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bis 2 Mal auftritt und aussagekräftiges Studienmaterial zu den Folgen/Nicht-Folgen extrem hoher postpartaler Bili- rubinkonzentrationen nicht vorhanden ist. Dass der Morbus hämolyticus neonatorum nicht unge- eignet ist, den Schaden zu verursachen, gilt auch auf der Grundlage der im Termin erörterten möglichen Chro- mosomenstörung beim Kl. Zwar ergibt sich aus dem vom Kl. eingereichten Befundbericht zur Array-CGH-Unter- suchung der C. v. 25. 5. 2011, dass beim Kl. eine Chro- mosomenstörung i. S. eines 16p11.2 Mikrodeletionssyn- drom vorliegt, deren häufigstes klinisches Merkmal eine Sprachentwicklungsverzögerung ist. Jedoch dokumentiert der Befundbericht auch, dass diese genetische Anomalie weltweit bei lediglich 17 Patienten bekannt ist. Angesichts dieser geringen Fallzahl lässt sich kein Beweis dahingehend führen, dass die Chromosomenstörung Ursache der Stö- rungen ist und der Morbus hämolyticus neonatorum ge- nerell ungeeignet ist, die beim Kl. festgestellte Sprachent- wicklungsstörung, die leichte Koordinationsstörung und die Konzentrationsstörungen zu verursachen. 3. Der Kl. hat gemäß §§ 249, 253 Abs. 2 BGB einen An- spruch auf die Zahlung eines Schmerzensgeldes i. H. von 20.000,00 €. Gemäß § 253 Abs. 2 BGB kann bei einer Verletzung des Körpers und der Gesundheit wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden. Durch dieses Schmerzensgeld soll der Geschädigte einen Ausgleich für die erlittenen Schmerzen und Leiden erhalten und in die Lage versetzt werden, sich Erleichterungen und andere Annehmlichkeiten an Stelle derer zu verschaffen, deren Genuss ihm durch die Verlet- zung unmöglich gemacht worden ist (sog. Ausgleichsfunk- tion). Die Geldentschädigung soll zugleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten für das erlittene Unrecht Genugtuung schuldet (Genug- tuungsfunktion). Die Höhe dieses Schmerzensgeldes muss unter umfassender Berücksichtigung aller für die Bemes- sung maßgebenden Umstände festgesetzt werden und in einem angemessenen Verhältnis zu Art und Dauer der Ver- letzung stehen. Dabei kommt dem Gedanken, dass für ver- gleichbare Verletzungen unabhängig vom Haftungsgrund ein annähernd gleiches Schmerzensgeld zu gewähren ist, besondere Bedeutung zu. Bei den Bemessungsfaktoren stehen die Umstände im Vordergrund, die den Verletzten betreffen. Zu berücksichtigen sind aber auch Umstände aus der Sphäre des Schädigers (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 253, Rdnr. 15 m. w. N.). Bei der Höhe des Schmerzensgeldes war zu berücksich- tigen, dass der Kl. zwar zum Zeitpunkt der fehlerhaften Behandlung noch nicht geboren war, er aber aufgrund der unterlassenen Diagnose zunächst im Neugeborenenalter zahlreiche Krankenhausaufenthalte erleiden musste und dauerhafte Schäden in Form einer Sprachstörung erlit- ten hat. Mit Blick auf den festgestellten und fortwirken- den Dauerschaden des Kl., wie ihn der Sachverständige K. festgestellt hat, treten bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes die im Säuglingsalter erlittenen Kran- kenhausaufenthalte in den Hintergrund, zumal wegen der Rh-Inkompabilität seiner Mutter sowieso eine engmaschi- ge Überwachung der Schwangerschaft [und] auch bei ei- nem fachgerechten Vorgehen eine Behandlung des Kl. (in- trauterin und postpartal) angezeigt gewesen wäre. Jedoch erscheint es wegen der dauerhaften Beeinträchtigung des Kl. in seiner sprachlichen Ausdrucksfähigkeit, die zahlrei- che Untersuchungen, Behandlungen und Therapien nötig gemacht haben und ihn langfristig begleiten werden, an- gemessen, über den vom Kl. als Mindestbetrag genannten Betrag hinauszugehen. Zugleich wird mit der Bemessung des Schmerzensgeldes auch der Tatsache Rechnung getra- gen, dass dem Bekl. hier ein grober Behandlungsfehler un- terlaufen ist. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände hält das Gericht ein Schmerzensgeld i. H. von 20.00,00 € für angemessen. […] II. Dem Kl. steht als kausaler Folgeschaden zum Behand- lungsfehler für die seinen Eltern entstandenen Fahrtkosten zu den einzelnen in der Klageschrift dargelegten Behand- lungsterminen ein Geldersatz i. H. von 321,00 € zu (vgl. die Nachweise bei Palandt, a. a. O., § 249, Rdnr. 9). Soweit der Bekl. die Entstehung des Schadens pauschal bestritten ha- ben mag, war dies angesichts der substantiierten Darlegung der einzelnen Fahrtstrecken nicht ausreichend. […] III. Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsin- teresse ergibt sich aus der drohenden Verjährung weiterer materieller und immaterieller Schadensersatzansprüche. Der Bekl. ist daher verpflichtet, dem Kl. sämtliche, über den Ersatz der Fahrtkosten seiner Eltern, hinausgehenden materiellen Schäden und sämtliche nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden ab dem 22. 7. 2006 zu ersetzen, die ihm aus der fehlerhaften Behandlung durch den Bekl. re- sultieren, sofern nicht diese Ansprüche auf einen Sozialver- sicherungsträger oder sonstigen Dritten übergehen, §§ 249, 253 BGB. Nach den Feststellungen der Sachverständigen F. und K. wären die Folgen und Komplikationen bei einem behandlungsfehlerfreien Vorgehen durch den Bekl. ver- mieden worden, was das Feststellungsinteresse des Kl. indi- ziert, zumal die durch den Sachverständigen K. festgestellte Sprachstörung einen Dauerschaden darstellt, dessen Aus- wirkungen heute noch nicht bezifferbar sind. Der insoweit durch den Kl. gestellte Antrag war sprachlich anzupassen. DOI: 10.1007/s00350-014-3708-1 Zur erforderlichen Personalausstattung bei der medizinischen Strahlenanwendung GG Artt.12 Abs. 1, 85 Abs. 2 S. 1; StrlSchVO §§ 2 Abs. 1, 11 Abs. 2, 14 Abs. 1, 82 Abs. 1 u. 2 1. Bei der Durchführung der Bestrahlungstherapie mit dem Linearbeschleuniger Tomotherapie Hi-Art sind für einen sicheren Betrieb grundsätzlich mindestens zwei technisch mitwirkende Personen erforderlich. 2. Die Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin 2011 ist keine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift. Die Vorgaben in Nr. 5.2.2 dieser Richtlinie, welche die Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV (MFA) von vornherein von der Patientenlagerung und dem Aus- lösen der Bestrahlung ausnehmen und auf unterstüt- zende Tätigkeiten beschränken, sind mit § 82 Abs. 2 StrlSchV nicht zu vereinbaren. Sie sind daher unabhän- gig davon, ob die Richtlinie als antizipiertes Sachver- ständigengutachten einzustufen ist, unbeachtlich, da sie nicht mit den normativen Regelungen der Strah- lenschutzverordnung in Einklang stehen. 3. Die ständige Aufsicht des fachkundigen Arztes über technisch mitwirkende Personen, die wie die Per- sonen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV nicht selbst über die Fachkunde im Strahlenschutz, sondern nur über eine sonstige medizinische Ausbildung und Kennt- nisse im Strahlenschutz verfügen, erfordert, dass er diese Personen laufend überwacht und jederzeit kor- rigierend eingreifen kann. Stichprobenartige Kontrol- len und die Anwesenheit des fachkundigen Arztes in der Praxis reichen nicht aus. Ob anderes gelten kann, Bearbeitet von Rechtsassessorin Ulrike Hespeler, Jur. Geschäftsführerin der LÄK Bad.-Württ., Jahnstraße 40, 70597 Stuttgart, Deutschland Rechtsprechung MedR (2014) 32: 327–334 327

Zur erforderlichen Personalausstattung bei der medizinischen Strahlenanwendung

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Page 1: Zur erforderlichen Personalausstattung bei der medizinischen Strahlenanwendung

bis 2 Mal auftritt und aussagekräftiges Studienmaterial zu den Folgen/Nicht-Folgen extrem hoher postpartaler Bili-rubinkonzentrationen nicht vorhanden ist.

Dass der Morbus hämolyticus neonatorum nicht unge-eignet ist, den Schaden zu verursachen, gilt auch auf der Grundlage der im Termin erörterten möglichen Chro-mosomenstörung beim Kl. Zwar ergibt sich aus dem vom Kl. eingereichten Befundbericht zur Array-CGH-Unter-suchung der C. v. 25. 5. 2011, dass beim Kl. eine Chro-mosomenstörung i. S. eines 16p11.2 Mikrodeletionssyn-drom vorliegt, deren häufigstes klinisches Merkmal eine Sprachentwicklungsverzögerung ist. Jedoch dokumentiert der Befundbericht auch, dass diese genetische Anomalie weltweit bei lediglich 17 Patienten bekannt ist. Angesichts dieser geringen Fallzahl lässt sich kein Beweis dahingehend führen, dass die Chromosomenstörung Ursache der Stö-rungen ist und der Morbus hämolyticus neonatorum ge-nerell ungeeignet ist, die beim Kl. festgestellte Sprachent-wicklungsstörung, die leichte Koordinationsstörung und die Konzentrationsstörungen zu verursachen.

3. Der Kl. hat gemäß §§ 249, 253 Abs. 2 BGB einen An-spruch auf die Zahlung eines Schmerzensgeldes i. H. von 20.000,00 €.

