Zukunftsstrategien Für Orchester

Embed Size (px)

Citation preview

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    1/169

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    2/169

    Zukunftsstrategien für Orchester

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    3/169

    Stefan Rosu

    Zukunftsstrategien für

    Orchester

    Kompetenzen und Kräftemobilisieren

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    4/169

    Dr. Stefan RosuMattseeÖsterreich

    ISBN 978-3-658-05387-1 ISBN 978-3-658-05388-8 (eBook)DOI 10.1007/978-3-658-05388-8

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio-nalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.deabrufbar.

    Springer VS© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung,die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigenZustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen,Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektroni-schen Systemen.

    Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in die-

    sem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dasssolche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zubetrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

    Lektorat: Dr. Cori Antonia Mackrodt, Katharina Gonsior

    Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier

    Springer VS ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der FachverlagsgruppeSpringer Science+Business Mediawww.springer-vs.de

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    5/169

    Orchester (orchestre) „Abbild der Gesellschaft. Jeder spielt seine Rolle,und es gibt einen Chef.“ (Flaubert: Dictionnaire des idées reçues,Erschienen posthum 1931)

    Strategie „To discover opportunities for industry revolution,one must look at the world in a new way,through a new lens.“ 

    (Hamel: Strategy as Revolution 1996, S. 79)

    Zukunft  „Wir befinden uns erst am Anfang – der Zukunft.Wer sie mitgestalten will, muss von den eigenenGewohnheiten Abschied nehmen.“ (Haselbach et al. 2012, S. 73)

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    6/169

    Vorwort: Warum dieses Buch?

    Die aktuelle Debatte um den Erhalt von Kulturinstitutionen wird zunehmend von

    wirtschaftlichen Begriffen geprägt: verlangt wird ein effizienter Einsatz der Mittel,ein Geist kultureller Unternehmerschaft auf allen Ebenen sowie Flexibilität von Or-ganisation und Mitarbeitern. Dabei ist der Erhalt einer Institution selbst nicht mehrgarantiert. Die Gangart wird härter. Kürzungen, Fusionen und selbst die Auflösung

     von etablierten Institutionen werden zur realen und gesellschaftlich immer wenigersanktionierten Handlungsoption.

    Diese Entwicklung betrifft auch die klassischen Berufsorchester. Fusionen undein hohe Zahl von Auflösungen selbst renommierter Orchester sind seit Jahren ander Tagesordnung. Wer als Berufsmusiker heute seine Stelle in einem Orchester

     verliert, wird sich allein schon wegen des schrumpfenden Markts sehr schwer tun,eine neue Stelle in einem Berufsorchester zu finden. Und noch schwieriger wirdes, eine Stelle mit auch nur annähernd vergleichbarem Entlohnungsniveau zu fin-den. Wer nun erwartet, dass aus den Berufsorchestern Signale des Aufbruchs oderInitiativen der Erneuerung kämen, um diesem Abwärtstrend entgegenzuwirken,der irrt. Stattdessen bleiben die Orchester seltsam unberührt. Sie halten fest an denbewährten Rezepten der Vergangenheit.

    Die Ausgangsthese diesesBuches lautet, dass eine bewahrende Herangehenswei-

    se für einen beträchtlichen Teil der Berufsorchester nicht ausreichen wird, um denHerausforderungen der Zukunft zu begegnen. Dieses Buch befasst sich deshalb mitder Frage, welchen Weg ein Berufsorchester beschreiten kann, um seine Existenzauch in Zukunft sicherzustellen. In acht Kapiteln werden die wesentlichenElementeundAnsätze vorgestellt, die für die Entwicklung von tragfähigen Zukunftsstrategiennotwendig sind. Dabei beschränkt sich die Darstellung bewusst auf eine übersichtli-che Zahl von Modellen und Ansätzen, die sich entweder in der strategischen Praxisals sehr wertvoll erwiesen haben oder die es dem Berufsorchester erlauben, durchneue Ansätze innovative Aktivitäten zu entwickeln.

    VII

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    7/169

    VIII Vorwort: Warum dieses Buch?

    Dieser Text plädiert für ein erweitertes Verständnis des Begriffs Orchester. Denner geht von der Einsicht aus, dass die Institution Berufsorchester entscheidendeEntwicklungspotentiale ungenutzt lässt, wenn sie sich in seinen Aktivitäten aus-

    schließlich auf den Spielbetrieb und die Wiedergabe des Repertoires konzentriert.Einige wenige Orchester werden sich dies vielleicht auch in Zukunft leisten können.Viele andere müssen ihre Relevanz jedoch auf einer breiteren Existenzgrundlageaufbauen. Dieses Buch will zeigen, wie neue Kraft gewonnen werden kann, indemalle Kompetenzen des Orchesters mobilisiert werden. Die Aufführung eines musi-kalischen Werks im Konzert bleibt dabei ein zentrales ,Produkt‘ dieses Orchesters– aber eben nicht das Einzige.

    Der Text richtet sich an alle Leser, die das Berufsorchester als wichtigen Be-standteil der klassischen Musiktradition auch für zukünftige Generationen erhalten

    wollen. Er richtet sich an diejenigen, die im Kultursektor wirken und dies un-abhängig davon, ob sie dies als Musiker oder Manager, Politiker oder Förderer,Programmierer eines Orchesters oder Mitarbeiter einer Kulturbehörde tun. DerText richtet sich darüber hinaus an die Studierenden der Ausbildungsgänge zumKultur- und Freizeitmanager. Und er richtet sich natürlich an alle, die an strategi-schen Fragestellungen interessiert oder einfach neugierig auf eine Innenansicht desSektors der Berufsorchester sind.

    Als tief in der klassischen Musikkultur verwurzelter Autor hoffe ich, den Or-chestern und seinen Trägern in diesem Buch Anregungen für einen gangbaren

    Weg in die Zukunft geben zu können. Das Buch ist einerseits aus der Warte desMusikers und Hörers geschrieben, der großen Respekt vor den Leistungen hat,die in den Orchestern heute erbracht werden. Es spiegelt aber auch die Erfahrun-gen des Orchesterintendanten wieder und ist getragen von der Überzeugung, dassdie historisch gewachsene Orchesterkultur in einigen Aspekten an die heutigenBedingungen angepasst werden muss, um die Institution des professionellen Be-rufsorchesters zu bewahren. In diesem Sinne begleitet den Text auch der Wunsch,dass er dem Leser auf anregende Weise ein tieferes Verständnis der InstitutionOrchester ermöglicht, indem der Blick nicht auf Vergangenheit und Gegenwart,sondern auf die Zukunft gerichtet wird. Das Buch hat sein Ziel erreicht, wennes zum Nachdenken über Auffassungen führt, die für den Leser bislang ganzselbstverständlich waren. Und wenn dadurch Raum für Wandel und Veränderung

     vorstellbar würde.Am Ende gilt es Dank zu sagen an alle, die zum Gelingen dieses Textes beigetra-

    gen und mich als kritische Leser beraten haben. Allen voran steht hier der MünchnerStrategieberater Peter Gartiser, der in diesem Buch auch mit einem eigenen Textzum Einfluss der Megatrends auf den Kulturbereich zu Wort kommt (vgl. Kap.

    4.4.3). Ebenfalls gebührt mein Dank Herrn Prof. Oliver Scheytt, der mich bei der

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    8/169

    Vorwort: Warum dieses Buch? IX

    Veröffentlichung dieses Textes tatkräftig unterstützt hat. Ich danke auch den Mit-arbeitern von Springer VS und Gabler VS und allen voran Frau Dr. Mackrodt undFrau Katharina Gonsior, die dieses Buch als Lektorinnen betreut haben. Die wich-

    tigste Größe war aber in der gesamten Phase meine Frau Madeleine Landlinger, diees ertragen hat, über eine lange Zeit hinweg immer wieder über das gleiche Themazu sprechen. Und die mir auch über die unvermeidlichen Krisen bei Schreiben einessolchen Textes hinweggeholfen hat.

    Mattsee bei Salzburg und Maastricht im Februar 2014 Dr. Stefan Rosu

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    9/169

    Inhaltsverzeichnis

    1 Einleitung   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1 Der Begriff des Berufsorchesters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Die vier entscheidenden Schritte der Strategieentwicklung . . . . . . . . . 21.3 Die geistigen Väter für die Darstellung des Strategieprozesses . . . . . . 31.4 Der Fokus der Darstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.5 Wie dieses Buch gelesen werden kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.6 Zur inhaltlichen Gliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

    2 Strategisches Management   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

    2.1 Der Begriff Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.2 Strategisches Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92.2.1 Das Problem der (un-) zuverlässigen Prognose . . . . . . . . . . . . 112.2.2 Die Auswirkungen strategischer Fehler oder fehlender

    Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122.2.3 Der General Management Navigator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

    2.3 Der Nutzen von Strategischem Management für einBerufsorchester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.3.1 Operationales Orchestermanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

    2.3.2 Die aktuelle Lage der Berufsorchester. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182.3.3 Strategisches Management für Berufsorchester . . . . . . . . . . . . 19

    3 Strategieprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233.1 Fünf Varianten von Strategieprozessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

    3.1.1 Typus Kommandoansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253.1.2 Typus Strategische Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263.1.3 Typus Gelenkte Evolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273.1.4 Typus Symbolischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

    3.1.5 Typus Selbstorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

    XI

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    10/169

    XII Inhaltsverzeichnis

    3.2 Die Qualität von Strategieprozessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283.3 Anforderungen für erfolgreiche Strategieprozesse

    im Berufsorchester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

    3.3.1 Der Team-Aspekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303.3.2 Der Aspekt der wissensgetriebenen Organisation . . . . . . . . . . 313.3.3 Der Aspekt des fundamentalen Existenzdrucks von außen . . 33

    3.4 Empfehlung für einen Strategietypus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

    4 Stakeholderanalyse und Nutzenversprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374.1 Die Stakeholderanalyse als Basis der Strategieentwicklung . . . . . . . . . 374.2 Ein Nutzenversprechen für jeden relevanten Stakeholder . . . . . . . . . . 404.3 Das Management der Stakeholderbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

    4.4 Die Bestimmung der Stakeholder der Berufsorchester . . . . . . . . . . . . . 424.4.1 Die internen Stakeholder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434.4.2 Die externen Stakeholder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444.4.3 Die allgemeine Entwicklung und Megatrends . . . . . . . . . . . . . . 464.4.4 Übersicht: Die Stakeholder eines Berufsorchesters . . . . . . . . . 53

    4.5 Nutzenversprechen am Beispiel Berufsorchester . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544.5.1 Ein Nutzenversprechen für Orchestermusiker (Beispiel 1) . . 554.5.2 Ein Nutzenversprechen für Entscheider und

    Opinion-Leader (Beispiel 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

    5 Die Mission und die Produktpalette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615.1 Die Mission einer Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625.2 Die Produkt- und Dienstleistungspalette einer Organisation . . . . . . . 64

    5.2.1 Der Lebenszyklus eines Produktes oder einerDienstleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

    5.2.2 Die organisationalen Fähigkeiten als Faktor derProduktentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

    5.2.3 Die Kernkompetenz als Ausgangspunkt zur

    Produktentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 695.3 Die Mission der Berufsorchester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

