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ORIGINALARBEIT/ORIGINAL PAPER Zervikale Belastung w ahrend des Sicherns – der Einfluss verschiedener Sicherungstechniken auf die Mobilit at der Halswirbels aule Andrea Schmid, Ulrich Eberhardt, Renate Oberhoffer, Claudia Kern Fakulta ¨t fu ¨r Sport- und Gesundheitswissenschaft, Technische Universita ¨t Mu ¨nchen Eingegangen/submitted: 8. 02. 2013; akzeptiert/accepted: 7. 05. 2013 Einleitung Klettern ist eine Sportart, die in den vergangenen Jahrzehnten einen starken Wandel erfuhr, weg von einer Extrem- und hin zu einer Trendsport- art. Gru ¨nde hierfu ¨r sind unter ande- rem die Verbesserung der Sicher- heitsstandards und die Weiterent- wicklung der Ausru ¨stung. Durch leichtere Seile, festinstallierte Ha- ken in geringeren Absta ¨nden und stabile Kletterhelme wird die Gefahr wa ¨hrend des Kletterns stark redu- ziert [17,13]. Der Sicherungspartner spielt ebenfalls eine bedeutende Rolle bezu ¨ glich der Sicherheit. Seine Aufmerksamkeit und sein Verhalten wa ¨hrend eines Sturzes sind ent- scheidend fu ¨ r die Gesundheit, in Ext- remfa ¨llen sogar fu ¨r das Leben des Kletternden. Um bei plo ¨tzlichen Gefahrensitua- tionen sofort und angemessen rea- gieren zu ko ¨nnen, erfordert es vom Sichernden, sta ¨ndigen Blickkontakt zu seinem Partner zu halten [10]. Damit dieser Blickkontakt aufrecht- erhalten werden kann, wird die Halswirbelsa ¨ule (HWS) in maximale Extension gebracht [7]. Diese mo- notone Sicherungshaltung bleibt in Abha ¨ngigkeit der Schwierigkeit und La ¨nge der Kletterroute oftmals mehr als 20 Minuten bestehen [10]. Trotz der extremen Extension und auf Dauer ungu ¨ nstigen Kopfhaltung sollte der Blickkontakt zum Klettern- den nicht unterbrochen werden, da die Gefahr besteht, dass im Falle eines Sturzes nicht rechtzeitig und ada ¨quat reagiert werden kann [10,8]. Die Folgen dieser Kopfhal- tung sind weitreichender als den meisten Kletterern bewusst ist. Da- bei ist kurzes, einmaliges Sichern nicht das Problem. Erst die monoto- ne Dauerbelastung, die ab einem Zeitraum von etwa zehn Minuten auftritt [10,9], ist belastend: Durch die Hyperextension des Kopfes er- ho ¨ ht sich der Tonus in der oberfla ¨ch- lichen Nackenmuskulatur, wogegen die antagonistische, pra ¨vertebrale Muskulatur gedehnt wird. Es kommt zu mittelfristigen muskula ¨ren Dys- balancen, verbunden mit Bewe- gungseinschra ¨nkungen und Schmer- zen in der Nackenmuskulatur [9]. Der Sichernde kann aufgrund des schmerzenden Nackens den Blick- kontakt zum Kletternden nicht per- manent aufrechterhalten, sondern wird durch Flektieren des Kopfes versuchen, seine angespannte A. Schmid et al. Cervical strains while belaying – the influence of different types of belaying on the mobility of the cervical strain Abstract Background: Always carefully watch- ing the climber, the belayer has to keep a position for a long time, which is damaging to the cervical spine. This often causes stiffness in the neck, which leads to cervical restrictions of motion. 3 types of belaying, the habit- ual belaying, the ‘‘CU glasses’’ and the ‘‘coordinated head position’’, have been examined relating to their ability to avoid muscular tensions. Materials and methods: The mobility of the cervical spine of 30 male and female climbers has been measured with an inclinometer immediately before and after defined belaying of 10 min. The subjects have been dis- tributed to the 3 types of belaying at random. Additional the subjects had to answer questions concerning their personal feelings and a pain-rating- scale. Results: Within the group with habit- ual belaying, significant limitations in the mobility of the cervical spine in each direction could be determined, connected with strong pain after defined belaying. While using the ‘‘CU glasses’’ or ‘‘coordinated head posture’’, no restrictions in movement (for each direction p>.05) has been noticed. Subjects that belayed with the ‘‘coordinated head posture’’ com- plained about backache because of the unfamiliar, active posture. Conclusions: Depending on the actual climbing-situation, the belayer should use either the ,,CU glasses‘‘ or the ,,coordinated head posture‘‘, in order to avoid muscular tension in the neck. Level of evidence: IIa Keywords Climbing – cervical spine – inclinometer – mobility Orthopadie Traumatologie Sport Orthop. Traumatol. 29, 229–236 (2013) Elsevier – Urban&Fischer www.elsevier.de/SportOrthoTrauma http://dx.doi.org/10.1016/j.orthtr.2013.05.002 A. Schmid et al. Zervikale Belastung wahrend des Sicherns 229 ORIGINALARBEIT/ORIGINAL PAPER

Zervikale Belastung während des Sicherns – der Einfluss verschiedener Sicherungstechniken auf die Mobilität der Halswirbelsäule

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A. Schmid et al.

