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Zur Darstellung und thermischen Stabilitat der Magnesiumcarbide MgC, und Mg2C, Von A. SCI~NEIDER und J. F. CORDES Mit 4 Abbildungen Professor Hans vorb Wartenberg xum 7'5. Gcburtstage gewidmet Inhaltsiibersieht Die Umsetzung zwischen MgCl, und CaC, verliuft irn pulverf6rmigen Gernisch mit merkbarer Geschwindigkeit erst bei Temperaturen oberhalb der Soliduslinie des Systems CaC1,-MgCl, (Eutektikale bei 622" C). - In Gegenwart von NaCl (ternares Eutektikutrl hei 425" C) beginnt die Umsetzung bereits bei 500". Primar entsteht MgC,, das oberhslb 550" in Mg,C, umgesetzt wird. Die thermische Bestindigkeit#sgrenze von Mg,C, (Zerfall in die Elemente) wird bei 740-750" gefunden. Seit N o v a ~ s l) eingehender, in wesentlichen Zugen auch heute noch gultiger Untersuchung uber die Existcnz und Bildung der Magnesium- carbide MgC, bzw. Mg2C, - Darstellung aus Megnesiummetall und gas- formigen Kohlcnu asserstoffen bei Temperaturen uber 500" C - sind aucli in neuerer Zeit wiederholt Versuche zur Frage der Bildungsbedingungen aus Magnesium und verschiedenen kohlenstoffhdtigen Verbindungen durchgefuhrt worden ,). RUEGGEBERG3) untersuchte neuerdings die Moglichkeit der Darstellung uber die Reaktion von Acetylen mit einer atherisclien Losung von Magnesiumdiathyl. Es gelingt auf diesem Weg ebensowenig, zu vollig einfiandfrei definierten, einheitlichen Verbin- dungen zu gelangen wie bei der ebenfalls von RL EGGEBERG versuchten Darstellung durch Umsetzung von Athylmagnesiumbromid mit Acetylen. Immerhin konnte das auf letz terem Weg gebildete A4cetylendimagnesium- bromid durch Erwarmen in MgRr, und MgC, gespalten und gezeigt l) J. NOVAK, Z. physik. Chem. 73,513 (1910); Ber. dtsch. chem. Ges. 42,4209 (1909). 2, Bildung durch Umsatz von Mg mit Dicyan, Estern, Alkoholen u. a.: vgl. GMELIN, Handbuch der anorgan. Chemie, 8. Aufl. (1942), Magnesium Teil A, S. 315. - Mg und Acetylen: H. H. FRANCK, M. A. BREDIG, K. H. Kou, 2. anorg. allg. Chem. 232, 110 (1937). -- Mg in fliissigem Ammoniak mit Acetylen: F. G. COTTRELI,, 6. physic. Chem. 18, 85 (1914). 3) W. H. C. RUEGGEBERG, J. Amer. chem. Soc. 65, 602 (1943).

Zur Darstellung und thermischen Stabilität der Magnesiumcarbide MgC2 und Mg2C3

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Page 1: Zur Darstellung und thermischen Stabilität der Magnesiumcarbide MgC2 und Mg2C3

Zur Darstellung und thermischen Stabilitat der Magnesiumcarbide MgC, und Mg2C,

Von A . SCI~NEIDER und J. F. CORDES

Mit 4 Abbildungen

Professor Hans vorb Wartenberg xum 7'5. Gcburtstage gewidmet

Inhaltsiibersieht Die Umsetzung zwischen MgCl, und CaC, verliuft irn pulverf6rmigen Gernisch mit

merkbarer Geschwindigkeit erst bei Temperaturen oberhalb der Soliduslinie des Systems CaC1,-MgCl, (Eutektikale bei 622" C). - In Gegenwart von NaCl (ternares Eutektikutrl hei 425" C) beginnt die Umsetzung bereits bei 500". Primar entsteht MgC,, das oberhslb 550" in Mg,C, umgesetzt wird. Die thermische Bestindigkeit#sgrenze von Mg,C, (Zerfall in die Elemente) wird bei 740-750" gefunden.

