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Acta Polymerica 33 (1982) Heft 11 658 KAMMER untl SOCRER: Zurn rlteologischcn Verhalten von l’olyetliylenmischuttgcti bei niedrigeir Deforrnationsgescliwiridigkeiteri Zum rheologischen Verhalten von Polyethylenmischungen bei niedrigen Deformationsgeschwindigkeiten €1. \V. KAMMER uritl h1. SOCHER ‘rcchnische Universitiit Dresden, Sektion Chcmie, DDR-8027 I)rcs~Icli Das FlicRverhalten von Miscltungen BUS lincaiern und vcrzweigtem Polyethylen irn gcsclimol~enen Zustand wircl in ,\bItangigkeit voii der Zusammensetzung untersucht. Charahterisiert wird das rnakrorlieologische Verhalten der unter- suchten Systerne unter Scherbedingungen durch die Vishositat und den Koeffizienten yo der I. Norrnalspannungs- diffcrcnz im Grenzfall verschwindender Schergeschwindigbeit. Es zeigt sich, dafi sowohl die Nullscherviskositat als auch der Koeffizicnt yo init dem Massenbrueh der dispersen Kornponente zunehmen. Das mabrorheologische Verhalten der uiilersucltten Polymerrnischungen wird qualitativ mit tnikrorheologischeri Cegcbenhcitcn in Zusammenhang gebracht. PeoAoeuueexoe nosedenue n o ~ z u a t n u ~ z e ~ o s ~ ~ x ~o~no~uyuii npu ILU~KUX cr;opocmx aegopayuu OT Coci~aBa.PeomormecKoe noseneme mcnezyeMbIx cIwreM xapa~~ep~arnposanocb B~~KOCT~IO a xos@@nqne~~o~ yo noBmnamTcFI c yBenaqeHaeM MaccoBoii AOJIK nmnepcHoro KoMnotieHTa. MaKpopeonormecKoe noseAeHae accne- nPOBO&HJIRCb HCCJIe~OBaHHFI no TeKEyWCTR XOMn03Ilu13fi ltHIlefiHOr0 H pa3ReTRJIeHHOrO nOXMOTE3IeHa I1 3BBHCAMOCTM yo IlepBOt pa3IIOCTH HOpManbIIbIX HaIIpHXeHPI~.OKaaaJIOCb, KIT0 &I HyJIbCBaR BRBKOCTb CRBHFa XaX I4 K03@@qMeHT AEyCMhIX 11OJIIIMepHbIX KOMII03HL(CZ# n p l l B e A e H 0 B KalIeCTReHHyIO B3aI4MOCBR3b C MHXpOpeOJIOrnqeCXklMH IIpOqeCCaMll. IUdeological behaviour of mixtures of polyethylenes in the range nf low deformation rates The flow behaviour of blends of linear and branched polyethylene in the molten state is studied as a function of coin- position. The observed rnacrorheological behaviour is expressed in terms of the zero shear-viscosity and zero normal- stress coefficient YJ”. The zero shear-viscosity and the coefficient yo arc increasing functions of the content of dispersed phase. The macrorheological properties are qualitatively related to the microrhealogical processes. 1. Einleitung Polymere sind rneist nicht rnischbar. I3ringt man sic zu- sarnmen, bilden sich heterogene Systeme. Das ist deshalb so, da die Mischungsentropie zweier Komponenten aus Makromolekdlcn wesentlich kleiner ist als die Mischungsentropie zweier nieder- niolekularer Substanzen und die Mischungsenergic liaufig positiv ist. In vielen Fallen ist man an der Erzeugung hetero- gcncr Systeme interessiert, da sie gegenuber liornogenen Sy- stemen veranderte Eigenschaften zeigen, die gerade mit dcr tlierriiodyiiarnisclteii Unvertraglichkeit der polymeren Korn- ponenten zusammenliiingen. Daher sind in den letzten Jahren Slruktur und Eigenschaften lieterogener polymerer Systemr in betrllclttlichem MaBe Gegenstand voii Untersucliungen ge- worden. \Vir wollen im folgcnden das FlieOverhalten von lietcrogencii I’olyethylenschmelzen unter Scherbedingungen betrachten. Vom rheologischen