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ZHAW-ALUMNA Sozialarbeiterin Romina Beeli betreut Straftäter bei der Reintegration MENSCHEN Mathias Bonmarin erforscht neue Lösungen für die Medizintechnik Ressourcen DOSSIER № 44 | MÄRZ 2019 Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

ZHAW-ALUMNA MENSCHEN...Nachhaltigkeit geht, sondern auch um Aktivierung von per-sönlichen und gesellschaftlichen Ressourcen, steht der Baum auch hier als Sinnbild: Wie ein gezielter

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ZHAW-ALUMNASozialarbeiterin Romina Beeli betreut

Straftäter bei der Reintegration

MENSCHENMathias Bonmarin erforscht neue Lösungen für die Medizintechnik

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№ 44 | MÄRZ 2019 Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

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Redaktion ZHAW-ImpactCorporate Communications, 8401 WinterthurPatricia Faller, Chefredaktorin, T 058 934 70 [email protected]

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Das Magazin der ZHAW informiert viermal jährlich über aktuelle Forschungsprojekte, Studien- und Weiterbildungsangebote. Jede Ausgabe widmet sich einem Schwerpunktthema – dazu gibts Porträts über Forschende, Dozierende, Studierende und Alumni, Interviews, Reportagen, Videos sowie Bildstrecken.

Haben Sie Fragen? Rufen Sie uns an!

ZHAW-ALUMNASozialarbeiterin Romina Beeli betreut

Straftäter bei der Reintegration

MENSCHENMathias Bonmarin erforscht neue Lösungen für die Medizintechnik

RessourcenDOSSIER

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№ 44 | MÄRZ 2019 Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

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Eine Frage der OptikUnter Ressourcen versteht man je nach Optik Unter-schiedliches. In Betriebs- und Volkswirtschaft sind es meist Betriebsmittel, Rohstoffe, Ener-gie oder Personen. Psychologie und Gesundheit betrachten Fähigkeiten oder persönliche Eigenschaften als Ressourcen, Sprach- und Sozialwissen-schaften Bildung und soziale Vernetzung. Uns gefielen diese

vielfältigen Perspektiven. Deshalb tauften wir das Dossier dieser Ausgabe «Ressourcen». Zusammengekommen ist ein Themenmix rund um erneuerbare und nicht-erneuerbare Ressourcen, knappe Ressourcen und um Schutz und Stärkung von persönlichen und gesellschaftlichen Ressourcen. Bei so viel Vielfalt stellte sich bald die Frage: Wie illustriert man dies auf dem Titelbild? Wir wollten keinen globalen Fussabdruck und keine wie Zitronen ausgequetschten Globen. Unser Illustrator Till Martin kam auf die Idee, «am Ast zu sägen, auf dem wir sitzen» – natürlich nur zeichnerisch, versteht sich. Doch nichts anderes tun wir mit unserem enormen Ressourcenverbrauch. Weil wir das allmählich erkennen, stützen wir den Ast, damit er nicht fallen soll. Übertragen auf die Umweltdiskussionen bedeutet das etwa, dass wir uns mit Zertifikaten freikaufen wollen von unseren Umweltsünden. Da es im vorliegenden Dossier aber nicht nur um ökologische Nachhaltigkeit geht, sondern auch um Aktivierung von per-sönlichen und gesellschaftlichen Ressourcen, steht der Baum auch hier als Sinnbild: Wie ein gezielter Baumschnitt Wunder wirken und Blattwuchs und Ertrag steigern kann, zeigen wir auf, was es bei Menschen braucht, um Ressourcen abzurufen oder zu stärken. Richtig eingesetzt, könnte dies schliesslich dazu führen, dass wir aufhören, am Ast zu sägen, auf dem wir sitzen. Ich wünsche Ihnen eine inspirierende Lektüre. PATRICIA FALLER, Chefredaktorin

HERAUSGEBER:ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Winterthur, und ALUMNI ZHAW

KONTAKT:ZHAW-Impact, Redaktion, Postfach, 8401 Winterthur; [email protected]

AUFLAGE: 28’000 Exemplare ZHAW-Impact erscheint viermal jährlich. NÄCHSTE AUSGABE: 19. Juni 2019 ADRESSÄNDERUNGEN: [email protected] WEITERE EXEMPLARE: [email protected]

REDAKTIONSLEITUNG:Patricia Faller (Chefredaktorin) Andrea Hopmann (Leiterin CC) Claudia Gähwiler (Lead Corporate Publishing)

REDAKTIONSKOMMISSION:Roberto Bretscher (ALUMNI ZHAW); Christa Stocker (Angewandte Linguistik); Joy Bolli (An-gewandte Psychologie); Hubert Mäder (Archi-tektur, Gestaltung und Bauingenieur wesen); Ursina Hulmann (Gesundheit); Cornelia Sidler (Life Sciences und Facility Management); Matthias Kleefoot (School of Engineering); Manuela Eberhard (School of Management and Law); Nicole Koch (Soziale Arbeit)

PRODUKTION NEWS:Mitarbeit Manuela Eberhard, Julia Obst Sibylle Veigl

REDAKTIONELLE MITARBEIT: Corinne Amacher, Lara Atttinger, Sara Blaser, Andreas Engel, Abraham Gillis, Simon Jäggi, Matthias Kleefoot, Rahel Lüönd, Thomas Mül-ler, Mathias Plüss, Nina Rudnicki, Eveline Rutz, Ursula Schöni, Andrea Söldi, Astrid Tomczak-Ple-wka, Sibylle Veigl, Susanne Wenger

FOTOS:Conradin Frei, Zürich, alle ausser S. 4 r., 6, 14–19, 22–23, 39, 47, 49, 53 r., 55, 58–67; Christof Rostert/ espazium.ch S. 6; Patrick Cipriani S. 16–18; SRK S. 47; Pixabay S. 55; zVg S. 6, 15, 23, 39, 49, 53 r., 58, 59, 60–67

GRAFIK/LAYOUT:Till Martin, Zürich; Stämpfli AG, Zürich/Bern

INSERATE: Fachmedien Zürichsee Werbe AG, Laubisrütistrasse 44, 8712 Stäfa, [email protected], Tel. 079 338 89 18

VORSTUFE/DRUCK:Stämpfli AG, Zürich/Bern

IMPACT DIGITAL Die aktuelle Ausgabe unter ↘ www.impact.zhaw.ch

Als pdf und weitere Infos: ↘ www.zhaw.ch/zhaw-impact ↘ www.zhaw.ch/socialmedia

EDITORIALIMPRESSUM

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Impact | März 2019INHALT

6 PANORAMA

6 Wechsel an der SpitzeDas Institute of Language Competence hat zwei neue Leiterinnen.

7 Initiative ZHAW digital Die ZHAW will den dynamischen digitalen Wandel mitgestalten. Ein Interview.

8 ALUMNI

Eine Frau der TatRomina Beeli setzt sich für Obdachlose und Drogenabhängige ein und betreut als Sozial-arbeiterin Straftäter bei der Reintegration.

11 BÜCHER

«Gartenleben im Alter»EIne Auswahl: «Handbuch Angewandte Psychologie für Führungskräfte» und «Gartenleben im Alter».

12 FORSCHUNG

Den digitalen Wandel kommunizieren Kommunikation prägt die digitiale Trans-formation entscheidend mit. Eine Studie am IAM zeigt, wie das erfolgreich gehen kann.

14 Signatur für BlockchainZHAW und Swisscom entwickelten eine elek-tronische Signatur für Blockchain.

15 Schokolade von ZellkulturenEin Experiment mit Kakao-Zellkulturen für die Herstellung von Schokolade.

16 MENSCHEN

Der Unternehmer, der keiner ist Mathias Bonmarin erforscht neue Lösungen für die Medizintechnik. Aus seinen Entwick-lungen entstanden bereits diverse Start-ups.

20 STUDIUM

20 Law Clinic Mit der Law Clinic bieten Studierende gratis Rechtsberatungen an und tauchen so in reale Rechtsfälle ein.

22 Thesis Writer Hilfe beim Verfassen von Abschlussar-beiten bietet eine an der ZHAW entwickelte Schreibplattform.

23 Steasy für die Mittagspause Absolventen der ZHAW entwickelten im Rah-men einer Bachelorarbeit einen tragbaren Steamer, der Speisen mit Dampf erwärmt.

24 ABSCHLUSSARBEITEN

Von Influencern bis zu einer Sprachlern-App für Flüchtlinge Wie wird man zur Influencerin? Wie können Flüchtlinge schneller und einfacher Deutsch lernen? Und wie kann man Jugendliche mit einer Autismus-Spektrum-Störung auf dem Weg zum Traumberuf unterstützen?

55 WEITERBILDUNG

55 Ressourcen tanken für den Berufsalltag Je höher die Ansprüche der Arbeitswelt sind, desto wichtiger wird der bewusste Umgang mit diesen Belastungen. Das ist lernbar.

57 «Den Digitalisierungs-Turbo einschalten»Andrea Schweizer, Leiterin Corporate Com-munication bei Postfinance, ist eine der ersten Absolventinnen des CAS Digitale Transformation – ein Einblick.

66 PERSPEKTIVENWECHSEL

Epizentrum WohnheimkücheAnna Chepizhko aus der Ukraine hat während eines Austauschsemesters an der ZHAW die Vielfalt der Schweiz entdeckt.

Sie engagiert sich für Menschen, die keine Lobby haben: Romina Beeli, S. 8

Über eine Sprachlern-App, Traum-berufe und Influencer, S.24

Der Forscher mit dem Unternehmer-Gen: Mathias Bonmarin, S.16

ABSCHLUSSARBEITENALUMNI MENSCHEN

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26 DOSSIER RESSOURCENWir sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen, mit unserem Ressourcenverbrauch. Die junge Generation will das nicht länger hinnehmen und geht dagegen auf die Strasse. «Jugendliche sind sehr sensibel für das, was ihr Leben und ihre Zukunft positiv oder negativ beeinflusst», sagt Ursula Blosser, Direktorin des ZHAW-Depar-tements Soziale Arbeit im Interview (S. 28). Dies zeigt sich ebenso bei der jüngsten Nachhaltigkeitswoche Zürich – einem Projekt von Studierenden von fünf Zürcher Hochschulen, darunter die ZHAW, oder beim alljährlichen Sustainable University Day. Um Nachhaltigkeit dreht sich auch unser Dossier: Wie können Innovationen beim Essen die Umwelt schonen (S. 30), und wie kann Food Waste vermieden wer-den (S. 32)? Doch nicht nur ums Essen geht es, sondern auch allgemein um nach-haltige Lebensstile (S. 35 und 40) oder Bauen (S. 38). Wir thematisieren fehlende Ressourcen bei Medien (S. 44) und in der Pflege (S. 48). Und um auf das Bild des Baums zurückzukommen: So wie ein gezielter Schnitt Wunder wirken kann, so zeigen wir, wie Ressourcen gezielt aktiviert (S. 46, 52, 53 und 55) werden können.

3 EDITORIAL

4 INHALT

6 PANORAMA

8 ALUMNI

11 BÜCHER

12 FORSCHUNG

16 MENSCHEN

20 STUDIUM

24 ABSCHLUSSARBEITEN

26 DOSSIER

55 WEITERBILDUNG

58 VERANSTALTUNGEN

60 ALUMNI ZHAW

66 PERSPEKTIVENWECHSEL

67 MEDIEN UND SOCIAL MEDIA

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Impact | März 2019PANORAMA

Institute of Language Competencemit neuer LeitungAuf Januar 2019 haben Ursula Stadler und Liana Konstantinidou die Leitung des ILC Institute of Language Competence von Walter Seiler übernommen. Hervorgegangen aus dem LCC Language Competence Centre, engagiert sich das ILC in fünf For-schungsbereichen für die Förde-rung von Sprach- und Kommu-nikationskompetenzen in Beruf, Bildung und für gesellschaftliche Partizipation. Im Zeitalter der Digitalisierung und Globalisie-rung gewinnen sprachlich-kom-munikative und interkulturelle Kompetenzen zunehmend an Bedeutung. Diese lehrt das ILC des ZHAW-Departements Ange-

wandte Linguistik im berufsori-entierten Sprach- und Kommu-nikationsunterricht in verschie-denen Studiengängen der ZHAW. Überdies bietet das ILC, das auch Prüfungszentrum des Goethe-In-stituts ist, Sprachkurse für Mit-

arbeitende und Studierende in neun Sprachen an sowie Dienst-leistungen und Weiterbildungen für die Weiterqualifikation in den Bereichen Sprache, Kommunikati-on und Sprachdidaktik. ↘ www.zhaw.ch/linguistik/ilc

Best of Bachelor 2018Raffael Müllhaupt erhielt für seine Bachelorarbeit Radfahrer- und Fussgängerbrücke

«Schmidbreite» einen «Best of Bachelor 2018», mit dem die Fachschaft Bauingenieurwesen die je besten Bachelorarbeiten aus den zehn beteiligten Schweizer Fachhochschulen ausgezeichnet.

Erster Preis für 3D-Zellkugeln

Sandra Witschard erhielt für ihre Bachelorarbeit den renom-mierten Max Lüthi

Förderpreis der Swiss Chemical Society. In ihrer Arbeit hat die Chemiestudentin Sphäroide – Kugeln aus lebenden Zellen – geformt und diese als 3D-Basisgrundsteine in ein flaches durchsichtiges Gel eingebettet. So konnten geometrische Landschaften aus Zellkugeln in einer Ebene hergestellt und Ansätze eines 3D-Gewebes erzeugt werden.

Beratungs-App für Landwirtschaft

Sheila Hofer, Masterstudentin am Institut für Umwelt und Natürliche

Ressourcen, hat an der ersten nationalen Digitalisierungs-werkstatt des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) mit einem neuen Konzept für eine «Digitale Beratungs-App» für die Landwirtschaft den ersten Preis gewonnen.

Wechsel im Euresearch-Office an der ZHAW

Seit Ende letzten Jahres arbei-tet Patrik Ettinger im Team der Stabsstelle Forschung und

Entwicklung (F&E) und im Eu-research Office Zurich UAS (Uni-versity of Applied Sciences), ein regionales Euresearch-Büro, das an der ZHAW angesiedelt ist. Es berät Forschende der Zürcher Fachhochschulen (ZHAW, ZHdK und PHZH) rund um Fragen zur EU-Forschungsförderung. Ettinger ist Nachfolger von Su-zana Atanasoski. Er wird auch die Forschenden der ZHAW bei europäischen Forschungspro-

jekten und bei Innosuisse-Pro-jekten beraten sowie die EU-For-schungsstrategie der ZHAW wei-terentwickeln. Ettinger studierte an der Universität Zürich Ge-schichte, Soziologie und Philoso-phie und promovierte dort auch. Er war Mitbegründer und Co-Lei-ter des fög – Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft an der Universität Zürich. ↘ Kontakt: [email protected]

Neuer Datenschutzbeauftragter der ZHAWSeit Jahresbeginn ist der Jurist und Mitarbeiter des Rechts-diensts im Rektorat, Jörg Eckardt, auch Datenschutzbeauftrag-ter der ZHAW. 2018 hat die neue EU-Datenschutzgrundverord-nung (DSGVO) ihre volle recht-liche Wirkung entfaltet – auch für die Schweiz. Zudem wird die nationale Datenschutzgesetzge-bung revidiert. Dies stellt neue

Anforderungen. Als kantonale Institution untersteht die ZHAW bereits dem strengen kantonal-zürcherischen Datenschutzrecht. Als Datenschutzbeauftragter wird Jörg Eckardt den ZHAW-Mit-arbeitenden bei Anfragen zum Datenschutzrecht zur Verfügung stehen, vor allem im Rahmen der EU-Forschungsförderung. ↘ Kontakt: [email protected]

Ursula Stadler und Liana Konstantinidou (v.l.) sind die neuen Leiterinnen des ILC Institute of Language Competence.

Patrik Ettinger berät in EU-Forschungsfragen.

Jörg Eckardt ist neuer Daten-schutzbeauftragter der ZHAW.

Ausgezeichnet

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Impact | März 2019 PANORAMA

«Es geht nur gemeinsam – und anders»Kaum eine Arbeitsstelle wird in zehn Jahren so sein wie heute: Neue Technologien kommen auf den Markt, neuartige Ge-schäftsfelder werden erschlos-sen. Mit einer strategischen Initiative setzt sich die ZHAW mit diesen dynamischen Ver-änderungen der digitalen Transformation auseinander.

Im Herbst 2018 hat die Hoch-schulleitung die strategische Initiative ZHAW digital be-schlossen. Was ist das Ziel?Daniel Baumann: Entstanden ist diese Initiative, weil wir durch die Digitalisierung gewissen Dynamiken unterworfen sind. Die digitale Transformation ge-schieht, ob wir mitmachen oder nicht. Wir wollen aber nicht nur einfach reagieren, sondern den Wandel mitgestalten. Das ist für mich der Kern der strategischen Initiative. Grundsätzlich geht es nicht darum, neue Grossprojekte einzuleiten. Unsere Hauptaufga-be ist es, strukturelle Rahmen-bedingungen zu schaffen, um gezielt zu unterstützen, was bot-tom-up zur digitalen Transfor-mation beigetragen wird.

Was bedeutet das konkret?Thilo Stadelmann: Auf inhalt-licher Ebene wollen wir identifi-zieren, bündeln und unterstüt-zen, was viele Forschende, Dozie-rende und administrative Mitar-beitende in ihren Fachgebieten hinsichtlich Digitalisierung be-reits leisten. So wird die Schlag-kraft von Einzelmassnahmen er-höht. Wir wollen Personen, die eine konkrete Problemstellung haben, zusammenbringen mit denjenigen Fachleuten, welche Lösungsansätze bieten. Dazu braucht es zwingend Sichtbar-keit. Fachbereiche können von-einander profitieren, und Neues

kann entstehen. Beispielsweise wollen wir unsere Expertise im Bereich Datenanalyse Personen zugänglich machen, die sich mit künftigen Arbeitsformen befas-sen. Oder wir können unsere Er-kenntnisse über Digitalisierung und Gesellschaft auf das Studi-um der Zukunft übertragen.

Anfang des Jahres haben Sie Ihre Arbeit aufgenommen. Was sind die grössten Heraus-forderungen?

Baumann: Wir werden vermut-lich irritieren. Denn wir wer-den mit einer organisatorischen Steuerungslogik arbeiten, die sich stark von der an der ZHAW sonst üblichen unterscheidet. Und wir müssen den Diskurs an-regen, was Digitalisierung mit uns macht und wie wir sie am besten nutzen können. Das be-inhaltet durchaus das Risiko zu scheitern. Stadelmann: Es geht nur ge-meinsam – und anders. Das wird

ein Umdenken erfordern, denn wir müssen neue Rollen wahr-nehmen, die für uns ungewohnt sind. Fachlich können wir nicht scheitern. Wir haben viele Exper-tinnen und Experten, die schon Grossartiges leisten, und können in vielen Bereichen auch inter-national mithalten. Scheitern könnten wir aber organisato-risch, nämlich dann, wenn wir unsere Experten nicht in dem unterstützen, was sie brauchen. Interview Lara Attinger

Zürcher Hochschulen starten DigitalisierungsinitiativeFür den Bildungs- und For-schungsstandort Zürich ist die digitale Transformation eine Herausforderung und grosse Chance. Um die Wettbewerbs-fähigkeit national und inter-national zu stärken und Wirt-schaft und Gesellschaft dabei zu unterstützen, die Chancen der Digitalisierung wahrzuneh-men, startet der Kanton Zürich zusammen mit der ZHAW, der

Universität Zürich, der Zürcher Hochschule der Künste und der Pädagogischen Hochschule Zürich die «Digitalisierungsini-tiative der Zürcher Hochschulen (DIZH)». Sie ermöglicht es den Hochschulen, Synergien zu nutzen, wodurch neue Impulse entstehen können. Für die Umsetzung der DIZH beantragt der Regierungsrat des Kantons Zürich dem Kantonsrat, einen

Rahmenkredit von 108,3 Mio. Fr. für die Jahre 2020 bis 2029 zu bewilligen (Beschluss stand bei Redaktions schluss noch aus). Zusätzlich steuern die Hoch-schulen 191,7 Mio. Fr. aus Eigen-mitteln bei. Die ZHAW unter-stützt die Initiative u.a. durch «DIZH Fellows» – hoch qualifi-zierte Forschende, die mit ihrer Expertise den digitalen Wandel aktiv mitgestalten sollen.

Daniel Baumann ist seit Anfang Jahr geschäfts-führender Leiter der Initiative ZHAW digital. Der Experte für Projektmanagement und Organisa-tionsentwicklung hat sich bisher bereits für In-novationsmanagement, für die Spin-off Förde-rung und den damit verbundenen Aufbau des ZHAW-Transfers engagiert.

Thilo Stadelmann hat die wissenschaftliche Leitung der Initiative ZHAW digital übernom-men und ist ausserdem als Professor für Infor-matik an der ZHAW School of Engineering tätig. Der promovierte Informatiker hat die Gründung des ZHAW Datalabs mitinitiiert und das For-schungszentrum während sechs Jahren geleitet.

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Impact | März 2019 ALUMNI

FÜR MENSCHEN OHNE LOBBY

Eine Frau der TatRomina Beeli handelt dort, wo andere wegschauen: Sie setzt sich für Obdachlose und Drogenabhängige ein und betreut als Sozialarbeiterin Straftäter bei der Reintegration. Alles eine Frage des Respekts.

Corinne Amacher

Der Stadtpark von Chur, einst zum Flanieren er-richtet, ist seit vielen Jah-ren ein Treffpunkt für

Menschen am Rand der Gesell-schaft. Die meisten Einheimischen machen einen Bogen um den Park. Nicht so Romina Beeli. Sie setzt sich hin, hört zu, ist einfach da. «Bei mir muss sich niemand rechtfertigen», sagt sie, «ich erteile auch nicht un-gefragt Ratschläge». Das helfe, Ver-trauen zu schaffen.

Die dunklen Seiten der Wohlstands gesellschaftSchon als Teenager erhielt Romina Beeli Einblick in so viele Schicksale wie andere im ganzen Leben nicht. Heute, mit 27, sagt sie von sich: «Ich habe den Umgang mit dem Tod ge-lernt.» Vor einigen Jahren wurde sie von einem Drogenabhängigen gebe-ten, für seine Mutter seine Lebensge-schichte aufzuschreiben für den Fall, dass er vor ihr sterben würde. Der Mann, der später an einer Überdosis starb, hatte mit seiner Anfrage vieles ins Rollen gebracht. Romina Beeli verfasste nicht nur seine Biografie, sondern gleich eine ganze Portrait-sammlung, die vom Bündner Some-dia-Verlag herausgegeben wird.

In dem 2015 erschienenen Buch «Die Familie vom Stadtpark»  be-schreibt die Autorin sieben Betrof-fene und deren Leben im gesell-schaftlichen Abseits – Menschen, die ihrer Ansicht nach «aus verschie-denen Gründen einfach Pech ge-

habt haben». Häufig fehle es schon in der Kindheit an tragfähigen Bezie-hungen, sagt Beeli, die wohlbehütet in der heilen Bündner Bergwelt auf-gewachsen ist. Es war bei einer Be-sichtigung der «Überlebens hilfe» Graubünden, die eine Notschlaf-stelle und eine Gassenküche beher-bergt, als sie erstmals direkt mit den dunklen Seiten der Wohlstandsge-sellschaft in Berührung kam. Da-mals war sie 17: «Dort habe ich den Entschluss gefasst, mich beruflich für benachteiligte Menschen einzu-setzen.» Anders als die «Klienten» aus der «Überlebenshilfe», deren

Lebensläufe voller Brüche sind, hat Romina Beeli ein makelloses Cur-riculum Vitae. Im Anschluss an die Fachmatur und einen Sprach- und Arbeits aufenthalt in Südafrika und Mosambik schrieb sie sich fürs Stu-dium der Sozialen Arbeit an der ZHAW ein. «Viele warnten mich, ich sei zu jung dafür», erinnert sie sich, «darum hatte ich wenig Hoffnung, aufgenommen zu werden.» Lebens-erfahrung ist für das Studium ein Vorteil, darum wird es auch häu-fig als Zweitausbildung absolviert. Doch die Bedenken waren unbe-gründet: Nach einem längeren Ab-klärungsgespräch konnte sie, da-

mals 22-jährig, die Ausbildung in Angriff nehmen.

Studium mit Praxisbezug Als Frau der Tat schätzte sie den ho-hen Praxisbezug mit den beiden sechsmonatigen Ausbildungsprak-tika. Ein Praktikum absolvierte sie in der Psychiatrischen Universitäts-klinik Zürich (PUK), eines im Haus Lägern, das zur JVA Pöschwies ge-hört, der grössten Justizvollzugs-anstalt der Schweiz. In der Einrich-tung, die 23 Plätze zählt, durchlau-fen die Insassen die letzten Monate des Freiheitsentzugs und werden auf ihr Leben ausserhalb der Ge-fängnismauern vorbereitet.

In dem Gebäude mit Zellen, Auf-enthaltsraum, Küche und Fitness-keller arbeitet Romina Beeli seit Sommer 2017 in einem 70-Pro-zent-Pensum als Sozialarbeiterin. Sie ist die einzige Frau im Team und betreut im Schnitt rund zehn Häft-linge. «Die Resozialisierung von Straftätern ist eine spannende und herausfordernde Aufgabe», sagt sie. Dies zum einen, weil der Auftrag zur Wiedereingliederung in die Gesell-schaft zunehmend in Widerspruch zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Verbrechern geraten ist. Zum anderen, weil wichtige bio-grafische Weichenstellungen anste-hen: Zusammenführung mit der Fa-milie, Wohnungs- und Jobsuche – es sind alltägliche, aber auch aufrei-bende Angelegenheiten, die sie für die Insassen und mit ihnen erledigt. Bei der Suche nach einem Arbeitge-ber bleibt ihr häufig nichts anderes

Anders als die Lebensläufe

ihrer Klienten ist ihre Biografie

ohne Brüche. Romina Beeli wusste schon früh, dass sie sich für Men-

schen ohne Lobby einsetzen

möchte.

«Die Resozialisierung von Straftätern

ist eine spannende und herausfordernde

Aufgabe.»

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Impact | März 2019ALUMNI

übrig, als sich «so lange durchzu-telefonieren, bis ich auf einen Chef stosse, der ein grosses Herz hat». Dass es praktisch immer kleine Fir-men sind, die einem Vorbestraf-ten eine Chance geben, stimmt sie nachdenklich.

«Grundsätzlich hat jeder eine zweite Chance verdient», lautet auch das Credo von Romina Beeli. Die Ge-sellschaft tendiere dazu, Menschen anhand einzelner Problemstellen wie einer Sucht oder eines Delikts abzuqualifizieren, anstatt sie als Ganzes zu betrachten. Aus diesen Worten spricht nicht nur ihr sozi-ales Gewissen, sondern auch ihr in-taktes Sendungsbewusstsein. Tat-sächlich findet Romina Beeli, dass gerade an Bildungsstätten wie der ZHAW das Bewusstsein für die po-

litische Bedeutung der Sozialar-beit viel stärker gefördert werden solle. «Sozialarbeiter sind das Spra-chrohr von Menschen, die benach-teiligt sind und keine Lobby haben», meint sie, «dies sollten wir nutzen.» Sozial politisch macht sie ihren Ein-fluss seit Frühling 2018 im Vorstand des Berufsverbands Avenir Social Sektion Zürich und Schaffhausen geltend, wo sie als stellvertretende Präsidentin für Öffentlichkeitsar-beit zuständig ist. Seit Frühling 2018 absolviert Beeli im Teilzeitstudium den konsekutiven Master in Sozia-ler Arbeit. Mit ihrer Bachelorarbeit sorgte sie bereits für Aufsehen: Zu-sammen mit zwei Betroffenen und einem Sozialpädagogen konzipierte sie eine Stadtführung durch Chur, die sich um die Lebensgeschichten

der Stadtparkbesucher dreht und auch von diesen geleitet wird. Der Rundgang führt an Orte, die her-kömmliche Stadtführungen nicht zeigen. Ziel der Arbeit war es, «Vor-urteile abzubauen und Berührungs-punkte zu schaffen», sagt sie. Das Werk wurde von der Katholischen Kirche des Kantons Zürich mit dem Ethikpreis ausgezeichnet. Noch gibt es die Stadtführungen erst auf Pa-pier – Romina Beeli fehlte bislang die Zeit für die Umsetzung. Sie hat sich überlegt, das Konzept für die Realisierung abzugeben, doch dann wurde ihr klar, wie sehr es mit ihrer Person verbunden ist. Denn das Ver-trauen der Menschen am Rand der Gesellschaft, das sie sich über all die Jahre erarbeitet hat, lässt sich beim besten Willen nicht teilen. ◼

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Impact | März 2019 BÜCHER

Im Alter gemeinsam gärtnernFür altersgerechtes Wohnen sind in den letzten Jahren zahlreiche Konzepte entwickelt worden. Dem Aussenraum wurde bisher wenig Beachtung geschenkt, obwohl ein grosses Interesse an schönen Gärten und am Gärtnern fest zustellen ist. Insbesondere gemeinsam genutzte Gärten können viel zu einer selbstständigen, gesunden und sinnerfüllten Lebensgestal-tung bis ins hohe Alter beitra-gen. ZHAW-Autorin Petra Hagen Hodgson, Leiterin des For-schungsbereichs Urbane Grün-räume, hat deshalb zusammen mit Architekt Peter Eberhard ein Gartenhandbuch verfasst: Unter dem Titel «Gartenleben im Alter

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Impact | März 2019FORSCHUNG

CORPORATE COMMUNICATIONS

Den digitalen Wandel kommunizierenKommunikation prägt die digitale Transformation von Firmen entschei­dend mit. Eine Studie des IAM Institut für Angewandte Medienwissen­schaft zeigt, wie Kommunikation erfolgreich gestaltet werden kann.

NINA RUDNICKI

Airbnb statt Hotellerie, Uber statt Taxi und Amazon statt Kaufhäuser: Durch die Digitalisierung entste-

hen neue Geschäftsmodelle. «Die Unternehmen brauchen neue Stra-tegien, um bestehen zu können. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Kommunikation», sagt Markus Niederhäuser, Leiter Weiterbildung am IAM Institut für Angewandte Medienwissenschaft  der ZHAW. Niederhäuser ist Co-Autor der ak-tuellen Studie «Kommunikation in der digitalen Transformation», zu-sammen mit Nicole Rosenberger, Professorin für Organisationskom-munikation und Management am IAM.

Die Studie untersucht, welche Veränderungen, Rollen und Aufga-ben auf die Kommunikationsabtei-lungen zukommen. «Lange ging es bei der Digitalisierung nur darum, wie Unternehmen Social-Media- Kanäle wie Twitter, Facebook und In stagram nutzen sollen», sagt Niederhäuser. «Mittlerweile haben die Kommunikationschefs aber gemerkt, dass es mehr braucht, damit die digitale Transformation gelingt.»

Mitarbeitende als BotschafterImmer wichtiger werden für Unter-nehmen beispielsweise die Mitar-beitenden als Botschafter. Noch bis vor wenigen Jahren war es in vielen Unternehmen verboten, auf Social

Media Inhalte über den Arbeitgeber zu veröffentlichen. Heute hingegen sollen die Mitarbeitenden in den sozialen Netzwerken präsent sein. «Überraschend viele Unternehmen ermuntern ihre Mitarbeitenden ak-tiv, online über die Firma zu reden. Sie sollen als Influencer gegen in-nen und nach aussen wirken», sagt Co-Autorin Rosenberger. Die Mitar-beitenden fit zu machen für die di-gitale Kommunikation wurde von den befragten Kommunikations-verantwortlichen folgerichtig als wichtigste Herausforderung in den nächsten drei Jahren bezeichnet.