Seit N o v a ~ s l) eingehender, in wesentlichen Zugen auch heute noch gultiger Untersuchung uber die Existcnz und Bildung der Magnesium- carbide MgC, bzw. Mg2C, - Darstellung aus Megnesiummetall und gas- formigen Kohlcnu asserstoffen bei Temperaturen uber 500" C - sind aucli in neuerer Zeit wiederholt Versuche zur Frage der Bildungsbedingungen aus Magnesium und verschiedenen kohlenstoffhdtigen Verbindungen durchgefuhrt worden ,). RUEGGEBERG3) untersuchte neuerdings die Moglichkeit der Darstellung uber die Reaktion von Acetylen mit einer atherisclien Losung von Magnesiumdiathyl. Es gelingt auf diesem Weg ebensowenig, zu vollig einfiandfrei definierten, einheitlichen Verbin- dungen zu gelangen wie bei der ebenfalls von RL EGGEBERG versuchten Darstellung durch Umsetzung von Athylmagnesiumbromid mit Acetylen. Immerhin konnte das auf letz terem Weg gebildete A4cetylendimagnesium- bromid durch Erwarmen in MgRr, und MgC, gespalten und gezeigt

l) J. NOVAK, Z. physik. Chem. 73,513 (1910); Ber. dtsch. chem. Ges. 42,4209 (1909). 2, Bildung durch Umsatz von Mg mit Dicyan, Estern, Alkoholen u. a.: vgl. GMELIN,

Handbuch der anorgan. Chemie, 8. Aufl. (1942), Magnesium Teil A, S. 315. - Mg und Acetylen: H. H. FRANCK, M. A. BREDIG, K. H. Kou, 2. anorg. allg. Chem. 232, 110 (1937). -- Mg in fliissigem Ammoniak mit Acetylen: F. G . COTTRELI,, 6. physic. Chem. 18, 85 (1914).

3) W. H. C. RUEGGEBERG, J. Amer. chem. Soc. 65, 602 (1943).

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werden, da13 MgC, - in Ubereinstimmung rnit den Befunden von NOVAK - bei kraftigerem Erliitzen nach 2 MgC, + Mg,C, + C reagiert. - Eine Oberprufung dieser Darstellungsmethoden durch EIIR.LICH~) bzm. I R M A N N ~ ) brachte eine weitgehende Bestatigung der bisherigen Kennt- nisse der Bildungsbedingungen und eine erstinalige Angabe uber die GroBenordnung der endothermen Bildungswarmen aus den Elementen (MgC,: AH = 2 1 .& 5 kcal/gr Atom Mg; Mg,C,: AH = 9 & 4 kcal/gr Atom Mg)5).

Ma,gnesiumsalzen ausgehende Darstellung ist nur ver- einzelt versucht wordens). In neuerer Zeit ist jedoch in der Patent- literatur') - unter dem Gesichtspunkt der Gewinnung eines Ausgangs- stoffs fur die Herstellung von Allylen (Methylacetylen) - ein Verfahren mgegeben worden, nach dem durch Umsetzung von MgCI, mit CaC, die an sich bekannten Magnesiumcarbide gebildet werden kiinnen. Da tiieser Literaturstelle keine Angaben uber die von Temperatur und Reaktionszeit abhangigen Bildungsbedingungen zu entnehmen sind, haben wir diese Frage untersucht und berichten nachstehend uber die Ergebnisse.

I. Ausgangsprodulite

Eine von

1. Magnesiumchlorid: Znr Herstellung eines wasserfreien Salzes bedienten wir uns einer praktisch selbsttatig arbeitenden Anordnung, wie sie im Prinzip von TREADWELL und ZURRERS) angegeben wurde : Entwassernng von MgC1, - Vorentwasserung durch Erhitzen auf 160-170" - im HC1-Strom, der rnit Hilfe einer Umlaufpumpe iiber das Chlorid (je etwa 150 g) gefiihrt wurde. Nach 6-8 Stunden und allmihlicher Temperatur- steigernng von 100 auf 250" wurde ein sehr reines, leicht pulverisierbares Produkt erhalten.

