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408 Blomstrand : Zur Gcschichte der Wolframchloride. nehmen, dass der von diesen Chemikern beobachtete grosse Gliihverlust nicht allein aus Wasser, sondern &us Wasser und Kohlensaure bestand. Dieselhen erhielten niimlich : Vauquclin. Hi singer. Kieselsiure 17,00 18,OO Lanthanoxyd 67,OO F8,59 1,80 4 ,so 2.00 1.21 t Ceroxydul Didymox yd Eisenoxydul Kalk $00 L_ -- Gliihverlust - 12:oo 99,80 99,24 XLVII. Zur Geschichte der Wolframchloride. Von C. W. Blomstrand. (In der Versatnmlung der Scandinavischen Natarforschcr in Iiopcn- hagen 1860 dcn Hauptzugen nach niitgethcilt.) Es mochten bei wenigen unorganischen Verbindungen die Untersuchungen der verschiedenen Chemiker zu so abweichenden Resultaten gefiihrt haben, wie es bei den Wolfrarnchloriden der Fall gewesen ist. Die Aneshl diesrr Verbindungen ist sehr beschrhnkt (in gewijhnlichen Fallen bilden sich nur drei Wolfmm- chloride, wahrend das Molybdln bei entsprechender Be- handlung siehen verschiedene chlorhaltige Verbindungen entstehen lasst); eine jede yon ihnern liisst sich bei eini- ger Uehung ohne Schwierigkeit in beliebiger Menge dar- stellen; die Analyse endlich geht ganz bequem von Statten, indem uberhaupt die einfache Zersetzung durch Wass e zur Trennung geniigt. Es waren die widersprechenden Angaben der Verf. schwierig zu erklaren, wenn nicht die allerdings sehr nshe

Zur Geschichte der Wolframchloride

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408 Blomstrand : Zur Gcschichte der Wolframchloride.

nehmen, dass der von diesen Chemikern beobachtete grosse Gliihverlust nicht allein aus Wasser, sondern &us Wasser und Kohlensaure bestand.

Dieselhen erhielten niimlich : Vauquclin. Hi s inger .

Kieselsiure 17,00 18,OO

Lanthanoxyd 67,OO F8,59

1,80 4 ,so 2.00 1.21

t Ceroxydul

Didymox yd Eisenoxydul Kalk

$00 L_ -- Gliihverlust - 12:oo

99,80 99,24

XLVII. Zur Geschichte der Wolframchloride.

Von

C. W. Blomstrand.

(In der Versatnmlung der Scandinavischen Natarforschcr in Iiopcn- hagen 1860 dcn Hauptzugen nach niitgethcilt.)

Es mochten bei wenigen unorganischen Verbindungen die Untersuchungen der verschiedenen Chemiker zu so abweichenden Resultaten gefiihrt haben, wie es bei den Wolfrarnchloriden der Fall gewesen ist.

Die Aneshl diesrr Verbindungen ist sehr beschrhnkt (in gewijhnlichen Fallen bilden sich nur drei Wolfmm- chloride, wahrend das Molybdln bei entsprechender Be- handlung siehen verschiedene chlorhaltige Verbindungen entstehen lasst); eine jede yon ihnern liisst sich bei eini- ger Uehung ohne Schwierigkeit in beliebiger Menge dar- stellen; die Analyse endlich geht ganz bequem von Statten, indem uberhaupt die einfache Zersetzung durch Wass e zur Trennung geniigt.

Es waren die widersprechenden Angaben der Verf. schwierig zu erklaren, wenn nicht die allerdings sehr nshe

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liegende Voraussetzung einer entsprechenden Zusammen- setzung der Chloride und der Sauerstoffverbindungen von Anfang an zu irrigen Schliissen gefuhrt hatte, und bis zuletzt der genaueren Untersuchung hinderiich in den Weg getreten ware

Eine kurze Darlegung der wichtigeren geschichtlicheti Data mochte diese Annahme geniigend bestatigen.