Cervical strains whilebelaying – the influence ofdifferent types of belaying onthe mobility of the cervicalstrain

Abstract

Background: Always carefully watch-ing the climber, the belayer has to keepa position for a long time, which isdamaging to the cervical spine. Thisoften causes stiffness in the neck,which leads to cervical restrictions ofmotion. 3 types of belaying, the habit-ual belaying, the ‘‘CU glasses’’ and the‘‘coordinated head position’’, havebeen examined relating to their abilityto avoid muscular tensions.Materials and methods: The mobilityof the cervical spine of 30 male andfemale climbers has been measuredwith an inclinometer immediatelybefore and after defined belaying of10 min. The subjects have been dis-tributed to the 3 types of belaying atrandom. Additional the subjects had toanswer questions concerning theirpersonal feelings and a pain-rating-scale.Results: Within the group with habit-ual belaying, significant limitations inthe mobility of the cervical spine ineach direction could be determined,connected with strong pain afterdefined belaying. While using the‘‘CU glasses’’ or ‘‘coordinated headposture’’, no restrictions in movement(for each direction p>.05) has beennoticed. Subjects that belayed withthe ‘‘coordinated head posture’’ com-plained about backache because of theunfamiliar, active posture.Conclusions: Depending on the actualclimbing-situation, the belayer shoulduse either the ,,CU glasses‘‘ or the,,coordinated head posture‘‘, in orderto avoid muscular tension in the neck.Level of evidence: IIa

KeywordsClimbing– cervical spine– inclinometer– mobility

Orthop€adieTraumatologie

Sport Orthop. Traumatol. 29, 229–236 (2013)Elsevier – Urban&Fischer

www.elsevier.de/SportOrthoTraumahttp://dx.doi.org/10.1016/j.orthtr.2013.05.002

ORIGINALARBEIT/ORIGINAL PAPER

ORIGINALARBEIT/ORIGINAL PAPER

Zervikale Belastung w€ahrend desSicherns – der EinflussverschiedenerSicherungstechniken auf dieMobilit€at der Halswirbels€aule

Andrea Schmid, Ulrich Eberhardt, Renate Oberhoffer, Claudia KernFakultat fur Sport- und Gesundheitswissenschaft, Technische Universitat Munchen

Eingegangen/submitted: 8. 02. 2013; akzeptiert/accepted: 7. 05. 2013

Einleitung und Lange der Kletterroute oftmals

Klettern ist eine Sportart, die inden vergangenen Jahrzehnten einenstarkenWandel erfuhr, weg von einerExtrem- und hin zu einer Trendsport-art. Grunde hierfur sind unter ande-rem die Verbesserung der Sicher-heitsstandards und die Weiterent-wicklung der Ausrustung. Durchleichtere Seile, festinstallierte Ha-ken in geringeren Abstanden undstabile Kletterhelme wird die Gefahrwahrend des Kletterns stark redu-ziert [17,13]. Der Sicherungspartnerspielt ebenfalls eine bedeutendeRolle bezuglich der Sicherheit. SeineAufmerksamkeit und sein Verhaltenwahrend eines Sturzes sind ent-scheidend fur die Gesundheit, in Ext-remfallen sogar fur das Leben desKletternden.Um bei plotzlichen Gefahrensitua-tionen sofort und angemessen rea-gieren zu konnen, erfordert es vomSichernden, standigen Blickkontaktzu seinem Partner zu halten [10].Damit dieser Blickkontakt aufrecht-erhalten werden kann, wird dieHalswirbelsaule (HWS) in maximaleExtension gebracht [7]. Diese mo-notone Sicherungshaltung bleibtin Abhangigkeit der Schwierigkeit

A. Schmid et al. � Zervikale Bel

mehr als 20 Minuten bestehen[10].Trotz der extremen Extension undauf Dauer ungunstigen Kopfhaltungsollte der Blickkontakt zum Klettern-den nicht unterbrochen werden, dadie Gefahr besteht, dass im Falleeines Sturzes nicht rechtzeitig undadaquat reagiert werden kann[10,8]. Die Folgen dieser Kopfhal-tung sind weitreichender als denmeisten Kletterern bewusst ist. Da-bei ist kurzes, einmaliges Sichernnicht das Problem. Erst die monoto-ne Dauerbelastung, die ab einemZeitraum von etwa zehn Minutenauftritt [10,9], ist belastend: Durchdie Hyperextension des Kopfes er-hoht sich der Tonus in der oberflach-lichen Nackenmuskulatur, wogegendie antagonistische, pravertebraleMuskulatur gedehnt wird. Es kommtzu mittelfristigen muskularen Dys-balancen, verbunden mit Bewe-gungseinschrankungen und Schmer-zen in der Nackenmuskulatur [9]. DerSichernde kann aufgrund desschmerzenden Nackens den Blick-kontakt zum Kletternden nicht per-manent aufrechterhalten, sondernwird durch Flektieren des Kopfesversuchen, seine angespannte