2. Ca lc iumcarb id : Das nns zur Verfugung stehende Carbidg) hatte einen CaC,- Gehalt von 94% (Rest: l,8% CaO; 2,4% A1,0, + Fe,O,; 0,8% SiO,; 0,8% Sic; 0,5% NgO; 0,5% S). Vor der Verwendung zu den Reaktionsmischungen wurde das Carbid im Vakuum (2 Stunden; 700') gegliiht. Nach dieser Behandlung war der CaC,-Gehalt auf elwa 90% reduziert.

3. Schutzgas : Argon der Firma Lindes Eismaschinen wurde in ublicher Weise getrocknet und gereinigt: Heratol, NaOH, aktives Kupfer nach F. R. MEYER und G . RONGE, Blaugel, Mg(ClO,), auf Bimsstein, Mg-Spine (+Na, 620").

4 ) P. EHRLICH, FIAT-Review, Band 24, Anorgan. Chemie Teil 11, S. 91. 5 ) F. IRMANN, Dissertation ETH Zurich 1948 mit ansfuhrlichen Literaturangaben.

6, Erhitzen von Mg(CN),: W. EIDMANN, J. prakt. Chem. 69, 1 (1899). Umsetznng

7) A. KRAUSS, DRP. 670524 der I. G. Farbenindustrie (ansg. 20. 1. 1939). 8) W. D. TREADWELL u. T. ZURRER, Helv. chim. Acta 15, 1276 (1932). 9) Der Knapsack-Griesheim AG. sind wir fur die Oberlassung des Produkts zu be-

Helv. chim. Acta 31, 1584 (1948).

von MgF, rnit CaC,: 0. HoNIascHMID, Carbide und Silicide, Halle 1914.

sonderem Dank verbunden.

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96 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 279. 1955

11. Versuehsdurchfiihrung Wir verwendeten zwei Reaktionsmischungen : 1. MgCl, + CaC,

( : i : 1) und 2. nach dem Vorschlag von KRAuss') ein rnit NaCl versetztes (MgCl, +CaC,)-Gemisch (MgCl,:CaC, = 1:2 , 1:1, 2 : 1 , 4 : l ) . - Die Gemische w-urden in bekannter Weise unter moglichst sorgfaltigem AusschluB von Feuchtigkeit hergestellt, in Mengen von je etwa 1,5 his 2,O g in einen Eisentiegel und unter stromendem Argon in die Erhitzungs- apparatur gehra.cht (Pythagorasrohr mit Hartglas-Schmelzverbindung; Schliffverbindungen zur Vakuum- und Ga's-Leitung). Nach Aufheizen des Ofens wurde der zunachst oberhalb der Heizzone hangende Tiegel in der Argonatmosphare in die Heizzone gebracht -- Temperaturregelung : 55" . - Nach Beendigung einer Versuchszeit erfolgte nach Abkuhlung des Ofens - wieder unter allen VorsichtsmaBnaYlmen - uberfuhrung des Tiegels mit den Reaktionsprodukten in die Analysenapparatur. -

Zur Herstellung des NaC1-MgC1,-CaC,-Gemis c hes wurde zunachst eine NaCl- NgC1,-Schmelze (Zusammensetzung vgl. unter V, b) in1 Supremax-Tiegel hergestellt. der Regulus (tafelig spaltend) grob zerkleinert und dieses Produkt nach einer analyti- schen Kontrolle des MgCl,-Gehaltes (mit Komplexon) mit CaC, gemischt.

111. Analpse Zur analyt,ischen Bestimmung der in den. Reaktionsprodukten

vorliegenden Ca'rbide (allylenbildendes Mg,C, bzw. a,cetylenbildendes MgC,) stutzten wir uns auf die Ermittlung des C,H,: C,H,-Verhaltnisses diirch eiue Messling des mittleren Molekula~rpewjchts nach REGNAULT.

