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Zum Recht eines Uferbesitzers an Privatflüssen

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Page 1: Zum Recht eines Uferbesitzers an Privatflüssen

Anlagenkomplexe 1 und 3 bilden. Sie stellen, da sie bereits vor dem 21. 9. 2009 genehmigt wurden, die im maßgeblichen Be-urteilungszeitpunkt bestehende „Vorbelastung“ des Schlosses des Klägers mit Windkraftanlagen dar. Sowohl das Landrats-amt als auch das Gericht mussten bzw. müssen deshalb bei der Prüfung der Frage, ob die hier als „Anlagenkomplex 2“ be-zeichneten Anlagen zugelassen werden durften, berücksichti-gen, ob – und bejahendenfalls in welchem Umfang – sich aus diesen schon vorhandenen Anlagen Beeinträchtigungen der in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG genannten Rechtsgüter ergeben und ob vor diesen Hintergrund noch Raum für die Zulassung weiterer gleichartiger Vorhaben blieb. Die letztgenannte Frage ist in Übereinstimmung mit der Bewertung, die im Schreiben des Landesamtes für Denkmalpflege vom 1. 6. 2011 zum Aus-druck gelangt ist, zu bejahen.

Stellt man auf eine Beeinträchtigung ab, die sich beim Blick aus dem Denkmal ergibt, so scheidet der Anlagen-komplex 1 als relevante Vorbelastung aus, da er sich süd-westlich des Schlosses befindet, er mithin nicht zugleich mit den streitgegenständlichen Anlagen wahrgenommen werden kann. In ähnlicher Weise gilt das für die Anlagen des Komplexes 3. Denn um sie zu sehen, muss man aus ei-nem der nach Osten führenden Fenster des Schlosses bli-cken (…). Von diesen Fenstern aus aber sind die streitgegen-ständlichen Windkraftanlagen allenfalls peripher und nur bei einer sich nicht aufdrängenden Wahl des Blickwinkels und der Kopfhaltung zu erkennen.

Für einen im Freien befindlichen Betrachter sind die An-lagenkomplexe 1 oder 3 nur dann zusammen mit dem ver-fahrensgegenständlichen Anlagenkomplex 2 sichtbar, wenn er sich weit genug vom Schloss des Klägers entfernt befin-det. Wie oben dargestellt, nimmt unter dieser Vorausset-zung bereits dessen tatsächliche Wahrnehmbarkeit, vor al-lem aber die Erfahrbarkeit derjenigen Faktoren ab, aus denen die Denkmalwürdigkeit des Schlosses maßgeblich resultiert. Beide Gegebenheiten stehen der Annahme entgegen, das Wesen dieses Denkmals, sein überliefertes Erscheinungsbild oder seine künstlerische Wirkung würden zwar nicht durch die streitgegenständlichen Windkraftanlagen für sich al-leine, wohl aber in der Summe mit den Anlagenkomplexen 1 und bzw. oder 3 erheblich beeinträchtigt. Das gilt umso mehr, als einzelne der zum Komplex 3 gehörenden Anlagen nur eine so geringe Höhe aufweisen bzw. so situiert sind, dass – je nach dem Standort des Betrachters – ggf. nicht alle zu diesem Komplex gehörenden Anlagen gleichzeitig wahr-genommen werden, sondern ein Teil von ihnen durch Un-ebenheiten des Geländes verdeckt wird.

2.3 Lagen nach alledem die sich aus Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG ergebenden Voraussetzungen für eine Versagung der in die immissionsschutzrechtliche Genehmigung einge-schlossenen denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis jedenfalls nicht in drittschutzrelevantem Umfang vor, so stand auch die Vorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB der Ertei-lung dieser Genehmigung nicht als drittschützende Norm entgegen. Denn die Belange des Denkmalschutzes werden in der Regel – positiv wie negativ – durch das Landesdenk-malrecht konkretisiert; der Bestimmung des § 35 Abs.  3 Satz 1 Nr. 5 BauGB kommt daneben nur eine Auffangfunk-tion zu ( BVerwG, Urt. v. 21. 4. 2009 – 4 C 3.08, BVerw GE 133, 347 Rdnr. 21). Ist ein Vorhaben in der Umgebung ei-nes Denkmals denkmalrechtlich genehmigt (und hat dieser Zulassungsakt – wie ergänzend anzumerken ist  – vor den Maßstäben des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO Bestand), so kön-nen Belange des Denkmalschutzes im Sinn von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht in drittschutzrelevantem Umfang beeinträchtigt sein ( BVerwG, Urt. v. 21. 4. 2009, a. a. O., Rdnr. 22). Denn aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, der nur ein Mindestmaß an Denkmalschutz gewährleistet, ergeben sich keine über das Landesdenkmalrecht (sc.: in verfassungs-konformer Auslegung) hinausgehenden Voraussetzungen für die Zulassung eines Vorhabens in der Umgebung eines Denkmals ( BVerwG, Urt. v. 21. 4. 2009, a. a. O., Rdnr. 22).