    5.3.1 Die Kundenorientierung von Kulturinstitutionen . . . . . . . . . . 735.3.2 Beispiele für Mission-Statements von Berufsorchestern . . . . . 755.3.3 Die strategischen Anforderungen an die Mission des

    Berufsorchesters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 795.4 Produktentwicklung und Produktinnovationen im Orchester . . . . . . 80

    5.4.1 Die etablierte Denkweise von Produktentwicklung imOrchester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    11/169

    Inhaltsverzeichnis XIII

    5.4.2 Die neue Denkweise auf Basis der Kernkompetenzen desOrchesters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

    5.4.3 Ansätze zur Innovation aus vier Kernkompetenzen für ein

    fiktives Orchester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 845.4.4 Die Auswirkungen des Ansatzes der Kernkompetenz . . . . . . . 87

    6 Die SWOT-Analyse und der Normative Rahmen   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 916.1 Die SWOT-Analyse zur Entwicklung strategischer

    Handlungsalternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 916.2 Der normative Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

    6.2.1 Die Mission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 956.2.2 Die Vision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

    6.2.3 Die Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 966.2.4 Die Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 976.3 SWOT-Analyse für ein fiktives Berufsorchester . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1006.4 Normativer Rahmen eines fiktiven Berufsorchesters . . . . . . . . . . . . . . 101

    7 Wertschöpfung und Geschäftsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1077.1 Wie Organisationen Wert schaffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

    7.1.1 Der Begriff der Wertschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1087.1.2 Die Wertkette nach Porter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

    7.1.3 Wert schaffen durch ein Portfolio wertschaffenderAktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1097.1.4 Neue Wertschöpfungsarchitektur nach Heuskel . . . . . . . . . . . 112

    7.2 Strategieentwicklung mit Hilfe von Geschäftsmodellen . . . . . . . . . . . . 1127.2.1 Der Begriff Geschäftsmodell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1147.2.2 Der Zusammenhang von Strategie und Geschäftsmodellen . . 1177.2.3 Die Innovation von Geschäftsmodellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

    7.3 Die Wertschöpfung und die Wertkette für ein Berufsorchester . . . . . 1197.3.1 Die Wertkette Konzert im traditionellen Verständnis . . . . . . . 121

    7.3.2 Die Wertkette Konzert im institutionellen Verständnis . . . . . 1227.3.3 Bewertung der beiden Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

    7.4 Das Geschäftsmodell eines Berufsorchesters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1267.4.1 Beispiel für ein Geschäftsmodell Musikreisen . . . . . . . . . . . . . . 1287.4.2 Beispiel für eine Wertkette Musikreisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1297.4.3 Der Sinn des Geschäftsmodells als Teil der Gesamtstrategie . 132

    8 Organisationaler Wandel – Change Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1358.1 Wandel als Herausforderung für die Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . 136

    8.1.1 Das Management von fundamentalemUnternehmenswandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    12/169

    XIV Inhaltsverzeichnis

    8.1.2 Die Prozesse des Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1398.1.3 Die Entwicklung zur Netzwerk-Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

    8.2 Wandel als Herausforderung für die Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

    8.2.1 Der Faktor Angst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1428.2.2 Die kritische Phase der Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1438.3 Der Einfluss der Unternehmenskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1438.4 Managementaufgaben im Veränderungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1468.5 Die wichtigsten Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1478.6 Organisationaler Wandel im Berufsorchester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148

    8.6.1 Das Berufsorchester als erstarrte Organisation . . . . . . . . . . . . . 1488.6.2 Herausforderungen für ein Berufsorchester im Prozess des

    Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

    8.6.3 Voraussetzungen für erfolgreichen fundamentalen Wandeleines Berufsorchesters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

    9 Zusammenfassung und abschließende Bemerkungen   . . . . . . . . . . . . . . . . 155

    Literatur  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    13/169

    Abbildungsverzeichnis

    Abb. 1.1 Die vier entscheidenden Schritte der Strategieentwicklung .. .. . . . . . 4

    Abb. 2.1 Die zentralen Fragestellungen des GMN .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 14Abb. 5.1 Die Kernkompetenzen nach Prahalad und Hamel .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 71Abb. 5.2 Die Produktentwicklung für ein Berufsorchester in

    etablierter Denkweise.. .... ... .... ... .... ... .... ... .... ... .... ... ... .... ... .. 82Abb. 5.3 Produktentwicklung aus den Kernkompetenzen für ein

    fiktives Berufsorchester..... .... ... .... ... .... ... .... ... ... .... ... .... ... .... 88Abb. 6.1 Die vier entscheidenden Schritte der Strategieentwicklung .. . . . . . . . 100Abb. 7.1 Wertschöpfung und Kapitalisierung der Wertschöpfung. . . . . . . . . . . . 109Abb. 7.2 Systematik der Wertkette nach Michael Porter .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 110Abb. 7.3 Raster für Geschäftsmodell-Dimensionen und – Elemente

    nach Schallmo................................................................. 116Abb. 7.4 Geschäftsmodell in der Planungshierarchie in

    wechselseitiger Abhängigkeit ... .. .. ... .. .. ... .. .. .. ... .. .. ... .. .. ... .. .. .. 118Abb. 7.5 Wertkette einer Konzertproduktion im traditionellen

    Verständnis.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122Abb. 7.6 Wertkette einer Konzertproduktion im institutionellen

    Verständnis.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

    Abb. 7.7 Integrale Wertkette für Endprodukt Musikreisen einesBerufsorchesters ... .... ... .... ... .... ... .... ... .... ... .... ... .... ... .... ... ... 132Abb. 8.1 Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren von

    Veränderungsprozessen nach Vahs & Weiand.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 145Abb. 8.2 Weitgehend beeinflussbare Faktoren der

    Unternehmenskultur nach Doppler & Lauterburg. . . . . .. . . . . . .. . . . . . . 146

    XV

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    14/169

    Tabellenverzeichnis

    Tab. 2.1 Unterscheidungskriterien strategisches und operatives

    Management nach Heinrichs... .... ... .... ... .... ... .... ... .... ... .... ... 10Tab. 4.1 Checkliste zur Ermittlung der externen und internen

    Stakeholder.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40Tab. 4.2 Die Stakeholder eines Berufsorchesters ... .. .. ... .. .. .. ... .. .. ... .. .. .. 54Tab. 5.1 Die vier Produktkategorien und Strategieempfehlungen nach

    Boston Consulting .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67Tab. 5.2 Die vier Kernkompetenzen für eine fiktives Berufsorchester . . . . . 85Tab. 6.1 Die Systematik einer SWOT-Analyse.. ... .. .. ... .. .. ... .. .. ... .. .. ... .. 93Tab. 6.2 Kriterien zur Auswahl der geeigneten Strategieoptionen. . . . . . . .. . . 94Tab. 6.3 Die vier Elemente des normativen Rahmens .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 99Tab. 6.4 Beispiel für die SWOT-Analyse eines fiktiven Berufsorchesters . . 102Tab. 7.1 Business Migration und Wertschichtenwettbewerb nach

    Dieter Heuskel.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111Tab. 7.2 Grundmuster für veränderte Wertschöpfungsarchitektur

    nach Heuskel.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113Tab. 7.3 Die neun Wege zur Erneuerung einer Industrie

    nach Gary Hamel .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

    Tab. 7.4 Beispiel für das Geschäftsmodell eines fiktivenBerufsorchesters.... ... .... ... .... ... .... ... .... ... .... ... .... ... .... ... .... . 127Tab. 7.5 Geschäftsmodell Musikreisen eines Berufsorchesters . .. . . . . . . .. . . . 130Tab. 8.1 Voraussetzungen für ein dynamisches Management

    des Wandels.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140Tab. 8.2 Optimale Voraussetzungen für die Umsetzung eines

    Wandelprojekts.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144Tab. 9.1 Sieben Thesen zum Strategieprozess eines Berufsorchesters . . . . . . 157

    XVII

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    15/169

    1Einleitung

    Dieses Buch bemüht sich um Konzentration auf das, was im Prozess zur Entwick-lung von Zukunftsstrategien für Berufsorchester wirklich wichtig ist. Es beschreibtden Strategieprozess anhand weniger, aber entscheidender Schritte, die eine Aus-richtung der Organisation auf die Zukunft erlauben und dabei den spezifischenFragen und Problemen des Orchesters gerecht wird. Diese wenigen Schritten wer-den im Rahmen dieser Darstellung ausführlich beschrieben, da der Leser wirklich

     verstehen soll, was diese Schritte für den Prozess bedeuten. Es geht in diesem Buchdarum, das Wesen und die Kernprozesse eines Strategieprozesses zu verstehen undihn auf ein Berufsorchester anwenden zu können.

    1.1 Der Begriff des Berufsorchesters

    Der Begriff Berufsorchester bezeichnet hier alle Orchester „in symphonischer oderKammerbesetzung, die hauptsächlich klassische Musik aufführen bzw. Tonträgereinspielen“ (Haman 2005, S. 5) und deren Musiker und Mitarbeiter ihre Tätigkeitim und für das Orchester ausüben, um ihren Lebensunterhalt – zumindest teilweise

    – zu verdienen. Ein Berufsorchester in diesem Sinne kann damit ein Konzert- oderKammer-, Opern- oder Rundfunkorchester sein. Es kann aber auch ein professio-nelles Ensemble aus dem Bereich der Neuen Musik sein, wie das Klangforum Wienoder ein Alte Musik Ensemble, das nur aus wenigen Musikern besteht, wie z. B. dieStuttgarter Capella Caesarea. Ein Berufsorchester kann sowohl öffentlich finanziertsein oder sich ganz bzw. teilweise privat finanzieren.1

    1 Der Begriff Berufsorchester unterscheidet sich damit vom Begriff Kulturorchester, wieer von der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) verwendet wird, und die öffentliche

    S. Rosu, Zukunftsstrategien für Orchester ,   1DOI 10.1007/978-3-658-05388-8_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    16/169

    2 1 Einleitung

    Nicht gemeint sind mit diesem Begriff Orchester, die zur Ausbildung die-nen, wie z. B. Schul- oder Hochschulorchester oder auch Orchester wie die JungeDeutsche Philharmonie in Frankfurt. Ebenfalls meint der Begriff keine Orchester,

    deren Mitglieder sich in erster Linie zusammentun, um ihre Freizeit zu gestalten,wie z. B. Firmenorchester, Managementorchester oder alle anderen Varianten vonLaienorchestern.

    Der Begriff des Berufsorchesters umfasst sowohl die künstlerischen wie auchdie nicht-künstlerischen Mitarbeiter des Klangkörpers. Dies trägt der Erkennt-nis Rechnung, dass ein Berufsorchester sowohl ein künstlerischer wie auch einWirtschaftsbetrieb2 ist.

    1.2 Die vier entscheidenden Schritte derStrategieentwicklung

    Der Strategieprozess, der hier vertreten wird, besteht im Wesentlichen aus vierSchritten:

    1. der Stakeholderanalyse2. dem Mission Statement & der Gestaltung der Angebotspalette

    3. der SWOT-Analyse4. dem normativen Rahmen

    Durch die Stakeholderanalyse erkennt die Organisation, was ihre Existenz entschei-dend beeinflusst. In der Stakeholderanalyse wird untersucht, welche internen undexternen Gruppen oder Individuen so stark auf die Organisation einwirken, dassihre Existenz bedroht wäre, wenn sich diese Gruppen abwenden würden. Eben-falls berücksichtigt werden in dieser Analyse die allgemeinen Entwicklungen derUmwelt der Organisation sowie die überall wirksamen Megatrends.