Nach Einbringen des Eisentiegels rnit den Reaktionsprodukten in ein Zersetzungs- gefiili wurde die Schliffverbindung rnit einer TOPLER-PunipelO) hergestellt und die Hydro- lyse durch tropfenweise Zugabe von gesattigter NaC1-Losung eingeleitet. (Trocknung des Hydrolysegases uber P,O,.) Nach Beendigung der Zersetzung wurde das entwickelte Gas in der Burette hinter der TOPLER-Pumpe mengenniaBig bestimmt und in einen Kolben (318 emY) zur Molgemichtsbestimmung nach REGNAULT uberfuhrt. (Druck- und Tem- peraturablesung wurden mit der fur diese Methode notwendigen Genauigkeit vorgenoni- men.) - Zur Kontrolle der Molgewichtsbestimmung wurde C,H, (aus CaC, entwickelt) verwendet : der Sollwert 26,06 ergab sich mit maximalen Streuungen von &0,2 Einheiten. Fur den Allylengehalt kann ein maximaler Fehler von 1 4 q 4 , angegeben werden. Dieser Pehler liegt in derselben Gr6Wenordnung wie der Gesamtfehler, der sich durch die Ver- suchsfiihrung ergibt (Salzverluste durch Kriechen an der Tiegelwand, Temperaturschwan- kungen, nicht ganz gleichmaBiges Durchreagieren usw.). Auf eine - durch erhohte Tem- peraturkonstanz des REGNAULT-Kdbens - an sich erreichbare hohere Genauigkeit der Gasanalyse konrite daher verzichtet werden. - In einer Reihe von Messnngim ergaben

I") Die Anlage und ihre Verwendung entsprach weitgehend derjenigen, die E. ZINTL U. A. HARDER, Z. physik. Chem., Abt. B 14, 270 (1931) zur Analyse der Alkalihydride be- schrieben haben.

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SCHXEIDSR u. CORDES, Darstellung und thermische Stabilitat von MgC, und Mg,C, 9;

sich Wasserstoffgehalte im Hydrolysegas, die offenbar durch Mg-Metallnebel in der Salr- phase entstanden waren. Fur die (C,H, + C,H,)-Bestimmung war daher eine gewisse Modifizierung notwendig : Uberpumpen der Gesamtgasmenge in die Burette, Einfrieren von (C,H, + C,H,) in einem mit fliissiger Luft gekuhlten Ansatz, Uberfuhren des H, in den REaNAULT-Kolben, Abpumpen, Wiederverdampfen von (C,H, + C,&) und Mol- gewichtfibestimmung wie oben.

Hinsichtlich der Auswertung der Analysenergebnisse sei folgendes vorweggenommen: I n den Reaktionsprodukten konnen nebeneinander vorliegen : CaC,, MgC, und Mg,C,. Eine Trennung des bei der Hydrolyse aus CaC, bzw. MgC, gebildeten C,H, ist naturlich nicht moglich, aber fur die Auswertung auch nicht notwendig, wenn nach folgender Uber- legung vorgegangen wird: wie noch belegt wird, bildet sich - in Ubereinstimmung mit NOVAKS Befunden - Mg,C, uber MgC, nach der GI. (1) 2 MgC, --f Mg&, + C. Am Ende eines C'msatzversuchs verteilt sich demnach die Gesamtmenge des eingebrachten CaCa auf drri Endprodukte: I. Restliches CaC, plus durch Reaktion (2) MgCl, + CaCz + CaCI, + MgC, entstandenes MgC,. Die Acetylenbestimmung ergibt also die Summe CaC, (nicht umgesetzt) + MgC, (nicht nach GI. (I) zerfallen). - IT. Nach GI. (1) ge- bildetes Mg,C,. Diese Menge wird direkt aus der analysierten Allylen-Menge ermittelt. - 111. Eher MgC, entstandenes, aber weiter unter C-Abscheidung nach (3) Mg,C, --ir

2Mg - 3 C zerfallenes Carbid Mg,C,. Dieser Anteil hat also die Stufe 2 schon durch- schritten und liefert bei der Hydrolyse weder C,H, noch C3Htl1). - Zur Erlauterung sei die Auswertung eines Versuchs wiedergegeben, wie sie allen nachstehend beschriebenen Ergebnissen zugrunde liegt :

Eingesetztes CaC, 545 mg Versuchstemperatur 550" C Versuchsdauer 16 Stunden Hydrolysegas 86,2 ml Molgewicht 39,4

Bieraus ergibt sich:

I.

11.

111.

