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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 219, S. 197--213 (1953). AUS dem Pharmakologischen Institut der Universiti~t Graz (Vorstand: Prof. Dr. H. F. IIXUSLER). Zur Frage der zentralen ~bertragung afl'erenter Impulse. III. Mitteilung. Das Vorkommen und die Bedeutung der Substanz P in den dorsalen Wurzeln des Riickenmarks% Von F. IJEMBECK. Mit 5 Textabbildungen. (Eingegangen am 6. Mdrz 1953.) In Anlehnung an einen bereits 1935 von DALE 4 gegebenen Hinweis hatten HELLAUER U. UMRATH 23, 24, 38, 39 versucht, den Axonreflex zum Nachweis einer ,,Erregungssubstanz sensibler Nerven" zu verwenden. Ausgehend yon der Annahme, dab der hypothetische Obertr~gerstoff der zen- tralen Synapse des peripheren sensiblen Neurons sowohl im Verlauf des ganzen Nerven vorhanden ist als auch die den Axonreflex charakterisierende Gef~B- erweiterung hervorruft, unternahmen die genannten Autoren Versuche, um diesen Stoff aus dorsalen Wurzeln des Riickenmarks zu extrahieren und an einem Axon- reflex zu testen. Sie fanden tats~chlich, dab Hinterwurzelextrakte bei intracutaner Injektion in ein denerviertes Kaninchenohr eine deutliche R6tung erzeugten, die nach etwa 10 min auftritt und 15 bis 30 min anhi~lt. Die Wirkung lieB sich sicher yon Aeetylcholin und Histamin differenzieren. Ferner konnten sie zeigen, dab diese Erregungssubstanz sensibler Nerven durch ein haupts~iehlich in Hinterwurzeln vorkommendes Enzym abgebaut wird. Dieser Abbau kann durch Strychnin und einige andere Krampfgifte gehemmt werden, ttOLTO~ u. PERRY 27 untersuchten die antidrome Gefi~l]erweiterung des Kaninchenohres mit ihrer sehr empfindlichen Methode und fanden nach Reizung des peripheren Endes des durchschnittenen N. auricularis magnus mit einem Einzel- impuls eine nach l0 see beginnende und 34 min anhaltende GefiiBerweiterung. Die Wirkung war durch Strychnin nicht verst~rkbar, Histamin und Acetylcholin konnten als -0bertr~gerstoffe dieser Gef~l]erweiterung ausgeschlossen werden. In weiteren Untersuchungen fanden HOLTON U. I-[OLTON 26, daft bei der antidromen Reizung im Perfundat des Kaninchenohres Adenosintriphosphors~ure (ATP) oder eine Substanz mit einem sehr ~hnlichen UV-Absorptionsspektrum abgegeben wird: Sowohl ATP als auch Extrakte aus Vorder- und Hinterwurzeln zeigen am Kaninchenohr eine langanhaltende GefaBerweiternng, wobei diese Wirkung durch Hemmstoffe der Cholinesterase gehemmt wird. Ober eine unterschiedliche Wirk- samkeit yon Vorder- und Hinterwurzelextrakten berichteten ttOLTOt¢ u. HOLTO:~ 25 nur im Zusammenhang mit der blutsenkenden Wirkung dieser Extrakte; diese gegen Acetylcholin, Histamin, Adenosinverbindungen und Substanz P abgegrenzte * Herrn Prof. Dr. OTTO LOEWI zum 80. Geburtstag gewidmet.

Zur Frage der zentralen Übertragung afferenter Impulse

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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 219, S. 197--213 (1953).

AUS dem Pharmakologischen Insti tut der Universiti~t Graz (Vorstand: Prof. Dr. H. F. IIXUSLER).

Zur Frage der zentralen ~bertragung afl'erenter Impulse. I I I . Mitteilung.

Das Vorkommen und die Bedeutung der Substanz P in den dorsalen

Wurzeln des Riickenmarks%

Von F. IJEMBECK.

Mit 5 Textabbildungen.

(Eingegangen am 6. Mdrz 1953.)

I n A n l e h n u n g an e inen be re i t s 1935 v o n DALE 4 g e g e b e n e n H i n w e i s h a t t e n HELLAUER U. UMRATH 23, 24, 38, 39 v e r s u c h t , den A x o n r e f l e x z u m

N a c h w e i s e iner , , E r r e g u n g s s u b s t a n z sens ib ler N e r v e n " zu v e r w e n d e n .

Ausgehend yon der Annahme, dab der hypothetische Obertr~gerstoff der zen- tralen Synapse des peripheren sensiblen Neurons sowohl im Verlauf des ganzen Nerven vorhanden ist als auch die den Axonreflex charakterisierende Gef~B- erweiterung hervorruft, unternahmen die genannten Autoren Versuche, um diesen Stoff aus dorsalen Wurzeln des Riickenmarks zu extrahieren und an einem Axon- reflex zu testen. Sie fanden tats~chlich, dab Hinterwurzelextrakte bei intracutaner Injektion in ein denerviertes Kaninchenohr eine deutliche R6tung erzeugten, die nach etwa 10 min auftri t t und 15 bis 30 min anhi~lt. Die Wirkung lieB sich sicher yon Aeetylcholin und Histamin differenzieren.

Ferner konnten sie zeigen, dab diese Erregungssubstanz sensibler Nerven durch ein haupts~iehlich in Hinterwurzeln vorkommendes Enzym abgebaut wird. Dieser Abbau kann durch Strychnin und einige andere Krampfgifte gehemmt werden, ttOLTO~ u. PERRY 27 untersuchten die antidrome Gefi~l]erweiterung des Kaninchenohres mit ihrer sehr empfindlichen Methode und fanden nach Reizung des peripheren Endes des durchschnittenen N. auricularis magnus mit einem Einzel- impuls eine nach l0 see beginnende und 3 4 min anhaltende GefiiBerweiterung. Die Wirkung war durch Strychnin nicht verst~rkbar, Histamin und Acetylcholin konnten als -0bertr~gerstoffe dieser Gef~l]erweiterung ausgeschlossen werden. In weiteren Untersuchungen fanden HOLTON U. I-[OLTON 26, daft bei der antidromen Reizung im Perfundat des Kaninchenohres Adenosintriphosphors~ure (ATP) oder eine Substanz mit einem sehr ~hnlichen UV-Absorptionsspektrum abgegeben wird: Sowohl ATP als auch Extrakte aus Vorder- und Hinterwurzeln zeigen am Kaninchenohr eine langanhaltende GefaBerweiternng, wobei diese Wirkung durch Hemmstoffe der Cholinesterase gehemmt wird. Ober eine unterschiedliche Wirk- samkeit yon Vorder- und Hinterwurzelextrakten berichteten ttOLTOt¢ u. HOLTO:~ 25 nur im Zusammenhang mit der blutsenkenden Wirkung dieser Extrakte; diese gegen Acetylcholin, Histamin, Adenosinverbindungen und Substanz P abgegrenzte

* Herrn Prof. Dr. OTTO LOEWI zum 80. Geburtstag gewidmet.

198 F.L~MBECK:

Wirkung verschwindet bei Inkubation frischer Wurzelextrakte in den Vorder- wurzel- wesentlich raseher als in den Hinterwurzelextrakten. Diese Enzymwirk- samkeit bes~tigen in gewisser Hinsicht die Befunde yon HELLAUER U. U~RATH 23, 24, 88, a2. Hinsiehtlieh der Spezifitat der ATP als ,,sensory transmitter" sei jedoch daran erinnert, dab aueh Acetylcholin und Histamin bei antidromen Reizungen gefunden wurde, was aber, wie GADDUYi 16 vor kurzem deutlieh unterstrich, noch keineswegs als Beweis ffir ihre Rolls als ~bertr~gerstoff aufgefal3t werden daft.

