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Zum sechzigsten Geburtstage yon Richard Willst~itter. Von F. HAB~R, Berlin-Dahlem. Niemals babe ich lebhafter gewtinscht, die herz- lichen V~'orte des Respekts und der Zuneigung zn finden, als heute zum 6o. Geburtstage des jtinge- ren Freundes, an dem mir die Ehre zuf~llt, ihn an dieser Stelle namens der Natnrwissenschaftler zu begliickwtinschen, die er auf seinem Lebens- wege geistig bereichert, pers6nlich gef6rdert und menschlich gewonnen hat. Die Deutschen sind ein dankbares Volk und ehren gem das Verdienst, das sie verstehen. Abet ein Jahrhundert grol3er deutscher Leistung in der Chemie hat dem chemischen Denken nut einen schmalen Boden im Verst~ndnis des Volkes erworben. So feiern wir unsere grol3en Chemiker an ihren Festtagen im engeren Kreise des Faches und der NachbarfXcher, der ihnen niemals roll gerecht wird, well er das iiberragende K6nnen spezialistischer Art einseitig aus dem Bilde der Pers6nlichkeit heraushebt. Die richtigen Erkennt- nisse, die den Namen ihres Urhebers auf Lehr- buchpapier in Druckerschwarze durch die Ge- nerationen fortleben lassen, reichen zur mensch- lichen Gr6f3e nur ans, wenn sie yon einer Pers6n- lichkeit ausgehen, deren geistige Breite und deren seelischer 1Reichtum dem grogen fachmfinnischen K6nnen nicht nachsteht. Ich wenigstens m6chte niemandem zu seinem sechzigsten Geburtstage im Namen des Faches diesen Gliickwunsch wid- men, der nur durch den Fachverstand darauf Anspruch hat. Aber wir wollen in der Verbin- dung der tiberragenden fachlichen Leistung mit der menschlichen Gr6Be die fachliche Leistung nicht in den Hintergrund treten lassen. Denn die Taten, durch die der grol3e Gelehrte den Anspruch auf seinen Ehrentitel erwirbt, z~hlen immer einem Einzelzweige der Wissenschaft zu und bilden die Wurzel des Respekts nnd des Dankes, den wir der Pers6nlichkeit widmen nnd am Festtage zum Ansdruck bringen. Der sechzigste Geburtstag ist ein zu frtiher Zeit- punkt, um das zu schildern, was das Bemerkens- werteste an einem grol3en Manne ist, n~mlich wie er geworden ist. Wenn er das Gltick hat, an diesem Festtage wie unser Jubilar noch in der Yiille seiner Kraft zu stehen, so hat er nicht Zeit gehabt, sein Leben als ein abgeschlossenes Ganzes zu betrachten und die Erinnerungen niederzuschreiben, die seine erste Entwicklung beleuchten. In jedem Leben eines groBen Chemi- kers hat es den ~lteren Verwandten oder Freund gegeben, der dem erwachten Interesse des Knaben seine F6rderung gewidmet und ihn damit auf den ~¥eg gebracht hat, auf dem er im Fache zum Meister geworden ist. Abet die Entstehung der Neigung selbst, der Ursprung des besonderen Interesses wird damit nicht aufgehellt. So mag auch hier die Lessingsche Fabrik, die dem Knaben WILLSTAETTIER die erste Gelegenheit zu Ver- suchen bot, nut eben gestreift werden. Vielleicht hat nut der Zufall dariiber entschieden, daG aus den ersten Versuchen die Lebensarbeit eines Chemikers und nicht die eines Mediziners heraus- wuchs. Jedenfalls hat er in der Armee der chemi- schen Forschung, die mit ihrem einen Fliigel im Gebiete der theoretischen Physik steht und mit ihrem anderen um die Eroberung des Einblicks in die Lebensvorg~nge k~impft, mit Vorliebe auf dem zweiten l~Itigel gefochten, dessen unbestrit- tene Fiihrerschaft ihm seit Jahrzehnten geh6rt. Auf dem biochemischen Fltigel ist die rechnende Abstraktion nicht die Waffe, mit der die grol3en Erfolge erstritten worden sind. Die unbegrenzte Mannigfaltigkeit der Stoffe und der komplizierte Aufbau ihrer Molektile verlangt die kiinstlerische Hand des Experimentators und das untrtigliche Auge des begnadeten Beobachters, uln die ent- scheidenden Feinheiten im Reaktionsverhalten zu treffen und zu erkennen. Das Auge Lynkeus des Ttirmers und die Kraft der Anschauung, die alles Gesehene bewahrt und verbindet, bilden die unentbehrliche Grundlage, yon der aus eine sch6pferische und kritische Phantasie den Weg durch ein Dickicht finder, das jede neue Generation dort ein Sttick weir lichtet, woes die vorangehende undurchdringlich gefnnden und vermieden hat. Die groBen K~mpfe mit der Natnr, die den Einblick in ihre Zusammenh~nge gegentiber dem menschlichen Forschungstriebe verteidigt, haben den Charakter des Einzelturniers in den letzten Generationen verloren und sind zu Feldziigen geworden, in denen der Fiihrer an der Spitze einer Schar streitet, die sich um ihn gesammelt hat nnd die von ihm herangebildet worden ist. Drei solche groBe Feldziige hat der Jubilar gefiihrt: in Ztirich um das Chlorophyll, in Berlin-Dahlem um die Bltitenfarbstoffe und in Miinchen um die Enzyme, immer abgel6st yon Einzelkgmpfen, zu denen er wie ein Ritter der Tafelrunde des K6nigs Arthus ausgezogen ist, um aus dem unbekannten Land den Gralsbecher heimzubringen. Welche Kraft hat zu diesem Leben geh6rt, das jede Mitternacht am Schreibtisch verbrachte mit einem Genossen der Tagesarbeit als Schildwache sich gegeniiber, stets imstande, nach den Stunden der Laboratoriumsarbeit, der Vorlesung nnd der Verfolgung fremder wissenschaftlicher Leistung 40*

