeiden?

Nagelpilz vorzubeugen ist nicht nur wichtig für alle, die bereits eine Nagelpilzinfektion hatten. Auch Personen, die zu einer Risikogruppe gehören oder regelmäßig allgemeinen Risikofaktoren ausgesetzt sind, sollten sich vor Nagelpilz schützen. Es gibt gute Prophylaxemaßnahmen, die jeder im Alltag umsetzen kann.

Abb. 8: Beeinflussung der Lebensqualität infolge einer Nagelpilzerkrankung (aus [1])

(%)

100- 90- 80- 70- 60- 50- 40- 30- 20- 10- 0-

Beschwerden beim Gehen

76,0

Schmerzen

51,0

Einschränkung

17,3

Behinderung

5,1

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Da Pilze sich vor allem dort tummeln, wo viele Menschen barfuß laufen, sollte man an diesen Orten besser Schuhe oder Schlappen tragen. Dies gilt insbesondere für Orte mit feuchtwarmem Klima, da Pilze hier besonders gut wachsen.

Wichtig ist es, die Füße anschließend immer gut abzutrocknen – gezielt auch zwischen den Zehen, wo es schnell zu Fußpilz kommt. Zudem sollten generell Schuhe und Socken aus atmungsaktiven Materialien bevor-zugt werden. Wer zu Fußschweiß neigt, sollte seine Socken entsprechend häufig wechseln.

An Orten, an denen kein erhöhtes Ansteckungsrisiko und keine Verletzungsgefahr bestehen, kann zum Barfußlaufen durchaus geraten werden. Es fördert die Durchblutung, härtet die Füße ab und hat so eine gewisse vorbeugende Wirkung.

Wer Fuß- oder Nagelpilz hat, sollte an seine Mitmenschen denken und Schwimmbäder oder Saunen bis zum Ende der Therapie möglichst nicht besuchen und in Gemeinschaftsduschen Badeschlappen tragen. Auch zuhause sollte dann nicht barfuß gelaufen werden und zudem sicher gestellt werden, dass die eigenen Hand-tücher nicht von anderen benutzt werden. Handtücher, Socken, Teppiche im Badezimmer und Bettvorleger müssen mit über 60 °C gewaschen werden, damit neben aktiven Pilzen auch die Sporen abgetötet werden. Schuhe sollten gut ausgelüftet und zudem mit einem pilztötenden Spray oder Puder behandelt werden.

Da ein geschwächtes Immunsystem Pilzinfektionen begünstigt, wirkt alles vorbeugend, was die Immunabwehr stärkt. Dazu gehören vor allem eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung, ggf. auch der Verzicht auf Zigaretten.

Tipps zur Vorbeugung von Nagelpilz

• Füße täglich waschen und anschließend sorgfältig abtrocknen – insbesondere zwischen den Zehen

• Täglich frische Strümpfe anziehen – am besten aus atmungsaktivem Material

• Strümpfe und andere Textilien, die mit den Füßen in Berührung kommen, bei über 60 °C waschen

• Handtücher, Socken, Badeschlappen etc. nicht mit anderen Personen gemeinsam nutzen

• Möglichst viel Luft an die Füße lassen

• Bequeme, nicht zu enge Schuhe tragen

• Eine Überlastung der Füße bzw. Verletzungen an den Zehen vermeiden

• Im Schwimmbad, in der Sauna, in Gemeinschaftsduschen, Umkleideräumen, Hotelzimmern etc. nicht barfuß laufen, sondern Badeschuhe tragen

• Schuhe, insbesondere Sportschuhe und Badeschlappen, regelmäßig mit pilzabtötendem Mittel behandeln

• Erkrankungen, die das Entstehen von Nagelpilz begünstigen, angemessen behandeln

• Immunabwehr stärken

• Durchblutung der Füße verbessern

• Die Füße inklusive der Nägel regelmäßig anschauen und Veränderungen, die nach Fuß- oder Nagelpilz aussehen, von einem Dermatologen oder Podologen untersuchen lassen

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1.11 Diagnose von Nagelpilzerkrankungen

Die Symptome von Nagelpilz machen die Erkrankung zwar mit bloßem Auge sichtbar, für eine sichere Dia-gnose ist aber ein Pilznachweis erforderlich. Denn Ursache für eine Nagelveränderung können auch andere Nagelerkrankungen, wie z. B. Nagelpsoriasis, Ekzemnagel oder eine Nagelfalzentzündung sein [2].

Differenzialdiagnose des Nagelpilzes – Erkrankungen mit ähnlichen Nagelveränderungen:

➔ Nagelpsoriasis (Nagelbefall bei Schuppenflechte)

➔ Nagelbeteiligung bei Hautekzem („Ekzemnagel“)

➔ Weitere seltene Hauterkrankungen mit Nagelbeteiligung, z. B. Lichen ruber planus = „Knötchenflechte“ oder Sklerodermie

➔ Nagelverletzungen: Unterblutungen (Hämatome) und Quetschungen des Nagels

➔ Chronisches Krampfaderleiden: oft verdickte, grau-grünlich verfärbte Zehennägel

➔ Weitere seltene chronische Nagelveränderungen, z. B. bei Durchblutungsstörungen, Eisen-, Kalzium- oder Vitaminmangel, Schilddrüsenleiden

Wichtige Hinweise für die Diagnose kann bereits eine gründliche Inspektion des Nagels, seiner Umgebung, des Fußes und des ganzen Patienten liefern. Beispielsweise ist die Nagelpsoriasis, die ganz ähnlich wie Nagel-

pilz aussehen kann, relativ leicht zu erkennen, wenn die Haut ebenfalls von der Schuppenflechte betroffen ist. Dies ist allerdings nicht immer der Fall, dann ist die Diagnose deutlich schwieriger. Es kommt auch gar nicht so selten vor, dass bei Nagelpsoriasis der Nagel beschädigt und damit wiederum besonders anfällig für eine Pilzinfektion ist. Auch bei anderen Zuständen, die dem Nagelpilz ähneln, kann gleichzeitig eine Nagelpilzinfektion vorliegen.