I. 11. 111. -

Allylengehalt (am mittl. Molgew. des Gases) . . . . . . . . . . . . . 95% Volumen des Acetylens 0,05 x 86,2 . . . . . . . . . . . . . . . . . = 4,3 ml (entstanden aus 12 mg CaC, bzw. der aquivalenten Menge MgC,)

Tolumen des Allylens 86,2-4,3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . = 81,9 ml (entstanden aus 310 mg Mg,C,; zur Bildnng dieser ilIenge uber MgC, sind 469 mg CaC, umgesetzt).

Uber MgC, gebildetes und weiter in die Elemente zerfallenes Mg,C, entspricht einer CaC,-Menge von 545-(469 + 12) . . . . . . . . . . . . . . . . . . == F4 mg

Fur die drei CaC,-Anteile ergibt sich somit:

12 mg CaC, oder 2% des Einsatzes, 169 m@; CaC, oder 86% des Einsatzes,

64 mg CaC, oder 12% des Einsatzes.

'I) Die in der Salzschmelze befindlichen Mg-Metallnebel geben bei der Umsetzung mit Wasser H,. Uber die analytische Trennung der Gesamtmenge (C,H, + C,HJ von diesem €I,-Anteil durch Ausfrieren der ersteren vgl. oben.

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98 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 279. 1955

IV. Die Salzsysteme Zur Beurteilung des Reaktionsverlaufs erwies sich die Kenntnis

der beteiligten Salzsysteme als notmendig, die wir - soweit erforderlich - uberpruften bzw. neu bestimmten. Als Untersuchungsmethode diente die thermische Analyse unter teilweiser Benutzung eines Licht- punktlinienschreibers (nach STABE, Firma Hartmann u. Braun).

A ) S y s t e m MgCl,-CaCI, : Die Anga ben von MENGE 12) konn ten wir an Hand von 8 verschiedenen Mischungen im wesentlichen be- stiitigen : einfaches eutektisches System mit einer eutektischen Zusam- mensetzung von 45 & 2 Mol- % CaCl,, Temperatur der Eutektilialen 622 & 1" C. Auf der Seite des CaC1, lie@ weitgehende Mischbarkeit im festen Zustand (bis etwa 20 Mol- % MgCI,) vor.

b) S ys t e m MgC1,-NaCl : Das Erstarrungsdiagrsmm erschien uns nach den Untersuchungen von MENGE~, ) bzw. KLEMM und WEISS13)

hinreichend gesichert, so dsB eine ffberprufung unterlassen wurde: Eutelitikum bei etwa 60 Mo1-X NaCl (450") neben zwei die Liquidus- linie n-enig beeinflussenden Peritektikalen.

Na Ct

Abb. 1. I s o t h e r m e n der Liquidusf lache im S y s t e m NaCl--MgC1,-CaCJ,

'++) 0. MENGE, Z. anorg. allg. Chem. 72, 162 (1911). l 3 ) W. KLEMM u. P. WEISS, 2. anorg. allg. Chem. 245, 279 (1940).

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SCHNEIDER u. CORDES, Darstellung und thermische Stabilitiit von MgC, und MgzC3 99

19,4 5,7

47,l 26,4 27,l

67,l 53,O 56,5

c) S y s t e m CaC1,-NaCI: Dasselbe gilt fur das binare System CaC1,-NaCl, das von SCHOLICH~~) am sichersten untersucht wurde : Eutektikum bei etwa 500" und 50 Mo1-x neben einer noch fraglichen Peritektikalen bei etwa 605" : unter Zersetzung schmelzende Phase 4 NaCl - CaCl,.

d) S y s t e m MgC12-NaC1-CaC1,: Da in der Literatur uber die Erstarrungsflache des ternaren Systems keine Angaben vorliegen, er- mittelten wir an 22 Schmelzen verschiedener Zusammensetzung die wesentlichen Zuge des Diagramms. Es ist gekennzeichnet durch ein ternares Eutektikum bei 425" f 2" und einer Zusammensetzung von etwa 37 Mol-% MgCl,, 40 Mo1-x NaCl und 23 Mol-% CaCI,. In Abb. 1 sind schematisch die Ergebnisse der thermischen Analyse (Primarer- starrung und eutektische Haltezeit) zusammengefafit : die eingezeich- neten dunnen Linien entsprechen den Isothermen der Liquidusflache, die starken Linien geben den angenaherten Verlauf der eutektischen Rinnen an. Mischbarkeit im festen Zustand scheint (auch in der CaC1,- Ecke) nur in geringem Umfang vorhanden zu sein.