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Page 1: Zum sechzigsten Geburtstage von Richard Willstätter

Z u m sechzigsten Geburtstage yon Richard Willst~itter. Von F. HAB~R, Be r l i n -D ah l em.

Niemals b a b e ich l e b h a f t e r gewtinscht , die herz- l i chen V~'orte des R e s p e k t s u n d de r Z u n e i g u n g zn f inden, als h e u t e z u m 6o. G e b u r t s t a g e des j t inge- r en F reundes , a n d e m mi r die E h r e zuf~llt , i h n a n dieser Stelle n a m e n s der N a t n r w i s s e n s c h a f t l e r zu begl i ickwt inschen, die er auf se inem Lebens - wege geist ig bere icher t , pe r s6n l ich ge f6rder t u n d m e n s c h l i c h gewonnen ha t .

Die D e u t s c h e n s ind ein d a n k b a r e s Volk u n d e h r e n g e m das Verd iens t , das sie v e r s t e h e n . A b e t ein J a h r h u n d e r t grol3er d e u t s c h e r L e i s t u n g in de r Chemie h a t d e m c h e m i s c h e n D e n k e n n u t e inen s c h m a l e n B o d e n im Ver s t~ndn i s des Volkes e rworben . So fe iern wir unse re grol3en Chemike r a n i h r e n F e s t t a g e n i m enge ren Kreise des F a c h e s und der Nachbar fXcher , der i h n e n n iemals r o l l ge rech t wird, well er das i ibe r ragende K 6 n n e n spez ia l i s t i scher A r t e inse i t ig aus d e m Bilde der Pe r s6n l i chke i t h e r a u s h e b t . Die r i ch t i gen E r k e n n t - nisse, die den N a m e n ihres U r h e b e r s auf Leh r - b u c h p a p i e r in D r u c k e r s c h w a r z e d u r c h die Ge- n e r a t i o n e n fo r t l eben lassen, r e i chen zur mensch - l i chen Gr6f3e n u r ans, w e n n sie y o n einer Pe r s6n - l i chke i t ausgehen , de ren geist ige Bre i t e und de ren seel ischer 1Reichtum d e m grogen f achmf inn i schen K 6 n n e n n i c h t n a c h s t e h t . I ch wen igs t ens m 6 c h t e n i e m a n d e m zu se inem sechz igs ten G e b u r t s t a g e i m N a m e n des F a c h e s d iesen Gl i i ckwunsch wid- men, de r n u r d u r c h den F a c h v e r s t a n d d a r a u f A n s p r u c h ha t . Abe r wir wol len in der Verb in - d u n g de r t i b e r r a g e n d e n f ach l i chen L e i s t u n g m i t der m e n s c h l i c h e n Gr6Be die fach l iche L e i s t u n g n i c h t in den H i n t e r g r u n d t r e t e n lassen. D e n n die Ta ten , d u r c h die der grol3e Ge lehr t e d e n A n s p r u c h auf se inen E h r e n t i t e l e rwi rb t , z~h len i m m e r e inem Einze lzweige der W i s s e n s c h a f t zu u n d b i lden die W u r z e l des R e s p e k t s n n d des Dankes , den wir der Pe r s6n l i chke i t w i d m e n n n d a m F e s t t a g e z u m A n s d r u c k br ingen .