Die drei Gis jetzt bekannten Wolframchloride wurden zuerst von W o h l e r 1824 dargestellt*). Ohne die atomi- stische Zusammensetzung durch vollstandige Analysen festzustellen, indem er sich nur so weit dariiber ausserte, wie es die Zersetzungserscheinungen bei Behandlung mit Wasser z u gestatten schienen, lehrte e r doch die Eigen- schaften, wie sie uberhaupt noch jetzt angenommen wer- den, sowie die vorziiglichsten Darstellungsmethoden kennen. Beim Hinuberleiten von Chlor uber Wolframoxyd wurde ein gelbweisses Sublirnat crhnlten, das sich mit Wasser zu Chlorwasserstoff und Wolfrarnsaure zersetzte und also als ,,ChEorwolfram im maximoLL WCI, angenommen wurde. Wenn derselben Einwirkung metallisches Wolfram ausge- setzt wurde, entstand ein entweder in feinen, dunkelrothen Nadeln oder gewohnlich als geschmolzene , zinnoberahn- liche Masse auftretender Korper, der mit Wasser bald violett wurde und sich allmahlich vollig in Salzsaure und ein violettbraunes Oxyd zersetzte; somit das dern Oxyde entsprechende Chlorid (Chlorwolfram im rninimo WCI2) sein musste. Schliesslich bei Anwendung von Schwefelwolfram oder in geringer Menge bei Darstellung der hochsten Chlorverbindung ergab sich als Product eine leichtfliich- tige Substanz, die beim Sublimiren sowolil als beim Er- starren nach der Schnielzung in schon rothen, durchsich- tigen Nadeln anschoss. Weil auch hier, wie bei der erst- genannten Verbindung die Zersetzung durch Wasser unter Abscheidung von Wolframsiiure vor sich ging, und also die nothigen Anhaltepurikte auf der Sauerstoffseite ganz- lich fehlten, wurde iiber die Zusammensetzung der Ver- bindung keine Vermuthung ausgeprochen.

*) Svenska Vet. Ak. Handl. 1824. 99. Pogg. Ann. XI, 345.

410 Blomstrand : Zur Geschichte der Wolframchloride.

Die vollstandigere Untersuchung der Wolframchloride wwrde 1835 von M a l a g u t i vorgenommen, ,,urn an die Stelle von Hypothesen Thatsachen zu setzen, und zum wenigsten zu beweisen, dass die Wissenschaft, ganz sb- gesehen von der Erfahrung , bisweilen Resultate voraus- sehen kann" *).

Die samrntlichen Wolframchloride von W 6 h 1 e r wur- den der Analyse unterworfen, indem aus der durch Zer- setzung niit Wasser erhaltenen Menge Wolframsaure das Wolfram bestinimt wurde, das Chlor aber nur &us dem Gewichtsunterschied. Die niedrigste und hochste Chlor- verbindung wurde genau so zusammengesetzt gefunden, wie es W o h l e r vermuthet hatte. Das Mittel von 3 Ana- lysen gab fur das ChZorid 57,61 statt 57,20 (nach damals angenommenen Atomgewichten), fur das Superelalorid 46,72 statt 47,ll. Die dritte Verbindung ergab sich als ein intermediures Chlorirl W2CI5 (gefunden 51,61 und 51,42, he- rechnet 51,67), also ihrer Zusammensetzung nach dem sehr gelegentlich entdeckten blauen Oxyde analog. Nach vergeblichen Versuchen , die Ursachen der nuffallenden Anomalie einer solchen Zusammensetzung bei der schon erwahnten Zersetzung durch Wasser (unter augenhlick- licher Bildung von W03) auszufinden, wird die Erlrlarung dieser Erscheinung anderen Chemikern uberlassen. Die vollkommene Uebereinstimmung zwischen den Chlor- und Sauerstoffverbindungen war jedenfalls gewonnen :

WOZ, w205, wo3 WCI2, W2CI5, WC13.

Veranlasst durch die Beobachtung, dass das ,,Wolfram- chlorid im maximo" bei starker Erhitzung in Wolframsaure und rothes Chlorid zerfallt, lieferte H. R o s e einige Jahre

*) ,,Ueber die Existenz eines intermedilren Wolframoxydes und Wolframchloriirs etc." Dies. Journ. VIII, 179.

Ich kann nicht umhin, cin in der neuesten Zeit uber diese Arbcit gcfalltes Urtheil (A. R i e h e , cit. Abh.) anzufiihren: ,,Sy ai puise d'excellents renseignements. l'outes les analyses ont eld faites avec les soins tes plus scrupuleux et sont d'une exactitude purfaite."