    Das Mission Statement und die Gestaltung der Angebotspalette dienen da-zu, Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, die einerseits den zukünftigenKundenbedürfnissen und andererseits dem Unternehmenszweck entsprechen. Da-hinter steht die Auffassung, dass eine Organisation nur dann langfristig existierenkann, wenn sie dauerhaft in der Lage ist, für seine Kunden Nutzen zu stiften.

    Finanzierungals eines derHauptcharakteristika für ein Kulturorchesteransieht. Vgl. Mertens2010b, S. 2.2

    Vgl. Brezinka 2005, S. 14.

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    17/169

    1.3 Die geistigen Väter für die Darstellung des Strategieprozesses 3

    Die SWOT-Analyse ist das zentrale Instrument für gleich zwei Aufgaben.Einmal erlaubt sie einer Organisation, seine wichtigsten Aktivitäten gegenüber de-nen anderer Marktteilnehmer zu bewerten und damit seine Wettbewerbsposition

    realistisch einzuschätzen. Für den Strategieprozess entscheidend lassen sich mit ei-ner SWOT-Analyse aber auch verschiedene, maßgeschneiderte Strategieoptionengenerieren.

    Über den normativen Rahmen wird schließlich die Gesamtstrategie festgelegt.Die Organisation fasst auf Basis der Ergebnisse aus den vorherigen Schritten Be-schlüsse und legt fest, welche Visionen und Ziele sie erreichen, welche Missionsie damit erfüllen und an welchen Werten sich die Organisation dabei orientierenwill. Die Umsetzung einer Strategie geschieht dann auf Basis dieses normativenRahmens. Er ist damit das zentrale Führungsinstrument, um die Organisation auf 

    die Strategie auszurichten.Mit diesem Modell der vier entscheidenden Schritte fließen als wesentliche

    Faktoren in die Entwicklung einer zukunftsfähigen Strategie ein:

    • die internen und externen Umwelten der Organisation,• die zukünftigen Kundenbedürfnisse,• die Position der Organisation am Markt,• die Marktchancen der Organisation und• die Werte, die ein Unternehmen leben will.

    Die durch die vier Schritte erzielten Ergebnisse stehen in vielfältigen Wechselbezie-hungen zueinander. Eine Veränderung in einem Bereich kann sich auf die anderenBereiche auswirken, sodass ein Strategieprozesses nicht hierarchisch, sondern alsständiger Kreislauf oder als komplexes System in Balance verstanden werden sollte.Ein Strategieprozess ist somit auch nie wirklich abgeschlossen. Stattdessen müssendie einmal erzielten Ergebnisse immer wieder auf ihre Gültigkeit überprüft undbei Bedarf nachgebessert werden. In Abb. 1.1  werden diese vier Schritte in einerÜbersicht und als Kreislauf gezeigt.

    1.3 Die geistigen Väter für die Darstellung desStrategieprozesses

    Die Darstellung des Strategieprozesses orientiert sich in diesem Buch vor allem anfünf Autoren bzw. drei Quellen:

    Da ist zunächst Günter Müller-Stewens und Christoph Lechners Buch ,Strate-gisches Management – Wie strategische Initiativen zum Wandel führen‘, das 2011bereits in der 4. Auflage erschienenen ist. Dieses Buch gibt einen sehr ausführlichen

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    18/169

    4 1 Einleitung

    Die vier entscheidenden Schritte der Strategieentwicklung

    Werte die Gesamtstrategie festzulegenund die Organisation darauf

    auszurichten

    U

    dem Wettbewerb zu positionieren und Strategieoptionenzu generieren

    Um zu erkennen, was auf dieExistenz einer Organisation bestimmenden Einfluss hat

    Um Produkte und Dienstleistungenzu entwickeln, die den Kunden

     Nutzen bringen

    1 - Stakeholderanalyse

    4 - Normativer Rahmen 3 - SWOT-Analyse

    2 - Mission Statement &Gestaltung der Angebotspalette

    Abb. 1.1   Die vier entscheidenden Schritte der Strategieentwicklung. (Quelle: © Dr. StefanRosu)

    Überblick über die Instrumente des strategischen Managements. Das große Plusdieses Werks besteht darin, dass die Autoren es verstehen, die Vielfalt der Ansätzeund ihre Unterschiede zu beschreiben. Es ist als Standardwerk für jeden zu emp-fehlen, der sich mit diesem Thema auseinandersetzen möchte oder weiterführendeLiteratur sucht.

    Eine zweite Quelle ist Fredmund Maliks Buch ,Strategie: Navigieren in der Kom-plexität der Neuen Welt‘. Hauptthema dieses ebenfalls 2011 erschienenen Buchssind die Folgen der fundamentalen Veränderung von Wirtschaft und Gesellschaftam Beginn des 21. Jahrhunderts, die Malik mit dem Terminus ,Große Transfor-mation 21‘ beschreibt. Auf der Suche nach Wegen, wie Organisationen trotz desWandels existenzfähig bleiben können, spricht Malik hierbei existentielle Fragen

    an, die weit über den Erhalt oder die Entwicklung eines Status quo hinausge-hen. Viele Überlegungen des vorliegenden Buches sind geprägt von den Ansätzen,Fragestellungen und Einschätzungen von Malik.

    Die dritte Quelle ist ein bereits 1990 erschienener Aufsatz von CoimbatoreK. Prahalad und Gary Hamel mit dem Titel ,The Core Competence of the Cor-poration‘. Die Autoren beschreiben in diesem Text, wie eine Organisation, dieihre Kernkompetenzen zum Ausgangspunkt ihrer Produkte und Dienstleistungenmacht, einzigartige Produkte hervorbringt und dadurch eine bessere Marktpositionerzielen kann. Dieser Artikel hat sehr kontroverse Diskussionen im Wirtschaftsbe-

    reich ausgelöst, ist im Kultursektor jedochweitgehend unbeachtet geblieben. Da derAnsatz der Kernkompetenzen aber gerade für die Berufsorchester sehr interessante

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    19/169

    1.5 Wie dieses Buch gelesen werden kann 5

    Lösungen ermöglicht, wurde er als zentraler Ausgangspunkt der Überlegungen zuden Zukunftsstrategien in diesem Buch gewählt.

    1.4 Der Fokus der Darstellung

    Dieser Text konzentriert sich auf die Beschreibung des Prozesses zur Entwicklung von strategischen Ansätzen, die eine Organisation zukunftsfähig machen können.Dabei findet sich in der Literatur eine solche Vielfalt an strategischen Ansätzenfür Unternehmen und Non-Profit Organisationen, dass es vermessen wäre, sie alleauch nur annähernd zu beschreiben. In diesem Sinne ist die Darstellung dieses

    Buches minimalistisch und erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit.Der dargestellte Prozess findet seinen Abschluss in einem Beschluss zu einer

    Gesamtstrategie, deren Umsetzung in der Folge beginnen kann. Bewusst ausge-klammert werden deshalb hier alle Aktivitäten einer Organisation, die diesemBeschluss zeitlich folgen bzw. daran anknüpfen: so wird die Thematik der Um-setzung von Strategien weitgehend ausgeklammert, da sie eher dem Bereich desoperativen als dem Bereich des strategischen Managements zugerechnet werdenmuss. Ebenso wird alles, was mit der Prozesskontrolle von Strategieprozessenzu tun hat, ausgeklammert. Dies vor allem deshalb, da es den zur Verfügung

    stehenden Rahmen bei weitem gesprengt hätte. Und schließlich bleiben alle recht-lichen und steuerrechtlichen Fragen unbeachtet, da dies Buch den Anspruch stellt,über Landesgrenzen hinaus relevant zu sein und sich der Bezug auf nationaleGesetzgebungen damit von vornherein ausschließt.

    1.5 Wie dieses Buch gelesen werden kann

    Dieses Buch beschreibt den Prozess der Strategiebildung in sieben Kapiteln. Jedesdieser Kapitel besteht aus einer kurzen Einleitung, einem theoretischen Teil undeinem praktischen Teil sowie einer These. Im theoretischen Teil werden zunächstdie Ansätze und Modelle beschrieben, die im praktischen Teil auf die Welt derBerufsorchester angewandt werden. Beispiele, Abbildungen und Tabellen sowieAbschnitte mit vertiefender Information ergänzen die Darstellung. Jedes Kapitelschließt mit einer These die einen Bezug zwischen dem Thema des Kapitels undseiner Anwendung für ein Berufsorchester herstellt.

    Grundsätzlich kann jedes Kapitel für sich selbst und in beliebiger Reihenfolgegelesen werden, da für jedes Kapitel eine in sich geschlossene Darstellung gewählt

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    20/169

    6 1 Einleitung

    wurde, die weitgehend ohne Rückverweise auf vorhergehende Kapitel auskommt.

    Natürlich ist es auch möglich, das Buch einfach von vorne nach hinten zu lesen,

    was der Autor auf jeden Fall dem Leser empfiehlt, der sich bislang noch nicht mit

    strategischen Fragen auseinandergesetzt hat.Die Anwendung der Modelle und Ansätze auf die Berufsorchester wird ab Kap. 4

    auch anhand eines fiktiven Orchesters gezeigt. Dies Orchester soll ein durchschnitt-

    liches Berufsorchester abbilden, wie es in dieser Form oft – aber wohl nicht in

    genau – zu finden sein wird.

    1.6 Zur inhaltlichen Gliederung

    Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Begriff der Strategie und stellt die Frage, was

    eine strategische Ausrichtung für ein Berufsorchester bedeutet. Es beschreibt, wie

    mit der prinzipiellen Unvorhersehbarkeit der Zukunft umgegangen werden kann

    und was das Fehlen von Strategie in einer Organisation bewirkt.

    Das dritte Kapitel beschreibt die verschiedenen Varianten, in der Strategiepro-

    zesse ablaufen können und stellt die Frage, welcher dieser Prozessvarianten am

    ehestens für ein Berufsorchester geeignet sein kann.

    Die vier Schritte der Strategieentwicklung werden in den folgenden drei Kapi-

    teln behandelt. Kapitel 4 befasst sich mit der Stakeholderanalyse und dem Modelldes Nutzenversprechens. In Kap. 5 werden die Mission und die Produktpalette

     vorgestellt. Hier wird auch der Ansatz der Kernkompetenzen beschrieben, aus

    dem heraus innovative Angebote entwickelt werden können. Kapitel 6 widmet

    sich der SWOT-Analyse und dem normativen Rahmen. Alle drei Kapitel enthalten

    ausführliche Anwendungsbeispiele für die Welt der Berufsorchester.

    Kapitel 7 widmet sich der Frage, wie Organisationen und Berufsorchester ei-

    gentlich Werte schaffen. Im theoretischen Teil werden die Begriffe Wertschöpfung

    und Geschäftsmodell vorgestellt. Im praktischen Teil wird dann gezeigt, worin

    die Bedeutung dieser Modelle für die Berufsorchester liegt. Dieses Kapitel behan-

    delt damit einen Themenkreis, aus dem gerade die Berufsorchester wichtige neue

    Innovationsimpulse erhalten können.

