7
Aus dem Pharmakologisehen Institut der Universit~t Berlin. Zur Biologie des 2, 4-Diaminoazobenzols. II. Mitteilung*: [3her die bakterizide Wirkung und einige andere Eigenscha~ten des Azorhodans. Von H. Riedel. (Eingegangen am 10. Februar 1940.) Loekemann und Ulrich (1) hatten bei der Untersuchung einiger Chrysoidinderivate feststellen k6nnen, dag diesen Verbindungen nieht un- betr~chtliehe bakterienabt6tende Wirkungen zukommen. Die Priifung des A z o h e 1 s, das veto Hersteller** als Salzsgure-Citronens~ureverbindung des 2, r bezeiehnet wird, ergab, dab eine 0,1%ige wgsserige LSsung Typhusbazillen in wgsseriger Aufsehwemmung im Verlauf einer Stunde abt6tete. Eine wgsserig-alkoholische Azoj od-L6sung, die aus der Jodwasserstoffverbindung des 2, 4-Diaminoazobenzols bestehen sell, ver- hinderte bereits in einer Konzentration yon 0,01% nach einstiindiger Ein- wirkungsdauer das Waehstum wgsserig aufgesehwemmter Colibakterien. Ilierbei spMte natiirlieh der Alkoholgehalt eine gewisse golle, was in der genannten Arbeit aueh entspreehend beriieksiehtigt wurde. Welter hatten die obengenannten Autoren die keimtiStende Wirkung yon Azohel und Azoj od auf Staphylococcus pyogenes aureus in einer bisher unver6ffent- lichten Arbeit gepriift und dabei eine beachtliehe bakterizide Wirkung beob- aehten k/Snnen. Die in der vorliegenden und der ersten Mitteilung untersuchte Substanz wurcte dem Pharmakologischen Institut im Jahre 1935 als Nonorhodanid des 2, 4-Diaminoazobenzols zur Verfiigung gestellt. (Jber ihre wiehtigsten ehemischen Eigensehaften wurden bereits friiher einige tIinweise gegeben. Es wurde aueh auf die Tatsaehe aufmerksam gemaeht, dal~ der Sehmelz- punkt, der dutch Alkalien aus Azorhodan freigesetzten Base bei 159 his I60 ~ unkorr, lag, start bei 117~ wie es fiir 2, t-Diaminoazobenzol an- gegeben wird. Zur Verwendung gelangten hier eine wgsserige 0,9 % NaC1 enths~ltende L6sung yon Azorhodan in einer Konzentration 1 : 6000, auger- dem eine wgsserig-alkoholisehe L6sung 1 : 1000 in 25 %igem Xthylalkohol. Methodiseh wurde so vorgegangen, dal~ yon einer Bakterienreinkultur 2 Platin6sen veil in 1 ccm der zu untersuchenden L6sung iibertragen und * I. Mitteilung vgl. Naunyn-Schmiedebergs Arch. 194, 190 (1940). -- ** Dr. reed. I-Iubold u. Bartsch, Gri~nheide i. d. Mark. 41"

Zur Biologie des 2,4-Diaminoazobenzols

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Zur Biologie des 2,4-Diaminoazobenzols

Aus dem Pharmakologisehen Institut der Universit~t Berlin.

Zur Biologie des 2, 4-Diaminoazobenzols. �9 II. M i t t e i l u n g * :

[3her die bakterizide Wirkung und einige andere Eigenscha~ten des Azorhodans.

Von H. Riedel.

(Eingegangen am 10. Februar 1940.)

L o e k e m a n n und Ul r i ch (1) hatten bei der Untersuchung einiger Chrysoidinderivate feststellen k6nnen, dag diesen Verbindungen nieht un- betr~chtliehe bakterienabt6tende Wirkungen zukommen. Die Priifung des A z o h e 1 s, das veto Hersteller** als Salzsgure-Citronens~ureverbindung des 2, r bezeiehnet wird, ergab, dab eine 0,1%ige wgsserige LSsung Typhusbazillen in wgsseriger Aufsehwemmung im Verlauf einer Stunde abt6tete. Eine wgsserig-alkoholische Azoj od-L6sung, die aus der Jodwasserstoffverbindung des 2, 4-Diaminoazobenzols bestehen sell, ver- hinderte bereits in einer Konzentration yon 0,01% nach einstiindiger Ein- wirkungsdauer das Waehstum wgsserig aufgesehwemmter Colibakterien. Ilierbei spMte natiirlieh der Alkoholgehalt eine gewisse golle, was in der genannten Arbeit aueh entspreehend beriieksiehtigt wurde. Welter hatten die obengenannten Autoren die keimtiStende Wirkung yon Azohel und Azoj od auf Staphylococcus pyogenes aureus in einer bisher unver6ffent- lichten Arbeit gepriift und dabei eine beachtliehe bakterizide Wirkung beob- aehten k/Snnen.