Gemäß § 253 Abs. 2 BGB kann bei einer Verletzung des Körpers und der Gesundheit wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden. Durch dieses Schmerzensgeld soll der Geschädigte einen Ausgleich für die erlittenen Schmerzen und Leiden erhalten und in die Lage versetzt werden, sich Erleichterungen und andere Annehmlichkeiten an Stelle derer zu verschaffen, deren Genuss ihm durch die Verlet-zung unmöglich gemacht worden ist (sog. Ausgleichsfunk-tion). Die Geldentschädigung soll zugleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten für das erlittene Unrecht Genugtuung schuldet (Genug-tuungsfunktion). Die Höhe dieses Schmerzensgeldes muss unter umfassender Berücksichtigung aller für die Bemes-sung maßgebenden Umstände festgesetzt werden und in einem angemessenen Verhältnis zu Art und Dauer der Ver-letzung stehen. Dabei kommt dem Gedanken, dass für ver-gleichbare Verletzungen unabhängig vom Haftungsgrund ein annähernd gleiches Schmerzensgeld zu gewähren ist, besondere Bedeutung zu. Bei den Bemessungsfaktoren stehen die Umstände im Vordergrund, die den Verletzten betreffen. Zu berücksichtigen sind aber auch Umstände aus der Sphäre des Schädigers (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 253, Rdnr. 15 m. w. N.).

Bei der Höhe des Schmerzensgeldes war zu berücksich-tigen, dass der Kl. zwar zum Zeitpunkt der fehlerhaften Behandlung noch nicht geboren war, er aber aufgrund der unterlassenen Diagnose zunächst im Neugeborenenalter zahlreiche Krankenhausaufenthalte erleiden musste und dauerhafte Schäden in Form einer Sprachstörung erlit-ten hat. Mit Blick auf den festgestellten und fortwirken-den Dauerschaden des Kl., wie ihn der Sachverständige K. festgestellt hat, treten bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes die im Säuglingsalter erlittenen Kran-kenhausaufenthalte in den Hintergrund, zumal wegen der Rh-Inkompabilität seiner Mutter sowieso eine engmaschi-ge Überwachung der Schwangerschaft [und] auch bei ei-nem fachgerechten Vorgehen eine Behandlung des Kl. (in-trauterin und postpartal) angezeigt gewesen wäre. Jedoch erscheint es wegen der dauerhaften Beeinträchtigung des Kl. in seiner sprachlichen Ausdrucksfähigkeit, die zahlrei-che Untersuchungen, Behandlungen und Therapien nötig gemacht haben und ihn langfristig begleiten werden, an-gemessen, über den vom Kl. als Mindestbetrag genannten Betrag hinauszugehen. Zugleich wird mit der Bemessung des Schmerzensgeldes auch der Tatsache Rechnung getra-gen, dass dem Bekl. hier ein grober Behandlungsfehler un-terlaufen ist. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände

hält das Gericht ein Schmerzensgeld i. H. von 20.00,00 € für angemessen.

[…]II. Dem Kl. steht als kausaler Folgeschaden zum Behand-

lungsfehler für die seinen Eltern entstandenen Fahrtkosten zu den einzelnen in der Klageschrift dargelegten Behand-lungsterminen ein Geldersatz i. H. von 321,00 € zu (vgl. die Nachweise bei Palandt, a. a. O., § 249, Rdnr. 9). Soweit der Bekl. die Entstehung des Schadens pauschal bestritten ha-ben mag, war dies angesichts der substantiierten Darlegung der einzelnen Fahrtstrecken nicht ausreichend.

[…]III. Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet.

Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsin-teresse ergibt sich aus der drohenden Verjährung weiterer materieller und immaterieller Schadensersatzansprüche. Der Bekl. ist daher verpflichtet, dem Kl. sämtliche, über den Ersatz der Fahrtkosten seiner Eltern, hinausgehenden materiellen Schäden und sämtliche nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden ab dem 22. 7. 2006 zu ersetzen, die ihm aus der fehlerhaften Behandlung durch den Bekl. re-sultieren, sofern nicht diese Ansprüche auf einen Sozialver-sicherungsträger oder sonstigen Dritten übergehen, §§ 249, 253 BGB. Nach den Feststellungen der Sachverständigen F. und K. wären die Folgen und Komplikationen bei einem behandlungsfehlerfreien Vorgehen durch den Bekl. ver-mieden worden, was das Feststellungsinteresse des Kl. indi-ziert, zumal die durch den Sachverständigen K. festgestellte Sprachstörung einen Dauerschaden darstellt, dessen Aus-wirkungen heute noch nicht bezifferbar sind. Der insoweit durch den Kl. gestellte Antrag war sprachlich anzupassen.

DOI: 10.1007/s00350-014-3708-1

Zur erforderlichen Personalausstattung bei der medizinischen Strahlenanwendung

GG Artt.12 Abs. 1, 85 Abs. 2 S. 1; StrlSchVO §§ 2 Abs. 1, 11 Abs. 2, 14 Abs. 1, 82 Abs. 1 u. 2

1. Bei der Durchführung der Bestrahlungstherapie mit dem Linearbeschleuniger Tomotherapie Hi-Art sind für einen sicheren Betrieb grundsätzlich mindestens zwei technisch mitwirkende Personen erforderlich.

2. Die Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin 2011 ist keine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift. Die Vorgaben in Nr. 5.2.2 dieser Richtlinie, welche die Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV (MFA) von vornherein von der Patientenlagerung und dem Aus-lösen der Bestrahlung ausnehmen und auf unterstüt-zende Tätigkeiten beschränken, sind mit § 82 Abs.  2 StrlSchV nicht zu vereinbaren. Sie sind daher unabhän-gig davon, ob die Richtlinie als antizipiertes Sachver-ständigengutachten einzustufen ist, unbeachtlich, da sie nicht mit den normativen Regelungen der Strah-lenschutzverordnung in Einklang stehen.

3. Die ständige Aufsicht des fachkundigen Arztes über technisch mitwirkende Personen, die wie die Per-sonen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV nicht selbst über die Fachkunde im Strahlenschutz, sondern nur über eine sonstige medizinische Ausbildung und Kennt-nisse im Strahlenschutz verfügen, erfordert, dass er diese Personen laufend überwacht und jederzeit kor-rigierend eingreifen kann. Stichprobenartige Kontrol-len und die Anwesenheit des fachkundigen Arztes in der Praxis reichen nicht aus. Ob anderes gelten kann,

Bearbeitet von Rechtsassessorin Ulrike Hespeler, Jur. Geschäftsführerin der LÄK Bad.-Württ., Jahnstraße 40, 70597 Stuttgart, Deutschland

Rechtsprechung MedR (2014) 32: 327–334 327

Page 2: Zur erforderlichen Personalausstattung bei der medizinischen Strahlenanwendung

wenn eine andere Person mit Fachkunde im Strahlen-schutz (MTRA, MTA) bei der Bestrahlung anwesend ist, bleibt offen.VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17. 12. 2012 – 10 S 1340/12 (VG Stuttgart)

Problemstellung: Drei niedergelassene Ärzte für Strahlentherapie liegen über den Umfang der erforder-lichen Personalausstattung beim Betrieb von Linearbe-schleunigern mit der Genehmigungsbehörde für den Betrieb dieser Anlagen (in Baden-Württemberg das Regierungspräsidium) in Streit. Während die Geneh-migungsbehörde u. a. unter Bezugnahme auf die Emp-fehlungen der Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin davon ausgeht, dass mindestens jeweils zwei fachkun-dige MTRAs einzusetzen sind, ist es aus Betreibersicht ausreichend, wenn nur eine fachkundige Therapieassis-tentin, deren Qualifikation offen gelassen wird, anwe-send ist. Aus diesem Grund wurde eine Änderung der Betreibergenehmigung beantragt.

Die Frage, wie viel Personal mit welcher Qualifika-tion beim Betrieb eines Linearbeschleunigers mitwir-ken muss, wird durch die Strahlenschutzverordnung nicht beantwortet. Die Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin gibt zum Personalbedarf vor, dass der Antrag-steller seinen Personalbedarf grundsätzlich selbst er-mittle, als Hilfestellung für die Genehmigungsbehörde werden Orientierungswerte genannt, die bei der indi-viduellen Ermittlung des notwendigen Personals her-angezogen werden können. Die Vorgaben der Richt-linie binden – so der VGH – das erkennende Gericht nicht. Der Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin kommt weder Rechtsnormqualität zu, noch ist sie eine allgemeine Verwaltungsvorschrift. Offen bleibt, ob die Richtlinie als vorweggenommenes Sachverständigen-gutachten zu werten ist. Durch Auslegung des Begriffes „Mitwirkung“ kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass in jedem Fall Personal in einer solchen Anzahl vor-handen sein muss, dass der sichere Betrieb der Anlage gewährleistet ist. Die technische Mitwirkung nur einer Person bei der Bestrahlung genügt hierfür nicht. Das Gericht führt aus, dass in Anbetracht der mit einer feh-lerhaften Bestrahlung verbundenen Risiken für Leben und Gesundheit für den sicheren Betrieb zwei Perso-nen bei der Durchführung der Bestrahlung technisch mitwirken müssen, um sich gegenseitig zu unterstützen und zu ergänzen. Das Vier-Augen-Prinzip stelle einen maßgeblichen Sicherheitsfaktor dar, der nicht durch technische Gegebenheiten eines Geräts entbehrlich gemacht werden kann. Weiter urteilt der Senat, dass ein alleiniges Tätigwerden des technisch mitwirken-den Personals bei einer jederzeitigen Verfügbarkeit des fachkundigen Arztes – ggf. über Videoüberwachung – nicht den Vorgaben der Strahlenschutzverordnung ent-spricht. Der fachkundige Arzt muss bei der risikorei-chen Tätigkeit während des Bestrahlungsvorgangs das mitwirkende Personal laufend überwachen und jeder-zeit korrigierend eingreifen können. Der Begriff der ständigen Aufsicht und Verantwortung kann je nach Qualifikation der zu beaufsichtigenden Personen un-terschiedliche Anforderungen haben. Personen, die fachkundig sind (§ 82 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 StrlSchVO, z. B. MTRAs), bedürfen keiner ständigen Aufsicht. Hier beschränkt sich die Aufgabe des die Behandlung anordnenden und verantwortenden Facharztes auf Stichproben und Kontrollen, während bei Personen, die eine sonstige medizinische Ausbildung haben und über Kenntnisse im Strahlenschutz verfügen, wie z. B. Medizinische Fachangestellte, die die entsprechenden Strahlenschutzkurse absolviert haben, die ständige Aufsicht verlangt, dass die verantwortliche fachkundi-

ge Person sich in unmittelbarer Nähe aufhält und die Tätigkeit laufend überwacht. Die fehlende Fachkun-de dieser Personengruppe wird dadurch kompensiert, dass diese Personen nur unter ständiger Aufsicht einer fachkundigen Person an der technischen Mitwirkung beteiligt werden dürfen.