    Kapitel 8 behandelt das Thema des Wandels und der Veränderung. Es wird

    beschrieben, vor welchen Herausforderungen Organisationen stehen, die sich ver-

    ändern wollen oder müssen. Und es wird beschrieben, welche Voraussetzungen

    Berufsorchester schaffen müssen, um selbst erfolgreiche Veränderungsprozesse

    einzuleiten.

    In Kapitel 9 am Ende des Buches werden die wesentlichen Ergebnisse des Bu-ches noch einmal zusammengefasst und mit einigen abschließenden Bemerkungen

     versehen.

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    21/169

    2Strategisches Management

    Das zweite Kapitel beginnt mit einer kurzen Erläuterung des Begriffs Strategie inhistorischer Perspektive. Dann wird beschrieben, was mit strategischem Manage-ment gemeint ist und worin sich diese Form von Management von operationalemManagement unterscheidet. Es wird die Frage behandelt, wie strategisches Manage-ment mit dem Problem der im Prinzip unvorhersehbaren Zukunft umgeht. Und eswird gezeigt, wie sich strategische Fehler oder gar die vollständige Abwesenheit vonstrategischen Überlegungen auf eine Organisation auswirken. Schließlich wird mitdem General-Management Navigator ein Modell vorgestellt, das die Integration

     von strategischem Management in den Managementprozess ermöglicht.

    Der letzte Abschnitt des Kapitels widmet sich dann spezifisch den Berufsor-chestern. Es wird dargestellt, was unter Orchestermanagement heute landläufig verstanden wird und worauf es seine Aufmerksamkeit richtet. Weiters wird dieallgemeine Lage der Berufsorchester in einem kurzen Abriss dargestellt und dieFrage gestellt, ob ein Management im herkömmlichen Sinne, die aktuellen (undzukünftigen) Probleme der Orchesterlandschaft noch lösen kann. Am Ende des er-sten Kapitels wird die Frage diskutiert, welchen Nutzen strategisches Managementfür ein Berufsorchester haben kann.

    2.1 Der Begriff Strategie

    Der Begriff Strategie kommt aus dem Militärwesen. Ein Stratege war ursprünglichein Kommandant oder Feldherr (altgriechisch strategós) einer Streitmacht. Das äl-teste bekannte Strategiebuch trägt den Titel ,Die Kunst des Krieges‘ und wurde im

    S. Rosu, Zukunftsstrategien für Orchester ,   7DOI 10.1007/978-3-658-05388-8_2, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    22/169

    8 2 Strategisches Management

    5. Jahrhundert vor Christus vom chinesischen General (und Philosophen) Sunzi(oder auch Sun Tzu) verfasst. „Die Kunst des Krieges ist für den Staat von entschei-dender Bedeutung,“ schreibt Sunzi. „Sie ist eine Angelegenheit von Leben und Tod,

    eine Straße, die zur Sicherheit oder in den Untergang führt. Deshalb darf sie un-ter keinen Umständen vernachlässigt werden“ (Sunzi 1988, S. 21). Als Klassiker imdeutschsprachigen Raum gilt das unvollendete Werk ,Vom Kriege‘ des preußischenGenerals Carl von Clausewitz (1780–1831). Clausewitz verdanken wir u. a. aucheine deutliche Abgrenzung der Begriffe Strategie und Taktik: „Es ist nach unsererEinteilung die Taktik die Lehre vom Gebrauch der Streitkräfte im Gefecht, die Stra-tegie, die Lehre vom Gebrauch der Gefechte zum Zweck des Krieges“ (Clausewitz2004, S. 56).

    Früh wurden Strategiefragen auch auf nichtmilitärisches Gebiet übertragen. Der

    griechische Historiker Thukydides verfasste am Ende des 5. Jahrhundert vor Chri-stus eine Abhandlung unter dem Titel ,Der Peloponnesische Krieg‘, in dem erdie wahren Gründe der Auseinandersetzung zwischen Athen und Sparta zu er-gründen versucht. In einem politischen Kontext bewegen sich auch die beidenberühmten Abhandlungen des florentinischen Politikers und GeschichtsschreibersNiccoló Macchiavelli Anfang des 16. Jahrhunderts. In seinen Werken ,Der Fürst‘und den ,Discorsi‘ beschäftigt er sich hauptsächlich mit der Frage, wie man Machterwerben, diese erhalten und möglichst noch erweitern kann.

    In die Welt der Wirtschaft fand der Begriff der Strategie um die Mitte des 20.

    Jahrhunderts Eingang. Wesentliche Anregungen kamen dabei in erster Linie ausdenUSA. Vordenkerwaren u. a. AlfredChandler mit ,StrategyandStructure‘ (1962)und Igor Ansoff mit ,Corporate Strategy‘ (1965). Heute ist der Begriff der Strategieallgegenwärtig und hat in alle Lebens- und Arbeitsbereiche Eingang gefunden.

    Für den österreichischen Managementberater Fredmund Malik steht der Be-griff Strategie für „richtiges Handeln, wenn wir nicht wissen, wie die Zukunftsein wird, und dennoch handeln müssen, wobei auch nichts zu tun ein Handelnist“ (Malik 2011, S. 19). Der langjährige Direktor der Unternehmensplanung beiBrown, Boveri & Cie. Mannheim, Aloys Gälweiler schreibt: ,Strategie heißt, bevorman etwas beginnt, von Anfang an so zu handeln, dass man auf Dauer Erfolg hat.Und eine dritte Definition stammt vom amerikanischen Managementdenker Pe-ter Ferdinand Drucker: „Strategie handelt nicht von zukünftigen Entscheidungen,sondern von der Zukunftswirkung heutiger Entscheidungen, zu denen auch dieNicht-Entscheidungen gehören.“1

    Eine Strategie ist ein Orientierungsraster. Eine Organisation kann über eineStrategie ihren Erfolg auch in der Zukunft sicherstellen. Ein Stratege hat die lang-

    1

    Zitiert nach Malik 2011, S. 19.

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    23/169

    2.2 Strategisches Management 9

    fristige Entwicklung einer Organisation im Blick. In seine Analyse bezieht er alle verfügbaren Kenntnisse und Erfahrungen ein, die für die Strategieentwicklung re-levant erscheinen und die in- und außerhalb seiner Organisation vorhanden sind

    oder sich entwickeln lassen.

    2.2 Strategisches Management

    Um eine Organisation führen zu können, benötigt man ein Management. Hier wirdManagement dabei im Sinne von Unternehmensführung verstanden und bezeich-net damit nach Witte ganz allgemein „die Planung, Organisation und Kontrolle

    der Prozesse bzw. Abläufe in einem Unternehmen“ (Witte 2007, S. 113). Dabeibesteht die „fundamentale Aufgabe des Managements“ darin, „Mitarbeiter in dieLage zu versetzen, durch gemeinsame Ziele, gemeinsame Werte, die richtige Struk-tur und die richtige Anleitung in der Bewältigung von Veränderungen gemeinsameLeistungen zu erbringen“ (Drucker 2009, S. 62).

    Jedes Management wird sich zunächst einmal auf die operative Führung unddamit auf das Tagesgeschäft und die Organisation des laufenden Geschäfts konzen-trieren. Strategisches Management geht über die Organisation des Tagesgeschäfts

     jedoch weit hinaus und richtet seinen Blick in die Zukunft. Im Gegensatz zur opera-tiven Führung und der Aufgabe, einen „Unternehmenserfolg zu realisieren“, mussdie strategische Führung „die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das überhauptmöglich ist, sie muss also die Potentiale für den Erfolg bereitstellen“ (Malik 2011,S. 48).

    Eine zentrale Annahme des Denkmodells des strategischen Managementsbesteht darin, dass ein Unternehmen sich an einem oder mehreren Märktenpositioniert und diese Position darüber entscheidet, ob das Unternehmen auf dem Finanzmarkt, mit dem Verkauf seiner Produkte oder auf dem Arbeitsmarkt

    erfolgreich ist. Die Unternehmung positioniert sich dabei einerseits gegenüber sei-nen relevanten Kundengruppen und unterhält mit diesen Austauschbeziehungen.Die Unternehmung befindet sich andererseits aber auch in einer Umwelt, derenEntwicklung es nur teilweise beeinflussen kann.2

    2 Diesen beiden zentralen Gedanken Rechnung tragend definieren Müller-Stewens undLechner strategisches Management dann auch als „1) die Realisierung einer angestrebtenLeistung für die 2) Anspruchsgruppen eines Unternehmens; dies kann erreicht werden

    durch 3) geplante und emergente Initiativen sowie 4) den Einsatz von Ressourcen, die zu

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    24/169

    10 2 Strategisches Management

    Tab. 2.1   Unterscheidungskriterien strategisches und operatives Management nach Hein-richs. (Heinrichs 2006, S. 4)

    Strategisches Management Operatives Management 

    Entwirft und gestaltet Umwelt Bearbeitet UmweltSchafft zukünftige Erfolgspotentiale Führt unmittelbar zu Erfolg oder Misserfolg

    Betrifft grundsätzliche und längerfristigwirkende Ziele, häufig vonunternehmenspolitischer Bedeutung

    Betrifft aktuelle und kurzfristig wirkendeZiele

    Hat Einfluss auf die Institution bzw.Unternehmung in ihrer Gesamtheit

    Hat Einfluss auf einen begrenztenArbeitsbereich

    Ist Aufgabe der Betriebsleitung Ist Aufgabe eines Sachbearbeiters

    Ist generalistisch ausgerichtet Erarbeitet planerisch die Einzelprobleme,die in der strategischen Planung nichterfasst werden konnten

    Ist auf Effektivität ausgerichtet (dierichtigen Dinge tun)

    Ist auf Effizienz ausgerichtet (Dinge richtigtun)

    Bildet den Input für die operative Ebene Sichert den effizienten Vollzug derstrategischen Planung

    Strategisches Management hilft einer Organisationen, nicht statisch zu bleiben,sondern sich ständig weiterzuentwickeln, um sich veränderten Bedingungen und

    Anforderungen anzupassen. Strategisches Management hat die Aufgabe, die Ge-genwart beständig auf Entwicklungen abzuklopfen, die für die eigene Organisation

     von Bedeutung sein können. Und je nachdem wie das strategische Managementdiese Entwicklungen bewertet, wird es Handlungsoptionen entwickeln und dieseumsetzen – oder nicht. In Tab.  2.1  sind die Unterscheidungskriterien zwischenstrategischem und operativem Management noch einmal übersichtlich angeführt.

    Heinrichs verweist explizit darauf, dass „strategisches und operatives Manage-ment nicht losgelöst nebeneinander stehen, sondern in starkem Maße voneinanderabhängen. Nur ein professionelles strategisches Management kann ein Input fürdie operative Ebene sein, denn schlechte strategische Vorgaben lassen sich auchin einem guten operativen Management nicht Erfolg versprechend umsetzen.Umgekehrt nützen auch die besten strategischen Planungen nichts, wenn mander Qualität des operativen Managements zu wenig Aufmerksamkeit widmet“(Heinrichs 2006, S. 4).

    einer 5) einzigartigen Positionierung und 6) nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen verhelfen.“

    (Müller-Stewens und Lechner 2011, S. 18).