DOI: 10.1007/s10357-014-2620-9

Zum Recht eines Uferbesitzers an Privatflüssen

WHG § 20 Abs. 1; WHG 2002 § 15 Abs. 1; PrivatflussG vom 28. 2. 1843 §§ 1, 13; PrWG vom 7. 4. 1913 § 379 Abs. 2; GewO vom 21. 6. 1869 §§ 16, 25

1. Das Recht eines Uferbesitzers an Privatflüssen aus § 1 Satz 1 Privatflussgesetz, das vorüberfließende Was­ser zu benutzen, kann nach § 379 Abs.  2 PrWG auf­rechterhalten worden sein.

2. Das Recht aus § 1 Satz 1 Privatflussgesetz ist un­ter Geltung des Preußischen Wassergesetzes bei einer gewerberechtlich genehmigungsbedürftigen und nicht genehmigten Änderung der zu seiner Ausübung die­nenden Anlagen erloschen. OVG Münster, Beschluss vom 14. 1. 2014 – 20 A 361/12 –

Der Kläger betreibt eine seit ungefähr 1880 bestehende Wasser-mühle. Hierzu staut er das Wasser der W. durch ein Wehr bis zu einer Höhe von etwa 1,7 m an, leitet es über einen Obergraben zur Mühle und nach Gebrauch wieder in die W. ein. Im Wasserbuch ist seit 1919 für den Müller das Recht eingetragen, zum Betrieb der Mühle Was-ser aus der W. abzuleiten „in dem Umfang, wie es ihm nach den bis-her bis zum Inkrafttreten des Wassergesetzes vom 7. 4. 1913 geltenden Gesetzesvorschriften zukam“. 1940 baute der damalige Eigentümer eine neue Turbine in die Mühle ein. 1947 wurde das zuvor durch ein Hochwasser zerstörte Wehr wieder aufgebaut. Durch Ordnungsver-fügung vom 16. 9. 2008 gab die Beklagte dem Kläger auf, das Wehr soweit zurückzubauen, dass eine Einstauhöhe von maximal 0,4 m er-reicht wird. Das VG hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung blieb erfolglos.

Aus den Gründen: Rechtliche Grundlage für die in Gestalt des Aufstauens der W. ausgeübte Gewässerbenutzung kann mangels einer un-ter Geltung des Wasserhaushaltsgesetzes erteilten wasser-rechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung lediglich ein altes Recht oder eine alte Befugnis sein (§ 15 Abs. 1 des Wasser-haushaltsgesetzes in der bei Erlass der Ordnungsverfügung geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 19. 8. 2002 – WHG a. F., nunmehr § 20 Abs. 1 WHG).

Aus den vom Kläger herangezogenen §§ 1, 13 des Ge-setzes über die Benutzung der Privatflüsse vom 28. 2. 1843 (PrivatflussG) ergibt sich ein altes Recht oder eine alte Be-fugnis, die W. höher als 0,4 m aufzustauen, nicht.

Nach § 1 Satz 1 PrivatflussG war jeder Uferbesitzer an Pri-vatflüssen berechtigt, das an seinem Grundstück vorüber-fließende Wasser unter näheren Bestimmungen zu seinem besonderen Vorteil zu benutzen. Das Recht unterlag der Beschränkung, dass unter anderem kein Rückstau über die Grenzen des eigenen Grundstücks hinaus verursacht werden durfte (§ 13 Satz 1 Nr. 1 PrivatflussG). In Ansehung der Be-nutzung des Wassers zu Mühlen und anderen Triebwerken blieb es bei den bestehenden gesetzlichen Vorschriften, soweit sie nicht abgeändert worden waren (§ 1 Satz 2 PrivatflussG).

Dieses Recht hat das VG mit seinen Erwägungen zu den für die Stauanlage erteilten gewerberechtlichen Genehmi-gungen und zu deren Bedeutung für den gegenwärtigen Umfang des Staurechts entgegen der Meinung des Klägers nicht verkannt.

Das Recht aus §§ 1, 13 Privatflussgesetz ist mit dem Au-ßerkrafttreten dieses Gesetzes, an dessen Stelle das Preußi-sche Wassergesetz vom 7. 4. 1913 (PrWG) getreten ist (§ 399 Abs. 2 Nr. 5 PrWG), untergegangen, wenn und soweit es vom letztgenannten Gesetz nicht aufrechterhalten worden ist. Weil es sich um eine unmittelbar auf Gesetz beruhende Berechtigung handelt, ist für seine Aufrechterhaltung § 379 Abs. 2 PrWG entscheidend. Nach dieser Vorschrift blieben die beim Inkrafttreten des Wassergesetzes vom 7. 4. 1913 be-stehenden, nicht auf besonderem Titel beruhenden Rechte zur Benutzung eines Wasserlaufs nur insoweit und so lange aufrechterhalten, als rechtmäßige Anlagen zu ihrer Aus-übung vorhanden waren, vorausgesetzt, dass diese Anla-

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gen vor dem 1. 1. 1913 errichtet waren oder dass vor diesem Zeitpunkt mit ihrer Errichtung begonnen war.

