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92 Journal fur praktische Chemie N. F. Bamd 133. 1932 Zur Geschichte der Konstitution dcr Camphersture und deren Ester Von J. Bredt Die heute allgemein auerkaonte Formel der Campher- saure wurde im Jahre 1893 von J. B r e d t aufgestellt.’) Ebenso sind die richtigen Formeln fur die sogenannten allo- und ortho-Ester der Campheruaure und die Formeln der Apo- camphersaure und Homo-camphersaure, 810 wie ihre Benen- nuogen von mir angegeben worden.4 Es wurde gezeigt, daB die Sauren der Campherreihe folgende honiologe Reihe bilden: CH,-CB-CO,H CH,-CH-CO,H CIH2-CH--CH,C02H I i I I 1 CMe, 1 ye, Ha-CH-CO,H GH,-CMe . CO,H CH,-CMe-C0,H Camphersaure Homocamphersaure 1: Apocamphersaure In dem Referat meines Vortrages vor der 68. Versamm- lung der Gesellschaft Deutvcher Naturforscher in Frankfurt/M. (1896) heiBt es ”): ,,Ein zweiter Unterschied (auBer dem ioptischen Verhalten) zwischen Apocamphersaure mit ihren Homologen besteht in ihrem Verhalten bei der Esterifikation mil; Alkohol und Sttlz- saure. Aus Camphersaure und Homocamphersaure bilden sich hierbei hauptsachlich saure Ester, die Apocampher- saure liefert dagegen glatt SOo/, an neutralem Ester. Diese Tatsache steht wiederum mit obigen Koristitutionsformeln in bestem Einklang, denn nach Menschutkin werden solche Carboxyle am schwierigsten esterifiziert, die mit quaternaren Kohlenstoffen 4, d. h. also solchen Kohlenstoffen in Bindung welche der Verfasser selbst die Literatnrstellen zitiert, durch die von ihm angekundigte Nachprufung ausgrglichen werden. l) Semrnler. hherische Ole Bd. 111, S. 421. 2) Ber. 19, 515 1886); Ann. Chem 289, 2 (1895); 292, 92 (1896); Anschutz, Ber. 30, 2654 (1897); dies. Journ. [el 95, 73 (1917). 3) Verhandlungen der Ges. D. N. u. A. 1896, I1 1, 127; Chemiker- Zeiturig 20, 343 (1896). 4, Man sagt: primar, sekundsr und tertiZir gebuudenes Carboxyl und spricht von primiiren, sekundaren, tertiaren und quaternaren Eohlen- stoffm.

Zur Geschichte der Konstitution der Camphersäure und deren Ester

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Page 1: Zur Geschichte der Konstitution der Camphersäure und deren Ester

92 Journal fur praktische Chemie N. F. Bamd 133. 1932

Zur Geschichte der Konstitution dcr Camphersture und deren Ester

Von J. Bredt

Die heute allgemein auerkaonte Formel der Campher- saure wurde im Jahre 1893 von J. B r e d t aufgestellt.’) Ebenso sind die richtigen Formeln fur die sogenannten allo- und ortho-Ester der Campheruaure und die Formeln der Apo- camphersaure und Homo-camphersaure, 810 wie ihre Benen- nuogen von mir angegeben worden.4 Es wurde gezeigt, daB die Sauren der Campherreihe folgende honiologe Reihe bilden:

CH,-CB-CO,H CH,-CH-CO,H CIH2-CH--CH,C02H I i

I I 1 CMe, 1 y e ,

Ha-CH-CO,H GH,-CMe . CO,H CH,-CMe-C0,H Camphersaure Homocamphersaure

1: Apocamphersaure

In dem Referat meines Vortrages vor der 68. Versamm- lung der Gesellschaft Deutvcher Naturforscher in Frankfurt/M. (1896) heiBt es ”):