Zum Sachverhalt: Die Kl. betreiben eine Gemeinschaftspraxis für Strahlentherapie. In der Praxis werden zwei Linaerbeschleuniger eingesetzt. Die Kl. beantragten eine Änderung der 2009 erteilten Betriebsgenehmigung für das Gerät Tomotherapie Hi-Art. In dem Sicherheitsbericht, der Bestandteil der Genehmigung ist, wird ange-geben, dass der Beschleuniger in der Regel von zwei fachkundigen MTRAs zu bedienen ist. Die Kl. sind der Meinung, dass zum si-cheren Betrieb der Anlage eine Therapieassistentin (mit einer Qua-lifikation nach § 82 Abs.  2 Nrn.  1,2 oder 4 StrlSchVO) ausreicht. Der Genehmigungsbescheid soll entsprechend abgeändert werden. Bezüglich der personellen Besetzung beim Betrieb der Anlage be-steht Uneinigkeit.

Das beklagte Regierungspräsidium lehnte den klägerischen An-trag auf Änderung der Genehmigung ab. Zur Begründung wird u. a. auf die Patientensicherheit und die Qualitätssicherung Bezug ge-nommen, insbesondere auch mit Blick auf mögliche schwerwiegende Strahlenschäden wird es für geboten erachtet, dass nur Personen mit der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz die Bedienung der Geräte und die Patientenpositionierung durchführen. Bei nur einer Fachkraft sind die notwendige Qualitätssicherung durch Kontroll-maßnahmen, wie das Vier-Augen-Prinzip bei der Reproduktion des Bestrahlungsplans am Patienten, und die Absicherung eines plötzlich kollabierenden Patienten nicht mehr sichergestellt.

Das VG hat den Genehmigungsbescheid insoweit aufgehoben, als in ihm die Mitwirkung von Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSch-VO abgelehnt und die Bekl. verpflichtet wurde, neu zu entscheiden. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Berufung zugelas-sen. Der VGH hat die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Aus den Gründen: Die Berufung der Kl. ist zulässig, aber nicht begründet. Die Kl. hat keinen Anspruch auf Er-teilung der begehrten Änderungsgenehmigung oder auf erneute Entscheidung über ihren Änderungsantrag. Die Berufung des Bekl. ist zulässig und begründet. Die Klage ist unter Änderung des angefochtenen Urteils des VG ins-gesamt abzuweisen.

1. Die beantragte Reduzierung der Anzahl des technisch mitwirkenden Personals und der Einsatz von Personen mit der Qualifikation nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung – StrlSchV) bedarf einer Ände-rungsgenehmigung, wovon auch die Beteiligten ausgehen. Gemäß § 11 Abs. 2 StrlSchV bedarf unter anderem der Ge-nehmigung, wer den Betrieb einer Anlage zur Erzeugung ionisierender Strahlen wesentlich verändert. Eine Ände-rung ist wesentlich, wenn sie nach Art und/oder Umfang geeignet erscheint, die in den Genehmigungsvoraussetzun-gen angesprochenen Sicherheitsaspekte zu berühren, und deswegen die Genehmigungsfrage erneut aufwirft (vgl. zu § 7 Atomgesetz: BVerwG, Urt. v. 21. 8. 1996 – 11 C 9/95 –, BVerw GE 101, 347). Die erteilte Genehmigung bezieht sich auf den im Sicherheitsbericht v. 15. 10. 2008 beschrie-benen Personaleinsatz. Danach wird der Linearbeschleu-niger in der Regel von zwei fachkundigen medizinisch-technischen Radiologieassistenten (MTRA), d. h. Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 1 StrlSchV, bedient. Die beabsichtigte Reduzierung auf nur eine Person sowie der beabsichtigte Einsatz von Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV wirft die Genehmigungsfrage neu auf.

2. Die beantragten Änderungen des Personaleinsatzes sind nicht genehmigungsfähig. Gemäß § 14 Abs.  1 S.  1 Nr. 6 StrlSchV setzt die Erteilung der Genehmigung für die Änderung des Betriebs des Linearbeschleunigers voraus, dass keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken

Rechtsprechung328 MedR (2014) 32: 327–334

Page 3: Zur erforderlichen Personalausstattung bei der medizinischen Strahlenanwendung

ergeben, dass das für eine sichere Ausführung des Betriebes notwendige Personal nicht vorhanden ist. Diese Vorausset-zung ist hier nicht erfüllt. Der Personaleinsatz, für welchen die Änderungsgenehmigung begehrt wird, entspricht nach Anzahl und Qualifikation der technisch mitwirkenden Personen nicht den rechtlichen Anforderungen.

3. Bei der Beurteilung, wie viele Personen technisch mit-wirken müssen und welcher Qualifikation diese bedürfen, ist das Gericht an die Vorgaben der Richtlinie zur Ver-ordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen – Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin – v. 17. 10. 2011 des Länderausschusses für Atomkernenergie (GMBl. 2011, S. 867 – nachfolgend als Richtlinie Strah-lenschutz in der Medizin 2011 bezeichnet) nicht gebunden. Diese Richtlinie ist keine Rechtsnorm und im übrigen nicht einmal eine allgemeine Verwaltungsvorschrift nach Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG (vgl. in Bezug auf eine frühere Fassung der Richtlinie: BVerwG, im Urt. v. 22. 12. 1994 – 3 C 8/93 –, BVerw GE 97, 266). Sie ist auch entgegen der Auffassung des Bekl. keine normkonkretisierende Verwaltungsvor-schrift. Grundsätzlich sind Gerichte an Verwaltungsvor-schriften nicht gebunden. Das BVerwG hat im Umwelt- und Technikrecht jedoch einigen Verwaltungsvorschriften eine normkonkretisierende Wirkung zuerkannt mit der Folge, dass sie auch für Gerichte verbindlich sind (vgl. m. zahlr. weit. Nachw. BVerwG, Urtt. v. 28. 10. 1998 – 8 C 16/96 –, BVerw GE 107, 338; v. 20. 12. 1999 – 7 C 15.98 –, BVerw GE 110, 216; v. 29. 8. 2007 – 4 C 2.07 –, BVerw GE 129, 209; und v. 10. 7. 2012 – 7 A 11/11 –, juris). Verwal-tungsvorschriften dieser Art sind dadurch gekennzeichnet, dass sie auf der Grundlage einer entsprechenden gesetzli-chen Ermächtigung unbestimmte Rechtsbegriffe des Ge-setzes durch generelle Standards konkretisieren, die ent-sprechend der Art ihres Zustandekommens ein hohes Maß an wissenschaftlich-technischem Sachverstand verkörpern und zugleich auf abstrakt-genereller Abwägung beruhende Wertungen des hierzu berufenen Vorschriftengebers zum Ausdruck bringen (vgl. BVerwG, Urtt. v. 20. 12. 1999 – 7 C 15.98 –, a. a. O.; und v. 28. 10. 1998 – 8 C 16/96 –, a. a. O.; Senatsbeschl. v. 19. 9. 2011 – 10 S 1026/10 –).

In Bezug auf die Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin 2011 fehlt es bereits an einer gesetzlichen Ermächtigung. Anders als etwa § 48 BImSchG für den Bereich des Immis-sionsschutzrechts enthalten weder die Strahlenschutzver-ordnung noch andere Normen für den Bereich des Strah-lenschutzes in der Medizin eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Verwaltungsvorschriften. Unabhängig davon kommt der Richtlinie auch ihrem Inhalt nach keine normkonkretisierende Funktion im o. g. Sinne zu. In der Vorbemerkung der Richtlinie ist ausdrücklich ausgeführt, dass sie allein keine rechtliche Verbindlichkeit entfalte. Auch die Ausführungen der Richtlinie unter Nr. 2.1.2 zum Personalbedarf beanspruchen keine allgemeine Gültigkeit. Vielmehr wird dort ausgeführt, grundsätzlich ermittle der Antragsteller seinen Personalbedarf selbst. Die nachfolgen-den Tabellen 1 und 2 gäben ihm „Anhaltszahlen“. Die Be-hörde im Genehmigungsverfahren „orientiere“ sich an den Tabellen 1 und 2. Danach handelt es sich bei den in den Tabellen dargestellten Werten nur um Orientierungswerte, die eine Hilfestellung bei der individuellen Ermittlung des notwendigen Personals geben wollen, aber nicht den unbe-stimmten Rechtsbegriff des notwendigen Personals durch generelle Standards konkretisieren.