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    25/169

    2.2 Strategisches Management 11

    2.2.1 Das Problem der (un-) zuverlässigen Prognose

    Ein grundlegendes Problem besteht nun darin, dass sich die Zukunft bekanntlich

    nicht vorhersagen lässt. Prognosen auf Grund von Erfahrungen der Vergangenheitallein erweisen sich nicht als geeignet, sichere Vorhersagen zu treffen. Auch imWirtschaftsbereich hat sich bereits lange die Erkenntnis durchgesetzt, dass sichaus operativen Zahlen keine Aussagen zur Zukunftsfähigkeit einer Organisationgewinnen lassen. Selbst wenn die Organisation gesund agiert, bedeutet dies nicht,dass sie dies auch in Zukunft tun wird. „Es ist so gut wie immer verkehrt zu sagen:Wir machen doch Gewinne – also kann unsere Strategie nicht falsch sein. Man kannselbst höchste Gewinne machen und alle Kriterien der Finanzanalysten erfüllen,obwohldasUnternehmen bereits todkrank undnicht mehr zu retten ist. Umgekehrt

    kann man auch nicht sagen: Wir machen Verluste, also muss die Strategie geändertwerden. Gerade die besten Strategien führen oft über Jahre in die roten Zahlen,insbesondere bei grundlegenden Innovationen. (. . .) Operative Zahlen können alsonur operative Maßnahmen rechtfertigen. Und strategische Maßnahmen könnennur durch strategische Argumente und Informationen begründet werden,“ schreibtMalik (2011, S. 51).

    Und wer ist angesichts zunehmender Komplexität der uns umgebenden Weltüberhaupt noch in der Lage, die Ursachen und Wirkungen von Maßnahmen ein-deutig ausmachen und in die Zukunft zu projizieren? Unter dem Schlagwort ,Die

    Große Transformation 21‘ beschreibt Malik die gegenwärtig stattfindenden fun-damentalen Veränderungen: „Wirtschaft und Gesellschaft gehen durch eine dergrößten Transformationen, die es je in der Geschichte gab. (. . .) Was an der Ober-fläche wie eine Wirtschaftskrise aussieht, sind in Wahrheit die Geburtswehen dieserNeuen Welt, in der fast alles anders sein wird als bisher“ (Malik 2011, S. 23). Fürihn ist „die Alte Welt vorwiegend durch die Gesetze des Geldes und der Ökonomiegeprägt“, während „die Neue Welt durch die Gesetze von Information, Wissen,Erkenntnis, Komplexität und Dynamik hochvernetzter Systeme dominiert wird.“Fünf „komplexe Treiber“ haben den größten Einfluss auf die „Große Transforma-tion (

    . . .

    ) Diese sind erstens die Demographie, zweitens der Komplex von Wissenund Technologie, drittens die Ökologie, viertens die alles durchseuchende größtehistorische Verschuldung als Hauptfaktor der Ökonomie und die aus dem Zusam-menwirken dieser vier großen Bereiche resultierende Komplexität“ (Malik 2011,S. 26).

    Mit den Herausforderungen für das Kulturmarketing angesichts der Mega-trends des 21. Jahrhunderts beschäftigen sich auch Bachmann & Schellenberg in

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    26/169

    12 2 Strategisches Management

    Ihrem Aufsatz ,Kulturkonsum 2020‘3. Sie halten für den kulturellen Sektor „insbe-sondere fünf der global feststellbaren Megatrends“ für relevant: „demografischerWandel, kulturelle Vielfalt, Individualisierung, Urbanisierung, Digitalisierung.

    Diese werden die Nachfrage nach kulturellen Leistungen und die Erwartungenan Kultureinrichtungen verändern und sollten beim langfristigen Handeln einerKulturinstitution mitberücksichtigt werden.“ (Bachmann und Schellenberg 2011,S. 42).

    In der Frage, wie diese Megatrends sich auswirken werden, gehen die Meinun-gen naturgemäß auseinander. Eines ist aber unbestritten: es wird fundamentaleVeränderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen geben.

    Was diese Unsicherheit für das Strategische Management bedeutet beschreibenMüller Stewens und Lechner so: „Die Handhabung strategischer Führungspro-

    bleme wird durch die weitgehende Unprognostizierbarkeit wichtiger Entschei-dungsparameter, die unüberschaubare Vielfalt, Mehrdeutigkeit und teilweiseWidersprüchlichkeit der Ereignisse sowie die mangelnde Zerlegbarkeit des kom-plexen Phänomens charakterisiert“ (2011, S. 21). Strategisches Management mussdeshalb dem Faktor Nichtwissen Rechnung tragen. Das Wissen der Entscheider in

     jeder Organisation ist heute dadurch gekennzeichnet, dass die verfügbaren Infor-mationen immer und notwendigerweise unvollständig sind. Strategie muss deshalbauch „der Umgang mit konstitutivem Nichtwissen sein, das (. . .)unteranderemausder Komplexität und der dynamischen Vernetzung heutiger Systeme resultiert,“ so

    Malik (2011, S. 21). Und an anderer Stelle heißt es: „Eine vernünftige Strategiepla-nungmuss(. . .) so aufgebaut sein, dass die Strategien gar nicht von der Genauigkeitder Daten abhängen. Das ist eines der wichtigsten methodischen Prinzipien geradeauch für das Bewältigen hoher Komplexität“ (Malik 2011, S. 57).

    2.2.2 Die Auswirkungen strategischer Fehler oder fehlenderStrategie

    Strategische Fehler haben immer weitreichende Folgen und treffen die Organi-sation empfindlich. Wer nun denkt, dass eine Organisation, die keine Strategie

     verfolgt, auch keine strategischen Fehler machen kann, irrt: vielmehr kann sich jede Entscheidung – getroffen oder versäumt – als strategisch bedeutend erwei-sen, nämlich dann, wenn sie große Folgen für die Zukunft der Organisation hat.Dabei ist „versäumte Erneuerung (. . .) die mit Abstand häufigste Ursache für denNiedergang bestehender Organisationen,“ schreibt Drucker (2009, S. 66). Jedes

    3

    Bachmann und Schellenberg 2011, S. 42–44.

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    27/169

    2.2 Strategisches Management 13

    Unternehmen muss sich daher ständig seiner Umwelt anpassen und die dazu not-wendigen Entscheidungen treffen. Und dies allein schon, um dem sonst sicherenUntergang entgegenzuwirken. Strategische Fehler sind, so Malik, „mit gewöhnli-

    chen Mitteln nicht mehr korrigierbar. Ihre Korrektur erfordert immer Sonder- undAusnahmemaßnahmen – z. B. brachiale Kostensenkungen, Massenentlassungen,Sanierungen, die Stilllegung von Werken, das Aufgeben von Geschäftsbereichenoder von Standorten, den Verlust der Selbstständigkeit oder das erzwungeneEingehen von Allianzen“ (Malik 2011, S. 49).

    Beispiel Rundfunkorchester

    Fehlende strategische Erneuerung ist sicherlich auch ein Grund für die Existenz-

    krise von Rundfunkorchestern. Europaweit haben die Rundfunkorchester ihreursprüngliche Bedeutung weitgehend verloren, die darin bestand, das Orche-sterrepertoire für Funk- und Fernsehen aufzunehmen. Strategien, die es denRundfunkorchestern erlaubt hätten, für ihre Rundfunkanstalten neue und zu-sätzliche Kompetenzen bereitzustellen, die von den Nicht-Rundfunkorchesternnicht leicht imitiert werden können, wurden nicht entwickelt. Seit den 1990erJahren schrumpft daher die Zahl der Rundfunkorchestern: 1994 wurden die

     vier seit den 1930-er Jahren bestehenden Orchester der RAI (Italien) zu einemeinzigen Rundfunkorchester mit Sitz in Turin fusioniert4. In den Niederlan-

    den wurden bis 2013 drei von insgesamt vier Rundfunkorchesters aufgelöst.In Österreich konnte die Ausgliederung des ORF Rundfunkorchesters aus demORF im Jahre 2009 gerade noch abgewendet werden. Und auch in Deutschlandwurde nach der Fusion der zwei Rundfunkorchester im Saarland (2007) erneuteine Sparmaßnahme beschlossen: seit 2013 ist die Fusion der beiden renom-mierten Klangkörper Radiosinfonieorchester Stuttgart des SWR mit dem SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg beschlossene Sache.

    2.2.3 Der General Management Navigator

    Mit dem General Management Navigator (GMN) haben Müller-Stewens undLechner (2011, S. 22 ff.) einen Ansatz zur Unternehmensführung vorgelegt, derstrategisches Management sinnvoll in den Managementprozess integriert. DiesModell ist auf Grund seiner Universalität auch geeignet, um in KulturbetriebenAnwendung zu finden und soll hier vorgestellt werden.

    4 Mehr Informationen zur Zusammenführung der italienischen Rundfunkorchester ist zu

    finden auf: http://www.orchestrasinfonica.rai.it/dl/osn/simple/ContentItem-0fc13cf9-683b-4b60-9bc7-5476c99dc358.html.

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    28/169

    14 2 Strategisches Management

     

    Positionierung

    PerformanceMessung

    Initiierung

    Genese

    I  nh  a l   t   (   W

     a  s  ?  )  

       P  r  o  z  e

      s  s   (   W   i  e   ?   )

    Wirksamkeitkeit

     

    Wie positionieren sich

    ihren Anspruchsgruppen?

    Wie bilden sich Strategie-

     prozesse und Initiativen inUnternehmen? 

    Reflexion

    Wie werden strategischeInitiativen in

    Unternehmen wirksam

    Wie organisierenUnternehmen ihre

    PM: Wie beobachten und

     beurteilen Unternehmen ihrestrategischen Initiativen?

    Gestaltung

    Wie wollen wir

    Strategieprozesse undInitiativen im Unternehmengestalten?

     

    Wie wollen wir das Unternehmen

    Anspruchsgruppen

    Wie wollen wir strategische

    Initiativen wirksam werden lassen

    PM: Wie wollen wir diestrategischen Initiativen desUnternehmens beobachten

    und beurteilen? 

    des Unternehmens gestalten?

    Abb. 2.1  Die zentralen Fragestellungen des GMN. (Quelle: Müller-Stewens und Lechner2011, Abb. 1.3)

    Der GMN bietet „eine zusammenhängende Betrachtung des strategischen Ma-nagements über seine vier plus eins Felder, ohne dabei durch eine bestimmte Pro-

    zessvorstellung die Betrachtung vorschnell zu verengen.“ Die Arbeitsfelder heißen

    Initiierung, Positionierung, Wertschöpfung, Veränderung und Performance Mes-

    sung. Sie können „– je nach Gestaltungskontext – in unterschiedlichen Abfolgen

    zu alternativen Arbeitsprozessen (. . .) aneinandergereiht werden“ (Müller-Stewens

    und Lechner 2011, S. 39). Die Abbildung 2.1 zeigt den GMN und seine zentralen

    Fragestellungen.