24 11

33 21 24 - _ -

-~

V. Versuchsergebnisse a) U m s e t z u n g von MgCI, m i t CaC,: Tabelle 1 gibt die Versuchs-

ergebnisse einer Iteihe von Umsetzungen bei Temperaturen zwischen 600 und 700" C wieder. In Spalte 3 ist das mittlere Molgewicht des Hydrolysegases (Volumen in Spalte 4) angegeben. Spalten 5-7 ent-

Tabelle 1 Versuchsergebnisse

__ Versuchs-

temperatur "C

700 700 700

650 650 650

600 600 600

-

Dauer des Versuchs h

1 2 4

l I2 2 4

1 2 4

Mol-Gew.

30,8 27,4 25,6

33,l 32,2 31,3

26,O 25,9 26,O

I1 %

15 5 0

64 31 30

0 0 0

I11 Yo

70 71 89

3 48 46 - -

14) K. SCHOLICH, Neues Jb. Mineralog., Geol. Palaontol., Beilage-Bd [Abh.], Abt. A 43, 252 (1920). - Teilweise andere Ergebnisse vgl. 0. MENGE~*) bzm. GMELINS Handbuch der Anorgan. Chemie, 8. Aufl., Kalium, Anhangband, S. 159160 (1942).

7*

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100 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 279. 1955

halten die in 111. erlauterten CaC,-Anteile, die fur den Reaktions- verlauf charaliteristisch sind : I = Restliches CaC, ( +MgC,) ; I1 = in Mg2C3 urngesetztes CaC,: I11 = iiber MgC, gebildetes, aber bereits wieder zerfallenes M,u,C, bzw. dessen iiquivalenter CaC,-Anteil am Aus- gangsgemisch.

Diesen Versuchsergebnissen ist mi en tnehmen, daB bei Vorliegeii eines pulverformigen Gemischs der Reaktionspartner praktisch keine Reaktion unter Bildung von Mg,C,lS) unterlialb der Eutektikalen des Systems MgCl,--CaCI, (622") stattfindet. Oberhalb dieser Temperatur verhuft die Reaktion jedoch mit stark tempera tura bh&ngiger Geschwin- digkeit. Dabei wird bei langerer Versuchszeit wid konstanter Tem- peratur der Mg,C,-Anteil geringer : bereits bei 650" zerfallt Mg,C, relativ rasrh in die Elemente. Bei 700" ist es thermiscli bereits so instabil, dal3 nach 4 Stunden Versuchsdauer anniihernd vollstandiger Zerfall h z u . CaC,-Umsatz eingetreten ist.

11) U m s e t z u n g von (MgCI, +NaCl) m i t CaC,: In der zitierteri P;itentschrift Ton KRATJSS ist zur Herabsetzung des Schmelzpunktes x on MgCI, ein Zusa tz von NaCl empfohlen u orden. Verwendet wurde \on KRAUSS ein NaCI-MgC1,-Gemisch mit 56 Mol- % NaC1, das der nach SCHOLICH 14) bei 431," C schmelzenden eutektisclien Mischung entspricht. Wie die nacli Abb. 1 dargestellte Liquidusflache cles ternitren Systems zeigt, ist jedoch eine NaC1-armere Mischung (-44 Mol-% NaC1) wesentlich gunstigel. da rnit dieser bei fortschreitender Reaktion einr. Zusammensetzung des Salzgemisches im ternaren System durchschritten mid, die annahernd das ternare Eutektihum streift und in die von dem Randsystem NaC1-CaCl, ausgeliende eu tektische Rinne einmundet. - Alle weiteren Versuche wurden mit dieser Ausgangsmischung (44 Mol- % NiiCl, 56 Mnl- ol0 MgC1,) ausgefuhrt.