Zur besseren, n~mlich auch quantitativen ErfaBbarkeit yon Extrakten aus Riickenmarkswurzeln nach der Methode yon HELLAUER U. UMRATR 23 am Ka- ninchenohr war schon 1950 yon HXUSLER U. H~LLAUER ~1 eine photoelektrische Methode angegeben worden. Sp~ter hat FLOR~Y 14 eine Auswertung der Extrakte an sogenannten Manegebewegungen yon Bienen versucht, wobei die Abweich- bewegung der Biene nach Einbringen in ein Auge beobachtet wurde: Aeetylcholin, Eserin und Vorderwurzelextrakt bedingten eine kontralaterale Abweichung, w~hrend Strychnin, Pikrotoxin und Hinterwurzelextrakt eine ipsflaterale Ab- weiehung zur Folge hatten. Der genannte Autor hat fiberdies zahlreiehe Arten des Tierreiches auf ihre relative Strychnin- und Pikrotoxinempfindliehkeit untersucht und daraus auf die Bedeutung der Erregungssubstanz sensibler Nerven bei den einzelnen Tiergruppen geschlossen.

D a die zue r s t y o n EULER U. GADDUM 9 beschr iebene , v e r m u t l i c h

p e p t i d a r t i g s t r u k t u r i e r t e S u b s t a n z P im D a r m u n d i m G e h i r n v o r k o m m t

u n d an c h a r a k t e r i s t i s c h e n p h a r m a k o l o g i s c h e n E i g e n s c h a f t e n v o r a l l em

eine a t r o p i n r e s i s t e n t e B l u t d r u c k s e n k u n g u n d e ine ebenfa l l s a t r o p i n -

r e s i s t en t e D a r m k o n t r a k t i o n ze ig t 17, 7, s, sch ien es i n t e r e s s a n t u n d wicht ig , sie m i t de r v o n HELLAUER U. UMRATH 22, 23, 24, 38, 39 beschr ie-

benen , a b e r noch n i c h t i den t i f i z i e r t en ~ b e r t r ~ g e r s u b s t a n z d a h i n g e h e n d

a u s z u w e r t e n , ob sie ihr g l e i chen o d e r z u m i n d e s t ~hnl ich sein kSnn te .

Freilish hatten VOGT u. Mitarb.29, 40, la auf Grund ihrer Untersuchungen fiber die physiologische Bedeutung dieser wahrscheinlich mit dem VoGTsehen ,,Darm- stoff" identischen Substanz P im Gegensatz zu v. EULER U. GA])DUM 2 sowie v. EULER 7 die Ansieht vertreten, dal3 es sich nieht um einen einheitlichen Stoff handle, sondern die Darm- und Blutdruckwirksamkeit auf verschiedene Sub- stanzen zurfickgefiihrt werden kSnne. FISCHER U. VOGT 13 fanden, dab nach Ein- wirken yon Trypsin haupts~chlich die Blutdruckwirkung verschwindet und dal3 im Papierehromatogramm die Blutdruckwirksamkeit zwischen Rf 0--0,3 gelegen ist, w~brend die I)armwirksamkeit nicht nur in diesen Fraktionen, sondern vor allem in Fraktionen mit hSherem Rf-Wert yon 0,8--1,0 zu fmden war. GER- ~ANDT 18 beobaehtete eine Herabsetzung der Sshwelle des Peristaltikreflexes dureh Substanz P. P~R~OV 33 untersuehte die Verteilung der Substanz P im Ver- dauungstrakt und land sie besonders reiehlich in der Muscularis mueosae, hinsieht- lich der einzelnen Abschnitte des Darmes haupts~chlieh in den Abschnitten mit st~rkerer Motilit~t. Xhnliche Untersuehungen unternahmen FELDBERG U. Mitarb. a, die gleiebzeitig mit dem Vorkommen yon Histamin in den versehiedenen Teflen des Verdauungstraktes aueh den Gehalt an Substanz P bestimmten: Bei Priifung yon Extrakten ans dem Verdauungskanal am isolierten Meerschweinchenfleum fanden sie eine trotz Atropin und Antihistamin auslSsbare Kontraktion, die in einem ziemlich konstanten Verh~ltnis zum Histamingehalt dieser Extrakte stand und etwa 1/a der Histaminwirkung ansmaehte; diese Wirksamkeit wurde der Sub- stanz P zugeschrieben, da yon anderen Substanzen mit ~hnlichen Eigenschaften nur Serotonin (Enteramin, Oxytryptamin - - als Kreatininsulfat) 6, 15 in Erwagung

Zur Frage der zentralen ~rbertragung afferenter Impulse. III. 199

zu ziehen war, wahrend fiber die J~hnliehkeit des Bradykinin s4, ~, 41, 42 mit Sub- stanz P noeh nieht genug ausgesagt werden kann. Neben der ziemlieh ausffihrliehen Untersuehung fiber das Vorkommen der Substanz P im Verdauungstrakt und der yon allen Untersuchem vertretenen Ansicht einer Bedeutung der Subst~nz P for die Darmmotilit~t finder sieh nur bei GULLBRI~O 2° ein Hinweis darauf, dM3 die Subst~nz P des Zentralnervensystems vor ahem in den St~mmganglien zu finden ist, w~thrend eine detaillierte Untersuehung in versehiedenen Abschnitten des Zentralnervensystems oder in peripheren Nerven bisher nieht effolgte. Eine enzy- matisehe Zerst6rung der Subst~nz P erreichte GULLBRINO ~° mittels aeetongetrock- neten Pulvers aus Basalganglien oder aus Darm, hingegen kaum mit gleiehen Ex- trakten aus quergestreifter Muskulatur und gar nicht mit Extrakten aus Blut oder Riiekenmark.

Wenngleich auch nach den bisherigen Befunden kein Hinweis fiir die Wirksamkei t der Substanz P a l s einer Erregungssubs tanz irgend- welcher Nerven vorlag, so erschien doch zu Beginn der vorl iegenden Unte r suchungen die Substanz P a l s die einzige der bisher besehriebenen und genauer un te r such ten Subs tanzen dafiir in Frage zu kommen. Aus diesem Grunde wurde neben einer l~eihe anderer biologiseher Test. objekte (Rat tenuterus , Rat tencolon, Froschrectum u . a . ) bald nu r das mehr isolierte Meerschweinchenileum un te r At ropin und Ant ih i s t amin verwendet , an welchem sich schon mi t Rohex t rak ten ein deutl icher Unterschied zwischen Vorder- u n d Hin te rwurze ln ergab.

Methodik. Unterauchungnmaterial.

Die Rfiekenmarkswurzein wurden im Schlaehthof sofort nach der Spaltung der Wirbels~ule entnommen. Genfigende Mengen konnten haupts~chlich yore Ab- gang des Lumbalplexus gewonnen werden, wobei ausschlie~lich die intradural, also bei den dorsalen Wurzeln proximal yore Spinalganglion gelegenen Absehnitte der dorsalen und entsprechend lange Stiicke der ventralen Wurzeln zur Verwen- dung kamen. Innerhalb weniger lVlinuten wurden die Wurzein anfangs mit der 3fachen Menge n/10 HsSO 4 aufgekocht, in sp~teren Versuchen mit destilliertem Wasser bei einem durch Zusatz yon n/10 HzSO 4 erzielten pH 4--5. Erst naeh einigen Stunden wurden die Wurzeln mit Seesand zerrieben, nochmals 5 min gekocht und dann filtriert. Die ziemlieh klaren Filtrate wurden bei +2°C aufgehoben und kurz vor dem Austesten mit n/10 NaOH neutralisiert.

Rfiekenmark und Diinndarm yon Rindem wurden nach Reinigen mSglichst rasch nach der Entnahme zun~chst ebenfaUs mit der 3 fachen Menge n/10 H2SO 4 und sp~ter sehwefelsauer bei PH 4--5 aufgekocht, dann in einem Turmix zerkleinert, nochmals 5 min gekocht und anschlieBend filtriert. Beim Kochen mit n/10 HsSO~ gelierten die Darmextrakte nach Erkalten, w/~hrend die Riiekenmarksextrakte etwas opake Filtrate bildeten, die erst durch Zusatz yon n/10 NaOH bis PH 6 und noch- mafiges Erhitzen und Filtrieren gekl~rt werden konnten. In den sp~teren Ver- suchen mit Aufkochen bei PH 4---5 blieb schon das erste Filtrat vSUig klar, Selbst bei woehenlangem Aufheben der sauren Extrakte bei +2 ° C konnte kein Verlust an Wirksamkeit festgestellt werden.