    Das Arbeitsfeld der Initiierung  befasst sich mit der Frage, wie Strategieprozesse

    in einer Unternehmung ausgelöst und lanciert werden. Unter einer strategischenInitiative verstehen die Autoren dabei „wichtige, koordinierte Vorhaben innerhalb

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    29/169

    2.2 Strategisches Management 15

    eines Unternehmens, die seine Entwicklung signifikant beeinflussen“ (Müller-Stewens und Lechner 2011, S. 25). Einen Strategieprozess definieren sie als „allein einer unternehmerischen Einheit stattfindenden Entscheidungen und Hand-

    lungen, durch die sich die Strategien dieser Einheit bilden“ (Müller-Stewens undLechner 2011, S. 45). In der grundlagenorientierten Recherche klärt die Organisa-tion dabei die Frage, wie sich Strategieprozesse und -initiativen in Unternehmenüberhaupt bilden. Unternehmensspezifisch wird dann die Frage beantwortet, wiedie Strategieprozesse und -initiativen im eigenen Unternehmen gestaltet werdensollen.5

    Im Arbeitsfeld der Positionierung  geht es um die Bestimmung und Gestaltungdes Verhältnisses zu den relevanten Anspruchsgruppen der Unternehmung. „Beider Positionierung stellt sich einem Unternehmen bzw. seinen Subeinheiten die

    Aufgabe, eine vorteilhafte Stellung gegenüber seinen als relevant erachteten An-spruchsgruppen (= Stakeholder) zu bestimmen und die vorhandenen Ressourcenund Fähigkeiten so einzusetzen, dass diese Stellung erreicht werden kann“ (Müller-Stewens und Lechner 2011, S. 125). In der grundlagenorientierten Recherche klärtdie Unternehmung dabei wie sich Unternehmen gegenüber ihren Anspruchsgrup-pengegenübergenerell positionierenkönnen. Dann wird dieFrage beantwortet, wiedaseigeneUnternehmen in Zukunft positioniert werden soll. DasHauptaugenmerk liegt dabei auf den externen Anspruchsgruppen.6

    Im  Arbeitsfeld Wertschöpfung  geht es um die Art und Weise, wie ein Unter-

    nehmen seine Wertschöpfung organisiert. Wertschöpfung entsteht dabei, „wennInputfaktoren so miteinander kombiniert werden, dass ein Output entsteht, dessenWert höher ist, als der der eingekauften oder zur Verfügung stehenden Input-faktoren“ (Müller-Stewens und Lechner 2011, S. 354). Dabei besteht ein engerZusammenhang mit der Positionierung der Unternehmung, das heißt, es gehtspezifisch auch „um die Festlegung der Aktivitäten und Ressourcen, um dadurchdie Positionierungsstrategie möglichst stark wirksam werden zu lassen“ (Müller-Stewens und Lechner 2011, S. 26). In der grundlagenorientierten Recherche klärtdie Unternehmung, wie Unternehmen ihre Wertschöpfung organisieren können.Dann wird spezifisch für die eigene Unternehmung geklärt, wie die Wertschöpfungim eigenen Unternehmen gestaltet werden soll.7

    Im  Arbeitsfeld Veränderung  untersucht die Unternehmung die „Auswirkungstrategischer Initiativen auf den organisatorischen Basisprozess.“ Dabei „ist zu be-rücksichtigen, dass Unternehmen nicht nur technische Systeme zur Herstellung

     von Gütern und Dienstleistungen, sondern auch soziale Systeme sind, in denen

    5 Vgl. Müller-Stewens und Lechner 2011, S. 28, Abb. 1.3, sowie im Detail S. 43 ff.6

    Vgl. Müller-Stewens und Lechner 2011, S. 28, Abb. 1.3, sowie im Detail S. 123 ff.7 Vgl. Müller-Stewens und 2011, S. 28, Abb. 1.3, sowie im Detail S. 354 ff.

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    30/169

    16 2 Strategisches Management

     verhaltenswissenschaftliche Phänomene eine besondere Rolle spielen. StrategischeInitiativen können sich hier entfalten und an Momentum gewinnen oder unter-graben und in ihrer Wirksamkeit behindert werden“ (Müller-Stewens und Lechner

    2011, S. 27). Die Grundlagenrecherche gilt der Frage, wie strategische Initiativenin Unternehmen wirksam werden und sie verändern können. Unternehmens-spezifisch wird die Frage beantwortet, wie strategische Initiativen in der eigenenUnternehmung wirksam werden sollen.8

    Bei der  Performance Messung  geht es schließlich um Fortschrittsmessung undFeedback. „Unter diesem Begriff lassen sich prinzipiell alle Arten von Ansätzenzusammenfassen, die den Verlauf von strategischen Initiativen von der Genese biszu ihrem Wirksamwerden beobachten und messen“ (Müller-Stewens und Lechner2011, S. 27). Die Grundlagenrecherche beschäftigt sich mit der Frage, wie Unter-

    nehmen ihre strategischen Initiativen überhaupt beurteilen und messen können.Dann wird die Frage beantwortet, auf welche Weise die strategischen Initiativendes eigenen Unternehmens beobachtet und beurteilt werden sollen.9

    Beispiele für strategische Fragen des Orchesters

    Angewandt auf ein Berufsorchester könnten typische Fragen in einem Strategie-prozess z. B. lauten: Berücksichtigen wir die Anspruchsgruppen des Orchestersin genügender Weise? Gibt es Anspruchsgruppen, die bislang gar nicht berück-sichtigt wurden? Wenn eine neue Anspruchsgruppe identifiziert wird, könntedie nächste Frage lauten: Welche Leistungen können wir für diese Anspruchs-gruppe erbringen? Und wenn es sich um eine Leistung handelt, die das Orchesterbislang nicht angebotenhat, hieße die nächste Frage dann z. B.: Wie organisierenwir die Herstellung der neuen Leistung in unsere Organisation?

    Je nach Art und Inhalt der Frage, werden also verschiedene Arbeitsfelder angespro-chen. So ist die erste Frage nach den Anspruchsgruppen eine klassische Frage im

    Arbeitsfeld der Positionierung. Die letzte Frage nach der Herstellung einer neuenLeistung innerhalb der Organisation berührt jedoch möglicherweise gleich zweiBereiche: nämlich das Feld der Wertschöpfung und das Feld der Veränderung. Derpraktische Wert des Modells des GMN besteht darin, dass er uns erlaubt, an jederStelle einzusteigen. Es gibt keinen Anfang und kein Ende, sondern lediglich einenfortlaufenden Prozess. Das Ergebnis ist eine Gestaltungsentscheidung, die die allge-

    8 Müller-Stewens und Lechner 2011, S. 28, Abb. 1.3, sowie im Detail S. 431 ff.9

    Müller-Stewens und Lechner 2011, S. 28, Abb. 1.3, sowie im Detail S. 577 ff.

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    31/169

    2.3 Der Nutzen von Strategischem Management für ein Berufsorchester 17

    meinen Recherchen und Reflexionen mit der Wirklichkeit und den Möglichkeitendes eigenen Orchesters zusammenbringt und aus der Bewertung von Chancen dieEntscheidung trifft, was zu tun – oder nicht zu tun – ist. Und der Charme des

    Modells liegt darin, dass es uns jedes Mal, wenn wir auf die Darstellung blickenwieder mit leichter, aber fester Hand zurückführt zu den wirklich entscheidendenFührungsfragen.

    2.3 Der Nutzen von Strategischem Management für einBerufsorchester

    Es dürfte mittlerweile unbestritten sein, dass jede Kulturinstitution ein Manage-ment benötigt. Welche Bedeutung Management nicht nur für den wirtschaftlichen,sondern auch für den künstlerischen Erfolg hat, illustriert eine Aussage des frühe-ren Intendanten der Münchner Staatsoper Sir Peter Jonas: „Künstlerischer Erfolgist nicht planbar und wohl kaum messbar – dennoch besteht die Führung beispiels-weise eines Opernhauses zum großen Teil aus Planung, Organisation, Personal-und Krisenmanagement. Es ist ein Irrglauben, dass chaotische Zustände und un-klare Abläufe gute Voraussetzungen für Kreativität darstellen – das Gegenteil istder Fall.“10

    2.3.1 Operationales Orchestermanagement

    Das Management eines Kulturbetriebs unterscheidet sich grundsätzlich nicht vomManagement eines Wirtschaftsbetriebes. Dies gilt auch für das Management einesBerufsorchesters.

    Traditionell richtet Orchestermanagement seine Aufmerksamkeit darauf, einenmöglichst reibungslosen Ablauf von Produktionsprozessen sicherzustellen. Seine

    Hauptaufgabe besteht darin, den Orchesterbetrieb spielbereit zu halten. Weiterezentrale Managementaufgaben sind die Vermarktung der eigenen Aktivitäten(Verkauf und Orchestermarketing) sowie die Sicherstellung der Finanzierung. Or-chestermanagement in diesem Verständnis ist operationales Management, das sichauf die Führung des Tagesgeschäfts und die Sicherung des Unternehmenserfolgsrichtet.

    10 Jonas, Peter Sir. Statement. Zitiert auf der Homepage des Instituts für Kulturelles Mana-gement der Hochschule für Musik und Theater München;  http://www.kulturmanagement-

    muenchen.de/index.php?option=com_content&task=view&id=725&Itemid=513. Zugegrif-fen am 28.Februar 2013.

    http://www.kulturmanagement-muenchen.de/index.php?option=com_content&task=view&id=725&Itemid=513http://www.kulturmanagement-muenchen.de/index.php?option=com_content&task=view&id=725&Itemid=513http://www.kulturmanagement-muenchen.de/index.php?option=com_content&task=view&id=725&Itemid=513http://www.kulturmanagement-muenchen.de/index.php?option=com_content&task=view&id=725&Itemid=513

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    32/169

    18 2 Strategisches Management

    Diese Auffassung von Orchestermanagement vertritt auch Gerald Mertens. Fürihn umfasst Orchestermanagement „alle Tätigkeiten der inhaltlichen, künstleri-schen, personellen und organisatorischen Führung, der nachhaltigen Finanzierung

    und der optimalen Vermarktung eines Orchesters“ (Mertens 2010a, S. 37). Und erfügt in Anlehnung an Überlegungen von Thomas Brezinka11 hinzu:„Einmal anders formuliert, verfolgt professionelles Orchestermanagement im

    Wesentlichen vier Ziele:

    • künstlerisch hochwertige Konzerte und Musikproduktionen,• ausverkaufte Veranstaltungen,• ein begeistertes Publikum,• zufriedene Mitarbeiter/innen“ (Mertens 2010a, S. 37).

    Die Frage ist nun aber, ob ein solches operationales Management noch in der Lagesein kann, die Probleme, vor denen die Berufsorchester gegenwärtig stehen, zumeistern. Um dies zu beurteilen, soll hier eine aktuelle Situationsbeschreibung derOrchesterwelt im Jahr 2014 stehen.