Die Studienergebnisse basieren auf Experteninterviews, auf einer Online-Befragung von Kommuni-kationschefs grosser privater und

öffentlicher Unternehmen, von Ver-waltungen und Non-Profit-Organi-sationen in der Deutschschweiz so-wie auf Fokusgruppen-Gesprächen mit Kommunikationsverantwort-lichen. Dabei haben sich weitere wichtige Entwicklungen herauskris-tallisiert: Die Verantwortlichen se-

hen ihre eigene Abteilung auf dem Weg der digitalen Transformation etwas weiter fortgeschritten als das ganze Unternehmen. Zudem ist in vielen Unternehmen das Issue Mo-nitoring noch zu wenig auf Digita-lisierungsthemen ausgerichtet. Die-ses analysiert gesellschaftliche Ver-änderungen frühzeitig. So soll es beispielsweise beschreiben, welche Rolle den Mitarbeitenden in der di-gitalen Transformation zukommt, wie sicher ihr Arbeitsplatz ist und welche Digitalstrategien das Unter-nehmen verfolgt.

Die Kommunikationsverantwort-lichen brauchen also neue Kompe-tenzen: Die Schnittstellen zu Mar-keting, Personalabteilungen und In-formatik werden wichtiger. «Bislang waren in den Kommunikationsab-teilungen Sprachverständnis sowie vernetztes und kritisches Denken gefragt», sagt Niederhäuser. «Erfor-derlich wird nun aber beispielswei-se auch Technologiekompetenz.»

Handlungsfelder der KommunikationAus den Ergebnissen der Stu-die haben die Forscher eine 10-Punkte-Agenda erarbeitet (siehe Infobox). Sie beschreibt die zentra-len Handlungsfelder für die Weiter-entwicklung der Kommunikation in der digitalen Transformation.

Die Studie wurde unterstützt vom HarbourClub, der Vereinigung der Kommunikationsleiter von Un-ternehmen und Organisationen in der Schweiz, und vom Forschungs-

«Viele Unternehmen ermuntern ihre Mit-

arbeitenden aktiv, online über die Firma zu reden. Sie sollen als

Influencer wirken.»Nicole Rosenberger

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Impact | März 2019 FORSCHUNG

zentrum IBM Research. «Die Fragen, welche die digitale Transformati-on mit sich bringt, interessieren so-wohl die Forschung als auch die Un-ternehmen», sagt Niederhäuser.

Gleichzeitig mit der Studie sei da-her ein Weiterbildungs angebot, der CAS Digitale Transformation und Kommunikation, aufgebaut wor-den (siehe auch S. 57). Es gebe zwar

bereits zahlreiche Studien und auch Weiterbildungen zur Digitalisie-rung. Diese seien aber eher punk-tuell angelegt und legten den Fo-kus beispielsweise auf Social Me-dia. «Wir wollten das Thema der digitalen Transformation hingegen breiter angehen und den Schwer-punkt auf die Sicht der Kommuni-kationsabteilungen legen.

Dabei wurde die Rolle der Kom-munikation auf drei Ebenen unter-sucht: Die Mikroebene bilden die Kommunikationsabteilungen. Sie ermöglichen die digitale Kommu-nikation und Transformation über-haupt erst. Auf der Mesoebene wird die Rolle für das ganze Unterneh-men betrachtet. Zentrale Ansatz-punkte sind hier die Beratung der Führungskräfte sowie die kommu-nikative Befähigung aller Mitarbei-tenden. Auf der Makroebene geht es um das Schaffen von gesellschaft-licher Akzeptanz für die digitale Transformation. Das Unternehmen muss seine Digitalstrategie erklären und seine Verantwortung sichtbar machen.

«Zur Verantwortung gehört auch die Daten sicherheit», unter streicht Nicole Rosenberger und ergänzt: «Sie wird zu einem Kern thema für fast alle Unternehmen und ihre Kommunikations abteilungen werden. Das Krisenpotenzial ist beträchtlich.» ◼

↘ Zur Studiehttps://doi.org/10.21256/zhaw-3866

«Erforderlich wird für Kommunikations-abteilungen nun

auch Technologie-kompetenz.»

Markus Niederhäuser

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Agenda für die KommunikationZehn Punkte, wie sich die Unternehmenskommunika-tion im digitalen Wandel weiterentwickeln muss.

1. Digitalisierung der Kommunikation und Kommu-nikation der Digitalisierung.

2. Höhere Integration der Kommunikationsfunkti-onen: Position des Chief Communication Officer (CCO) muss neu definiert werden.

3. Neue Schnittstellen für den CCO, etwa zum Chief Digital Officer. Schnittstellen zu Marketing, HR und IT bleiben wichtig.

4. CCO als Head der Botschaften wird zudem auch Head der Daten. Technologie ist eine neue Schlüs-selkompetenz.

5. Technologischer Quantensprung: Durch künst-liche Intelligenz unterstützte Applikationen wer-den sowohl Analyse, Messaging wie Design ver-ändern.

6. Drei Ansprüche an die Organisation: strategisches Themenmanagement, Themen multimodal und crossmedial spielen, «time to market» verkürzen.

7. Die Kommunikationsbefähigung der Mitarbei-tenden ist eines der wichtigsten Aufgabenfelder.

8. Influencer in das Kommunikationsmanagement einbinden.

9. Das Monitoring verstärkt auf Themen der Digita-lisierung ausrichten.

10. Die Datensicherheit zum Kernthema machen.

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Impact | März 2019FORSCHUNG

Zürcher bevorzugen eServices Auch in der Schweiz werden staatliche Dienstleistungen vermehrt in elektronischer Form zur Verfügung gestellt. Die sogenannten eServices geniessen trotz Sorgen um Datenschutz und Datensicherheit eine hohe Akzeptanz in der Zürcher Bevölkerung, wie eine aktuelle Studie der ZHAW SCHOOL OF MANAGEMENT AND LAW zusammen mit dem Verein Zürcher Gemeindeschreiber und Verwal-tungsfachleute (VZGV) und der Staatskanzlei des Kantons Zürich zeigt. Laut der Studie zieht die befragte Zürcher Bevölkerung eServices grundsätzlich analogen Dienstleis-tungen vor. Die Präferenz für eServices nimmt jedoch ab, sobald es um persönliche Daten geht. «Datensicherheit und Datenschutz spielen eine zentrale Rolle für die Nut-zenden von eServices», erklärt ZHAW-Studienleiter Alexander Mertes. Dass sich die Mehrheit der 987 Be-fragten grosse Sorgen hinsichtlich Datenschutz und Da-tensicherheit macht – etwa Identitäts- und Datendieb-stahl befürchtet – widerspiegelte sich auch in den ver-tiefenden Workshops. So haben Datenschutz und Daten-sicherheit bei einer Steuer erklärung für die Nutzer eine wichtigere Bedeutung als bei «Jokertagen», bei denen Eltern einen freien Schultag für ihre Kinder beantragen. Die Ergebnisse deuten aber darauf hin, dass die Mehrheit trotz Sicherheitsbedenken digitale Angebote präferiert. ↘ bit.ly/2GKc1GO

Neues BICAR am AutosalonDas ZHAW-Spin-off «Share your BICAR» hat am Internatio-nalen Autosalon in Genf die Mikromobilitätslösung BICAR im neuen Design präsentiert. Das ursprüngliche Konzept-fahrzeug der ZHAW erfüllt nun mit der als L2e (Leicht-fahrzeug) eingestuften Neuauflage die strassenzulas-sungstechnischen Vorschriften und ist auf dem Weg zur Markteinführung im Jahr 2020. Bereits ab Sommer 2019 wird eine exklusive Auflage von weniger als 50 Stück pro-duziert. Interessenten, sowohl Business-Kunden als auch Privatpersonen, können sich das BICAR jetzt schon sichern.↘ www.shareyourbicar.com

ZHAW und Swisscom entwickeln Signatur für Blockchain

Mit der Blockchain-Technologie kön-nen Transaktionen ohne zentrale In-stanz und vollkommen transparent abgewickelt werden. Bislang liess sich aber eine qualifizierte elektronische Signatur, welche für den rechts-sicheren Einsatz anstelle einer eigen-händigen Unterschrift nötig ist, nicht direkt auf einer Blockchain einsetzen. Im Rahmen eines gemeinsamen For-schungsprojekts hat nun ein interdis-ziplinäres Team aus Juristen und In-genieuren der ZHAW SCHOOL OF MA-NAGEMENT AND LAW und SCHOOL OF ENGINERING zusammen mit Swisscom den Prototyp eines Smart Contract entwickelt, mit dem sich das Schriftformerfordernis auf der Blockchain erfüllen lässt. Smart Con-tracts sind Computerprogramme, mit denen die Übertragung von Vermö-genswerten gesteuert werden kann. Der auf der Ethereum-Blockchain ba-sierende Smart Contract enthält eine Schnittstelle zum Unterschrifts-Ser-vice von Swisscom. Dadurch können Transaktionen auf der Blockchain rechtsgültig mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden. Nach erfolgreicher Prü-fung der Signatur wird direkt die ge-wünschte Wirkung auf der Blockchain

ausgelöst, etwa die Übertragung des Vermögenswerts oder der Abschluss eines Vertrags. Laut ZHAW-Experten werden dadurch die bis jetzt beste-henden rechtlichen Unsicherheiten beseitigt. Unterstützt werden nicht nur Signaturen gemäss schweize-rischen Anforderungen, sondern auch solche nach der eIDAS-Verordnung der Europäischen Union. Damit er-öffnet sich eine Vielzahl internati-onaler Anwendungsmöglichkeiten. An weiteren Projekten im Bereich Blockchain kann künftig auch im Hub Trust Square an der Zürcher Bahnhof-strasse gearbeitet werden. Dieser soll mit über 300 Arbeitsplätzen bald der grösste Hub weltweit sein. Seit Okto-ber 2018 ist auch die ZHAW School of Management and Law Teil des Trust-Square-Netzwerks. Diverse Institute und Zentren der ZHAW beschäftigen sich intensiv mit der Blockchain-Tech-nologie. Durch die neue Kooperati-on wird der Austausch zwischen For-schung und Praxis, gerade auch für Jungunternehmen, ge stärkt. So kön-nen Synergien beispielsweise bei Dissertationsprojekten entstehen. Schon in den ersten Monaten konnten rund 20 Forschungsprojekte identifi-ziert werden.

Der von ZHAW und Swisscom entwickelte Smart Contract ist ohne eigenhändige Unterschrift rechtsgültig.

Das neue BICAR-Design stand am Autosalon im Rampenlicht.

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Impact | März 2019 FORSCHUNG

Caring Communities in der AltersbetreuungQuartiere, Wohnsiedlungen oder Dorfgemeinschaften könnten in der Betreuung und Pflege älterer Menschen eine wichtige Rolle einnehmen und die bestehenden Ver-sorgungssysteme entlasten. Solche zumeist kleinräumigen Gemeinschaften bieten nicht nur ein soziales Netz und damit die Möglichkeit zur Teilhabe. Quartiere, Dorfge-meinschaften oder Wohnsiedlungen haben zudem das Potenzial, in der Pflege und Unterstützung alter Menschen eine tragende Rolle einzunehmen. Unter dem Begriff der «Caring (and Compassionate) Communities» – also der «sorgenden und mitfühlenden Gemeinschaften» – werden in der Alters- und Pflegewissenschaft seit einigen Jahren solche Sozialräume als zusätzliche Versorgungsebene dis-kutiert, die Angehörige aber auch das institutionalisier-te Versorgungssystem entlasten könnte. Angesichts der zahlreichen Herausforderungen in der Versorgung alter Menschen rückt auch das Institut für Pflege der ZHAW das Konzept der «Caring and Compassionate Communities» verstärkt in den Fokus. ↘ bit.ly/2MZViR1

News für Digital NativesWie verstehen und nutzen Jugendliche Nachrichten? Welche Erwartungen haben sie bezüglich zukünftiger Nachrichtenangebote und wie ist es um ihre Medienkom-petenz im Umgang mit Nachrichten bestellt? Diese Fragen untersucht das Forschungsprojekt «Schweizer Digital Natives mit Nachrichten erreichen» am Departement ANGEWANDTE LINGUISTIK. In der qualitativen ethnogra-fischen Studie unter Leitung von Aleksandra Gnach, Wibke Weber und Guido Keel vom IAM Institut für Angewandte Medienwissenschaft werden auch die Besonderheiten der mehrsprachigen Schweizer Medienlandschaft und der Social-Media-Kommunikation berücksichtigt. Projektdau-er ist Juni 2019 bis September 2020. Gefördert wird das Projekt vom BAKOM mit 125'000 Franken.

Für das Wohl der ZuchtfischeIm Forschungsprojekt «Fish Welfare Assessment» will das Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen herausfin-den, wie Fische Stress empfinden und wie man diesen bes-ser messen kann. Ziel ist es, das Management einer Zucht in Aquakulturen zu verbessern und Berhördenkontrollen zu erleichtern. Das Projekt von Constanze Pietsch-Schmied, Leiterin der Arbeitsgruppe «Fischwohl», wird während vier Jahren mit 850'000 Franken gefördert im Rahmen des Bridge-Discovery-Programms von SNF und Innosuisse.

Schokolade von Kakao-ZellkulturenIst es möglich, die Kultivierung von Lebensmitteln neu zu denken? Die-se Grundsatzfrage bildete den Aus-gangspunkt des Forschungspro-jektes «CAST OFF – Schokolade von Kakao-Zellkulturen». Auf der Suche nach möglichen neuen Ansätzen ha-ben sich die Institute für Chemie und Biotechnologie (ICBT) und Lebensmit-tel- und Getränkeinnovation (ILGI) der ZHAW mit der Kultivierung von Kakao zur Herstellung von Schokolade be-schäftigt und dabei ein vielverspre-chendes Potenzial in der Zellkultur-

technik entdeckt. Die Zellkulturtech-nik erlaubt es, Zellen von jeder Pflan-zenart ausserhalb ihrer natürlichen Umgebung zu züchten und in einem Bioreaktor zu kultivieren. Eine erste sensorische Prüfung der alternativ erzeugten Schokolade zeigte ein in-tensives und komplexes Aroma mit vorherrschenden Zitrus- und Beeren-aromen. Die Zellkulturtechnik verhilft damit auch neuen im Kakao enthal-tenen natürlichen Aromen zur Entfal-tung und ermöglicht eine weitere Ver-edelung von Kakao und Schokoloade.

In virtueller Welt reale Probleme lösen

Im Heissluftballon über Winterthur schwebend knifflige Umweltfragen beantworten – begleitet von einer sprechenden Eule: Was nach einem ziemlich verrückten Traum klingt, ist virtuelle Realität. Das computerba-sierte Simulationsspiel «Virtual Ener-gy Hero» der ZHAW SCHOOL OF ENGI-NEERING nimmt Jung und Alt mit auf eine kleine Abenteuerreise. Mirjam West und Onur Yildirim vom Institut für Nachhaltige Entwicklung (INE) haben das Projekt ins Leben geru-fen. «Die Energiestrategie 2050 ist für viele Menschen noch kaum ein Begriff», so Onur Yildirim. «Das wollten wir ändern und haben des-halb den Virtual Energy Hero ent-

wickelt.» Wer in den Korb des Heissluftballons einsteigt, setzt sich eine Virtual-Reality-Brille auf und fin-det sich innert Sekunden in einer vir-tuellen, dreidimensionalen Welt wie-der. Wo auch immer die Spielerinnen und Spieler hinsteuern, dort ange-kommen, gilt es Fragen zu erneuer-baren Energien, Mobilität oder Ener-gieeffizienz zu beantworten. Die Forschenden arbeiten bereits an Erweiterungen für ihr Spiel. «Das gesamte Spiel soll noch interaktiver werden. Wir möchten ein positives Lernerlebnis vermitteln und die Spie-lenden zum virtuellen und realen Mitmachen animieren», sagt Mirjam West.

Eule Oskar begleitet die Ballonfahrt über Winterthur.

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Impact | März 2019 MENSCHEN

MATTHIAS KLEEFOOT

Manchmal reicht eine einzige E-Mail aus, um das Leben auf den Kopf zu stellen. Im April

2018 hat Mathias Bonmarin so eine Nachricht in seinem Posteingang vorgefunden. «Es war wie ein ver-frühtes Geburtstagsgeschenk», er-innert sich der ZHAW-Dozent, der zu dem Zeitpunkt mitten im Unter-richt steckte. Kurz vor seinem 39. Geburtstag erreichte ihn die Zu-sage für ein Fulbright-Stipendium und damit der grösste Erfolg seiner bisherigen Forscherkarriere. Das Fulbright-Programm ist eines der pres tigeträchtigsten Stipendienpro-gramme weltweit und fördert durch bilaterale Verträge und Vereinba-rungen den akademischen Aus-tausch mit den USA.

Für Bonmarin war dies der Start-schuss für turbulente Wochen und Monate, an deren Ende er sich samt Frau und Kind in Cincinnati im US-Bundesstaat Ohio wiederfinden sollte. «Die Freude über die Zusage war natürlich riesig, auch wenn sie ein bisschen Stress verursacht hat. Im Januar war ich gerade erst Va-ter geworden. Im August sollte nun schon mein Gast aufenthalt in den USA beginnen – das waren viele Ver-änderungen in kurzer Zeit», so Bon-

marin rückblickend. Dank des Ful-bright-Stipendiums ist Bonmarin seit letztem Sommer für ein Jahr zu Gast an der University of Cincinnati.

Forscher und KosmopolitOb er die Schweiz vermisst? «Eigent-lich nicht so richtig», meint Bon-marin im Gespräch via Skype et-was verlegen. Er sieht sich als Kos-

mopolit. Der Sohn eines Franzosen und einer Schweizerin fühlte sich nie mit nur einem Ort verbunden. Zwar in Bern geboren, wuchs er je-doch in Marseille auf und absol-vierte dort schliesslich seinen Mas-ter in Biomedical Engineering. Ein Jahr davon verbrachte er in England. Es folgten ein zweites Masterstudi-um in Optics, Optoelectronics and Microwaves in Grenoble und ein Wirtschaftsstudium in Belgien, be-vor es ihn 2006 für sein Doktorat wieder zurück in die Schweiz zog. Und nun also in die USA. «Ich fühle mich überall zuhause, sofern mei-

ne kleine Familie dabei ist und ich das tun kann, was ich gerne möch-te», so Bonmarin. Was er möchte, ist forschen für die Medizintechnik. An der ZHAW hat er unter anderem die aktive Thermographie – ein bildge-bendes Verfahren aus der Werkstoff-prüfung – zur Untersuchung von Haut eingesetzt. Daraus entstanden ist ein Diagnosegerät für Dermato-logen, das Hautpartien berührungs-frei mit einer Infrarotkamera un-tersucht und visualisiert. Auch zur Verbesserung der Krebstherapie mit Nanopartikeln hat Bonmarin bei-getragen. Mit Kollegen der Uni Fri-bourg hat er eine Methode entwi-ckelt, um Nanopartikel so präzise zu messen, dass sich diese optimal für das Abtöten von Tumorzellen her-stellen und dosieren lassen.

Aus beiden Forschungsprojekten sind Start-up-Unternehmen ent-standen, an denen der ZHAW-For-scher beteiligt ist. Neben dem For-scher Bonmarin gibt es somit auch den Unternehmer Bonmarin, der neben seinen zwei Mastertiteln in Ingenieursdisziplinen sein Master-studium in Ökonomie mit summa cum laude abgeschlossen hat. «Ich habe wohl irgendwie beides im Blut: Mein Vater war Wissenschaftler an der Uni in Marseille und meine Mut-ter stammt aus einer Unternehmer-familie», erklärt Bonmarin. Gleich-

ENGINEERING

Der Unternehmer, der keiner istMathias Bonmarin erforscht neue Lösungen für die Medizintechnik. Aus seinen Entwicklungen sind schon Unternehmen entstanden. Doch er bleibt der Wissenschaft treu – derzeit aber nicht nur an der ZHAW.

Aus seinen For-schungsprojekten entstanden schon

verschiedene Start-up-Unter-

nehmen. Doch Mathias Bonmarin will der Forschung

treu bleiben.

«Wenn wir reale Probleme lösen wollen,

müssen wir auch die Erwartungen aus

der Wirtschaft berück-sichtigen.»

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Impact | März 2019MENSCHEN

zeitig betont er, dass ihm persönlich die Forschung wichtiger sei. «Ein guter Wissenschaftler sollte aber beide Welten kennen. Wenn wir re-ale Probleme lösen wollen, müssen wir auch die Erwartungen aus der Wirtschaft berücksichtigen.»

Cincinnati statt HarvardDie Tage in Cincinnati beginnen sehr früh für Bonmarin. Wegen der sechsstündigen Zeitverschie-

bung kann er nur morgens mit der Schweiz telefonieren und sich über ZHAW-Projekte austauschen. «Das habe ich wohl am meisten unter-schätzt an diesem Auslandsaufent-halt: Man ist nicht einfach mal weg, sondern arbeitet quasi an zwei Or-ten gleichzeitig», sagt Bonmarin. Er sieht den Grund dafür auch bei sich selbst: «Ich will immer das Ma-ximum aus meinen Möglichkeiten herausholen und bin ziemlich ehr-

geizig – manchmal vielleicht ein bisschen zu sehr.» Mit der Geburt seines Sohnes seien die Prioritäten aber etwas verschoben worden. Er habe mehr Ausgleich und Ablen-kung durch die Familie. Die Start-ups seien in den Hintergrund ge-rückt.

Die Forschung indes geniesse im-mer noch einen hohen Stellenwert. «Die Forschung empfinde ich nicht einfach nur als Arbeit – sie treibt mich an», so Bonmarin, und mit einem Augenzwinkern fügt er hin-zu: «Ausserdem hält mich der Um-gang mit den Studierenden jung.» So arbeitet er also früh morgens an einem EU-geförderten Forschungs-projekt der ZHAW im Bereich Ther-mographie, ehe er sich seinen Auf-gaben vor Ort widmet – einem Ort, der unterschiedlicher kaum sein könnte. Rund 45'000 Studierende sind an der University of Cincinna-ti eingeschrieben. Der Campus ver-fügt über ein eigenes Busliniennetz. Im campuseigenen Football-Stadion feuern 40'000 Fans die UC Bearcats an. «Auf mich wirkt das alles enorm gross. Für hiesige Verhältnisse ist es aber eher ein kleiner und kompakter Campus», relativiert Bonmarin.

Tragbare Sensoren für HautmessungenBei der Arbeit geht es für ihn auch hier um Medizintechnik. Er begleitet ein Forschungsprojekt im Bereich «Wearable Sensors», kon-kret sind es tragbare Sensoren für Hautmessungen. «Wir versuchen verschiedene Parameter der Haut zu messen, beispielsweise auch Schweiss, um so Informationen über die Hydration und den Stoff-wechsel zu erfahren», so Bonmarin, der ausserdem auch Studierende im Medtech-Labor betreut.

Aber warum Cincinnati? Warum nicht Harvard? «Hier in Cincinna-ti ist der Hauptsitz von Procter & Gamble – die arbeiten eng mit der Universität zusammen», erklärt Bonmarin. Der Unternehmer in ihm blitzt wieder auf. Für den Kon-

Mathias Bonmarin hat ein Diagnosegerät für die Dermatologie entwickelt, das Hautpartien berührungsfrei mit einer Infrarotkamera untersucht und visualisiert.

Die ZHAW-Studierenden Giaele Quadri und Andreas Bachmann haben unter seiner Ägide ein günstiges Therapiegerät gegen die Hauterkran-kung Leishmaniose konzipiert.

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Impact | März 2019 MENSCHEN

sumgüter-Konzern arbeitet er als wissenschaftlicher Berater im Be-reich «Skin Research». Kein Neuland für Bonmarin: An der ZHAW hatte er zusammen mit zwei Absolventen bereits vor zwei Jahren einen Haut-tester entwickelt, um die Wirksam-keit von Hautcrèmes zu überprüfen – das dritte Start-up-Unternehmen, an dem Bonmarin beteiligt ist.

Inspiration im GepäckWenn Mathias Bonmarin von sei-nem Leben in den USA erzählt, dann klingt es fast so, als wolle er gar nicht mehr zurückkommen. «Nein,

ich komme ganz sicher zurück», ver-sichert er. «Ich sehe meine Zukunft an der ZHAW. Ausserdem habe ich es meinen Eltern und Schwieger-eltern versprechen müssen.» Mit im Gepäck wird er neue Ideen und Ziele haben. Die Arbeit in den USA sei inspirierend für ihn. «Hier lässt man die Studierenden das Labor or-ganisieren. Das ist für sie ganz nor-mal: Sie putzen, bestellen Materi-al, tragen die Verantwortung für einen reibungslosen Betrieb – ob-wohl sie nicht als Assistenten ange-stellt sind», erklärt Bonmarin. Er ist sich bewusst, dass das an der ZHAW

nicht genau so umsetzbar ist, fin-det den Ansatz zu mehr Eigenver-antwortung aber prüfenswert. Aus-serdem möchte er weiterhin neue Medtech-Innovationen vorantrei-ben: «In den USA verkauft sich die Forschung besser. Resultate werden offensiv gestreut – da sind wir in der Schweiz viel zurückhaltender, als wir es sein müssten.» Dennoch be-vorzuge er die europäische Art des Zusammenarbeitens, wo man auch mal anecken dürfe. Und da fällt ihm ein, dass er die Schweiz vielleicht doch ein wenig vermisst. ◼

«Die Forschung empfinde ich nicht einfach nur als Arbeit – sie treibt mich an.»

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Impact | März 2019STUDIUM

Studierende beraten Studierende

Eintauchen in reale RechtsfälleSeit dem Vorjahr bieten Studierende mit der Law Clinic gratis Rechts­beratungen an. Damit schliesst die ZHAW eine Lücke in der Aus bildung für Wirtschaftsjuristen und führt Studierende an die Praxis heran.

SIMON JÄGGI

Der Schimmel in der Woh-nung trieb Sabrina F. zur Verzweiflung. Trotz mehr-maliger Aufforderung liess

der Vermieter die Schimmelpilze nicht entfernen, und auch zu ei-ner Senkung des Mietzinses war er nicht bereit. Statt ihr und ihren Mit-bewohnerinnen entgegenzukom-men, schickte er eine nachträgliche Nebenkostenrechnung von knapp tausend Franken. Das brachte das Fass schliesslich zum Überlaufen. Sabrina F. entschied sich darauf, zu handeln.

Vorbild USADas war im Herbst des vergangenen Jahres. Fast zeitgleich startete an der ZHAW die Law Clinic – ein neues Kursangebot für die Studierenden des Bachelorstudiengangs Wirt-schaftsrecht. Das Konzept: Rechts-studierende bieten für andere Stu-dentinnen und Studenten kosten-los Rechtsberatungen an. Das Mo-dell stammt ursprünglich aus den USA, wo bereits seit längerer Zeit solche Angebote existieren. Seit einigen Jahren etablieren sich sol-che Angebote auch in Europa. Die ZHAW ist eine der ersten Hochschu-len, die nun in der Schweiz eine Law Clinic aufgebaut hat.

Verantwortlich für den Aufbau und die Betreuung ist Fabio Babey, stellvertretender Leiter des Zen-trums für Wettbewerbs- und Han-delsrecht an der ZHAW. Gemeinsam mit Professor Patrick Krauskopf, dem Leiter des Zentrums, hatte er das Projekt in den vergangenen Jah-

ren entwickelt. Aus Sicht von Babey war ein solches Angebot überfällig. «Es fehlt an den Hochschulen gene-rell an innovativen Lernformen, wo Rechtsstudenten an die Praxis he-rangeführt werden.» Ein Jurist sei ein Dienstleister, sagt Babey, der auch auf zwischenmenschlicher Ebene viel leisten müsse. Wie be-reite ich ein Klientengespräch vor? Wie verhalte ich mich in einer Be-ratung? Wie gehe ich mit Klienten um, die aufgeregt sind? «Mir ist kein

Ausbildungsmodul bekannt, das auf solche Fragen abzielt. Der Sprung vom Studium in die Praxis ist in die-ser Hinsicht oft riesig.» Die Law Cli-nic soll dabei helfen, diese Lücke zu schliessen.

Angelaufen ist das Angebot im vergangenen Herbstsemester als in-tegraler Bestandteil des Bachelor-studiengangs Wirtschaftsrecht. Die Nachfrage vonseiten der Rechtsstu-denten war von Beginn an gross. Über ein Dutzend Personen hatten sich für die sieben Beratungsplätze beworben, eine davon war Andrea Luginbühl. Die 27-Jährige Berne-rin arbeitet auf einem Notariat und schliesst daneben ihr Bachelorstu-dium ab. «Für mich war sofort klar, dass ich das machen will», sagt sie

bei einem Treffen in der Berner Alt-stadt. «Es gab bisher im Studium keine Möglichkeiten, um das Ge-lernte in der Praxis anzuwenden.»

Wie allen sieben Studierenden wurden Andrea Luginbühl drei Rat-suchende zugeteilt. Eine Frau litt unter ständigen Kontaktaufnahme-versuchen per E-Mail. Ein Student hatte entdeckt, dass sein Fitnessstu-dio persönliche Daten an Dritte wei-tergibt. Und Sabrina F. meldete sich aufgrund des Schimmelbefalls in ihrer Wohnung und den damit ver-bundenen Streitigkeiten mit ihrem Vermieter. «Die Themengebiete wa-ren sehr vielfältig. Dadurch konn-te ich auch in Rechtsgebiete eintau-chen, die mir noch nicht so gut ver-traut waren», sagt Luginbühl.

Externe Anwälte als MentorenDie Rahmenbedingungen für die Rechtsberatungen sind klar vorge-geben. Die Ratsuchenden haben An-spruch auf ein Beratungsgespräch. Zur Vorbereitung erarbeiteten die Beratenden ein mehrseitiges Rechts-gutachten. Bei jedem Fall werden sie eng durch einen externen Anwalt betreut, der auch beim Beratungs-gespräch anwesend ist. Die Bera-tenden nehmen eine rechtliche Ein-schätzung vor und geben eine Emp-fehlung ab. Sie verfassen aber keine Schriftsätze für die Ratsuchenden und erarbeiten auch keine Klagen.