Zum methodischen Vergleich wurden auch Extrakte nach dem Vorg~en yon H~LL~U~.~ U. UMRATH 23 bereitet, n~mlich durch sofortiges Aufkoehen mit 0,6~o iger NaC1-L6sung bei nur grober Zerkleinerung ohne Zerreiben. Es konnte kein Wir- kungsuntersehied gegenfiber unseren Extrakten festgestel]t werden, welehe jedoch

200 F. LEmBECX:

den Vorteil hatten, v611ig klar zu sein. Au0erdem war das neutrale Aufkochen in Hinbliek auf die dabei erhalten bleibenden Adenosinverbindungen, welche das Ergebnis am Darm h~tten beeinflussen kSnnen, weniger geeignet.

Die weitere Aufarbeitung der Rohextrakte wird im Rahmen der Ergebnisse besproehen.

Untersuchungsmethoden. Die Untersuchung am Meerschweinehenileum wurde in der ftir die Austestung

yon Histamin iiblichen Weiss durchgefiihrt (BARSOV• u. GADDUM1), doeh wurde der TyrodelSsung nicht nur Atropin, sondern auch Neoantergan*, beides in der Konzentration von 1 #g/ml zugesetzt, nachdem Vorversuehe ergeben hatten, dab bei einem Zusatz yon 0,5 #g/ml Atropin noch 10 ]~g/ml Acetyleholin und bei einem Zusatz von 0,1 #g/ml Neoantergan noch 10/~g/ml Histamin fast unwirksam waren. Die auf diese Weise erhaltene Wirksamkeit von Extrakten wurde als vorhandene Menge an Substanz P gewertet, wie das schon FELDBERG U. Mitarb. 5 angeben.

In einigen Versuehen wurde das yon KvcK u. VOGT ~g verwendete M~usefleum benfitzt, doch zeigte es sich sowohl hinsichtlich Empfindlichkeit, Regelm~Bigkeit wie auch Dauer der Verwendbarkeit dem Meerschweinchenileum gegenfiber unter- legen.

Blutdruckversuche wurden an Katzen in Chloralose-, an Kaninchen in Chlor- alose- oder Nembutalnarkose und an Rat ten in Urethannarkose ausgeffihrt. Wie schon BJURSTEDT, EULER U. GERNANDT 2 feststellten, eigneten sich Chloralose- Kaninchen am besten. Rat ten wurden haupts~chlich zur Auswertung der Frak- tionen des Papierchromatogrammes verwendet.

Die papierchromatographischen Untersuchungen wurden mit Filterpapier Nr. 214 der Fa. Machery & Nagel ausgeffihrt. Als LSsungsmittelgemiseh wurde Isopropanol : Eisessig : Wasser im Verhaltnis 70:20:10 verwendet. Das Gemisch hat den Vorteil besonderer Flfichtigkeit, weshalb die Papiere ziemlich rasch und schonend getrocknet werden konnten und das Eluiren der restliehen Essigs~ure mit .i~ther sieh meistens eriibrigte. Die Wanderungsgeschwindigkeit im absteigen- den Chromatogramm betrug etwa 2 em/Std. Die Extrakte aus Rfiekenmark, Darm und dorsalen Wurzeln wurden jeweils auf 5 cm breiten Streifen bis zum Rand hin aufgetragen. Dies erwies sich besonders bei den Rohextrakten als not- wendig, da diese eine gewisse VerzSgerung der LSsungsmittelfront am Auftragungs- ort bewirkten, wodurch die LSsungsmittelfront zuerst seitlich welter vordrang und schliel~lich ein uneinheitliches Wanderungsbild entstand. Zur Anfi~rbung wurde ffir Histamin eine l%ige LSsung yon Ninhydrin in n-Butanol verwendet, ftir Sero- tonin entweder Ninhydrin oder, nach vorherigem Bespriihen mit 5°/o iger Natrium- bicarbonatlSsung, Diazo I und Diazo II. Iqeben diesen nur erg~nzenden Unter- suchungen fiber die Anfarbbarkeit wurden die Papierchromatogramme mit Sub- stanz P und den verschiedenen anderen eluierten Extrakten am Meerschweinehen- ileum und Rattenblutdruck untersucht. Zur Elution, welche in ~hnlieher Weise wie yon CRAW~ORD U. OUTSC~OORN ~ geschah, wurden Streifen gleicher Breite aus dem getrockneten Chromatogramm ausgeschnitten und mit dem einen Ende etwa 1 cm breit zwischen 2 sehrag gestellte Glasplatten eingeklemmt. Diese Glasplatten wurden mit der anderen Seite in destilliertes Wasser eingetaueht, so dal~ Wasser im eapillaren Spalt zwischen den beiden Platten emporsteigen und in das Filter- papier vordringen konnte. Gleichzeitig wurde ein elektriseher HeizkSrper etwa 60 em unterhalb aufgestellt, so dal3 das Wasser im m~Big warmem Luftstrom ]ang- sam verdunsten und dadurch neues in die Streifen nachstrSmen konnte. Kontroll- versuehe ergaben in etwa 30 min eine quantitative Anreicherung im auBersten

* N-a-Pyridyl-p-Methoxybenzyl-N'-Dimethyl-_~thylendiamin.

Zur Frage der zentralen ~bertragung afferenter Impulse. III. 201

etwa 1 cm breiten Abschnitt dieser Streifen. Diese 1 cm breiten Enden wurden daraufhin abgeschnitten und 1 Std lang in einer Eprouvette in 1,0 ml Tyrode- 15sung eluiert, mit n/10 NaOH neutralisiert und dann zum Austesten verwendet.

Substanz P (eiu Pr~parat rait 4 Einheiten pro mg yon Herrn Prof. U. S. v. EuLV.R-Stockholm) tiberlief uns in freundlicher Weise Herr Doz. Dr. H. F. HELL- AUER. d- und 1-Polamidon verdanken wir Herrn Prof. O. ScHAUMANN-Innsbruck. Neoantergan wurde yon der Fa. La Specia-Paris, Serotonin (Oxytryptamin- kreatininsulfat) yon der Upjohn Comp.-Kalamazoo zur Verffigung gestellt.

Ergebnisse. Pri~/ung am Meerschweinchenileum. Die ersten Un te r suchungen mit

Rohex t r ak t en aus ven t ra len u n d dorsalen Wurze ln des Ri ickenmarks am isolierten Meerschweinchendarm ohne Atropin u n d Ant ih i s t amin ergaben zun~chst eine etwa doppelt so starke Wirksamkei t der Vorder- wurzelextrakte (Abb. 1). Nach Zugabe yon Atropin verschwand die Wirksamkei t des Vorderwurzelextraktes, w~hrend die des Hinterwurzel- extraktes unver~nder t erhal ten blieb u n d auch nach weiterer Zugabe yon Neoan te rgan keine ~ n d e r u n g erfuhr. Hingegen zeigten die Ex- t r ak te aus Di inndarm, welche grS~ere Mengen an Hi s t amin (50 bis 150/~g/g) en tha l ten , auf Zugabe yon Neoantergan eine starke A bna hme

Abb. 1. Meerschweincheni leum. R o h e x t r a k t e aus v e n t r a l e n (V) u n d dorsa len (D) Wurze ln vo r und nach 1 # g / m l Atr (opin) und 1 ~g/ml N(eo-)Ant(ergan) . Die Zahlen fiir V und D bedeu ten Milli- g r a m m Fr i schgewebe , aus d e m der zugesetz te E x t r a k t be re i t e t wurde . E i n w i r k u n g s d a u e r jeweils

30 8ec, Pause jeweils 1 min .

der Wirksamkei t , wobei aber bei einer grS~eren Menge D a r me x t r a k t wiederum eine K o n t r a k t i o n auslSsbar war, die sich als a tropin- und

an t ih i s taminres i s ten t erwies (Abb. 2).