    2.3.2 Die aktuelle Lage der Berufsorchester

    Wer die aktuelle Lage der Berufsorchester in Europa beschreiben sollte, könnteganz allgemein folgendes sagen:

    Auf der einen Seite strahlt der Sektor Ruhe aus. Berufsorchester in all ihrenFacetten widmen sich der Pflege der klassischen Musikkultur und präsentie-ren überwiegend einen sehr konstanten, unter Klassikliebhabern breit etabliertenWerkkanon. Orchestermusiker arbeiten in einer Struktur, die sich seit mehr als 100Jahren bewährt hat. Unbestritten ist der hohe (und immer weiter zunehmende)Ausbildungsgrad der Orchestermusiker. Geschätzt und getragen wird die Orches-

    terkultur von einem Publikum, das ganz allgemein auf Werte von Bürgerlichkeitund Hochkultur setzt und die perfekte Ausführung eines Meisterwerks schätzt12.Die klassische Orchesterkultur kennt durchaus auch repräsentative Züge, wenn sieihre Konzerte und Aufführungen in den Dienst von festlichen musikalischen, aberauch außermusikalischen Anlässen stellt.

    11 Mertens verweist dabei auf Brezinka, Thomas (2005) Orchestermanagement – EinLeitfaden für die Praxis. Kassel: Bosse Verlag, S. 10.12 Vgl. hierzu Schulze 2005, insbesondere Kap. 3: Alltagsästhetische Schemata in Deutsch-

    land, S. 125 ff.

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    33/169

    2.3 Der Nutzen von Strategischem Management für ein Berufsorchester 19

    Orchester sind im öffentlich geförderten Bereich entweder Teil eines Theaters-und Opernbetriebs oder sie bestehen als eigenständige Symphonieorchester. Inden letzten 15 Jahren hat es einen merkbaren Zuwachs an Kammerorchestern

    und Ensembles, vor allem im Bereich der Alten Musik gegeben. Im Gegensatz zuden bereits länger bestehenden Orchestern werden diese neuen Orchester jedochüberwiegend privat finanziert und kommen nur eingeschränkt in den Genuss vondirekten öffentlichen Mitteln.

    Auf der anderen Seite ist der Orchesterbetrieb durch zunehmende Finanzie-rungsprobleme gekennzeichnet, die durch interne Sparmaßnahmen der Ensemblesin der Regel nicht mehr aufgefangen werden können. Die öffentliche Hand tut sichimmer schwerer, die unvermeidbaren Kostensteigerungen innerhalb der Orche-sterinstitutionen auszugleichen13. Verschärft wird diese Situation dadurch, dass

    die bevorzugte Alimentierung der Hochkultur (und dabei insbesondere der ko-stenintensiven Sparten Oper, Theater und Konzert) durch die Vertreter andererKulturen nicht mehr hingenommen werden. Die Folge sind u. a. Orchesterfusionenund –schließungen.14

    Die Finanzknappheit der öffentlichen Hand, aber auch das Ausbleiben vonDrittmitteln durch Sponsoren, Förderer und Konzertbesucher wirkt sich zusätzlichauch auf den Veranstaltermarkt aus: selbst etablierte Konzertveranstalter sehen sichgezwungen, die Zahl ihrer Konzerte pro Saison zu verringern. Bereits seit Jahrensind überdies die Honorare für Gastspiele auf Beträge begrenzt, die gerade den

    zahlenmäßig groß besetzten Orchestern keine kostendeckenden Gastspiele mehrermöglichen. Die Finanzkrise führt überdies dazu, dass ganze Länder als Tournee-destinationen weitgehend wegfallen (z. B. Spanien) und dies den Konkurrenzkampf auf dem verbleibenden Tourneemarkt noch verschärft.

    2.3.3 Strategisches Management für Berufsorchester

    Es ist unmittelbar einsichtig, dass ein auf das Tagesgeschäft ausgerichtetes ope-

    rationales Orchestermanagement in dieser Situation nicht in der Lage sein kann,

    13 Michael Hutter prognostizierte 2009 bereits den teilweisen Zusammenbruch des staatlichgeförderten Konzertwesens: „Die Arbeitnehmervertreter werden (. . .) Anpassungen undKürzungen nicht zulassen, bis der Punkt erreicht ist, an dem der Popularitätsverlust bei derAuflösung von Ensembles die kommunal- und rundfunkpolitischen Entscheidungsträgerweniger schreckt als die Gefahren weiter steigender Verschuldung.“ (Hutter 2009, S. 59).14 Allein in Deutschland ging nach einer Veröffentlichung des Deutschen Musikrats „dieZahl der ausgewiesenen Musikerplanstellen“ von 1992 bis 2010 „von 12.159 auf aktuell 9.922zurück, also um 2.237 oder rund 18 Prozent.“ Im Jahre 1992 bestanden „noch 168 öffent-

    lich finanzierte Konzert-, Opern-, Kammer- und Rundfunkorchester; 35 Ensembles wurdenseitdem aufgelöst oder fusioniert.“ (Mertens 2010b, S. 5).

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    34/169

    20 2 Strategisches Management

    Antworten auf die Veränderungen der Märkte und der Umwelt eines Orchesterszu finden. Der stattfindende Wandel ist so fundamental, dass ihm mit der Optimie-rung von internen Abläufen oder der Erhöhung von Spielqualität allein nicht mehr

    begegnet werden kann. Überdies bieten diese Ansätze – wie weiter unten gezeigtwird – nur in Ausnahmefällen das Potential zu zukunftsfähigen Innovationen, diedem Berufsorchester seinen Spielraum und seine Zukunftsfähigkeit zurückgebenkönnen.

    Was also soll und kann ein Orchester in dieser Situation tun? Es ist natür-lich nicht möglich, eine allgemein gültige Antwort zu geben, die der Historieund den spezifischen Existenzbedingungen jedes einzelnen Berufsorchesters ge-recht wird. Es gibt jedoch einen Weg, der jedem Orchester die Möglichkeit bietet,seine spezifische Situation zu erkennen, Handlungsoptionen zu entwickeln und die

    erfolgversprechendsten Varianten dann zur Grundlage seiner zukünftigen Hand-lungen zu machen. Dieser Weg heißt strategisches Management. Und strategischesManagement in diesem Verständnis bedeutet, dass sich dieses Management dar-auf richtet, die Voraussetzungen zu schaffen, die einen Erfolg des Orchesters inder Zukunft ermöglichen. In diesem Buch werden die Hauptelemente für richtigesstrategisches Management vorgestellt und Anwendungsmöglichkeiten aufgezeigt,die gezielt auf den Bereich der Berufsorchester zugeschnitten sind.

    Natürlich muss auch die Frage gestellt werden, ob ein Orchestermanagement,das sich zusätzlich zu den Aufgaben der operativen Führung noch die Last der

    Strategiefindung und seiner Implementierung aufbürdet nicht notgedrungen über-fordert sein wird. Lässt sich der Aufwand an Zeit und Arbeitskraft überhauptrechtfertigen? Und kann man angesichts der fehlenden Zuverlässigkeit von Pro-gnosen und der Unsicherheiten in Zeiten fundamentalen Wertewandels überhaupterwarten, dass eine grundlegende Recherche und Analyse einen merkbaren Erfolgbringen kann?

    Die Antwort auf diese Fragen ist schwierig und letztlich eine Frage der Be-wertung. Empirische Nachweise für den Erfolg strategischen Managements fürOrganisationen gibt es jedenfalls nicht15. In diesem Buch wird jedoch der Stand-punkt vertreten, dass strategisches Management für Berufsorchester nicht nurlohnt, sondern in den meisten Fällen auch notwendig ist. Orchestermanagementheute sollte sich demnach nicht darauf beschränken, gute operative Ergebnisse zuerzielen und die Performance womöglich noch zu verbessern. Sondern es sollteseine Aufgabe auch und zusätzlich darin sehen, die Zukunft des Orchesters zusichern.

    15

    Vgl. dazu Müller-Stewens und Lechner 2011, S. 90 f.

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    35/169

    2.3 Der Nutzen von Strategischem Management für ein Berufsorchester 21

    Eine strategische Ausrichtung des Managements bietet die Chance, ein voll-ständigeres Bild über die Stärken und die Schwächen, aber auch die Bedrohungen,denen dasOrchester mittelfristig oder langfristig ausgesetzt sein kann, zu gewinnen.

    Richtig angewandtes strategisches Management bietet dadurch Orientierungshil-fen gerade in schwierigen und unübersichtlichen Situationen. Der Strategieprozesswird überdies einen unersetzlichen Beitrag dabei leisten, den Dialog zwischen Po-litik, Wirtschaft, Gesellschaft, Musikliebhabern und der Region zu vertiefen. Under kann zeigen, dass ein Berufsorchester seine Potentiale möglicherweise gar nichtausschöpft, wie in diesem Buch weiter unten dargestellt wird.

    These 1

    Richtig angewandtes strategisches Management hilft einem Berufsorchester,seine Stärken und Schwächen besser wahrzunehmen und daraus Orientierungs-hilfen, Werte und Handlungsmaximen zu entwickeln, die die Zukunftschancendes Orchesters erhöhen.

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    36/169

    3Strategieprozesse

    Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, welche Strategieprozesse für einBerufsorchester geeignet sein können. Eng damit verbunden ist die Frage, werinnerhalb und außerhalb der Organisation in den Prozess eingebunden ist undwer Entscheidungen trifft. Im theoretischen Teil wird zunächst beschrieben, wasein Strategieprozess ist, worin sich die verschiedenen Varianten dieser Prozesseunterscheiden und was die Qualität eines Strategieprozesses ausmacht.

    Im praktischen Teil wird anschließend diskutiert, welche Anforderungen einStrategieprozess für ein Berufsorchester erfüllen muss. Anhand von drei zentralenKriterien wird schließlich eine Empfehlung für einen Typus von Strategieprozessen

    für ein Berufsorchester ausgesprochen.Dies Kapitel ist damit gleichzeitig auch ein praktisches Anwendungsbeispiel fürdie Arbeit mit dem General Management Navigator (GMN) und insbesondere demArbeitsfeld Initiierung. Dort lauten die beiden zentralen Fragen: „Wie bilden sichStrategieprozesse und -Initiativen im Unternehmen?“ (Ebene der Reflexion) und„Wie wollen wir Strategieprozesse und Initiativen im Unternehmen gestalten?“(Ebene der Gestaltung).1

    3.1 Fünf Varianten von Strategieprozessen

    Der Begriff Strategieprozess bezeichnet alle Vorgänge, die mit der Diskussion undEntwicklung sowie der Beschlussfassung und Implementierung von Strategien ineiner Organisation zusammenhängen.2

    1 Vgl. dazu ausführlich Kap. 2 sowie Müller-Stewens und Lechner 2011, S. 28.2 In ähnlicher Weise formulieren Müller-Stewens und Lechner, die Strategieprozesse de-

    finieren, als „alle in einer unternehmerischen Einheit stattfindenden Entscheidungen und

    S. Rosu, Zukunftsstrategien für Orchester ,   23DOI 10.1007/978-3-658-05388-8_3, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    37/169

    24 3 Strategieprozesse

    Grundsätzlich können Strategieprozesse auf sehr unterschiedliche Art und Wei-se ablaufen. So ist es üblich, zunächst alle Prozesse der Strategiebildung in die zweigroßen Bereiche ,formulation‘ (Ausarbeitung) und ,implementation‘ (Implemen-

    tierung) zu unterteilen. Weiterhin werden Strategieprozesse danach unterschieden,ob der Auslöser eines solchen Prozesses innerhalb oder außerhalb der eigenenOrganisation liegt. Und schließlich danach, auf welcher Hierarchieebene einer Or-ganisation die Strategien entwickelt und in welcher Weise die Mitarbeiter in dieseEntwicklung eingebunden sind. So spricht man von ,top-down‘- Prozessen, wennStrategien auf der obersten Hierarchieebene entwickelt und die übrigen Mitar-beiter nur mit der Umsetzung der Beschlüsse beauftragt werden. Andersherumspricht man von ,bottom-up‘- Prozessen, wenn die Strategien auf den unterenund mittleren Ebenen der Organisation entwickelt und dann auch dort umgesetzt

    werden.