«Vor dem Beratungsgespräch war ich schon etwas nervös. Schliess-lich wollte ich meine Arbeit gut er-ledigen», sagt Andrea Luginbühl. Die ratsuchende Sabrina F. traf sie in der Kanzlei des externen Anwalts, der ihr Coach ist, in Zürich. Ein im-

«Es fehlen innovative Lernformen, bei denen

Rechts studenten an die Praxis herange-

führt werden.»Fabio Babey

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Impact | März 2019 STUDIUM

posantes Gebäude mit einer Emp-fangstheke aus Marmor und gros-sen Leuchtern. Mit dem Anwalt und der Klientin setzte sie sich in einem Sitzungszimmer an einen grossen Tisch. «Dabei merkte ich rasch, dass die Studentin viel recherchiert hatte und gut über die rechtlichen Grund-lagen informiert war.» Es stellte sich heraus, dass die Miete der Wohnung ausserordentlich günstig war. Auf-grund des Schimmels wäre allen-falls eine Mietzinsreduktion von zehn Prozent in Frage gekommen. «Ich machte ihr bewusst, dass ein Verfahren vor der Schlichtungsbe-hörde zwar noch kostenfrei, ein all-fälliger Gang vor das Mietergericht dann aber mit Kosten und viel Auf-wand verbunden ist.» Nach dem Gespräch entliess sie die Studentin mit zwei Ratschlägen: Beim Vermie-ter eine korrigierte Nebenkosten-abrechnung verlangen, da diese ei-nige Ungenauigkeiten beinhaltete. Und ihm eine Frist setzen, bis zu der er den Schimmel beseitigen muss. «Für mich war diese Beratung eine Erfahrung, die sich deutlich vom übrigen Studium unterschieden hat», sagt Andrea Luginbühl rück-

blickend. «Ich habe das ganz anders ernst genommen als etwa eine Vor-lesungsprüfung. Es ging nicht mehr darum, dem Dozenten oder mir sel-ber etwas zu beweisen. Ich war da, um dieser Person zu helfen.» Sie hatte mehr als zwanzig Stunden in die Vorbereitung auf das Gespräch investiert. «Ich glaube, ich konnte gut auf die Klientin eingehen, und hatte den Eindruck, sie fühlt sich wohl. Es war mir sehr wichtig, dass sie das Gespräch mit einem guten Gefühl verlässt.»

Zweite RundeModulleiter Babey ist nach dem Pilot semester sehr zufrieden. «Es ist ein Win-win-Modell.» Nicht nur aufseiten der Rechtsstudenten ist die Nachfrage gross. Auch aufseiten der Ratsuchenden stösst die Law Cli-nic von Beginn an auf viel Interesse. Nachdem die ZHAW das Angebot im vergangenen Herbst auf ihrer Web-site aufgeschaltet hatte, meldeten sich innerhalb von wenigen Wochen rund 60 Personen. «Wir wurden trotz fehlender Werbung regelrecht überrannt.» Oftmals ging es in den Fällen um Familienrecht, etwa um

Unterhaltszahlungen, um Schulden oder Kaufverträge. Am häufigsten aber um mietrechtliche Fragen.

Im Februar ist die Law Clinic nun in die zweite Runde gestartet. Mit sieben neuen Studentinnen und Studenten, die Beratungen anbie-ten. «Wenn das Projekt weiterhin so erfolgreich läuft, werden wir es in Zukunft möglicherweise ausbauen», sagt Babey. Damit der Sprung von der Theorie in die Praxis möglichst vielen Studenten einfacher gelingt.↘ bit.ly/2SzbD03

«Es ging nicht mehr darum, dem Dozenten oder mir selber etwas zu bewei-sen. Ich war da, um dieser Per-son zu helfen»: Andrea Lugin-bühl, Studentin in Wirtschafts-recht.

Eulen-Award 2019 Mehr Lebensqualität im Alter

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Hauptpreis

Projekte zu den folgenden Themen sind gefragt:

n Massnahmen, Projekte oder Ideen, welche die Vereinsamung von älteren Menschen reduzieren oder verhindern.

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n Gesucht wird eine Person, die sich im Kampf gegen die Einsamkeit derMenschen im Alter besonders verdient gemacht hat.

Preissummen

n Hauptpreis: CHF 10’000.00n Sonderpreis: CHF 5’000.00

Die Projekte beziehungsweise die Namen der Personen sind bis 30. Juni 2019 an die «Eulen-Award»-Jury einzureichen:

Dr. Albert WettsteinBickelstrasse 3a, CH-8942 OberriedenTelefon +41 44 720 28 64E-Mail [email protected]

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Impact | März 2019STUDIUM

SCHREIBPLATTFORMThesis Writer – Hilfe für die AbschlussarbeitAn der ZHAW wurde eine Schreibplattform kreiert, die Studierenden hilft, eine wissenschaftliche Abschluss-arbeit zu formulieren.

Das Schreiben einer wissen-schaftlichen Abschlussarbeit ist für Studierende eine grosse Herausforderung, auf die sie in den kurzen Bachelorstudi-engängen kaum ausreichend vorbereitet werden können. Als Hilfe wurde an der ZHAW eine Schreibplattform entwickelt – Thesis Writer. Sie führt die Studierenden durch den unübersichtlichen Forschungs- und Schreibpro-zess. Schreiben müssen sie die Arbeit aber immer noch selbst.

ZHAW-EigenentwicklungThesis Writer ist eine ZHAW-Eigenentwicklung und eine genuine IT-Neuentwick-lung, die zurzeit exklusiv den ZHAW-Studierenden und -Mitarbeitenden zugänglich ist. Aus der anfänglichen Kooperation von Christian Rapp vom Zentrum für Innovative Didaktik und Otto Kruse vom Institute of Language Competence ist mittlerweile eine interdiszipli-näre Arbeitsgruppe entstan-den, welche die Komponenten von Thesis Writer entwickelt – angefangen bei linguis-tischen Tools bis zur Program-mierung. Demnächst wird die erweiterte Version Thesis Writer 2.0 lanciert.

Thesis Writer bietet zunächst kurze Tutorials, die erklären, was Studierende in den verschiedenen Phasen der Arbeit tun müssen: Wie findet man ein Thema? Wie setzt

man den Fokus? «Bei der Entwicklung des Konzepts, lernen die Studierenden dann auch, was Stand der Forschung ist», erklärt Rapp, und Kruse ergänzt: «Da wir wissen, welche Qualen das Formulie-ren wissenschaftlicher Texte oft bedeutet, haben wir rhetorische Hilfen eingebaut, die zeigen, wie man in den Wissenschaften etwas sagt oder die Relevanz eines Themas begründet.» Hier baut Thesis Writer auf zwei grossen Sammlungen (Korpora) wissenschaftlicher Texte auf, die im Hintergrund wirken und wissenschaftssprachliche Ausdrücke zugänglich machen. «Natürlich findet man dort nie auf Anhieb ‘den einen richtigen’ Ausdruck, sondern Thesis Writer bietet etwa zehn passende zur Auswahl an. «Den richtigen Treffer auswählen muss man also immer noch selbst», so Kruse. Alles funktioniert auf Deutsch und Englisch parallel. Weitere Hilfen sind ein Zitiertool, ein Phrasebook mit Redewendungen, eine Kommentarfunktion und eine Art Zettelkastensystem, mit

dem man einzelne Gedanken, Lektürezusammenfassungen, Ergebnisse und vieles mehr eingeben kann, ohne sie schon in den Gesamttext zu integrieren. Thesis Writer unterstützt auch das Schrei-ben im Team, indem es das Teilen von Dokumenten möglich macht und über eine Kommentarfunktion Feedback zum Text zulässt.

Positives Feedback bei Userinnen und UsernFür die Dozierenden soll diese Schreibplattform eine Entlastung von Routine- Instruktionen sein. Denn können sich die Studierenden das Basis-Know-how zur Anfertigung einer Abschluss-arbeit selbst aneignen, bleibt den Dozierenden mehr Zeit für die inhaltliche Betreuung und Unterstützung bei komplexen Fragen. Einige tausend Studierende haben die erste Version des Tools in den vergangenen vier Jahren bereits benutzt. Ihr Feedback ist positiv.

↘ thesiswriter.zhaw.ch

Im eLearning nach-haltige Ernährungs-systeme designenDie nachhaltige Produktion und Ver-teilung von Nahrungsmitteln gehört zu den grossen Herausforderungen der Menschheit. Der neue Online-Kurs «De-signing sustainable food systems» bie-tet einen Einblick in dieses komplexe Thema. Das englischsprachige eLear-ning-Angebot der Forschungsgruppe «Geography of Food» am Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen ist kostenlos und richtet sich an Studieren-de und alle mit Interesse an nachhal-tigen Ernährungs systemen. In drei Mo-dulen werden die Probleme im globalen Ernährungs system sowie mögliche Lö-sungsansätze beschrieben. Zudem wird vermittelt, inwiefern sich Nahrungsmit-tel-Lieferketten nachhaltiger gestalten lassen. Der eLearning-Kurs ist ab sofort online verfügbar.↘ www.gof-summerschool.org/elear ning

Auf dem Weg zum Dr. sc. med.Das neue Doktoratsprogramm «Care and Rehabilitation Sciences» trifft auf reges Interesse bei Absolventinnen und Absolventen des ZHAW-Departe-ments GESUNDHEIT. Acht Health Pro-fessionals haben im Herbst 2018 das Doktorat in Angriff genommen. Das Doktoratsprogramm ermöglicht den Health Professionals mit einem Fach-hochschulmaster, in der Schweiz zu promovieren. Dies war bislang nur für Masterabsolvierende in Pflegewissen-schaften möglich. Physiotherapeuten, Hebammen und Ergotherapeutinnen mussten hingegen an eine Hochschu-le oder Universität im Ausland, um einen Doktortitel zu erlangen. «Care and Rehabilitation Sciences», von der Universität Zürich gemeinsam mit dem Departement Gesundheit entwi-ckelt, hat diese Lücke in der Akademi-sierung der Gesundheitsberufe nun geschlossen.

Zutaten für eine gelungene Abschlussarbeit: Forschungsfrage, Konzept, geschliffene und korrekte Formulierungen.

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Impact | März 2019 STUDIUM

Lunchbox «Steasy» für die Mittagspause

Um sich ausgewogen zu ernähren, vertrauen viele Men-schen mittags auch unterwegs auf selbstgemachtes Essen. Beim Erhitzen in der Mikrowelle leiden allerdings Nähr-stoffe und Vitamine. Anders sieht es mit «Steasy» aus. Der von Absolventen der SCHOOL OF ENGINEERING entwi-ckelte portable Steamer wärmt die Speisen mithilfe von heissem Dampf. Steasy benötigt dafür keinen Stroman-schluss, sondern verfügt über einen internen Akku. Mittels Smartphone-App lässt sich sogar von überall aus termi-nieren, wann der Steamer mit dem Erhitzen beginnen soll. Nach rund einer Viertelstunde ist die Mahlzeit fertig auf-gewärmt. Auch der Transport ist kein Problem, denn Stea-sy ist absolut dicht verschliessbar und passt mit seinem kompakten Format auch in kleinere Taschen.«Das Aufwärmen mit Dampf wird Regenerieren genannt und beeinflusst die Qualität des Essens nicht – die Spei-sen trocknen weder aus, noch verlieren sie Vitamine», erklärt Reto Muhl. Er und Claudio Ruiz haben das Gerät ursprünglich im Rahmen ihrer Bachelorarbeit im Studi-engang Systemtechnik entwickelt. Nach Abschluss des Stu-diums haben die Ingenieure zusammen mit ZHAW-Absol-vent Johannes Hofer ihr eigenes Start-up-Unternehmen Nexenic gegründet. «Mit unserem einzigartigen Gerät er-möglichen wir den Anwendern unabhängig von Zeit und Ort das schonende Aufwärmen einer gesunden Mahlzeit», sagt Claudio Ruiz stolz.Die Technik hinter Steasy haben die Erfinder bereits zum Patent angemeldet. Nun erfolgt noch die Zertifizierung, dass das Gerät für den Lebensmittelgebrauch zulässig ist. Die Erfinder wollen Steasy vor allem mit Fokus auf Europa herstellen lassen.

Lernen über Berufs- und Landesgrenzen weg156 Studierende aus 17 verschie-denen Ländern besuchten im Janu-ar 2019 die fünfte Winter School der ZHAW-Departemente GESUNDHEIT und SOZIALE ARBEIT. Die Studieren-den sprechen nicht nur verschiedene Sprachen, sondern kommen auch aus unterschiedlichen Berufsfeldern: Ne-ben Studierenden der Gesundheitsbe-rufe und der Sozialen Arbeit nahmen zukünftige Heilpädagogen, Umwelt-ingenieure oder Ernährungsberater an der Winter School teil. Die Studie-renden konnten zwischen sieben ver-schiedenen Kursen wie Crisis and Co-

ping oder Diversity in Health Professi-ons auswählen. Erstmals wurde ein Modul mit Fokus Gesundheitsförde-rung und Prävention angeboten. Ne-ben Inputs der Soziologen Ueli Mäder und Peter C. Meyer sowie anderer Ex-perten standen Besuche im Gefäng-nis, in der Notschlafstelle oder auf einer Pflegestation für Suchtkranke auf dem Programm. Mit Rollenspielen wurden schwierige Situationen des Berufsalltags geübt oder der Umgang mit Klienten aus anderen Kulturen geschult. Jeder Kurs wurde mit einem Leistungsnachweis abgeschlossen.

Master Fachübersetzen: Neue ProfileDie Dynamik der Sprachindustrie und die wachsenden Möglichkeiten aktueller Sprachtechnologien ver-ändern den Beruf von Übersetze-rinnen und Übersetzern massiv. Dass die Sprachmittlung ein Berufsfeld mit Zukunft bleibt, zeigt der Mas-ter in Fachübersetzen am Departe-ment ANGEWANDTE LINGUISTIK mit seinen neuen Schwerpunkten. Ab Frühlings semester 2020 können die

Master-Studierenden in Fachüber-setzen zwischen drei Schwerpunkten wählen: Fachtextübersetzen, Überset-zungsmanagement oder Barrierefreie Kommunikation/Audiovisuelles Über-setzen. Mit dieser Neuausrichtung re-agiert das Institut für Übersetzen und Dolmetschen (IUED) auf die sich rasch wandelnden Anforderungen des Be-rufsfelds und der Gesellschaft. ↘ www.zhaw.ch/linguistik/master

TRANSITIONEN Neuer Master in Sozialer ArbeitDas Departement SOZIALE ARBEIT bietet ab Herbstsemester 2019 einen eigenen Master in Sozialer Arbeit an. Mit der Vertiefung «Transitionen und Interventionen» hat sich die ZHAW für Themen entschieden, die die ver-schiedenen Handlungsfelder zeit-gemässer sozialer Arbeit in hohem Masse prägen. Während biografische, professionelle, institutionelle oder gesellschaftliche Transitionen Fragen bezüglich der Gestaltungsmöglich-keiten sozialer Arbeit aufwerfen, sind mit dem Interventionsbegriff deren Wirkungsmöglichkeiten und Grenzen verbunden. Die individuelle Profilbildung basiert auf den aktuellen Themen der vier In-stitute: «Kindheit, Jugend und Familie», «Delinquenz und Kriminal-

prävention», «Vielfalt und gesell-schaftliche Teilhabe» sowie «Sozial-management». Sie ermöglicht Bezüge zur aktuellen Tätigkeit der Studieren-den und fördert ihre Laufbahnpla-nung. Der Fokus auf die Institutsthe-men des Departements sorgt für eine enge und vielfältige Verbindung von Forschung und Lehre. Der Einbezug der Berufspraxis erfolgt umfassend durch die Zusammen-arbeit mit regionalen und lokalen Praxis organisationen. Kooperationen mit Institutionen im Hochschulraum Zürich und mit internationalen Part-nerhochschulen ermöglichen den Stu-dierenden die regionale, nationale und internationale Vernetzung so-wie den inter- und transdisziplinären Austausch (siehe auch Interview S.28).

Reto Muhl, Claudio Ruiz und Johannes Hofer (v.l.n.r.) präsentieren ihren Steasy.

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Impact | März 2019ABSCHLUSSARBEITEN

IN 14 WOCHEN ZUR INFLUENCERIN

Mode und Lifestyle erfreuen sich auf In-stagram grosser Beliebtheit. Weltweit setzen sich Menschen in Szene. Viele rü-cken nebenbei ein gesponsertes Produkt in die Kamera, um es bei den Followern beliebt zu machen. «Es ist schwierig, sich aus der Masse hervorzuheben», sagt Caroline Beck. Im Rahmen eines Expe-riments hat sie versucht, sich als Mode-liebhaberin und Journalismus-Studentin einen Namen zu machen. Sie zeigte sich in stylischen Outfits und empfahl le-senswerte Artikel. Sie hatte sich im Vor-feld Insiderwissen geholt und setzte ver-schiedene Massnahmen zur Steigerung der Anzahl Follower, Likes und Kom-mentare ein. Ihr Profil writersfashion er-reichte schliesslich 6610 Follower in 44 Ländern. Es gingen zudem erste Anfra-gen für Kooperationen ein.«In 14 Wochen kann ein bedingter Ein-fluss erzielt werden», sagt die Bache-lorabsolventin. Das Marktpotenzial für neue Fashion- und Lifestyle-Influencer sei beschränkt. Man müsse eine pas-sende Nische finden oder Glück haben. Die journalistischen Inhalte stiessen auf wenig Interesse. Caroline Beck erlebte den Selbstversuch als zeitintensiv und nervenaufreibend. Sie arbeitete rund 448 Stunden daran und empfand die täglichen Posts irgendwann nur noch als Stress. Sich an öffentlichen Orten fotografieren zu lassen, war ihr zuwei-len unangenehm. Durch den Vergleich mit anderen begann sie, sich selbst zu hinterfragen. «In der Influencer-Welt herrscht noch mehr Schein als Sein, als man denkt», sagt sie. Als sie ihre Arbeit abgegeben hatte, brauchte sie erst mal eine Pause. Inzwischen lädt sie wie-der ab und zu ein Bild hoch. «Eigentlich bin ich eine schlechte Influencerin», so die ZHAW-Absolventin. «Während des Selbstversuchs habe ich immer wie-der fast vergessen, dass ich noch etwas posten sollte.»

Caroline Beck (25)

ist mit einem Selbst-

versuch der Frage

nachgegangen, ob

es möglich ist, in

14 Wochen zu einer

erfolgreichen Influ-

encerin zu werden.

«Ich lasse mich auf

Instagram selbst

gerne in Sachen

Mode inspirieren

und wollte den

Mechanismen des

sozialen Netzwerks

auf den Grund ge-

hen», sagt sie. Für

ihr Bachelorarbeit

am Departement

Angewandte Lingu-

istik hat sie die Note

6 erhalten. Bis Ende

März macht sie beim

Schweizer Fernse-

gen ein Praktikum.

Danach möchte sie

eine Stelle als Jour-

nalistin antreten.

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Wie wird man Influencer? Wie muss eine Sprachlern-App für Flüchtlinge aussehen? Welche Unterstützung brauchen Jugendliche mit einer Autismus-Spektrum-Störung, um den Schritt ins Berufsleben zu schaffen? Drei Abschlussarbeiten geben Antworten.Von Eveline Rutz

Von Influencern und Integration

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Matthias Käser (25)

hat als Masterarbeit

an der School of

Engineering eine

Sprachlern-App

entwickelt, die sich

in erster Linie an

Asylsuchende rich-

tet. Sie ist als Ergän-

zung zum Sprach-

unterricht gedacht

und hilft dabei, den

deutschen Grund-

wortschatz spiele-

risch zu repetieren

und zu erweitern.

Die App ist in Zu-

sammenarbeit mit

einem Industrie-

partner entstanden.

Matthias Käser ar-

beitet als Software-

Entwickler bei der

BSI AG in Zürich.

SCHNELLER DEUTSCH LERNEN DANK APP

Integration geschieht unter anderem über die Sprache. «Für diejenigen Im-migranten, welche nicht die Möglich-keit haben, täglich einen Deutschkurs zu besuchen, reicht der Lernfortschritt oft nicht aus, um sich im Alltag zu verstän-digen», stellt Matthias Käser fest. Er hat eine App entwickelt, mit der selbststän-dig ein Grundwortschatz erlernt werden kann. FRIMI (From Immigration to Inte-gration), so heisst die Applikation, erläu-tert einzelne Begriffe ausschliesslich an-hand von Bildern und schriftlicher Hin-weise in Deutsch. So kann sie von Men-schen unterschiedlicher Muttersprache genutzt werden. Die Sprachlern-App ver-mittelt den Usern, wie einzelne Wörter im Alltag verwendet werden. Sie enthält zahlreiche Übungen, welche aufeinan-der aufbauen, sie ist einfach strukturiert und funktioniert ohne Netzwerkverbin-dung. Besonderen Wert legte der Mas-terabsolvent auf Benutzerfreundlich-keit. Er hat seine Entwicklung von rund 30 Asylsuchenden testen lassen und entsprechende Anpassungen vorgenom-men. Die Lerninhalte werden über ein Autorensystem erfasst. Sie werden nach Themenfeldern geordnet und können von den Nutzern ausgewählt werden. Für eine Einheit, braucht der Lernende je nach Vorwissen 10 bis 15 Minuten. Die App passt das Pensum seinem Lernver-halten und seinen Fortschritten an. Das von Käser entwickelte Hilfsmittel ist noch nicht online. Ein Team um Projekt-Initiantin Margrit Brunnschweiler-Koch ist daran, es mit Inhalten zu füllen.

Valérie Aeschlimann

(24) und Rahel

Nussbaumer (28)

haben untersucht,

wie junge Erwach-

sene mit einer

Autismus-Spektrum-

Störung auf ihrem

Weg zum Traumbe-

ruf unterstützt wer-

den können. Beson-

ders interessiert hat

sie dabei die Rolle

der Ergotherapie.

Ihre Bachelorarbeit,

die sie am Departe-

ment Gesundheit

eingereicht haben,

ist mit der Höchst-

note bewertet und

mit dem Förderpreis

des Ergotherapeut-

Innen-Verbands

Schweiz ausge-

zeichnet worden.

Valérie Aeschlimann

arbeitet im Spital

Emmental Burgdorf

in den Bereichen

Handtherapie und

Neurologie. Rahel

Nussbaumer ist

in der Rehaklinik

Rheinfelden in der

Neurologie tätig.

AUF DEM WEG ZUM TRAUMBERUF

Vielen Jugendlichen, die an einer Autis-mus-Spektrum-Störung (ASS) leiden, fällt es schwer, im ersten Arbeitsmarkt Fuss zu fassen. Sie empfinden beispielswei-se zu viel Hektik oder die Grösse eines Betriebes als unangenehm. Oft sind sie zudem in ihren Kommunikations-fähigkeiten eingeschränkt. «Die Dia-gnose Autismus ist extrem breit», sagt Valérie Aeschlimann. Entsprechend gross sei die Palette möglicher Hindernisse. Menschen mit ASS brauchten mehr Zeit, um sich an ein neues Umfeld zu gewöh-nen. Aeschlimann ist zusammen mit Rahel Nussbaumer der Frage nachgegan-gen, wie ergotherapeutische Massnah-men die Integration in den Berufsalltag unterstützen könnten. Solche würden bislang kaum eingesetzt, stellen die bei-den Autorinnen fest. Ein Grund dafür sei, dass die Tätigkeit der Ergotherapeu-tinnen und -therapeuten von der IV in erster Linie als medizinisch und weniger als berufsorientiert wahrgenommen werde. «Dabei könnten die Fachleute, welche die Jugendlichen in vielen Fällen bereits über Jahre begleitet haben, einen wertvollen Beitrag leisten», sagt Valérie Aeschlimann. Sie könnten frühzeitig mit der beruflichen Vorbereitung beginnen. Sie könnten Stärken und Interessen der jungen Erwachsenen erkunden, Bewer-bungsgespräche trainieren oder das Sozial- und Kommunikationsverhalten bearbeiten. Die Bachelorabsolventinnen empfehlen, dass Professionsangehö-rige der Ergotherapie eine längerfris-tige Betreuung übernehmen sollten. Sie könnten des Weiteren eine vermittelnde Rolle spielen, wenn es darum gehe, Inte-grationsprogramme zu entwickeln.

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28 Interview: «Wir können gemeinsam am aktuellen Tun lernen.» 30 Ernährung und Umwelt: Damit Vegi aus der Exoten-Ecke rauskommt. 32 Food Waste: Konsumenten entsorgen am meisten. 35 Transition Wädenswil: Und es geht doch! 38 Bauen mit Fundstücken: Pro Treppenstufe zwölf Kilo CO₂ gespart. 40 NPOs: Gutes tun – aber nachhaltig? 42 Spotlight: Wie aktivieren Sie Ihre Ressourcen? 44 Zukunft des Journa-lismus: Strukturelle Förderung wie bei Wissenschaft und Kunst. 45 Lehrpreis: Zwi-schen Sozial- und Naturwissenschaften. 46 Integration: Begegnung auf Augen höhe. 48 Pflegeressourcen in Spitälern: Keine Zeit für ein Gespräch.» 50 Soziale Arbeit: Spielräume aufstöbern. 52 Gesundheitsförderung: Mitsprache, nicht nur Gratis äpfel.

DOSSIER 44/19RESSOURCEN

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Das Avocado-DilemmaKennen Sie diesen Moment auch? Sie lesen einen Zeitungsartikel und plötzlich wird Ihnen be-wusst, dass Sie bis anhin Geglaubtes über Bord werfen müssen. Das ist zum Beispiel vielen mit der Avocado so ergangen. Ein gesunder Fleisch-ersatz, dessen miserable CO2-Bilanz erst mit der Zeit bekannt wurde. Oder im Falle der Bio- Tomaten aus Apulien, von denen zu erfahren war, dass sie von schlecht bezahlten und schlecht behandelten Migranten geerntet werden. In diesen Beispielen widerspiegeln sich die Bruch-linien der aktuellen Klima- und Ressourcen-politik. Wo soll gehandelt und was unterlassen werden? Auf welcher wissenschaftlichen und moralischen Basis sollen diese Entscheide gefällt werden? Wie können Zielkonflikte entschärft werden? Auf diese Fragen gibt es keine Standard-antworten. Auch wir als Hochschule haben keine Patentrezepte. Wir können mit unserer For-schung aber einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Grundlagen für drängende Diskussionen zu schaffen. In diesem Dossier gibt es viele Beispiele dafür, wie Lösungen in bestimmten Bereichen aussehen könnten. Das betrifft aber nicht nur die Forschung. Auch in der Lehre muss dieser Komplexität der Herausforderungen immer mehr Rechnung getragen werden. Studierende müssen auf eine Welt vorbereitet werden, in der sie gezwungen sind, sich immer wieder auf neue Situationen einzustellen. Kaum irgendwo offenbart sich diese Komplexität bis zur Widersprüchlichkeit besser als im Falle der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele. Da geht es etwa darum, Armut und Hunger zum Verschwinden zu bringen und gleichzeitig Umweltressourcen zu schonen. Das fragile Gleich gewicht der UN-Ziele ist auch Thema des diesjährigen Sustainable University Day. Dieser findet Ende März statt und ist das erste Mal zu Gast an der ZHAW.

Angela Martucci Siefert, Beauftragte Lehr-Lernentwicklung, Ressort Lehre

DOSSIER 44/19RESSOURCEN

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Impact | März 2019DOSSIER INTERVIEW

INTERVIEW PATRICIA FALLER

Frau Blosser, Jugendliche sind apolitisch, hiess es lange. Und jetzt: grosse Schülerdemos gegen Klimawandel und Ressourcenver-brauch. Wie kommt das?Ursula Blosser: Darauf gibt es kei-ne pauschale Antwort. Vor allem Ju-gendliche aus der Mittel- und Ober-schicht, die grosse Chancen haben, gefördert zu werden, sehen gleich-zeitig in ihrem Umfeld, dass Lebens-läufe und Arbeitskarrieren unsicher sein können. Das Vertrauen in tra-ditionelles politisches Handeln ist Skepsis gewichen, ob es den Expo-nentinnen und Exponenten wirk-lich um Lösungen für anstehende Probleme geht. Zudem will die jün-gere Generation ihre Interessen in die von älteren Semestern domi-nierte Politik einbringen.

Böse Zungen behaupten, sie wollten nur die Schule schwänzen.Darauf würde ich nichts geben. Ju-gendliche sind sensibel für das, was ihr Leben und ihre Zukunft positiv oder negativ beeinflussen könnte. In den Diskussionen um Nachhal-tigkeit kommt der Wille zum Aus-druck, persönliches Verhalten und gesellschaftliche Ziele ernsthaft auf-einander abzustimmen.

Der Umbau hin zu einer nachhal-tigen Gesellschaft ist eine grosse Herausforderung des 21. Jahr-hunderts. Wie nimmt die Soziale Arbeit ihre Verantwortung wahr?

Unsere Forschenden untersuchen Voraussetzungen, Wirkungen und Zusammenhänge des beruflichen Handelns im Sozialbereich. Sie för-dern mit ihren Erkenntnissen, die sie mit Praxis und Politik oder unter Einbezug von Adressatinnen und Adressaten erörtern oder erarbei-ten, soziale Nachhaltigkeit.

Was heisst das konkret?Wenn der Übergang aus der Kinder- und Jugendhilfe in das Erwachse-nenalter erforscht wird, zeigt sich, was zum Gelingen beiträgt und welches mögliche Stolpersteine sind. Daraus lassen sich passende Anschlusslösungen ableiten. Auch bei der Diskussion um die Anwen-dung standardisierter Modelle im Kindesschutz können Erkenntnisse aus unserer Forschung nicht nur zur Versachlichung beitragen, son-dern auch zeigen, wo diese Modelle positiv eingesetzt werden können und wo die Grenzen liegen.

Nicht immer wird Hilfe gutge-heissen. Die Kindes- und Erwach-senenschutzbehörden spüren heftigen Gegenwind.

Natürlich gibt es in diesem Meti-er auch Gegenwind: Menschen, die in den KESB oder in der Sozial hilfe arbeiten und von politischen Expo-nentinnen und Exponenten oft bar von Faktenwissen und Respekt desa-vouiert werden, haben meine grosse Hochachtung. Manchmal braucht es die Fähigkeit, einstecken zu kön-nen oder auszuhalten, dass es nicht immer so geht, wie man es sich für die Klientinnen und Klienten und die Gesellschaft wünscht.

Oft fehlt es im Sozialbereich an Ressourcen – finanziellen, perso-nellen oder zeitlichen. Wer Weiterentwicklung haben will, muss Mittel gezielt einsetzen. Mir scheint es wichtig, dass wir uns in der Sozialen Arbeit darüber im Kla-ren sind, nach welchen Werten wir handeln wollen. Das gilt aber auch für die ganze Gesellschaft. Wenn etwa alles Medizinische dafür getan wird, dass Menschen sehr alt werden, und dann stellt man ihnen im ho-hen Alter aber für Betreuung – etwa für langsames Essen und Waschen, Gespräche, Zuwendung – keine finanziellen Mittel zur Verfügung, so ist das doch unverständlich.

Im Herbst startet die ZHAW mit einem eigenen Masterstudiengang in Sozialer Arbeit. Weshalb?Die Verschränkung von Lehre, For-schung und Entwicklung sowie Pra-xis ist gerade auf der Masterstufe für Lehrende und Studierende zen-tral. Dies zu realisieren, gelingt am

SOZIALE ARBEIT UND GESELLSCHAFT

«Wir können gemeinsam am aktuellen Tun lernen»Was bewegt Jugendliche zu Schülerdemos? Was trägt Soziale Arbeit zur Bewältigung der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts bei: Interview mit Ursula Blosser, Direktorin des ZHAW­Departements Soziale Arbeit.

«Die jüngere Generation will ihre

Interessen in die von älteren Semestern

dominierte Politik einbringen.»