Man sieht, daft durch Zugabe von Neoantergan sowohl die Wirksamkeit yon 0,5/~g Histamin wie auch die eines wirkungsgleichen Darmextraktes (entsprechend 4 mg Darm) verhindert werden konnte; nach Zugabe der zehnfachen Menge I-Iista- rain bzw. Darmextrakt (5 #g Histamin bzw. Extrakt entsprechend 40 mg Darm) kam es hingegen nur zu einer Hemmung der Histaminkontraktionen durch Neoantergan, w~hrend der Darmextrakt in dieser Menge stark wirksam war. Dies stimmt mit

Arch. exper . Pa th . u. Pha rmako l . , Bd. 219. 14

202 F. LEMBECK:

• hnlichen Beobachtungen yon FELDBERG U. Mitarb. s iiberein. Die zugesetzte Atro- pin- bzw. Neoanterganmenge war in jedem Falle ausreichend, um die im Darm und in den Riickenmarkswurzeln gefundenen Histaminmengen ( < 0,1 ;ug/g 3° bzw. 2,2 #g/g43. 44) sowie auch das vor allem in den Vorderwurzeln enthaltene Aeetyl- cholin (10--20 #g/g31, s2, 10) ausschalten zu kbnnen.

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Abb. 2. Meerschweineheni leum un te r 1 #g /ml At ropin . ( E i n w i r k u n g s d a u e r 30 sec, Pause jeweils 1 rain) a) Vergle ich eines D a r m e x t r a k t e s e (entsprechend 4 m g D a r m ) m l t H i s t a m i n h ( = 0,5 #g H i s t a m i n ) : Auf e inmal ige Zugabe yon 0,02 #g /ml N e o a n t e r g a n (NAut . ) erfolgt gleieh s t a rke H e m - m u n g yon e und h. b) U n t e r d a u e r n d e m Zusa tz yon 0,25 #g /ml 1%oan te rgan : Zehnfache Menge D a r m e x t r a k t bzw. H i s t a m i n (E en t sp reehend 40 m g D a r m , H = 5 #g H i s t a m i n ) : n u t der

D a r m e x t r a k t b le ib t w i r k s a m .

Nur in wenigen F~l len war die W i r k s a m k e R der Vorderwurze ln an auBergewShnlich empfindl ichen Darms t i i cken noch erfaBbar und be t rug d a n n e twa ein Zehnte l der W i r k s a m k e i t der H i n t e r w u r z e l e x t r a k t e (Abb. 3). Meist konn te aber ein solcher Vergleich n ich t durchgef i ih r t

werden, da die Vorde rwurze l ex t r ak t e e n t w e d e r eine k a u m fes t s te l lbare

oder gar ke ine W i r k s a m k e i t zeigten. Die Aus te s tung a m isol ier ten Meer- schweinchendarm gegen Subs tanz P ergab un te r d e n angegebenen Be- d ingungen im R i i c k e n m a r k 6 Ein- hei ten, in den dorsa len Wurze ln 4,4 E inhe i t en und in den Vorderwurze ln

Abb. 3. Vergle ich yon ven t r a l en (V) und dor- salen (D)Wurzelnaneincmsehrempfindlichen < 0,37 E inhe i t en der Subs tanz P pro Meerschweincheni leum (Atropin und ~eo- G r a m m feuchten Gewebes. a n t e r g a n je 1 pg/ml , ]~ inwirkungsdauer jc- weils 30 sec, Pause jeweils 1 ra in) : Die Zigenscha/ten.Eswarnunnotwen- W i r k s a m k e i t yon 40 m g vcn t ra l en Wurze ln dig, weitere Vergleichsm6glichkeiten

en tspr ich t 4 m g dorsalen Wurzeln . mi t Subs tanz P zu gewinnen, au f

Grund welcher erst eine sichere SchluBfolgerung gerecht fe r t ig t se inkonnte .

Hierzu schienen, wie noch sparer erw~hnt wird, Untersuchungen mit wenig gereinigten Extrakten fiir eine qualitative pharmakologische Prfifung durch

Zur Frage der zentralen l~bertragung afferenter Impulse. III. 203

Vergleich an vemchiedenen Testpr~paraten yon vorneherein wenig aussichtsvoU, da schon die nicht auf Substanz P zuriickzufiihrende, blutdrucksenkende Wirkung yon Vorder- und Hinterwurzeln etwa Blutdruekversuche mit Rohextrakten unmSglich machte, wie Abb. 4 zeigt. Die zur Abtrennung des wirksamen Prinzips unter- nommenen Versuche wurden in den meisten F~llen gleiehzeitig auch mit Darm- und Riiekenmarksextrakten durchgefiihrt, da bei der schweren Gewinnung yon Riickenmarkswurzeln zumindest Voruntersuchungen mit anderen Extrakten ver- treten werden konnten.

Rohextrakte aus Darm, Rtickenmark und dorsalen Wurzeln wurden nach Zusatz von HC1 bzw. NaOH bis zum Erreichen des gewiinschten p~ 30 min ins kochende Wasserbad gestellt, anschlieBend abgekiihlt,

Abb. 4. Kaninchenblutdruck. Nembutalnarkose. Acetylcholin (Aeh), Rohextrakte aus ventralen(V) und dorsalen (D) Wurzeln; a) vor, b) nach 10 mg/kg Atropin. Zeit in rain.

auf pH 4 5 gebracht und erst kurz vor dem Austesten neutralisiert. Zwischen prr 3 und 9 zeigten die Extrakte eine weitgehende Best/~ndig- keit, bei hSheren und niedrigeren pmWerten nahm die Wirksamkeit rasch ab und bei pH 1 bzw. 10--11 war nach 30 min nahezu keine Darm- wirksamkeit mehr vorhanden. Die Darmextrakte waren im Alkalisehen etwas widerstandsf/~higer als die Riickenmarks- und Hinterwurzel- extrakte. Auch in Versuchen, in denen Riickenmarks- und Darmextrakte bei pH 10 und l l eine Stunde lang im kochenden Wasserbad gelassen und alle 5 min Kontrollproben entnommen wurden, zeigte sich im Ver- gleich zu den Darmextrakten eine raschere Abnahme der Wirksamkeit der Riickenmarksextrakte. Bei pH 4--6 hatte selbst stundenlanges Er- hitzen auf 100°C keinen nennenswerten EinfluB auf die Wirksamkeit. Vergleichsproben von Hinterwurzelextrakten wurden intracutan ins Kaninchenohr injiziert und die RStung beobachtet: Bei Verschwinden der Darmwirksamkeit durch Erhitzen im Alkalischen bzw. stark Sauren konnte nur mehr eine wesentlich geringere RStung beobachtet werden.

Aus dem Gewebe wie auch aus Rohextrakten, welche in diinner Schichte auf einem Uhrglas eingedampft worden waren, konnte die darmwirksame Substanz mit 90% igem Athanol, Methanol und Eisessig extrahiert werden, hingegen nicht mit Aceton, Petrol/£ther, Xther und absolutem Alkohol.

Dialyseversuche ergaben, dal~ bei 24stiindiger Dialyse durch Cello- phan gegen das gleiche VolumenWasser entweder die gleiche Wirksamkeit

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auf beiden Seiten der Membran zu finden oder das Dialysat nur um weniges schwiicher war.

Fdllungen. Zur Kl~rung der Frage, ob die darmkontrahierende 8ubstanz der Hinterwurzeln in ~hnlicher Weise wie die Substanz P gefgllt und angereichert werden kann, wurde ein der EcLEl~schen s Extraktionsmethode ~hnlicher Weg beschritten. Der Vollsti~ndigkeit halber wurden die Untersuchungen gleichzeitig mit l~iiekenmarks- und Darmextrakten ausgefiihrt.