Nagelmykosen, die etwa 50 % aller krankhaften Nagelveränderun-gen zugrunde liegen, lassen sich nur durch einen Erregernachweis sicher diagnostizieren.

Dafür wird zunächst eine Probe des veränderten Nagelmaterials unter dem Mikroskop untersucht, um fest - zustellen, ob Pilze oder Sporen vorhanden sind. Zur genauen Identifizierung des Erregers muss eine Pilzkultur angelegt werden. Dazu wird infiziertes Nagelmaterial auf eine Kulturschale mit geeignetem Nährboden gegeben. Das Anzüchten dauert mindestens drei Wochen. Den entstandenen Pilzkolonien können Pilze entnommen und anhand ihrer Wuchsform genau charakterisiert werden. Dies kann für die Wahl der richti-gen Behandlung wichtig sein. Der Arzt kann das entnommene Nagelmaterial auch zu einer histologischen Untersuchung einschicken, bei der sich die DNA des Erregers mittels spezieller Anfärbetechniken und zum Teil über molekularbiologische Methoden nachweisen lässt. Das Ergebnis liegt meist schon nach wenigen Tagen vor.

Abb. 9: Eine gründliche Inspektion ist der erste Schritt zur Diagnose

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KAPITEL 2 DIE THERAPIE DER NAGELMYKOSE

Wie in Kapitel 1 ausführlich dargestellt, ist eine möglichst schnelle und konsequente Behandlung bei Nagelpilz-infektionen sehr wichtig. In vielen Fällen reicht dann eine lokale Therapie mit einem Antimykotikum aus. Bei starkem Befall kann auch eine (zusätzliche) systemische Therapie erforderlich sein.

2.1 Atraumatische Nagelentfernung

Für eine schnelle, gründliche und nachhaltige Behandlung ist es bei den meisten Patienten und nahezu allen Formen und Schweregraden der Nagelpilzinfektion nützlich, wenn möglichst viel des befallenen Nagelmate-rials entfernt wird, bevor die Behandlung mit pilzabtötenden Mitteln beginnt [8, 9]. Denn ohne Nagelentfer-nung ist es schwierig, den verdickten Nagel mit einem lokal oder systemisch angewendeten Mittel soweit zu durchdringen, dass die Pilze in allen Bereichen des Nagels abgetötet werden. Indem die in den Hohlräumen des befallenen Nagels festsitzenden Pilze und Pilzsporen zusammen mit dem Nagel entfernt werden, werden optimale Voraussetzungen für die anschließende Behandlung mit einem Antimykotikum geschaffen. Dadurch wird die Behandlungsdauer verkürzt und das Rückfallrisiko minimiert.

Die Ablösung des infizierten Nagelteils sollte so schonend wie möglich erfolgen. Dafür wird heute meist eine 40%ige Harnstoff-salbe eingesetzt, die einmal täglich auf den betroffenen Nagel aufgetragen und mit einem Pflaster abgedeckt wird (Abb. 10). Der Okklusiveffekt ist wesentlich für den Therapieerfolg. Der hoch dosierte Harnstoff weicht die Hornsubstanz des erkrankten Nagelanteils auf, sodass sich dieser innerhalb von ein bis drei Wochen schmerzfrei und unblutig – am besten durch einen Hausarzt oder einen medizinischen Fußpfleger – ablösen lässt (atraumatische Nagelentfernung). Anschließend wird der betrof-fene Nagel mit einem Antimykotikum weiterbehandelt.

2.2 Antimykotische Therapie

Grundsätzlich stehen zwei Formen der antimykotischen Therapie zur Verfügung: Die Anwendung eines lokalen, topischen Antimykotikums in Form medizinischer Nagellacke, Lösungen, Salben und Cremes sowie eine systemische Therapie mit oralen Antimykotika [8–13].

Ein Nachteil der systemischen Therapie ist das deutlich höhere Nebenwirkungspotential, da die Wirkstoffe über den Blutkreislauf in den gesamten Körper gelangen. Alle systemischen Antimykotika können zu einer Erhöhung der Leberenzyme führen, was eine regelmäßige Kontrolle der Leberwerte erforderlich macht.

Ob eine systemische Therapie notwendig ist oder eine lokale Behandlung ausreicht, ist von dem jeweiligen Befallsgrad abhängig [8–10]. So lässt sich eine beginnende Nagelmykose in der Regel gut mit einem topischen

Abb. 10: Nagelentfernung mit Harnstoffsalbe

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Antimykotikum, das auf die betroffenen Nägel aufgetragen wird, behandeln. Fortgeschrittene Stadien erfor-dern hingegen eine systemische Therapie. Dabei ist es meist sinnvoll, gleichzeitig eine topische Behandlung vorzunehmen.