astung w€ahrend des Sicherns 229

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Muskulatur zu entlasten. Sollte derKletterpartner in diesem Momentsturzen, ist es moglich, dass der Si-chernde nicht mehr schnell genugund angemessen reagieren kann.Auch der Aufgabenwechsel vom Si-chern zum Klettern wird durch dievorhergehende Sicherungsbelastungstark beeintrachtigt. Durch die Ein-schrankung der Beweglichkeit in derHWS verkleinert sich das Blickfelddes Kletternden. Dadurch bestehtdie Gefahr, dass Tritte und Griffenicht mehr rechtzeitig gesehen wer-den [10,9].Um das Problem der erhohten zervi-kalen Sicherungsbelastungen undihrer negativen Folgen zu losen,wurde 2007 von A. Schneider undMitarbeitern das erste Hilfsmittel,die Sicherungsbrille ,,CU‘‘ (,,Seeyou‘‘), entwickelt. Uber hochwerti-ge Spiegelprismen erhalt der Sicher-nde ein scharfes Bild des Kletterers,ohne dass er den Kopf in eine ext-reme Extension bringen muss. DasBild des Kletternden dringt inden Glaskorper der Brille ein undwird dort reflektiert, bevor es beimSichernden ankommt. Somit befa-higt die Brille den Sichernden,seinen Kletterpartner standig zubeobachten, ohne die naturlicheKopfhaltung gravierend verandernzu mussen [15].Eine weitere Moglichkeit, das Prob-lem der Sicherungsbelastungen zuverringern, kann die ,,koordinierteKopfhaltung‘‘ sein. Sie wird ohne zu-satzliche Materialnutzung, alleindurch eine aktive Korperhaltung aus-gefuhrt. Dabei dient die physiologi-sche Haltung des Menschen alsGrundlage. Beim Einnehmen der,,koordinierten Kopfhaltung‘‘ werdender Kopf und die HWS gezielt in Ver-langerung der Wirbelsaule aufgerich-tet, die Brustwirbelsaule (BWS) ex-tendiert und die Schultern nach kau-dal-medial gezogen [7]. HWS, BWSund Schultergurtel werden als Koor-dinationseinheit betrachtet und

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Belastungen sowie Bewegungengleichmaßig verteilt.In dieser Studie werden die Auswir-kungen der beschriebenen Siche-rungstechniken auf die Beweglich-keit der HWS untersucht. Einschran-kungen im Bewegungsausmaßwerden hierbei als Folge von musku-laren Verspannungen im Nacken ge-wertet [10,7].Neben der Erfassung von Bewe-gungseinschrankungen aufgrundder habituellen Sicherungshaltungliegt das Hauptaugenmerk auf derUntersuchung der veranderten Be-weglichkeit bei der Anwendung vonzwei weiteren Sicherungstechniken,der Sicherungsbrille und der ,,koor-dinierten Kopfhaltung‘‘. Ziel der Stu-die ist es herauszufinden, ob diesetatsachlich den Erhalt der Bewe-gungsfreiheit und somit die Vermei-dung von muskularen Verspannun-gen im Nacken ermoglichen.

Material und Methoden

Probanden

In dieser prospektiven Studie wur-den insgesamt 30 Kletterer (11Frauen, 19 Manner; 34 � 13 Jahre)untersucht. Einschlusskriterien furdie Teilnahme an der Studie warenMindestalter 18 Jahre, regelmaßigeKletter- und Sicherungserfahrungvon mehr als zwei Jahren, keine aku-ten oder chronischen Beschwerdenin der HWS, ein sicheres Vorstiegs-niveau im sechsten Schwierigkeits-grad (Union Internationale des As-sociations d’Alpinisme) und der ge-ubte Umgang mit dem Tube, dadieses als Sicherungsgerat festge-legt wurde.

Messinstrumente

Zur Messung der Beweglichkeitder HWS mit ihren sechs Bewegungs-richtungen (Extension, Flexion,beidseitige Lateralflexion und beid-seitige Rotation) wurde ein Inklino-

stung w€ahrend des Sicherns

meter (Firma Fabrication Enterpri-ses) als valides und reliables Mess-gerat verwendet [1,3]. Abbildung 2zeigt exemplarisch die Messung derBeweglichkeit in Richtung Extensionund Flexion.Um die subjektiv empfundenenSchmerzen nach der Sicherungsbe-lastung zu erfassen, wurde eine 6-stufige Smiley Analog Skala (SAS)eingesetzt. Diese Skala bewertetdas Schmerzempfinden mittelsSmileys von Stufen uber 2 Punkte.Dabei entspricht ,,keine Schmer-zen‘‘ der Stufe 0, und ,,starkste‘‘Schmerzen der Stufe 10. Vorteiledieser Messung sind die einfacheDurchfuhrung, die Anschaulichkeitsowie eine nachgewiesene Validitat[6].