4. Ob die vom Länderausschuss für Atomkernenergie erarbeitete Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin 2011 als vorweggenommenes (antizipiertes) Sachverständigen-gutachten zu werten ist, kann dahingestellt bleiben (zur Einstufung von Regelwerken sachkundiger Gremien als antizipierte Sachverständigengutachten vgl. BVerwG, Urt. v. 19. 11. 2009 – 3 C 10/09 –, juris – Arzneimittelrecht; Urt. v. 30. 4. 2009 – 3 C 4/08 –, NJW 2009, 3593 – Psychothera-

pie; Beschl. v. 15. 1. 2008 – 9 B 7/07 –, NVwZ 2008, 675 – Technische Regelwerke; Beschl. v. 7. 5. 2007 – 4 B 5/07 –, juris – VDI 3471 und GIRL). Denn in Bezug auf die Zahl des erforderlichen Personals kommt der Senat zu einem Er-gebnis, das den Vorgaben der Richtlinie nicht widerspricht (dazu sub  6.). In Bezug auf die technische Mitwirkung von Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV könnte der Richtlinie, selbst wenn sie als antizipiertes Sachverständi-gengutachten zu werten wäre, im vorliegenden Fall keine Bedeutung beigemessen werden, da insoweit ihre Bestim-mungen nicht mit den rechtlichen Vorgaben der Strah-lenschutzverordnung in Einklang stehen. Die Richtlinie muss diesbezüglich hinter den normativen Regelungen der Strahlenschutzverordnung zurücktreten (dazu sub 7.).

5. Der Begriff der technischen Mitwirkung ist in der Strahlenschutzverordnung nicht näher geregelt. Die An-wendung ionisierender Strahlung am Menschen ist nach § 82 Abs. 1 StrlSchV Ärzten mit besonderen Qualifikatio-nen vorbehalten. Personen nach § 82 Abs. 2 StrlSchV dürfen dabei technisch mitwirken. Hieraus folgt, dass die techni-sche Mitwirkung Handlungen umfasst, die der praktischen Durchführung der vom Arzt verantworteten Therapie dienen. Jedenfalls die hier in Rede stehenden Vorgänge der Patientenpositionierung, der Bedienung des Linearbe-schleunigers beim Bestrahlungsvorgang einschließlich des Auslösens der Bestrahlung sowie der Überwachung des Patienten sind grundsätzlich vom Begriff der technischen Mitwirkung umfasst.

6. Die technische Mitwirkung nur einer Person reicht für den sicheren Betrieb des Linearbeschleunigers nicht aus. In Bezug auf die erforderliche Anzahl des technisch mitwir-kenden Personals sind nähere Vorgaben weder in der Strah-lenschutzverordnung noch in sonstigen Rechtsnormen enthalten. Bei dem Begriff „notwendiges Personal“ han-delt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Bedeutung das Gericht durch Auslegung zu ermitteln hat. Es muss Personal in einer solchen Anzahl vorhanden sein, dass der sichere Betrieb der Anlage gewährleistet ist. Zum sicheren Betrieb gehört insbesondere, dass jede unnötige Strahlenexposition vermieden und jede Strahlenexposition so gering wie möglich gehalten wird (§ 6 i. V. mit § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d StrlSchV).

Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme da-von überzeugt, dass die technische Mitwirkung nur einer Person bei der Bestrahlung mit dem Gerät Tomotherapie Hi-Art nicht ausreicht, um einen sicheren Betrieb zu gewähr-leisten. Nach den Ausführungen des Sachverständigen  K., von dessen Sach- und Fachkunde der Senat überzeugt ist und dessen plausible und widerspruchsfreie Ausführungen der Senat durch kritische Anmerkungen der Kl. bzw. in der Gemeinschaftspraxis tätiger Personen nicht durchgreifend erschüttert sieht, ist es zwar in tatsächlicher Hinsicht möglich, dass das Gerät von nur einer Person bedient wird. So kann etwa die Positionierung des Patienten auch durch nur eine Person aus zwei Blickwinkeln kontrolliert werden, indem sie um den Patienten herumgeht. Ob der dadurch bedingte erhöhte Zeitbedarf zur Entspannung des Patienten und da-mit zu einem ruhigeren Liegen beiträgt oder das Risiko für eine zwischenzeitliche Bewegung des Patienten erhöht, was zwischen den Beteiligten kontrovers diskutiert wurde, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist nach den überzeugenden Erläuterungen des Sachverständigen für einen sicheren Be-trieb eine zweite Person erforderlich. Der Sachverständige K. hat nachvollziehbar ausgeführt, dass die Anforderungen an das notwendige Personal nicht für jedes Anwendungsspek-trum allgemein festgelegt werden können, sondern dass es einer individuellen Betrachtung auf der Grundlage des jewei-ligen Sicherheitskonzepts des Betreibers bedarf und die Zahl der notwendigen Personen entscheidend von dem Risiko-potential abhängt, welches bei der Behandlung für den Pati-enten besteht. Normalerweise seien jedoch mindestens zwei

Rechtsprechung MedR (2014) 32: 327–334 329

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Personen erforderlich, die sich gegenseitig unterstützen und ergänzen und ein Vier-Augen-Prinzip gewährleisten. Bei aufwendigen und intensiven Therapien, wie der intensitäts-modulierten Strahlentherapie – IMRT seien mindestens zwei Personen erforderlich. Zwar kann es nach Einschätzung des Sachverständigen bei einfachen Therapien ausreichen, dass an jedem Beschleuniger ein medizinisch-technischer Radiolo-gieassistent/eine medizinisch-technische Radiologieassisten-tin (MTRA) eingesetzt wird und eine weitere Person an bei-den Beschleunigern unterstützend tätig ist. Die Kl. begehrt jedoch keine auf solch einfache Therapien beschränkte Ge-nehmigung. Sie begehrt vielmehr die Genehmigung für den Betrieb mit nur einer technisch mitwirkenden Person bezo-gen auf das gesamte Anwendungsspektrum, das z. B. auch die intensitätsmodulierte Strahlentherapie umfasst.

Der Sachverständige hat seine Auffassung nachvollzieh-bar begründet. Seinen Angaben zufolge werden grob ge-schätzt 50 % der Schädigungen von Patienten durch Fehler des Personals verursacht und etwa 50 % der fast passierten Fehler von entsprechend ausgebildetem Personal erkannt, bevor es zu einer Fehlbestrahlung von Patienten kommt. In der Strahlentherapie werde bewusst eine hohe Strahlen-dosis eingesetzt, um Tumorzellen zu schädigen. Wesentlich sei, dass die Strahlung an die richtige Stelle platziert wer-de. Bei einer Bestrahlung könnten zwei Arten von Fehlern auftreten. Zum einen könne eine Überbestrahlung erfol-gen. Zum anderen könne der Strahl, der immer stärker auf den eigentlichen Tumor konzentriert werde, danebenge-hen mit der Folge, dass der Patient unnötigerweise an seiner Grunderkrankung sterbe. Beides sei möglichst zu vermei-den. Sämtliche Schritte der technischen Mitwirkung wäh-rend der Durchführung der Bestrahlung erforderten eine hohe Konzentration des Personals und beim Einsatz nur einer Person bestünden so gut wie keine Erholungsphasen. Der Senat ist nach alledem davon überzeugt, dass in Anbe-tracht der erheblichen Risiken für Leben und Gesundheit, die mit einer fehlerhaften Bestrahlung verbunden sind, für den sicheren Betrieb zwei Personen bei der Durchführung der Bestrahlung technisch mitwirken müssen, um sich ge-genseitig zu unterstützen und zu ergänzen. Das Vier-Au-gen-Prinzip ist ein maßgeblicher Sicherheitsfaktor, da eine Person etwaige Versäumnisse der anderen Person kompen-sieren kann und im Falle eines unvorhergesehenen Ausfalls einer Person während des Bestrahlungsvorgangs die zweite Person den fortdauernden Bestrahlungsvorgang überwa-chen bzw. erforderlichenfalls unterbrechen kann. Auch werden Fehler, die durch eine Überlastung des Personals entstehen können, vermieden.

Der Senat teilt nicht die Auffassung der Kl., die techni-schen Gegebenheiten des Gerätes machten ein Vier-Au-gen-Prinzip entbehrlich. Zwar ist der Behandlungsplan per Software im Gerät hinterlegt und müssen nicht die Bestrah-lungsparameter vor jeder Behandlung eingestellt werden. Auch gibt das Gerät technische Hilfestellungen, etwa in-dem es nach einem Bildabgleich Vorschläge zum Verstellen des Patiententisches unterbreitet. Es nimmt den technisch mitwirkenden Personen jedoch nicht die Entscheidung ab, ob sie diesen Vorschlägen folgen. Auch ist nicht ersichtlich, dass eine Überwachung des Patienten durch das Personal während des Bestrahlungsvorgangs entbehrlich ist. Zwar bietet das Gerät auch hier Hilfestellungen, indem es gewisse Bewegungen des Patienten erkennt und ggf. die Behand-lung unterbricht. Auch ist bei bestimmten Behandlungen, bei denen eine Maske verwendet wird, eine Bewegung des Patienten wohl ausgeschlossen. Der Änderungsantrag be-schränkt sich jedoch nicht auf solche Behandlungen. Viel-mehr bezieht er sich auf jede Art von Bestrahlung und damit auch auf solche, bei denen eine Bewegung des Patienten möglich bleibt. Auch die Kl. hat eingeräumt, dass eine Be-wegung des Patienten während der Behandlung grundsätz-lich möglich ist und das Personal den Patienten während