Generell gilt, dass eine lokale Therapie ausreichend ist, wenn

➔ nicht mehr als zwei Finger- oder Zehennägel von einer Nagelpilzinfektion betroffen sind, ➔ dabei jeweils maximal die Hälfte der Nagelfläche infiziert ist ➔ und bei keinem Nagel die Nagelmatrix betroffen ist.

In allen anderen Fällen sollte der Patient (zusätzlich) eine systemische Therapie vom behandelnden Arzt verordnet bekommen.

2.2.1 Lokale antimykotische Therapie

Zur lokalen Therapie von Nagelmykosen stehen verschiedene Lösungen, Cremes, Salben und medizinische Nagellacke mit antimykotischen Wirkstoffen zur Verfügung.

Medizinische Nagellacke Medizinische Nagellacke haben den Vorteil, dass sie unkompliziert und schnell anzuwenden sind. Nach Ver - dunstung des Lösungsmittels ist bei Nagellacken der pilztötende Wirkstoff außerdem in höherer Konzentra-tion als in Cremes oder Lösungen verfügbar. Dies begünstigt das Eindringen des Wirkstoffs in den Nagel [12].

Im Handel befinden sich sowohl wasserlösliche als auch wasserunlösliche antimy-kotische Nagellacke.

Wasserlösliche Lacke bilden nach Verdunstung des Lösungsmittels einen elastischen Film auf dem Nagel, aus dem der Wirkstoff in den Nagel diffun-diert. Während der benötigten Einwirkzeit von etwa sechs Stunden dürfen die betroffenen Zehen oder Finger nicht gewaschen werden, da der Lack sonst zu früh abgetragen wird. Nach der Einwirkzeit können auf der Nageloberfläche

verbliebene Reste des Lacks mit Wasser abgewaschen werden. Einmal am Tag wird der Lack neu aufgetragen – am besten vor dem Zubettgehen, sodass der

Wirkstoff über Nacht in den Nagel eindringen kann [12].

Wasserunlösliche Lacke bilden nach Verdunstung des Lösungsmittels eine feste Schicht auf dem Nagel, aus der der Wirkstoff kontinuierlich in den Nagel diffun-diert. Die Patienten können sich ohne Bedenken die Hände bzw. Füße waschen, sobald der Lack getrocknet ist. Die empfohlene Anwendungshäufigkeit kann von Produkt zu Produkt und in Abhängigkeit vom Therapiezeitpunkt variieren. Um eine optimale Durchdringung des Nagels zu erreichen, muss der Nagel in gewissen Abständen von der alten Lackschicht befreit werden. Dies kann mithilfe von Alkoholtupfern und/oder einem Nagellackentferner geschehen

(Abb. 12) [12].

Bei richtiger und konsequenter Anwendung wird mit beiden Lackformen eine ausreichend hohe Wirkstoffkonzentration im Nagel erreicht [12].

Abb. 12: Wasserunlösliche Lacke werden regelmäßig entfernt

Abb. 11: Antimykotische Nagel- lacke sind besonders geeignet

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Wirkstoffe Die in der lokalen Nagelpilztherapie verwendeten Wirkstoffe lassen sich anhand ihrer Wirkmechanismen in zwei Gruppen einteilen [10, 11].

Hemmstoffe der Ergosterolbiosynthese wie Bifonazol und Amorolfin verhindern die Bildung von Ergosterol – ein Molekül, das bei Pilzen ein wichtiger Bestandteil der Zellmembran ist. Steht für den Aufbau einer Zellmembran kein Ergosterol zur Verfügung, ist ein normales Wachstum nicht länger möglich, was schließlich zum Tod des Pilzes führt. Pilzsporen werden durch Hemmstoffe der Ergosterolsynthese allerdings nicht abge-tötet, da diese Dauerstadien keine Zellmembranen aufbauen.

Das Hydroxpyridinon-Derivat Ciclopirox ist ein Wirkstoff, der zu einer vermehrten Bildung reaktiver Sauerstoffverbindungen führt, die für Pilze toxisch sind. Reaktive Sauerstoffverbindungen sind aufgrund ihrer ungepaar-ten Elektronen sehr reaktionsfreudig und greifen u. a. essenzielle Enzyme des Pilzstoffwechsels an. Die toxische Wirkung entfaltet sich nicht nur in aktiven Pilzzellen, auch ruhende Pilzsporen werden zuverlässig abgetötet [11].

Neben der antimykotischen Wirkung besitzt Ciclopirox zudem eine entzündungshemmende und antibakterielle Wirkung [8]. Dies ist von entscheidendem Vorteil, da dadurch bakterielle Sekundärinfektionen

vermieden werden können oder, wenn vorhan-den, gleich mit behandelt werden.

Angewendet wird Ciclopirox meist in Form von Nagellacken mit einer Wirkstoffkonzentration von 8 %. Untersuchungen zeigen, dass der Wirkstoff gut aus dem Nagellack in den Nagel penetriert, innerhalb von 14 Tagen wird eine fungizide Wirkstoffkonzentration in allen Bereichen des Nagels erreicht [13].