Der sechzigs te G e b u r t s t a g i s t ein zu f r t iher Zei t- p u n k t , u m das zu schi ldern , was das B e m e r k e n s - wer t e s t e a n e inem grol3en M a n n e ist, n~ml i ch wie er geworden ist. W e n n er das Gltick ha t , a n d iesem F e s t t a g e wie u n s e r J u b i l a r noch in der Yiille se iner K r a f t zu s tehen , so h a t er n i c h t Zei t gehab t , sein L e b e n als ein abgesch lossenes Ganzes zu b e t r a c h t e n und die E r i n n e r u n g e n n iede rzuschre iben , die seine ers te E n t w i c k l u n g be l euch t en . I n j e d e m L e b e n eines groBen Chemi- kers h a t es den ~ l te ren V e r w a n d t e n oder F r e u n d gegeben, der d e m e r w a c h t e n I n t e r e s s e des K n a b e n seine F 6 r d e r u n g g e w i d m e t und i hn d a m i t auf den ~¥eg g e b r a c h t ha t , auf d e m er i m F a c h e z u m

Meis te r geworden ist. A b e t die E n t s t e h u n g der N e i g u n g selbst , der U r s p r u n g des b e s o n d e r e n In t e re s ses wi rd d a m i t n i c h t aufgehel l t . So m a g auch hier die Less ingsche Fab r i k , die d e m K n a b e n WILLSTAETTIER die ers te Ge legenhe i t zu Ver- s u c h e n bot , n u t eben ges t re i f t werden . Vie l le ich t h a t n u t der Zufal l da r i ibe r en t sch ieden , daG aus d en e r s t en V e r s u c h e n die L e b e n s a r b e i t eines Chemike r s u n d n i c h t die eines Mediz iners he raus - wuchs . Jedenfa l l s h a t er in der Armee der chemi- schen For schung , die m i t i h r e m e inen Fli igel im Gebie te der t h e o r e t i s c h e n P h y s i k s t e h t u n d m i t i h r e m a n d e r e n u m die E r o b e r u n g des E inb l i cks in die L eb en s v o rg ~n g e k~impft, m i t Vor l iebe au f d e m zwei t en l~Itigel gefochten , dessen u n b e s t r i t - t ene F i i h r e r s c h a f t i h m sei t J a h r z e h n t e n geh6r t . Auf d e m b i o c h e m i s c h e n Flt igel i s t die r e c h n e n d e A b s t r a k t i o n n i c h t die Waffe , m i t der die grol3en Erfolge e r s t r i t t e n w o r d e n sind. Die u n b e g r e n z t e Man n i g fa l t i g k e i t der Stoffe u n d der kompl iz i e r t e A u f b a u ih re r Molekti le v e r l a n g t die k i ins t le r i sche H a n d des E x p e r i m e n t a t o r s u n d das un t r t ig l i che Auge des b e g n a d e t e n Beo b ach t e r s , u ln die en t - s ch e i d en d en F e i n h e i t e n im R e a k t i o n s v e r h a l t e n zu t r e f fen u n d zu e rkennen . Das Auge L y n k e u s des T t i rmer s u n d die K r a f t der A n s c h a u u n g , die alles Gesehene b e w a h r t u n d v e r b i n d e t , b i lden die u n e n t b e h r l i c h e Grund lage , yon der aus eine sch6pfer i sche u n d kr i t i sche P h a n t a s i e d en W e g d u r c h ein D i c k i c h t f inder , das jede neue G e n e r a t i o n do r t ein St t ick weir l i ch te t , w o e s die v o r a n g e h e n d e u n d u r c h d r i n g l i c h g e f n n d e n u n d v e r m i e d e n ha t .