Die in der vorliegenden und der ersten Mitteilung untersuchte Substanz wurcte dem Pharmakologischen Institut im Jahre 1935 als Nonorhodanid des 2, 4-Diaminoazobenzols zur Verfiigung gestellt. (Jber ihre wiehtigsten ehemischen Eigensehaften wurden bereits friiher einige tIinweise gegeben. Es wurde aueh auf die Tatsaehe aufmerksam gemaeht, dal~ der Sehmelz- punkt, der dutch Alkalien aus A z o r h o d a n freigesetzten Base bei 159 his I60 ~ unkorr, lag, start bei 117 ~ wie es fiir 2, t-Diaminoazobenzol an- gegeben wird. Zur Verwendung gelangten hier eine wgsserige 0,9 % NaC1 enths~ltende L6sung yon Azorhodan in einer Konzentration 1 : 6000, auger- dem eine wgsserig-alkoholisehe L6sung 1 : 1000 in 25 %igem Xthylalkohol. Methodiseh wurde so vorgegangen, dal~ yon einer Bakterienreinkultur 2 Platin6sen veil in 1 ccm der zu untersuchenden L6sung iibertragen und

* I. Mitteilung vgl. Naunyn-Schmiedebergs Arch. 194, 190 (1940). -- ** Dr. reed. I-Iubold u. Bartsch, Gri~nheide i. d. Mark.

41"

Page 2: Zur Biologie des 2,4-Diaminoazobenzols

614 H. B]_I~DEL :

dann in bestimmten Zeitabstgnden 2 0sen dieser Bakteriensuspension auf sterile N~ihrplatten fiberimpft wurden. Die Versuehstemperatur lag nicht unter 180 und nieht fiber 20 ~ Die beimpften Platten wurden ansehlieBend 24 Std. im Brutsehmnk bei 37 o gehalten. Ffir das Versuchsergebnis war die Tatsaehe maBgebend, ob die Bakterien nach dieser Zeit gewaehsen waren oder nieht. Der Nachteil dieser Nethode, der darin lag, daft beim l~'berimpfen der Bakterien aus den DesinfektionslSsungen immer noeh etwas bakterizider Stoff mit den 0sen auf die sterile Nghrplatte gelangte und dort welter wirken konnte, wurde in den folgenden Versuehen ruhig in Kauf genommen, da es sieh herausgestellt hatte, daf~ die Bakterien im Anfangs- stiiek eines Ausstriehes, in dem die gr6Bte Menge des mitgesehleppten Desinfiziens hgngenbleiben mul3te, regelm/if~ig am stgrksten gewaehsen waren. Fiir die besehriebenen Versuehe wird ein -4--Zeichen fiir ,,gewachsen", ein ---Zeiehen ffir ,,nicht gewaehsen" verwendet. Die Ergebnisse der fiir jede Bakterienart mehrmals wiederhotten Experimente sind tabellariseh wiedergegeben.

Wirkung des A~.orhods~ns auf Staphylococcus pyogenes aureus.

Konzentra t ion 1 ~Iin.

I 1:6000 in 0,9o/oigem NaC1 . . . . . . . . . . . q- 1 : 1000 in 50 Teilen Hz O und 50 Teilen ]

Glyzerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i § 1:1000 in 25~oigem Alkohol . . . . . . . . . I q-

Einwi rkungsze i t

5 Min. 25 Min.

§ §

+ + § +

I 125 NizL

+

§

Die wgsserige LSsung ist demnach in der Konzentration 1:6000 in der angegebenen Zeit unwirksam. Die M5glichkeit, h5her konzentrierte LSsungen zur Anwendung zu bringen, scheiterte an der geringen Wasser- 15slichkeit des Azorhodans, das mit 1 : 6000 bei 180 schon fast seinen Sgtti- gungsgrad erreicht hat. Die Unwirksamkeit der LSsung 1 : 1000 in dem 50 %igen Glyzerin-Wassergemisch erklgrt sieh wahrseheinlich aus der Be- wegungshemmung der Azorhodanmolekfile durch das zugeffigte Glyzerim Die LSsung 1 : 1000 in 25 %igem Alk0hol hatte dagegen die Staphylokokken in 125 Minuten abget5tet. Es kann kaum angenommen werden, dab der Alkohotzusatz hierbei eine entscheidende Rolle spielte, da die Kontrollen, die einer 25 %igen AlkohollSsung ohne Azorhodanzusatz 125 Minuten lang ausgesetzt wurden, stark gewachsen waren.