Untersuchungsdesign

Die Messungen wurden in einer of-fentlichen Kletterhalle durchge-fuhrt. Zunachst erfolgte die Beant-wortung eines Fragebogen bezuglichpersonenbezogener Daten, akuteroder chronischer Beschwerden inder HWS und Erfahrungen mit derSicherungsbrille. In Abhangigkeitder Erfahrung mit der Sicherungs-brille wurden die Probanden in dreiverschiedene Gruppen, habituellesSichern, Sicherungsbrille und ,,koor-dinierte Kopfhaltung‘‘ gelost. Somitergab sich pro Gruppe eine Proban-denzahl von 10.Jede Testperson wurde mit der jewei-ligen Sicherungstechnik der ent-sprechenden Gruppe untersucht. Pro-banden, welche bereits an den Um-gang mit der Sicherungsbrillegewohnt waren, wurden entwederdem habituellen Sichern oder der,,koordinierten Kopfhaltung‘‘ zuge-teilt, um einen moglichen Plazebo-effekt zu vermeiden. Gruppe A(habituelles Sichern) diente als Kon-trollgruppe, wogegen Gruppe B(Sicherungsbrille) und Gruppe C(,,koordinierte Kopfhaltung‘‘) dieExperimentalgruppen darstellten.

Abbildung 1Die drei m€oglichen Sicherungstechniken. Die habituelle Kopfhaltung, die Sicherungsbrille und die ,,koordinierte Kopfhaltung‘‘ (von links).

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Die Probanden wurden uber die mog-lichen kurzfristigen und beabsichtig-ten gesundheitlichen Beeinflussun-gen nach den festgelegten Siche-

Abbildung 2Messung des Bewegungsausmaßes mit dem In

rungsbelastungen aufgeklart undgaben ihr Einverstandnis zur anony-misierten Veroffentlichung der ge-wonnenen Daten.

klinometer: Neutralposition, Extension und F

A. Schmid et al. � Zervikale Bel

Vor Durchfuhrung der erstenMessungerhielten die Studienteilnehmer dieAnweisung, sich in zwei individuellausgewahlten leichten Kletterrouten

lexion (von links).

astung w€ahrend des Sicherns 231

Abbildung 3Darstellung der Mittelwerte und Standardabweichung (x W S) der drei Gruppen (A=habituelle Kopfhaltung, B=Sicherungsbrille, C=,,koordinierte Kopfhaltung‘‘) anhand derPre-und Postwerte f€ur die Bewegungsrichtungen rechte und linke Rotation.

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aufzuwarmen. Wurde der Proband derGruppe ,,koordinierte Kopfhaltung‘‘zugeordnet, so sollte das Sichernwahrend des Aufwarmens bereitsmit dieser Sicherungstechnik erfol-gen. Dadurch konnte die ungewohn-te Haltung geubt werden.Nach dem Aufwarmprogramm erfolg-te die erste Messung der Beweglich-keit der HWS mit dem Inklinometer.Im Anschluss daran wurde die defi-nierte Sicherungsbelastung vonzehn Minuten durchgefuhrt. Um in-terindividuelle Messunterschiede zuvermeiden, wurden die Messungendurchgehend von demselben Ver-suchsleiter durchgefuhrt.Gesichert wurden an einer 9 Meterhohen Wand, die ab einer Hohe von2,5 Metern um 208 uberhangend ge-neigt war. Zur Standardisierung wur-de der Abstand zur Wand in 2 MeternEntfernung markiert. Anschließendan die Sicherungsbelastung wurdenumgehend erneut die Bewegungs-ausmaße in der HWS gemessen. DesWeiteren wurden die Probanden di-rekt mittels Fragebogen undSchmerzskala nach ihrem personli-chen Befinden, dem Umgang mitder bisher unbekannten Sicherungs-technik und dem akuten Vorhanden-sein von Schmerzen im Schulter-Na-cken-Bereich befragt.

Statistik

Die Daten wurden mit SPSS (Statis-tical Package for the Social Sci-ences) Version 20 (SPSS Inc. Chica-go, Illinois) ausgewertet. NachUberprufung auf Normalverteilungmittels Kolmogorov-Smirnov-Testwurde der t-Test fur abhangigeStichproben innerhalb jeder derdrei Gruppen (habituelles Sichern,Sicherungsbrille und koordinierteKopfhaltung) fur jede Bewegungdurchgefuhrt. Dabei bezog sich dieSignifikanzprufung auf den Mittel-wertvergleich der Daten vor undnach der Sicherungsbelastung. Umeine Alphafehler-Kumulierung zu

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vermeiden, wurde die Bonferroni-Korrektur herangezogen, wodurchdie Signifikanzschranke auf p�,008reduziert wurde. Im Anschluss daranwurde mittels mehrfaktorieller Va-rianzanalyse (ANOVA) uberpruft, obsich die Mittelwertsdifferenzen zwi-schen den drei Gruppen unterschei-den. Zuletzt wurden die Effektstarkeund die Teststarke berechnet [4].