Die groBen K ~ m p f e m i t der N a t n r , die d en E i n b l i c k in ih re Z u s a m m e n h ~ n g e gegent iber d e m m e n s c h l i c h e n F o r s c h u n g s t r i e b e ve r te id ig t , h a b e n d en C h a r a k t e r des E i n z e l t u r n i e r s in d en l e t z t e n G e n e r a t i o n e n ve r lo ren u n d s ind zu Fe ldz i igen geworden, in d e n e n der F i ih re r a n der Spi tze e iner Schar s t re i te t , die sich u m i h n g e s a m m e l t h a t n n d die v o n i h m h e r a n g e b i l d e t w o r d e n ist. Dre i solche groBe Feldzi ige h a t der J u b i l a r gef i ihr t : in Ztir ich u m das Chlorophyl l , in B e r l i n - D a h l e m u m die B l t i t en fa rbs to f f e u n d in Mi inchen u m die E n z y m e , i m m e r abge l6s t y o n E inze lkgmpfen , zu d e n e n er wie ein R i t t e r der T a f e l r u n d e des K6nigs A r t h u s ausgezogen ist, u m aus d e m u n b e k a n n t e n L a n d d en Gra l sbeche r h e i m z u b r i n g e n . W e l c h e K r a f t h a t zu d iesem L e b e n geh6r t , das jede M i t t e r n a c h t a m Sch re ib t i s ch v e r b r a c h t e m i t e inem Genossen der T a g e s a r b e i t als Sch i ldwache sich gegeniiber , s t e t s i m s t a n d e , n a c h den S t u n d e n der L a b o r a t o r i u m s a r b e i t , der Vor lesung n n d der Ver fo lgung f r emd e r wi s senscha f t l i che r L e i s t u n g

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Page 2: Zum sechzigsten Geburtstage von Richard Willstätter

6o2 PUMI~IERER: Vierzig Forscherjahre RICHARD WILLSTA.TTERS. [ Die Natur- [wissenschaften

ein Stfick eigene sch6pfer i sche wissenschaf t l i che L e i s t u n g in k f ins t le r i scher F o r m filr die F a c h - genossen n iede rzuschre iben , yon der seine Bficher fiber das Chlorophyl l , f iber die Ass imi l a t ion der KohlensXure u n d fiber die E n z y m e Zeugnisse ab- geben, die der Ge r i ch t sho f der Ewigke i t n u r d a r u m unzu l~ng l i ch f inden wird, weiI sie ledigl ich ein Teil- bi ld se iner e r fo lgre ichen wi s senscha f t l i chen Lebens - a r b e i t dars te l len . Den vol len U m f a n g de r wissen- s c h a f t l i c h e n Arbe i t s l e ! s tung , den dieses Forscher - l eben in sich geschlossen ha t , wird die F a c h w e l t n i ema l s kennen , weil eine Ffille yon L e i s t u n g e n da r in e ingeschlossen ist, die nu r v o n M u n d zu M u n d z u m A u s d r u c k g e k o m m e n und n i ema l s von d e m J u b i l a r n i ede rgesch r i eben w o r d e n sind. E ines d a v o n will i ch a l le in e r w ~ h n e n : die A u s b i l d u n g des d e u t s c h e n G a s m a s k e n e i n s a t z e s . D i e s e r D r e i s c h i c h - t ene insa t z , den wir in Mi l l ionen y o n E x e m p l a r e n im d e u t s c h e n Heere w ~ h r e n d des Kr ieges b e n u t z t h a b e n , i s t yon WILLS'rAErTER geschaf fen worden.