Die Entscheidungserheblichkeit (auch) der beim Inkraft-treten des Preußischen Wassergesetzes vom 7. 4. 1913 beste-henden nicht titulierten Rechte für die Bestimmung von Inhalt und Umfang des im Wasserbuch eingetragenen Ab-leitungsrechts hat das VG nicht in Abrede gestellt.

Richtig ist, dass sich das seit 1919 im Wasserbuch einge-tragene Recht, zum Betrieb der Mühle das Wasser aus der W. abzuleiten „in dem Umfange, wie es ihm nach den bis zum Inkrafttreten des Wassergesetzes vom 7. 4. 1913 gelten-den Gesetzesvorschriften zukam“, – zumindest auch – auf die Rechtsstellung aus §§ 1, 13 PrivatflussG bezieht. Denn die Bestimmungen des Privatflussgesetzes gehörten zu den bis zum Inkrafttreten des Preußischen Wassergesetzes in Kraft befindlichen Gesetzesvorschriften. Auch diente der vom Kläger mit dem Zulassungsvorbringen in Bezug ge-nommene Antrag auf Eintragung in das Wasserbuch dazu, die Frist nach § 380 Abs. 1 Satz 1 PrWG, mit deren Ablauf frühere Rechte erloschen wären, hinsichtlich aller für die Mühle und die Ableitung des Wassers potenziell aufrechter-haltenen Rechtspositionen zu wahren. Der Antrag nimmt mit der Erklärung, das Wasser werde innerhalb der Gren-zen des Grundstücks dem Bach wieder zugeleitet, ferner Bezug auf die Anforderungen nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Pri-vatflussG. Der behördlich erbetene Nachweis des Bestands der Anlage zur Ableitung des Wassers zielte erkennbar auf die Voraussetzungen von § 379 Abs. 3 Satz 1 PrWG, des-sen Regelung seinerseits im Zusammenhang mit der Auf-rechterhaltung von Rechten nach § 379 Abs. 2 PrWG steht.

Das trägt aber nicht den vom Kläger gezogenen Schluss, das VG habe entscheidungstragend angenommen, dass die 1919 vorhanden gewesene Stauanlage lediglich gemäß § 16 der Gewerbeordnung in der bis zur Änderung durch § 43 Abs. 2 des Wasserhaushaltsgesetzes vom 27. 7. 1957 geltenden Fassung – GewO a. F. – genehmigt und gemäß § 379 Abs. 1 PrWG aufrechterhalten worden sei. Das VG hat sich zum Rechtsgrund des eingetragenen Rechts nicht geäußert und die von ihm in den Vordergrund gerückte gewerberechtli-che Rechtslage hinsichtlich der Stauanlage nicht, jedenfalls nicht allein, unter dem Blickwinkel eines titulierten Rechts im Sinne von § 379 Abs. 1 PrWG betrachtet. Es ist auf die Vo-raussetzungen für die Aufrechterhaltung von Rechten nach § 379 Abs. 1 oder Abs. 2 PrWG nicht im Einzelnen eingegan-gen, sondern hat den Umfang des – nach § 379 Abs. 1 oder Abs. 2 PrWG – aufrechterhaltenen Rechts einheitlich unter Rückgriff auf das Gewerberecht sowie die für die Stauanlage erteilten gewerberechtlichen Genehmigungen bestimmt. Die Formulierung im erstinstanzlichen Urteil, für eine An-wendung der Regelungen des Privatflussgesetzes sei neben der Beachtung der gewerberechtlichen Vorschriften kein Raum, betrifft nicht das Bestehen eines aufrechterhaltenen Rechts nach §§ 1, 13 PrivatflussG überhaupt, sondern dessen Inhalt und Umfang. Das kommt zum Ausdruck in der Aus-sage, dem Kläger stehe nach dem Privatflussgesetz kein Recht zu, die W. nach Belieben aufzustauen und ihr so viel Wasser zu entnehmen, wie sie hergebe. Der Sache nach hat das VG die gewerberechtliche Genehmigungslage für die Stauanlage ( jedenfalls auch) bei der Prüfung des Merkmals des Vorhan-denseins rechtmäßiger Anlagen im Sinne von § 379 Abs. 2 PrWG berücksichtigt. Es hat die Rechtmäßigkeit des Auf-stauens der W. über 0,4 m hinaus insgesamt wegen des gewer-berechtlich ungenehmigten Austauschs der Turbine im Jahr 1940 und, jeweils selbständig tragend, des ebenfalls gewerbe-rechtlich ungenehmigten Baus des neuen Stauwehrs im Jahr 1947 verneint. Das beinhaltet die die Berechtigung aus §§ 1, 13 PrivatflussG einbeziehende Auffassung, ein nicht titulier-tes Recht zum Benutzen des Gewässers durch Aufstauen sei, weil es an das Fortbestehen rechtmäßiger Anlagen geknüpft sei, mit diesen Änderungen entfallen.