Wirkspektren Ein weiterer Vorteil des Wirkstoffs Ciclopirox ist sein breites antimykotisches Wirkspektrum – Ciclopirox wirkt gegen alle wichtigen Erreger von Nagelpilz (Tab. 2) [8]. Ein breites Wirkspektrum besitzt auch der Ergosterolsynthese-Hemmstoff Bifonazol, der aber im Gegensatz zu Ciclopirox keine Pilzsporen abtöten kann. Der Wirkstoff

Abb. 13: Hemmstoffe der Ergosterolbiosynthese, oben: Bifonazol, unten: Amorolfin

Abb. 14: Der Wirkstoff Ciclopirox

Tab. 2: Wirkspektrum von Ciclopirox, Bifonazol und Amorolfin (nach [8])

Erreger Ciclopirox Bifonazol Amorolfin

Trichophyton rubrum + + +

Trichophyton interdigitale + + +

Trichophyton menagrophytes1 + + –

Trichophyton verrucosum1 + + –

Microsporum canis1 + + –

Microsporum furfur1 + + –

Scopulariopsis brevicaulis + + – 2

Candida albicans + + – 2

Candida glabrata + + –

Antimykotisches Wirkspektrum breit breit lückenhaft

Sporozide Wirkung + – –

Entzündungshemmend + + –

Antibakteriell + + –+ wirksam / – nicht wirksam 1 zoophiler Dermatophyt (von Katze, Hund, Meerschweinchen, Kaninchen, Rind) 2 nur bei wenigen Stämmen dieser Pilzart wirksam

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Amorolfin zeigt ein vergleichsweise lückenhaftes Wirkspektrum [8]. Zudem besitzt Amorolfin – anders als Ciclopirox und Bifonazol – keine entzündungshemmende oder antibakterielle Wirkung.

2.2.2 Systemische antimykotische Therapie

Ist eine lokale Therapie nicht ausreichend, müssen systemisch wirkende, orale Antimykotika eingesetzt werden. Häufig wird dann gleichzeitig auch eine lokale Therapie durchgeführt, um die Effektivität der Thera-pie und damit die Heilungschancen zu erhöhen. Die systemische Therapie kann dann schon während der Phase der Nagelentfernung begonnen werden. Es stehen die verschreibungspflichtigen Wirkstoffe Fluconazol, Griseofulvin, Itraconazol und Terbinafin zur Verfügung [8–11]. Die Wahl des Wirkstoffs richtet sich zum einen nach dem Erreger, zum anderen aber auch nach den individuellen Voraussetzungen der Patienten, wie z. B. Begleiterkrankungen und andere angewendete Arzneimittel, oder auch frühere Therapieerfahrungen.

Bei allen Wirkstoffen ist das im Vergleich zur lokalen Behandlung hohe Nebenwirkungspotential zu beachten. Systemische Antimykotika können z. B. zu einem Anstieg der Leberenzyme führen, weshalb sie bei Patienten mit Lebererkrankungen nicht oder nur unter strenger Kontrolle der Leberwerte eingesetzt werden sollten [14].

Auch Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen sind zu beachten. Beispielsweise kann der Wirkstoff Itraconazol als Hemmstoff des CYP450 Isoenzym 3A4-Systems die Plasmaspiegel verschiedener, häufig verordneter Medikamente, wie z. B. Antiarrhythmika, Antihypertensiva oder orale Antidiabetika, erhöhen [7, 14].

Aufgrund der möglichen Neben- und Wechselwirkungen sollte eine Therapie mit systemischen Antimykotika nur durchgeführt werden, wenn sie wirklich notwendig ist. Auch hier zeigt sich wieder, wie wichtig eine frühzeitige Behandlung von Nagelpilzerkrankungen ist: Wird rechtzeitig gehandelt, ist eine systemische Therapie in der Regel nicht erforderlich.

2.3 Dauer der Therapie

Die Therapie ausreichend lange durchzuführen, stellt für die Patienten oft eine Herausforderung dar. Denn tatsächlich muss Nagelpilz solange mit einem antimykotischen Wirkstoff behandelt werden, bis der betroffene Nagel vollständig nachgewachsen ist. Ein Zehennagel braucht fast ein Jahr, um von der Matrix bis zur Spitze zu wachsen. Je nach Ausmaß bzw. Lokalisation der Nagelpilzinfektion braucht man im schlimmsten Fall also bis zu zwölf Monate Geduld. In den meisten Fällen ist eine Therapie über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten ausreichend.

Wird die Therapie zu früh abgebrochen, z. B. weil die Beschwerden und Symptome weitgehend abgeklungen sind, kann noch infiziertes Nagelmaterial vorhanden sein, aus dem sich die Infektion dann wieder ausbreiten kann. Selbst wenn die aktiven Pilze vollständig abgetötet sind, können sich noch Pilzsporen in den Hohl-räumen der Nägel befinden. Wird die Therapie dann nicht fortgesetzt, lösen diese meist schnell eine erneute Infektion aus. Dies erklärt, warum es bei Nagelpilzerkrankungen so häufig zu Rezidiven kommt.

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Eine fachkundige Beratung in der Apotheke kann wesentlich dazu beitragen, dass Nagelpilz frühzeitig erkannt und konsequent behandelt wird. Auch die (Rezidiv-) Prophylaxe sollte Bestandteil einer Beratung zum Thema Nagelpilz sein.