der Bestrahlung beobachten muss, um bei Überschreiten der Interventionsschwelle die Bestrahlung zu unterbrechen. Diese Ausführungen hat die Kl. nicht ausdrücklich auf das Gerät Elekta Precise beschränkt, so dass davon auszugehen ist, dass sie auch für das Gerät Tomotherapie Hi-Art gelten. Selbst wenn eine Kontrolle der Patientenbewegungen durch das Personal aufgrund der technischen Möglichkeiten der Anlage entbehrlich wäre, müsste das Personal jederzeit zur Verfügung stehen, um nach einer automatischen Behand-lungsunterbrechung eine Fortsetzung der Behandlung zu ermöglichen oder diese endgültig abzubrechen. Die richti-ge Reaktion auf etwaige sicherheitsrelevante Vorkommnis-se hängt wesentlich von der Aufmerksamkeit des Personals ab. Aufmerksamkeitsdefizite einer einzelnen Person sind nie auszuschließen, so dass eine zweite Person zur Verringerung des Fehlerrisikos beiträgt. Der Senat hält an dieser Auffas-sung auch unter Berücksichtigung des Einwands der Kl. fest, die bekannt gewordenen Fehler in der Strahlentherapie seien nicht bei den hier in Rede stehenden Tätigkeiten, son-dern im Vorfeld des Bestrahlungsvorgangs eingetreten oder beruhten auf einer Verwechslung des Patienten, die jedem passieren könne. Die überzeugenden Angaben des Sachver-ständigen belegen, dass menschliches Verhalten einerseits eine erhebliche Fehlerquelle darstellt, andererseits aber auch Fehler verhindern kann. Auch bei dem vorliegend beab-sichtigten Personaleinsatz können Fehler durch menschli-ches Verhalten verursacht werden, indem etwa der Patient verwechselt, nicht richtig positioniert oder auf Bewegungen während des Bestrahlungsvorgangs bzw. nach einer auto-matischen Behandlungsunterbrechung nicht richtig reagiert wird. Das Risiko solcher Fehler kann durch den Einsatz von zwei Personen erheblich verringert werden. Im Übrigen hat sich die Kl. selbst im Verlauf der mündlichen Verhandlung nicht mehr gegen das Erfordernis des Einsatzes von zwei Personen gestellt.

Die Notwendigkeit der technischen Mitwirkung von mindestens zwei Personen bei der Durchführung der Be-strahlung steht nicht im Widerspruch zu den Empfehlun-gen der Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin 2011, so dass, wie ausgeführt, dahingestellt bleiben kann, ob dieser Richtlinie insoweit die Wirkung eines antizipier-ten Sachverständigengutachtens zukommt. Die Tabelle  1 dieser Richtlinie sieht für die technische Mitwirkung in der Teletherapie bei Anlagen zur Erzeugung ionisierender Strahlung je Anlage 2 MTRA vor, wobei die Organisation der Vertretung darzustellen ist. Im Zweischichtbetrieb sind nach der Tabelle 2 der Richtlinie mindestens 2 MTRA pro Anlage und pro Schicht vorzusehen.

7. Die technische Mitwirkung von Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV ist vorliegend nicht genehmigungsfä-hig, da die ständige Aufsicht und Verantwortung einer Per-son nach § 82 Abs. 1 Nr. 1 StrlSchV nicht gewährleistet ist.

a) Über welche Qualifikation das technisch mitwirkende Personal verfügen muss, ist in § 82 Abs. 2 StrlSchV gere-gelt. Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV müssen über eine sonstige medizinische Ausbildung und Kenntnisse im Strahlenschutz verfügen und dürfen nur unter ständiger Aufsicht und Verantwortung einer Person nach § 82 Abs. 1 Nr. 1 StrlSchV, d. h. eines fachkundigen Arztes, technisch mitwirken. Im Unterschied zu Personen nach § 82 Abs. 2 Nr.  1 und Nr.  2 StrlSchV verfügen die Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV nicht über die Fachkunde im Strahlenschutz. Sie können diese auch nicht anderweitig erwerben. Die Fachkunde wird erworben durch eine für den jeweiligen Anwendungsbereich geeignete Ausbildung, praktische Erfahrung und die erfolgreiche Teilnahme an anerkannten Kursen (§ 30 Abs. 1 S. 1 StrlSchV). Nach dem Konzept der Strahlenschutzverordnung setzt der Erwerb der Fachkunde durch nichtärztliches Personal eine abge-schlossene Berufsausbildung der in § 82 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 StrlSchV genannten Art voraus. Personen, die, wie

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die hier in Rede stehenden medizinischen Fachangestell-ten, lediglich über eine sonstige medizinische Ausbildung i. S. des § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV verfügen, können die Fachkunde nicht, auch nicht durch das in der Praxis der Kl. durchgeführte Trainee-Programm erwerben.

b) § 82 Abs. 2 StrlSchV enthält hingegen keine Differen-zierung in Bezug auf die Art der technischen Mitwirkung. Vielmehr sind nach dem Wortlaut dieser Norm allen Per-sonen, welche die Anforderungen nach § 82 Abs. 2 Nrn. 1, 2, 3, 4 oder 5 StrlSchV erfüllen, die Tätigkeiten der tech-nischen Mitwirkung ohne Einschränkung erlaubt. Zwar bestehen erhebliche Unterschiede in der Qualifikation des genannten Personals. Nur die unter Nr. 1 und Nr. 2 genannten Personen verfügen über die Fachkunde im Strahlenschutz. Die unter Nr. 4 genannten Personen ver-fügen dagegen lediglich über eine sonstige medizinische Ausbildung und die erforderlichen Kenntnisse im Strah-lenschutz. Die erforderlichen Kenntnisse werden in der Regel durch eine für das jeweilige Anwendungsgebiet geeignete Einweisung und praktische Erfahrung erwor-ben (§ 30 Abs. 4 S. 1 StrlSchV) und bleiben daher hinter der Fachkunde zurück. Dies erfordert jedoch keine ein-schränkende Auslegung des Begriffs der technischen Mit-wirkung in Bezug auf die Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV. Die fehlende Fachkunde bei Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV wird nach dem Konzept der Strah-lenschutzverordnung vielmehr dadurch kompensiert, dass diese Personen nur unter ständiger Aufsicht und Verant-wortung eines fachkundigen Arztes technisch mitwirken dürfen. Den mit bestimmten Tätigkeiten verbundenen Risiken ist durch eine entsprechend intensive Aufsicht des fachkundigen Arztes zu begegnen. Es bleibt grundsätzlich dem Betreiber überlassen, ob er unter diesen Bedingun-gen Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV einsetzen will oder auf Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 StrlSchV zurückgreift, die nicht einer solch intensiven Aufsicht bedürfen.

Auch die Begründung des Verordnungsgebers (BR-Dr.  230/02, S.  113) bestätigt die Einschätzung, dass den Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV alle Tätigkeiten der technischen Mitwirkung erlaubt sein sollen. Danach diene die Änderung des § 82 Abs. 2 Nrn. 1 bis 4 StrlSchV der Harmonisierung mit dem Gesetz über technische As-sistenten in der Medizin. Personen, die dort nach § 9 vor-behaltene Tätigkeiten ausüben dürften, sollten auch durch die Strahlenschutzverordnung von diesen Tätigkeiten nicht ausgeschlossen werden. Dabei werde entsprechend § 10 des Gesetzes über technische Assistenten in der Medizin bei den zur technischen Mitwirkung berechtigten Personen unter-schieden nach Personen, die auf Grund einer staatlich ge-regelten, anerkannten oder überwachten Ausbildung dazu berechtigt seien, dies eigenverantwortlich zu tun, sofern sie über die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz verfüg-ten, und solchen Personen, die nur unter ständiger Aufsicht und Verantwortung eines Arztes tätig werden dürften.

c) Die Vorgaben in Nr.  5.2.2 der Richtlinie Strahlen-schutz in der Medizin 2011, welche die Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV von vornherein von der Patienten-lagerung und dem Auslösen der Bestrahlung ausnehmen und auf unterstützende Tätigkeiten beschränken, sind mit § 82 Abs. 2 StrlSchV nicht zu vereinbaren. Sie sind daher unabhängig davon, ob die Richtlinie als antizipiertes Sach-verständigengutachten einzustufen ist, unbeachtlich, da sie nicht mit den normativen Regelungen der Strahlenschutz-verordnung in Einklang stehen und hinter diesen zurück-treten müssen.

d) Der Begriff der ständigen Aufsicht und Verantwortung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Inhalt durch Auslegung zu ermitteln ist. Dabei können an die ständige Aufsicht und Verantwortung i. S. der Nrn. 3, 4 und 5 des § 82 Abs. 2 StrlSchV jeweils unterschiedliche Anforderun-

gen zu stellen sein, da die zu beaufsichtigenden Personen unterschiedliche Qualifikationen aufweisen. Im Bereich der hier maßgeblichen Nr. 4 StrlSchV verfügen diese Per-sonen über eine sonstige medizinische Ausbildung. Die ständige Aufsicht und Verantwortung muss die fehlende Fachkunde der Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV kompensieren. Die Intensität der Aufsicht kann zudem je nach Art der technischen Mitwirkung und den damit ver-bundenen Risiken variieren. Die hier in Rede stehenden Tätigkeiten der Patientenpositionierung, des Auslösens der Bestrahlung und der Überwachung des Bestrahlungsvor-gangs sind mit erheblichen Risiken verbunden. Derartige Risiken sind, wie oben ausgeführt, durch die technischen Besonderheiten des Geräts nicht völlig ausgeschlossen. Vielmehr können Fehlbestrahlungen gleichwohl dadurch entstehen, dass nicht der Patient behandelt wird, für den der jeweilige Bestrahlungsplan erarbeitet wurde, dass der Patient nicht richtig positioniert wird oder er sich während der Behandlung bewegt.