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Zur PersonUrsula Blosser ist seit knapp zwölf Jahren Direktorin des ZHAW-Departements Soziale Arbeit und stellvertretende Rektorin. Viele Jahre war sie Ressortleiterin «Inter-nationales» der gesamten ZHAW. Bevor sie an die Hochschule wech-selte, agierte sie u.a. als Rektorin der Hochschule für Soziale Arbeit und als Leiterin des Amts für Sozi-ales des Kantons St. Gallen. In den 90er Jahren führte sie eine eigene Unternehmens- und Organisati-onsberatungsfirma mit Schwer-punkten im Sozial-, Bildungs- und Umweltbereich. Ihre Dissertation widmete die Historikerin dem Thema «Töchter der Guten Gesell-schaft. Frauenrolle und Mädchen-erziehung im schweizerischen Grossbürgertum um 1900». Im Mai geht Ursula Blosser in Pension.

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Impact | März 2019 DOSSIER INTERVIEW

besten mit Themen, zu denen wir selbst forschen. So können wir zu-sammen mit Studierenden und Pra-xisorganisationen Entwicklungen verfolgen und Lösungen erarbeiten. Wir können flexibler auf aktuelle Themen eingehen und diese in die Ausbildung integrieren. Wir können also gemeinsam auch mit anderen Departementen an der ZHAW am aktuellen Tun lernen, und das ist der Kern einer anwendungsorientierten Fachhochschule.

Weshalb der Fokus «Transitionen und Interventionen» ? Mit Transitionen meinen wir al-les, was gesellschaftlicher Wandel mit sich bringt: Veränderungen in Institutionen, beruflich-fachliche Entwicklungen sowie Übergänge in der Biografie zum Beispiel vom Ju-gend- ins Erwachsenenalter, vom ei-genen Zuhause in eine Einrichtung für Betagte. Übergänge im Lebens-lauf sind grundsätzlich Momente, die immer mit Chancen und Risiken behaftet sind. Es lohnt sich, diese Momente zu verstehen und da ge-

zielt wirksam zu werden. Dies gilt auch für gesellschaftliche Verände-rungen und Wandlungsprozesse: Soziale Arbeit stellt sich die Frage, wo sie wie mit welchen Massnah-men rechtlicher, ökonomischer, so-zialer oder pädagogischer Art inter-venieren soll und wo nicht.

Sie sind schon sehr lange in der Sozialen Arbeit aktiv. Wie hat sich die Profession verändert?Die Aufnahme der Sozialen Arbeit in die Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften 2013 ist ein Erfolg in der über hun-dertjährigen Geschichte der Ver-fachlichung sozialer Themen in der Schweiz. Forschung in den Themen-bereichen Sozialer Arbeit wird vor allem von Fachhochschulen geleis-tet. Sie hat zum Verständnis und zur Bearbeitung von sozialpolitischen und gesellschaftlichen Fragestel-lungen wie auch zum vertieften Ver-ständnis über Wirkungen von In-terventionen und damit auch zur Professionalisierung der Sozialen Arbeit beigetragen.

Sie gehen im Mai in Pension. Wo-rauf sind Sie stolz hinsichtlich der Entwicklungen am Departement?Wir haben am Departement gezielt Forschung gefördert, dies auf der Basis einer geschärften inhaltlichen Strategie. In der Folge haben wir das Departement organisatorisch um-gestellt und Zentren und Institute gebildet. Damit haben wir die fach-liche Profilierung, die Verbindung von Lehre und Forschung und die Zusammenarbeit mit der Praxis auf ein breites fachliches Funda-ment gestellt. Auf diesem Weg war es ein konsequenter Schritt, das ei-gene Masterprogramm anzubieten. Damit haben wir eine gute Basis ge-schaffen, um die Profession und Dis-ziplin der Sozialen Arbeit weiterzu-entwickeln, auch in der Zusammen-arbeit mit anderen Disziplinen.

Wie aktivieren Sie Ihre eigenen Ressourcen jetzt neu? Ich hatte das Glück, dass mir mein Berufsleben viele Gestaltungs-möglichkeiten bot. Und die habe ich auch genutzt – immer zusam-men mit vielen anderen Menschen. Einen Berufsweg geht man ja nie allein. Insofern bin ich sehr zu-frieden. Während dieser Zeit wuss-te ich immer, was wann wieder auf der Agenda stand, und kaum war die eine Herausforderung vorbei, kam wieder eine neue. Nun lasse ich mich auf das Experiment ein, zu sehen, was ist, wenn das weg-fällt. Ich freue mich darauf, den vie-len schönen und bereichernden Er-fahrungen und Momenten, die das Leben sonst noch mit sich bringt, mehr Raum geben zu können. Ich glaube, ich habe einen offenen Zu-gang zu meinen Ressourcen und eine gewisse Resilienz – und die wer-den ja nicht pensioniert ... ◼

↘ IMPACT-Webmagazin Das ausführliche Interview unterwww.impact.zhaw.ch

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Impact | März 2019DOSSIER RESSOURCEN

MATHIAS PLÜSS

Wir wollen Wirkung er-zielen», sagen Priska Baur und Jürg Minsch. «Darum haben wir ein

Thema aufgegriffen, wo das Potenzi-al besteht, mit den Ergebnissen et-was auszulösen.» Die Agrarökono-min Baur und der Ökonom Minsch, auch privat ein Paar, leiten zusam-men das Projekt «NOVANIMAL – In-novationen in der Ernährung». Bei-de forschen und lehren am Institut für Umwelt und natürliche Ressour-cen der ZHAW in Wädenswil.

Das grösste von 26 NFP-69-ProjektenOffiziell wurde das Forschungspro-jekt Ende 2018 abgeschlossen, die Auswertungsphase läuft aber noch. Es handelt sich um das grösste Pro-jekt des Nationalen Forschungspro-gramms NFP 69 («Gesunde Ernäh-rung und nachhaltige Lebensmit-telproduktion»), das vom Schweize-rischen Nationalfonds (SNF) geför-dert wird. Bei NOVANIMAL geht es um die Frage, wie die negativen Aus-wirkungen der Produktion und des Konsums von tierischen Nahrungs-mitteln reduziert werden können. Eine pflanzen fokussierte Ernäh-rung belastet die Umwelt weniger als eine mit viel Fleisch und vielen Milchprodukten.

NOVANIMAL besteht aus zwölf Teilprojekten, sieben Institutionen sind beteiligt. «Wir haben möglichst viele Akteure integriert, von der

Landwirtschaft über die Verarbei-tung bis zum Essen im Restaurant», sagt Jürg Minsch. «Entlang der Nah-rungsmittelversorgungsketten ha-ben die Forscherinnen und Forscher nach Innovationen gesucht, welche die ökologischen Auswirkungen mindern.»

Ausserhausverpflegung wird wichtigerAn der ZHAW konzentrierten sich die Wissenschaftler auf den Kon-sum, und dort wiederum auf die Gastronomie. «Zwar gibt es viel Konsumforschung», sagt Priska Baur. «Aber die Gastronomie ist ein blinder Fleck, es existieren kaum Studien dazu.» Dies ist umso be-dauerlicher, als die Ausserhausver-pflegung wichtiger wird: Ein durch-schnittlicher Schweizer Haushalt verwendet vierzig Prozent der Er-nährungs-Ausgaben für Restau-rant-, Kantinen- und Take-away-Be-suche. Etwa die Hälfte der Haupt-mahlzeiten und auch die Hälfte des Fleisches konsumieren wir aus-wärts, Tendenz steigend.

Experiment in ZHAW-MensenWas braucht es, damit Konsu-menten seltener fleischhaltiges Essen wählen? Die Forschenden ha-ben dazu im Herbstsemester 2017 ein dreimonatiges Feldexperiment durchgeführt. In Zusammenarbeit mit dem ZHAW Facility Manage-ment und dem Gastronomieunter-nehmen SV Schweiz vergrösserten sie jeweils für eine Woche das ve-

getarische Angebot in den Mensen Grüental und Reidbach in Wädens-wil. In diesen vegi-lastigen Wochen standen den Mensa-Besuchern je ein ovo-lakto-vegetarisches (Eier- und Milchprodukte sind erlaubt), ein veganes und ein fleischhaltiges Menü zur Auswahl. In den Kontroll-wochen waren es hingegen wie üb-lich zwei Fleischmenüs und bloss ein vegetarisches.

Anteil Fleischmenüs ging deutlich zurückDie Wirkung war deutlich: In den vegi-lastigen Wochen ging der An-teil der Fleischmenüs von 60 auf 44 Prozent zurück. Die Zufrieden-heit der Besucher nahm dabei nicht ab, wie umfassende Befragungen zeigten. Mehr noch: Es gab keine

ERNÄHRUNG UND UMWELT

Damit Vegi aus der Exoten-Ecke rauskommtVegetarisches Essen hat ein Image­ und Qualitätsproblem – darum bleibt der Fleischkonsum hoch. Das Forschungsprojekt NOVANIMAL zeigt neue Wege zu ressourcenleichteren Essgewohnheiten.

Innovationen in der GastronomieTipps für Gastronomiebetriebe, die den Vegi-Anteil am Absatz erhöhen möchten:

▶ grösseres und attraktiveres Vegi-Angebot, nicht bloss ein Pasta-Gericht▶ appetitmachende Beschreibungen▶ Vegi-Gerichte nicht als «vegetarisch» oder «vegan» anpreisen▶ Keine Unterteilung der Speisekarten in «Fleisch»-, «Fisch»- und «Vegi»-Sektionen, kein spezifisches Vegi-Menü▶ Vegetarische und vegane Gerichte über die gesamte Speisekarte respektive über alle Menü-Linien verteilen▶ Vegi-Kompetenz in der Küche gezielt ausbauen

Quelle: http://bit.ly/2H82ae6

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MÄNNER WÄHLEN HÄUFIGER FLEISCH ALS FRAUEN

Q u e l l e : Z H AW I U N R | D a t en : Ka s s en d a t en SV S c hwe i z u n d Z H AW ( 2 0 1 7 )

Übersicht über 21'853 verkaufte Menüs nach Inhalt (Fleisch, vegetarisch etc.) am ZHAW-Standort Wädenswil während 12 Wochen im Herbstsemester 2017: Deutlich werden die Unterschiede zwischen Frauen und Männern sowie «fleischlastigen» Wochen und «vegi-lastigen» Wochen.

unbekanntFisch vegan (Fleischersatz)Fleisch vegan (authentisch)hot & cold (Buffet) ovo-lakto-vegetarisch

8.5%

50.0%

21.4%

12.4%

6.4%

8.0%

64.9%

18.1%

24.4%

27.8%

26.6%

14.1%

6.3%

Wahl der Frauen währendfleischlastigen Wochen

Wahl der Frauen währendvegi-lastigen Wochen

Wahl der Männer währendfleischlastigen Wochen

Wahl der Männer währendvegi-lastigen Wochen

38.9%

24.5%

26.6%

31

Reklamationen, ja viele schienen von dem Experiment gar nichts mit-bekommen zu haben, obwohl sie per Mail und durch Hinweisschilder an den Kassen informiert worden waren.

Der entscheidende Trick hinter dem Erfolg war, die fleischlosen Me-nüs erstens nicht als «vegetarisch» oder «vegan» anzupreisen – und sie zweitens abwechslungsweise auf allen drei Menülinien anzubieten, auch auf der teuersten. Gibt es näm-lich eine Vegi-Linie oder steht über einem Essen «vegan», so schreckt das viele ab. Die ZHAW-Wissen-schaftler haben bewusst auf eine explizite Kennzeichnung verzichtet und die pflanzlichen Menüs so für die breite Gästeschar zugänglicher gemacht. «Es gab sogar die lus tige Situation, dass Befragte angaben, nie vegan zu essen, obwohl sie soe-ben ein veganes Menü gewählt hat-ten», sagt Priska Baur. Man darf also vermuten, dass zahlreiche Gäste fleischlos assen, weil es ein Ange-bot gab, das sie ansprach – und nicht etwa, weil sie Vegetarier wären.

Fleischverzehr auf lustvolle Weise reduzierenMan wolle aus den Menschen kei-ne Vegetarier machen, das funkti-oniere sowieso nicht und dürfe in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft auch nicht sein, sagen die Forscher. Ziel sei vielmehr, den Fleischverzehr auf lustvolle Weise

zu reduzieren, ohne die Souveräni-tät der Konsumenten bei der Essens-wahl einzuschränken. Das ist aber schwierig, solange vegetarisches und vor allem veganes Essen als Teil des Lebensstils einer exotischen Minderheit wahrgenommen wird. Die in Wädenswil erprobten Ver-änderungen könnten helfen, vege-tarisches Essen von seinem ideolo-gischen Ballast zu befreien und zu einem Teil des Alltags werden zu lassen.

Bei der Koch-Ausbildung ansetzenBefragungen und die Analyse von Lehrmitteln im Rahmen von NOVANIMAL haben gezeigt, dass viele Köche die Nachfrage nach vegetarischem Essen unterschät-zen. «Fleisch ist die Regel – Vegeta-risches gilt bei vielen als ungeeignet für normale Gäste. Das hindert sie daran, es vermehrt und vor allem in besserer Qualität anzubieten», sagt Priska Baur. Die Forscher schlagen vor, dem vegetarischen Essen in der Koch-Ausbildung mehr Raum zu ge-ben und die Umweltauswirkungen unseres Fleischkonsums vertieft zu thematisieren. Auch eine breitere Behandlung der Tierhaltung könnte die Köche motivieren, sich ver-mehrt mit vegetarischen Gerichten auseinanderzusetzen.

Die Befragungen haben auch er-geben, dass viele Köche die Nach-frage nach vegetarischen und ve-ganen Gerichten als Störung emp-

finden: Ihre Zubereitung ist oft auf-wendiger und erfordert spezifisches Know-how. Als Gegenstrategie emp-fehlen die Forscher eine vermehrte Spezialisierung in der Küche. «Wir schlagen vor, eine Lehre für Vegi-köche einzuführen oder zumindest eine entsprechende Spezialisierung innerhalb der bestehenden Koch-lehre anzubieten», sagt Priska Baur. «So eine Lehre würde vermehrt auch für die Vegi-Küche besonders motivierte Menschen ansprechen.» Heute stehen in vielen Gastrono-miebetrieben Männer am Herd. Sie kochen, so die pointierte Hypothe-se der ZHAW-Forschenden, für ih-resgleichen – also Fleisch. Denn Männer wählen häufiger Fleisch als Frauen (vgl. Abbildung).

Nur eine Minderheit isst immer Vegi oder immer FleischEine spezifische Lehre könnte auch dazu beitragen, das Vegi-Angebot zu vergrössern und attraktiver zu machen. «Damit auch Fleisch esser Vegi-Gerichte wählen, müssen die-se mit der klassischen Fleisch-küche mithalten können», sagen Priska Baur und Jürg Minsch. Denn das hat das Feldexperiment auch ge-zeigt: Nicht nur die Vegetarier sind in der Minderheit, sondern auch diejenigen, die immer Fleisch wäh-len. Die Forschenden folgern daraus, dass die meisten Gäste offen sind, häufiger vegetarisch zu essen, wenn die Qualität stimmt. ◼

↘ Forschen für Innovationen in der Ernährung.

www.novanimal.ch

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Impact | März 2019DOSSIER RESSOURCEN

RAHEL LÜÖND

Wie viel Lebensmit-tel werfen wir weg, wo passiert am meis-ten Food Waste? Das

Bundes amt für Umwelt (BAFU) hat sich zum Ziel gesetzt, die anfal-lenden Lebensmittelabfälle in der gesamten Wertschöpfungskette – vom Feld bis auf den Teller – abbil-den zu können. Bestehende Daten-lücken bei der Landwirtschaft sowie auf Stufe der Konsumentinnen und Konsumenten halfen Forschende des Departements Life Sciences und Facility Management der ZHAW zu schliessen. Sie trugen einerseits be-stehende Zahlen zur Landwirtschaft zusammen und erhoben anderer-seits Primärdaten zum Verhalten der Konsumenten.

Ein Viertel landet im GrüngutIn der Studie zum Konsumenten-verhalten hat Ragini Hüsch von der Fachstelle Umweltbiotechnologie der ZHAW in sechs Gemeinden je-weils zweimal Grüngutproben un-tersucht. Das Material – insgesamt rund fünf Tonnen Frischsubstanz – wurde nach der kommunalen Grün-gutsammeltour bei einer Biogasan-lage sortiert und analysiert. Hüsch hat ihr Vorgehen an die Schweizer Kehrichtsackstudie angelehnt, wel-che alle zehn Jahre den Inhalt der Abfallsäcke unter die Lupe nimmt. Unterstützt wurde sie dabei von For-schenden und Hilfskräften des In-stituts für Ecopreneurship der Fach-

hochschule Nordwestschweiz. Die Ergebnisse waren in vielerlei Hin-sicht überraschend: Auf der Stufe der Konsumenten werden, in abso-luten Zahlen, am meisten Lebens-mittel weggeworfen. Professor Urs Baier, Leiter der Fachstelle Umwelt-biotechnologie, macht die Dimensi-onen deutlich: «Man muss sich vor-

stellen, dass man einen Monat lang einkauft – diese Lebensmittel dann aber nicht essen darf, sondern weg-werfen muss.» Weiter zeigte die Stu-die, dass die Schweizerinnen und Schweizer nur ein Viertel der Le-bensmittelabfälle übers Grüngut entsorgen, drei Viertel landen nach wie vor im Kehrichtsack.

Ragini Hüsch und ihr Team wollten jedoch nicht nur wissen, was auf welche Art entsorgt wird, sondern auch, was im Grüngut ver-meidbare oder unvermeidbare Ab-fälle sind. Als vermeidbar gilt al-les, was hätte konsumiert werden können, zum Beispiel ganze Früch-te, Nudeln oder Brot. Hüsch fand im Grüngut denn auch ganze Brot-laibe und Käsestücke sowie Früchte. Fleisch und Fisch wurden weniger

entsorgt. Den Grossteil der Lebens-mittelabfälle im Grüngut machten Rüstabfälle aus, die als unvermeid-bar eingestuft wurden. Auffallend war auch, dass im Kehricht doppelt so viele vermeidbare Abfälle zu fin-den waren als im Grüngut.

Wenig Abfall in LandwirtschaftDie Landwirtschaftsstudie hat hin-gegen ergeben, dass auf dieser Stu-fe vergleichsweise wenig Abfälle entstehen. Dazu gehören Gemüse oder Obst, die den Marktvorgaben nicht genügen, oder Ernten, bei de-nen aus Gründen der Effizienz nicht zwischen verwertbaren und verdor-benen Lebensmitteln unterschie-den wird. Urs Baier gibt zudem zu bedenken, dass die Landwirtschaft als erstes Glied in der gesamten Wertschöpfungskette aus energe-tischer Sicht viel weniger kritisch ist als Konsumenten: «Wenn der Bau-er ein Rüebli wegwirft, kommt die-ses direkt aus der Erde. Tut dies der Konsument, hat es schon Transport-wege zurückgelegt und Verarbei-tungsmaschinen passiert.»

Die Lebensmittelindustrie produ-ziert ähnlich viel Abfall wie Konsu-menten, dieser sei aber in den Pro-duktionsprozessen oft unvermeid-bar, so Baier. Denn die Produzenten stünden so stark unter Kostendruck, dass sie niemals leichtfertig für den Abfalleimer produzierten.

Die grosse Frage, die sich aus den neuen Erkenntnissen ergibt, lautet: Wie kann das Verhalten der Kon-sumenten beeinflusst werden? Die

FOOD WASTE

Konsumenten entsorgen am meistenWo enstehen welche Lebensmittelabfälle? Dieser Frage gingen zwei Studien der ZHAW nach. Das Fazit: Die Konsumenten als letzte Instanz entsorgen bedenklich viel – und auf die falsche Art und Weise.

«Konsumenten müssen mehr Verant-

wortung übernehmen, damit weniger

Lebensmittelabfälle entstehen.»

Urs Baier

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Planungstool vermindert Food WasteAn der ZHAW wurde ein Planungs-tool entwickelt, welches die kom-plexe Frage nach der richtigen Einkaufsmenge beantwortet. «Pro-gnosix Demand» ist ein Produkt, das am Institut für Angewandte Simula-tion (IAS) für den Handel entwickelt und mit einem Startup-Unterneh-men in den Markt überführt wurde.

KostensenkungenKern der Software sind zahlreiche Algorithmen, die Faktoren wie Wetter, Verkaufszahlen oder Ak-tionen einbeziehen. «Diese Daten helfen dem Planer, eine fundierte Entscheidung über seinen Einkauf zu fällen», sagt Professor Thomas Ott, der die neue Software an der ZHAW mitentwickelt hat. Die Algorithmen helfen laut eigenen Untersuchungen, die Prognosen von namhaften Beschaffungs-Systemanbietern um 30 Prozent zu verbessern. Das führt zu Kostensenkungen von bis zu fünf Prozent des Umsatzes. Ein Detail-händler mit einem Umsatz von einer Million Franken kann also durch die verbesserte Planung jedes Jahr 50'000 Franken einsparen, davon etwa die Hälfte durch die Reduktion von Lebensmittelabfällen.

Mensch bleibt wichtigAnders als bei anderen Planungs-tools bleibt bei Prognosix der Mensch ein wichtiger Faktor: Nur das Zusammenspiel zwischen der menschlichen Intelligenz und Erfahrung sowie der Auswertung einer riesigen Datenmenge bringt optimale Ergebnisse, ist Thomas Ott überzeugt. Deshalb lässt sich das System immer wieder anpassen und lernt von den Erfahrungen in der Praxis.

↘ www.prognosix.ch

Tipps gegen Lebensmittelabfälle▶ Clever einkaufen: Planen Sie Ihren Wochen bedarf und kaufen Sie nur das ein, was Sie benötigen. Besser kleine oder unverpackte Portionen anstelle von grossen Aktionspackungen.

▶ Menü anpassen: Gestalten Sie den Menüplan nach den vorhandenen Lebensmitteln, die auf-gebraucht werden müssen. Rezepte lassen sich anpassen.

▶ Richtig portionieren: Kleinere Mengen kochen und schöpfen, damit nichts übrig bleibt, was im Abfall landet.

▶ Reste verwerten: Bereits gekochte Lebensmittel wie Nudeln, Gemüse oder Saucen lassen sich in neue Menüs verwandeln.

▶ Eigenen Sinnen trauen: Die Haltbarkeits angaben auf Verpackungen haben verschiedene Bedeu-tungen. Nur die Angabe «zu verbrauchen bis» bedeutet, dass ein Produkt nach Überschreiten des Datums nicht mehr konsumiert werden sollte. Bei den übrigen Angaben riecht, sieht und schmeckt man, ob die Lebensmittel noch geniessbar sind.

LEBENSMITTEL IN PROZENT DER GESAMTEN ABFALLMENGE (FS*)

Q u e l l e : Z H AW u n d BA FU

Prozentuale Anteile der Lebensmittelabfälle (*FS = Frisch-substanz), aufgegliedert nach den verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette – vom Feld bis auf den Teller.

Landwirtschaft

Lebensmittelindustrie

Detailhandel

Haushalte

Gastronomie

40%

38%

12%

4%

6%

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Impact | März 2019DOSSIER RESSOURCEN

Studienautoren sehen erste mög-liche Ansätze. Damit erst gar nicht so viel Lebensmittel weggewor-fen werden, müssten die Konsu-menten mehr Verantwortung über-nehmen, wie Urs Baier betont. Er ist überzeugt, dass Gastronomie und Detailhandel als Drehscheiben eine Vorbildfunktion wahrnehmen kön-nen. Sie können zur Lösung beitra-gen, indem sie Konsumenten zu mäs sigem Konsum anregen und mit geschicktem Marketing die Produ-zenten in den Vordergrund rücken: «Den Käse von Heidi Schöchlin wer-fen wir nicht so leichtfertig weg wie irgendein Produkt ohne Identität», sagt er.

Grüngut als RessourceRagini Hüsch sieht zudem Sensi-bilisierungsbedarf für die richtige Entsorgung und dafür, dass Grün-gut dann zur wertvollen Ressour-ce werden kann: «Die Menschen müssen sich bewusst werden, dass Grüngut, welches in einer Biogasan-lage verwertet wird, einen grossen Mehrwert bringt. Wird es hingegen im Kehricht verbrannt, können die Nährstoffe daraus und das eigent-liche Energiepotenzial nicht genutzt werden.»

Viel in BewegungDie beiden ZHAW-Forschenden sind der Ansicht, dass sich bezüglich Food Waste in den nächsten Jahren viel bewegen wird. In der Industrie sind bereits Bestrebungen in Gang, bei der Herstellung punktuell an-fallende Überbleibsel in andere Le-bensmittel zu verarbeiten. «Wir glauben aber auch, dass die Gesamt-menge der Lebensmittelab fälle zu-rückgehen und das Bewusstsein der Konsumenten für Food Waste stei-gen wird», sagt Baier.

Um die tatsächlichen Entwick-lungen in diesen Bereichen wei-terhin verfolgen zu können, soll es auch künftig Studien geben, welche die Datenlage über die ganze Wert-schöpfungskette hinweg laufend aktualisieren werden. ◼

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Impact | März 2019 DOSSIER RESSOURCEN

CORINNE AMACHER

Den Hoffnungsweg hinun-tergehen, dann rechts in den Floraweg einbiegen, und schon liegt er vor

einem, der Stadthausgarten von Wädenswil. Er wirkt unscheinbar, ganz anders als übliche städtische Grünanlagen. Anstatt akkurat ge-schnittene Buchs und Rosen spries-sen Broccoli, Mangold und Portu-lak, angepflanzt in Holzkisten, Sä-cken und einem Hügelbeet. Sandra Hollenstein und Lucas Meile beugen sich über den Haufen Erde; die Um-weltingenieure vom Departement Life Sciences und Facility Manage-ment der ZHAW kennen hier jeden Stein und jedes Pflänzchen. Als der Fotograf den Auslöser drückt und sie ermahnt: «Etwas freundlicher, bitte!», geben sie zurück: «Geht nicht, wir meinen es ernst!»

Happenings zur AussaatEtwas Humor kann nicht schaden, wenn man die Welt von Wädens-wil aus retten will. Tatkraft auch nicht. Der Stadthausgarten ist auf ihre Initiative hin lanciert wor-den, vor einem Jahr war die Parzel-le noch Brachland. Lucas Meile (36) und Sandra Hollenstein (30) haben das Areal zu neuem Leben erweckt:

Frank und frei fragten sie den Stadt-rat, ob es eine Fläche gebe, die sie nachhaltig bewirtschaften könnten – und erhielten gleich die Wiese vor dem Stadthaus. Ringsum warben sie für ihr Ansinnen und legten mit Gleichgesinnten verschiedene Beete an, veranstalteten Happenings zum

Ansäen und ein Erntedankfest, or-ganisierten Film- und Grillabende. Heute ist der Stadthausgarten ein beliebter Treffpunkt für alle, die wie die beiden ZHAW-Absolventen ei-nen kritischen Blick auf die Wohl-standsgesellschaft werfen.

Was Hollenstein und Meile von vielen Nachhaltigkeits-Engagierten unterscheidet, ist, wie zügig und entschieden sie ihre Ideen umset-zen. Über die Schattenseiten des Wirtschaftswachstums haben sich jahrzehntelang vor allem Theore-tiker geäussert. Neuerdings ent-decken junge, pragmatische Men-schen, wie es sich nachhaltig lebt.

«Wir haben immer darüber nach-gedacht, wie wir die Welt verbes-sern und vor Ort etwas bewegen können», sagt Sandra Hollenstein. «Transition Wädenswil» heisst die Initiative, die in Semesterarbeiten der beiden ihren Ursprung hat und in der Bachelor arbeit vorangetrie-ben wurde. Die Parolen lauten «Real Life Experience», «Kooperation statt Konkurrenz», «Selbstbefähigung» und drehen sich um die Frage, was ein gutes Leben ist und was es dazu braucht.

Aha-ErlebnisAufgerüttelt wurden die beiden vor drei Jahren im Kino. «Tomorrow» heisst der preisgekrönte Film über den Klimawandel, der der Ausbeu-tung der Ressourcen kreative öko-logische und ökonomische Ansät-ze entgegensetzt und die Zuschauer eindringlich auffordert, selber einen Beitrag zur Rettung des Planeten zu leisten. Nicht irgendwo und irgend-wann, sondern hier und jetzt. Zum Beispiel mit Transition Towns, die sich für einen achtsamen Umgang mit der Natur, Menschen und Tieren einsetzen. Die Idee geht auf den bri-tischen Permakultur-Dozenten Rob Hopkins zurück, der 2007 im bri-tischen Totnes die erste Transition Town gründete. Mittlerweile gibt es

MEHR ALS NUR EINE UTOPIE

Und es geht doch!Was ist ein gutes Leben und was braucht es dazu? Die Umweltingenieure und Absolventen der ZHAW Sandra Hollenstein und Lucas Meile machen mit «Transition Wädenswil» die Probe aufs Exempel.

«Wir haben darüber nachgedacht, wie wir die Welt verbessern und vor Ort etwas bewegen können.»

Sandra Hollenstein

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Impact | März 2019DOSSIER RESSOURCEN

weltweit Tausende solcher Städte im Wandel, auch etliche in der Schweiz. «Wir sind gut vernetzt und profitie-ren von den Erfahrungen, die ande-re schon gemacht haben», sagt Lu-cas Meile.

Von der Gojibeere bis zur ZottelwickeDie Projekte, die am schnellsten greifen, drehen sich erfahrungsge-mäss um Lebensmittel. Für «Ess-bares Wädenswil» stehen neben dem Stadthauspark bereits zwei wei-tere öffentliche Flächen der ganzen Bevölkerung zum gemeinsamen Gärtnern zugunsten der Biodiver-sität offen: Für trendige Gojibee-ren hat es genauso Platz wie für hei-mische Zottelwicken. Ein weiteres Feld beim Hallenbad soll künftig von Bewohnern eines Altenheims bepflanzt und bestellt werden.

Speed-Dating für NachhaltigkeitAm Valentinstag fand erstmals ein Speed-Dating statt, mit dem loka-le Nachhaltigkeits-Akteure wie ein Fischer oder ein Landwirt mit der Bevölkerung vernetzt wurden. Re-gelmässig trifft sich eine Gruppe namens Oikonomia, die sich da-für einsetzt, regionale Wirtschafts-kreisläufe zu etablieren und dem Lädelisterben entgegenzuwirken. Für einen Wädenswiler Bioladen, der auf Nachfolgesuche ist, entwi-ckelt Sandra Hollenstein derzeit eine Lösung: Zusammen mit Gleich-gesinnten will sie den Laden als Ge-nossenschaft weiterführen und ver-stärkt regionale Produzenten ein-binden. Mit einem neuen Label sol-len die Konsumenten die Erzeugung des Produkts bis an dessen Ur-sprung verfolgen können. Bald soll es ein «Wädibrot» geben.

Daneben haben Hollenstein und Meile eine Kleidertauschbörse und eine Saatguttauschbörse ins Leben gerufen, und irgendwann kommt wohl auch eine Zeittauschbörse dazu. Was Jeremy Rifikin schon im Jahr 2000 als Prinzip des Access – des Verschwindens des Eigentums

– formuliert hat und Ökonomen jetzt Sharing Economy nennen, ge-hört auch für die beiden Umwelt-ingenieure zum «zukunftsfähigen Lebensstil»: Leihen statt kaufen, re-parieren statt wegwerfen, tauschen statt anschaffen. Das spart nicht nur Geld und verhindert Müll, son-dern fördert auch den Zusammen-halt untereinander: Nachbarschaft wird in den Transition Towns gross-geschrieben.

