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Zum Amorphismus fester Körper

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Page 1: Zum Amorphismus fester Körper

1834. A N N A L’E N JTO. 37, DER PHYSIK UND CIIEMIE.

B A N D X X X I .

LXXXIV. Zum Amorphismus fester K6rper; vain Dr. J o h . Nep. F U C ~ S , Pro$ in Miinchen. (Ausoug nus einem in der Acndemie der Wissenschaften in Xiin-

cben am 15. Mlrz d. J. gehaltenen Vortrage.)

1. A m o r p h e K i e s e l e r d e .

A l s amorphe Kieselerde ist, wie ich in meiner Abhand- lung iiber den Opal den Zustand der Gestaltlosigkeit fe- ster Kiirper hinlsnglich bewiesen zu haben glaube, der Opal zu betrachten I), Ich bemerkte dnbei, daCs Opal und Quarz ofters mit einander geniengt vorkorninen. F u r ein solches Gemeoge balte ich den Chalcedon, weil das Aetzkali ihln bei der gewiihnlicheii Tcrnperatnr ’ Kie- selerde Intzieht; und ihii iu Cacholong verwandelt; was nicht geschehen wiirde, wenn er blofs aus Qiiarz oder krystdlinischer Kieselerde bestande. Ziiin Beweise ‘dafiir kann noch dienen, dab, wenn man fein pulvrisirten Chal- cedon eine Zeit lang mit verdiinnter Kalilauge kocht; sicli cine bedeutende Menge Kieselcrde auflfist, wshrend voin Quarz, wenn er auf dieselbe Weise behandelt mird, nur Spiiren aufgeliist werdea. So habe ich einem gepulver- ten Chalcedongeschiebe aris Sachsen durch halbstundiges Kochen 8,9 Procent Kieselerde entzogen, die mohl griil- tentheils Opal gewesen seyn mufste.

Merkwurdig sind die Streifen, welche mancher Chal- cedon zeigt, wenn er llingere Zeit bei gewiihnlicher Tem- peratur in Kalilarige gelegen hat. Ein plattgeschnittenes Stuck von blSdlichgrauein und stark durchscheinendem Chslcedon, was ganz homogen za seyn schien, zeigte,

1) S. Neurs Jnhrbuch der Chemie und Physik, Bd. V I I , Haft 7 uod S , S. 418 his 434, uder Baiersclre Aonalao, 1533, NO. 51 S. 345 his 351.

Poggendorfi’s Annal. Bd. XXXI. 37

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naclidem cine concciltrirtc Kalilauge zehn Monate Jang dnraiif gewirkt liatte, sehr v i d e parallele Streifen, wovon die eioen weifs nnd fast ~~ndorchsichtig, die andern grau und durchschcinend warcn. Im Kali war ziemlich vie1 Rieselerde aufgelilst. Dicser Chalcedon mufste demnach aus abwechselnden Lagen bestehen, wovon die einen mehr, die andern wenigrr Opal enthielten.

Aurh clcn Feuerslein habe ich fur ein Gemenge von Quarz rind Opiil nngcsprochen. Um diescs auszuinitteln, wurden mehrere diiiine Splitter dieses Steins zehn Minu- ten Iang der Einwirkung voti concentrirter Ralilaugc aus- gesetzt. Sie wurdeii weifs und uoditrchsichtig, utld dcm Hornsteiii Yhnlicli: hatten aber nicht mehr als 1,7 Proc. am Gewicht verlorcn. Das Pulver desselben Steins cine halbe Slundr: lang init verdiinnter Kaliaufliisung gekocht, entlicfs 7,5 Proc. Kieselerde, welche sicli in Kali aufge- 16st liatte. Daraus gelit hervor, dafs der Feuerstein wirk- lich Opal enthalt, aber etwas weniger als der Chalcedon. Uebrigeiis verstelit sich wohl von selbst, dafs hier kein constantes Verh:illuil's zu erwarten ist.