    Beispiele für Auslöser und Arten von Strategieprozessen

    Externer Auslöser eines Strategieprozesses im Orchesterbereich kann z. B. dieRenovierung des Konzertsaales sein, der das dort beheimatete Orchester zwingt,für einige Jahre Ausfallquartiere zu benutzen. So zwingt der Umbau des Dresd-ner Kulturpalastes die Dresdner Philharmoniker seit Anfang 2013 dazu, ihreKonzertaktivitäten an andere Spielorte zu verlegen.

    Intern ausgelöst wurde dagegen die Strategiediskussion des Radio Sinfonie-orchesters Wien (RSO Wien), nachdem der Österreichische Rundfunk (ORF)als Trägerorganisation des Orchesters die Ausgliederung des Klangkörpers imJahre 2008 vorgeschlagen hatte. Diese Ausgliederung konnte schließlich verhin-dert werden, aber die Diskussion war auch Anlass, die Aktivitäten des RSO imRahmen einer Strategiediskussion zu überdenken.

    Ein Beispiel für einen ,top-down‘ Prozess ist die Entscheidung der Luxem-burger Kulturministerin Octavie Modert, das Orchestre Philharmonique du

    Luxembourg und die Philharmonie Luxemburg zu fusionieren, um Synergieef-fekte zwischen den beiden großen Musikinstitutionen Luxemburgs zu erzielen.3

    Diese Fusion wurde im Vorfeld lediglich auf den höchsten Hierarchieebenendes Ministeriums bzw. der beiden betroffenen Kulturinstitutionen diskutiert.

    Ein Beispiel für einen ,bottom-up‘ – Prozess ist dagegen die 1992 getroffeneEntscheidung der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, ihr Hauptquartier

    Handlungen durch die sich die Strategien dieser Einheit bilden.“ (Müller-Stewens undLechner 2011, S. 45).3

    Siehe dazu: Ministère de a Culture Luxembourg, communique/2012/07/opl-philharmonie.

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    38/169

    3.1 Fünf Varianten von Strategieprozessen 25

    in die Bremer Gesamtschule Ost zu verlegen, dessen Einzugsbereich sich durcheinen hohen Anteil von Anwohnern mit Migrationshintergrund auszeichnet.Die Entscheidung über die Standortwahl bedeutete, dass pädagogische Arbeit

    und die Thematik der kulturellen Integration fortan ein wesentlicher Bestandteilder Ensemblearbeit sein würde. DieMusiker derDeutschen Kammerphilharmo-nie Bremen sind als Alleingesellschafter ihres Orchesters auch Eigentümer undUnternehmer4 und haben diese Entscheidung in basisdemokratischer Maniergetroffen.

    Es gibt in der Literatur eine Unzahl von Darstellungen der verschiedenen Varianten von Strategieprozessen. Müller-Stewens und Lechner haben daraus fünf Typendestilliert und mit den Bezeichnungen Kommandoansatz, Strategische Planung,

    Gelenkte Evolution, Symbolischer Ansatz und Selbstorganisation versehen. Die verschiedenen Typen unterscheiden sich dabei „in ihren Phasen, der Rollen, dieManager auf verschiedenen Ebenen spielen, sowie hinsichtlich ihres Verständnissesder Bildung von Strategien“ (Müller Stewens und Lechner 2011, S. 87). Wir wollendiese Varianten im Folgenden kurz darstellen:

    3.1.1 Typus Kommandoansatz

    Der Typus Kommandoansatz  beschreibt einen Strategieprozess, wie er oft in Klein-und Mittelbetrieben und von Eigentümern selbst geführten Unternehmen zu findenist. Der Kommandoansatz ist ein klassischer „top-down vorangetriebener Strate-gieprozess, in dem die Führungsspitze Ziele und Strategien eines Unternehmens imAlleingang festlegt und die Implementierung durch die Gestaltung von organisa-tionalen Parametern erreichen will“ (Müller-Stewens und Lechner 2011, S. 87).Beim Kommandoansatz entscheidet allein die Führungspersönlichkeit über dieneue Strategie. Die Mitarbeiter der Organisation sind nur in der Phase der Im-

    plementierung mit der Umsetzung der Strategie beauftragt. Müller-Stewens undLechner betonen, dass der Kommandoansatz vor allem „in Unternehmen mitstarken Führungspersönlichkeiten an der Spitze zu finden“ ist. Sollte es durchStrategiebeschlüsse zu Änderungen in Struktur und Aufgabenverteilung, Inhal-ten und Zielen der Organisation kommen, ist die Akzeptanz dieser Änderungen inhohem Maße abhängig von der „persönlichen Glaubwürdigkeit dieser Führungs-kraft“ (Müller-Stewens und Lechner 2011, S. 88). Aus Sicht der Führung hat derKommandoansatz den Vorteil, dass durch den Ausschluss anderer Ebenen vom

    4

    Nähere Informationen sind zu finden auf  http://www.kammerphilharmonie.com/Portrait.html.

    http://www.kammerphilharmonie.com/Portrait.htmlhttp://www.kammerphilharmonie.com/Portrait.htmlhttp://www.kammerphilharmonie.com/Portrait.htmlhttp://www.kammerphilharmonie.com/Portrait.html

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    39/169

    26 3 Strategieprozesse

    Meinungsbildungsprozess eine scheinbar vollständige Kontrolle über den Strate-gieprozess gewonnen wird. Gleichzeitig liegt in diesem Ausschluss aber auch diegrößte Schwäche des Ansatzes. Denn es kann leicht eine Situation entstehen, in der

    die Mitarbeiter der Organisation sich in der neuen Strategie nicht wiederfinden,die Umsetzung für den einzelnen Mitarbeiter gefühlte oder tatsächliche Nachteilezur Folge hat oder die neue Strategie einfach einer gewachsenen Kultur und damitdem Selbstverständnis einer Organisation widerspricht. In diesem Falle werdendie Mitarbeiter danach trachten, die Umsetzung der Strategie zu verhindern.5 Derscheinbaren absoluten Kontrolle steht also die Unsicherheit gegenüber, ob die neueStrategie von der Organisation überhaupt umgesetzt werden kann.

    3.1.2 Typus Strategische Planung

    Der Typ Strategische Planung  unterscheidet sich vom Kommandoansatz in zwei-facher Hinsicht. So „schreibt das oberste Management nicht mehr einfach eineStrategie nach seinem Gutdünken vor und begründet dies mit Intuition oderMacht.“ Stattdessen setzt sich die oberste Führungsebene „unternehmerische Ziele,analysiert systematisch die Umwelt und das Unternehmen, generiert Strategiealter-nativen, evaluiert sie, wählt sieaus, plant mit Hilfe von Maßnahmenplänen, Budgetsund Zeitplänen ihre Umsetzung und kontrolliert den Fortschritt und die Ergebnis-

    se“ (Müller-Stewens und Lechner 2011, S. 89). Der Schwerpunkt dieses Ansatzesliegt auf der rationalen Analyse. „Entscheidungen, die mit Fakten und dem Aufzei-gen von Kausalketten logisch belegt werden können“ (Müller-Stewens und Lechner2011, S. 88) sind das Ziel. Beim Ansatz der Strategischen Planung bleibt die Aus-arbeitung einer Strategie zwar der obersten Hierarchieebene vorbehalten, aber fürdie Analyse- und Recherchearbeiten werden die mittleren Hierarchieebenen sowiein der Regel auch externe Partner zur Erhebung von Kunden- oder Marktdatenmit einbezogen, was die Kommunikation zwischen den einzelnen Ebenen und Ab-teilungen befördern kann. Positiv bei dieser Herangehensweise ist sicherlich auch,dass „sie ein Unternehmen zwingt, seine Umwelt umfassend zu analysieren undOptionen systematisch und rational zu evaluieren“ (Müller-Stewens und Lechner2011, S. 89). Ein wesentliches Problem des Ansatzes liegt nach Müller-Stewens undLechner jedoch in der Gefahr, dass eine Kluft entsteht „zwischen abstrakten Strate-gieformulierungen einerseits, die meist durch eine kleine Schar von Topmanagernund Planern erstellt werden, und den vielen kleinen, wichtigen Details andererseits,wie sie nur an der operativen Basis gewonnen werden können“ (2011, S. 90).

    5

    Die Bedeutung der Organisationskultur sowie die Frage, inwieweit Organisationenüberhaupt gesteuert werden können, werden in Kap. 8, das sich spezifisch mit Verände-rungsmanagement beschäftigt, noch ausführlicher diskutiert.

  • 8/19/2019 Zukunftsstrategien Für Orchester

    40/169

    3.1 Fünf Varianten von Strategieprozessen 27

    3.1.3 Typus Gelenkte Evolution

    Beim  Typus Gelenkte Evolution  werden die strategischen Initiativen in der Or-

    ganisation selbst erarbeitet und dem Management obliegt die Steuerung desGesamtprozesses. Das Management wählt in diesem Prozessverständnis aus den inder eigenen Organisation entstandenen Vorschlägen die „erfolgversprechendstenInitiativen“ aus, stattet sie mit Ressourcen aus und unterstützt die Umsetzung in-nerhalb der Organisation. Die ausgewählten Initiativen werden probeweise getestetund bei Erfolg in der letzten Phase „in der Organisation verankert“ (Müller-Stewensund Lechner 2011, S. 91). Bringt die Initiative den erwarteten Erfolg nicht, wird siewieder eingestellt. Das Top-Management steuert beim Typus Gelenkte Evolutionin erster Linie die Prozesse und erlaubt den Mitarbeitern auf allen Ebenen der Or-

    ganisation, selbst Vorschläge und neue Ideen zu entwickeln. Es darf allerdings nichtübersehen werden, dass das Top-Management zwei entscheidende Steuerungsgrö-ßen behält: ihm obliegt die Entscheidung, welche Initiativen Ressourcen erhaltenund welche schlussendlich übernommen werden. „Der gesamte Prozess findet alsonicht rein evolutionär statt, sondern teilweise gelenkt“ (Müller-Stewens und Lech-ner 2011, S. 91). Vorteil dieser Variante ist sicherlich der „breite Einbezug vonMitarbeitern in allen Phasen“, was zu einer „erhöhten Legitimation und Bindungan neue Initiativen führt“ (Müller-Stewens und Lechner 2011, S. 92). Nachteiligbewerten Müller-Stewens und Lechner vor allem, die „relativ lange Zeitspanne,

    die benötigt wird, um Ideen zu generieren, sie mit Ressourcen auszustatten und voranzutreiben“ (2011, S.