Standpunkt sirtd Polyrnermischungen Dis- persionen von deforrnierbaren Partikeln rnit viskoelastischen Eigenschaften. Das rheologische Verhalten dieser Systeme rnuB dahcr durch den Dispersionsgrad, die Form und die Orientierung dcr dispersen Phase und die Wechselwirkungen zwischen dis- perser Phase und Matrix und der dispcrgiertcn Teilclicn untcr- cinaiider bestimmt werden. Das Fliell- untl Deformatious- verlialteu voti Polyetltylenmischungen ist vcrschiedentliclt esperimcutrll untcrsucht worden [l, 21. Der EinfluO der Phasen- s truktur auf das rheologische Vcrhalten wurde dabci aller- dings wenig beachtet. Voin theoretischcn Standpunkt stellt sich die Rheologie von I’olyrnerdispersioneti als ein auOerst kompliziertes Problem dar und ist gegenwartig noch kaurn ausgearbeitet. Allgemcin I,aiin man die Rheologie von heterogenen Polyrnermischungeii auf zwei verscliiedenen Niveaus studieren: auf inakrorheologi- sehem und auf mikrorheologischem Niveau. Makrorheologie bedeutet die experirnentelle und theoretische Untersuchung der rheologischen Eigenschaften der Polyrncrdispersion insgcsarnl, also der Viskositateri und der Normalspaunungcn der Polyrncr- mischungen unter verschiedenen Deformationsbedingungen. Unter Mikrorhcologie hingcgen wollen wir die Bewegung uncl Deformation der dispergierten Dartikel vcrstelten. Vom theo- retischeu Gesichtspunkt aus sollte sich das makrorlieologisclre Vcrhalteu cines Systerns a m dessen inikrorlieologischetl Eigen- schaften erklaren lassen. Gegeuwartig ist man von einern solchen Programm weit entfernt. Einen VorstoB in dieser Richtung unternahm VANOENE [3]. Wir beschranken uns im weitereit auf die Untersuchung riiakrorheologischer Eigenschaften von Mischungen aus ver- zweigtem (PE-ND) und linearem Polyethylen (PE-HD). Mischungen dcr genaniiten Polymerc sind hetcrogcne Systeme wic eigene ITntersucltungen zeigeu iind in der Literatur schon mehrfach festgeslellt wurde [3 -51. DSC-Messungen der voii UIIS verwcndet,en Mischungen crgaben z. R. getrennte Schnielz- peaks, die rnit, denen der rcinen Kornponenten iibereinstini- Es ist belcannt, dalJ l’ol~iiiersclimelzcn itn allgcrneinen strukturviskosc, elastische Fliissigkeiten siud. Bei solchen Fliissigkciten ist die Viskositat keine Konstante, sondern sinlct rnit der Scliergeschwiiidigkeit. AuOerdem auOern sich dic elast,ischen Eigenschaften im Auftreten von Normalspannungs- differenzen. Zur Restimmung der Nullscherviskositat T,J~ be- dienten wir uns eines Vorschlages von CROSS [6]. Die Funktion vj = ~(f], wobei -j die Schergcscltwindigkeit bezeichnet, ist in guter Niilicrung durcli folgtndc cnrpirischc Beziehung darst,cll- bar: lircll. To - rlcr, , 17 = + 1 + (A+)“ wobei qm dii, Grcnzviskositait bci schr grollcn Schcrgcscliwin- digkeitcn und I, und In Konstanten sind. Aus (1) ist ersichtlicli, daW der Parameter I die Dimension einer Zeit hat. Bei visko- elastisclien Systerncn ist es daher nahcliegend, I als Relaxations- zeit aufzufassen, die irn Bercich kleiner Schergeschwindigkeiten gleich dem Verhaltnis aus der Nullscherviskositat und dem Schubmodol Go ist : Fur ‘1 >> qm, also itn 1:alle klciucr Scliergeschwii,ciigkeiteii, erhalt inan aus (1) (3) I 1 (I+)” -- --+-. T To To