Ergebnisse

Ergebnisse der Messung innerhalbder Gruppen

Nach der Sicherungsbelastung wiesGruppe A (habituelles Sichern) einesignifikante Abnahme der zervikalenBeweglichkeit in allen Bewegungs-ebenen auf. Die starksten Differen-zen zwischen Pre- und Post-Messungzeigten sich dabei in der rechtenRotation. Diese verkleinerte sich imMittel um 13,108(� 6,26). Aber auchdie linke Rotation wurde durch-schnittlich um 12,008(� 5,98) ein-geschrankt. Am wenigsten betroffenwar die linke Lateralflexion, welchesich um 6,608(� 3,20) reduzierte.Abbildung 3 zeigt den Vergleichder Mittelwerte fur die linke und

stung w€ahrend des Sicherns

rechte Rotation fur alle dreiGruppen.Im Gegensatz zu den Probanden derGruppe A zeigten die Studienteil-nehmer, welche die Sicherungsbrilleverwendeten, nur geringfugige,nichtsignifikante Einschrankungenin der zervikalen Beweglichkeit.Die starksten negativen Differenzenwurden in der Extension gemessen.Sie betrugen 1,508(� 3,95). In man-chen Bewegungsrichtungen konnteeine geringe Zunahme des Bewe-gungsausmaßes festgestellt werden,z.B. in der Flexion sowie in der lin-ken und rechten Lateralflexion. Da-bei wies die rechte Lateralflexionmit1,608(� 2,84) die großte Verbesse-rung auf.Ahnlich wie Gruppe B zeigte GruppeC (,,koordinierte Kopfhaltung‘‘) nurgeringe, nichtsignifikante Verande-rungen im Bewegungsausmaß derHWS. Bei den Probanden, welchedie ,,koordinierte Kopfhaltung‘‘als Sicherungstechnik anwendeten,kam es sowohl zu minimalen Ein-schrankungen, wie auch zu gering-fugigen Verbesserungen im Bewe-gungsumfang. Die deutlichstemittlere Einschrankung wurde da-bei in der linken Lateralflexion

Tabelle 1. Die mittleren zervikalen Bewegungsumfange (x� Standardabweichung (S)) in den Gruppe A, B, C fur Extension (Ext), Flexion(Flex), linke und rechte Lateralflexion (li und re Latflex) und linke und rechte Rotation (li und re Rot) vor (pre) und nach (post) dem Sichernin Winkelgraden. Außerdem die mittleren Veranderungen der Bewegungsumfange (mittlere Diff.� S) im Vergleich Pre- und Post-Messung inWinkelgraden und das Ergebnis des t-Tests fur abhangige Stichproben (* p�.008), n = 10 pro Gruppe.

Beweglichkeit pre (x � S) post (x � S) mittlere Diff. (x � S) t-Test abh. (p-Wert)

Gruppe A Ext 59,50 � 8,64 49,60 � 10,36 -9,90 � 4,75 p<.0001*Flex 36,50 � 9,75 28,90 � 10,55 -7,60� 5,77 p=.002*li Latflex 36,00 � 4,78 29,40 � 6,11 -6,60� 3,20 p<.0001*re Latflex 33,70 � 5,42 26,70 � 7,03 -8,00� 3,92 p=.004*li Rot 68,60 � 9,55 56,60 � 13,65 -12,00� 5,98 p<.0001*re Rot 68,90 � 11,93 55,80 � 11,99 -13,10� 6,26 p<.0001*

Gruppe B Ext 59,10 � 9,42 57,60 � 9,35 -1,50 � 3,95 p=.261Flex 37,40 � 8,03 38,70 � 7,68 +1,30 � 1,63 p=.303li Latflex 35,50 � 5,80 36,10 � 4,53 +0,60 � 2,76 p=.509re Latflex 33,00 � 7,35 34,60 � 5,62 +1,60 � 2,84 p=.108li Rot 66,70 � 10,16 66,10 � 9,99 -0,60 � 2,46 p=.460re Rot 68,20 � 11,16 67,80 � 10,10 -0,40 � 2,72 p=.653

Gruppe C Ext 59,10 � 8,79 60,10 � 9,76 +1,00 � 4,35 p=.485Flex 41,00 � 5,21 40,50 � 5,54 -0,50 � 3,06 P=.618li Latflex 37,20 � 5,31 36,40 � 4,60 -0,60 � 2,91 p=.399re Latflex 33,80 � 6,86 34,70 � 6,29 +0,90 � 3,41 p=.426li Rot 65,40 � 7,06 65,50 � 6,92 +0,10 � 3,48 p=.930re Rot 63,40 � 10,08 64,10 � 8,24 +0,70 � 4,88 p=.661

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gemessen. Sie betrug 0,608(�2,91). Die Extension zeigte mit1,008(� 4,35) die großte Verbes-serung (Tab. 1).