Ann. de Chim. et de Phys. 1835. T. 60.

Blomstrand : Zur Gcschichte dcr Wolframchloride. 411

spater *) den bestimmten Nachweiss, dass diese Verbindung ein Biacisuperchlorid, WCll f ZWO,, sei, mit 64,14 statt 4672 pr. W., wie es M a l a g u t i gefunden hatte**).

Es verdient bemerkt zu werden, dass diese in mehr- facher Hinsicht wichtige Entdeckung schon mehrere Jahre fruher bei dem Bericht uber die Wo hler 'sche Untersuchung (Jahresber. 1825) Yon B e r z e l i u s vorausgesagt wurde. Es heisst namlich (1. c.): ,,Man konnte sagen, dass die rothe Verbindung Superchlorid sei, die fruher besprochene m6g- licherweise Wasser ocler Sauerstoff neben Chlor und Wolfram enthalte." Nach der zweifellosen Bestatigung dieser Vermuthung wurde z. B. im Lehrbuch von B e r - z e 1 i u s das intermediare Wolframchlorid von M a 1 a g u t i ohne weiteres als Superchlorid aufgenommen.

Man nahm also allgemein fur die Wolframchloride die folgenden Formeln an :

WCI2, WCll und WC13 +2WO,(WClO2). Durch eine ausfuhrliche Untersuchung uber die Ha-

loidverbindungen des Wolframs von v. B o r c k ***) wurden im angefiihrten Schema neue Aenderungen veranlasst, und die schon ziemlich befestigten Ansichten wiederum zum Schwanken gebracht.

Betreffend das Bioxychlorid, die Angaben von R o s e bestatigend, nimmt er ebenfalls ein zweiatomiges Chlorid

*) P o g g . Ann. XL, 395. **) Man konnte zweifeln, dass die genannten Chemiker dieselbe

Verbindung untersuchten , wenn nicht die bestimmte Aussage von M a l a g u t i d a wLre, ,,wenn man das metallieche Wolfram durch Oxyd ersetzt , so erhalt man die hochste Chlorverbindung". Es weiss aber jetzt Jedermann , dass bei- solchem Materiale die sauer- stoffhaltige Verbindung unerlasslich entstehen miisse.

h c h W o h l e r hatte von dicser Verbindung eine Analyse ange- stellt und mit den Resultaten von R o s e ziemlich iibereinstimmend 62,57 pr. W. erhalten. Dass e r dessenungeachtet die Formel WC13 festhalt, erklart sich g rnz naturlich aus dcr Annahme von eiufachen Chloratomcn, wobei die Formel WCla ziemlich genau demselben Pro- centg-ehalt an Wolfram entsprechen muss, wie diejenige WGl,l~$.2W0~ hei doppelten Chloratomen, namlich WC13 63,65 pr. W., WG13+2W03 64,lC pr. W.

***) Lund 1861. Dies. Journ. LIV, 254.

41 2 Blomstrand: Zur Ceschichte der Wolframchloride.

(WCIJ a n , fuhrt aber s ta t t WCla die Formel W2C15 noch einmal cin. Es ist indessen die rothe Verbindung, die sich gemass der Vorschrift yon W o h 1 e r am besten mit- telst Schwefelwolfram darstellen lasst , also das intermc- diiire Chlorid von M a l a g u t i oder das Superchlorid der spateren Verf., welcher die Formel des Chlorides WCI, zuerkannt wird , wiihrend das neuentdeclrte Superchlorid im Producte der Anwendung von metallischem Wolfram, also der sich mit Wasser in Chlorwasserstoff und violrtt- braunes Oxyd zersetzenden Substanz, rnit einem Worte im fruheren Chlorid aufgefunden wurde. Genau stim- mende Analysen fehlten nicht zur Bestatigung der neuen Betrachtungsweise, welcher gemass also die Formeln WCl, und WCI, gegen W2C15 und WCI2 ausgetauscht werden mussten.