Zum rheologischen Verhalten von Polyethylenmischungen bei niedrigen Deformationsgeschwindigkeiten

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Acta Polymerica 33 (1982) Heft 11

658 KAMMER untl SOCRER: Zurn rlteologischcn Verhalten von l’olyetliylenmischuttgcti bei niedrigeir Deforrnationsgescliwiridigkeiteri

Zum rheologischen Verhalten von Polyethylenmischungen bei niedrigen Deformationsgeschwindigkeiten €1. \V. KAMMER uritl h1. SOCHER ‘rcchnische Universitiit Dresden, Sektion Chcmie, DDR-8027 I)rcs~Icli

Das FlicRverhalten von Miscltungen BUS lincaiern und vcrzweigtem Polyethylen irn gcsclimol~enen Zustand wircl in ,\bItangigkeit voii der Zusammensetzung untersucht. Charahterisiert wird das rnakrorlieologische Verhalten der unter- suchten Systerne unter Scherbedingungen durch die Vishositat und den Koeffizienten yo der I . Norrnalspannungs- diffcrcnz im Grenzfall verschwindender Schergeschwindigbeit. Es zeigt sich, dafi sowohl die Nullscherviskositat als auch der Koeffizicnt yo init dem Massenbrueh der dispersen Kornponente zunehmen. Das mabrorheologische Verhalten der uiilersucltten Polymerrnischungen wird qualitativ mit tnikrorheologischeri Cegcbenhcitcn in Zusammenhang gebracht.

PeoAoeuueexoe nosedenue n o ~ z u a t n u ~ z e ~ o s ~ ~ x ~ o ~ n o ~ u y u i i n p u I L U ~ K U X cr;opocmx a e g o p a y u u

OT C o c i ~ a B a . P e o m o r m e c K o e noseneme m c n e z y e M b I x c I w r e M xapa~~ep~arnposanocb B ~ ~ K O C T ~ I O a x o s @ @ n q n e ~ ~ o ~

yo n o B m n a m T c F I c y B e n a q e H a e M M a c c o B o i i AOJIK n m n e p c H o r o K o M n o t i e H T a . M a K p o p e o n o r m e c K o e n o s e A e H a e a c c n e -

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IUdeological behaviour of mixtures of polyethylenes in the range nf low deformation rates

The flow behaviour of blends of linear and branched polyethylene in the molten state is studied as a function of coin- position. The observed rnacrorheological behaviour is expressed in terms of the zero shear-viscosity and zero normal- stress coefficient YJ”. The zero shear-viscosity and the coefficient yo arc increasing functions of the content of dispersed phase. The macrorheological properties are qualitatively related to the microrhealogical processes.

1. Einleitung

Polymere sind rneist nicht rnischbar. I3ringt man sic zu- sarnmen, bilden sich heterogene Systeme. Das ist deshalb so, da die Mischungsentropie zweier Komponenten aus Makromolekdlcn wesentlich kleiner ist als die Mischungsentropie zweier nieder- niolekularer Substanzen und die Mischungsenergic liaufig positiv ist. I n vielen Fallen ist man an der Erzeugung hetero- gcncr Systeme interessiert, da sie gegenuber liornogenen Sy- stemen veranderte Eigenschaften zeigen, die gerade mit dcr tlierriiodyiiarnisclteii Unvertraglichkeit der polymeren Korn- ponenten zusammenliiingen. Daher sind in den letzten Jahren Slruktur und Eigenschaften lieterogener polymerer Systemr in betrllclttlichem MaBe Gegenstand voii Untersucliungen ge- worden.