Wirkung des Azorhodans auf Bacter ium coli.

Konzent ra t ion Einw~rkungszei t

I i 1 Min.

1 : 6000 in 0,9%igem Na C1 . . . . . . . . i §

1 : 1000 in 25 ?/oigem Alkohol . . . . . . §

5 Min. 25 Min ,

+ §

§

125 Min.

k&l lm gewazhsen

Page 3: Zur Biologie des 2,4-Diaminoazobenzols

Zur Biologic des 2, 4-Diaminoazobenzols. 615

Die Frage, ob Azorhodan naeh der Passage dutch den menschlichen Organismus und Ausscheidung in den Ham imstande ist, Colibakterien in kiirzerer Zeit abzutgten, wurde in folgendem Versueh geprtift.

Es wurden 100 mg Azorhodan in wiisseriger Suspension eingenommen und die am st~trksten gefarbte ttarnportion in der oben beschriebenen Weise mit Colibakterien zusammengebracht. Es wkr jedoch selbst nach 625 Min. langer Em~ zrkung keme Desmfektmnswlrkung des tier rot gefarbten Hams zu beobaehten. Der Fiirbung nach hgtte der Ham etwa wie eine Azorhodan- 15sung 1 : 6000 wirken, also Colibakterien nach 625 Min. abtSten mtissen. Ein einfaches Experiment gab die Erklarung ftir das Versagen der Des- infektionswirkung des Hams in vitro.

Versetzte man eine konzentrierte w~isserige AzorhodanlSsung mit einer ausreiehenden Menge Alkali, so entstand sofort Triibung dutch ausgefallene Farbbase. Sehtittelte man dann die Suspension mit Ather, Chloroform, Petrol~ther oder irgendeinem anderen Lipoidl6sungsmittel aus, ging die Base in dasselbe tiber, wahrend sieh die wgsserige Phase vollkommen ent- fgrbte. Wurde der gleiehe Versuch mit nach Azorhodaneingabe ausgesehie- denem ttarn angesetzt, fgrbte sigh das angewendete LSsungsmittel gelb, d.h. aus einem in den ttarn ausgesehiedenen Farbstoffsalz wurde dutch den Alkalizusatz Farbbase freigesetzt. Dutch diese alkalisehe Extraktion war aber der Farbstoffgehalt des Hams bei weitem nieht ersehSpft. Der Ham zeigte noch sehr starke Indikatoreigenschaften. Er hatte bei alkali- scher Reaktion orangegelbe Farbe, die nach Ansauern mit Minerals~iuren in ein sattes Rubinrot tiberging. Demnach muBte der Ham noeh ein anderes Ausscheidungsprodukt des Azorhodans enthalten. Den Beweis hierftir erbrachte die hydrolytis&e Spaltung der unbekannten Fraktion mit Salzsaure, die durch kurzes Aufkochen des anges~uerten Hams und sofort darauffolgende Abkiihlung erreicht wurde. Sehtittelte man nun den jetzt wieder alkalisierten Ham aus, so fgrbte sich das LSsungsmittel yon neuem stark gelb. Daraus ergab sioh die Schlul~folgerung: Azorhodan wird naeh oraler Aufnahme in 2 versehiedenen Fraktionen in den Ham ausgesehieden, wobei die Mggliehkeit besteht, dal~ es sieh bei der ersten Fraktion vielleieht mn noeh unverandertes Azorhodan handelt, wghrend die zweite wahr- seheinlieh aus einem veresterten Oxydationsprodukt des 2, 4-Diaminoazo- benzols besteht. Wie es ftir den Fall des , ,Neot rop ins" yon J u n k m a n n (2) bereits genau untersueht wurde, ist ftir die Ausseheidungsprodukte des Azorhodans kaum noeh bakterizide Wirkung anzunehmen, da die veresterte Fraktion die Hauptmenge der ausgeschiedenen farbigen Produkte aus- macht (3). Den Einflul~ lebendiger entziindlieh veranderter Oberfliiehen- strukturen der Blasensehleimhaut auf die AusseheidungskSrper des Azorhodans zu bestimmen, m u g weiteren Un~ersuehungen vorbehalten bleiben, denn es ware durehaus mSglieh, dal~ unter diesen Bedingungen aus an sieh unwirksamen Stoffen wieder bakterizide Verbindungen entstehen kSnnteni