Abb. 2 gibt graphisch die Ergebnisse bei Rcaktionstemperaturen zm ischen 500- i 50" C wieder, wie sie mit einem s tochiometrischen Mi- schungsverhaltnis MgCI,:CaC, = l: l erhalten wurden. Dabei sind die CaC,-Anteile - \vie oben erlautert - in die Teile J-111 zerlegt und ge- trennt den Kurven zu entnehmen (vgl. 2, e). - Zunahme der Tem- peratur ist rnit rasch wachsender Reaktionsgeschv indigkeit, aber auch mit rascli sich steigernder Zerfallsgeschwindigkeit des Mg,C, (Anteil 11) verhunden. - Aus den Isothermen der Abb. 2 lassen sich - wie Abb. 3 wiedergibt - lsothermen fur die Geschwindigkeit des CaC,-Verbrauchs

l5) Ob sicti in geringem Umfang MgC, gebildet hat, kann analytisch nicht entschiederi nerden. Dagegen spricht, daI3 die Reaktionsmischung bei 600" rein weiI3 bleibt, wahrend auch bei geringsten Umsatzgraden nach &Ig,C, --f 2 Mg + 3 C oharakteristische Grau- bis Schwarzfirbung eintritt.

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SCHNEIDER u. CORDES, Darstellung und thermische Stabilitat yon MgC, und Mg&, 101

unter Bildung von Mg,C, umzeichnen. Es wird so deutlich, da13 sich bei Temperntiiren oberhalb 500" C zunachst langsam und stetig Mg2C,

I""

@ 500" %

cat,

525"

-eb Zeit (Std I

2 , 4 6 8 I0 2 4 - Zeit l Std f

750' @

2 4 6 8 1 0 I 2 - Zeit (Stdl

Abb. 2. Isothermen zur Mg,C,-Bildung (MgCI,:CaC, = 1:l; Ausgangsmischung: 44 Mol-% NaCl; 56 MoL% MgCI,

r % CaC,

75

50

25

1 5 10 N - Zeit (Std.) Abb. 3. Isothermen d e r Mg,C,-Bildung (Anteil 11)

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102 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 279. 1955

- uber die Stufe des MgC, - bildet und daB oberhalb 600" C ein Maxi- mum der Bildungsgeschwindigkeit durchschritten wird. Bei langeren Versuchszeiten, d. h. zunehmender Erschopfung der Realitionsmischung, uberwiegt dann die Zerfallsgeschwindigkeit. - Andererseits erhaIt man bei Temperaturen urn 600" Umsetzungsprodukte des CaC, zu Mg2C3, die bis 90% erreichen konnen: z. B. ergab ein 4stundiger Umsatz bei 600" ein mittleres Molgewicht von 38,3 entspreohend 8 7 % in Mg,C, umgesetztes CaC, (Anteil 11), 6 % Anteil I11 neben 7 % Anteil I. -

Auch unter diesen Versuchsbedingungen liegt die thermische Stabilitatsgrenze des Mg,C, dicht oberhalb 700" : dieser Befund laBt sich iiloersichtlich den I s o c h r o n e n fur die Bildung und den Zerfall

500 600 700 500 600 - T ( T I Abb. 4. I sochronen a) Zerfall des Mg2C, (Anteil 111); b) Bildung des Mg,C, (Anteil 11)

des Mg,C, (Abb. 4) entnehmen. Die Konstruktion der Kurven stutzt sich auf dieselben Ergebnisse (Abb. 2). Eine Extrapolation der Iso- chronen Abb. 4, a auf die Zerfallszeit Null und 100proz. Zerfall ( = ther- mische Bestandigkeitsgrenze) ergibt eine Temperatur zwischen 740 bis 750". Oberhalb dieser Temperatur ist also unter den gewahlten Ver- suchsbedingungen Mg,C3 nicht mehr darstellbar bzw. auch kurzzeitig nicht mehr existenzfahig. Dieses Ergebnis stelit in guter Oberein- stimmung mit den Angaben von NOVAK, der zwar etwas hohere Tem- peraturen findet (etwa 770"), aber qualitativ zugleichen SchluBfolgerungen fur seine Praparate (am Mg +C,H,) kommt.