\Vir wollen im folgcnden das FlieOverhalten von lietcrogencii I’olyethylenschmelzen unter Scherbedingungen betrachten. Vom rheologischen Standpunkt sirtd Polyrnermischungen Dis- persionen von deforrnierbaren Partikeln rnit viskoelastischen Eigenschaften. Das rheologische Verhalten dieser Systeme rnuB dahcr durch den Dispersionsgrad, die Form und die Orientierung dcr dispersen Phase und die Wechselwirkungen zwischen dis- perser Phase und Matrix und der dispcrgiertcn Teilclicn untcr- cinaiider bestimmt werden. Das Fliell- untl Deformatious- verlialteu voti Polyetltylenmischungen ist vcrschiedentliclt esperimcutrll untcrsucht worden [l, 21. Der EinfluO der Phasen- s truktur auf das rheologische Vcrhalten wurde dabci aller- dings wenig beachtet.

Voin theoretischcn Standpunkt stellt sich die Rheologie von I’olyrnerdispersioneti als ein auOerst kompliziertes Problem dar und ist gegenwartig noch kaurn ausgearbeitet. Allgemcin I,aiin man die Rheologie von heterogenen Polyrnermischungeii auf zwei verscliiedenen Niveaus studieren: auf inakrorheologi- sehem und auf mikrorheologischem Niveau. Makrorheologie bedeutet die experirnentelle und theoretische Untersuchung der rheologischen Eigenschaften der Polyrncrdispersion insgcsarnl, also der Viskositateri und der Normalspaunungcn der Polyrncr- mischungen unter verschiedenen Deformationsbedingungen. Unter Mikrorhcologie hingcgen wollen wir die Bewegung uncl Deformation der dispergierten Dartikel vcrstelten. Vom theo- retischeu Gesichtspunkt aus sollte sich das makrorlieologisclre

Vcrhalteu cines Systerns a m dessen inikrorlieologischetl Eigen- schaften erklaren lassen. Gegeuwartig ist man von einern solchen Programm weit entfernt. Einen VorstoB in dieser Richtung unternahm VANOENE [3].

Wir beschranken uns im weitereit auf die Untersuchung riiakrorheologischer Eigenschaften von Mischungen aus ver- zweigtem (PE-ND) und linearem Polyethylen (PE-HD). Mischungen dcr genaniiten Polymerc sind hetcrogcne Systeme wic eigene ITntersucltungen zeigeu iind in der Literatur schon mehrfach festgeslellt wurde [3 -51. DSC-Messungen der voii UIIS verwcndet,en Mischungen crgaben z. R . getrennte Schnielz- peaks, die rnit, denen der rcinen Kornponenten iibereinstini-

Es ist belcannt, dalJ l’ol~iiiersclimelzcn itn allgcrneinen strukturviskosc, elastische Fliissigkeiten siud. Bei solchen Fliissigkciten ist die Viskositat keine Konstante, sondern sinlct rnit der Scliergeschwiiidigkeit. AuOerdem auOern sich dic elast,ischen Eigenschaften im Auftreten von Normalspannungs- differenzen. Zur Restimmung der Nullscherviskositat T,J~ be- dienten wir uns eines Vorschlages von CROSS [6]. Die Funktion vj = ~ ( f ] , wobei -j die Schergcscltwindigkeit bezeichnet, ist in guter Niilicrung durcli folgtndc cnrpirischc Beziehung darst,cll- bar:

lircll.

To - rlcr, , 17 = + 1 + (A+)“ wobei qm dii, Grcnzviskositait bci schr grollcn Schcrgcscliwin- digkeitcn und I , und I n Konstanten sind. Aus (1) ist ersichtlicli, daW der Parameter I die Dimension einer Zeit hat. Bei visko- elastisclien Systerncn ist es daher nahcliegend, I als Relaxations- zeit aufzufassen, die irn Bercich kleiner Schergeschwindigkeiten gleich dem Verhaltnis aus der Nullscherviskositat und dem Schubmodol Go ist :

Fur ‘1 >> qm, also itn 1:alle klciucr Scliergeschwii,ciigkeiteii, erhalt inan aus (1)

(3) I 1 (I+)” -- --+-. T To To

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KAMMER und SOCHER: Zum rheologischen Verhalten von Polyethylenmischungen bei niedrigen Deformationsgeschwindigkeiten