Anschieben und befähigenDazu passt, dass Hollenstein und Meile die Projekte anreissen und dann zur weiteren Betreuung an Gleichgesinnte abgeben. Die Idee dahinter ist, dass sich die Zahl der Engagierten – im Jargon: «Befä-higten» – nach und nach erhöht und so immer mehr Menschen dem Mehr abschwören. Die Welt-anschauung wird auch über Film-abende propagiert, der nächste fin-det im April statt zum Thema: «Zeit für Utopien – Wir machen es an-ders». Sandra Hollenstein und Lucas Meile haben viel erreicht, aber ihre Überzeugungsarbeit für ein genüg-sames Leben geht weiter. Die Hoff-nung für eine bessere Welt stirbt an einem Ort zuletzt: am Hoffnungs-weg in Wädenswil. ◼

↘ Transition-waedenswil.ch

Sie wollen die Welt retten – nicht erst morgen, sondern sofort: Sandra Hollenstein und Lucas Meile.

«Essbares Wädenswil»: Statt Buchs und Rosen wachsen im Stadthausgarten Broccoli und Portulak.

↘ IMPACT-Webmagazin Food from Wood – Zucht essbarer Insekten: In einem vom Bundesamt für Landwirtschaft unterstützten Projekt «Food from Wood» werden Käferlarven auf Holzabfällen gezüch-tet, um damit wertvolle Nahrungs-grundlagen zu gewinnen. Diese Arten werden in Asien und Afrika schon gegessen und könnten auch bei uns künftig eine wertvolle Proteinquelle darstellen. Ein ZHAW-Pilotprojekt zur Käferzucht befindet sich in Linthal. Mit Hilfe von Pilzen und Larven ver-schiedener Käferarten werden holz-haltige Pflanzenmaterialien in Nah-rungsmittel und Insektenkompost verwandelt.www.impact.zhaw.ch

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Impact | März 2019DOSSIER RESSOURCEN

THOMAS MÜLLER

Eine reale Bauaufgabe war der Ausgangspunkt im Früh-lingssemester 2018 im Mas-ter studio des Instituts Kon-

struktives Entwerfen IKE. Dabei ging es um die Halle 118 am Lagerplatz in Winterthur. Der Stahlbau mit Back-stein- bzw. Fensteraus fachungen ist der letzte Zeitzeuge auf diesem wichtigen Teil des Sulzer areals, der noch nicht vollständig umgebaut worden ist. Nun soll der westlich an-gebaute Kopfbau saniert und aufge-stockt werden. Derzeit wird die ehe-malige Sulzer-Modellschreinerei als Lager genutzt.

Nur Recycling-BauteileDer Gestaltungsplan für den La-gerplatz lässt beachtliche 25 Meter Höhe zu, das ist mehr als doppelt so hoch wie die heutige Halle. Doch einzigartig ist eine andere, völlig un-gewöhnliche Vorgabe: Für die Auf-stockung sind ausschliesslich wie-derverwertete Bauteile erwünscht, die aus Abbruchliegenschaften stammen. Hier, bei der Halle 118, sollen sie nochmals eingesetzt wer-den. Beim Raumprogramm ist der Bauherr, die Pensionskasse Stif-tung Abendrot, recht offen. Flexible Arbeits- und Wohnformen lautet die Vorgabe. Die Studierenden bear-beiten die Bauauf gabe parallel zum Architekturbüro in situ, das mit der Umsetzung beauftragt worden ist. In situ ist auf solche Fragen spezia-lisiert, Geschäftsleitungsmitglied

Barbara Buser gehörte vor über zwanzig Jahren auch zu den Mit-begründerinnen der Bauteilebörse Basel.

Die sechs Studentinnen und vier-zehn Studenten des Masterstudios seien erst mal «tatkräftig auf Spu-rensuche gegangen», erzählt IKE-Co-Leiter Andreas Sonderegger. Schauplatz war das Zürcher Indus-triequartier. Dort wurde der Bü-rokomplex Orion abgebrochen, in dem auch das bekannte Restaurant Westend untergebracht war. Die erst 30-jährigen Geschäftshäuser ent-puppten sich als wahre Fundgrube für Bauteile, die ein zweites Leben verdienen. Zuerst abschätzen, was man brauchen kann, dann ausmes-sen und schliesslich Hand anlegen. Mit sanfter, aber gezielter Gewalt entwand der studentische Trupp den Gebäuden Fenster, Bürotrenn-wände, Radiatoren, Lavabos, Fassa-denelemente, Geländer und vieles mehr.

Erst das Bauteil, dann der EntwurfDas Baubüro in situ hatte weitere geeignete Abbruchliegenschaften identifiziert, darunter die ehema-lige Druckerei Ziegler in Winterthur oder die Coop-Verteilzentrale in Pratteln BL. Von der Deckenleuchte bis zum Stahlträger erhielt jedes si-chergestellte Stück einen Beschrieb im Bauteilekatalog, der als Basis für das Projekt Halle 118 dient, mitsamt der Angabe, wie viel graue Energie in Form von CO₂ darin steckt. Bei Aluminium oder Stahl ist das viel,

weil der Schmelzprozess sehr ener-gieaufwendig ist, bei Gipswänden ist es vergleichsweise wenig. Dann erst kam das Teil in ein Zwischen-lager.

Ungewohnt war für die Master-studenten vor allem eins: Die pla-nerische Arbeit wurde komplett auf den Kopf gestellt. «Meist ist zuerst die Idee, der Entwurf», sagt Martin Deuber. Man zeichnet, erarbeitet das grosse Ganze. Dann erst kommt man zum Kleinen, sprich zur Aus-wahl der benötigten Materialien im Katalog und zur Bestellung mit den erforderlichen Massen. «Bei diesem Projekt lief es genau umge-kehrt – zuerst war das Bauteil, dann erst war der Entwurf möglich», so Deuber.

Abbruch und InspirationDas macht die Sache zwar komple-xer, hat aber auch Vorteile. Die Ab-bruchbauten bieten Inspiration. «Du siehst ein interessantes Bau-teil und überlegst dir, wie es sich wohl einbauen liesse», beschreibt Selina Putzi den Vorgang. Zum Bei-spiel die Türen eines Warenlifts. Sie sorgen nun mit ihren kleinen, run-den Bullaugenfenstern im «Wohn-silo», wie Putzis Entwurf heisst, für einen magischen Moment zwi-schen Vorzimmer und Atrium. Und einfach verglaste Fenster, die wegen ihrer schlechten Isolationswirkung als Fassadenfenster undenkbar sind, setzt sie im Innern als Raumteiler ein. Marc Zahn wiederum verguck-te sich in simple feuerverzinkte

«BAUEN MIT FUNDSTÜCKEN»

Pro Treppenstufe zwölf Kilo CO2 gespart In Abbruchliegenschaften steckt sehr viel graue Energie. Ein Recycling von Bauteilen ist nicht nur ökologisch sinnvoll. Es kann auch ästhetisch be flügeln, wie ZHAW­Architekturstudierende zeigen.

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Kabeltrassen, die sich mit ihren ge-stanzten Löchern und Schlitzen kilometerweise durch Industrie-bauten winden. Der Clou an seiner Umsetzung ist eine Zweckentfrem-dung. Zahn nutzt die Kabeltrassen an der Fassade als passiven Sonnen-schutz, indem er sie zum Brise soleil umfunktioniert – eine so einfache wie gestalterisch pfiffige Lösung.

Gebastel oder kunstvolle Collagen-TechnikUm solche Entdeckungen und Aus-einandersetzungen mit Referenz-punkten der Baugeschichte geht es Astrid Staufer, die zusammen mit Andreas Sonderegger das In-stitut Konstruktives Entwerfen lei-tet. «Bauteilrecycling kann als Bri-colage enden, als Gebastel», sagt sie, «oder es kann zu einer kunstvollen Collage-Technik werden, die uns an-regt, über architektonische Werte nachzudenken.» Tatsächlich bieten die 15 studentischen Projekte viele spannende, oft überzeugende Lö-sungen – nebst all der eingesparten grauen Energie. Wer in den Bauteile-katalog mit seinen Fundstücken

schaut, gerät ins Staunen. Im «Fens-ter Schmidlin-TSK» zum Beispiel stecken 465,32 kg CO₂-Äquivalente (CO₂-e), wie in situ aufgrund von Bauweise und Materialeigenschaf-ten errechnet hat. CO₂-e ist eine Masseinheit, die verschiedene kli-maschädigende Stoffe auf die erder-wärmende Wirkung von CO₂ um-rechnet. Zwecks Veranschaulichung gibt in situ zusätzlich die «maxima-le Bauteilereisedistanz» von 4526 Kilometern an. Bis zu dieser Stre-ckenlänge lohnt sich der Transport der Fenster ökologisch. Was darü-ber liegt, schadet der Umwelt. Die «Storen VR 90 Schenker» kommen auf 156,13 kg CO₂-e und 27‘852 Kilo-meter, die «Einzelstufe Aussentrep-pe» in verzinktem Metallgitter auf 12,43 kg CO₂-e und 987 Kilometer.

Beim Bau mehr an den Rückbau denkenNeu ist die Sache nicht. Einst nutzte man Bauteile aus haushälterischer Umsicht ein zweites oder drittes Mal, mit der Industrialisierung, die zu einer Entwertung der Baumate-rialien führte, ging das aber weitge-

hend verloren. «Früher erfolgte das Recycling aus ökonomischer Not, heute gebietet es die ökologische Not, die vielen mehr und mehr be-wusst wird», merkt die Masterstu-dentin Alexandra Vier an. Tatsäch-lich hat das Projekt einiges ausge-löst. Während andere Arbeiten am Semesterende in einer Schublade landen und keiner mehr darüber spricht, schlägt «Bauen mit Fund-stücken» immer neue Wellen, sei es mit Medienberichten oder mit einer Ausstellung des Schweizerischen Architekturmuseums (S AM).

Übereinstimmend sagen die Stu-dentinnen und Studenten, künftig bereits bei der Planung eines Gebäu-des viel mehr darüber nachzuden-ken, wie sich ein Rückbau in einigen Jahrzehnten erleichtern lässt. Schon mit einfachen Mitteln lässt sich viel erreichen. «Verschrauben statt verkleben», bringt es Ivo Costa auf den Punkt. So lassen sich Material-kombinationen später gut trennen und rezyklieren. Andernfalls bleibt nur die Deponie oder der Kehricht-ofen. ◼

Fassaden-elemente,

Fenster, Büro-trennwände,

Radiatoren, Lavabos: Mit sanfter, aber gezielter Ge-

walt entwand der studen-

tische Trupp den Abbruch-

gebäuden alles, was sich noch

irgendwie sinn-voll und ästhe-

tisch verwerten lässt. Die Halle

118 soll aus-schliesslich

mit Recycling-Material aufge-

stockt werden.

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Grünere SpitälerObwohl der Gesundheitssektor aus Umweltsicht einer der wichtigsten Konsumbereiche ist, gibt es kaum umfassende Umweltbewertungen. Ein vom Schweizerischen Nationalfonds gefördertes interdis-ziplinäres Projekt, an dem Experten der Forschungs-gruppe für Ökobilanzierung der ZHAW beteiligt sind, soll prüfen, welche Prozesse besonders um-weltrelevant sind und wie sie kosteneffizienter und umweltverträglicher gestaltet werden können. Nach ersten Untersuchungen soll im Mai eine Umfrage unter Schweizer Akutspitälern stattfinden.

↘ www.greenhospital.ch

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Impact | März 2019DOSSIER RESSOURCEN

PATRICIA FALLER

Kaum ein Tag vergeht, an dem Medien nicht über Klima-wandel, Energie- und Res-sourcenknappheit berich-

ten. Das Thema Nachhaltigkeit (Su-stainability) hat an Aufmerksam-keit gewonnen, nicht zuletzt durch Schüler-Demos und Hitzesom-mer. Unternehmen werden in die Pflicht genommen, umwelt- und ressourcen schonend zu wirtschaf-ten und ihre Anstrengungen trans-parent zu machen.

NPOs unter der LupeDoch wie sieht das bei Non-Profit- Organisationen (NPO) aus, bei de-nen Gutes tun quasi zum Kernge-schäft gehört? Helene Eller, For-scherin vom Institut für Financial Management an der ZHAW, ging die-ser Frage bei Einrichtungen aus dem Sozialbereich wie Alters- und Pflege-heimen oder Kinderbetreuungsein-richtungen in der Deutschschweiz nach. Ihr Fazit: «Für NPOs hat das Thema Nachhaltigkeit noch nicht erste Priorität.» Häufig seien die Be-sitzverhältnisse bei den Gebäuden ein Hindernis oder die Annahme, das Engagement für mehr Nach-haltigkeit sei mit hohem Zeit- und Kos tenaufwand verbunden. «Da sie qua ihrer Mission bereits Gutes tun, verspüren sie weniger Druck von-seiten der Öffentlichkeit und ih-rer Stakeholder, ihre Leistungen im Sinne einer Nachhaltigkeit transpa-rent zu machen», sagt Eller. Letzt-lich setzten die Organisationen je-doch mehr Massnahmen um, als sie berichten, wie ihre nachfolgenden Untersuchungen zeigten.

Eller begann ihre Forschung mit einer Fallstudie über das Alters- und Pflegezentrum in Amriswil (APZ) im Kanton Thurgau. Gesetzliche Vorgaben waren 2016 der Auslöser dafür, dass sich das APZ der Nach-haltigkeits-Thematik annahm. In einem Alters- und Pflegeheim gibt es zahlreiche energie intensive An-lagen: Wasseraufbereitungsanla-gen, Waschanlagen, Lüftung und Heizung und vieles mehr. Am An-fang erhob das APZ den gesamten Energieverbrauch im Tagesverlauf. Das Ergebnis sollte die Basis für das erste Etappenziel sein: den Energie-verbrauch in zehn Jahren um zehn Prozent zu senken.

Einsparungen möglichZur Freude der Heimleitung zeigte sich bald, dass Nachhaltigkeit nicht nur Geld kostet, sondern dass auch Einsparungen möglich sind. Die Warmwasseraufbereitung konnte zum Beispiel deutlich redimensio-niert werden. Dies unter anderem deshalb, weil in der Lingerie und der Abwasch küche eine Anlage zur Weiterverwendung der Abwärme eingebaut wurde. In den Sommer-monaten erfolgt die Warmwasser-aufbereitung ausschliesslich über diese Abwärme. Gleichzeitig wur-den durch diese Änderungen die Arbeitsbedingungen für die Mit-arbeitenden verbessert, da die Ab-wärme besser abgeleitet wird. Zu-dem konnten die Alterswohnungen an das örtliche Fernwärmenetz an-geschlossen werden. Weitere Mass-nahmen sollen folgen.

Seit kurzem liegen auch Ergeb-nisse einer Umfrage unter den Ein-richtungen aus dem Sozialbereich

vor. Auch wenn die Rücklaufquo-te mit 26 Prozent eher bescheiden ausfiel, lassen sich aus dem vorhan-denen Datenmaterial deutliche Ten-denzen ablesen: Massnahmen, die beeinflusst werden können, werden bereits bei den meisten NPOs reali-siert. «Dazu gehören vor allem ein Abfallmanagement, der Einkauf re-gionaler und lokaler Lebensmittel sowie von Bioprodukten oder die Reduktion von Essensabfällen», er-klärt die Forscherin. Massnahmen der sozialen Nachhaltigkeit sind Einrichtungen, die an der Umfrage teilnahmen, besonders wichtig.

Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die Umsetzung von Nachhal-tigkeit in Einrichtungen aus dem Sozialbereich aufgrund der hohen Zahl an Organisationen grosse Auf-merksamkeit verdient, wie Eller be-tont: «Es gibt ein grosses Potenzial für optimierten Ressourceneinsatz zum Wohl der Umwelt, aber auch der Mitarbeitenden und Bewohne-rinnen und Bewohner beziehungs-weise Nutzerinnen und Nutzer aller Altersstufen.» ◼

NON-PROFIT-ORGANISATIONEN

Gutes tun – aber nachhaltig?Noch haben Non­Profit­Organisationen aus dem Sozialbereich häufig ein ambivalentes Verhältnis zum Thema Nachhaltigkeit, weil es als zeit­ und kostenaufwendig gilt. Doch das müsste nicht sein.

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DOSSIER SPOTLIGHT Impact | März 2019

Céline Keller, Studentin Elektrotechnik Während meiner Lehre als Elektroinstalla-teurin habe ich gespart. Das finanziert mir einen Teil des Studiums. Zudem kann ich weiterhin in meinem Lehrbetrieb arbeiten und ich wohne noch zu Hause.

Sergio Dalpiaz, MAS Financial Consulting Ich arbeite zu 100 Prozent und studiere nebenbei am Freitag und Samstag. Das geht ohne Probleme, wenn man sich die Arbeits-zeit flexibel einteilen kann.

Bettina Messerli, Masterstudentin Pflege Ich bin während des Studiums Mutter ge-worden. Jetzt organisiere ich mich so, dass ich einfach einen fixen Tag pro Woche sicher nicht zu Hause bin, um in Ruhe zu studieren. Es ist alles eine Frage der Organisation.

Chenda Lily Prum, Studentin Umweltingeni-eurwesen | Ich habe von Vollzeit auf Teilzeit gewechselt, das hat sehr geholfen. Studieren-de sollten sich Zeit lassen, es macht keinen Unterschied, ob man ein Jahr früher oder später fertig wird.

Lernstress oder schmales Budget – Wie aktivieren Sie Ihre Ressourcen?Aufgezeichnet von Ursula Schöni

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DOSSIER SPOTLIGHTImpact | März 2019

Philipp Wetzel, Student Informatik | Ich bezahle meistens bar, um einen besseren Überblick über meine Finanzen zu haben. Vor dem Studium habe ich 13 Monate Militär-dienst geleistet. Mit dem Sold kann ich mir das Studium finanzieren.

Balazs Vitos, Student Angewandte Sprachen Ich habe das Glück, dass mir meine Eltern eine Wohnung geschenkt haben. Je nach-dem, wann ich Unterricht habe, mache ich vormittags oder nachmittags Sport. Und während der Lernphase stehe ich ein biss-chen früher auf.

Cyrill Vuillemin, Student Umweltingenieur-wesen | Ich wohne noch zu Hause, das ist ressourcenschonend. Während der Semester-ferien habe ich als Zivildienstleistender in einer Schreinerei gearbeitet, da kann ich mich als gelernter Zimmermann einbringen.

Ariane Etter, Studentin Umweltingenieur-wesen | Anstatt immer neue Kleider zu kaufen, tausche ich sie häufig. Mein Arbeit-geber ist sehr flexibel, ich kann mein Arbeitspensum frei einteilen. Eine klare Kommunikation und eine gute Planung sind hilfreich, um den Spagat zu schaffen.

Veronica Bielawski, Studentin Angewandte Sprachen | Ich stehe früh auf, mache Sport und verbringe den Tag an der ZHAW. Indem ich zwischen den Vorlesungen arbeite, kann ich die Zeit optimal nutzen. Zudem behalte ich mittels einer App meine Finanzen im Auge.

Pilar Cervantes, CAS Wealth Management Meine Kinder sind 8 und 10 Jahre alt. Familie und Weiterbildung unter einen Hut zu bringen, erfordert viel Disziplin. Auch der Schlaf leidet ein bisschen. Aber der CAS dauert ja nur vier Monate.

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Impact | März 2019DOSSIER RESSOURCEN

INTERVIEW PATRICIA FALLER

Strukturelle Förderung, eine euro-päische Netzinfrastruktur und ein Journalismus, der dem Publi-kum quasi die Packungsbeilage mitliefert – Journalismusprofessor Vinzenz Wyss darüber, wie man qualitativen Journalismus zu-kunftssicher machen könnte.

Wie war es möglich, dass der «Spiegel»-Journalist Claas Relotius Beiträge erfinden konnte?Vinzenz Wyss: Auch wenn in jeder und jedem von uns ein «kleiner Re-lotius» steckt – da wir alle ein biss-chen an der Grenze zwischen Re-alem und Fiktionalem spielen –, halte ich den Fall Relotius eher für einen Einzelfall.

Kritiker, die über «Lügenpresse» schimpfen, sehen sich bestätigt.Das ist natürlich Wasser auf deren Mühlen. Diese Pauschal-Kritiker, die von «Lügenpresse» sprechen, sind jedoch wenigstens hierzulan-de eine kleine Minderheit. Gemäss Umfragen ist nämlich das Vertrau-en in die Medien seit vielen Jahren bei 60 Prozent recht stabil.

Wie müssen wir angehende Journalistinnen und Journalisten künftig ausbilden? Es wäre blauäugig, zu sagen, wir könnten das verhindern, wenn wir in der Ausbildung noch stärker da-rauf aufmerksam machen, dass man Fakten checken muss und dass Fälschungen überall möglich sind. Das Risiko bleibt bestehen, dass ein-zelne Personen aufgrund ihrer Per-sönlichkeitsstruktur ganz bewusst fälschen.

Ist diese Fälschungsgeschichte das Ende des Storytellings?Viele sagen: «Jetzt habt ihr den Mist. Dieses Storytelling war schon im-mer eine Gefahr für den Journalis-mus, der doch einfach seiner Chro-nistenpflicht nachkommen und Fakten abbilden soll.» Der Journa-lismus soll gefälligst seine Hände von diesem literarischen Zugriff las-sen, sagen die Kritiker. Dem kann

ich nur entgegenhalten: Als ob es möglich wäre, Wahrheiten abzubil-den. Journalisten konstruieren im-mer eine Medienrealität, zum Bei-spiel wenn sie bestimmen müssen, wie welche Ereignisse und Protago-nisten inszeniert werden.

Wo ist die Grenze?Bei einer Geschichte, die fast schon zu schön ist, um wahr zu sein, da sollten Redaktionen besser einmal mehr nachprüfen lassen. Jede jour-nalistische Geschichte kann nur so gut sein, wie die Fakten stimmen.

Sind fehlende Ressourcen Schuld an mangelnder Sorgfalt?Diese Erklärung konnte man im Fall Relotius hören: Es gebe einen stei-genden Druck auf die Journalisten, gute, stimmige, beim Publikum gut «flutschende» Geschichten anzubie-ten. Zugleich fehle aber die Zeit, in-tensiv zu recherchieren. Ich denke, dass dies im Fall Relotius nicht das Hauptproblem war. Aber es besteht unter zunehmend prekären Bedin-gungen der Medienbranche natür-lich generell die Gefahr, dass immer weniger Ressourcen wie Zeit oder Wissen vorhanden sind.

Wie kann man das verloren gegan-gene Vertrauen zurückgewinnen?Journalismus sollte sich heute viel stärker gegenüber seinem Publi-kum erklären. Ich nenne das Meta-kommunikation. Der Spiegel hat das jetzt vorbildlich gemacht, indem er den Fall Relotius untersucht und da-rüber kommuniziert hat. Aber auch in jedem einzelnen wichtigen jour-nalistischen Beitrag sollte Meta-kommunikation betrieben werden, indem man dem Publikum qua-si die Packungsbeilage mitliefert: Weshalb ist man so vorgegangen? Weshalb hat man diese Fragen ge-stellt und weshalb hat man gewisse Dinge bewusst weggelassen? Diese Erklärungen fehlen bisher.

Wie könnte Journalismus zukunftssicher gemacht werden?Journalistische Logik zu erklären und damit Vertrauen zu schaffen, ist ein wichtiges Element auf dem Weg dahin. Aber der Journalismus hat noch viel grössere Probleme: Mit der Digitalisierung haben wir eine nie da gewesene Konkurrenz zu

ZUKUNFT DES JOURNALISMUS

Strukturelle Förderung wie bei Wissenschaft und Kunst

Fordert ein Gegenmittel gegen Facebook & Co.: Journalismus-Professor Vinzenz Wyss.

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ABRAHAM GILLIS

Um Biodiversität in Siedlungen zu fördern, brauchen Studierende mehr als biologisches Wissen. Für ihre pädagogische Arbeit wurde Nathalie Baumann ausgezeichnet.

Auf dem Stundenplan des Moduls «Biodiversität im Siedlungsraum» stehen für angehende Umweltin-genieurinnen und -ingenieure ne-ben naturwissenschaftlichen The-men auch Begriffe wie Wahrneh-mung, Kommunikation, Marketing oder Betriebswirtschaft. Darauf reagieren viele von ihnen zu-nächst skeptisch. Doch diese Reak-tion gehört zum Konzept des von Dozentin Nathalie Baumann ent-wickelten Moduls. Studierende sollen sich mit anderen wissen-schaftlichen Vorgehen und Denk-mustern auseinandersetzen. Denn gerade in der Förderung der Bio-diversität müssen laut Baumann verschiedene Perspektiven zusam-menspielen.

Wie hole ich Betroffene an Bord?Unterstützung für ihr Konzept hat sich die Dozentin des Departements Life Sciences und Facility Manage-ment von Sandra Wilhelm geholt, Expertin für transformatives Ler-nen und nachhaltige Entwicklung von «anders kompetent». Für ihre Pionierarbeit im transformativen Lernen hat Stadt ökologin Baumann nun den ZHAW-Lehrpreis und den «Credit Suisse Award for Best Te-aching» erhalten. Herzstück des preisgekrönten Moduls sind Bio-diversitäts-Projekte, in denen Stu-dierende ganz konkret mit sozial-wissenschaftlichen Fragen kon-frontiert werden. Wie überzeuge ich

LEHRPREIS

Zwischen Sozial- und Naturwissenschaften

Gute Konzepte funktionieren nicht, wenn sie nicht akzeptiert werden: Nathalie Baumann.

die Hausbesitzerin, die Widerstand leistet? Wie hole ich verschiedene Akteure an Bord? Wie kann ich sie oder ihn zu Veränderungen moti-vieren? «Solche Fragen müssen be-rücksichtigt werden, denn die wun-derbarsten Konzepte funktionieren nicht, wenn sie nicht akzeptiert wer-den», erklärt Baumann.

Mit ihrem Lehr- und Lernmodell streben die beiden Dozentinnen eine Transformation im Denken der Studierenden, aber auch in der Gesellschaft an. «Wir haben in un-serem Modul versucht, die Studie-renden als Change Agents zu befä-higen, also sozusagen als Begleiter des Wandels in Nachhaltigkeitspro-jekten», sagt Wilhelm. Ihr sei be-wusst, dass viele Studierende das erste Mal mit neuen Wissensformen konfrontiert werden. Und Baumann meint schmunzelnd: «Wir versu-chen aber die Konfrontation mit an-deren Denkweisen und den Umgang mit Veränderungs prozessen mög-lichst offen zu gestalten.» ◼

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Impact | März 2019 DOSSIER RESSOURCEN

dem von Medien herausgebrachten Journalismus erhalten. Es wird im-mer schwieriger, diese Qualität zu finanzieren. Noch viel brutaler ist aber: Der Journalismus kann quali-tativ noch so gut sein – wenn er sein Publikum nicht erreicht, dann nützt die Qualität auch nicht.

Wie hat guter Journalismus eine Chance?Ich sehe zwei Lösungswege. Da der Journalismus unverzichtbar ist für Demokratie und Gesellschaft, muss sich auch die Gesellschaft die Fra-ge stellen, wie Journalismus künf-tig finanziert werden kann. Ähnlich wie im Bereich Wissenschaft, Bil-dung oder Kunst kann die Gesell-schaft Vorkehrungen treffen, um Journalismus strukturell zu för-dern. Stichworte wären hier öffent-liche Finanzierung, Stiftungsmodel-le – also alternative Modelle zu den herkömmlichen werbefinanzierten Modellen. Vielleicht sollte man sich zweitens als Gesellschaft in der Schweiz oder Europa auch Gedan-ken machen, wie man quasi in Kon-kurrenz zu den grossen Giganten Facebook und Google eine eigene Medieninfrastruktur bauen könnte.

Das klingt ein bisschen utopisch.Wird aber diskutiert – etwa in der Eidgenössischen Medienkommis-sion, die den Bundesrat berät. Ähn-lich wie bei unserem Eisenbahnnetz könnten wir eine Infra struktur bau-en, bei der wir als Gesellschaft die Kontrolle haben. Es darf nicht von einem undurchsichtigen Algorith-mus abhängen, was wir im Netz zu sehen bekommen oder nicht. Face-book, Google und Co. können der-zeit einfach die Schrauben anders drehen, was dann dazu führt, dass ein Anbieter von einem Tag auf den anderen nicht mehr gefunden wird. Da braucht es ein Gegenmittel. ◼

↘ IMPACT-Webmagazin Das ausführliche Interview unterwww.impact.zhaw.ch

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Impact | März 2019DOSSIER RESSOURCEN

EVELINE RUTZ

Als Kind träumte Aisha Leu-enberger davon, Ärztin zu werden. Als sie acht Jah-re alt war, wurden sie und

ihre sieben Geschwister Waisen. Ihre Eltern kamen bei einem Auto-unfall ums Leben. «In Uganda ster-ben Menschen, da Medikamente und Spitäler fehlen», sagt sie. In ih-rer Heimat, wo 38 Millionen Men-schen leben, gebe es kaum alte Leu-te. «Ich möchte möglichst viel über Gesundheit lernen und anderen hel-fen.» Zurzeit macht die 33-Jährige ein Praktikum im Alters- und Pfle-geheim Grossfeld in Kriens. Nach der ersten Woche berichtet sie der ehemaligen Primarlehrerin Emilie Stämpfli bei einem Kaffee von ih-ren Erfahrungen. Sie sei von allen freundlich aufgenommen worden, erzählt sie gut gelaunt. Einmal habe sie aber zwei Bewohnerinnen ver-wechselt. «Hast du etwas Schweizer-deutsch gesprochen?», will Stämpfli wissen. «Ja, das kommt gut an», ant-wortet Leuenberger.

Solidarität zwischen GenerationenDie beiden Frauen haben sich über das Mentoring-Programm BEGIN (Berufliche und gesellschaft-liche Integration von Migrantinnen und Migranten) kennengelernt,

welches Freiwillige im Pensions-alter und Teilnehmende des Lehr-gangs Pflegehelfer/-in des Schweize-rischen Roten Kreuzes (SRK) zusam-menbringt. «Die Idee ist eine Be-gegnung auf Augenhöhe», sagt eine der Initiantinnen, Beate Schwarz, Professorin für Entwicklungs- und Familienpsychologie an der ZHAW.

Es gehe um einen intergeneratio-nalen Austausch, von dem beide Sei-ten profitierten. Der Ansatz ist res-sourcenorientiert: Der Fokus liegt auf den Stärken, welche die Migran-tinnen und Migranten mitbringen. «Sie sind eine gute Basis für die Inte-gration», so Schwarz.

Das Programm ist in Kooperati-on mit der Berner Fachhochschule (Institut Alter), der Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur (Insti-tut für Multimedia Production) so-wie dem SRK entstanden. Die Ge-bert Rüf Stiftung unterstützt Ent-wicklung und Evaluation finanziell.«Es war uns wichtig, auf Erfah-

rungen aufzubauen», sagt Schwarz. Spezifisch für den Pflegebereich gab es bislang zwar kein vergleichbares Engagement. Die Wissenschaft-ler befragten jedoch Anbieter von Mentoring-Programmen in ande-ren Branchen. Sie gingen zudem auf Fachleute der Pflege zu, um nicht an deren Bedürfnissen vorbei zu arbei-ten. So kristallisierten sich praxisre-levante Themenfelder heraus. Dazu zählen neben der Sprache kulturelle Unterschiede wie etwa der Umgang mit Zeit. Hinzu kommen schwierige Situationen im Arbeitsalltag, die Rolle der Angehörigen in der Pflege, aber ebenso die Frage, ob man sich als Angestellter abgrenzen darf. Ob man nach zahlreichen Sonntags-diensten zum Beispiel auf einem freien Wochenende bestehen darf. Zu diesen Themen hat das Projekt-team kurze Filme sowie ein Arbeits-heft produziert, welche den Tan-dems als Anregung dienen.