3.1 Nagelpilz frühzeitig erkennen

Da Nagelpilzerkrankungen zu Beginn in der Regel keine Beschwerden verursachen und auch die optischen Symptome erst nach und nach sichtbar werden, werden sie oft erst spät diagnostiziert. Insbesondere Perso-nen, bei denen ein erhöhtes Risiko für Nagelpilz vorliegt, können von einer entsprechenden Aufklärung in der Apotheke profitieren.

3.1.1 Aufklärung von Risikopatienten

Wie in Kapitel 1.6 dargestellt, tragen bestimmte Personengruppen ein höheres Risiko für Nagelpilz als andere – oft ist das den betreffenden Personen aber gar nicht bewusst. Hier kann die Apotheke wichtige Aufklärungs arbeit leisten.

Zu den Risikopatienten zählen neben Diabetikern und Menschen mit Immunschwäche oder bestimmten anderen Vorerkrankungen auch Sportler und Senioren. Diese sollten, wann immer es sich im Beratungs-gespräch anbietet, auf das Risiko und die Ernsthaftigkeit von Nagelpilzerkrankungen hingewiesen werden. Auch die in Kapitel 1.10 genannten Prophylaxemaßnahmen sollten Risikopatienten nahegelegt und erläutert werden, damit sie sich vor Nagelpilzinfektionen schützen können.

Ebenfalls wichtig ist eine regelmäßige und sorgfältige Fußpflege. Dabei sollten die Füße nicht nur gereinigt, sondern auch gründlich auf kleine Verletzungen und Hinweise auf eine Pilzinfektion untersucht werden. Dies gilt insbesondere für die Zehenzwischenräume, in denen sich Fußpilz besonders häufig bildet, der wiederum Ausgangsort für eine Infektion der Nägel sein kann.

Kunden, die zu einer sorgfältigen Fußpflege, z. B. aufgrund einer eingeschränkten Beweglichkeit, selbst nicht in der Lage sind, ist ein regelmäßiger Besuch beim Podologen zu empfehlen.

3.1.2 Risikocheck

Oft lässt sich das individuelle Risiko für Nagelpilz nicht ohne weiteres abschätzen, denn es ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Das Risiko ist dann besonders hoch, wenn mehrere prädisponierende Faktoren zusammen kommen.

Um zu einer ersten Einschätzung zu gelangen, können Sie mit Ihren Kunden einen Risikocheck durchführen, indem Sie die folgenden Fragen stellen. Je mehr Fragen mit Antwort A beantwortet werden, desto höher ist das individuelle Nagelpilzrisiko.

KAPITEL 3 ARZNEIMITTELABGABE UND BERATUNG IN DER APOTHEKE

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Sicher besteht nicht gleich ein hohes Nagelpilzrisiko, wenn eine oder wenige Fragen mit Ja beantwortet werden. Am wichtigsten zur Einschätzung des Risikos sind die Fragen 11 bis 13, gefolgt von den Fragen 1 und 2. Werden diese mit Ja beantwortet und/oder mehrere der übrigen Fragen, kann von einem relativ hohen Risiko ausgegangen werden.

In diesem Fall sollte der Kunde ausführlich über Prophylaxemaßnahmen (siehe Kapitel 1.10) aufgeklärt werden, damit er sich vor einer Nagelpilzinfektion schützen kann. Liegen bereits Nagelveränderungen oder eine Fußpilzinfektion vor, ist je nach Ausmaß ein Arztbesuch ratsam.

Fragen zur Einschätzung des individuellen Nagelpilzrisikos

Frage 1: Wie alt sind Sie? Antwort A: m 50 Jahre oder älter Antwort B: m Jünger als 50 Jahre

Frage 2: Sind Sie Diabetiker oder leiden Sie an einer Erkrankung mit Durchblutungsstörungen oder einem geschwächten Immunsystem? Antwort A: m Ja Antwort B: m Nein

Frage 3: Rauchen Sie? Antwort A: m Ja Antwort B: m Nein

Frage 4: Treiben Sie eine Sportart, bei der die Füße stark belastet werden, z. B. Joggen oder Fußball? Antwort A: m Ja Antwort B: m Nein

Frage 5: Tragen Sie häufig luftundurchlässige Schuhe? Antwort A: m Ja Antwort B: m Nein

Frage 6: Welche Art von Socken tragen Sie überwiegend? Antwort A: m Aus synthetischem Material Antwort B: Aus Baumwolle

Frage 7: Bei welcher Temperatur waschen Sie Textilien wie Socken und Handtücher? Antwort A: m Bei unter 60 °C Antwort B: m Bei 60 °C oder mehr

Frage 8: Wie trocknen Sie Ihre Füße nach dem Waschen ab? Antwort A: m Flüchtig Antwort B: m Gründlich, auch zwischen den Zehen

Frage 9: Haben Sie, z. B. aufgrund Ihrer Arbeit, häufig nasse Hände oder Füße? Antwort A: m Ja Antwort B: m Nein

Frage 10: Tragen Sie an Orten mit hoher Infektionsgefahr, z. B. im Schwimmbad, Schuhe oder Schlappen? Antwort A: m Nein Antwort B: m Ja

Frage 11: Hatten Sie schon mal eine Nagelpilzinfektion? Antwort A: m Ja Antwort B: m Nein

Frage 12: Sehen Ihre Nägel alle gesund aus oder haben Sie Veränderungen bemerkt? Antwort A: m Ich habe Veränderungen bemerkt Antwort B: m Alle Nägel sehen gesund aus

Frage 13: Gibt es Hinweise auf eine bestehende Fußpilzinfektion, z. B. Juckreiz zwischen den Zehen? Antwort A: m Ja Antwort B: m Nein

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3.2 Wann zum Arzt?