Selbst wenn man das erstinstanzliche Urteil dahingehend verstehen würde, dass nach dem Dafürhalten des VG das

Recht aus §§ 1, 13 PrivatflussG im Ausgangspunkt durch die gewerberechtlichen Genehmigungen verdrängt wor-den ist, betreffen die Ausführungen zu deren Regelungs-gehalt und Reichweite im Ergebnis zugleich den Inhalt und Umfang eines solchen nicht titulierten Rechts im Fall sei-ner Aufrechterhaltung nach § 379 Abs. 2 PrWG. Denn für den Inhalt und Umfang eines solchen Rechts kommt es, weil es lediglich nach Maßgabe („insoweit und so lange“) des Vorhandenseins rechtmäßiger Anlagen zu seiner Aus-übung aufrechterhalten worden ist, gerade auch auf sol-che Anlagen an. Fallen die Anlagen nach Inkrafttreten des Wassergesetzes vom 7. 4. 1913 weg oder werden sie rechts-widrig, endet ihre Aufrechterhaltung.

Die Auffassung des Klägers, das Recht aus §§ 1, 13 Pri-vatflussG sei mit dem Inhalt aufrechterhalten worden, dass lediglich ein schädlicher Rückstau nicht zulässig sei, trifft demgegenüber nicht zu. Dabei kann dahinstehen, dass das Recht von Anfang an nach dem Wortlaut von § 13 Satz 1 Nr. 1 PrivatflussG dadurch beschränkt war, dass kein Rück-stau über die Grenzen des eigenen Grundstücks hinaus ver-ursacht werden durfte. Es versteht sich keineswegs von selbst, dass, was der Kläger aber annimmt, entgegen der Auffassung des VG ein die Grenzen der eigenen Ufergrundstücke über-schreitender nicht schädlicher Rückstau in Ausübung des Rechts gemäß § 1 Satz 1 PrivatflussG zulässig war. Unab-hängig hiervon ändert § 379 Abs. 4 Satz 2 PrWG, wonach für den Inhalt von aufrechterhaltenen nicht titulierten Rechten die bisherigen Gesetze mit bestimmten Modifikationen aus-schlaggebend waren, nichts daran, dass solche Rechte allein nach § 379 Abs. 2 PrWG und damit in ihrer Verknüpfung mit dem Vorhandensein rechtmäßiger Anlagen aufrechter-halten worden sind. Als Folge der Anknüpfung von § 379 Abs. 2 PrWG an das Vorhandensein rechtmäßiger Anlagen zur Ausübung des Rechts und der die Anlagen betreffenden weiteren Voraussetzung ihrer Errichtung vor dem 1. 1. 1913 oder dem Beginn ihrer Errichtung vor diesem Stichtag hängt die über das Inkrafttreten des Preußischen Wassergesetzes vom 7. 4. 1913 hinausgreifende Fortdauer nicht titulierter Rechte zur Benutzung vom Fortbestehen der zur Ausübung dienenden rechtmäßigen Anlagen ab, vgl. Preuß. OVG, Urt. v. 19. 3. 1936 – X. C. 41/35, OVGE 99, 169; Holtz/Kreutz/Schlegelberger, Das Preußische Wassergesetz, Band 2, 4. Aufl., § 379 Anm.  12; Breuer, Öffentliches und privates Wasser-recht, 3. Aufl., Rdnr. 302 f.

Aufrechterhalten wurde ein nicht tituliertes Recht durch § 379 Abs. 2 PrWG in dem Bestand, der zum Stichtag in den seiner Ausübung dienenden rechtmäßigen Anlagen er-kennbar geworden ist. Eine spätere Änderung der Anla-gen führt nicht zu einer inhaltlichen Änderung des auf-rechterhaltenen Rechts, und zwar unabhängig davon, ob das Recht vor Inkrafttreten des Preußischen Wassergeset-zes vom 7. 4. 1913 eine Benutzung des Gewässers mittels der geänderten Anlagen umfasst hätte. Waren rechtmäßige Anlagen zur Ausübung des nicht titulierten Rechts nicht mehr vorhanden, blieb es nicht mehr aufrechterhalten.

Rechtmäßig im Sinne von § 379 Abs. 2 PrWG waren An-lagen, die im Einklang mit dem früheren Recht hergestellt worden waren und bestanden. Zur erforderlichen Über-einstimmung mit dem früheren Recht gehörte unter ande-rem die Beachtung polizeirechtlicher Anforderungen, vgl. Holtz/Kreutz/Schlegelberger, a. a. O., § 379 Anm. 13; Breuer, a. a. O., Rdnr. 303.