In d e m J a h r h u n d e r t d e u t s c h e n Hochschu l - wesens auf den1 Felde der Na tu rw i s senscha f t , auf das wir zurf ickbl icken, hag eine der merkwfi rd ig- s t en Ideologien sich en twicke l t und e rha l t en , ngm- l ich die Lehre , d a b ein groBer Na tu r fo r sche r , der all e iner H o c h s c h u l e das L e h r a m t des Faches be- kleidet , die a l lgemeine Vor l e sung zu lesen ha t , die an den U n i v e r s i t g t e n ftir alle N a t u r w i s s e n s c h a f t l e r n n d Mediz iner und a n den t e c h n i s c h e n Hoch- s chu len ftir die Angeh6 r igen der v e r s c h i e d e n s t e n A b t e i l n n g e n ob l iga to r i sch ist. Diese V e r b i n d u n g von L e h r e n u n d f o r s c h e n , die so na t f i r l i ch war, so lange die H6re r e inen k le inen Kreis pers6n l icher Schti ler b i lde ten , der den groBen G e l e h r t e n als M i t a r b e i t e r u m g a b , h a t schon in me ine r J u g e n d vor 45 J a h r e n m e h r als e inma l ein se l t sames MiB- verst~tndnis gezeit igt . Als ich als j unge r S t u d e n t im e r s t en Semes te r m ich d e m S t rome de r H6re r zugesel l te , die bei HELMHOLXZ die E x p e r i m e n t a l - p h y s i k l e rnen wol l t en u n d a m Schlusse des Semes te r s m i t e inem h a l b e n D u t z e n d ande re r j unge r L e u t e die G e s a m t h e i t ve rb l i ebene r H6re r dars te l l t e , i s t m i r zuers t bewul3t geworden, welcher ~'Tber- a n s p r u c h in d ieser A u f g a b e gelegen ist. Abe r i m m e r wieder s ind e inzelne M~nner au fges t anden , die a n G a b e n u n d K r a f t re ich genug waren , u m i h m zu genfigen, n n d de r J u b i l a r h a t so l ange zu i h n e n gehSrt , wie er i m L e h r a m t g e s t a n d e n ha t ,

w e n n er a u c h die doppe l t e A u f g a b e m i t d e m viel- j f ihr igen Verz ich t auf j eden E r h o l u n g s u r l a u b be- zah len muBte .

Es l iegt eine unbesch re ib l i che H~irte gegen sich se lbs t in e iner so lchen l eb en s l an g en Arbe i t , eine H~r te , die u n s e r e n R e s p e k t u m so m e h r he raus - forder t , als sie n u r gegen die eigene Pe r son z u m A u s d r u c k k o m m t u n d m i t e iner une r sch6pf l i chen Gfite gegen Angeh6r ige , F r eunde , Schil ler g e p a a r t war u n d ist. N iemand , der das Glfick ha t , d iesem M a n n e i rgendwie n~.herzustehen, k a n n i h n in A n s p r u c h n e h m e n , ohne d a b er Zei t ffir i h n h~ t t e . Ja, es i s t unm6gl ich , in se inem H a u s e eine Mahl- zei t e i n z u n e h m e n , die er n i c h t selber m i t der g le ichen t ( u n s t kombin ie r t e , m i t d e r e r eine Auf- gabe der f ach l i chen F o r s c h u n g b e h a n d e l t . N u r muB es eine Mah lze i t m i t G~tsten sein, d e n n al lein m i t s ich se lbs t gelassen, k e n n t er n u t die nega t ive ku l ina r i sche Freude , Mah lze i t en zu f ibergehen.