Die Rohextrakte wurden zun~chst am kochenden Wasserbad bis auf 1 g Ge- webe pro ml eingeengt, dann mit der 2,5fachen Menge 90°/oigem Xthanol versetzt und tiber Nacht in den Kiihlschrank gestellt. Die entstehende F~llung wurde ab- zentrifugiert, im halben ursprtinglichen Volumen Wasser gel6st und nochmals mit der 2,5fachen Menge ~thanol gef~llt. Die FMlung wurde verworfen, die klaren tiberstehenden LSsungen wurden vereinigt und auf 2 g Gewebe pro ml eingeengt. Kontrolluntersuchungen ergaben bei diesen Arbeitsg~ngen keinen Verlust an Wirksamkeit. Nach T/10 S~ttigung mit Ammonsulfat, welche beim Darmextrakt nach 24sttindigem Stehen im Ktihlsehrank eine groBe, bei den Rtickenmarks- und Wurzelextrakten eine bedeutend geringere Menge niedersehlug, wurde die F~tllung in 0,5 ml Eisessig pro Gramm Ausgangsmaterial suspendiert, zentrifugiert und der Bodensatz nochmals in der halben Menge Eisessig aufgeschwemmt und abzentri- fugiert. Die Eisessigextrakte wurden vereinigt und mit der 3fachem Menge .~ther versetzt, die nach 24sttindigem Stehen im Ktihlschrank entstandene FMlung mehr- reals mit ~ther gewaschen und getrocknet. Bezogen auf I g feuchtes Gewebe wurden aus Darm 0,9, aus Riickenmark 0,3 und aus den Vorder- bzw. Hinterwurzeln 0,4 mg trockene Fitllung gewonnen; die eisessigunl6slichen Riicksti~nde betrugen in analoger Weise 2--3 mg.

Beim Vergleich mit Substanz P zeigten die Eisessig-~ther-Fi~llungen eine Wirksamkeit yon 6,4 Einheiten pro mg beim Darmextrakt, 3,2 Einh./mg bei Riiekenmarksextrakt und 0,4 Einh./mg beim Hinter- wurzelextrakt; eine Wirksamkeit des Vorderwurzelextraktes konnte nicht nachgewiesen werden, er ergab vielmehr eine angedeutete Hem- mung der Spontanrhythmik des Darmes. Die Ausbeute war bei den dor- salen Wurzeln - - mit zwangsliiufig kleinerem Ansatz (20 g Wurzeln) - - sehlechter. Ira eisessigunlSslichen Riickstand blieben 30--40% der Wirk- samkeit. Die Gewichtsgleichheit der Eisessig-~ther-F~llungen von ven- tralen und dorsalen Wurzeln bei deutlichem Wirksamkeitsunterschied zeigt, dal~ die wirksame Substanz nur einen Bruchteil der letzten Frak- tion ausmachen konnte. Auf der Basis yon EULE~S aus dem Darm ge- wonnenen Pr~parat (4 Einh./g) berechnet, konnten in der Eisessig- Ather-F~llung der dorsalen Wurzeln nur etwa 10°/o Substanz P sein, w~hrend die Fi~llung aus Riickenmark an die Reinheit seines Pr~parates herankommt und die Darmf~llung dieses sogar noeh etwas iibertrifft. Wegen der geringen l~engen an Riickenmarkswurzeln, die zur Verfiigung standen, wurden Versuche zu einer weiteren Anreicherung unterlassen.

Papierchromatographie. Zur weiteren Identifizierung wurde die Papierchromatographie herangezogen.

Zur Frage der zentralen t;~bertragung afferenter Impulse. III. 205

Das verwendete LSsungsmittelgemisch hatte, wie erw~hnt, den Vorteil be- sonderer Fltichtigkeit, so dab die Trocknung im m~gig warmen Luftstrom bei einer Dauer von 30--40 min vollkommen ausreichte. Das schwach saure Eluat wurde mit n/10 NaOH neutralisiert. Die Rohextrakte erwiesen sich zur Papierchromato- graphie wenig geeignet, weshalb zu den meisten Versuchen Extrakte verwendet wurden, aus denen Ballaststoffe durch ~thanolf~llung abgetrennt worden waren. Kontrollstreifen wurden mit Ninhydrin angef~rbt und zeigten neben einer deut- lichen blauvioletten F~trbung an der Auftragungsstelle in verschiedenem Ausmal~ eine langsam abblassende Fi~rbung bis gegen Rf 0,7--0,8. Die Rf-Werte fiir Hista- mindichlorhydrat betrugen 0,4--0,5 und fiir Serotonin 0,48--0,67.

Abb. 5. Meerschweincheni leum (Atropin und N e o a n t e r g a n je I gg/ml) . D a r m w i r k s a m k e i t der e inzelnen F rak t i onen eines P a p i e r c h r o m a t o g r a m m e s m i t R f i c k e n m a r k s e x t r a k t . Obere Linie : M a r k i e r u n g = Zusa tz de r F rak t i onen . Un te re Lin ie : A u f t r a g u n g s o r t (A) und Rf -Wer te .

Die nach E lu t ion durch Aus tes tung am Darm ermit te l te Wirksam- kei t fiir Substanz P lag zwischen Rf 0 und 0,1, also praktisch an der Auftragungsstel le. Auch die Wirksamkei t der Darm-, Ri ickenmarks- und Hin te rwurze lex t rak te wurde in den un te r s t en F rak t ionen bis hSch- stens Rf 0,2 angetroffen, was sowohl mi t Rohex t r ak t en als auch mi t den Eisess ig-~ther-F~l lungen zu sehen war (Abb. 5). W u r d e n die Roh- ext rakte aus Darm oder Ri ickenmark in hSherer Konzen t r a t i on auf- getragen, so fand sich neben der ziemlich stationi~r b le ibenden Wi rkung entsprechend der Substanz P auch noch eine zweite Stelle mi t einem Rf-Wer t von etwa 0,6--0,7, also in HShe des vorderen Randes der Ninhydr in -Anfgrbbarke i t , aus der ein darmwirksamer Fak to r eluiert werden konnte .

Bei einem Teil der papierchromatographisehen Untersuchungen wurden die Eluate gleichzeitig auf ihre Blutdruckwirksamkeit untersucht; diese Untersuchun- gen wurden mit Riicksicht auf die geringen Mengen an Ratten in Urethannarkose ausgefiihrt. Chromatogramme, welche nur in den niedrigsten Fraktionen eine Darmwirksamkeit zeigten, ergaben auch nur bei diesen Rf-Werten eine Blutdruck- senkung, w~hrend andere Fraktionen unwirksam waren. Chromatogramme, welche um Rf 0,7 einc Darmwirksamkeit aufwiesen, ergaben ebenfalls nur in den niedrig- sten Fraktionen eine deutliche Blutdrucksenkung, w~hrend um Rf 0,7 nur cine geringe Blutdrucksenkung resultiertc, welcher manchmal eine ganz kurze geringe Blutdrucksteigerung vorausging. Diese Befunde sind i~hnlich den Ergebnissen yon FmCHER U. VOGT la, die zwar ein anderes LSsungsmittclgemisch verwendeten, aber bei Untersuchungen mit Substanz P und Darmextrakten eine blutdruckwirksame

206 F. LEMBECK:

Fraktion mit niedrigem Rf-Wert und eine darmwirksame Fraktion mit hSheren Rf-Werten beschrieben, wobei letztere nieht ganz frei von Blutdruckwirksamkeit war. Der Rf-Wert um 0,7, die Darm- und Blutdruekwirksamkeit dieser zweiten Komponente der Extrakte lassen die Vermutung zu, dal~ es sich dabei um Sero- tonin handeln kSnnte, dessen Ursprung aber erst n~her untersueht werden mtiBte, weft es schliel~lich auch aus dem bei der Aufarbeitung in den Geweben noch vor- handenen Blut stammen kSnnte. Bei der Chromatographie der Eisessig-~ther- F~llungen und der Substanz P konnte diese zweite wirksame Fraktion nicht ge- funden werden. Die Ergebnisse yon FISCHER U. VOOT 18 scheinen demnach eher eine Beimengung als eine Uneinheitlichkeit der Substanz P zu zeigen.

Blutdruclcversuche. Proben der verschiedenen o. e. F~l lungen wurden auger a m Meerschweincheni leum a m B l u t d r u c k (Kan inehen in Chlor- a losenarkose nach vorher iger I n j e k t i o n von 10 mg A t rop in und 5 mg N e o a n t e r g a n pro Kf logramm) mi t Subs tanz P vergl ichen. W ~ h r e n d die R o h e x t r a k t e aus Rf i ckenmark dem a m Meerschweinehendarm ge- fundenen Vergleichswert yon Subs tanz P en tsprachen , ve ru r sach ten E x t r a k t e aus dorsa len und ven t r a l en Wurze ln eine B lu td rucksenkung , welche bei be iden ungef~hr gleieh s t a rk (Abb. 4), aber auch bei den H i n t e r w u r z e l e x t r a k t e n e twas grSBer als das Subs tanz P - ~ q u i v a l e n t am Darm war.