Zu den letzteren zählten die anlagenbezogenen gewer-berechtlichen Vorschriften nach §§ 16, 25 GewO a. F., vgl. Holtz/Kreutz/Schlegelberger, a. a. O., § 379 Anm.  13; Hoff-mann, in: v. Brauchitsch, Verwaltungsgesetze für Preußen, 5. Band, 21. Aufl., § 49 GewO Anm. 2.

Dementsprechend erloschen nach § 379 Abs. 2 PrWG auf-rechterhaltene nicht titulierte Staurechte, die dem Betrieb einer nach §§ 16, 25 GewO a. F. genehmigungsbedürftigen Stauanlage für ein Wassertriebwerk dienten, wenn die erfor-derliche gewerberechtliche Genehmigung erlosch und die

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Stauanlage hierdurch rechtswidrig wurde, vgl. Preuß. OVG, Urt. v. 7. 11. 1935 – X. C. 25/35, OVGE 98, 142; Holtz/Kreutz/ Schlegelberger, a. a. O., § 379 Anm. 13, und Band 1, 3. und 4. Aufl., 1927, Vorbem. E zu § 42, Vorbem. E zu § 91; Hoffmann, in: v. Brauchitsch, a. a. O., § 49 GewO Anm. 2.

Ferner ist nicht zweifelhaft, dass das Stauwehr in der W. Teil der nach § 16 GewO a. F. gewerberechtlich genehmi-gungsbedürftigen Stauanlage für das Wassertriebwerk in Gestalt der Mühle war. Zu einer solchen Stauanlage zähl-ten das Stauwehr und alle sonstigen Vorrichtungen, die für den Abfluss des Wassers von Einfluss waren, einschließlich des Wassertriebwerks selbst, vgl. RG, Urt. v. 5. 10. 1901 – V. 190/01, RGZ 49, 85; Holtz/Kreutz/Schlegelberger, a. a. O., § 379 Anm. 12; Hoffmann, in: v. Brauchitsch, a. a. O., § 23 GewO Anm. 1, § 25 GewO Anm. 2.

Die Eintragung des Ableitungsrechts im Wasserbuch än-dert nichts an der Entscheidungserheblichkeit der Recht-mäßigkeit der Stauanlage für die Aufrechterhaltung des Rechts. Die Rechtswirkungen der Eintragung beurteilen sich nicht mehr nach dem vom Kläger herangezogenen § 190 PrWG. Diese Vorschrift ist mit dem Landeswasserge-setz vom 22. 5. 1962 (§ 134 Abs. 2 LWG NRW) außer Kraft getreten. Das bei Erlass der Ordnungsverfügung geltende Recht legte Eintragungen im Wasserbuch keine rechtsbe-gründende oder rechtsändernde Wirkung zu (§ 37 WHG a. F., § 158 LWG NRW); das Wasserbuch war ein Bestands-register mit Informationsfunktion. Das aktuell geltende Recht stimmt hiermit überein (§ 87 Abs.  4 WHG). Ein-tragungen alter Rechte und alter Befugnisse sind hiervon nicht ausgenommen.

Soweit der Kläger darauf verweist, dass Eintragungen im Wasserbuch die tatsächliche Vermutung hinsichtlich der Richtigkeit ihres Aussagegehalts stützen, ergibt sich daraus kein Anhaltspunkt für Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des VG. Denn die Eintragung des Ablei-tungsrechts im Wasserbuch verweist hinsichtlich des Um-fangs des Rechts auf die dem damaligen Rechtsinhaber nach den bis zum Inkrafttreten des Preußischen Wasser-gesetzes vom 7. 4. 1913 geltenden gesetzlichen Vorschriften zukommenden Rechte. Das schließt alle für den Umfang des Ableitungsrechts bislang maßgeblich gewesenen Vor-schriften ein, also auch die einschlägigen gewerberechtli-chen Vorschriften. Entgegen dem Verständnis des Klägers besagt schon der Wortlaut der Eintragung nicht, dass es für den Umfang des Ableitungsrechts (allein) auf die abstrakte Rechtsstellung nach §§ 1, 13 PrivatflussG ankommen soll und weitere für das Recht bedeutsame Vorschriften außer Betracht bleiben sollen. Zu einer im Widerspruch unter an-derem zum Gewerberecht stehenden Ableitung des Wassers der W. war der Kläger auch nach Maßgabe der früher für das Ableitungsrecht geltenden Gesetzesvorschriften nicht berechtigt. Ein abweichender, auf §§ 1, 13 PrivatflussG be-schränkter Aussagegehalt der Eintragung läge auch ausge-sprochen fern, weil sie im Zusammenhang mit der Auf-rechterhaltung der früheren Rechte für die Mühle steht und das Recht aus diesen Vorschriften, wie ausgeführt, nach § 379 Abs. 2 PrWG lediglich in Verbindung mit und in Abhängigkeit von vorhandenen rechtmäßigen Anlagen zu seiner Ausübung aufrechterhalten worden ist.