Page 4: Zur Biologie des 2,4-Diaminoazobenzols

6t6 H. RIEDEL:

Das Ergebnis eines Desinfektionsversuehes mit Pneumokokken, die auf Blutagarplatten iiberimpft wurden, ist in der folgenden Tabelle wieder- gegeben:

[ Einwirkungszeit , Konzentration i

1 Min. 5 Nin. 25 Min. 125 ~Iin.

1 : 6000 in 0,9 ~ N a C1 . . . . . . . . . . . -}- :]- :}- - - 1 : 1 0 0 0 i n 2 5 ~ A l k o h o l . . . . . . . . . . . . . .

in diesem Versuch fiel die starke Desinfektionswirkung der alkoho!i- schen AzorhodanlSsung 1 : 1000 auf. Aus Kontrollversuchen ging allerdings hervor, dal~ eine 25 %ige AlkohollSsung allein Pneumokokken schon nach 5 Minuten abtStete, der Alkoholgehalt in diesem FalIe also durehaus nieht gleiehgiiltig war.

Unter den sonstigen Eigensehaften des Azorhodans ist besonders seine geringe Toxizitgt hervorzuheben. Schon Ha aek (4) hatte in seiner Arbeit darauf hingewiesen. Dosen yon 0,125, 0,25, 0,5 und 1 mg/g wurden oral yon Mgusen sehr gut vertragen. Ebensowenig beeintr~ehtigte die subeutane Ap- plikation von 1 ecru in 0,9% igem NaC1 gesattigter AzorhodanlSsung das Allgemeinbefinden etwa 20 g sehwerer Mguse. Erst eine R iesendosis yon 100 mg Azorhodan, in 1 ecru Gummi-arabieum-LSsung suspendiert, wirkte naeh subeutaner Gabe im Verlauf yon 12 Stunden tSdlieh. Ratten vertrugen orale Dosen his zu 2 g/kg. Noeh hShere Dosen wurden nieht verabreieht. Naeh subeutaner Application Yon 1 g/kg in Suspension blieben alle so be- handelten Ratten am Leben. Ein 3 kg sehweres Kaninehen, dem 30 Tage lung je 200 mg Azorhodan mit der Sehhndsonde verabreieht worden waren, zeigte normale Gewiehtszunatame und wies keine Anzeiehen yon Sehiidigung auf. Aueh Katzen vertrugen Dosen yon 0,1 g/kg sehr gut. [m Bhtdruek- versueh wurde bei Katzen in Chloralosenarkose naeh venSser Zufuhr yon konzentrierter in 0,9 %igem NaC1 bereiteter AzorhodanlSsung keine :4nde- rung des Druekniveaus der Carotis beobaehtet. Die applizierten Mengen bewegten sieh im Bereieh yon 1--10 ecru.

Die Frage naeh dem Sehieksal des Azorhodans im tierisehen Organismus wurde zungehst in einigen wenigen Versuehen behandelt, in denen weigen Mausen eine bestimmte Dosis des Farbstoffs ora! eingegeben und die Tiere dann in versehiedenen Zeitabstgnden naeh der Applikation getStet und seziert wurden. Von 20 durchschnittlieh 20g sehweren Magusen, die 0,5 mg/g Azorhodan in Suspension mit der Sehhndsonde bekamen, wurden je 4 Tiere 30 Minuten, 1 Stunde, 2 Stunden, 4 Stunden und 20 Stunden naeh der Applikation getStet. Die Sektionsergebnisse seien kurz mitgeteilt.

Naeh 30 Minuten: Bindegewebe und Fett stark gelb. Diinndarm rot, gegen den Diekdarm lain gelblieh gefgrbt. Diekdarm selbst ungef~rbt Gallenblaseninhalt orangefarben. Im methylalkoholisehen Leber- und Nierenextrakt toter Farbstoff. Im Lungen- und Milzextrakt nichts.

Page 5: Zur Biologie des 2,4-Diaminoazobenzols

Zur Biologie des 2, 4-Diaminoazobenzols . 617

Naeh 1 Stunde: Bindegewebe und Fett stark gelb. Diinndarm orange- farben, zum Dickdarm hin abblassend. Diekdarm selbst kaum gefgrbt. Gallenblaseninhalt stark orangefarben. Leber- und Nierenextrakt farbstoff- reich. In Lungen und Milz wenig.