Vergleich zwischen den Gruppen

Bezuglich der Mittelwertdifferenz je-der Bewegungsrichtung wurde fest-gestellt, dass zwischen Gruppe A undGruppe B, aber auch zwischen Grup-pe A und Gruppe C signifikante Un-terschiede vorhanden sind (Tab. 2);wogegen beim Vergleich von GruppeB und C keinerlei signifikanten Un-terschiede festgestellt werden konn-ten. Die Effektstarken der einzelnenBewegungen waren in der Regelmoderat (Cohens d), mit Ausnahmeder Flexion, die knapp unter demBereich fur moderate Werte vond=.484 liegt und somit klein bis mo-derat entspricht [4]. Die Teststarken(1-ß) befinden sich durchgehend ineinem hohen Bereich (Tab. 2).

Auswertung der Schmerzskala

Bei Auswertung der 6-stufigen Smi-ley-Analog-Skala konnten zwischenden drei Gruppen unterschiedlicheAngaben bezuglich des Schmerzni-veaus festgestellt werden.Die Probanden der Gruppe A, habi-tuelles Sichern, markierten die letz-ten drei Stufen der Skala (entspricht6, 8 und 10). 50% davon lagen imBereich ,,starke‘‘, 40% ,,sehr starke‘‘und 10% ,,starkste‘‘ Schmerzen. AlleProbanden der Gruppe B (Siche-rungsbrille) entschieden sich furden vorderen Bereich der Schmerz-skala, was ,,keinen‘‘ (80%) bis,,leichten‘‘ (20%) Schmerzen ent-spricht. Gruppe C (,,koordinierteKopfhaltung‘‘) zeigte eine weiteStreuung imBereich des Schmerzaus-maßes. Die Angaben bezuglich derSchmerzen reichten von ,,leichten‘‘Schmerzen (10%) bis ,,sehr starke‘‘

A. Schmid et al. � Zervikale Bel

Schmerzen (10%), jeweils 40% Pro-banden entschieden sich fur ,,starke-re‘‘ und ,,starke‘‘ Schmerzen.

Diskussion

Aktuelle Studien, die das Sportklet-tern betreffen, thematisieren vor-rangig Uberlastungsschaden undVerletzungen aufgrund des Kletterns[2,16], wogegen Arbeiten, die sichmit den Auswirkungen der Siche-rungsbelastung beschaftigen, seltensind [10]. Diese Studie wurde durch-gefuhrt, da das Sichern jedoch alswichtige Verantwortungsubernahmeein untrennbarer Teil der Kletterta-tigkeit ist und es bis dato keine ver-offentlichten wissenschaftlichenUntersuchungen zur ,,koordiniertenKopfhaltung‘‘ und ,,Sicherungsbril-le‘‘ (Abb. 1) gibt.

astung w€ahrend des Sicherns 233

Tabelle 2.Mittelwertsdifferenzen zwischen jeweils 2 Gruppen bezuglich der Bewegungsrichtungen Extension (Ext), Flexion (Flex), linke undrechte Lateralflexion (li, re Latflex) und linke und rechte Rotation (li, re Rot) (*p�.05). Außerdem Effektstarke (Cohens d) und Teststarke(1-b).

Ext Flex li Latflex re Latflex li Rot re Rot

Mdiff. A-B (p-Wert) p=.001* p<.0001* p<.0001* p<.0001* p<.0001* p<.0001*Mdiff. A-C (p-Wert) p<.0001* p=.001** p<.0001* p<.0001* p<.0001* p<.0001*Mdiff. B-C (p-Wert) p=.632 p=.931 p>.999 p>.999 p>.999 p>.999Cohens d d=.527 d=.484 d=.524 d=.619 d=.630 d=.624(1-b) 1-b=.999 1-b=.997 1-b=.999 1-b>.999 1-b>.999 1-b>.999

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Die Ergebnisse dieser Studie besta-tigen zunachst die Annahme vonKittel (2003), dass der Bewegungs-umfang der HWS in allen Bewe-gungsrichtungen durch die habituel-le Sicherungshaltung eingeschranktwird. Bei Auswertung der t-Tests furabhangige Stichproben zeigte sich,dass es bei Ausfuhrung der habituel-len Sicherungshaltung unmittelbarim Anschluss an die Sicherungsbe-lastung zu signifikanten Einschran-kungen in allen Bewegungsrichtun-gen kam. Neben den objektiven Be-weglichkeitsmessungen wurde dassubjektive Schmerzempfinden derStudienteilnehmer mit Hilfe derSAS erfragt. Hierbei gaben die Pro-banden der Gruppe A (habituellesSichern) durchweg ein Durch-schnittsschmerzniveau im Schulter-Nacken-Bereich von ,,starkerenSchmerzen‘‘ (Stufe 6, 8) an. Somiterweist sich die habituelle Siche-rungshaltung nicht nur aufgrundder objektiven Messungen, sondernauch hinsichtlich der personlichenEmpfindungen als ungunstig fur dieHWS.Der anschließende Rollentausch, beidem der Sichernde die Tatigkeit desKletterns ubernimmt, wird durch dieBewegungseinschrankung negativbeeinflusst. Einerseits wird dasBlickfeld des Kletternden reduziert,andererseits kann es infolge musku-larer Verspannungen im Nacken zueinem Koordinationsverlust kommen[10,9]. Zustandig fur diesen Koordi-