,,Ein zweiter Unterschied (auBer dem ioptischen Verhalten) zwischen Apocamphersaure mit ihren Homologen besteht in ihrem Verhalten bei der Esterifikation mil; Alkohol und Sttlz- saure. Aus Camphersaure und Homocamphersaure bilden sich hierbei hauptsachlich saure Ester, die Apocampher- saure liefert dagegen glatt SOo/, an neutralem Ester. Diese Tatsache steht wiederum mit obigen Koristitutionsformeln in bestem Einklang, denn nach Menschutk in werden solche Carboxyle am schwierigsten esterifiziert, die mit quaternaren Kohlenstoffen 4, d. h. also solchen Kohlenstoffen in Bindung

welche der Verfasser selbst die Literatnrstellen zitiert, durch die von ihm angekundigte Nachprufung ausgrglichen werden.

l) Semrnler . hherische Ole Bd. 111, S. 421. 2) Ber. 19, 515 1886); Ann. Chem 289, 2 (1895); 292, 92 (1896);

A n s c h u t z , Ber. 30, 2654 (1897); dies. Journ. [el 95, 73 (1917). 3) Verhandlungen der Ges. D. N. u. A. 1896, I1 1, 127; Chemiker-

Zeiturig 20, 343 (1896). 4, Man sagt: primar, sekundsr und tertiZir gebuudenes Carboxyl

und spricht von primiiren, sekundaren, tertiaren und quaternaren Eohlen- stoffm.

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J. Bredt. Konstitution der Camphersaureester 93

stehen, die ausschliefilich mit anderen Kohlenstoffen, nicht aber mit Wasserstoff verkniipft sind. Camphersaure und Homo- camphersaure enthalten je ein derartiges Carboxyl, Apo- camphersaure aber nicht. Damit ist denn auch die Kon- stitution des bei der Esterifikation mit Alkohol uad Salzsaure gebildeten sauren Camphersaure-esters und Homocamphersaure- esters l) wie folgt gegeben:

CH,-CH-CO,C,H, (sek.) CH,-CH. CH,-CO,C,H, (prim.) I +en 1 !Me*

CH,-CMe-C0,H (tert.) CH,-CMe-C0,H (tert.)

F r i e d e l und gleichzeitig Bri ihl zeigen, daB bei der Esterifikation der Camphersaure ein saurer Ester entsteht, der verschieden ist von dem sauren Ester, welcher beim Verseifen des neutralen Esters erhalten WirdS2) Ausgehend von der Kekul6- schen Campher-formel nimmt F r i e d el fur die Camphersaure die Formel einer einbasischen Oxy-ketonsii~re~) an, wahrend Bri ihl seinen Betrachtungen die V. Meyer-Ballosche Formel:

c3H, I

CH,-C-C0,H (allo)

CH2- ‘ i -GOSH (ortho)

AHB zugrunde legt. ‘9

Uber die verschiedenen Funktionen der beiden Carboxyle sagt Briihl: ,,In der CamphersSiure-formel finden wir die Gruppe:

I I C,H,--U-CO,H und CH8-C-- CO,H

I I DaB die Funktionen oder die Starke der beiden Carb-

oxyle ungleich sein miissen, ist selbstverstandlich, da in dieser Hinsicht auch die Valeriansaure von der Propionsaure ver-

I) Bredt n. Rosenberg, Ann. Chem. 289, 2 (1895); 299, 16 (1898). Vgl. Wegscheider , Wiener Monatsh. 20, 685 (1899.

7 Compt. rend, 113, 825 (1892); Ber. 20, Ref. 106 (1892). ‘) Ber. 24, 3409 (1891); 28, 1811 (1892); 26, 284 (1893).

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schieden ist." Br uh l bezeichnet das Carboxyl der Campher- saure, welches sich am leichtesten esterifizieren la& als ortho und das andere als allo.

I n der chemischen Literatur wird ziemlich allgemein an- gegeben, daB Rri i hl seinen Betrachtungen die Camphersaure- formel mit tert. und sek. gebundenem Carboxyl zuguunde gelegt habe, obgleich ich auf diese Verwechselung fruher be- reits hingewiesen habe. l) ~ -~

l ] Dies. Journ. [2] 95, 73 (1917); vgl. W. Eltickel, Theoretische Grundlngen der organischen Chttutie Bd. 1. 8. 141.