W a s abe r f r eu t e inen M a n n dieser Art , w e n n er die Sechzig h i n t e r s ich h a t u n d d e m Al te r en t - gegengeht , das m i t d en J a h r e n j eden minde r t , u n d was k a n n m a n i h m wfinschen? I n m e i n e m Ged~tchtnisse t a u c h e n aus d en l e t z t en J a h r e n g e m e i n s a m in Klos te rs v e r b r a c h t e F e r i e n t a g e auf, die k a l t u n d regner i sch waren , so d a b die Bade- a n s t a l t geschlossen werden muBte , u n d a n d iesen Tagen die e i n s ame E r s c h e i n u n g des F reundes , de r als ein h o h e r l~finfziger d en Z a u n der A n s t a l t f iberk le t te r te , u m sich, u n g e a c h t e t des u n f e h l b a r d r o h e n d e n R h e u m a t i s m u s , in das ka l t e Berg- wasser zu stfirzen. W i r w t inschen ihm, d a b dieser v e r d i e n t e R h e u m a t i s m u s die einzige Beschwerde b le ib t , die er zu t r a g e n ha t . W i r wf inschen i h m d en F o r t b e s t a n d de r Arbe i t s f r eude , die s ich in j e d e m seiner l e t z t en J a h r e d u r c h neue sch6pfe- r i sche L e i s t u n g b e k u n d e t ha t . W i r wf inschen i h m die F r e u d e a n d e m Glficke der Toch te r , das d en gr613ten Bes i tz seiner Seele bi ldet , u n d wir wt inschen i h m d en e inz igen Erfolg, de r i h n glficklich m a c h t , in Ges t a l t der Menschen , die aus d en N e b e n e r z e u g n i s s e n seiner wi s senscha f t l i chen Arbe i t , d en M e d i k a m e n t e n , die seine s y n t h e t i s c h e K u n s t geschaf fen ha t , E r l e i c h t e r u n g in i h r e n L e i d e n f inden . Uns a b e t wf inschen wir, d a b wir i h n lange b e h a l t e n als Vorb i ld u n d als F r eu n d , u m y o n i h m d en Mal3stab h e r z u n e h m e n , a n d e m wir die ger ingere eigene L e i s t u n g messen.

Vierzig Forscherjahre Richard Willst~itters. ~V~oI1 RUDOLF PUMMERER, Er langen .

A. Arbei ten aus dem Alka lo idgeb ie t . I n de r c h e m i s c h e n L i t e r a t u r der J a h r e 1893

u n d 1894 f inden wir 6 Ve r6 f f en t l i chungen y o n ALFRED EINHORN u n d RICHARD WILLSTKTTER. Sie u ln f a s sen die h y d r i e r e n d e A u f s p a l t u n g der SalicylsXure zu Pimelins~iure, D e h y d r i e r u n g s v e r - suche m i t B r o m a n h y d r i e r t e n Benzo l ca rbon - s~uren, A r b e i t e n a n den aus Ecgon in e n t s t e h e n d e n dre i sog. M e t h y l e n d i h y d r o b e n z o e s ~ u r e n u n d Ge- w i n n u n g yon Cocai~ aus se inen Nebena lka lo iden .

Die ers te y o n V~TILLST-X.TTER al le in ve rSf fen t - l ich te A r b e i t be t r i f f t die le ich tere B i l d u n g y o n Koh lens to f f t i n f r i ngen als y o n -sechsr ingen, s t e h t also in B e z i e h u n g zu der S p a n n u n g s t h e o r i e seines f iber alles v e r e h r t e n Lehre r s ADOLF v. BAEYER, m i t d e m i h n s chon w~thrend de r D o k t o r a r b e i t bei t~INI-IORN reger G e d a n k e n a u s t a u s c h v e r b a n d .

Oleichzei t ig h a t t e er s chon ein wicht iges , da- ma l s viel u m k ~ m p f t e s A r b e i t s g e b i e t gew~ihlt: die AufklXrung des na t t i r l i chen L o k a l a n a e s t h e t i c u m s