14600 141 000

M , Mu U 8,6

Mz 680 000

Actr Polyrnerica 33 (1982) Heft I 1

659

34300 269000

6,8 -

Bild 1. 1/71 in Abhangigkeit von der Schergeschwindigkcit bei 160°C fur Mischungen aus PE-HD/PE-ND: l O O / O (I), 70/30 (2),

0/100 (3)

Wenn m = 1 gilt, besteht zwischen l / q und dcr Schergeschwin- digkeit ein linearer Zusammenhang. Der Schnittpunkt dieser Geraden rnit der Ordinate liefert qo, wahrend deren Anstieg proportional zu 1 bzw. nach (2) gleich Go-l ist. Unter stationaren Scherbedingungen kann man nach [6] die 1. Normalspannungs- differenz N , rnit der Schubspannung CJ und der Scherung y im Grenzfall 1; -+ 0 wie folgt darstellen:

N , = 30y. ( 4 )

Da aul3erdem CJ = Gy mit G als dem Schubmodul gilt, ergibt sich aus ( 4 )

302 N , = -. G

N, ist eine Funktion der Schergeschwindigkeit. In einfachster Naherung erhalt man unter stationaren Bedingungen [7]

N , = ~ 1 ; ~ . (6 )

y wird als Normalspannungskoeffizient bezeichnet. Fur den Normalspannungskoeffizienten ergibt sich im Grenzfall sehr klciner Schergeschwindigkeit aus ( 6 ) und (5)

Vcrwendet man (a) , folgt fur (7)

yo = 3q01. (8)

Bestimmt man also die Funktion q = q(1;) ergeben sich aus ( 3 ) die GroOen qo uncl 1. Damit sind wegen (2) und (8) aueh Aussagen uber das elastische Verbalt,en von Polymerschmelzen im Bcreich kleiner Schergeschwindigkeiten moglich. Auf dcr Grundlage der vorstehenden Uberlegungen haben wir das rheologische Verhalten von Polyetliylenmischungen untersucht.

2. Experimentelles

Ausgangssubstanzen. Es wurden Mischungen aus unfraktionierten teehnischen Poly- ethylenen hergestellt. Die Molmassen der verwendeten Polymere sind in der Tabelle 1 zusammengestcllt.

Meptechnik. Das Flie8verhalten der Polymermischungen wurde mit einem Kegel-Platte-Viskosimeter der Firma Haake (Rotovisco RV 3) im Schergeschwindigkeitsbereich von l o o s-l bis ungefahr l o 2 s-l bei einer Temperatur von 16OOC in Stickstoffatmosphare

Tabelle I . Molmassen der untersuchten Polymere

untersucht. Der Kegeldurchmesser und der Spaltwinkel be- trugen 28 mm bzw. 1". Zur Ermittlung der Funktion q = q ( j ) bei einem bestimmten Mischungsverhaltnis wurden bei jeder Schergeschwindigkcit vier Messungen ausgefuhrt. Der mittlere Fehler der Einzelmessung betragt etwa 3%. Der stationare Zustand wurde nach etwa zwei Minuten erreicht.

Folienpraparation Fur rheologische Untersuchungen in einem Kegel-Platte-Vis- kosimeter mussen die Polymere als Folien definierter Diclte vorliegen. Die Folien wurden mittels eines FilmgieOverfahrens hergestellt. Die Granulate wurden in Toluen bei 100°C unter RuckfluO gekocht. Nach vollstandiger Auflosung wurden rnit einer temperierten Pipette aliquote Mengen entnommen und in einer Petrischale das Losungsmittel abgedampft. Durch an- schlieBendes Aufheizen (4 K/min) auf 160°C wurdcn die Proben geschmolzen und darauf bei 10°C abgeschreckt. Die Folien wurden anschlieoend im Vakuunitrockenschrank bei 50°C his zur Gewichtskonstanz getrocknet. Alle Proben waren trans- parent. Fur die Untersuchungen im Kegel-Platte-Viskosimeter erwiesen sich Foliendicken zwischen 15 und 30 IJ. als gunstig.