Wie in Kapitel 1.11 beschrieben, kann eine sichere Diagnose nur durch einen Erregernachweis erfolgen, für den der Patient einen Arzt aufsuchen muss. Deuten die Symptome aber stark auf eine Nagelmykose hin, kann bei begrenztem Befall zunächst eine Behandlung mit rezeptfreien Präparaten begonnen werden. Stellt sich bei dieser nicht innerhalb von drei Monaten ein Behandlungserfolg ein, sollte der Patient einen Dermatologen aufsuchen, um eine gesicherte Diagnose zu erhalten.

Bei Nagelveränderungen, die mehr als zwei Nägel, mehr als die Hälfte der Fläche eines Nagels oder die Nagelmatrix betreffen, sollte der Patient in jedem Fall einen Arzt aufsuchen. Handelt es sich um eine Nagel-mykose, ist bei solch einem Befall in der Regel eine systemische Therapie notwendig.

Ein Arztbesuch ist demnach zu empfehlen, wenn

➔ die Symptome nicht klar auf einen Nagelpilz hindeuten. ➔ eine lokale Therapie innerhalb von drei Monaten keine Besserung bringt. ➔ mehrere Nägel, mehr als 50 % der Nagelfläche oder die Nagelmatrix betroffen sind.

3.3 Auswahl einer geeigneten Therapie

Kommt eine Selbstmedikation in Frage, gilt es, eine geeignete Therapie zu empfehlen. Wie in Kapitel 2.1 beschrieben, sollte der befallene Nagel zunächst mit einer Harnstoffsalbe behandelt werden, um infiziertes Nagelmaterial zu entfernen. Anschließend folgt die lokale Therapie mit einem topischen Antimykotikum. Hier stehen nicht nur verschiedene Wirkstoffe, sondern auch unterschiedliche Darreichungsformen zur Verfügung.

Bei der Auswahl eines Wirkstoffs spricht vieles für Ciclopirox, da dieser nicht nur ein breites Wirkspektrum besitzt, sondern neben aktiven Pilzen auch ruhende Pilzsporen abtötet. Das ist wichtig, damit es nach Beendi-gung der Therapie nicht zu einer erneuten Infektion durch noch vorhandene Sporen kommt.

Unter den erhältlichen Darreichungsformen sind vor allem medizinische Nagellacke zu empfehlen, aus denen der Wirkstoff nach und nach in die Nagelplatte abgegeben wird. So wird mit der Zeit eine ausreichend hohe Konzentration in allen Bereichen der Nagelplatte erreicht. Wichtig ist die richtige Anwendung. So muss bei wasserlöslichen Lacken z. B. darauf geachtet werden, dass während der sechsstündigen Einwirkzeit kein Kontakt mit Wasser erfolgen darf, damit der Lack nicht vorzeitig heruntergewaschen wird. Bei Verwendung eines wasserfesten Nagellackes können die Hände bzw. Füße nach dem Antrocknen hingegen ohne Bedenken gewaschen werden. Der Lack wird dann regelmäßig, in der Regel einmal pro Woche, wieder entfernt, damit neu aufgetragener Lack ungehindert in den Nagel eindringen kann.

3.4 Anwendungshinweise

Bei der Abgabe von Präparaten zur Behandlung einer Nagelpilzinfektion sollte die Anwendung im Beratungs-gespräch immer ausführlich erläutert werden, denn nur wenn das Mittel richtig angewendet wird, lässt sich der gewünschte Therapieerfolg erzielen.

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Harnstoffsalben zur Entfernung des betroffenen Nagelmaterials werden in der Regel einmal täglich dick auf den gesamten betroffen Nagel aufgetragen und mit einem Pflaster abgedeckt (Abb. 15). Der Okklusiveffekt ist wesentlich für den Therapieerfolg. Am praktischsten ist es daher, ein Set zu verwenden, das neben der Harnstoffsalbe auch geeignete, selbsthaftende Pflaster enthält.

Die Behandlung mit der 40%igen Harnstoffsalbe wird täglich eine Woche – bei sehr starkem Befall bzw. sehr dickem Nagel maximal drei Wochen – lang wiederholt, bis sich der erkrankte Nagelteil vom Nagelbett abgelöst hat. Dieser Teil kann dann vorsichtig mit einer Nagelschere, ggf. durch eine medizinische Fachkraft, abgetragen werden (Abb. 15).

Im Anschluss an die Nagelentfernung wird der Nagel mit einem Antimyko-tikum, z. B. in Form eines medizini-schen Nagellackes (Abb. 16) oder im Falle eines starken Befalls auch mit Tabletten, solange behandelt bis ein gesunder Nagel vollständig nachge-wachsen ist.

Beim Auftragen des Lackes sollte darauf geachtet werden, dass der Lack gleichmäßig auf der gesamten Nageloberfläche verteilt wird. Dabei dürfen auch die seitlichen Ränder nicht vergessen werden.