Der Wortlaut „ständige“ bringt zum Ausdruck, dass die Aufsicht fortlaufend erfolgen muss. Eine auf Stichproben beschränkte Kontrolle ist damit jedenfalls dann nicht zu vereinbaren, wenn es sich – wie hier – um Tätigkeiten han-delt, die mit erheblichen Risiken für die Gesundheit des Patienten verbunden sind. Nach dem Schutzkonzept des § 82 Abs.  2 Nr.  4 StrlSchV hat die ständige Aufsicht die fehlende Fachkunde der zu beaufsichtigenden Person zu kompensieren, was durch bloße Stichproben nicht möglich ist. Der fachkundige Arzt, der die Aufsicht führt, muss viel-mehr bei jeder Behandlung die risikoreichen Tätigkeiten überprüfen, etwa ob der Patient zum Zeitpunkt des Auslö-sens der Bestrahlung richtig positioniert ist.

Der Senat teilt auch nicht die Auffassung des VG, wonach es für die ständige Aufsicht und Verantwortung ausreicht, dass ein Arzt mit entsprechender Ausbildung jederzeit ver-fügbar sei, um bei während der Behandlung auftretenden Problemen helfen bzw. auf Fragen des Patienten eingehen zu können. Erst recht reicht es nicht aus, dass der fach-kundige Arzt, wie es die Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin 2011 in den Begriffsbestimmungen in Anlage B 10 vorsieht, innerhalb von 15 Minuten herbeigerufen werden kann. Mit dem Zweck der ständigen Aufsicht, die fehlende Fachkunde der zu beaufsichtigenden Person zu kompensie-ren, ist es nicht zu vereinbaren, dass die zu beaufsichtigende Person die Aufsicht durch Herbeirufen des Arztes einfor-dern muss, auch wenn dies angesichts der Gegebenheiten in der Praxis der Kl. binnen Sekunden möglich wäre. Es darf nicht von der Entscheidung der zu beaufsichtigenden Person abhängen, wann eine Aufsicht stattfindet. Der Senat ist daher der Überzeugung, dass es jedenfalls bei den hier in Rede stehenden risikoreichen Tätigkeiten der techni-schen Mitwirkung beim eigentlichen Bestrahlungsvorgang erforderlich ist, dass der fachkundige Arzt die Person nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV laufend überwacht und jederzeit korrigierend eingreifen kann.

Der Auffassung der Kl., an den Begriff der ständigen Auf-sicht seien weniger strenge Anforderungen zu stellen, weil es auch noch den Begriff der unmittelbaren Aufsicht gebe, welcher die direkte Anwesenheit des Arztes erfordere, folgt der Senat nicht. Die in den Begriffsbestimmungen in Anla-ge B 10 der Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin 2011 vorgenommene Unterscheidung zwischen unmittelbarer Aufsicht, die in direkter räumlicher Nähe des zu Beauf-sichtigenden stattfinde, und ständiger Aufsicht, unter der die Erreichbarkeit in einem Zeitraum von nicht mehr als 15 Minuten zu verstehen sei, findet in der Strahlenschutz-verordnung keine Stütze. Die Strahlenschutzverordnung verwendet den Begriff der unmittelbaren Aufsicht nicht und nimmt daher auch keine Differenzierung zwischen unmittelbarer und ständiger Aufsicht vor. Der Begriff der ständigen Aufsicht kann daher auch nicht in Abgrenzung

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zum Begriff der unmittelbaren Aufsicht ausgelegt werden. Weder der Wortlaut noch der Schutzzweck der ständigen Aufsicht geben Anlass zu der Annahme, eine Beaufsichti-gung in direkter räumlicher Nähe falle nicht darunter. Der Wortlaut der ständigen Aufsicht schließt auch die Beauf-sichtigung in direkter räumlicher Nähe ein. Der Schutz-zweck der ständigen Aufsicht in § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV, die fehlende Fachkunde der zu beaufsichtigenden Person auszugleichen, erfordert es ebenfalls, auch die Beaufsichti-gung in direkter räumlicher Nähe als eine Art der ständigen Aufsicht zu betrachten.

Eine arbeitsteilige Arbeitsweise wird durch diese stren-gen Anforderungen an die ständige Aufsicht nicht allge-mein unmöglich gemacht. So ist es zum Beispiel zulässig, dass die aufsichtsführende und die zu beaufsichtigende Person gemeinsam die Tätigkeiten der technischen Mit-wirkung ausführen, wenn – wie hier – die Mitwirkung von zwei Personen erforderlich ist. Ob es, wie vom Bekl. und vom Sachverständigen vorgeschlagen, den rechtlichen Anforderungen genügt, wenn eine Person nach § 82 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 StrlSchV und eine Person nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV nach Absolvieren des praxisinternen Trai-nee-Programms im Team eingesetzt werden und der Arzt nicht unmittelbar anwesend, aber in der Praxis erreichbar ist, kann offen bleiben. Zwar kann die Person nach § 82 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 StrlSchV nicht die ständige Aufsicht und Verantwortung über die Person nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV ausüben, da diese nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift durch eine Person nach § 82 Abs.  1 Nr.  1 StrlSchV erfolgen muss. Es könnten aber möglicherweise die Anforderungen an die ständige Aufsicht und Verant-wortung des fachkundigen Arztes über die Person nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV gelockert werden, wenn zumindest eine der mitwirkenden Personen selbst über die erforderli-che Fachkunde verfügt. Dies bedarf jedoch keiner näheren Überprüfung, da die Kl. den Einsatz solcher Teams ab-lehnt. Der von der Kl. angebotene Einsatz von jeweils zwei Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV nach Absolvieren des praxisinternen Trainee-Programms erlaubt jedenfalls keine geringeren Anforderungen an die ständige Aufsicht, da keine dieser Personen über die Fachkunde verfügt und auch die Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips die fehlende Fachkunde nicht ersetzen kann.

e) Die von der Kl. in der mündlichen Verhandlung ange-kündigte Videoüberwachungsanlage ist nicht ausreichend, um die ständige Aufsicht wahrzunehmen. Es kann dahin-gestellt bleiben, ob die technischen Gegebenheiten einer solchen Videoanlage, die wohl nur einen Ausschnitt des tatsächlichen Geschehens übermittelt, eine wirksame Kon-trolle überhaupt zulassen. Jedenfalls reicht es nicht aus, dass ein Arzt nur dann die per Video übertragenen Vorgänge be-obachtet, wenn ihm seine sonstigen Aufgaben dies erlauben. Dies käme einer stichprobenartigen Kontrolle gleich, die, wie oben ausgeführt, den rechtlichen Anforderungen nicht genügt. Soweit die Kl. in der mündlichen Verhandlung er-klärt hat, es seien immer zwei Ärzte in der Praxis anwe-send und einer davon sei „frei“ und könne die Videoüber-wachung vornehmen, überzeugt dies nicht. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass bisher ständig ein Arzt in der Praxis anwesend war, der keine Aufgaben zu erledigen hatte und nun ohne weiteres für die Videoüberwachung zur Verfügung steht. Wenn dieser Arzt nicht durch andere Auf-gaben gebunden wäre, könnte er auch gleich die Überwa-chung unmittelbar vor Ort übernehmen und die Installation einer Videoüberwachungsanlage wäre entbehrlich.

f ) Die Kl. kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, in der Strahlentherapie nach der Röntgenverordnung und in der Nuklearmedizin werde ein großer Anteil an medi-zinischen Fachangestellten eingesetzt. Soweit sie hierdurch eine Ungleichbehandlung geltend machen will, ist schon nicht ersichtlich, dass es sich bei der Strahlentherapie nach

der Strahlenschutzverordnung einerseits und der Behand-lung nach der Röntgenverordnung bzw. in der Nuklear-medizin andererseits um gleichartige Sachverhalte handelt, die eine Gleichbehandlung erforderten. Vielmehr dürfen diese unterschiedlichen Therapien auch unterschiedlichen Regelungen unterworfen werden. Im Übrigen gilt § 82 Abs. 2 StrlSchV auch für die technische Mitwirkung bei der (nuklearmedizinischen) Anwendung radioaktiver Stoffe am Menschen und enthält § 24 Abs. 2 Röntgenverordnung – RöV – für die technische Durchführung bei der Anwen-dung von Röntgenstrahlen am Menschen eine vergleich-bare Regelung. Auch nach § 24 Abs. 2 Nr. 4 RöV dürfen Personen mit einer sonstigen medizinischen Ausbildung nur unter ständiger Aufsicht eines Arztes mit der erforder-lichen Fachkunde die technische Durchführung bei der Anwendung von Röntgenstrahlung am Menschen vorneh-men. Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, dass an die ständi-ge Aufsicht und Verantwortung nach der Röntgenverord-nung geringere Anforderungen als vorliegend im Rahmen des § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV gestellt werden. Nach der Rechtsprechung des Bay. VGH (Urtt. v. 14. 4. 2008 – 9 B 08.80 –, – 9 B 08.81 – und – 9 B 08.94 –, juris) verlangt der Begriff der ständigen Aufsicht und Verantwortung i. S. der Röntgenverordnung, dass sich der verantwortliche Ra-diologe in unmittelbarer Nähe aufhalten und die Tätigkeit laufend überwachen muss, um erforderlichenfalls jederzeit korrigierend eingreifen zu können. Bei einer Röntgen-behandlung gebietet es darüber hinaus § 26 Abs. 2 Nr. 2 RöV, dass – unabhängig von der Qualifikation der mit der technischen Durchführung befassten Personen – die Ein-haltung aller im Bestrahlungsplan festgelegten Bedingun-gen vor Beginn jeder Bestrahlung von einem Arzt mit der erforderlichen Fachkunde überprüft wird.