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nationsverlust oder das Auftreteneines Schwindelgefuhls sind die kur-zen Nackenmuskeln, in denen einehohe Anzahl an Propriozeptoren vor-handen ist. Die Nackenpropriozepto-ren haben neben der Erfassung vonBewegung eine hohe Bedeutung furden Gleichgewichtssinn, welchembeim Klettern eine nicht unbedeu-tende Rolle zukommt [9,10]. Korper-balance ermoglicht neben schnel-lem, genauem und kraftsparendemWeitergreifen oder Hohertretenauch das Einnehmen von Ruheposi-tionen zur Erholung der belastetenArm- und Beinmuskulatur. Kommt esaufgrund der sportartspezifischenSicherungsbelastung zu einer Veran-derung der Propriozeption, konnendie okonomische und kraftsparendeKlettertechnik und das Aufsuchenvon Ruhepositionen nicht mehroder nur schwer durchgefuhrtwerden.Des Weiteren kann langeres uberJahre hinweg durchgefuhrtes Si-chern neben den genannten Auswir-kungen auch zu einer weitreichen-deren und z.T. ernsteren gesund-heitlichen Beeinflussung fuhren.Die Hyperextension der HWS kann,uber einen langeren Zeitraum be-trachtet, Verschleißerscheinungenin den Bandscheiben und in den klei-nen Wirbelgelenken provozieren.Durch die knochernen Umbauprozes-se steigt die Gefahr einer irreversib-len Arthrose in der HWS [9,14]. Aus-wirkungen der habituellen Siche-

stung w€ahrend des Sicherns

rungshaltung beschranken sichsomit nicht nur kurzzeitig auf dieSicherungsphasen oder das anschlie-ßende Klettern, sondern konnen imExtremfall auch langfristige gesund-heitliche Probleme verursachen.Neu sind die Untersuchung zwei wei-terer Sicherungstechniken in dieserStudie, die Sicherungsbrille und die,,koordinierte Kopfhaltung‘‘, bezug-lich ihres Einflusses auf die Beweg-lichkeit der HWS. Die Messergebnisseinnerhalb der Gruppen B (Siche-rungsbrille) und C (,,koordinierteKopfhaltung‘‘) stellten im Gegensatzzu Gruppe A (habituelles Sichern)keine signifikanten Bewegungsein-schrankungen in der HWS nach derzehnminutigen Sicherungsbelas-tung fest, was auf ein Freisein vonVerspannungen hindeutet (Tab. 1).Beide Sicherungstechniken schei-nen somit geeignet, um muskulareVerspannungen im Nacken mit ihrenkurz-, mittel- und langfristigen Kon-sequenzen zu reduzieren.Jedoch sind nicht ausschließlich dieobjektiven Daten zur ganzheitlichenUrteilsbildung relevant. Auch diesubjektiven Außerungen der Proban-den werden bei der Bewertung miteinbezogen.Innerhalb der Gruppe B (Siche-rungsbrille) gaben 80% ,,keine‘‘und 20% ,,leichte‘‘ Schmerzen an.Die Probanden außerten jedoch Un-sicherheiten aufgrund der unge-wohnt verzerrten Perspektive, diedurch die Prismenbrille entsteht.

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Dieser Aspekt wird explizit in derProduktbeschreibung der Brille an-gesprochen und kann durch Gewoh-nung an die Sicherungsbrille besei-tigt werden.Gruppe C (,,koordinierte Kopfhal-tung‘‘) erreicht mittels Schmerzska-la eine breite Streuung in denSchmerzangaben (von Stufe 2-8),80% der Probanden entschiedensich fur Stufe 4 (,,starkere‘‘ Schmer-zen) und Stufe 6 (,,starke‘‘ Schmer-zen). Die ,,koordinierte Kopfhal-tung‘‘ erhielt anhand der subjekti-ven Kommentare die schlechtesteBewertung, da Schmerzen aufgrundder ungewohnten Korperhaltungauftraten. In der Beschreibung die-ser Haltung wird ganz klar daraufhingewiesen, dass die ,,koordinier-te Kopfhaltung‘‘ sowohl Kraft alsauch Ausdauer erfordert und dasses bei zu schwacher Muskulatur zuUberlastungen in Form von Schmer-zen kommen kann [7]. Die angege-benen Schmerzen wurden hierbeinicht durch die Extension der HWShervorgerufen, sondern durch dieAufrechterhaltung der ungewohn-ten aktiven Haltung. Auf Nachfragebestatigten die Probanden diese inHeel (2001) beschriebenen Auswir-kungen der aktiven Haltung, dadie Schmerzen uberwiegend iminterscapularen Bereich des Halte-apparates auftraten. Neben derkorperlichen Beanspruchung erfor-dert die Aufrechterhaltung dieserSicherungstechnik ein hohes Maßan Konzentration, Aufmerksamkeitund Muskelaktivitat gegen dieSchwerkraft, um nicht in die ge-wohnte Haltung zuruckzufallen.Hauptkritikpunkt der ,,korrigiertenKopfhaltung‘‘ betrifft die Reduktiondes Blickfelds. Da bei dieser Siche-rungshaltung die extreme Extensionder HWS vermieden werden soll [7],wird es ab einer bestimmten Wand-hohe fur den Sichernden nahezu un-moglich, den Kletterpartner voll-standig zu beobachten. Wichtig fur