Mit Schweizerdeutsch das Eis brechen«Sie sind hilfreich, wir haben uns aber nicht immer daran gehalten», sagt Stämpfli. Die ehemalige Pri-marlehrerin, die nicht zum ersten Mal Freiwilligenarbeit leistet, hat mit Leuenberger unter anderem Schweizerdeutsch geübt. Mit eige-nen Arbeitsblättern hat sie ihr kur-

INTEGRATION

Begegnung auf AugenhöheAngehende Pflegehelferinnen mit Migrationshintergrund werden von Freiwilligen unterstützt. Durch ein Mentoring­Programm, das die ZHAW mitentwickelt hat, finden sie sich im Berufsalltag schneller zurecht.

«Die Stärken der Migrantinnen und

Migranten sindeine gute Basis für

die Integration.»Beate Schwarz

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ze Sätze beigebracht, die das Eis bre-chen und ein Gespräch eröffnen können. «Hend Sie gued gschlofe?» ist so eine Frage, welche die Pflege-helferin stellen kann, wenn sie am Morgen das Zimmer eines Bewoh-ners betritt. Auch das Essen sorgte für Diskussionsstoff. «Brot und Käse – wie kann man so leben?», fragt Leuenberger und lacht. Die zurück-haltende Art der Schweizer war für sie am Anfang gewöhnungsbedürf-tig. Dass alte Menschen in einem Heim leben und teilweise kaum Be-such erhalten, schockierte sie.

«Ich habe viel von Frau Stämpfli gelernt», sagt die Uganderin, die in ihrer Heimat als Kosmetologin ar-beitete, mit einem Schweizer ver-heiratet war und seit 2012 hier lebt. Auch bei der Bewerbung für ihr Praktikum konnte sie auf die Hilfe ihrer Mentorin zählen. «Ich kann of-fen mit ihr sprechen, sie gibt mir ein gutes Gefühl.» Die Wertschätzung ist gegenseitig. «Ich bewundere ihr positives Wesen, ihre Zielstrebigkeit und dass sie bereit ist, ältere Men-schen zu pflegen», sagt Stämpfli. Sie

hat die Begegnungen ebenfalls als Bereicherung erlebt. «Es ist ein ge-genseitiges Geben und Nehmen», so die 67-Jährige. Ihre gemeinsame Zeit ist offiziell vorbei, seit Leuen-berger die SRK-Ausbildung abge-schlossen hat. Die beiden Frauen treffen sich jedoch weiterhin. Rabea, Leuenbergers dreijährige Tochter, ist meist dabei.

Anderen Kulturen offen begegnenNach dem ersten Durchgang im SRK Kanton Luzern wird zurzeit ein zweiter in Bern durchgeführt. Die Mentorinnen – es engagieren sich bislang ausschliesslich Frauen – verfügen in der Regel nicht über spezifische Kenntnisse der Pflege. «Es geht um einen kulturellen Aus-tausch», sagt Belinda Berweger, wis-senschaftliche Assistentin am Psy-chologischen Institut. Viel wich-tiger als Fachkenntnisse sei eine Offenheit anderen Kulturen gegen-über. Die Suche nach Freiwilligen, die sich längerfristig engagierten, sei aufwendig, erzählt sie weiter. Die Zahl der interessierten Pflegehelfe-

rinnen und -helfer überstieg bislang jene der Mentoren. In Luzern konn-ten sieben Tandems gebildet wer-den, in Bern sechs.

Fuss fassen auf dem ArbeitsmarktDie Duos sind in der Regel drei Mo-nate gemeinsam unterwegs, der Lehrgang dauert ein halbes Jahr. Er ermöglicht den Teilnehmenden, auf dem Arbeitsmarkt Fuss zu fassen – dies in einem Berufsfeld, in dem Fachkräftemangel herrscht. «Sie sind in ihren Heimatländern zum Teil sehr gut qualifiziert, nicht weni-ge bilden sich danach weiter», sagt Schwarz. Das Psychologische Insti-tut der ZHAW begleitet das Projekt bis Oktober. Nach einem abschlies-senden Workshop geht BEGIN ganz in die Hände des SRK über.

Leuenberger ist dankbar für die Unterstützung, die sie erhalten hat, und spricht von einem «grossen Ge-schenk». Neben der Arbeit im Pflege-heim ist sie daran, ihr Deutsch zu verbessern. «Ich will weiterkom-men», sagt sie fröhlich, «ich habe Ziele.» ◼

Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen: Emilie Stämpfli und Aisha Leuenberger im Gespräch.

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SUSANNE WENGER

Pflegefachfrau Sonja X. steht im Zimmer des Patienten Herrn Y., dem tags darauf eine Herzoperation bevor-

steht. Sie erkennt mit geschultem Blick: Der Mann hat Angst, auch wenn er nicht darüber spricht. Er ist unruhig, die Augenbrauen sind hochgezogen, die Hände zittern leicht. Was er jetzt bräuchte: ein be-hutsames Ansprechen der Angst, Informationen, persönliche Zuwen-dung. Doch die Bettenstation ist voll belegt, mehrere Ruflampen leuch-ten. Die Pflegefachfrau muss den Entscheid treffen, Herrn Y. jetzt mit seiner Angst alleinzulassen. Sie eilt aus dem Zimmer und denkt: «Das ist nicht richtig so.»

Ad-hoc-EntscheidungenAuch Pflegefachmann Reto Z. gerät ins Dilemma. Die betagte Patientin Frau W. mit der Oberschenkelhals-Fraktur sollte alle zwei bis drei Stun-den im Bett umgelagert werden, da-mit kein Wundliegen entsteht. Auch nachts. Doch Reto Z. ist voll be-schäftigt mit Frischoperierten, die eng überwacht werden müssen. Es reicht nicht für alles. Das zwingt den Pflegefachmann zu einer schwie-rigen Ad-hoc-Entscheidung: Frau W.

muss warten. Die Folge: Das Risiko steigt, dass die nicht mehr so mobi-le Patientin ein Druckgeschwür be-kommt. Die sogenannten Dekubiti sind schmerzhaft und heilen gerade bei älteren Menschen schlecht.

Verborgene RationierungDie beiden Beispiele sind verkürzt und fiktiv, stehen aber exempla-risch für ein Phänomen, das die Wissenschaft «implizite Pflegera-tionierung» nennt. Was bedeutet der sperrige Begriff? Maria Schu-bert, Co-Leiterin der Forschungs-stelle Pflegewissenschaft und des Masterstudiengangs Pflege an der ZHAW, erklärt: «Gemeint ist, dass es keine offiziellen, gesetzlichen Regu-lierungen gibt, wie in so einem Fall vorgegangen werden muss.» Die Ra-tionierung geschehe verdeckt: «Es sind die Pflegenden selber, die in der Situation entscheiden müssen, wie sie die Ressourcen verteilen und wem sie etwas vorenthalten.» Der

Grund dafür sei «ein Mangel an Res-sourcen» in Pflegeteams: zeitlich, fachlich, personell.

Durchschnittlich eine Pflege-fachperson für acht PatientenDie ZHAW-Forscherin führt seit vielen Jahren Studien zur Thema-tik durch und ist international ver-netzt. Daher weiss sie auch: Ver-glichen mit anderen Ländern, gebe es in der Schweiz «immer noch eini-ge Spitäler mit sehr guten Arbeits-bedingungen für die Pflege». Beim Personalschlüssel liegt die Schweiz im europäischen Mittelfeld, wie die 2014 publizierten Ergebnisse der «Registered-Nurse-Forecasting»-Studie zeigen. Eine Pflegefachper-son in der Schweiz betreut durch-schnittlich acht Patienten. Zum Ver-gleich: In Deutschland sind es drei-zehn Patienten, in Norwegen fünf. Neuere Forschung bestätige den Wert für die Schweiz, weiss Schu-bert. «Doch auch in den Schweizer Spitälern ist der Kostendruck zu-nehmend spürbar», stellt sie fest.

1600 Pflegende befragtDie Spitallandschaft ist in Bewe-gung. Die Spitäler müssen ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und die Effizienz steigern: «Wird beim Personal gespart, ist die Pflege als

PFLEGERESSOURCEN IN SPITÄLERN

Keine Zeit für ein GesprächBeim Personalschlüssel in der Pflege stehen Schweizer Spitäler vergleichs weise gut da. Trotzdem kommt es auch hierzulande vor, dass nötige Pflegeleistungen aus Zeitmangel unterbleiben.

«Es sind die Pflegenden, die in der Situation entscheiden

müssen, wie sie die Ressourcen verteilen.»

Maria Schubert

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grösste Gruppe überproportio-nal betroffen», sagt die Forscherin. Die Pflege macht über vierzig Pro-zent des gesamten Spitalpersonals in der Schweiz aus. Für den Schwei-zer Teil der gross angelegten «Re-gistered-Nurse-Forecasting»-Stu-die befragten Schubert und Mitfor-schende über 1600 Pflegefachper-sonen aus 35 Akutspitälern. Ergeb-nis: Fast alle, nämlich 98 Prozent, gaben an, dass sie in den letzten sie-ben Arbeitstagen mindestens eine notwendige pflegerische Massnah-me weglassen mussten.

Was hat Priorität?Gespräche mit Patienten, prak-tische Anleitungen von Patienten und präventives Umlagern entfielen dabei häufiger als Patientenüberwa-chung und die rechtzeitige Abgabe von Medikamenten. Pflegende ge-ben unter Zeitdruck also Massnah-men Priorität, die sich ganz direkt auf die Sicherheit der Patienten aus-wirken. Und sie lassen laut Schu-bert solche weg, «deren Wirkung nicht so unmittelbar ist, die aber zu den Kernaufgaben der Pflege gehö-ren». Für ältere Menschen und chro-nisch Kranke sei es beispielsweise wichtig, dass sie im Umgang mit ih-

rer Erkrankung angeleitet würden. Das ermögliche ihnen, nach dem Spital austritt wieder selbstständig zuhause zu leben. So seien weniger Wieder eintritte ins Spital nötig.

Offen darüber redenWerde Pflege im Verborgenen ra-tioniert, könne dies nicht nur für die Patienten Folgen haben, son-dern auch für das Pflegepersonal, stellt Maria Schubert fest. Ethische Fragen stellten sich, die Arbeitszu-friedenheit nehme ab, das profes-sionelle Verständnis sei tangiert. Deshalb sei die implizite Rationie-rung auch innerhalb der Pflege ein Tabuthema. Das Phänomen müs-se im Auge behalten werden, damit sich der Fachkräftemangel in der Pflege nicht noch verstärke, fordert die Forscherin.

GegenmassnahmenAuch brauche es Gegenmassnah-men. Doch welche? Die Kostenstei-gerung im Gesundheitswesen ist eine Realität, die Mittel sind nun mal begrenzt. Schubert zieht zur Antwort wiederum die Forschungs-resultate heran: «Bei stimmiger Ar-beitsumgebung werden weniger häufig Pflegemassnahmen wegge-

lassen.» Offen über das Thema re-den, den Personalbestand dem Pfle-gebedarf anpassen, gute Führung und Teamorganisation: Das seien erwiesenermassen wirksame Fak-toren.

Pflege einbeziehenBeim Verband der Schweizer Spi-täler H+ stellt man keine Pflegera-tionierung fest. «Wir bewegen uns in der Schweiz bezüglich Pflege in den Spitälern und Kliniken auf ho-hem Niveau», schreibt ein Sprecher auf Anfrage. Immer mehr Pflegeper-sonal auf allen Ausbildungsstufen werde ausgebildet und angestellt. Für Forscherin Schubert kommt es auf den richtigen Mix im Pflege-team an. Es brauche genügend Fach-personal. Werde dieses aus Kosten-gründen durch Hilfspersonal er-setzt, könne das Rationierung be-günstigen.

Ein Beispiel: Zwar könne auch die Pflegehilfe eine Inkontinenzeinla-ge wechseln, doch eine höher qua-lifizierte Pflegefachperson beurteile dabei den Patienten gesamtheitlich: «Sie spricht mit ihm, beurteilt den Zustand der Haut. Dadurch erhält sie Hinweise auf erforderliche Mass-nahmen.» Heute sind über alle Spi-täler gesehen dreissig Prozent des Pflegepersonals Fachpersonen Ge-sundheit (FaGe), Pflegeassistenzen und -hilfen. Das Spitalmanagement sollte die Pflege bei Veränderungs-prozessen immer einbeziehen, empfiehlt Schubert: «So können Mängel bei den Ressourcen früh-zeitig erkannt werden.» ◼

Pflegende können sich nicht immer

genügend Zeit nehmen, die

Einnahme von Medikamenten

genau zu er-klären und zu prüfen, ob die

Patientin die Anleitungen

auch verstan-den habe.

↘ Internationales Netzwerk gegen Pflegerationierung www.rancare-action.eu

↘ Competence Network Health Workforce, ein Netzwerk von fünf Fachhochschulen, darunter auch die ZHAW, gegen den Fachkräftemangelwww.cnhw.ch

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SARA BLASER

Finanzielle Ressourcen zu steuern, braucht ein breit gefächertes Wissen, findet Christian Liesen. Wer Zielkonflikte erkennt, setzt Gelder deutlich besser ein.

Er ist ein Problemlöser par excel-lence. Mit Herz und Verstand ana-lysiert er komplexe Situationen und sucht ganzheitliche Lösungen: Chris tian Liesen, seit 2017 am ISM Institut für Sozialmanagement am Departement Soziale Arbeit tätig. Das Institut beschäftigt sich mit Organisationen im Gesundheits-, Bildungs-, und Sozialbereich.

«Es geht darum, mit diesen Orga-nisationen die Herausforderungen im Handlungsfeld anzugehen, ob Rentabilität, Arbeitsorganisation oder Professionalität. Um Perspek-tive reinzubringen, sind wir trans-disziplinär aufgestellt. Unsere Mit-arbeitenden kommen aus der So-zialen Arbeit, Pädagogik, Politolo-gie, Psychologie und Betriebswirt-schaft», erklärt Liesen, der von Haus aus Sonderpädagoge ist, aber seit Jahren systemische Fragen im Sozi-alwesen erforscht.

Gesetze mitprägenFeuer und Flamme ist er für Bera-tungsmandate. Auftraggeber kom-men auf das ISM zu, wenn zum Bei-spiel die Finanzen nicht stimmen. So hatte etwa die Stadt Winterthur im Jahr 2013 erfolglos ein Konzept eingeführt, mit dem die Kosten für sonderpädagogische Massnah-men an Schulen gesenkt werden sollten. Das ISM erarbeitete einen Vorschlag, wie sich die Stadt organi-sieren müsse, um die Kosten unter Kontrolle zu bekommen. Das Kon-zept der Stadt habe auf einer guten Grundidee beruht, doch wichtige

Verflechtungen nicht berücksich-tigt. «So etwas passiert. Es braucht Aussenstehende, um die blinden Flecken auszuleuchten», so Liesen. Mittlerweile habe die Stadt ein eige-nes System entwickelt: «Das ist der Idealfall: Kunden zuzuarbeiten, da-mit sie sich selbst besser organisie-ren können.»

Manchmal geht es aber darum, gesetzliche Bestimmungen mitzu-prägen. So sollte etwa im Auftrag des Bundesamts für Sozialversi-

cherungen (BSV) evaluiert werden, ob intensive Interventionsmetho-den bei frühkindlichem Autismus wirksam sind. In einem Pilotpro-jekt werden betroffene Kinder mit einer in der Schweiz noch nicht an-erkannten Methode behandelt. Sollte sie sich bewähren, würden die Kos ten dafür von der öffentlichen Hand übernommen. Das ISM und die weiteren Forschungspartner ka-men zum Schluss, dass die Metho-de wirksam ist, und entwickelten einen Vorschlag für ein Kosten- und ein Wirkungsmodell. Weil da-von sowohl die IV als auch die Schu-len betroffen sind, mussten das BSV

und die Kantone überzeugt wer-den. «Ohne die Sicht auf das grosse Ganze sehen viele Beteiligte nur die kurzfristigen Kosten und gehen in Abwehrhaltung. Wir haben des-halb aufgezeigt, wie sich eine frühe Inves tition in späteren Jahren aus-zahlt.» Das Pilotprojekt wurde da-raufhin verlängert, eine definitive Entscheidung, ob die Therapie aner-kannt wird, steht noch aus.

Mitteleinsatz zum KundennutzenDer Problemlösung liegt immer dasselbe Muster zugrunde. «Bei Ressourcen gibt es immer Zielkon-flikte. Diese gilt es zu eruieren und bewusst zu gestalten. Wenn es bei einer Lösung keinen Zielkonflikt zu geben scheint, sollte man misstrau-isch werden», meint Liesen. Eine Or-ganisation sollte ihre Mittel so ein-setzen, dass ihre Klientinnen und Klienten den grösstmöglichen Nut-zen haben. Denn gerade im Sozial-bereich sei die Gefahr gross, dass eine Organisation sich mehr auf ihre wirtschaftlichen Indikatoren konzentriere, weil diese einfacher zu steuern sind. «Man kühlt das Fie-berthermometer, statt das Fieber zu senken», sagt Liesen schmunzelnd.

Bei der Erarbeitung von Lösungs-vorschlägen sei das transdiszipli-när zusammengesetzte Projekt-team der Schlüssel zum Erfolg. «Es ist schlichtweg nicht möglich, dass eine oder zwei Personen ein kom-plexes Anliegen von allen Seiten richtig durchdenken. Breit gefä-chertes Know-how ist gefragt.» Die Auseinandersetzung mit den Betei-ligten erfordere zudem Sensibili-tät und Sozialkompetenz. «Was mir dabei hilft, ist meine unerbittliche Neugier», sagt Liesen. «Ich will ver-stehen, was mein Gegenüber sagt, aber auch die noch unformulierten Spielräume aufstöbern.» ◼

SOZIALE ARBEIT

«Spielräume aufstöbern»

Wichtig ist die Sicht auf das grosse Ganze: Christian Liesen.

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ANDREA SÖLDI

Ohne Computer und In-ternet aufgewachsen, tun sich heute 70- oder 80-Jährige häufig schwer

mit den digitalen Technologien, so-fern sie sich nicht im Beruf mit ih-nen vertraut machen mussten. Weil aber fast alles übers Internet läuft – von Fahrplan-Abfrage über Tele-fonbuch bis zu Bankgeschäft –, sind nicht wenige ältere Menschen zu-nehmend von wichtigen Funkti-onen ausgeschlossen. Hier setzt das Projekt von Tatjana Drescher an. Im Rahmen ihres Praktikums bei der Pro Senectute Zug hat die Studen-tin im Bachelor Gesundheitsförde-rung und Prävention einen Tablet-Treff für Seniorinnen und Senioren in Steinhausen aufgegleist. Über die Nachbarschaftshilfe und Vereine hat sie Personen gefunden, die ihre Erfahrungen mit dem Computer ehrenamtlich weitergeben.

Peers statt ExpertenBeim ersten Treffen im Januar seien über 25 Interessierte erschie-nen, freut sich Drescher. «Die Men-schen erfahren, dass sie auch im Alter noch fähig sind, Neues zu ler-nen.» Zudem soll das Angebot hel-fen, die Isolation und Einsamkeit älterer Menschen zu reduzieren. Es sei erwiesen, dass Einsamkeit krank macht – sowohl psychisch als auch körperlich, führt die Studentin aus. Neben der Anleitung zu mobilen Computern erhalten die Teilneh-menden am Treffpunkt stets auch Gelegenheit, sich über andere Din-ge auszutauschen. Vom Projekt pro-

fitieren gleichzeitig die freiwilligen Instruktoren. Die meisten von ih-nen seien ebenfalls bereits älteren Jahrgangs. «Sich aktiv und kom-petent zu erleben, unterstützt das Selbstwertgefühl», sagt Drescher.

Das Stärken der Ressourcen ist einer der wichtigsten Ansatzpunkte in der Gesundheitsförderung. Wäh-rend man sich früher hauptsäch-lich auf Krankheitsrisiken konzen-trierte, versucht man heute, die ge-

sunden Anteile zu unterstützen und erhalten. Der grundsätzliche Per-spektivenwechsel basiert auf der Ottawa-Charta zur Gesundheitsför-derung, welche die WHO 1986 pu-bliziert hat. «Statt dass Expertinnen und Experten die Menschen von oben herab zu erziehen versuchen, setzt man auf Selbstbestimmung, Empowerment und Partizipati-on», erklärt ZHAW-Dozentin Irene Abderhalden. Häufig komme das Peer-to-Peer-Konzept zum Zug, bei dem Personen aus der gleichen Ziel-gruppe als Multiplikatoren dienen.

Ein Beispiel für diese Heran-gehensweise ist etwa das Projekt Femmes-Tische, wo eine andere ZHAW-Studentin Einblick erhält. In verschiedenen Schweizer Städ-ten tauschen sich Migrantinnen in ihrer Muttersprache über die Nor-men und Umgangsformen in der

Schweiz, Kindererziehung oder Ge-sundheits- und Familienthemen aus und geben untereinander ihre Erfahrungen weiter. Geschulte Fachleute treten dabei eher zurück-haltend als Moderatorinnen auf.

Mitsprache in Schule und FirmaEines der wichtigsten Handlungs-felder für Prävention und Gesund-heitsförderung ist die Schule. Na-türlich kläre man die Kinder und Jugendlichen nach wie vor über Ge-fahren wie Komatrinken oder sexu-ell übertragbare Krankheiten auf, betont Irene Abderhalden. «Das The-matisieren von Risiken und das Wei-tergeben von Fachwissen sind kei-neswegs überholt.» Doch gleicher-massen wichtig sei es, Selbst- und Sozialkompetenzen zu fördern. Kin-der sollten zum Beispiel lernen, mit ihren Gefühlen konstruktiv umzu-gehen, Konflikte zu bewältigen, und sich an Entscheidungsprozessen be-teiligen können. Gute Übungsfelder dafür seien Gefässe für die Partizi-pation wie etwa ein Klassen- oder Schülerrat. Zudem versuche man, das System Schule an sich gesünder zu gestalten, erklärt die Sozialwis-senschaftlerin: Wenn Lehrpersonen weniger gestresst sind, fühlen sich auch die Kinder wohler.

Dasselbe Prinzip gelte im betrieb-lichen Gesundheitsmanagement: Häufig seien es Faktoren wie feh-lende Möglichkeiten zur Mitwir-kung und unklare Rollen, die zu Burnout führten. «Man muss die ganze Betriebskultur anschauen und nicht nur Gratis äpfel austei-len.» Gesundheitsförderung habe stets auch eine gesamtgesellschaft-

GESUNDHEITSFÖRDERUNG

Mitsprache, nicht nur GratisäpfelOb bei stressbelasteten Mitarbeitenden, suchtgefährdeten oder alten Menschen – in der Gesundheitsförderung ist das Stärken von Ressourcen ganz zentral. Nur beim Individuum anzusetzen, greift aber zu kurz.

«Heute setzt man auf Selbstbestimmung, Empowerment und

Partizipation.»Irene Abderhalden

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Eine Hebamme für die ganze FamilieAller Anfang ist schwer – das gilt manchmal auch für ein neues Leben. Zwar ist die Geburt eines Kindes meistens ein freudiger Anlass, aber oft erschweren äussere Umstände den Start: Kom-plikationen bei der Geburt, traumatische (Flucht-)Erfahrungen, psychische Erkrankungen, schwierige soziale und ökonomische Verhältnisse. Frei praktizierende Hebammen sind in solchen Situationen besonders gefragt, da sie rund 80 Prozent der jungen Familien nach der Entlassung aus dem Spital betreuen. Zwei Studien der ZHAW zeigen auf, welchen Nutzen betroffene Fami-lien, aber auch Spitäler aus der Arbeit der Hebammen ziehen. Sie machen deutlich, dass die Fachfrauen zunehmend mit sozialer und wirtschaftlicher Not ihrer Klientel konfrontiert sind. Hier herrscht Handlungsbedarf, sagt ZHAW-Studienleiterin Jessica Pehlke-Milde: «Es ist wichtig, dass nicht nur medizinische, son-dern auch soziale Risiken frühzeitig erkannt werden.» Denn: «Je früher die Unterstützung erfolgt, desto besser sind die Chancen auf eine ungestörte Entwicklung der Kinder.» Beispiele für eine solche Unterstützung sind Haushaltshilfen, Dolmetscherdienste, die auch kulturell vermitteln, aber auch psychologische Betreu-ung oder finanzielle Entlastungsangebote.

Bei der Evaluation des Hebammennetzwerkes Familystart Zürich, das pro Jahr über 3000 Frauen an frei praktizierende Hebammen vermittelt, wurde deutlich, dass der grösste Teil der vermittelten Frauen ausländische Staatsangehörige (68%) waren,

rund ein Viertel von ihnen keine Berufsausbildung hatte und überdurchschnittlich oft durch schwere Geburten (Kaiserschnit-te) oder Armut belastet war. «Die betroffenen Frauen schätzen die Unterstützung bei der Hebammensuche und fühlen sich durch die Betreuung entlastet», sagt Susanne Grylka, Studi-enleiterin der Evaluation. Die dem Netzwerk angeschlossenen Hebammen wiederum können dank der Koordinationsarbeit des Vereins ihre Arbeitszeit effizienter planen. Auch die Spitäler beurteilen die Vermittlungsarbeit vom Hebammennetzwerk sehr positiv: Der Organisationsaufwand für das Pflegepersonal hat sich dadurch um bis zu 85 Prozent reduziert.

Arbeit stösst auf positives EchoDieses durchwegs positive Echo wird hingegen ökonomisch kaum gewürdigt. Für die Hebammen ist die Versorgung der Familien mit einem hohen zeitlichen Aufwand verbunden: Sie stehen praktisch rund um die Uhr für Notfalleinsätze und Be-ratung zur Verfügung. «Der Mehraufwand beispielsweise durch die Organisation eines Dolmetscherdienstes ist durch die pau-schal vergüteten Hausbesuche nicht abgedeckt», erklärt Jessica Pehlke-Milde. «Andere Berufsgruppen in der Frühen Förderung werden im Stundenansatz bezahlt. Auch Hebammen sollten für den Zusatzaufwand entschädigt werden.»

↘ Zu den Studien: bit.ly/2EsEz4T | bit.ly/2Haqxbg

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liche und somit eine politische Dimension, betont Abderhalden. Es gehe darum, die Chancengleichheit in verschiedenen Bereichen zu ver-bessern – etwa für alte Menschen, bildungsferne Schichten oder ge-fährdete Familien. «Ein Kind aus ei-ner suchtbelasteten Familie hat ein sechsmal höheres Risiko, selbst eine Suchtproblematik zu entwickeln», führt sie als Beispiel an. «Es haben eben nicht alle die gleichen Start-bedingungen.» Deshalb greife es zu kurz, an die Eigenverantwortung des Einzelnen zu appellieren. «Das Schlagwort der Bevormundung im Zusammenhang mit Prävention wird häufig politisch missbraucht. Unter diesem Deckmantel geht es nicht selten ums Sparen.»

Einen ganzheitlichen und res-sourcenorientierten Ansatz pflegt der Verein Akzent in Luzern, der sich in der Suchtprävention enga-giert. Dort ist die ZHAW-Studentin Esther Helfenstein im Praktikum. Die Fachleute arbeiten nicht direkt mit den Zielgruppen, sondern mit Schlüsselpersonen wie etwa Berufs-bildnern oder Lehrpersonen. «Ver-mutet ein Berufsbildner, dass ein

Lehrling kifft, ist es wichtig, dies mit Fingerspitzengefühl anzuspre-chen», so Helfenstein. Das Fördern von Schutzfaktoren, etwa durch Wertschätzung und Anerkennung, spiele eine zentrale Rolle in der Frühintervention. Zudem sollten Risiko faktoren wie Über- oder Un-terforderung reduziert werden. Be-sonders gefährdet seien Lernende in Berufen mit unregelmässigen Ar-beitszeiten. Wenn etwa eine ange-hende Bäckerin wegen Nachtschich-

ten den Kontakt zu Gleichaltrigen verliere, bestehe die Gefahr, dass sie einen problematischen Inter-net- oder Drogenkonsum entwicke-le. Berufsbildner sollten solche Schwierigkeiten thematisieren und mit den Jugendlichen über gesun-de Strategien sprechen. Ihr Rat: «Na-türlich müssen sie Klartext reden, was im Betrieb geht und was nicht. Gleichzeitig sollten sie den Jugend-lichen Unterstützung anbieten. Die meisten sind froh darüber.» ◼

Ganzheitliche und ressourcen-orientierte Gesundheits-förderung erproben die beiden Bachelor-studierenden Tatjana Drescher (l.) und Esther Helfenstein in ihren Praktika.

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Impact | März 2019 WEITERBILDUNG

Ressourcen tanken für den BerufsalltagSelbstmanagement, Achtsam-keit und Gelassenheit sind die Schlagworte der Leistungsge-sellschaft. Je höher die An-sprüche der Arbeitswelt, desto wichtiger wird der bewusste Umgang mit diesen Belastungen. Das ist lernbar.

SIBYLLE VEIGL

So klein das oberitalienische Flüsschen Rubikon war: Es war die Grenze zwischen der rö-mischen Provinz Gallia cisalpina und dem eigentlichen Italien vor über 2000 Jahren. Noch heute ist der Ausdruck «den Rubikon überschreiten» eine Metapher dafür, sich auf eine riskante Handlung einzulassen und einen unwiderrufbaren Ent-scheid zu treffen. Mit Entscheidungen, die Grenz-überschreitungen gleichkom-men, sind Fach- und Führungs-kräfte generell konfrontiert: Bei Umstrukturierungen stehen Führungskräfte vor dem Dilem-ma, Mitarbeitende entlassen zu müssen, oder es verändern sich Funktion und Tätigkeit. Und die digitale Transformation fordert völlig neue Kompetenzen und Arbeitsweisen im Team und in der Organisation.

Persönliche Ziele erreichenDeshalb wird Selbstmanage-ment immer wichtiger: die Fähigkeit, die berufliche und persönliche Entwicklung mög-lichst selbstbestimmt zu gestal-ten, Arbeitszufriedenheit und Work-Life-Balance zu verbessern und dabei auch die eigene Per-son, ihr Verhalten und die Wir-kung auf andere zu verstehen. Zum Selbstmanagement ge-hört, die inneren Ressourcen zu aktivieren, um sich persönliche Ziele zu setzen und zu erreichen.

Dafür hat die Psychologie sich der Rubikon-Metapher bedient: Das Rubikon-Modell der Hand-lungsphasen beschreibt, wie aus einem vagen «ich möchte» ein entschlossenes «ich will» wird. Es ist in das sogenannte Zürcher Ressourcen-Modell eingeflos-sen, das auch im CAS Selbstma-nagement in Non-Profit-Orga-nisationen des Departementes Soziale Arbeit angewandt wird. Entscheidend für diesen Schritt über den Rubikon ist, sich ein motivierendes Ziel zu setzen, das ein positives Gefühl weckt. Im Alltag etwa nicht der Plan «Ich will meine Work-Life-Balance steigern», sondern «Ich gönne mir drei Auszeiten pro Woche».