Wasserlösliche Lacke müssen einmal täglich aufgetragen werden, wobei anschlie-ßend eine Einwirkzeit von sechs Stunden zu beachten ist. Bei wasserfesten Nagel-lacken variiert die empfohlene Häufigkeit der Anwendung von Produkt zu Pro-dukt und auch in Abhängigkeit vom Therapiezeitpunkt. Die Patienten sollten sich hier an die Angaben in der Packungsbeilage halten.

Manche Nagellacke werden mit Einmalnagelfeilen geliefert, mit denen der Nagel vor jedem erneuten Auftragen des Lackes zu behandeln ist. Es gibt aber auch Nagellacke, die ohne Feilen auskommen und lediglich einmal in der Woche mit einem Alkoholtupfer und/oder Nagellackentferner wieder entfernt werden, damit aus einer neuen Lackschicht wieder ausreichend Wirkstoff in den Nagel eindrin-

gen kann. Nagellacke, die ohne Feilen auskommen, bieten den Vorteil einer geringeren Verletzungsgefahr. Außerdem stellen Nagelfeilen eine mögliche Infektionsquelle dar, wenn sie entgegen den Empfehlungen nicht als Einmalfeile, sondern mehrfach und auch an gesunden Nägeln – unter Umständen sogar von anderen Personen – verwendet werden.

Abb. 16: Weiterbehandlung mit einem antimykotischen Nagellack

Abb. 15: Nagelentfernung mit einer Harnstoffsalbe. Links: Die Salbe wird auf den gesamten Nagel aufgetragen; rechts: Der behandelte Nagel wird mit einem Pflaster abgedeckt

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3.5 Förderung der Compliance

Aufgrund der langen Therapiedauer kommt es bei der Behandlung von Nagelpilz nicht selten zu Compliance- Problemen. Hinzu kommt, dass erste Therapieerfolge erst nach mehreren Wochen festzustellen sind. Damit eine Therapie nicht vorzeitig abgebrochen wird, ist es von entscheidender Bedeutung, die Patienten über die Notwendigkeit einer konsequenten Therapie aufzuklären. Bei einer halbherzig durchgeführten Therapie sind Rezidive vorprogrammiert, da aus noch vorhandenem infiziertem Nagelmaterial schnell erneute Infektionen entstehen können. Daher gilt es, die Compliance der Patienten bestmöglich zu unterstützen.

Neben einer sorgfältigen Aufklärung können auch Tipps zum Nachvollziehen des sich langsam einstellenden Therapieerfolgs gegeben werden. Dazu kann z. B. zu Beginn der Behandlung an der Grenze zwischen kran-kem und gesundem Nagelareal eine kleine Kerbe gesetzt werden. Indem der Patient regelmäßig den Abstand dieser Kerbe zum proximalen Nagelwall misst, kann er das Wachstum des gesunden Nagels nachvollziehen. Anderen hilft ein Therapietagebuch, in dem die Beschwerden und Symptome dokumentiert werden. Im Zeitalter von Handykameras lässt sich der Therapieerfolg auch ganz einfach durch regelmäßiges Fotografieren der betroffenen Nägel nachverfolgen.

3.6 Rezidivprophylaxe

Die Behandlung von Nagelpilzinfektionen ist nicht nur langwierig, es kommt auch häufig zu Rezidiven, die wiederholte Behandlungen erfordern.

Die möglichen Gründe für ein Wiederauftreten der Erkrankung sind vielfältig, häufig kommen mehrere Faktoren zusammen.

Mögliche Ursachen für Rezidive:

➔ Die Behandlung wurde nicht ausreichend lange oder konsequent durchgeführt, sodass noch infiziertes Nagelmaterial vorhanden ist.

➔ Die widerstandsfähigen Pilzsporen wurden durch die Behandlung nicht abgetötet.

➔ Es ist ein Pilzreservoir an anderer Stelle, z. B. in den Zehenzwischenräumen, vorhanden.

➔ Prädisponierende Faktoren sind noch vorhanden und/oder können nicht beseitigt werden.

➔ Durch vorhandene Pilze zuhause oder an anderen Orten kommt es zur erneuten Infektion.

Um Rezidive zu verhindern, gilt es in erster Linie, die antimykotische Therapie konsequent und ausreichend lange durchzuführen. Besonders zu empfehlen sind medizinische Ciclopirox-Nagellacke, da diese nicht nur aktive Pilze, sondern auch ruhende Pilzsporen abtöten. Dies ist wichtig, denn überstehen im Nagel vorhande-ne Pilzsporen die Therapie, kann sich aus ihnen gleich wieder eine erneute Nagelmykose entwickeln.

Daneben sollten die in Kapitel 1.10 genannten allgemeinen Vorbeugemaßnahmen befolgt werden – dies gilt in besonderem Maße, wenn prädisponierende Faktoren vorliegen, die nicht beseitigt werden können.

Patienten, die immer wieder unter Nagelpilz leiden, kann auch eine langfristige Prophylaxe in Form einer regelmäßigen Anwendung eines antimykotischen Nagellackes empfohlen werden.