I)er dichte Q u w z ist demnach abzniheilen in opal- halfigem und in opavreiem. Zu jenem gehdrt der Feuer- stein und Chalcedon mil seinem Anhange, zu diesem der Cacholong , Hornstein, Kieselschiefer etc. Auch scheint in manchem Sandsteine Opal als Bindemittel enthalten zu s e p .

2) A m o r p h e s S c h w e f e 1 a n t i m n n.

W e n n man krystallinisches Schmefelantimon (Anti- monglanz, Antirnonium crudum) in einem diinnen Glase schrnilzt wid eine Zeit lang irn Flufs erhilt, und dann so schncll als moglich samint dem Glase in eiskaltes , * . Was- ser wirft, so fiudet man es in amorphes Schwefelantimon CKermes) verwandelt.

Man erlialt es auf diese Wei se nur in sehr kleinen

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Stuckcn, dic sehr kluftig sind, was eine Folge des ra- schen Abkiililens ist. Es hat folgende Eigenschaften:

Im Bruche ist es iiiuschlich und glatt, und zeigt nicbt die mindeste Spur von krystallinischem Gefiige.

Es ist merklich hfrter als der Antimonglanz; es ritzt namlich diesen auf der vollkommenen Spaltungsflache ziem- Iich stark.

Sein spec. Gewicht ist =4,15, also urn ein Bedeu- tendes geringer als das des Antimonglanzes, was =4,5 bis 4 7 angegebcii wird I ) .

Es hat metallisches Ansehen, ist aber doch in sehr dunneii Splittern dunkel hyazinthroth dorchscheinend.

Die Farbe der Siiicke ist schwsrzlich bleigrau, die des Pulvers rothlichbraun, und e t m s dunkfer als die des gewolmlichen Kerines. Das Pulver des Antimonglanzes dagegen, auch des reiiisten Pulvers, ist stets graulich- scliwarz, und wird nicht braun, man mag es so lange und so fein reiben als man will. Daher mufs ich glau- ben, dafs Diejenigen, welche angeben, der chernisch reinc Antimonglanz lasse sich durch lange fort gesetztes Reiben in eio braunes Pulver verwandeln, es entweder mit amor- phen oder antimonoxydhaltigen Schwefelantimon zu thun hatten.

Das amorphe Schwefelantimon wird wieder in kry- stallinisches verwandelt, wenn man es schmelzt und lang- sam abkuhlen lafst. Es zeigt namlich daun wieder strah- liges Gefiige und giebt beiin Zerreiben ein schwarzlich- graues Pulver. Eben so verhdt sich der mit Schwefel- masserstoff aus Brechweinstein pracipitirte Kerrnes );

1 ) Es verhilt sich also das'Schwefelantirnon in dieser merkwiir- digen Heziehung ganz analog dern Vesuvim uod Granat nach N a g n u s ' s Beobachtunysn. S . dies, Annal. Bd. XX S . 477 und XXll S. 391. P.

2) Dieser Kermes s c h l i d ~ t , w ie der Opal, Wasser in unbestimm ten VerlrBltnissen e io , w a s erst brim Schmelzen g5nzlicb ent- weicht und die hIasse blasig macht.

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iiicht so der officinellc, welcher, wenn er geschmolzen worden, als eine dunkelbraune schlackenartige Masse er- scheint, was zur Genuge beweist, dafs er mit jeneln nicht identisch seyn kann.

T)as Schwefelantimon liefert dem zufolge einen schil- ueu Beleg dafur, dafs die nltnliche Substanz nach TJm- stlinden bald gestaltet, bald gestaltlos auftreteu, und sich (larnach zuglcich lnit verschicdeiien Eigenschaftcn beklei- den kann, so zwar, dafs wir es in diesen zwei Zustsn- den als zwei spccifisch verschiedene Kiirper betrachten miissen. Und dieses Beispiel scheint mir urn so interessan- ter und lehrreicher zu seyn, da wir die Verwandlung des eineii dieser Korper in den andern ganz in unserer Ge- Walt babel], was beim Qiiarz und Opal, und vieleli an- deren Ktirpero niclrt der Fall ist.