Dies best~tigt die Befunde von HOLTOI~ U. HOLTON 25, die ja selbst die von ihnen beschriebene blutdrucksenkende Wirkung yon Riiekenmarkswurzeln von Substanz P differenzieren. Hingegen ergaben die Blutdruckwerte der mit Eisessig-~ther ge- f~llten Extrakte in bezug auf Substanz P eine Kongruenz mit der Darmwirk- samkeit.

Kaninchenohr. Bei einem Vergleich der verschiedenen am Darm wi rksamen E x t r a k t e mi t der Tes tme thode yon HELLAUER 11. UMRATH 23 mi t te l s i n t r acu t ane r I n j e k t i o n in das denerv ie r te K a n i n c h e n o h r zeigte sich, dab alle a m D a r m wi rksamen R o h e x t r a k t e auch zu einer ent- sprechenden RS tung a m Kan inchenoh r f i ihrten. D a der Kan inchenohr - tes t , welcher wohl eine siehere qua l i t a t ive , mi t einer beschr~nkten An- zahl von K a n i n c h e n aber noch keine genauere q u a n t i t a t i v e Unter - suchung z u l ~ t , wurde nur immer vergleichsweise die W i r k u n g yon je 2 E x t r a k t e n gegeneinander geprfift und die so e rha l tene Re ihung zum Vergleich herangezogen. Bei der Pr i i fung der F r a k t i o n e n der Papie r - e h r o m a t o g r a m m e aus Darm, R i i e k e n m a r k und Hin t e rwurze ln zeigten auch diese eine RS tung in den d a r m w i r k s a m e n F rak t ionen . Auch die durch F~l lungen gere in ig ten E x t r a k t e sowie Subs tanz P e rgaben eben- falls in den am Darm angewand ten Verd i innungen eine RS tung des Kaninchenohres .

Enzymatischer Abbau. Da sich in diesem Z u s a m m e n h a n g besonders die F rage nach einer I d e n t i t ~ t oder ~hn l i chke i t mi t dem yon HELLAUER U. UMRATH 23, e4, aS, S9 beschr iebenen F a k t o r erhob, wurden enzymat i sche Abbauversuche , wie sie diese Au to ren und sehon frt iher GULLBRING 2° mi t Subs tanz P u n t e r n o m m e n ha t ten , durchgef i ihr t .

Zur Frage der zentralen'Ubertragung afferenter Impulse. III . 207

Als Substrat dienten Rohextrakte, als enzymhaltiger Extrakt eine Auf- schwemmung yon steril entnommenen dorsalen Wurzeln in KochsalzlSsung (1 g feuehtes Gewebe auf 20 ml). Der enzymhaltige Extrakt war besonders wirksam, wenn er etwa 15 Std bei 33 ° C aufbewahrt worden war, was vielleicht mit der in dieser Zeit eingetretenen Diffusion yon Enzym in die Flfissigkeit erkl~rt werden kSnnte. Dieser Extrakt wurde den auf PH 7 gebrachten Rohextrakten bzw. einer L5sung von Substanz P (1 Einh./ml) in einer Menge zugesetzt, die 1 mg dorsalen Wurzeln pro 1 ml Rohextrakt entsprach.

Schon wenige Minuten Inkuba t i onsze i t bei 37°C geniigten, um die D a r m w i r k s a m k e i t der I~ohext rak te zum Verschwinden zu br ingen. Hin te rwurze l - und R i i c k e n m a r k s e x t r a k t e sowie Subs tanz P wurden in 3 - - 6 min fast vSllig inak t iv ie r t , D a r m e x t r a k t e twas langsamer , doch waren auch hierbei nach 10 min nur mehr e twa 10% der W i r k s a m k e i t vorhanden . Dieser f iberaus rasche enzymat i sche A b b a u s teh t im Gegen- satz zu der beobach te t en 16- -24s t f ind igen Inkuba t ionsze i t , wie sie HELLAUER 11. UMRATH 2a zur I nak t i v i e rung der Ohrwi rksamke i t be- schrieben.

Adenosintriphosphorsdure. Die in der E in le i tung erwi~hnte, kt irzl ich erschienene Mit tef iung von HOLTO~¢ U. HOLTON 26, dab bei a n t i d r o m e r Re izung im Per fusa t des Kan inchenohres A T P nachzuweisen ist, l enkte die A u f m e r k s a m k e i t auch auf ATP. Die Best i indigkei t der E x t r a k t e im schwach Sauren und die le ichte Zers tSrbarke i t im Alkal ischen schlossen A T P yon vornhere in aus. Am Meerschweincheni leum zeigte A T P wech- selnde Effekte , in grSBeren Dosen ( > 10 #g/ml) meis t eine K o n t r a k t i o n , die a l lerdings durch mSgliche Be imengungen yon Adenos ind iphosphor - s~ure a2 erk l~r t werden kSnnte . W/~hrend jedoch nach Zugabe von 0,2 ml n N a O H pro ml R o h e x t r a k t bzw. Subs t anz .P -LSsung und Erh i t zen au f 100 ° C nach 30 min in s i imtl ichen E x t r a k t e n die W i r k s a m k e i t am D a r m verschwunden war, bl ieb die W i r k s a m k e i t einer ATP-LSsung (100/~g/ml) voll erhal ten. Am denerv ie r t en Kan inchenoh r ist durch A T P bei in t ra- cu taner I n j e k t i o n eine RStung zu erzielen, die ungefi~hr so lange anh~lt , wie die RS tung durch einen R i i c k e n m a r k s r o h e x t r a k t . Wenngle ich die R S t u n g durch 1 mg A T P schwi~cher als die des Rf i ckenmarks rohex t r ak - t e s i s t , so kSnnte doch bei Vorhandense in yon Adenos inve rb indungen in gr51~erer Menge mi t einer Beeinflussung des Kan inchenohr t e s t e s gerechnet werden. Doch spr icht schon die le ichte Zers tS rba rke i t des a m K a n i n c h e n o h r wi rksamen Agens gegen eine wesentl iche W i r k u n g e twa be igemengter Adenos inverb indungen .

Hemmung durch d- und l-Polamidon. SCrIAUMANN U. Mitarb. ae, a7 beschrieben in den letzten Jahren eine Hemmung des Peristaltikreflexes durch Morphin und durch synthetische Analgetika, wobei anfanglich die MSglichkeit der Hemmung einer Erregungssubstanz in Erw~gung gezogen worden war, was aber auf Grund der spi~teren Untersuehungen nur mehr als wenig wahrseheinlich bezeichnet wurde. Die Hemmung des Peristaltikreflexes erfolgte parallel zur analgetisehen Wirkung

208 F. LEMBECK:

und entsprach nicht der bei einigen der untersuchten Analgetika vorhandenen spasmolytischen Wirksamkeit: So zeigte beispielsweise d-Polamidon bei gleieher spasmolytischer Wirksamkeit wie 1-Polamidon nur etwa 1/15 der analgetischen bzw. peristaltikreflexhemmenden Wirksamkeit. Da aus experimentellen Griin- den eine spezifische Hemmung der Substanz P yon Bedeutung w/~re, wurde die hemmende Wirkung von d- und 1-Polamidon auf die durch Rfickenmarksextrakt bzw. 0,4 Einh. Substanz P ausgelSsten Kontraktionen am atropinisierten und mit Antihistamin in der oben beschriebenen Weise vorbehandelten Meersehwein- ehenileum untersucht. Eine etwa 50~oige Hemmung der Kontraktionen zeigte sich erst durch etwa 1 mg/ml Morphin bzw. 50 #g/ml Dolantin bzw. 10/xg/ml d- oder 1-Polamidon. Zwischen d- und 1-Polamidon war kein Unterschied festzu- stellen. Es handelte sich somit um eine rein spasmolytische Wirkung, wo- dureh SCI{AUMANlg837 Ansicht untersttitzt wird, dab die Darmhemmung durch die angeffihrten Substanzen - - zumindest insofern, als Substanz P bei der humoralen l~lbertragung nervSser Impulse in der Darmwand eine Bedeutung haben kSnnte - - nicht dureh einen solchen Wirkungsmechanismus vorstellbar ist.