8. Die Berufung der Kl. bleibt auch in Bezug auf den Hilfsantrag ohne Erfolg. Die Kl. hat keinen Anspruch auf erneute Entscheidung über ihren Änderungsantrag. Die Berufung des Bekl. hat Erfolg. Die Klage ist insgesamt abzuweisen. Die Behörde hat keinen Ermessensspielraum, wenn – wie hier – die Genehmigungsvoraussetzungen nicht vorliegen und die Genehmigungsfähigkeit auch nicht durch Nebenbestimmungen herbeigeführt werden kann. Der Antrag ist daher abzulehnen. Raum für eine erneu-te Entscheidung über den Antrag besteht nicht. Der Senat teilt vorliegend nicht die Auffassung des VG, wonach durch behördliche Nebenbestimmungen die Anforderungen an die ständige Aufsicht und Verantwortung festgelegt wer-den können. Regelungen über die Häufigkeit von Stich-probenkontrollen und die Anwesenheit des Arztes in der Praxis sind nicht ausreichend, um die oben dargestellten Anforderungen an die ständige Aufsicht zu erfüllen. Wür-de der Kl. durch Nebenbestimmungen zur Genehmigung eine ständige Aufsicht mit der oben beschriebenen Inten-sität aufgegeben, würde die Genehmigung nicht lediglich hinter dem Antrag zurückbleiben, sondern es würde sich um ein Aliud zu der beantragten Genehmigung handeln. Mit ihrem Änderungsantrag will die Kl. gerade erreichen, dass die Personen nach § 82 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 4 StrlSchV nach Absolvieren des praxisinternen Trainee-Programms gleichermaßen eingesetzt werden können, was jedoch mit dem zusätzlichen Erfordernis der ständigen Aufsicht über die Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV nicht zu ver-einbaren ist. Die Gewährleistung einer ständigen Aufsicht und Verantwortung mit der oben beschriebenen Intensität hinsichtlich der Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV erfordert erhebliche organisatorische Veränderungen, die der Kl. nicht durch Nebenbestimmung aufgegeben werden können. Vielmehr muss es ihr überlassen bleiben, ein Be-triebskonzept zu erarbeiten, das die Anforderungen an die ständige Aufsicht und Verantwortung erfüllt. Dieses kann dann ggf. zum Gegenstand eines neuen Änderungsantrags gemacht werden.

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9. Die Versagung der Genehmigung verletzt nicht das Grundrecht der Kl. aus Art.  12 GG. Es handelt sich um einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit, da die Ge-nehmigung eine bestimmte Anzahl und Qualifikation des technisch mitwirkenden Personals sowie bei den Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV eine ärztliche Aufsicht vor-aussetzt. Ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit bedarf nach Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG einer gesetzlichen Grundlage, die ihrerseits den verfassungsrechtlichen Anforderungen an grundrechtseinschränkende Gesetze genügt. Beschrän-kungen der Berufsausübungsfreiheit sind dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls dienen und den Berufstätigen nicht über-mäßig oder unzumutbar treffen, also dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7. 3. 2012 – 1 BvR 1209/11 –, juris, m. w. N.).

Entgegen der Auffassung der Kl. fehlt es nicht an der erforderlichen Rechtsgrundlage für einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit. Vielmehr ergeben sich die Ge-nehmigungspflicht der Veränderung des Betriebs des Li-nearbeschleunigers aus § 11 Abs.  2 StrlSchV und die Ge-nehmigungsvoraussetzungen in Bezug auf das technisch mitwirkende Personal aus § 14 Abs.  1 Nr.  6 StrlSchV und § 82 Abs. 2 StrlSchV. Diese Regelungen wiederum beruhen auf der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 11 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 12 Atomge-setz. Zweifel an der Gültigkeit der einschlägigen Normen der Strahlenschutzverordnung bestehen nicht. Sie sind insbeson-dere hinreichend bestimmt, auch wenn sie nicht selbst eine konkrete Anzahl des einzusetzenden Personals nennen oder die Anforderungen an die ständige Aufsicht und Verantwor-tung näher beschreiben. Der Verordnungsgeber durfte mit der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe der Vielge-staltigkeit des geregelten Lebenssachverhalts Rechnung tra-gen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7. 3. 2012, a. a. O.). Was unter dem „für den sicheren Betrieb notwendigen Personal“ und der „ständigen Aufsicht und Verantwortung“ zu verstehen ist, lässt sich im Wege der Auslegung bestimmen.

Das Verlangen nach dem Vorhandensein des nach Anzahl und Qualifikation notwendigen Personals sowie nach einer ständigen ärztlichen Aufsicht über technisch mitwirkende Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV dient vernünfti-gen Gemeinwohlzwecken, nämlich dem Schutz der Pati-enten und des Personals vor unnötiger Strahlenbelastung. Angesichts der erheblichen Gefahren für die bedeutenden Rechtsgüter Leben und Gesundheit bestehen auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten keine Bedenken ge-gen die Versagung der beantragten Änderungsgenehmi-gung. Dass hieraus eine konkrete Bedrohung der berufli-chen Existenz der Kl. folgt, ist nicht ersichtlich, zumal die Kl. die Anlage aufgrund der vorhandenen Genehmigung unter den dortigen Bedingungen weiter betreiben darf. Et-waige Schwierigkeiten, genügend Personal mit der Qua-lifikation nach § 82 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 StrlSchV zu finden, rechtfertigen es nicht, Abstriche in Bezug auf die Sicherheit der Patienten zu machen. Es ist der Kl. zuzu-muten, organisatorische Vorkehrungen zu treffen, um die ständige Aufsicht und Verantwortung durch einen fach-kundigen Arzt sicherzustellen, wenn sie Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV einsetzen will.

10. Das Gericht ist dem Beweisantrag betreffend die Be-hauptung, dass die dreidimensionale visuelle Kontrolle der Patientenlagerung aus zwei Blickwinkeln simultan oder konsekutiv erfolgen könne (Beweisantrag Nr.  12), nach-gekommen, indem es den Sachverständigen K. zu dieser Frage gehört hat. Im Anschluss hieran hat auch die Kl. eine Anhörung des Dr. med. J. K. nicht mehr für erforderlich gehalten.

11. Die übrigen Beweisanträge waren abzulehnen.a) Soweit die Kl. beantragt hat, zum Beweis der Tat-

sache, dass der sichere Betrieb der Anlage Tomotherapie

Hi-Art insbesondere unter den Gesichtspunkten der Pati-entensicherheit und der Qualitätssicherung auch durch die technische Mitwirkung von Personen mit der Qualifika-tion gemäß § 82 Abs.  2 Nr.  4 StrlSchV gewährleistet ist, ein Sachverständigengutachten einzuholen (Beweisantrag Nr. 1), ist bereits zweifelhaft, ob eine hinreichend substan-tiierte Tatsachenbehauptung aufgestellt wird. Bei dem „si-cheren Betrieb“ dürfte es sich um einen Rechtsbegriff und nicht um eine hinreichend konkrete Tatsache handeln. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, da die unter Beweis ge-stellten Umstände unerheblich sind. In dem Beweisantrag ist nicht enthalten, dass die Personen mit der Qualifika-tion nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV unter der ständigen Aufsicht und Verantwortung einer Person nach § 82 Abs. 1 Nr. 1 StrlSchV tätig sind. Eine technische Mitwirkung von Personen nach § 82 Abs.  2 Nr.  4 StrlSchV ohne ständige Aufsicht und Verantwortung einer Person nach § 82 Abs. 1 Nr. 1 StrlSchV ist jedoch nach dem eindeutigen Wortlaut der Strahlenschutzverordnung nicht zulässig. Es ist daher für die Genehmigungsfähigkeit unerheblich, ob ein siche-rer Betrieb durch Personen mit der Qualifikation nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV auch ohne entsprechende Aufsicht und Verantwortung des fachkundigen Arztes gewährleistet wäre. Selbst wenn man unterstellt, dass der Beweisantrag die ständige Aufsicht und Verantwortung einer Person nach § 82 Abs. 1 Nr. 1 StrlSchV mit umfasst, ist er abzulehnen. Denn es ist dann eine rechtlich zu beurteilende Frage, wel-che Anforderungen an die ständige Aufsicht und Verant-wortung der Person nach § 82 Abs.  1 Nr.  1 StrlSchV zu stellen sind, um einen sicheren Betrieb zu gewährleisten. Nach dem Schutzkonzept des § 82 Abs. 2 StrlSchV ist davon auszugehen, dass ein sicherer Betrieb auch bei der tech-nischen Mitwirkung von Personen mit der Qualifikation nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV gewährleistet werden kann, wenn diese entsprechend intensiv von einem fachkundigen Arzt beaufsichtigt werden.

b) Soweit die Kl. beantragt hat, zum Beweis der Tatsache, dass sich die Tätigkeit der bei der Anwendung ionisierender Strahlung am Menschen am Gerät Tomotherapie Hi-Art technisch mitwirkenden Personen im Wesentlichen auf die Lagerung des Patienten, das „matching“ – also das Überla-gern des unmittelbar vor der Bestrahlung gefertigten CT-Bilds mit dem dem Behandlungsplan zugrundeliegenden CT-Bild  –, visuelle Kontrollen sowie die Auslösung der Strahlung erstreckt und die technisch mitwirkenden Perso-nen die Strahlendosis nicht einstellen, diese nicht verändern können und sie weder das Zielgebiet der Bestrahlung fest-legen noch Einstellungen am Gerät vornehmen, die Anlage in Augenschein zu nehmen, Dr. med. J. K. als sachverstän-digen Zeugen zu vernehmen sowie ein Sachverständigen-gutachten einzuholen (Beweisantrag Nr. 2), kann ebenfalls dahingestellt bleiben, ob der Beweisantrag hinreichend präzise gefasst ist. Zweifel hieran bestehen wegen der Ver-wendung des Begriffs „im Wesentlichen“. Die zum Beweis gestellten Tatsachen sind jedenfalls nicht beweisbedürftig. Die tatsächlichen Abläufe und Tätigkeiten des technisch mitwirkenden Personals bei der Bedienung des Geräts To-motherapie Hi-Art in der Gemeinschaftspraxis wurden von der Kl. sowohl in den vorbereitenden Schriftsätzen als auch in der mündlichen Verhandlung detailliert und nachvoll-ziehbar geschildert. Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass die tatsächlichen Abläufe wie von der Kl. dargestellt erfolgen. Anlass zu Zweifeln an den tatsächlichen Vorgän-gen besteht nicht, zumal auch der Bekl. diesbezüglich kei-ne Bedenken geäußert hat. Ob der geschilderte Personal-einsatz rechtlich zulässig ist, ist hingegen eine dem Beweis nicht zugängliche Rechtsfrage.