Die Urnwandlung des krystallinischen Schwefelanti- mons in das ainorphe gclingt indessen nicht immer; man darf dazu nicht zu grofse Quantilsten anwenden, und die Masse nicht sogleich, so wie sie geschinolzen ist, in's Wasser bringen, sondern mufs sie iioch eine Zcit laog im Flufs erhalten. Id1 verfuhr gewilhnlich auf folgende Weise: In eiue kleine Kugel von sehr diiiinem Glase, dergleichen man anwendet, uin anatomische PrSparate im Weingeist schwcbentf zu erhalten, machte icli mittelst dcr Lbthrohr&lalnme eine kleine Oeffnung, brachte 60 bis 70 Gran hntimonglanz hinein, verschlofs sie mit eineln Koh- lenstilpscl, l i e t die Flamme meiuer Weiiigeistlampe 10 bis 12 Minuten lang darauf wirken und tauchte dann das Gauze so schnell als miiglich in eiskaltes Wasser. Da- bei geschah irniner eine sehr starke Erschiitterung des Wasscrs, so dnfs bisweilen der Boden des Gefafses durch- geschlagen, 'und einmal auch das ganze Gefifs, vras von ziemlicb dickem Glase war, zertruniinert wurde.

LInger fortgesetztcs Schinelzen ist zur Entstaltung dcs Schnefelantin~ons eben so nothwenrlig wie zur Entstaltung des Schwefels; nur dadurch scheint der Gesioliungsirieb

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581 (nisus formaiiuus) d i e m und vermuthlich auch aiiderer Kiirper SO tief herabzusinken, dafs sie dann, wenn sie durch rasches Abktihlen gczwungen werden in festen ZU- stand uberzugehen, nicht mehr fahig siud sich zu gestal- ten I).

3) A rn o rp li e s S c 11 wcfe 1 qii e c ks i 1 be r.

Als amorphcs Schwefelquecksilber betrachte ich den sogenanntcn miiieralischen Mohr, wclchen man bekannt- lich auf trocknem und nasscm W e g e darsteilen kaun. Der auf trockneui W e g e bereitete erscheint bfters als eine durcbaus schwarze, schlackenartige und auf den1 Bruche glznzende Mnsse von halbmetallischem Ansehen, n’oran keiiie Spur von Krysfallisation wahrzunchinen ist; der auf nassem W e g e - durcli Pracipitation - darge- stellte zeigt sich stets als ein biichst zarter und volumi- nbser Scblamm, so wie aIle gestaltlose Pracipifate sind. Er verhalt sich zum Zinnobcr, in welcheu er durclr Subli- mation und Krystallisation verwandelt wird, wie der Kcr- ines zuin Antirnonglanz. Erhitzt man fein gepulverten Ziu- nober in einem kleinen Glaskolben iiber der Wein~e i s t - lampe lange, bis sich ein Theil sublimirt hat, und bringt ihu dann samrnt dem Kolben in kaltes Wasser, so fin- det man den nicht subliinirten Antheil gewiihnlich ganz in Mohr umgewandelt, und im Wasser schwimmeu schwarze Elocken uoiher, wie bei der Bereitung des mineralischeii Mohrs auf iiassem Wege. Am besteu und vollkommcn- sten gelang inir immer dieser Versuch, wenn ich den auf nassem W c g e bereiteten Zinnober dazu anwendete. Uebri- gens wird der Zinnober schon beim Erhitzen braunlich oder schwarzlicb, und wenn inan ihn sublimirt und die Sublimation unterbriclit, so fiudet man den Ruckstand

1) T h 6 nard’s scliwarzer Phosplror ist verruuthlicb anrorphrr Phosphor. Es ist rnir noch nicllt gelungen iho dnrzustellen.

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auch bei langsamer Abkiihlung griittentheils in Mohr ver- wandelt ).