Besprechung der Ergebnisse.

Die vor l iegenden Un te r suchungen sol l ten die F r a g e kli iren, inwie- wel t die gefundene D a r m w i r k s a m k e i t von H i n t e r w u r z e l e x t r a k t e n mi t Subs t anz P einersei ts und m i t der Er regungssubs tanz von HELLAUER u. UMRATI~ 22, 23, 2~, as, a9 andererse i t s auf einen Nenner gebrach t werden kSnnte . D a die Er regungssubs tanz bisher nicht , wie es bei Subs tanz P der Fa l l ist, in einer gere in ig ten F o r m beschr ieben wurde, aber auch von Subs tanz P noch keine chemische Ident i f iz ie rung vorl iegt , konn te ein Vergleich nur an H a n d der Un te r suchung mSglichst vieler phys ika l i scher , chemischer und biologischer Cha rak te r i s t i ka erfolgen. W a s diese be- tr iff t , so hande l t es sich im wesent l ichen um 3 biologische Wi rkungen , ni~mlich ers tens um die RStung des denerv ie r t en Kaninchenohres , zweitens um die K o n t r a k t i o n des Meerschweincheni leums un te r A t rop in und A n t h i s t a m i n und d r i t t ens um die B lu td rucksenkung .

Das ers te K r i t e r i u m ist von besonderem Wer t , weil es als W i r k u n g am Axonref lex aufgefal~t werden k a n n und somit den noch am ehesten spezifischen Nachweis einer Er regungssubs tanz sensibler Ne rven b ie te t . Die geringe l~Stung durch Vorde rwurze lex t r ak te und das Verschwinden der RStung nach en t sprechender Vorbehand lung der Hin te rwurze l - e x t r a k t e un te r s t r e i ch t diese Deutung , w~hrend die s t a rk rS tende Wir- kung yon D a r m e x t r a k t e n , die mSgliche Beeinflussung durch unspezifisch cap i l l a re rwei te rnde S u b s t a n z e n und die Schwier igkei t einer quant i - t a t i v e n Auswer tung als Nachte i le der Methode gel ten miissen.

Die l~eakt ion am zwei ten Tes tob jek t , naml ich am Darm, welche yon FELDBERG U. Mitarb . ~ in der angegebenen F o r m schon per exclus ionem als Subs tanz P gewer te t wird, b ie te t neben der genauen Quant i t~ t s - be s t immung den Vortei l einer sehr empfindl ichen und le icht durch-

Zur Frage der zentralen ~bertragung afferenter Impulse. IlI. 209

ffihrbaren Untersuchung, die nur wenig durch andere Faktoren be- einflul~t werden kann*.

Die dritte biologische Wirkung, niimlich die Blutdrucksenkung, welche in letzter Zeit haupts/£chlich yon HOLTON U. HOLTON z5 unter- sucht worden war, zeigt zumindest in Rohextrakten, dab sie, obwoh] immer vorhanden, so doch sicherlich nicht auf den am Darm fest- gestellten Gehalt an Substanz P zurfickzuffihren ist, somit in den Roh- extrakten zumindest nicht auf eine einzige Substanz bezogen werden kann.

Im Vergleich mit Substanz P ergaben sich identische Ergebnisse hin- sichtlich der LSslichkeit, p~-Bestiindigkeit, Dialysierbarkeit, Fiillungs- mSglichkeiten, enzymatischer ZerstSrbarkeit und papierchromato- graphischer Wanderung. Sie stimmen hinsichtlich Alkoholl6slichkeit, pH-Stabiliti~t und Dialyse mit den von HELLAUER 2z am Kaninchenohr getesteten Eigenschaften von Extrakten aus dorsalen Wurzeln fiberein. Die von v. EUL]~R stammende Substanz P, welche nach seiner Mitteilung aus Darm gewonnen worden war, verhielt sich in allen Belangen ebenso wie die Extrakte aus Rfickenmark, Darm und dorsalen Wurzeln. Da fiber die Identit~t der Substanz P aus Darm und aus Gehirn keine ge- naueren Angaben vorliegen, wurde dieser Frage besondere Aufmerk- samkeit gesehenkt; doch konnte, abgesehen v o n d e r etwas grSi3eren pn_ Best~ndigkeit der Darmextrakte im Alkalischen, was allein noch als kein Unterschied gewertet werden daft, kein Hinweis auf eine Ver- schiedenheit gefunden werden.

Bei der Frage der Abgrenzung gegen andere bereits bekannte Sub- stanzen standen vor allem Histamin und Adenosintriphosphorsdure im Vordergrund. Die Tatsache, dab gerade der sonst fiir die Bestimmung von Histamin bevorzugte unterste Abschnitt des Meerschweinchenileums auch ffir Substanz P so besonders empfindlich ist, liel3 die Frage auf- werfen, ob dies auf eine mSgliche ni~here strukturelle Beziehung hin- weisen kSnnte. Doch ist dieser Darmabschnitt beispielsweise auch be- sonders acetylcholinempfindlich, so dab es sich wohl in erster Linie um einen mangels Spontanrhythmik und infolge ziemlich dfinner Muskel- schichten ffir Austestungen so besonders geeigneten, an und ffir sich sehr empfindlichen Darmabschnitt handelt. Histaminbestimmungen in

* Anmerkung bei der Korrektur: Kfirzlich habenFELDBERG u. TGH (J. of. Physiol. 119, 352 [1953]) sowie GADDUM (J. of. Physiol. 119~ 363 [1953]) angegeben, da$ der AusschluB von Serotonin bei Testung von Rohextrakten am Meerschweinchen- darm unter Atropin und Antihistamin durch Desensibilisierung des Darmes mitte]s einer hohen Dosis Serotonin (40 #g/ml) erfolgen kann. In diesem Sinne haben wir Vorder- und Hinterwurzelextrakte gepriift, wobei sich nach 50/~g/ml Serotonin keine Abnahme ihrer Wirkung zeigte, und konnten damit einen zus~tzlichen Be- weis zur Abgrenzung von Substanz P gegen Serotonin in Hinterwurzelextrakten erbringen.

210 F. LEMBECK:

ven t ra len u n d dorsalen Wurze ln ergaben durchwegs prakt isch gleiche Werte , obwohl zwischen den Befunden yon KWIATKOWSX130 u n d den neueren Un te r suchungen yon WERLE 4a, 44 bedeutende Unterschiede be- stehen.

Der Erstgenannte extrahierte naeh BARSOUM u . G A D D U M 1 Wurzeln yon Ka- ninchen, Katzen und Hunden, wi~hrend WSRLE 43, 44 Wurzeln vom Rind mit 10~o- iger Salzs~ure extrahierte und in den Wurzeln 2,2/~g/g, im Spinalganglion jedoch 46 #g/g Histamin fand. Die in den eigenen Versuchen verwendeten Hinterwurzeln stammten ausnahmslos aus den intradural, d. h. beim Rind proximal vom Spinal- ganglion gelegenen Abschnitten. Nach Behandlung mit Antihistamin (Bridal, Anti- stin) und Histaminase, die WERLE selbst hergestellt hatte, wurde die von ihm be- schriebene Restaktivitat nicht unterschiedlich gefunden, was jedoch dureh die Zerst5rung der Substanz P bei seiner stark sauren Extraktion erkl/~rt werden kann.