3. Ergebnisse

Die im stationaren Zustand erhaltenen Resultate werden zunachst gemaB Gleichung (3) dargestellt. Rild 1 zeigt fur drei verschiedene Systeme q-1 = f(+). Man sieht, da13 sich fur diese Systeme in guter Naherung Geraden ergeben. Analoge Ergebnisse erhielten wir fur die iibrigen Mi- schungsverhaltnisse (Korrelationskoeffizienten : 0,924 r 5 0,997). Daraus folgt, daB fur die untersuchten Systeme in guter Naherung die Beziehung (3) mit rn = 1 gilt. Somit sind nach (3) und rnit (8) aus den erhaltenen Geraden

I

20 t0 6b SO % ~ E - I V D

Bild 2. Nullscherviskositat als Funktion des Massenbrurhs fur das System PE-HD/PE-ND bei 160°C

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Acto Polymerica 33 (1902) Heft 11

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die Nullscherviskositat und die Relaxationszeit bzw. der Koeffizient der Normalspannung in Abhangigkeit von der

Bildern 2 bis 4 zu sehen. ----_ Zusammensetzung ermittelbar. Die Resultate sind in den

keit von der Schergeschwindigkeit fur verschiedene Mi-

-- Es ist weiterhin interessant, die Viskositat in Abhangig-

schungen darzustellen (Bild 5). Die durch Extrapolation nach Gleichung (3) gewonnenen Bereiche sind gestrichelt gezeichnet. Man sieht, daS die Viskositaten der Mischungen

I I

0 20 410 60 80 % 100 WPE-ND

Bild 3. Relaxationszeit 1 als Funktion des Massenbruchs. Sonst wie Bild 2

0 20 40 60 80 % 700 WP€ -ND

Bild 4. Normalspannungskoeffizient pyo als Funktion dcs Mas- senbruchs. Sonst wie im Bild 2

Bild 5. Viskositat in Abhangigkeit von der Schergeschwindig- keit. Bezeichnung wie im Bild 1

\4zo--o6/- \ , ‘Pi , , o--o--o-o-~-~-o-o

0 20 40 60 80 % 100 WFE-ND

Bild 6. Viskositat’ als Funktion des Massenbruchs fur unter- schiedliche Schergeschwindigkeiten: 0,62 s-l ( I ) , 1,24 ‘s-l (Z),

2,48 s-l (3), 4,96 s-l (a ) , 10,O s-l (51, 24,8 8-l (6)

nicht bei jeder Schergeschwindigkeit zwischen den Visko- sitaten der reinen Polymere liegen, wie das schon an Bild 2 fur die Nullscherviskositaten deutlich wird. AuSerdem zeigt sich, daR die Viskositat von PE-ND bei kleinen Schergeschwindigkeiten starker ansteigt als die von PE-HD. Dieses Verhalten beobachtet man auch bei den Mischungen. Im Bild 6 sind fur verschiedene jeweils ltonstante Schergeschwindigkeiten die Viskositaten in Abhangigkeit von der Zusammensetzung aufgetragen.

4. Diskussion

Im folgenden versuchen wir qualitativ das heobachtete makrorheologische Verhalten von Mischungen aus PE-HD und PE-ND, ausgedruckt durch die Konzentrationsab- hangigkeit der Nullscherviskositat q0 und des Koeffi- zienten yo der Normalspannungsdifferenz, mit mikro- rheologischen Gegebenheiten in Zusammenhang zu bringen. Bild 2 entnimmt man, daR die Nullscherviskositat mit

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KAMMER und SOCHER: Zum rheologischen Verhalten von Polyethylenmischungen bei niedrigen Deformationsgeschwindigkeiten