Das Zulassungsvorbringen erschüttert nicht die Auffas-sung des VG, die Stauanlage sei nach der Eintragung im Wasserbuch und damit nach dem gemäß § 379 Abs. 2 PrWG für die Aufrechterhaltung des Rechts nach §§ 1, 13 Privat-flussG entscheidenden Stichtag rechtserheblich geändert worden mit der Folge, dass sie wegen des Fehlens der erfor-derlichen gewerberechtlichen Genehmigung während des zeitlichen Geltungsbereichs des Preußischen Wassergesetzes vom 7. 4. 1913 rechtswidrig geworden ist. Die anderslautende Auffassung des Klägers, die 1940 eingebaute Turbine habe sich im Rahmen des eingetragenen Rechts gehalten, beruht auf der nach dem Vorstehenden unzutreffenden Annahme, der Inhalt des Ableitungsrechts werde allein durch §§ 1, 13

PrivatflussG bestimmt. Der Kläger legt insofern Kriterien zugrunde, die für Inhalt und Umfang titulierter Rechte im Sinne von § 379 Abs. 1 PrWG entwickelt worden sind und hinsichtlich nicht titulierter Rechte etwa aus §§ 1, 13 Privat-flussG wegen deren Verknüpfung mit vorhandenen rechtmä-ßigen Anlagen vorliegend nicht den Ausschlag geben.

Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Stauanlage unter gewerberechtlichem Blickwinkel ist das VG im Einklang mit dem Zulassungsvorbringen des Klägers davon ausge-gangen, dass eine Änderung der Stauanlage der Geneh-migung nur dann bedurfte, wenn sie wesentlich war (§ 25 Satz 1 GewO a. F.). Seine Bewertung der durch Austausch der Turbine im Jahr 1940 vorgenommenen Änderung als wesentlich hält den vom Kläger, der auf eben dieses Krite-rium verweist, vorgebrachten Bedenken stand.

Die Wesentlichkeit einer Änderung im Sinne von § 25 Satz 1 GewO a. F. beurteilte sich, was das VG ebenfalls zu-grunde gelegt hat, danach, ob sie sich auf die Umstände auswirken konnte, die entscheidend für die Genehmi-gungspflicht der Anlage überhaupt waren, vgl. Hoffmann, in: v. Brauchitsch, a. a. O., § 25 GewO Anm. 2.

Das ist bezogen auf Stauanlagen für Wassertriebwerke für den Einbau einer Turbine anstelle eines Wasserrades bejaht worden, weil hierdurch der Wasserverbrauch, die Höhe des Wasserstaus und die Abflussverhältnisse beeinflusst werden. Derartige Auswirkungen sind auch für den Fall des Ein-baus einer Turbine mit größerem Schluckvermögen als zu-vor angenommen worden, vgl. Holtz/Kreutz/Schlegelberger, a. a. O., § 379 Anm. 12; Breuer, a. a. O., Rdnr. 303, 306.

Zweifel daran, dass diese Bewertung der mit den unter-schiedlichen Triebwerken verbundenen Benutzungsmög-lichkeiten zutrifft, sind nicht veranlasst. Das Schluckvermö-gen einer Turbine wirkt sich auf ihren Wasserverbrauch aus und kann damit die Höhe bzw. Ausdehnung des ihr vorge-lagerten Wasseranstaus beeinflussen. Bei einem Ableitungs-stau, wie er vorliegend gegeben ist, ergeben sich hieraus potentiell Veränderungen hinsichtlich der Aufteilung der gesamten Wassermenge des Gewässers auf den Zulauf zum Triebwerk und das Ausgangsgewässer. Auch das stellt der Kläger nicht in Frage. Er beruft sich darauf, dass solche Wir-kungen nach den konkreten örtlichen Verhältnissen nicht auftreten. Damit dringt er nicht durch (wird ausgeführt).