Sozialsektor unter DruckPersönlichen Zielen den nötigen Raum zu geben, ist gerade für Fachkräfte im sozialen Bereich entscheidend, denn sie sind grossen fachlichen und emo-tionalen Belastungen ausge-setzt. Der Sozialsektor sei einer

starken Ökonomisierung unter-worfen, erklärt Santino Güntert, Studiengangleiter des CAS Selbstmanagement in Non-Pro-fit-Organisationen. Möglichst schnell müsse möglichst viel er-ledigt und über jeden Aufwand müsse Rechenschaft abgelegt werden. «Doch die Soziale Arbeit hat Klienten in extremen Notla-gen – und bei ihnen kann man nicht einfach auf einen Knopf drücken, und die Notlage ver-schwindet.» Die Spannung zwischen Effizi-enzforderungen und fachlich sorgfältiger Klientenbetreuung erzeugt einen hohen Druck auf die Fachkräfte. Zudem wird die Tätigkeit komplexer, da mit For-derungen von immer mehr An-spruchsgruppen umgegangen werden muss. «Das war vor zehn oder zwanzig Jahren noch nicht der Fall», sagt Güntert. Die Unterstützung durch Sozial-hilfe beispielsweise ist an immer mehr Auflagen gebunden, und den Hilfsbedürftigen müssen bei

Verstoss Gelder gekürzt werden. Die Kinder- und Erwachsenen-schutzbehörde Kesb muss – das Kindswohl im Zentrum – oft ge-gen Eltern handeln und Familien trennen. Die Schulsozialarbeit, die heute bei Konflikten etwa durch verhaltensauffällige Kin-der oder bei Mobbing beigezo-gen wird, muss unterschiedliche Interessen und Forderungen von Lehrkräften, Eltern, Schulverwal-tung und den betroffenen Kin-dern oder Jugendlichen mit ihrer Aufgabe vereinbaren können. Im Bereich der Sozialen Arbeit sei man tagtäglich mit verschie-densten Problem- und Konflikt-feldern konfrontiert, sagt auch ein Teilnehmer des CAS, Patrick Seigerschmidt von der Stiftung Zürcher Kinder- und Jugend-heime. Es sei also von grossem Nutzen, sich in der Resilienz, der psychischen Widerstandsfähig-keit, wie in der Burnout-Präven-tion fit zu machen.Nicht nur, um sich selbst zu ma-nagen, sondern auch in Füh-

Selbstbestimmt die private und berufliche Entwicklung zu planen, steigert Work-Life-Balance und Arbeitszufriedenheit.

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Impact | März 2019WEITERBILDUNG

rungsrollen müssen eigene Res-sourcen aktiviert und Fähigkei-ten und Persönlichkeitsmerk-male verstanden werden. Die Auseinandersetzung mit der Frage «Was macht mich aus und wie wirke ich auf andere?» ist wichtig, um das Führungsleit-bild des Arbeitgebers mit den eigenen persönlichen Vorausset-zungen abzugleichen.

Gestaltung der Führungsrolle«Führungsrollen sind primär aufgaben- und situationsorien-tiert, die Rolle zu gestalten heisst immer auch, die Bezie-hung zu gestalten», erläutert der Einführungstext zum Wei-terbildungskurs «Persönlichkeit führt: sich und andere wirk-sam entwickeln» des Departe-mentes Angewandte Psycholo-

gie. Im Kurs wird das psycholo-gische Konzept der «fünf Säulen der Identität» verwendet: Das sind Körper und Seele, sozi-ale Beziehungen, Arbeit und Leistung, materielle Sicherheit sowie die eigenen Werte. Sind alle fünf Säulen stark, so kann von einer ausgewogenen Work-Life- Balance gesprochen werden. Wird jedoch beispielsweise die Säule Arbeit und Leistung zu do-minant und leiden soziale Be-ziehungen oder das körperliche Wohlbefinden darunter, so gerät das Identitätssystem in Schie-flage. Kennt eine Führungskraft also ihre inneren Ressourcen und Kompetenzen, so kann sie diese zur richtigen Gestaltung der Führungsrolle nützen – im Sinn der Organisation und als Beitrag zur Zielerreichung.

Weiterbildungen zum Thema Ressourcen und SelbstmanagementSoziale Arbeit • CAS Selbstmanagement in

Non-Profit-Organisationen• WBK Toolbox Selbst-

management• WBK Ressourcentankstelle• WBK Achtsame Selbst-

führung• WBK Resilienz und

Burnout-Prophylaxe

Angewandte Psychologie• DAS Ressourcen- & lösungs-

orientierte Beratung • WBK Persönlichkeit führt –

sich und andere wirksam entwickeln

• WBK Stress bewältigen –

eigene Ressourcen kennen und aktivieren

• WBK Emotionale Intelligenz I

Gesundheit• MAS in Patienten- und

Familienedukation• WBK Patientenedukations-

programme entwickeln• WBK Gesundheits- und

Selbstmanagement-kompetenzen fördern

• WBK Selbstmanagement in Pädiatrischer Pflege

↘ Alle Weiterbildungenunter: www.zhaw.ch/weiterbildung

A N G E WA N D T E L I N G U I S T I K

WBK PRE- UND POST-EDITING VON MASCHINELLEN ÜBERSET-ZUNGENStart: 11.05.2019Kontakt: [email protected]

CAS TEXTEN – REDIGIEREN – GESTALTEN FÜR PRINT UND WEBStart: 13.09.2019Kontakt: [email protected]

ANGEWANDTE PSYCHOLOGIE

WBK VERHANDLUNGSTRAININGStart: 09.04.2019 und 20.11.2019Kontakt: [email protected]

CAS BILDUNG IN ORGANISATI-ONEN STRATEGISCH FÜHRENStart: 07.05.2019Kontakt: [email protected]

A RCH ITE K TU R , G E STA LTU N G U N D BAU I N G E N I E U RWE SE N

CAS BESTELLERKOMPETENZ – PROJEKT- UND GESAMT-LEITUNG IM BAUPROZESSStart: 27.09.2019Kontakt: [email protected]

CAS BAURECHT – PL ANUNGS-RECHT – BAUAUFSICHTStart: 27.09.2019Kontakt: [email protected]

G E SU N D H E IT

WBK FAMILIENZENTRIERTE PFLEGE UND BERATUNGStart: 06.05.2019Kontakt: [email protected]

CAS GESCHÄFTSFÜHRUNG VON PRAXEN

Start: 23.08.2019Kontakt: [email protected]

CAS KLINISCHE FACHSPEZIALISTIN / KLINISCHER FACHSPEZIALISTStart: laufendKontakt: [email protected]

L I F E S C I E N C E S U N DFA C I L I T Y M A N A G E M E N T

CAS IMMOBILIENÖKONOMIEStart: 25.04.2019Kontakt: [email protected]

CAS VEGETATIONSANALYSE & FELDBOTANIKStart: 27.04.2019Kontakt: [email protected]

S O Z I A L E A R B E I T

CAS BETRIEBSWIRTSCHAFT UND FINANZIELLE FÜHRUNG IN

NON-PROFIT-ORGANISATIONENStart: 20.08.2019Kontakt: [email protected]

CAS SOZIALHILFERECHTStart: 22.08.2019Kontakt: [email protected]

CAS SCHULSOZIALARBEITStart: 29.08.2019Kontakt: [email protected]

S C H O O L O F E N G I N E E R I N G

CAS ANGEWANDTE IT-SICHERHEITStart: 10.09.2019Kontakt: [email protected]

CAS ADDITIVE FERTIGUNGStart: 19.09.2019Kontakt: [email protected]

AU SWA H L A K TU E L L E R WE ITE R B I L D U N G SA N G E B OTE A N D E R Z H AW

MAS Master of Advanced Studies, CAS Certificate of Advanced Studies, WBK Weiterbildungskurs, DAS Diploma of Advanced Studies↘ Weitere Kurse und Informationen unter www.zhaw.ch/de/weiterbildung (Mitglieder ALUMNI ZHAW erhalten Rabatte)

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Impact | März 2019 WEITERBILDUNG

«Den Digitalisierungs-Turbo einschalten»Von Medien- und Öffentlich-keitsarbeit über Social Media bis zur internen Mitarbeiterkommu-nikation: «Wir sind die Hüter der Reputation», bringt Andrea Schweizer die Aufgabe ihres Teams auf einen Nenner. Sie lei-tet seit Dezember letzten Jahres den Bereich Corporate Commu-nication bei PostFinance. Insge-samt ist sie seit vier Jahren in der Unternehmenskommunika-tion der Bank tätig. PostFinance verfolgt das Ziel, «die Nummer eins der digitalen Retailbanken in der Schweiz» zu werden – und damit muss auch die Kommunikationsabteilung Schritt halten, den «Digitalisie-rungs-Turbo» einschalten, wie es Schweizer umschreibt. «Auch wir von der Kommunikation müssen fit sein in den Themen der Digitalisierung», sagt sie. Etwa mit der Art, wie ihre Stake-holder kommunizieren. Kun-den schreiben zum Beispiel an die Bank heute via Twitter oder Facebook, und Online-Banking ist bereits sehr stark verbreitet.

Neuland betretenVor der Banken- und Versiche-rungsbranche habe sie vor ihrem Eintritt bei PostFinance immer viel Respekt gehabt, sagt sie.

Ihre berufliche Laufbahn hatte sie bei Swisscom begonnen, wo sie in verschiedenen Funktionen während 15 Jahren arbeitete – schwergewichtig im Bereich Hu-man Resources. Dann wollte sie sich in einem neuen Fachgebiet herausfordern und wechselte bei Swisscom in die Kommunikati-on: «Das hat sich als gute Wahl erwiesen, das war der richtige Weg für mich», sagt die 46-Jäh-rige. Von Swisscom ging sie an die Berner Fachhochschule, wo sie stellvertretende Kommunika-tionsleiterin wurde und berufs-begleitend den MAS Corporate Communication Management absolvierte. Mit PostFinance be-trat sie nochmals Neuland: «Ich bin überzeugt, dass man offen und unvoreingenommen sein und auf Themen zugehen muss – diese Offenheit hat sich in meinem Fall als gut erwiesen.» Bei PostFinance beschäftigt sie die Digitalisierung auf verschie-denen Ebenen: Bankprodukte, Kommunikationskanäle wie auch alltägliche Arbeitsprozesse sind einer Transformation unter-worfen. Für diese Anforderungen in der Unternehmenskommunikation suchte sie eine Weiterbildung, die nicht auf einzelne Kommu-

nikationskanäle, aufs Marketing oder auf technische Aspekte aus-gerichtet ist. Denn das gehöre nicht zu ihrem Berufsalltag.

Überblick zur Digitalisierung in Kommunikation gesuchtDer CAS Digitale Transformation und Kommunikation des Depar-tementes ANGEWANDTE LINGUISTIK habe ihr einen Über-blick verschafft, in welchen Be-reichen der Kommunikation die Digitalisierung an Einfluss ge-winnen werde. «Ich habe viele Impulse mitge-nommen, die ich im Team ein-bringen kann.» Speziell ange-

sprochen hat sie das Modul der kulturellen Dimension und da-mit zusammenhängend die Be-fähigung der Mitarbeitenden: Leitplanken für die Mitarbeiter-kommunikation setzen, Mitar-beitende für die Digitalisierung befähigen und im eigenen Team ein gemeinsames Verständnis des Kommunikationsanspruchs herstellen – das ist ein wichtiger Teil ihrer Arbeit. «Verschliessen kann sich niemand vor der Digi-talisierung», sagt sie.

SIBYLLE VEIGL

↘ bit.ly/2EIxs8F

Andrea Schweizer leitet den Bereich Corporate Communication bei PostFinance.

Spezialwissen Kinderphysiotherapie Auf Spezialbereiche der Physio-therapie für Säuglinge, Kinder und Jugendliche ist die neue Weiterbildung des Departe-mentes GESUNDHEIT ausgerich-tet: In diesem CAS werden die drei Vertiefungsrichtungen All-gemeine Kinderphysiotherapie, Hippotherapie und COPCA (Co-ping with and Caring for Infants with special needs) angeboten. Die nächste CAS-Durchführung mit allen Vertiefungsrichtungen

ist voraussichtlich im Jahr 2021. Die Module COPCA und Schwer-punkt Säuglinge können einzeln belegt werden und starten be-reits am 16. Mai bzw. am 25. Sep-tember 2019.

CAS SPEZIALBEREICHE IN PÄDIATRISCHER PHYSIOTHERAPIEStart: 16. Mai, 25. September 2019 (einzelne Module)Kontakt: weiterbildung. [email protected]

Firmenkrisen rechtzeitig abwendenDie beschleunigte Dynamik von Zyklen in der Wirtschaftswelt kann Unternehmen sehr schnell in kritische Situationen brin-gen. Eminent wichtig ist es, die Signale für mögliche Unterneh-menskrisen frühzeitig zu erken-nen, um rechtzeitig handeln zu können. Im Weiterbildungskurs Unternehmensrestrukturierung der SCHOOL OF MANAGEMENT AND LAW wird der Weg von ei-ner strategischen über eine Er-

trags- zu einer Liquiditätskri-se aufgezeigt und erörtert, wie diese Krisen frühzeitig erkannt werden können. Der WBK rich-tet sich an Personen, die sich mit der strategischen und finanzi-ellen Führung von Unternehmen auseinandersetzen.

WBK UNTERNEHMENS-RESTRUKTURIERUNGStart: 18. Juni 2019 Kontakt: [email protected]

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VERANSTALTUNGEN Impact | März 2019

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Digitale Leben der Zukunft

Vielleicht sind wir eines Tages an einem Punkt angelangt, wo die maschinellen Fähigkeiten den menschlichen Möglich-keiten ebenbürtig sind. Wir können uns ein Leben ohne maschinelle Hilfen kaum mehr vorstellen. Welche Szenarien für eine solche Zukunft sind wünschbar, und welche Szenari-en sind zukunftspessimistische Dystopien? Und wie weit kann der Mensch überhaupt noch seine Zukunft gestalten? Diesen Fragen geht der Themenabend «Digital Lives» der SCHOOL OF MANAGEMENT AND LAW

am 19. Juni nach. Im Rahmen des übergeordneten Themas «Digi-tal Lives» wurden durch Studen-tinnen und Studenten Szenarien entwickelt, die wertfrei und erzählerisch zeigen, wie das Leben in einer möglichen Zu-kunft ausgeprägt sein könnte. Die an diesem Abend präsen-tierten Szenarien stützen sich dabei auf rund ein Dutzend Masterarbeiten, welche am Departement für verschiedene Anwendungsdomänen durchge-führt wurden. Die Teilnahme an diesem Anlass steht allen offen und ist kostenlos.

IAP Kompakt am Morgen Von Schwindlern und BetrügernDie Veranstaltungsreihe IAP Kompakt des Departements ANGEWANDTE PSYCHOLOGIE startet im April wieder durch. Neu findet sie morgens von 8 bis 9 Uhr statt. Interessierte erhalten Einblicke in die Welt der Psychologie und erfahren, wie psychologische Phänomene unseren Alltag (mit)bestimmen. Den Auftakt am 30. April macht Patrick Boss, stellvertretender Leiter des Zentrums Diagnostik, Verkehrs- & Sicherheitspsycho-

logie, mit seinem Referat «Lügen aufdecken leicht ge-macht?». Dabei geht es um Lügen, mit denen jeder Mensch täglich konfrontiert wird, und um den Umgang mit Schwind-lern, Betrügern und Hochstap-lern. Am 20. Mai wird dann Big Data im Personalwesen be-leuchtet, und Thema am 12. Juni sind individuelle Laufbahnen und berufliche Sinnerfüllung. Die Events finden in Zürich, Militärstrasse 46, statt.

Verantwortungsvolle FührungVom 8. bis 10. April findet in Winterthur die International Week zum Thema «Management and Leadership in an ever chan-ging world» an der SCHOOL OF MANAGEMENT AND LAW statt. Ein Highlight der Veranstaltung wird der Focus Event am 9. April zum Thema «Mindful Responsi-ble Leadership» sein. Über die Bedeutung von Achtsamkeit auf internationaler Management-ebene und die Bedeutung von Achtsamkeitsprogrammen in Organisationen diskutieren Mathias Schüz, Professor für Responsible Leadership an der ZHAW, Petra Maria Heeb, Senior

Customer Engagement Executive SAP, Gianni Valeri, Geschäftslei-tungsmitglied bei Manpower, sowie Enrico Bauer, Geschäfts-führender Inhaber von Enrico Bauer Consulting,

Digital innovativ im Gesundheitswesen

Um Digitalisierung in Health Care geht es an der Tagung Facility-Management-Perspekti-ven am Institut für Facility Management (FM) am 5. April. Neben FM-Fachleuten wird auch David Bossart referieren. Er ist Geschäftsführer des GDI Gott-lieb Duttweiler Instituts in Rüschlikon.

Wirkung von pflanz-lichen Heilmitteln

Der Day of Life Sciences am 11. April in Wädenswil befasst sich mit der Analyse, Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit von pflanzlichen Medizinalpro-dukten. Am Tag darauf ist eine Exkursion zur Padma AG in Wetzikon geplant, einer Her-stellerin von tibetischen Arznei-mitteln.

Lebensmittelrecht in der Praxis

Das neue schweizerische Le-bensmittelrecht zwei Jahre nach seiner Inkraftsetzung ist das Thema der Lebensmittel-recht-Tagung vom 9. Mai in Wädenswil. Ein Fazit und einen Ausblick wird Adrian Kunz vom Bundesamt für Lebensmittel-sicherheit und Veterinärwesen (BLV) geben.

Smart Data für die Kundschaft

«Smart Data und künstliche Intelligenz – Wie schaffen wir Nutzen für unsere Kunden?», fragt der Finance Circle am 24. Juni an der School of Ma-nagement and Law. Die Event-reihe will Plattform für den Gedankenaustausch sein und richtet sich an Fachleute aus der Finanz- und Immobilienbranche.

↘ Alle Veranstaltungen unter www.zhaw.ch/veranstaltungen

Wie wird der Mensch jenseits der Digitalisierung leben? Darum geht es am 19. Juni in Winterthur.

Im April in Winterthur: die International Week der SML.

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VERANSTALTUNGENImpact | März 2019

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Vortragsreihe Blauer Montag Die Form der Stadt verstehenViele der Theorien des Städte-baus zielen darauf ab, die Freiheit der Entwurfspraxis mit normativen Leitplanken einzu-grenzen. Der Ansatz der Stadt-morphologie ist ein anderer: Wer in die Stadt eingreift, sollte verstehen, wie sie sich entwi-ckelt. Es wird versucht, die strukturelle Dynamik von Stadt und Territorium zu beschreiben. Kann dieser Ansatz neue Mög-lichkeiten der kreativen Arbeit an und mit der Stadt erschlies-sen? Dieser Frage geht die Vortragsreihe «Blauer Montag» des Departementes ARCHITEK-TUR, GESTALTUNG UND BAUIN-GENIEURWESEN nach: Sie stellt

drei Positionen vor, welche die Stadtmorphologie mit der Entwurfspraxis und mit sozia-len oder ideengeschichtlichen Fragestellungen verbinden. Nachdem am 25. März Susanne Komossa, Leiterin eines Lehr-stuhls für architektonischen Entwurf an der niederlän-dischen Universität Delft, die Reihe begonnen hat, wird am 15. April André Bideau sprechen. Er ist Architekturtheoretiker und lehrt derzeit an der Accade-mia di architettura in Mendri-sio. Am 6. Mai schliesst der Architekt Lars Marcus die Reihe ab, er ist Dozent an der Universi-tät Chalmers in Göteborg.

Montagsführungen Vom Küken zum PouletbrüstliAm 1. April und am 6. Mai finden in Wädenswil weitere Montags-führungen des Departementes LIFE SCIENCES UND FACILITY MANAGEMENT statt. Im April geht es um «Gehölzbetonte Pflanzensysteme»: Die Art der Unterpflanzung von Bäumen im Siedlungsraum spielt eine entscheidende Rolle, denn in der Natur bilden sich Pflanzenge-sellschaften – wichtig ist also die

Frage der idealen Kombination von Pflanzen. Im Mai dann wird dem Thema «Glückliche Hühner? – Vom Küken zum Pouletbrüstli» nachgegangen. Es wird gefragt, wie eine möglichst artgemässe, ethische Hühnerhaltung ausse-hen könnte, basierend auf einem Studierendenprojekt, bei dem langsam wachsende Hühner mit schnell wachsenden Masthüh-nern verglichen wurden.

Um 6 im Kreis 5 Schule und Eltern – Partner?Die Schule bestimmt den Alltag von Kindern und ihren Familien. Dem Kind soll es dabei gut gehen. Doch wie kann dieses Ziel erreicht werden? An der Veranstaltung «Um 6 im Kreis 5» des Departements SOZIALE ARBEIT zum Thema «Schule und Eltern – Partner oder Gegen-spieler?» diskutieren Fachleute am 2. April, wie die Zusammen-arbeit zwischen den Akteuren

zum Wohle aller gestaltet werden kann. Am 7. Mai widmet sich die Reihe im Toni-Areal in Zürich dem Thema «Fordern und fördern: Selbstbestimmung im zweiten Arbeitsmarkt». Unterstützung ist zunehmend an soziale und berufliche Massnahmen gekop-pelt. Wie gehen Teilnehmende an Programmen im zweiten Arbeitsmarkt damit um?

Branchenanlass IAM live #Wortwahl – Politik der SchlagworteDas Wahljahr 2019 ist ein Labor der öffentlichen Kommunika-tion. Mit Schlagworten und #Hashtags zieht die Politik in den Kampf um die Aufmerksam-keit und Gunst des Publikums. Wir lesen, posten und sharen fleissig mit. Doch haben das digitalisierte Schlagwort, die Kreation und Verlinkung von Geschichten in der Kommunika-tion Wirkung und Zukunft? Ist

das, was zum Beispiel mit #JeSuisCharlie und #MeToo international die öffentlichen Diskurse bewegt hat, mit #Klimawahl oder #Vertrags-bruchsinitiative auch in der Schweizer Politik angekommen? Diese Fragen werden am Branchen anlass IAM live des Departements ANGEWANDTE LINGUISTIK am 26. Juni in Winterthur diskutiert werden.

Die Macht des BildesDie Litigation-PR-Tagung am 10. April an der SCHOOL OF MANAGEMENT AND LAW widmet sich dem Bild, einem zentralen Mittel der Rechtskom-munikation. Diese Kommunika-tion erfolgt mehr und mehr durch audiovisuelle Inhalte wie Videos oder Grafiken, die jeder-zeit und überall verfügbar sind. Keynote-Sprecher sind Armin

Wolf, österreichischer Journalist und stellvertretender Chef-redaktor des Fernsehens ORF, Karin Matussek, Korresponden-tin für Recht und Justiz der Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg, sowie Alt-Bundesrat Christoph Blocher – und am anschliessenden Galadiner wird der ehemalige Bundesrat Kaspar Villiger sprechen.

Spezialitätenmarkt WädenswilDer Spezialitätenmarkt in Wädenswil, organisiert vom Departement LIFE SCIENCES UND FACILITY MANAGEMENT, ist jedes Jahr ein Treffpunkt für Pflanzenliebhaberinnen und Gartenfreunde. Ob fürs Hoch-beet, für die Terrasse oder den eigenen Garten: Fast 40 Ausstel-ler bieten eine einzigartige Auswahl an Pflanzenraritäten und altbewährten Sorten, von Obst- und Beerenpflanzen, Gemüsesetzlingen, Kräutern bis zu Blumen, Stauden und Jung-bäumen. Der Markt findet am Samstag, 11. Mai 2019, auf dem Campus Grüental statt.

↘ Alle Veranstaltungen unter www.zhaw.ch/veranstaltungen

Raritäten für Pflanzenliebhaber finden sich am 11. Mai.

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CLOSE-UP

«Das Wohl der Tiere stellt hohe Anforderungen an uns»Wieso hast du dich für den Job im Zoo Zürich entschieden?Alison Clements: Anfangs wa-ren es der schöne, parkähnliche Arbeitsplatz, die Tiere und di-verse Anwendungsbereiche des Facility Management. Schnell kamen die guten Arbeitsbedin-gungen, die sozialen Kontakte und die persönlichen Entfal-tungsmöglichkeiten hinzu.

In welchen Projekten warst du in den letzten 10 Jahren involviert?Ich war etwa bei der Planung und dem Bau des «Kaeng Krachan»-Elefantenparks haut-nah dabei, konnte ein Ener-gie-Controlling aufbauen und mit Experten einen CO2-Bericht erarbeiten – dieser wird nun jährlich erneuert. Ausserdem habe ich unser Reinigungsteam durch eine Prozessoptimierung geführt. Seit Januar 2018 bin ich nun mit dem ehemaligen Leiter Instandhaltung Markus Barben und unserem Vorgesetzten Andi Hohl, dem Stv. Zoo-Direktor, als

Projektleiterin für die Entwick-lung des Zoos zuständig.

Was sind dort konkret deine Aufgaben?Das Team Entwicklung über-nimmt Taktisches und Strate-gisches wie das Überprüfen der Wartungsverträge, das Optimie-

ren des Einkaufs und die Anpas-sung der Prozesse an die neu-en Begebenheiten. Des Weite-ren sind wir bei der Planung der Inbetriebnahme der Lewa Sa-vanne 2020*, beim Aufbau einer Objektstrategie und dem Über-prüfen der bereichsinternen Führungstools involviert.

Gibt es ein paar Zahlen, die du uns nennen kannst?Als Leiterin Reinigung habe ich Statistik geführt: Das Team rei-nigt täglich Böden in 14 Häu-sern mit der Fläche eines ganzen Fussballfeldes. Pro Besucher fallen im Schnitt ein Meter Toilettenpapier und 73 Gramm Betriebskehricht pro Jahr an. Be-eindruckend sind die 13 Kilome-ter, welche die Mitarbeiter auf der «Kübelrunde» an einem be-sucherreichen Tag zurücklegen. Dabei stemmen sie rund 140 Ab-falleimer. Die Abfallbewirtschaf-tung und Entsorgung ist ein The-ma, welches in den nächsten Jah-ren optimiert werden soll.

Wie viel Tier gehört zu deinem Alltag?Bei der Planung müssen das Tierwohl und die damit verbun-denen Arbeitsabläufe der ande-ren Abteilungen im Auge behal-ten werden. Diese Schnittstel-len machen meinen Alltag so abwechslungsreich. Tierpflege, Reinigung, Logistik, Gartenbau,

Alison Clements (38) hat nach der kaufmännischen Grundausbil-dung und der Matur 2009 den Bachelor in Facility Management absolviert. Aktuell ist sie am MAS Leadership & Management an der ZHAW eingeschrieben. Dies berufsbegleitend – seit zehn Jah-ren ist sie beim Zoo Zürich als Head of Facility Management und Projektleiterin Entwicklung tätig. Ihre Hobbys sind Reisen und fremde Kulturen. Ihr Motto: Schwierigen Situationen mit Neu-gier und Freundlichkeit begegnen – das zahle sich meistens aus.

ALUMNI ZHAW60 ALUMNI ZHAW 60/61 Close-up 61/62 ALUMNI ZHAW 63 Engineering & Architecture 64 School of Management and Law 64 Gesundheit 65 Managed Health Care 65 Events 65 Kontakte

Es geht Schlag auf Schlag: Erst im letzten Jahr fusionierten die Basisvereine der ALUMNI ZHAW zu einem einzigen gemeinsamen Verein mit Fachbereichen. Ziel war es, Synergien zu erzielen, indem wir Gemeinsames zentral umsetzen, damit dezentral mehr Zeit und Ressourcen für die Alumni-Arbeit und das einzelne Mitglied zur Verfügung stehen. Mit der Fusion ist Jean-Marc Piveteau, der Rektor der ZHAW, auf uns zugekom-men und hat angeboten, die ZHAW könne die Geschäftsstelle für die ALUMNI ZHAW führen. Damit bleiben den Fachbereichen noch mehr Ressourcen für ihre Mitglieder. In mehreren Workshops mit Vertretern der bisherigen Ge-schäftsstelle, der ZHAW und der Alumni wurden innert kurzer Zeit die Rahmenbedingungen,

Leistungserwartungen und Konditionen ausgehan-delt. Danke an alle Beteiligten für diesen Effort. Am 5. Dezember 2018 hat der Vorstand der ALUMNI ZHAW dieser neuen Zusammenarbeit per 1. Januar 2019 zugestimmt. Wir haben nun die Rahmenbe-dingungen, um uns mit Vollgas um die Alumni- Arbeit zu kümmern. Was ist geplant? Als Erstes geht es darum, alle Ehemaligen über verschiedene Kanäle anzusprechen. Wir werden die Leistungen strukturieren und bereits im Studium bei den Studierenden präsent sein. Auch spannende und unterhaltsame Events gehören zum Networ-king-Angebot unserer ALUMNI ZHAW.

Herzlich, Euer PIERRE RAPPAZZO, Präsident ALUMNI ZHAW

Liebe ALUMNI-Mitglieder

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Instandhaltung, Events und Gas-tronomie organisieren sich so, dass die Besucher möglichst we-nig gestört werden. Das Wohl der Tiere stellt hohe Anforderungen an uns: Wir müssen Sicherheits-vorgaben einhalten, Erholungs- oder Brutzeiten beachten. Man-che Tiere mögen es etwa nicht, wenn morgens abrupt das Licht angeht oder sie durch eine neue Scheuersaugmaschine veräng-stigt werden.

Was hat sich in den letzten Jahren verändert?Ein Grund, weshalb ich mich auch nach zehn Jahren im Zoo noch so wohl fühle, ist, dass sich meine Aufgaben alle zwei bis drei Jahre grundlegend verän-dert haben. Mich immer wieder neuen Herausforderungen zu stellen, Lösungen zu entwickeln, Routine und Stabilität zu erlan-gen, um dann eine neue Heraus-forderung anzunehmen – das macht es für mich aus.

Tauscht man sich in deinem Bereich mit anderen Zoos aus? In der Zoowelt gibt es viel Aus-tausch. Im tierischen Bereich liegt dies vielleicht auf der Hand. Doch auch die Direktoren, die Techniker, das Marketing und die Finanzleiter haben ihre ei-genen Tagungen, wo zoospezi-fische Themen besprochen und ausgetauscht werden.