A d a Polymerica 33 (1982) Hef t 11

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zunehmendem Anteil der im UnterschuB vorhandenen Komponente zunimmt. In diesem Rereich haben die untersuchten Polymermischungen eine Insel-Matrix-Struk- tur, sind also Dispersionen aus deformierbaren Teilchen. Qualitativ sind daher die von verschiedenen Autoren 18, 91 ahgeleiteten Beziehungen zur Konzentrationsab- hangigkeit der Viskositat von Dispersionen anwendbar. Wesentlich wird die Viskositat von Dispersionen durch das Verhaltnis Q der Viskositaten von disperser Phase und Dispersionsmedium bestimmt. J e groBer Q ist, um so groSer ist die Zunahme der Viskositat rnit dem Volumen- bruch der dispergierten Phase. AuSerdem zeigt sich, daS bei konstantem Q der Anstieg der Viskositat rnit dem Volumen- bruch fur deformierbare Teilchen wesentlich geringer ist als fur undeformierbare. Qualitativ stimmen diese Aussagen rnit den in den Bildern 2 und 6 dargestellten Resultaten uberein. Bei kleinen Schergeschwindigkeiten wird die Inselphase kaum deformiert. Fur den linken Teil des Bildes 2 ist Q > 1, fur den rechten Q < 1. Der Anstieg der Viskositat rnit dem Anteil von PE-ND ist dement- sprechend groBer als rnit dem Anteil von PE-HD. Mit zunehmender Schergeschwindigkeit wird die Inselphase starker deformiert. Daher nimmt der Anstieg der Viskositat mit dem Volumenbruch der dispersen Phase mit der Schergeschwindigkeit zunehmend ab. Das ist im Bild G deutlich erkennbar.

Die vorstehenden Aussagen beziehen sich auf den Zusammensetzungsbereich, in dem Insel-Matrix-Struk- turen vorliegen (bei i, -+O bis ca. 30% PE-ND bzw. bis ca. 40% PE-HD). Im dazwischen liegenden Bereich erfolgt schrittweise die Phasenumkehr, daher kann man nicht mchr zwischen disperser Phase und Dispersions- medium unterscheiden. Aus diesem Grunde werden die Verhaltnisse in diesem Bereich uberaus kompliziert.

Der Normalspannungskoeffizient yo ist ein MaS fur die wahrend des Deformationsprozesses elastisch gespeicherte Energie im Grenzfall i, -+ 0. Qualitativ zeigen yo und qo fur die untersuchten Systeme dieselbe Konzentrations- abhangigkeit. Das ist nach Gleichung (8) und Bild 3 be- dingt durch die Konzentrationsabhangigkeit der Rela- xationszeit 1. Die Konzentrationsabhangigkeit der Null- scherviskositat legt nahe, daS die disperse Phase fur i, + 0

kaum deformiert wird. Die Teilchen konnen daher die elastische Deformationsenergie nicht als Grenzflachenener- gie speichern. Da yo mit dem Volumenbruch der dispersen Phase zunimmt, mu13 man annehmen, daS Teilchen- Teilchen-Wechselwirkungen neben irreversiblen Storungen des Scherfeldes (die zur Zunahme von qo fuhren) auch reversible Storungen bedingen, denen diese Energie zuzuordnen ist. Messungen an Polyethylen-Polystyren- Mischungen [ lo] haben gezeigt, daB Dispersionen mehr elastische Energie zu speichern vermogen als Systeme, in denen keine Insel-Matrix-Struktur vorliegt. Das stimmt mit dem im Bild 4 dargestellten Resultat uberein.

Die vorstehende Diskussion ist sehr grob. Keines der dargestellten Resultate kann im Detail verstanden werden. Sowohl das makrorheologische als auch das mikrorheolo- gische Verhalten von Polymer-Polymer-Systemen werden durch die viskoelastischen Eigenschaften beider Kom- ponenten bestimmt. hlit zunehmender Konzentration der dispersen Phase wird das makrorheologische Verhalten offenbar stark von den hydrodynamischen Wechselwir- kungen der Teilchen gepragt. Daher sind mikrorheologische Vorgange verantwortlich fur die sich ausbildenden Mor- phologien.

Literatur

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