Die Anwendung von ATP ergab an leicht kontrahierten Darmstficken eine prompte Erschlaffung, ffihrte aber andererseits in Dosen fiber 10 ~g/ml zu Kon- traktionen, wie sie ~hnlich besonders mit Adenosindiphosphors~ure schon yon GIL- LESl"IE 19 erw/~hnt wurden. Doch sehlolt sehon die Zubereitung der Extrakte, vor allem aber die leichte Zerst6rbarkeit beim Erhitzen im Alkahschen ATP aus, da in gleichzeitig erhitzten Kontrollproben ATP vollkommen erhalten blieb. Wenn HOL- TON U. HOLTON 25 die Gef/iBerweiterung durch Vorder- und ttinterwurzelextrakte auf ATP zurfickffihren und freigesetzten Adenosinverbindungen im antidrom ge- reizten Kaninchenohr in diesem Zusammenhang die mSgliche Rolle als ,,sensory transmitter" zusprechen, kann man wohl dagegen die yon GADDUM la geaul~erte Ansicht ins Feld fiihren, dal3 namlich bei der antidromen Reizung von sensiblen Nerven sowohl ffir die Freisetzung von Acetylcholin al8 auch yon Histamin Beweise vorliegen, doeh wahrscheinlich keine dieser beiden Substanzen fiir die Gef/~ll- erweiterung verantwortlich und damit auch ihre Rolle als Erregungssubstanzen sensibler Nerven noeh nicht entschieden ist.

I n diesem Z u s a m m e n h a n g ist vor allem ein Vergleich bzw. eine Ab- grenzung gegen die von HELLAUER U. UMRATH 23, 24, 38, a9 beschriebene

, ,Erregungssubstanz sensibler Nerven" yon besonderer Bedeu tung : Zu- n/~chst s t and im Vordergrund die Auff indung einer zweiten biologischen Reakt ion , welche mi t Hin te rwurze lex t rak ten um ein Vielfaches s tarker als mi t Vorderwurzelext rakten auszulSsen war u n d nicht auf eine bisher identifizierte Subs tanz zurfickgeffihrt werden konnte . Die Un te r suchung der pmBest/~ndigkeit, der Dialysierbarkei t und der Alkoholl5slichkeit ergab Xhnlichkei t mi t der , ,Erregungssubstanz sensibler Nerven" . Die weiteren Vergleiche der nach F~l lung gereinigten F rak t i onen am Ka- n inchenohr sowie die Wirksamkei t der Pap ie rchromatogrammfrak t ionen sprechen ebenfalls fiir eine weitgehende Xhnlichkeit . Der enzymat ische Abbau durch Inkub ie r en mi t Hinterwurzel f r ischextrakt erfolgt bei Ex- t r ak t en aus dorsalen Wurze ln bzw. aus dem l~i ickenmark u n d bei Sub- s tanz P gleich rasch, bei Da rmex t r ak t etwas langsamer. Demgegenfiber war in den Versuchen yon HELLAUER U. UMRATH 23 ein Verschwinden der Ohrwirksamkeit erst nach 16 Std festzustellen. Dies kSnnte dami t erkl~rt werden, dab die Darmwirksamkei t auf eine Vorstufe oder die Ohr- wirksamkei t auf ein Abbauproduk t zuriickzuffihren ist. Allerdings fand

Zur Frage der zentralen t?bertragung afferenter Impulse. III. 211

HELLAUER 22 vor kurzem unter Anwendung der Darmtestung, dal3 bei kurzem Erhitzen im Alkalisehen die Darmwirksamkeit erst nach der rStenden Wirkung am Kaninchenohr verschwindet. Dieser Befund zeigt, dab die Darmwirksamkeit zumindest etwas best/indiger ist, doch liiBt das noch keinen Schlul~ auf eine eventuelle grSBere physiologische Be- deutung einer dieser beiden Wirkungen zu. Wie grog auch immer die _Ahnlichkeit sein mSge, wird ein derartiger Vergleich stets mit Schwierig- keiten verbunden sein, solange nicht wenigstens eine der beiden Wir- kungen auf einen chemisch definierten Stoff zurfickgeffihrt werden kann, da ein abweichendes Ergebnis zweier biologischer Teste mit wenig ge- reinigten Extrakten sowohl durch eine tats/ichliche Verschiedenheit als auch durch (eines der beiden Untersuchungsobjekte beeinflussende) Be- gleitsubstanzen bedingt sein kann.

Dieser Vergleich stellt die Frage naeh der bisher nur im Hinblick auf die Darmwirksamkeit betrachteten Bedeutung der Substanz P in ein neues Lieht. Wiihrend die Untersuchung der Erregungssubstanz eines efferenten Neurons durch die ausgelSste Muskel- oder Driisent/itigkeit experimentell leicht erfaBbar ist, stellen sich den entsprechenden Unter- suchungen am ersten afferenten Neuron mangels leicht registrierbarer ~uf~erungen grol~e Schwierigkeiten entgegen, so dab zuniichst die Unter- suchung yon Inhaltsstoffen sensibler Nerven und deren Vergleich mit motorischen aussichtsvoll erschien. Gleiehzeitig mit der Analyse der Substanz P a l s Erregungssubstanz sensibler Nerven dr/ingte sich die Erw~gung eines nicht-cholinergen Cbertr~gerstoffes im Zentralnerven- system auf, eine Frage, die yon FELDBERG U. VOGT TM zuerst aufgeworfen worden ist und vor allem in Hinblick auf reflektorische Hemmungen von besonderer theoretischer Bedeutung wiire 11. Die in unserem Institute von KOPERA U. LAZARnCI 2s fiber die Verteilung der Substanz P im Zentral- nervensystem unternommenen Untersuchungen weisen ebenfalls in diese Riehtung.

Zusammenfassung.

Extrakte aus dorsalen Wurzeln verursachen am isolierten Meer- schweinchenileum eine Kontraktion, die nicht auf Aeetylcholin-, Hista- min- und ATP-Wirkung zurfickzufiihren ist, vielmehr gegen diese abgegrenzt werden konnte. Eine derartige Wirkung ist in Extrakten aus ventralen Wurzeln, wenn fiberhaupt vorhanden, nur angedeutet.

Bezfiglich dieser Wirkung am Darm wurden Extrakte aus dorsalen Wurzeln einerseits mit Substanz P, andrerseits mit der ,,Erregungs- substanz sensibler Nerven" verglichen:

a) Die LSslichkeitsverh/iltnisse, Dialysierbarkeit und p~-Stabilitiit sind bei beiden Substanzen fibereinstimmend.

212 F. LEMBECK:

b) Die W i r k s a m k e i t d e r F ~ l l u n g e n i s t a n a l o g d e r S u b s t a n z P u n d

e r w e i s t s i ch a u e h a m K a n i n e h e n o h r a ls p o s i t i v .

c) P a p i e r c h r o m a t o g r a p h i s c h e U n t e r s u c h u n g e n z e i g e n m i t S u b s t a n z P

i i b e r e i n s t i m m e n d e R f - W e r t e , in l ~ o h e x t r a k t e n w a r a u B e r d e r D a r m -

w i r k s a m k e i t be i n i e d e r e n R f - W e r t e n a u c h e ine so lche be i h S h e r e n Rf -

W e r t e n n a c h w e i s b a r .

d) B l u t d r u c k v e r s u c h e m i t R o h e x t r a k t e n e r g a b e n , dal~ n e b e n d e r

S u b s t a n z P n o c h e in a n d e r e r , n i c h t f i i r d ie d o r s a l e n W u r z e l n spez i f i sche r ,

b l u t d r u c k s e n k e n d e r S to f f a n z u n e h m e n is t .

e) S u b s t a n z P , E x t r a k t e a u s d o r s a l e n W u r z e l n , l ~ t i c k e n m a r k u n d

D a r m k o n n t e n d u r c h e in in d e n d o r s a l e n W u r z e l n e n t h a l t e n e s E n z y m

a b g e b a u t w e r d e n .

D e r N a c h w e i s d e r S u b s t a n z P in d e n d o r s a l e n W u r z e l n sowie i h r e

w e i t g e h e n d e ~ h n l i c h k e i t m i t d e r , , E r r e g u n g s s u b s t a n z s e n s i b l e r N e r v e n "

l a s s e n i h r e B e d e u t u n g a ls ~ b e r t r ~ g e r s t o f f des e r s t e n s e n s i b l e n N e u r o n s

a l s m S g l i c h e r s c h e i n e n .

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Dr. F. LEMBECK, Pharmakologisches In s t i t u t der Universit/~t Graz /0s te r re ich .