Das Schwefelquecksilber liefert mithin zwei verscbie- denartige, durch den Gestaltungszustand signalisirte Kiir- p i r wie das Schwefelantimon; wobei es auffallend seyil miichte, dafs das gestaltete Schwefelquecksilber keiii uie- tallisches, das gestaltlose dagegen halbmetallisches, ja fast vollkoinmen metallisches Ansehen hat, und das gestaltlose Schwefelantimon sich in dieser Hinsicht merhlich V O I ~ dein gestalteten entfernt, was den Charakter der Metallitat SO

ausgezeichnet an sich triigt. Da der Antiinonglanz durch's Zerreiben nicht braun,

der Zinnober dadurch nicht schwarz wird, sondern viel- mehr eine u q so hiihere und lebliaftere Farbe bekoniint, j e fciner e r gerieben wird, so fiuden wir darin einen schlagenden Beweis, dafs gestaltete Korper durch meclia- nische Zertheilung, wenn sie auch so weit als nur iminer moglich ist, getricben wird, nicht der Gestalt beraubt werden kihnen. Ich kann mir daher unmijglich die De- formation (so wie auch die Transformation) als einen blofsen mechanischen Vorgang zwischen den kleinsten Theilen der Kiirper, als eine Umlegung oder andere An- ordnung der Molecule denken. Die Eigenschaften, wel- che an diesen Zustanden haften uod damit in unzertrenn- lichem Verbande stehen, sprechen zu laut gegen eine sol- che Ansicht. Es mufs folglich bei diesen Verwandluiigen ein tiefer in das Wesen der Materie eingreifender dynn- mischer Proces stattfinden.

O b bei d e n Deformations- Processe das Verhaltnifs der Grundkrafte abgeYnJert wird, o b diese Krafte in dem gestaltlosen Kiirper mehr im Gleichgemichte sind als im gestalteten, oder o b in jenem die. Expansivkraft ein ge- wisses Uebergewicht iiber die Attractivkraft erhalten hat,

1) Bei Bereitung des Zinnobers miichts, wenn er seli6n werden soll, bauptsiciilich daliin zu tracliten seyn, ihn frei von allern Mohr zu ertcdten.

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odcr 'ob uiit dem gestaltlosen KBrper das WSrmeprincip indiger uild io griifserem Maafse verbuuden ist a h mit dem gestalteten - ferner, o b vielleicht nur die Mate& von jeueln uiitl nicht voii diesem den Raum init Conti- nuitst erlullt? das siud Frageii, 'die sich uicht so bald, vielleicht iiie geniigeiid, werden beantworten lassen. Un- terdesseii glaube ich uowiderlegbar nachgewieseo zu ha- ben, dafs es zwei wesentlich verschiedene Zust;inde des Starren giebt - den Zustaiid der (hstaltung und den der Gestaltlosigkcit - nelche zuvijrderst wolil linter- schieden werden mussen, weno ma11 sich in Specutatio- nen iiber die kleiristen Theile, die Molekeln odcr Parti- keln der Korper eidlassen will.

LXXXV. Ueber eine Trennurtg t k s Jotls vom Chlor; von H e i n r i c h H o s e .

8 I a n trennt gew6hnlich das Jod vom Chlor in aufliisli- chen Verbinduiigeu nuf die Weise, dafs iiiaii zit der Auf- losung derselben eine Silberoxydaufliisung setzt, und dic Fallung init Alninoniak digerirt. Diese Methode ist be- knnntlich in sofern nicht gnnz gcnau, weil das Jodsilber nicht ganz uuaufliislich iui Ainmoniak ist.

Eiiie gt'naiierc: , aber freilich uinstzndlichere Methode ist folgende. Man bestinlint das gemeinschaftliche Ge- nicht des Chlor- uud Jodsilbers, itidem man auf dic be- kanute Weise den getrockiieten Niederschlag in einem hleinen Porcellantiegel schmilzt. Von dem geschinolzenen Kuchen nimuit nian so vie1 RUS den1 Tiegel, als man auf die Weise erhalten kanti, d a b inan deu Tiegel schwach erhitzt, wodurch die Silberverbinduug an den Seiten schmilzt, und das Meistr: davon durch einen Glasstab herausgeschobeu werdeii kanii. Eiue genogene Meuge