den Kletteralltag ist hierbei also dieVariation der Kopfposition, da dieSicherheit des Kletterpartners anerster Stelle steht. Hier scheint derZeitfaktor entscheidend zu sein.Durch einen an die Klettersituationangepassten Einsatz der ,,koordi-nierten Kopfhaltung‘‘, kann eineDauerbelastung in der habituellenPosition vermieden werden. Mit ei-ner guten Wahrnehmung des eige-nen Korpers und den eigenen Belas-tungsgrenzen kann der negative Ein-fluss der habituellen Haltung somitreduziert werden.

Schlussfolgerungen

Jede Sicherungstechnik bietet ihreVor- und Nachteile. Sinnvoll er-scheint es, je nach Situation dieam besten geeignete Sicherungs-technik anzuwenden. Ist keineSicherungsbrille vorhanden, solltedie ,,koordinierte Kopfhaltung‘‘ solange wie moglich eingenommenwerden. Erst wenn es diese Haltungnicht mehr erlaubt, den Blickkontaktzum Kletternden aufrechtzuerhalten,sollte die habituelle Sicherungshal-tung aus Sicherheitsgrunden einge-nommen werden. Eine kurzzeitigeBelastung der HWS in extremer Ex-tension fuhrt zu keiner verandertenBeweglichkeit und somit verstarktenmuskularen Dysbalancen [10]. Sokann der Kletterpartner durchgehendbeobachtet werden und der Wechselder Kopfposition sorgt fur Bewegungund somit fur eine veranderte prop-riozeptive Ansteuerung und verbes-serte Stoffwechsellage im Bereichder HWS. Alternativen zur Vermei-dung von Schmerzen durch die habi-tuelle Sicherungshaltung sind vor-handen. Die Anschaffung einer Si-cherungsbrille erscheint untergesundheitlichen Aspekten sinnvoll.Weitere Moglichkeiten zur Vorbeu-gung von Problemen im Nackenbe-reich sind ein konsequentes Auf-

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und Abwarmen der Muskulatur undGelenke vor und nach dem Klet-tern, aber auch gezielte Aus-gleichsbewegungen zwischen derSicherungstatigkeit [9,11]. Zu gu-ter Letzt sollten die speziellenUbungen, die das muskulare Dys-balancen im Nacken-Schulter-Be-reich ausgleichen, fest in den Trai-ningsalltag integriert werden[5,12]. Dazu gehoren neben einemKrafttraining der HWS-stabilisie-renden und BWS-aufrichtendenMuskulatur und einer Entspannung/ Dehnung der kurzen, dorsalenNackenmuskulatur auch eine Mobi-lisation der kleinen Kopfgelenkeund der BWS in die Extension.Die Erkenntnisse dieser Studie kon-nen keine ganzheitliche Losung derSicherungsproblematik vermitteln.Sie zeigen jedoch verschiedene Ver-besserungsmoglichkeiten, die sichsituationsabhangig anwenden las-sen. Um genauere Erkenntnisse inBezug auf die Sicherungsalternati-ven zu erhalten, konnte in Folgestu-dien untersucht werden, ob dieSchmerzen nicht mehr erscheinen,wenn die Probanden uber einen lan-geren Zeitraum an die ,,koordinierteKopfhaltung‘‘ gewohnt werden undsich die Muskulatur langsam anpas-sen kann. Daruber hinaus kanndurch einen geubten Umgangdie kognitive Beanspruchung zurAufrechterhaltung der Sicherungs-haltung wegfallen, so dass dieKonzentration vollstandig auf denKletternden gerichtet werdenkann. Die Reduktion der Schmerzenund der kognitiven Anforderungkonnte dazu fuhren, dass derSichernde die Anwendung der koor-dinierten Kopfhaltung positiverempfindet.

Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass keinInteressenkonflikt vorliegt.

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Korrespondenzadresse:Claudia KernLehrstuhl fur Praventive PadiatrieFakultat fur Sport- undGesundheitswissenschaftTechnische Universitat MunchenConnollystraße 32D-80809 MunchenTel.: +49(0)89.289.24400Fax: +49(0)89.289.24572.E-Mail: [email protected]: http://www.gesundheit.sp.tum.de.

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