c) Auch die Beweisanträge, jeweils ein Sachverständigen-gutachten und eine amtliche Auskunft des Bundesamtes für Strahlenschutz einzuholen zum Beweis der Tatsache, dass seit 2002 kein Anstieg von meldepflichtigen Vorgän-

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Page 8: Zur erforderlichen Personalausstattung bei der medizinischen Strahlenanwendung

gen bzw. Unfällen in der Strahlentherapie nach der Strah-lenschutzverordnung in Deutschland zu verzeichnen ist (Beweisantrag Nr.  3), dass es seit 2002 keinen besonders schwerwiegenden meldepflichtigen Vorfall in der Strahlen-therapie nach der Strahlenschutzverordnung in Deutsch-land gab, der eine Neu- bzw. Umbewertung von Risiken erforderlich machen würde (Beweisantrag Nr. 4), und dass kein meldepflichtiger Vorfall seit 2002 in der Strahlen-therapie in Deutschland durch eine MFA oder durch eine andere Person nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV verursacht wurde (Beweisantrag Nr. 5), waren abzulehnen. Auch diese Tatsachen sind nicht entscheidungserheblich. Ihr Nachweis bringt keinen Erkenntnisgewinn bezüglich der hier maß-geblichen Fragen der notwendigen Anzahl des technisch mitwirkenden Personals und der Anforderungen, die an die ständige Aufsicht und Verantwortung i. S. des § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV zu stellen sind. Sollten die behaupteten Tat-sachen zutreffen, so spricht dies im Übrigen dafür, dass das Schutzkonzept der Strahlenschutzverordnung, das die Mit-wirkung von Personen, die nicht selbst über die erforderli-che Fachkunde verfügen, nur unter der ständigen Aufsicht und Verantwortung des fachkundigen Arztes zulässt, er-folgreich ist.

d) Der Beweisantrag, welcher die Installierung eines Trainee-Programms in der Praxis der Kl. zum Gegenstand hat (Beweisantrag Nr.  6), betrifft ebenfalls eine rechtlich nicht erhebliche Tatsache. Durch das Trainee-Programm wird keine rechtlich relevante Zusatzqualifikation erwor-ben, welche eine ständige Aufsicht und Verantwortung i. S. des § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV entbehrlich machen könn-te. Nach dem Konzept der Strahlenschutzverordnung ist es nicht möglich, die ständige Aufsicht und Verantwortung ei-ner Person nach § 82 Abs. 1 Nr. 1 StrlSchV durch eine pra-xisinterne Schulung zu ersetzen. Das Trainee-Programm führt nicht zum Erwerb einer Qualifikation nach § 82 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 StrlSchV, die ein Tätigwerden ohne ständige Aufsicht und Verantwortung erlauben würde.

e) Soweit die Kl. beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass durch den Einsatz von MFAs in der Strahlentherapie nach der Röntgenverordnung sowie in der Nuklearmedi-zin – in denen der Einsatz von MFAs die Regel sei und ein Verhältnis von einer MTRA auf zehn MFAs bestehe – kein Anstieg von meldepflichtigen Vorgängen zu verzeich-nen war, ein Sachverständigengutachten und eine amtliche Auskunft des Bundesamtes für Strahlenschutz einzuholen (Beweisantrag Nr. 7), sind diese Umstände ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Bei der Röntgenverordnung han-delt es sich um ein anderes, vorliegend nicht einschlägiges Regelwerk. Im Übrigen gelten die Ausführungen zu den Beweisanträgen Nrn. 3 bis 5 entsprechend.

f ) Der Beweisantrag betreffend die Bedrohung der Exis-tenz von niedergelassenen Ärzten in der Strahlentherapie durch die von der Richtlinie Strahlenschutz in der Medi-zin 2011 vorgesehene Einschränkung der technischen Mit-wirkung von MFAs (Beweisantrag Nr. 8) betrifft ebenfalls keine entscheidungserhebliche Tatsache. Der Beweisantrag geht von der Richtlinie aus, die, wie oben ausgeführt, keine normative Wirkung hat und hinter den hier einschlägigen Regelungen der Strahlenschutzverordnung zurücktreten muss. Im Übrigen ist auch die Eignung des Beweismittels fraglich. Es ist nicht ersichtlich, dass Herr Prof. Dr. B. zum Beweisthema Wahrnehmungen gemacht hat, über die er als Zeuge berichten könnte. Allein, dass er in einem Vor-trag das Verschwinden von niedergelassenen Praxen in der Zukunft mittels einer Power-Point-Präsentation dargestellt hat, qualifiziert ihn nicht bereits für den Nachweis der im Beweisantrag genannten Tatsachen.

g) Der Beweisantrag, der die Inhalte der Ausbildung zur/zum medizinischen Fachangestellten (MFA) betrifft (Beweisantrag Nr. 9), hat ebenfalls keine entscheidungser-heblichen Tatsachen zum Gegenstand. Nach dem Schutz-

konzept der Strahlenschutzverordnung kommt es auf den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung der jeweils genannten Art, d. h. die formale Qualifikation, und bei Personen nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV außerdem auf die ständige Aufsicht und Verantwortung des fachkundigen Arztes an, nicht jedoch auf die einzelnen Ausbildungs-inhalte.

h) Der auf den Ablauf der Bestrahlung an dem Gerät Tomotherapie Hi-Art bezogene Beweisantrag (Nr.  10), betrifft keine entscheidungserheblichen Tatsachen. Auch wenn die Bestrahlung wie in dem Beweisantrag dargestellt abläuft, wovon – wie bereits oben dargestellt – der Senat ohnehin bereits aufgrund der ausführlichen Schilderungen der Kl. überzeugt ist, ändert dies nichts an dem Erfordernis des Vorhandenseins des i. S. des § 14 Abs. 1 Nr. 6 StrlSchV notwendigen und nach § 82 Abs. 2 StrlSchV qualifizierten und ggf. beaufsichtigten Personals. Die Strahlenschutzver-ordnung differenziert in § 82 Abs. 2 Nr. 4 nicht nach der jeweiligen Gerätekonfiguration.

i) Mit dem Beweisantrag, welcher die Frage des sicheren Betriebs durch eine Person betrifft (Beweisantrag Nr. 11), wird keine konkrete Tatsache unter Beweis gestellt. Die Frage des sicheren Betriebs ist eine Rechtsfrage. Unabhän-gig davon hat der Senat den Sachverständigen K. zu den in diesem Zusammenhang relevanten tatsächlichen Fragen gehört und hält die Einholung eines weiteren Sachverstän-digengutachtens nicht für erforderlich. Im Übrigen hat auch die Kl. im Verlauf der mündlichen Verhandlung nicht mehr nachdrücklich daran festgehalten, dass die Bedienung durch nur eine Person erfolgen solle.

j) Der Beweisantrag Nr. 13 befasst sich wiederum mit den technischen Abläufen des Geräts. Insoweit handelt es sich nicht um beweisbedürftige Tatsachen. […]

k) Nicht beweisbedürftig ist, ob in der Praxis der Kl. Bestrahlungen nur während der Öffnungszeiten und der Anwesenheit eines Arztes in der Praxis stattfinden (Beweis-antrag Nr. 14). Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass dies bisher in der Praxis der Fall ist. Auch der Bekl. hat in-soweit keine Bedenken geäußert. Soweit die Kl. allerdings geltend macht, es sei nicht „denkbar“, dass in der Praxis Bestrahlungen durchgeführt werden und kein Arzt in der Praxis sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass grundsätzlich al-les „denkbar“ ist und es sich insoweit nicht um eine dem Beweis zugängliche Tatsache handelt. Es ist eine rechtlich zu beurteilende Frage, ob die Anwesenheit eines Arztes in der Praxis durch eine Auflage verfügt werden könnte oder müsste, etwa um die bislang praktizierte Anwesenheit auch für die Zukunft sicher zu stellen.

Irreführender Arzneimittelbezeichnungszusatz „akut“ für omeprazolhaltigen Protonenpumpeninhibitor

AMG §§ 8 Abs. 1 Nr. 2, 29 Abs. 2

Enthält die Bezeichnung eines Arzneimittels, das bei Sodbrennen bzw. saurem Aufstoßen anwendbar ist, den Bestandteil „akut“, ruft dies bei einem nicht uner-heblichen Teil der Verbraucher die Vorstellung hervor, dass eine schnelle oder/und gegenüber vergleichbaren

Eingesandt von der Veröffentlichungskommission der Richter des OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Münster, Deutschland; bearbeitet von Rechtsanwältin Dr. iur. Kerstin Brixius, Fachanwältin für Medizinrecht, Kanzlei am Ärztehaus Frehse Mack Vogelsang, Gustav-Heinemann-Ufer 56, 50968 Köln, Deutschland

Rechtsprechung334 MedR (2014) 32: 334–337