Als ich 1855 bei Besprechung meiner Untersuchung $,uber das Verhalten des Chlors zum MolyhdBn" beilaufig eine Vergleichung zwischen den Chlorverbindungen der so nahe verwandten Metalle Molybdin und Wolfram an- stellte, fand ich bei genauerer Prufung der von v. B o r c k selbst mitgetheilten analytischen Resultate die dringeiide Veranlassung fur die rothe Verbindung die Formel WCl20(2WCl3 f WOa) stntt WCI2 vorzuschlagen. Ueber das nach den hisherigen Annshmen ganz unerkliirliche Verhalten der Verbindung gegen Wasser war somit der vollstandigqtc Aufschluss gegehen , sowie such eine ein- zeln dastehende und bisher wenig beachtete Notiz von B o n n e t*) uber die Existcnz eines ,,wolframsauren Wolfram- chlorides" (2WCI3 f WOs) dadurch ihre Bestatigung ge- funden hatte.

Die Lehrbucher hatten mittlerweile ihr bestes zu thun, um die Angaben von v. B o r c k den fruheren anzupassen, wenn sie nicht alle ohne weiteres neben einander anfuhr- ten. So heisst es z. B. in dem ausgezeichneten Handbuche von 0 t t o nach Erwahnung des Verhaltens vom W o h 1 e r'- schen Chloride gegen Wasser : ,,Nach v. B o r c k sol1 dabei Wolframsaure entstehen, was nicht wahrscheinlich." Das

') Dies. Journ. X, 206.

Blomstrand : Zur Geschichte der Wolframchloride. 413

Chlorid dieses Verf. wird weiter nicht angedeutet. Die Be- schreibung der Verbindung W2CI5 nach v. B o r c k wird ferner mitgetheilt, fast genau mit der des vorher beschriebenen WCl, ubereinstimmend. Schliesslich bei Erwahnung der Producte, die man erhalt, wenn iiber ein erhitztes Gemenge von Wolframsaure und Kohle Chlorgas geleitet wird, kommt Folgendes vor : ,,Ist die Menge der Kohle betrachtlich, so wird grosstentheils rothes Chlorid gebildet. Nach H. R O s e soll bei der Cehandlung des Gemenges von Wolframsaure und wenig Kohle in Chlorgas zugleich das der Wolfram- s5ure proportionale Superchlorid als rothes Sublimat auf- treten. B o n n e t giebt a n , auch ein Acisuperchlorid, 2WC1,+W03, erhalten zu haben; v. B o r c k konnte aber dasselbe nicht bekommen." Es mochte dern Leser hierbei nicht leicht einfallen, dass in den auf besagte Weise von den Chemikern erhaltenen Producten die wiederholt auf- tretende rothe Substanz immer dieselbe gewesen sei, und dass nur B o 11 n e t ihre wahre Natur eingesehen habe.

Die Untersuchungen von A. R i c h e uber dns Wolfram und verschiedene seiner Verbindungen (1836 u. 57 im La- boratorium von D u m a s) *) fiihrten endlich ihrerseits in Hinsicht der Chloride zu Resultaten, die von den vorher erhaltenen sehr abwichen. Die Arbeiten der Vorganger bis auf W 6 h 1 e r und M a 1 a g u t i ganzlich ignorirend , er- kennt der Verf., wie es nach dem schon oben mitgetheil- ten nicht anders zu erwarten war, in der gelblichen und rothen Verbindung die beiden Osychloride WCIOz und WCIzO; dem Producte aber bei Einwirkung von Chlorgas auf me- tallisches Wolfram, das sich mit Wasser in Chlorwasser- stoff und dunkel gefarbtes Oxyd zersetzt, schreibt er die Formel des SqercMorz'ds WCIJ zu. Es soll indessen ausser- dem das wirkliche Chlorid erhalten werden konnen, wenn man die Verbindung WC13 bei gelinder Hitze in Wasser- stoff reducirt und die Einwirkung unterbricht, sobald sich kein Chlorwasserstoff mehr entwickelt ; es bleibe eine schwarzlich braune Masse von der angegebenen Zusam- mensetzung (,,se dkcomposant par Feau en donnant naissance

*) Ann. de Chim. et de Phys. L, 15. Jahresber. 1856, 372; 1857, 184.