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3.7 Das Beratungsgespräch

Beim Thema Nagelpilz spielt die fachkundige Beratung in der Apotheke eine wichtige Rolle. Hier ist nicht nur eine hohe fachliche Kompetenz gefragt, sondern auch ein gewisses Feingefühl, denn Nagelpilz ist für viele ein Tabuthema. Bei Betroffenen ist der Leidensdruck oft hoch. Zum einen schämen sie sich häufig für die Erkran-kung, zum anderen leiden sie insbesondere bei einem stärkeren Befall unter Symptomen wie Schmerzen. Wie in Kapitel 1.9 dargestellt, kann eine Nagelpilzerkrankung die Lebensqualität erheblich einschränken.

Exemplarisches Beratungsgespräch ( A = Apotheker, K = Kunde)

Die Gesprächsführung ist sehr von der Ausgangssituation abhängig. Mal geht es um die Aufklärung eines Risikopatienten, mal liegt ein Verdacht auf Nagelpilz vor, in anderen Fällen wurde eine Nagelpilzinfektion bereits diagnostiziert. Am Beispiel eines Sportlers, der eine Nagelpilzinfektion vermutet, möchten wir Anregungen für ein mögliches Kundengespräch geben.

A : Guten Tag. Was kann ich für Sie tun?

K : Ich glaube, ich habe an einem Zeh eine Nagelpilzinfektion. Können Sie mir etwas zur Behandlung geben?A : Was für Symptome haben Sie denn festgestellt?

K : Der Nagelrand ist etwas verdickt und aufgewölbt. Erst habe ich gedacht, dass ich mir den Nagel beim Joggen quasi aufgerieben habe, aber der Nagelrand ist auch etwas gelblich gefärbt.A : Das klingt in der Tat nach einem Nagelpilz. Beschränken sich die Symptome auf den Nagelrand? Ist nur ein Nagel betroffen oder sind es mehrere?

K : Es ist nur ein Zeh und nur der Nagelrand ist verändert.A : Dann kann ich Ihnen etwas zur Behandlung empfehlen. Zunächst sollte der infizierte Nagel mit einer Harnstoffsalbe behandelt werden. Diese tragen sie einmal täglich auf den betroffenen Nagel auf und decken den Nagel dann mit den beiliegenden Pflastern ab. Nach etwa ein bis drei Wochen löst sich der befallene Nagelbereich vom Nagelbett ab, sodass er vorsichtig mit einer Nagelschere entfernt werden kann. Dann erst folgt die eigentliche Therapie mit einem medizini-schen Nagellack, der die Pilze zuverlässig abtötet. Wichtig ist, dass Sie den Nagellack entsprechend der Packungsbeilage regelmäßig anwenden und die Therapie erst beenden, wenn der Nagel vollständig gesund nachgewachsen ist.

K : Und wie lange dauert das in etwa?A : Das hängt davon ab, wie groß die befallene Nagelfläche ist. Wenn es tatsächlich nur der Rand ist, dürfte der infizierte Bereich nach wenigen Monaten herausgewachsen sein. Solange müssen Sie die Therapie aber unbedingt fortsetzen, da es sonst gleich wieder zur Infektion kommen kann. Außerdem sollten Sie Vorbeugemaßnahmen beachten. Dazu gehört z. B. möglichst atmungsaktive Socken und Schuhe zu tragen, keine zu engen Schuhe zu tragen, Sport-schuhe auszulüften und am besten auch mit einem pilzabtötenden Mittel zu behandeln und die Füße nach dem Waschen immer gut abzutrocknen – insbesondere auch zwischen den Zehen. Textilien, die mit den Füßen in Berührung kommen, müssen bei über 60 °C gewaschen werden, damit vorhandene Pilze abgetötet werden.

K : Und wenn die Therapie nicht hilft?A : Wenn sich innerhalb der nächsten drei Monate keine Besserung einstellt, sollten Sie einen Arzt aufsuchen, damit dieser prüfen kann, ob Ihrer Nagelveränderung tatsächlich eine Pilzinfektion zugrunde liegt. Es gibt auch Nagel-erkrankungen, die einer Nagelpilzinfektion ganz ähnlich sehen.

K : In Ordnung, vielen Dank.

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Glossar

distal zur Finger- oder Zehenspitze hin gelegen

Eponychium Unterseite des proximalen Nagelwalls

Hyponychium Hautstruktur zwischen Nagelbett und Fingerspitzen- bzw. Zehenspitzenhaut

Kutikula Nagelhäutchen

Lanula „Halbmond“; sichtbarer, heller Anteil der Nagelwurzel vor dem hinteren Nagelwall

lateral seitlich

Mykose Griech.: Pilzerkrankung

Nagelbett Hautstruktur unter der Nagelplatte, auf welcher der Nagel nach vorne wächst

Nagelhäutchen Häutchenartige Struktur am Rand des hinteren Nagelwalls, welche die Nageltasche versiegelt

Nagelmatrix Nagelwurzel, aus der die Nagelplatte gebildet wird

Nagelplatte Hornplatte, die den sichtbaren Nagel bildet

Nagelwall Nagelfalz; Hautstruktur, die den Nagel (die sichtbare Nagelplatte) umgrenzt

Onycho Griech.: Nagel

Paronychie Nagelwallentzündung

proximal zum Hand- oder Fußrücken hin gelegen

subungual unter der Nagelplatte

superfiziell oberflächlich

Tinea Infektion mit Dermatophyten

Tinea pedis Dermatophyteninfektion des Fußes

Tinea unguium Dermatophyteninfektion der Nägel

Unguis Lat.: Nagel

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