Prinzipiell zn priifen schien uns noch die Frage, ob in Gegenwart von NaCl unter Umstanden auch Na,C, mcht nur intermediar gebildet wird nnd unter Reaktion mit MgC1, weiterreagiert (Na,C, + MgCl, -+ MgC, + 2 NaCl), sondern ob Na,C, unter Zerfall nach Na,C, --z 2 Na + 2 C den bisher vorausgesetzten Reaktionsablauf unter Mehrver- brauch an CaC, (2 NaCl + CaC, + Na,C, + CaCl,) in eine andere Richtung lenkt. Kon-

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trollversuche bei 700" wurden in folgender Weise durchgefuhrt : statt des Verhaltnisses CaC,: MgCI, = 1 : 1 wurde CaC, im UberschuB (2: I) mit dem Salzgemisch (MgCl, + NaCl) bei 700" in 6 Versuchen (1-6 Stunden) umgesetzt. Fur den Fall, daB Na,C2 intermediar gebildet wird und teilweise in die Elemente zerfallt,, h i t te bei dem vorhandenen CaC,- UberschuB ein Mehrverbrauch gegeniiber dem stochiometrischen Unisatz (MgCI, + CaC, --f CaCl, + MgC,) nachweisbar sein mussen. Innerhalb der Fehlergrenzen war ein solcher Mehrverbrauch nicht feststellbar. NaCl spielt also bei der untersuchten Reaktion nur die Rolle eines den Schmelzpunkt von MgCl, (bzw. CaCl,) erniedrigenden ,,inerten" Zusatzes. - Eine rohe Abschatzung der Reaktionsenthalpien16) la& diesen Befund durchaus verstand- lich erscheinen:

MgCl, + CaC, 3 MgC, + CaCI,: AH = - 2 kcal;

2 NaCl + CaC, + Na,C, + CaC1,: AH = + 24 kcal.

Wenn diese Reaktionswarmen auch nur fur die reine Festkorperreaktion nnnahernd gultig sind, so erscheint doch die bevorzugte Bildung von MgC, sicher zu sein.

Schliealich haben wir die Frage der Reversibilitat des Vorgangs 2 MgC, + Mg,C, + C gepruft, die zwar bisher meist verneint, doch aber von anderer Seite noch offen gelassen worden ist17): eine 4 Stunden auf 600" erhitzte Probe (-87% in Mg,C, umgesetztes CaC, mit 6% in die Elemente zerfallenes Mg,C,) wurde 90 Stunden auf 460-490" erhitzt. Innerhalb der Fehlergrenzen konnte keine Ruckbildung von MgC, nachgewiesen werden, obwohl die Bedingungen hierfur wegen des in feinster Form vorliegenden Kohlenstoffs wohl besonders gunstig gewesen sein miifiten.

Erwahnt sei noch die Tatsache, daB bei der Hgdrolyse des 1LIg,C3 ausschlie8lich Allylen entsteht. Auch bei vorsichtigster Zersetzung (2 Tage lange isotherme Destilla- tion kleinster H,O-Mengen aus einem Ansatz des Hydrolysiergefaaes) lie8 sich im Hy- drolysegas keine Andeutung fur das Vorhandensein von Propadien im Infrarotspektrum (Perkin-Elmer-Spektrograph) findenl8).

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie der FRAUNHOFER- Gesellschaft danken wir sehr fur die uns gewahrte Unterstutzung.

16) Bildungswarme von MgC, bzw. Na,C, nach F. IRMANN, Dissertation ETH Zurich 1949.

17) So P. EHRLICH, der durch 4 Wochen langes Tempern bei 480" den MgC,-Gehalt eines Mg,C,-Priparates von 0,l auf 0,8% erhohen konnte: FIAT-Review Bd. 54, Anor- ganische Chemie, Teil 11, 9. 91.

l a ) I n Ubereinstimmung mit Angaben von H. KIENITZ, Z. Elektrochemie angew. physik. Chem. 50, 216 (1944), nach denen das Isomerisierungsgleichgewicht ganz auf der Seite des Allylens liegt.

Gottingen, Anorganisch-chernisches Iiutitut der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 29. Dezember 1954.