Naeh 2 und 4 Stunden: Befund wie naeh 1 Stunde. Naeh 20 Stunden: Hier war bei der Sektion in den Organen keine

F~irbung mehr zu entdeeken. Auch in den Extrakten yon Leber und Niere war niehts zu finden.

Auffiillig war bei diesen Versuehen die Tatsaehe, dal3 im Diekdarm selbst in versehiedenen Zeitabstiinden naeh der Gabe so gut wie kein Farb- stoff zu finden war. Die Vermutung, dal~ das Azorhodan vielleicht dureh Bakterieneinwirkung zerstSrt wird, konnte dureh einen einfachen Versueh best~itigt werden. Aus dem Diekdarm einer frisch getSteten Ratte wurde ein Kotballen yon der GrSge eines Dattelkernes in etwas physiologiseher KoehsalzlSsung aufgesehwemmt und mit 100ecru in 0,9% NaC1 ge- sgttigter FarbstofflSsung vermiseht und im Brutsehrank bei 380 gehalten. Alle 24 Stunden wurden 5 eem entnommen, mit ein paar Tropfen Kalilauge versetzt, die Base mit Chloroform ausgesehiittelt und mit einer ebenso behandelten, der Bakterieneinwirkung nieht ausgesetzten StammlSsung verglichen. Naeh 24 Stunden war die urspriingliehe Konzentration sehon um mehr als die H~lfte vermindert. Naeh ~ Tagen war aus der alkalisierten L6sung praktiseh keine Base mehr auszusehiitteln, der Farbstoff also zerstSrt.

Bei dem Versueh, in methylalkoholisehen Extrakten der Leber, Nieren, Lungen und Milz auf kolorimetrischem Wage die absoluten Mengen Farb- sioff zu ermitteln, die sich in verschiedenen Zeitabstgnden naeh der Appli- kation in den Organen gespeiehert hatten, zeigte sieh folgendes Ergebnis.

Dosis 0,5 m g / g Maus per os.

N~eh 30 Min. Nach 1 SSd. Nach 2 Std. Nach 4 Std. Nach 20 Std. Organ

mg mg mg rag mg

Leber . . . . . . Nieren . . . . . . Lungen . . . . . Milz . . . . . . . .

0,050 0,020 niehts

0,060 0,120 0,010 0,004

0,200 0,200 0,030 0,025

0,010 0,004 niehts

nichts

Die Werte beziehen sich jeweils auf das ganze Organ. Vorausgesetzt ist bier die Identitgt des gespeicherten Farbstoffs niit dem applizierten Azorhodan. Nach den friiher besehriebenen Eigenschaften des Azorhodans ist diese Annahme sehr willkiirlieh, und die angefiihrten Zahlen k6nnen nut ein paar Anhaltspunkte fiir den Verbleib des Farbstoffs geben. Jedenfalls war naeh 2 Stunden in den besehriebenen Organen ein gewisses Maximum an Fg,rbung eingetreten. Der Gallenblaseninhalt hatte sieh bei Miiusen bereits 30 Minuten naeh der Applikation stark rot gefiirbt. In der gleiehen

Page 6: Zur Biologie des 2,4-Diaminoazobenzols

618 H, RINDEL :

Zeit war hn Harn Farbstoff nachzuweisen. Dieser Befund lieB sich an Kaninehen und Katzen best~tigen. Beim Mensehen erfolgte dig erste Aus- seheidung gefgrbten IKarns 30-- 60 Minuten naeh der Aufnahme yon 50--100rag wiisserig suspendierten Azorhodans. Demnaeh werden das Azorhodan oder besser seine Umwandlungsprodukte -- wahrscheinlieh erfolgt sehon in der Darmwand Abspaltung der Rhodanwasserstoffs~ure -- Ieieht resorbiert und gelangen raseh in den aligemeinen KSrperkreislauf. Bereits veto Magen aus wird gef~rbte Substanz resorbiert, denn bei Katzen konnte in Urethannarkose naeh Anlage einer Ligatur in der Pylorusgegend orangefarbene Fliissigkeit in den Gallenwegen sp~itestens 1 Stunde naeh oraler Aplolikation von Azorhodan naehgewiesen werden.