Wie wichtig ist gute Vernet-zung für dich?Ich bin sehr kontaktfreudig, pro-fitiere von einem guten Netz-werk und bin regelmässig an Alumni-Veranstaltungen dabei. Auch mit ehemaligen Studien-kollegen bin ich in Kontakt und geniesse den Austausch über FM-Themen oder Führungs-herausforderungen und komme so auch zu kreativen Lösungsan-sätzen. ◼

Therese Kramarz

↘ *Informationen unter: www.zoo.ch/lewa

ALUMNI ZHAW

Mehr Synergien und Vorteile für die MitgliederIm Rahmen der Umsetzungs-arbeiten der Fusion wurde auch die Übergabe der Administra-tion an die ZHAW vorbereitet. Der Vorstand hat eine entspre-chende Vereinbarung mit der ZHAW am 5. Dezember 2018 ver-abschiedet. Neu werden die ope-rativen Arbeiten für ALUMNI ZHAW im Rektorat angesiedelt und auch dort erledigt. Damit kann in Zukunft wesentlich en-ger mit unserer Alma Mater zu-sammengearbeitet werden. Es eröffnen sich mehr Synergien und Vorteile für die Mitglieder. Tanja Blättler wird als langjäh-rige und geschätzte ALUMNI- Mitarbeiterin zukünftig neu als ZHAW-Mitarbeiterin für ALUM-

NI ZHAW tätig sein und damit für die nötige Kontinuität sor-gen. Roberto Bretscher hat sei-ne Funktion als Geschäftsfüh-rer ALUMNI ZHAW auf Ende Jahr beendet und wird im ersten

Quartal 2019 den Übergabepro-zess begleiten und im ALUMNI- ZHAW-Vorstand als Vizepräsi-dent weiterhin unterstützend zur Verfügung stehen.

Roberto Bretscher

Wenn Herr Knigge mit am Tisch sitzt Dieses Jahr verpasste der Ab-solvententag ZHAW mit der ALUMNI ZHAW sowie der Stif-tung ZHAW dem Business-Knig-ge-Kurs ein Makeover – erstmals wurde er im renommierten Res-taurant AuPremier direkt im Hauptbahnhof Zürich durchge-führt. Dies stiess auf grosses In-teresse – mit 48 Teilnehmern war der Kurs ausgebucht.Image-Consultant Liliane Fors-ter behandelte dabei jegli-che Aspekte, mit denen man bei einem Firmenanlass oder einem Vorstellungsgespräch konfrontiert werden könnte. Zuerst drehte sich alles um den ersten Eindruck – denn für die-sen gibt es keine zweite Chan-ce. Forster zeigte, welche gros-se Rolle das nonverbale Aus-drucks-Potenzial spielt und auf was bei Gestik, Mimik und Kör-perhaltung geachtet werden muss, um einen aufgeschlos-senen, positiven, ruhigen ersten Eindruck zu machen.

Der nächste Schritt ist die Begrüs sung. In welcher Reihen-folge sollten Vorgesetzte und Mitarbeiter begrüsst werden? Was hat Vorrang: Alter oder Sta-tus? Liliane Forster klärt auf: Der Status ist dem Alter über-legen. Doch schon hier tauchte die nächste Frage auf: Wie wird dann begrüsst? Hier gilt: Weni-ger ist mehr! Ein wenig Körper-kontakt ist okay, man sollte aber eher zurückhaltend sein. Liliane Fors ter ergriff gleich die Gele-genheit und zeigte zusammen mit einer Teilnehmerin, was geht – und vor allem: was nicht. Angelehnt an den ersten Ein-druck wurde die omnipräsen-te Frage thematisiert: Was ziehe ich an? Mit «Outfit ist Kommuni-kation» startete die Image-Con-sultant in die nächste Runde und liess die Teilnehmer wissen, wel-che Schuhe ein No-Go sind, wie das Make-up gehalten werden soll und ob eine Krawatte wirk-lich notwendig ist. Kurz darauf

war Zeit für den  Apéro  – doch für einmal nicht nur zum Spass: Jedes Häppchen brachte eigene Schwierigkeiten beim Essen mit sich. Wie wird was gegessen und wie hält man Glas, Teller und Ser-viette so, dass gleichzeitig noch jemand begrüsst werden kann? Dann wurde das Essen serviert: Drei Gänge, mit grösster Sorgfalt ausgewählt. Das Ziel: ein maxi-maler Lernerfolg. Nina Reichmuth

Einigten sich auf die engere Zusammenarbeit zwischen ALUMNI ZHAW und ZHAW: Pierre Rappazzo (l.), Präsident ALUMNI ZHAW, Jean-Marc Piveteau, Rektor ZHAW (M.) und Roberto Bretscher, Vizepräsident ALUMNI ZHAW.

Nichts für Anfänger: die Auswahl beim Apéro.

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ALUMNI ZHAW

«Wer länger im Erwerbsleben bleibt, altert besser!»Die Veranstaltung «50+ – Älter-werden in der sich verän-dernden Alterswelt» – bildete den Jahresauftakt für ALUMNI ZHAW mit Laufbahnberate-rin Regula Zellweger. Es wur-de über Werte, verschiedene Lebens phasen, Vor(ur)teile älterer Arbeitnehmer und mögliche Vorbehalte gegen-über der Arbeitswelt 4.0 dis-kutiert. Mit vielen Denkan-stössen verliessen die Teilneh-menden die zweistündige Ver-anstaltung – Regula Zellweger stand uns im Anschluss für ein Interview zur Verfügung.

Bei all deinen Tätigkeiten: Was treibt dich an?Regula Zellweger: Interesse, Neugier, Lust auf Neues, Lebens-freude, Spass daran, Dingen auf den Grund zu gehen. Und «Frechmut», nicht nur von et-was zu träumen, sondern Träu-me auch zu realisieren. Ich habe immer versucht, das zu tun, was mir Freude macht – und damit auch das nötige Geld zum Leben zu verdienen. Ich bin gern Port-folio-Workerin, möchte mich nicht auf einen einzigen Job be-schränken, sondern verschie-dene Tätigkeiten kombinieren. Manch einer denkt ja mit über 50 bereits an die Pensionie-rung. Warum lohnt es sich, nochmals durchzustarten?Mit 65 Jahren hat man durch-schnittlich noch 20 Lebensjah-re vor sich, so viele wie von 30 bis 50. Was man da nicht alles erlebt hat! Ich will die Jahre mit Leben füllen, nicht umgekehrt. Es gilt, herauszufinden, was ei-nen im Leben zufrieden ge-macht hat, um es sich wieder zu holen. Ich fühle mich gut, wenn ich auf etwas hinleben kann – und nicht von etwas weg. Auch ältere Menschen sollen Träume haben und ihre Ziele verwirk-

lichen. Zudem: Wer mit Freu-de arbeitet, wird besser altern.

Und was rätst du Menschen, die mit über 50 einen neuen Job suchen müssen?Unbedingt gezielt vernetzen, denn die Jobs gehen heute un-ter der Hand weg. Stete Wei-terbildung ist heute ein Muss. Wichtig ist auch, zu lernen, sich selbstbewusst zu verkau-fen, die Erfahrung als Erfolgs-faktor zu kommunizieren. Man darf sich nicht auf eine ein-zige Lösung versteifen, sondern muss offen und kreativ sein. Das Fatalste wäre, wenn man in eine Opferrolle fallen würde.

Weshalb sollen Unternehmen ältere Personen einstellen?Unternehmen sollen Personen einstellen, die für den Job opti-mal geeignet sind. Nicht weil sie weiblich oder männlich, alt oder jung sind. Jeder soll die Verant-wortung für die eigene Befind-lichkeit und die eigene beruf-liche Laufbahn übernehmen. Es gilt, das ganze Arbeitsleben lang arbeitsmarktattraktiv zu sein – mit steter Weiterbildung, dem Nachweis von erfolgreichen Pro-jekten und einer Persönlichkeit, die auf sympathische Art Profes-sionalität ausstrahlt. Es ist nicht immer Altersdiskriminierung, wenn ältere Mitarbeitende kei-ne Stelle bekommen. Wo siehst du die konkreten Herausforderungen für die Generation 50+?Ich wünsche mir, dass HR-Leute offen sind für die Anerkennung der Kompetenzen älterer Mitar-beiter. Ich wünsche mir von Ar-beitnehmenden, dass sie sich be-ruflich fit halten, auch wenn sie meinen, einen Lebensjob zu ha-ben. Ich wünsche mir, dass der Jugendlichkeitswahn generell nicht genährt wird und die Qua-

lität älterer Menschen in der Ge-sellschaft und der Arbeitswelt wertgeschätzt wird. Damit muss jeder bei sich selbst beginnen.

Was werden zukünftige Anfor-derungen sein?Mit der Digitalisierung werden sich viele Berufsbilder verän-dern. Redundante Arbeiten wer-den automatisiert. Die Anfor-derungen an lebenslängliches Lernen nehmen zu. Flexibilität wird unabdingbar, denn die Ar-beitswelt der Zukunft wird sich vom Normal-Arbeitsverhält-nis verabschieden, und neue Arbeitsformen wie Teilzeitar-beit, befristete Anstellung oder Portfolio-Working werden zum

Standard. Man wird je länger, je weniger von statischen Berufs-bildern, stattdessen von gefor-derten Kompetenzen sprechen.

Du hast uns mit auf den Weg gegeben, keine «verbitterten Alten» zu werden. Was hilft dabei?Luftschlösser bauen – und sie voller Lebensfreude und mit Zu-versicht bewohnen. Generell in Bewegung bleiben. Am Schluss des Lebens bedauert man nicht, was man getan hat, sondern was man nicht getan hat. ◼

Interview:  Majka Mitzel

↘ Lektüre-Tipps und ausführ-liche Interview-Version unter www.alumni-zhaw.ch/de/aktuelles

Regula Zellweger (66) ist Psychologin und Laufbahnberaterin. Sie arbeitete als Erwachsenenbildnerin, Chefredaktorin, Buchautorin und freie Journalistin. ↘ www.altwerden-spaeter.blog

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«Die Brücke war früher eine Raucherhöhle»Gleich gegenüber dem Bahn-hof Wollishofen steht die Werft der Zürichsee Schifffahrtsge-sellschaft (ZSG). Der grösste Teil der Flotte schlummert im Win-terschlaf an den langen Piers, die vom Ufer her langsam in der Dunkelheit verschwinden. Trotz der frostigen Temperaturen ha-ben sich an diesem Abend über 40 Alumni der ZHAW Enginee-ring & Architecture auf dem Ge-lände versammelt, um während einer Tour einen Blick an Orte zu werfen, die sonst nur der Schiffs-Crew vorbehalten sind. Die erste Station ist die Brücke der «MS Linth». Das Motorschiff wurde im Winter 2016/17 gene-ralüberholt und mit der mo-dernsten Technik ausgestattet. «Dank den eingebauten Geräten

können unsere Kapitäne auch bei Nebel fahren und Hinder-nisse erkennen», erklärt Pascal Wieders. Er begann 1991 bei der ZSG und ist seit 2016 Chefkapitän der Schifffahrtsgesellschaft. Auf das angebrachte Rauchverbots-signet angesprochen, erzählt er: «Früher war die Brücke eine Rau-cherhöhle mit prall gefüllten Aschenbechern. Ich selber habe aber nie geraucht.» Weiter geht es über schmale Treppenstufen ins Herzstück der «Stadt Rapperswil» – ein über 100 Jahre alter Dampfer. Hier hat der Kapitän auf der Brücke keine Kontrolle über das Fahrtempo, sondern muss seinen Maschi-nisten im Bauch des Schiffes via Sprechrohr präzise Anwei-sungen geben. Sie verlangsamen

dann den maschinellen Antrieb der zwei Schaufelräder. «Im Ge-gensatz zu einem Motorboot mit Düsen an den Seiten lässt sich ein vom Kurs abgekommenes Dampfschiff nicht so einfach wieder in Position bringen.» Die Tour endet in der grossen Werkhalle. Aktuell steht dort die «MS Panta Rhei», die von einem fünfstöckigen Baugerüst umge-ben ist. «Normalerweise können und wollen sie das Schiff nicht von unten sehen», sagt Wieders augen zwinkernd. Die «MS Pan-ta Rhei» bleibt den Winter über im Trockendock, was Revisi-onen von anderen Schiffen um ein Jahr verschiebt. «Aus dieser Optik gesehen hätten wir ger-ne einen längeren Winter», sagt Wieders. ◼ Dominic Bleisch

ALUMNI ZHAW ENGINEERING  & ARCHITECTURE

NEST in Dübendorf: Alte Jeans für die ZukunftEin Bauunternehmen darf nicht experimentierfreudig sein – deshalb hat die Eidgenössische Materialprüfungs- und For-schungsanstalt Empa in Düben-dorf ZH das NEST-Forschungsge-bäude (Next Evolution in Susta-inable Building Technologies) entworfen. Stephan Kälin, bei NEST für Kommunikation und Events zu-ständig, begrüsste die zahlreich erschienenen Alumni der ZHAW Engineering & Architecture und erklärte sogleich, warum NEST «das» Schweizer Labor für Inno-vationsbeschleunigung sei: Das Gebäude biete eine Plattform, auf der Neues unter realen Be-dingungen getestet, verbessert und demonstriert werden kön-ne. Dazu gehörten der ressour-censchonende Leichtbau oder Digital Living. Ziel des NEST sei es, gemeinsam die Innovations-beschleunigung im Bau- und Energiewesen voranzutreiben. Zum nächsten Teil der Füh-

rung gings in den zweiten Stock, wo die Alumni eine Wohnung aus recycelten Materialien besichtig ten. «Die Unit ist ge-steckt und geschraubt, da Kle-ber und Bauschaum nicht recy-celbar sind», erklärt Kälin: «Die Steine der dekorativen Back-steinwand wurden aus Bau-schutt hergestellt, zur Isolierung wurden alte Jeans genutzt.» Wei-ter gings mit der Wellness-Unit. Stephan Kälin erklärte, wie hier Wärmeenergie gespeichert und logisch vielfach eingesetzt wird, etwa für die Sauna. Die eigent-liche Forschung gelte aber nicht der Energieerzeugung, son-dern der Anwendung der Hoch-temperatur für Gebäude. Im Keller des NEST befindet sich das Forschungslabor für Ab-wasserreinigung. Zurzeit unter-sucht die Empa hier, wie stark die Reinigung des Abwassers sein darf, um es wieder im Ge-bäude nutzen zu können. Aus dem Urin werde beispielswei-

se Pflanzendünger gewonnen, der auch für Gemüse gärten ge-braucht werden darf. Die Empa nennt das Gesamtprojekt «Die Toilette der Zukunft». Letzter Programmpunkt war das Projekt «Move – die Mobili-tät von morgen». Da die Trans-portzunahme ein Problem für die Umwelt darstellt, wird hier

untersucht, wie Wasserstoff als Treibstoff genutzt werden kann. Es gebe in der Schweiz bereits Autos und dazugehörige Lade-stationen, doch der Preis der Technologie sei noch hoch. «Das wird sich aber noch ändern», er-klärte Patrick Stadelmann von Move den Alumni. ◼

Céline Simmen

In Dübendorf entstand mit dem NEST ein Labor für Innovationsbe-schleunigung in der Baubranche: Die Alumni bei der Präsentation.

Hinter den Kulissen der Zürich-see Schiffahrtsgesellschaft.

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ALUMNI ZHAW GESUNDHEIT

Glänzendes Zürich: Wo Licht ist, ist auch SchattenDie schönen Ecken von Zürich kennt jeder: das Panorama an der Seepromenade, die netten Beizen im Niederdorf oder die Trend-Shops an der Bahnhof-strasse. Einen anderen Blick auf Zürich nahmen die Teilneh-menden des Herbstanlasses der ALUMNI ZHAW Gesundheit wahr. Im Rahmen einer Stadt-führung der Organisation «Sur-prise» führten Personen von der Strasse die Alumni durch die Be-reiche der Stadt, die man gerne ignoriert. Eine Notherberge wur-de besucht, die Beratungsstelle für Alkoholprobleme des blau-en Kreuzes vorgestellt, wich-tige Treffpunkte für obdachlose

Menschen in der Stadt wurden aufgezeigt, und auch der Gas-senküche stattete man einen kurzen Besuch ab. Untermalt wurde die Führung von ein-drücklichen Anekdoten der Sur-prise-Mitarbeitenden, welche umfassende Einblicke in das Le-ben auf der Strasse boten. Nebst den Freuden des gemeinsamen Wiedersehens und Beisammen-seins erlebten die Alumni auch so manchen nachdenklichen und berührenden Moment. Zu-künftig werden sie wohl beim Flanieren durch Zürich die Au-gen auch für die Schattenseiten der Grossstadt offen haben. ◼

Hanspeter Künzle

ALUMNI ZHAW SCHOOL OF MANAGEMENT AND LAW

In Hamburg spielt nicht nur die MusikEinen besonderen Trip erlebten die 24 teilnehmenden Alumni der ZHAW School of Manage-ment and Law im November: Nach der Begrüssung durch Reise leiter und Organisator San-dro Schwander und Vorstand-spräsident Cyril Kägi am Check-in-Schalter des Flughafens Zü-rich gings durch die Sicherheits-kontrolle zum Gate. Schon zwei Stunden später erreichte die Gruppe das Hotel in der Ham-burger Speicherstadt. Von dort starteten die Alumni am nächs-ten Tag zur Besichtigung der Elbphilharmonie: Trotz des für Hamburg typischen Niesel-regens begann die geführte Tour im Freien, um das faszi-nierende Bauwerk von aussen betrachten zu können. Genau-so beeindruckend wirkte auch das Innere des Prunkbaus, in dem jedes architektonische De-tail bis aufs Kleinste durchdacht zu sein scheint. So wurde der his torische Speicher durch ein Glasbauwerk ergänzt, welches die raue See sowie das Musische

vereint. Insbesondere der Gros-se Konzertsaal mit seinen 2150 Sitzplätzen und der mittigen Bühne beeindruckte die Alum-ni. Zweiter Programmpunkt an diesem Nachmittag war die Führung in den Airbus-Werken. Der gröss te Produktionsstand-ort des Unternehmens beschäf-tigt über 18’000 Mitarbeiten-de. Das hell beleuchtete Gelän-de wirkte allerdings wie aus-gestorben – Wochenendarbeit gibts hier nicht. Dennoch hin-terliessen die Anlagen der bei-den hier ausgelieferten Model-le – des A320 und des A380, des grössten Passagierflugzeugs der Welt – einen enormen Eindruck. Wie jetzt bekannt wurde, wird 2021 allerdings der letzte A380 das Werk verlassen – die Nach-frage ist schlicht zu gering. Nach dem gemeinsamen Abendessen machte sich ein kleiner Trupp auf zur legendä ren Hamburger Aus-gangsmeile, der Reeperbahn. Bei Live-Musik und bunten Drinks konnten die Alumni in St. Paulis schillerndes Nachtleben eintau-

chen. Nach dem individuell ge-stalteten Sonntag, den die Alum-ni etwa für eine Hafenrundfahrt oder die Besichtigung des Minia-tur Wunderlandes nutzten, ging

es mit einem echten Hamburger bereits wieder nach Hause: Den Rückflug traten die Alumni in einem Airbus A320 an. ◼

Micha Neumair

In der Hamburger HafenCity liegt auch das Konzerthaus Elbphil-harmonie (Mitte), welches 2016 fertiggestellt wurde.

Bei der Führung mit Angestellten der Organisation «Surprise» erhielten die Alumni ganz neue Einblicke in das Grossstadtleben.

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ALUMNI ZHAW MANAGED HEALTH CARE

Speednetworking: Was habe ich zu bieten?Persönliches Netzwerken ist auch im Zeitalter von Social Web immer noch wichtig, um Kon-takte zu anderen Personen zu knüpfen und zu pflegen. Grund genug für die ALUMNI ZHAW Managed Health Care, zum «Speednetworking» mit Birgit Troschel als Referentin einzula-den. Die studierte Psychologin und Partnerin beim Rekrutie-rungsspezialisten Stettler Con-sulting zeigte den Alumni auf, worauf es ankommt beim Net-working, und führte ihnen auch

die steigende Relevanz des digi-talen Networkings vor Augen. Für die Expertin ist klar, dass ein gepflegter digitaler Auftritt auf den gängigen Business-Platt-formen wie LinkedIn und Xing mit stets aktuellem Profil und seriösem Foto das A und O ist. Dazu kommt der «Digital Foo-dprint», der immer mehr Be-achtung beim Netzwerken fin-den wird: «Was erscheint von Ihnen im Netz, wer liked Ihre Blogs, wem folgen Sie, mit wem sind Sie bekannt – hier werden

Sie wahrgenommen», betont Troschel. Das solle man nicht erst beachten, wenn man auf Stellensuche ist. Sie sieht im Networking-Talent eine Kom-petenz, die zunehmend wichtig für die Business-Karriere wird. Und egal, ob on- oder offline: Die erste Frage beim Aufbau und der Pflege von beruflichen Kontak-ten sollte immer sein: Was kann ich bieten, so dass andere sich mit mir vernetzen – bevor ich etwas von anderen möchte.

Majka Mitzel

ALUMNI-EVENTS (STAND MÄRZ 2019) ↘ EVENTDETAILS/ANMELDUNG UNTER: WWW.ALUMNI-ZHAW.CH/EVENTS

ALUMNI ZHAW inkl. Fach-bereichen

Datum Art und Inhalt des Anlasses Zeit Ort

ALUMNI ZHAW UND FACHBEREICHE Datum Art und Inhalt des Anlasses Zeit Ort

ENGINEERING & ARCHITECTURE 28.03.19 Infoveranstaltung des Fachbereiches E&A und Führung durch das Dampfzentrum / Museum

17.00 Uhr Winterthur

19.04.19 Führung durch das SRF Studio Zürich Leutschenbach 17.30 Uhr Zürich

08.05.19 Seminar zur Vorsorge 50+ in Zusammenarbeit mit FH Schweiz 18.15 Uhr Zürich

22.05.19 Besichtigung des «Green Datacenter» 16.45 Uhr Lupfig

06.07.19 Baustellenführung «The Circle» 14.00 Uhr Zürich-Flughafen

29.08.19 Geschichte und Degustation im Weingut Diederik 18.00 Uhr Küsnacht

24.10.19 Besichtigung der Seilerei Kisling 17.00 Uhr Winterthur

07.11.19 Besichtigung der Einsatzzentrale der Rega 17.45 Uhr Zürich-Flughafen

20.11.19 Seminar zur Vorsorge 50+ in Zusammenarbeit mit FH Schweiz 18.15 Uhr Winterthur

23.01.20 Besichtigung des modernsten Kehrichtheizkraftwerks der Schweiz 16.00 Uhr Zürich

FACILITY MANAGEMENT 11.04.19 1. Jahrestreffen des Fachbereiches ALUMNI ZHAW FM 16.45 Uhr Zürich

04.05.19 SOLA-Stafette Zürich – ALUMNI ZHAW FM rennt sich durch Zürich und Umgebung 7.30 Uhr Zürich

21.05.19 «Behind the Scences» bei Schindler Aufzüge AG 17.00 Uhr Ebikon

06.09.19 Nchtwächterführung in Zürich 20.00 Uhr Zürich

07.11.19 Kulinarischer Alumni FM Socialevent 17.30 Uhr Zürich

SCHOOL OF MANAGEMENT AND LAW 28.03.19 Artificial Intelligence & Jahresversammlung 17.15 Uhr Zürich

15.04.19 Lindt & Sprüngli 17.45 Uhr Kilchberg

Stiftung ZHAWGertrudstrasse 158400 WinterthurTelefon 058 934 66 [email protected]

Absolvententag ZHAWGertrudstrasse 158400 WinterthurTelefon 058 934 66 [email protected]

Columni c/o Claudia Sedioli Maritz Theaterstrasse 15c8400 WinterthurTelefon 058 934 61 64Mobile 078 852 28 [email protected]

Adressliste/Kontakte ALUMNI ZHAW

Absolventinnen und Absolventen der ZHAW

ALUMNI ZHAWGertrudstrasse 15 8400 WinterthurTelefon 052 203 47 [email protected]

ALUMNI ZHAW Fachbereiche

Angewandte [email protected]

Arts & Fundraising [email protected]

Engineering & [email protected]

Facility [email protected]

Gesundheit [email protected]

Life [email protected]

Managed Health Care [email protected]

School of Management and Law [email protected]

Sprachen & [email protected]

Partnerorganisationen

VSZHAWTechnikumstrasse 98400 [email protected]

Die studierte Psychologin Birgit Troschel erklärte, worauf es beim Networking ankommt.

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PERSPEKTIVENWECHSEL

Kiew‒Trier‒Winterthur:Anna Chepizhko stammt aus der Ukraine, studiert in Deutschland und hat an der ZHAW ein Austauschsemes­ter Organisationskommuni­kation absolviert.

Mein Bild von der Schweiz war immer: ein Land von Bergen und Seen. Und dann kam ich in Winterthur an: weit und breit kein See oder hohe Berge. Im Ge-genteil: Die kulturellen Neunut-zungen in den ehemaligen In-dustriequartieren erinnerten mich manchmal an Berlin, wo ich ein halbes Jahr im Bundes-tag gearbeitet habe. Mein Ein-druck heute: Die Schweiz ist sehr vielfältig – und Berge und Seen habe ich inzwischen auch gesehen.

In die Schweiz und an die ZHAW bin ich im Rahmen des Erasmus-Programms gekom-

men. Ich absolviere mein Mas-terstudium in Medienwissen-schaft in Trier, meinen Bache-lor habe ich an der Taras-Schew-tschenko-Universität von Kiew gemacht. Ich suchte nach einer Möglichkeit, meine Englisch- und Deutschkenntnisse weiter zu verbessern. Winterthur war perfekt dafür: Das Semester in Organisationskommunikation an der ZHAW war in englischer Sprache, und dazu konnte ich im Alltag mein Deutsch üben. Mein Professor in Trier hatte mich zwar gewarnt: «Die Schweizer reden komisch.» Doch vier Mo-nate nach meiner Ankunft ver-stand ich sicher 70 Prozent des Schweizerdeutschen.

In meinem Wohnheim hier in Winterthur habe ich die Ge-meinschaftsküche als eigent-liches Epizentrum erlebt, um die Schweizer Kultur und Men-talität kennenzulernen. Vom

Frühstück bis zum Abendessen haben sich die Bewohner hier getroffen und sich ausgetauscht. Die Schweizer sind vielleicht auf den ersten Blick etwas ver-schlossen – ich habe sie aber als sehr weltoffen und hilfsbereit erlebt. Man muss allerdings ein ehrliches Interesse zeigen und offen sein. Als typisch schwei-

Nicht nur Berge und Seen: Anna Chepizhko hat die Vielfalt der Schweiz kennengelernt.

Epizentrum Wohnheimküchezerisch wird mir das Frühstück hier immer in Erinnerung blei-ben: Brot mit Butter und Mar-melade. Das haben fast alle im Wohnheim gegessen.

Das Studium an der ZHAW hat mir viele neue Erkenntnisse ge-bracht. An den Universitäten in Kiew und Trier ist die Ausrich-tung des Studiums naturgemäss eher theoretischer Natur. Hier in Winterthur kommen sehr viele Dozierende aus der Praxis, zum Beispiel Kommunikations-verantwortliche der UBS oder von Barry Callebaut, die Gast-vorträge hielten. Ideal wäre, wenn ich nach meinem Studi-um im Bereich Public Affairs ar-beiten könnte. In der Ukraine ist Lobbying ja gesetzlich nicht reguliert, doch in Deutschland, wo ich bleiben möchte, ist dies ganz anders. ◼

Aufgezeichnet von Sibylle Veigl

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Language MattersDer Blog des ZHAW-Departements Angewandte Linguistik macht diese für Wirtschaft und Gesellschaft nutzbar und Sprache und Kommunikation erlebbar. Mit Beiträgen von Studierenden, Forschenden oder Gastautoren zeigen die Macher auf, wo die Angewandte Linguistik mit unserem All-tag in Kontakt kommt, warum sie unser Berufsleben beein-flusst oder wie sie die Forschung voranbringt.

blog.zhaw.ch/languagematters

ZHAW auf Social Media: zhaw.ch/socialmedia

youtube.com/zhaw.ch Grassrooted – Studierende kämpfen gegen Food WasteOptisch unpassendes und nicht ge-nug normiertes Obst und Gemüse landet oft im Abfall. Eine Gruppe von Studierenden der ZHAW hat mit ihrem Verein «Grassrooted» auf die-ses Problem reagiert.youtu.be/AMDHbMJk5Go

Woche 1 ist vorbei, weiter geht’s. Wir wünschen euch viel Glück und drücken die Daumen. Ihr schafft das! #prüfungsphase #prüfungszeit #schwimmen #thumbsup #goodluck #theendisnear #baldgeschafft #igmeme #büffeln  #memetime #zhawaroundtheworld #zhaw #visitzurich #kidsofinstagram

Ruhe bewahren

instagram.com/zhaw

Zürichsee-Zeitung 18.02.2019

«Kaffee ist viel mehr als nur ein Lebensmittel»Der ZHAW-Chemiker Chahan Yeret-zian gilt weltweit als Kaffeeexperte. In einem Interview in der «Zürich-see-Zeitung» erklärte er, warum Kaf-fee viel mehr ist als nur ein Lebens-mittel. «Wer Kaffee wirklich verste-hen will, muss sich nebst Chemie, Physik und Sensorik auch mit Ökono-mie, Handel und Politik, Agronomie, Nachhaltigkeit und vielem mehr aus-einandersetzten.»

SRF Puls 18.02.2019

«Hightech-Leggings – Zukunfts-hoffnung für Gehbehinderte»Das SRF-Gesundheitsmagazin «Puls» war Gast im Bewegungs labor der ZHAW. Porträtiert wurde das EU-Pro-jekt XoSoft, an dem zwei Departe-mente der ZHAW beteiligt sind. Ge-sundheitswissenschaftlerin Evely-ne Graf, Projektleiterin seitens der ZHAW, erklärt im Beitrag, wie intel-ligente Leggings Patienten künftig beim Gehen unterstützen können.

Radio SRF 1 17.02.2019

«Vinzenz Wyss untersucht die Rolle der Medien im Fall Walker»Im Fall des wegen versuchten Mor-des verurteilten Innerschweizers Ig-naz Walker stehen Vorwürfe gegen die Medien wegen ihrer problema-tischen Rolle im Raum. ZHAW-Me-dienwissenschaftler Vinzenz Wyss hat nun von der Urner Regierung den Auftrag erhalten, die Berichterstat-tung über den Fall zu untersuchen. «Das Ziel ist eine möglichst systema-tische und ganzheitliche Analyse», erklärte er in einem Interview gegen-über Radio SRF.

20 Minuten 12.02.2019

«Grosse Pläne für fliegende Autos»«Aus rein technischer Sicht dürften fliegende Autos in den Städten schon bald ein grosses Thema werden», erklärte ZHAW-Mobilitätsforscher Thomas Sauter-Servaes in einem Ar-tikel in der Pendlerzeitung «20 Minu-ten». Als Massenverkehrsmittel sieht er für Lufttaxis in der Schweiz aber keine Zukunft, weil das Schweizer ÖV-System sehr stark sei.

MEDIENSCHAU

facebook.com/ engineering.zhaw Erste Frau in Schweizer KampfjetFanny Chollet ist die erste Kampfjet-pilotin der Schweiz. Ihr Bachelorstu-dium hat sie bei uns im Studiengang Aviatik abgeschlossen. Herzliche Gratulation! #WomenInScience

twitter.com/zhaw Elektronische Signatur für die BlockchainWir haben zusammen mit @Swiss-com_de eine neue elektronische Signatur entwickelt, mit der mittels #Blockchain rechtsgültige Verträ-ge abgeschlossen werden können. http://ow.ly/gdnp30nuryW #Smart-Contract

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Impact | März 2019 MEDIEN/SOCIAL MEDIA

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Lesetipp

Page 68: ZHAW-ALUMNA MENSCHEN...Nachhaltigkeit geht, sondern auch um Aktivierung von per-sönlichen und gesellschaftlichen Ressourcen, steht der Baum auch hier als Sinnbild: Wie ein gezielter

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