Vertrauensschutz hinsichtlich des Fortbestehens der Rechte aus §§ 1, 13 PrivatflussG über den sich aus § 379 Abs. 2 PrWG ergebenden Rahmen hinaus kommt dem Kläger nicht zu. Die vorgenannte Vorschrift dient gerade dem Bestands-schutz und legt dementsprechend seine Reichweite fest. Da-raus, dass die Stauanlage noch unter Geltung des Wasserhaus-haltsgesetzes langjährig mit behördlicher Kenntnis betrieben worden ist, folgt nicht die Schutzwürdigkeit einer mögli-chen Erwartung, an der gegebenen Situation werde sich für die Zukunft nichts ändern. Behördliche Äußerungen oder Verhaltensweisen, die über die bloße Hinnahme der Stauan-lage hinausgehen und den Eindruck der Gestattung hätten hervorrufen können, sind nicht dargetan worden und auch sonst nicht ersichtlich. Ebenso wenig ist dargetan oder sonst ersichtlich, dass im behaupteten Vertrauen auf die unverän-derte Fortdauer der Stauanlage etwas ins Werk gesetzt wor-den ist, was als Folge der Ordnungsverfügung wirtschaft-lich entwertet wird. Immerhin ist nach den Angaben des Klägers aus dem vermeintlichen Ableitungsrecht auch nach der Änderung der Turbine mehrere Jahrzehnte Nutzen ge-zogen worden. Darüber hinaus hat die Beklagte dem Klä-ger bereits mit der Ordnungsverfügung die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis zur rechtlichen Absicherung der ausgeübten Benutzung der W. in Aussicht gestellt.

Die Beweisregel der unvordenklichen Verjährung kommt dem Kläger, was die Berechtigung zum Anstauen der W. über 0,4 m hinaus anbelangt, schon nach seinem eigenen Vorbringen nicht zugute. Der auch von ihm für erforderlich gehaltene lange Zeitraum, während dessen ein Zustand be-standen haben muss, um eine unvordenkliche Verjährung zu

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begründen, lag bei Erlass der Ordnungsverfügung seit dem Einbau der Turbine im Jahr 1940 noch nicht vor. Im Übrigen tritt der Kläger der Auffassung des VG, für eine Anwendung der Grundsätze der unvordenklichen Verjährung sei wegen der positivrechtlichen Vorgaben für die praktizierte Gewäs-serbenutzung von vornherein kein Raum, nicht mit subs-tantiiertem Vorbringen entgegen. Schon nach preußischem Recht musste aber die für eine unvordenkliche Verjährung notwendige Dauer des Zustands bis zum Inkrafttreten des Preußischen Wassergesetzes vom 7. 4. 1913 erreicht sein, vgl. Holtz/Kreutz/Schlegelberger, a. a. O., § 379 Anm. 9c.

Die etwaige Vorstellung der Ersitzung des Ableitungs-rechts im streitigen Umfang unter Geltung des vorgenann-ten Gesetzes oder der nachfolgenden Gesetze entbehrt je-der tragfähigen Grundlage.

Immissionsschutzgenehmigungen für Windanlagen

BImSchG § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1; BauGB § 1 Abs. 4, § 9 Abs. 1, § 29 Abs. 1, § 35 Abs. 1 und 3; ROG § 3; 4. BImSchV § 1 Abs. 1

1. Festlegungen, die positiv die Art und Weise des Be­triebes der Anlage in Form einer subjektiven Beschrän­kung der potentiellen Betreiber/Vorhabenträger regeln und damit gleichzeitig eine negative Ausschlusswirkung für alle anderen Betreiber bewirken, sind keine zuläs­sigen Festsetzungen im Sinne vom § 9 Abs. 1 BauGB.

2. Als Sicherungsmittel ungeeignet ist eine Verän­derungssperre, wenn sich das aus dem Aufstellungsbe­schluss ersichtliche Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt, der beabsichtigte Be­bauungsplan der Förderung von Zielen dient, für de­ren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Bau­gesetzbuches nicht bestimmt sind oder wenn rechtliche Mängel schlechterdings nicht behebbar sind.

3. Wie aus § 1 Abs. 3 BauGB zu ersehen ist, darf sich die Gemeinde des Mittels der Bauleitplanung nur be­dienen, soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist.

4. Nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB stehen öffentliche Be­lange einem Vorhaben nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Dar­stellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle er­folgt ist. Vorhaben außerhalb ausgewiesener Kon zen­tra tionszonen sind in der Regel also unzulässig.

5. Nach § 1 Abs. 4 BauGB sind Bauleitpläne den Zie­len der Raumordnung anzupassen. Dies bedeutet, dass die Gemeinden bei der Aufstellung von Bauleitplänen die Ziele der Raumordnung unter Berücksichtigung standörtlicher Interessen konkretisieren und ausgestal­ten, sich aber nicht über sie hinwegsetzen dürfen. Viel­mehr sind die örtlichen Planungsträger an die Ziele als verbindliche Vorgaben strikt gebunden und haben Pla­nungen, die einem geltenden Ziel der Raumordnung widersprechen, zu unterlassen.

– Nichtamtliche Leitsätze –OVG Schleswig, Urteil vom 4. 4. 2013 – 1 LB 7/12 –

Die Klägerin begehrt immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für zwei Windenergieanlagen im Gemeindegebiet der Beigeladenen. Sie beabsichtigt die Errichtung und den Betrieb von zwei Windener-gieanlagen des Typs ENERCON E-82 (Nabenhöhe 78 m, Rotor-durchmesser 82 m, Nennleistung 2 MW) auf dem Grundstück Flur-stück 21 welches im Eigentum eines Gesellschafters der Klägerin steht. Derzeit wird die im Außenbereich gelegene Fläche als intensi-ves Grünland bewirtschaftet. Der Siedlungsbereich der beigeladenen Gemeinde befindet sich ca. 1,5 km südlich.