Wurde Azorhodan Ratten, Kaninehen oder Katzen subeutan verab- reieht, so land sieh bei Verwendung einer Kristallsuspension immer das gleiehe Bild. Im Zentrum des Stiehkanals lag unver~indertes Azorhodan, wiihrend in der Periioherie die Azorhodankrist~llehen mit einer geIben Sehieht, die wahrseheinlieh aus Farbbase bestand, iiberzogen waren. In dem direkt anliegenden Fettgewebe der Unterhaut hatten sieh die Fettzellen homogen gelb gefiirbt. Naeh der Applikation yon 50 mg Farbstoff waren naeh 4--5 Tagen noeh Reste vorhanden.

Die Wundheilung wurde dutch Azorhodan weder im negativen noeh im positiven Sinne beeinflul3t. Sehnittwunden, dis auf der Riiekenhaut yon Ratten, Kaninehen und Katzen angelegt und stark mit Azorhodanpulver eingestiiubt worden waren, heilten in der gleiehen Zeit ab wie Sehnitte, dig in gleieher Weise an korrespondierenden Stellen angelegt, aber nieht mit Azorhodan behandelt worden waren. Entziindliehe Ver~nderungen konnten nieht festgestellt werden.

Unter den oben gesehilderten Befunden verdient die geringe Giftigkeit des Azorhodans besonders hervorgehoben zu werden. Im Selbstversueh und Untersuehungen an zahlreiehen anderen Personen wurden des 5fteren Dosen yon 100 mg Farbstoff oral zugefiihrt, ohne dal~ die geringsten krank- haften Symptome bemerkt worden w~iren. I-Iierher gehSrt aueh die Tat- saehe, dal~ subeutan und direkt in Sehnittwunden eingebraehtes-Azorhodan niemals Entziindungserseheinungen hervorrief, was weiter oben bereits an- gedeutet wurde. Ob es mSglieh sein wird, Azorhodan in Pulvefform, in w~isseriger oder alkoholischer LSsung als Wunddesinfizienz oder Ersatz fiir einen Jodanstrieh anzuwenden, wird die klinisehe Erfahrung entseheiden miissen. Es ist wenig wahrseheinlieh, dal~ man mit w~isserigen Azorhodan- 15sungen bei Staphylokokkeninfektionen der iiufteren Itaut viel erreichen wird. Die L6sliehkeit des Azorhodans und damit die bakterizide Wirkung ist in Wasser zu gering. Es ist aueb nieht miSglieh, einfaeh Leitungswasser als LSsungsmittel zu verwenden, weil die an versehiedenen Often versehieden starke ,,It'~rte" immer mehr oder weniger starke Triibung der Farbstoff- [5sung hervorrufen wird, die allenfalls dutch Siiureznsatz verhindert werden kann. In Alkohol und Wasser-Alkoholgemisehen ist Azorhodan dagegen

Page 7: Zur Biologie des 2,4-Diaminoazobenzols

Zur Biologie des 2, 4-Diaminoazobenzols. 619

viel leichter 16slich. Die Anwendung in alkoholischer LSsung hat den Vor- tell, da~ der Alkohol wie beim Jodanstrich rasch verdunstet und das Desinfiziens in konzentriertester Form auf der Haut zuriickl~l]% Bei der Ausscheidung in den H a m verh~ilt sich Azorhodan wie Pyridium (5) und Neotropin. Es wird wie diese bei der Passage durch den tierischen Or- ganismus ver~ndert und erscheint in abgewandelter Form in der Harn- fl[issigkeit.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

Es wurc[e die bakterizide Wirkung yon wasserigen und w~isserig- alkoholischen AzorhodanlSsungen gegen Staphylokokken, Pneumokokken und Colibakterien gepriift. Aul~erdem wurden einige toxikologische Daten mitgete~lt und das Verhalten des Azorhodans bei der Ausscheidung in den H a m untersueht.

Literatur. 1) Lockemann, G., u. W. Ulrich: Dtsch. reed. Wschr. 193~, S. 395. --

2) Junkmann , I4.: Z. exper. Med. 99,300 (1936). -- 3) Riede], H.: Versuehe fiber die Ausscheidung einiger AzokSrper. Dissertation (Berlin) 1937. -- -l) Haaek, H. J. : Pharmakologisehe Untersuehungen fiber Azorhodan. Dissertation @Ialle) 1939.-- 5) Ad air, F. L. u. a. : J. Ur. (Am.) 40, 319 (1938); zitiert nach Ronas Berichten 109, 671 (1939).