Der Standort befindet sich innerhalb eines Eignungsgebietes für Windenergienutzung, ausgewiesen durch die Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 für den Planungsraum V. Das Eignungsgebiet selbst hat eine – unveränderte – Größe von ca. 130 ha. Die im nörd-lichen Gemeindegebiet der Beigeladenen belegene Fläche liegt in-nerhalb des derzeit in Kraft befindlichen Flächennutzungsplanes in der Fassung der 3. Änderung vom 25. 8. 1998. Er umfasst eine Flä-chengröße von ca. 222 ha. Darin ist das streitgegenständliche Grund-stück als Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen. Er weist zudem in räumlicher Nähe in westlicher bzw. nordöstlicher Richtung zu den streitbefangenen Standorten drei Windeignungsflächen mit ei-ner Größe von insgesamt ca. 12,3 ha aus. Diese sind jeweils mit zwei Windkraftanlagen bebaut.

Eine 5.  Änderung dieses Flächennutzungsplanes ist durch einen Aufstellungsbeschluss der Gemeindevertretung eingeleitet worden. Parallel dazu ist die Aufstellung eines Bebauungsplanes Nr. 7 beschlos-sen worden (Beschlüsse vom 26. 10. 2010). Als Planungsziel wurde hierin angeführt, dass die im Regionalplan ausgewiesene Eignungs-fläche – soweit sie sich im Gemeindegebiet befindet – zur maxima-len Kapazitätsausnutzung über die drei bisherigen Korridore hinaus in Gänze als Fläche für die Errichtung von Windkraftanlagen dargestellt werden solle. Es sei die Errichtung eines „Bürgerwindparks“ zum Ge-meinwohl der Bürger beabsichtigt. Der ursprüngliche Aufstellungsbe-schluss des B-Planes Nr. 7 sah diesen noch explizit in Form einer „Bür-gerwindpark Oldenswort GmbH & Co KG“ vor; in einer 1. Änderung vom 11. 12. 2012 wurde die Gesellschaftsform herausgenommen.

Ebenfalls am 26. 10. 2010 wurde eine Veränderungssperre über das Gebiet als Satzung beschlossen. Die Beschlüsse wurden am 25. 11. 2010 öffentlich bekannt gemacht; eine Öffentlichkeitsbeteili-gung hat noch nicht stattgefunden. Die Veränderungssperre wurde mit Beschluss vom 9. 11. 2012 um ein Jahr verlängert.

Das Widerspruchs- und Klageverfahren der Klägerin blieb erfolglos.

Aus den Gründen:

[35] Die Berufung ist zulässig und zum überwiegenden Teil begründet. Denn die – ebenfalls zulässige – Klage ist aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die ableh-nenden Bescheide vom 7./16. 12. 2009 in Gestalt des Wi-derspruchsbescheides vom 29. 9. 2010 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass der Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Sena-tes erneut über ihren Antrag vom 11. 6. 2009 entscheidet (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).

[36] I. Errichtung und Betrieb der von der Klägerin be-antragten Windenergieanlagen sind nach § 4 Abs.  1 S.  1 BImSchG, § 1 Abs. 1 S. 1 4. BImSchV und Nr. 1.6 Spalte 2 des Anhangs zur 4.  BImSchV immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig, da sie mit jeweils 120 Metern eine größere Gesamthöhe als 50 Meter aufweisen. Die Geneh-migung schließt dabei andere die Anlage betreffende be-hördliche Entscheidungen, z. B. die Baugenehmigung, mit ein (§ 13 BImSchG).

[37] Die Errichtung und der Betrieb der beantragten Windenergieanlagen sind genehmigungsfähig, wenn si-chergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung er-gebenden Pflichten erfüllt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 BIm-SchG) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Be-trieb der Anlage nicht entgegenstehen (§ 6 Abs.  1 Nr.  2 BImSchG). Da der Beklagte die Ablehnung des Antrags allein auf § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i. V. m. den Vorschrif-ten des Bauplanungsrechts gestützt hat und eine abschlie-ßende Beurteilung zu den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht möglich und auch nicht Aufgabe des Gerichts ist, konnte die Klage nur mit dem Bescheidungstenor Erfolg haben. Denn die Versagung der Genehmigung ist mit den vom Beklagten angeführten bauplanungsrechtlichen Gründen rechtswidrig und die verbleibenden Genehmigungsvoraus-setzungen sind abschließend vom Beklagten und den Fach-stellen und Fachbehörden, gegebenenfalls im Rahmen von Nebenbestimmungen, zu beurteilen.

NuR (2014) 36: 299–304 299Rechtsprechung

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