4 14 Blomstrand : Zur Geschichte der Wolframchloride.

au bioxide de tungstine"), die aber nur schwierig zu erhalten sei , da bei zu starker Hitze WC13 verfluchtigt und ein Theil zu Metal1 reducirt werde.

Es war eben meine Absicht, als ich das erste Ma1 meine Versuche mit den Wolframchloriden anstellte, die Ergebnisse der reducirenden Einwirkung von Wasserstoff zu untersuchen, weil ich auf diesem Wege ein Wolfram- chlorid zu erhalten hoffte, das mit den interessanten Mo- lybdanverbindungen mit Chlor und Brom im minimo corre- spondire. Es zeigte sich sogleich, dass ein solches gar nicht zu bekomnien war. Doch wollte ich die Gelegenheit nicht unbenutzt lassen, die schon bekannten Wolframchlo- ride genauer zu studiren, um dadurch die wiedersprechen- den Angaben der Chemiker iiber diesen Gegenstand zu erklaren und wo moglich in Uebereinstimmung zu bringen.

Die Verschiedenheit der Auffassung der in Rede ste- henden Verbindungen tritt am deutlichsten hervor , wenn man die mitgetheilten geschichtlichen Notizen in ein leicht ubersichtliches Schema zusammenstellt:

Product aus

bildend.

metall. W., mit BUS WS2, aus WOr- Wasser Oxyd roth ; -slum. - stiure.

Nach W o h l e r 1824 WCI, ? WCl,

,, R o s e 1838 - WCl, WClOZ ,, v. B o r c k 1851 w2c15 wc19 - ,, R i c h e 1857 w Cls WClZO

- ,, M a l a g u t i 1835 - w2c15

- und ausserdem das von R i c h e durch Reduction erhaltene

Es zeigt sich recht deutlich, wie man immer die den Wolframoxyden entsprechenden Chlorverbindungen gesucht hat. Wo sie aber eigentlich zu finden sind, ist allerdings aus dem obigen Schema schwierig zu sehen.

Wie sich bei diesem Wirrwarr von streitigen Angaben die Verf. der Lehrbiicher verhielten und verhalten mussten, mag schliesslich mit einem Beispiele erortert werden. Im Lehrbuch der Chemie von J. J. S c h e r e r , Wien 1861 (ich wahle diess als das neueste, das mir zu Gebote steht), werden die lolgenden Wolframchloride kiirzlich beschrieben :

wc1p

Blomstrand : Zur Geschichte der Wolframchloride. 415

1) WClz nach den Angaben von W i i h l e r , 2) WC13 nach R i c h e , 3) WClz f WC13 nach v. B o r c k , die eine wie die andere bei Verhrennung von metallischem Wolfram in Chlorgas erhalten, und 4 ) WC13 + W03 (Druckfehler statt 2WC13 4- WOB) oder WC1,O nach R i c h e , wo es weiter heisst: ,,nach v. B o r c k ist die Formel dieser Verbindung WC13$2W03. Sie bildet gelbweisse Schuppen" u. s. w. Die, auf keine Weise zu berichtigende Verwechselung der Oxychloride ausgenommen, wiisste ich nicht, wie man die Wolframchloride bei dem jetzigen Standpunkte unserer Kenntnisse besser und zuverlassiger beschreiben sollte.

In der Reihenfolge , welche die geschichtliche Aus- einandersetzung an die Hand giebt, will ich zuerst die drei Chloride yon W o h 1 e r besprechen.

Die Natur der nus Wolframoxyd erhaltenen Verbindmg ist seit der Arbeit von R o s e iiber jeden Zweifel erhoben. Eine wiederholte Analyse ware urn so niehr iiberfliissig gewesen, a ls auch die spateren Verf. dieselbe Formel WCI3 $- 2W03(WC102) ohne Ausnahme gefunden haben.

Urn so minder sind die Verf. iiber die rothe Verbindtmng einig gewesen, indem dafur die Formeln WZCl5, WCI3, WClz und WClzO aufgestellt worden sind. Wie schon friiher angefuhrt wurde , war ich meinestheils keinen Augenblick in Zweifel, dass nicht die letztgenannte die allein richtige ware.

v. B o r c k hatte als Mittel von vier gu t ubereinstim- menden Analysen gefunden :

W = 53,98 c1 = 40.76

also Verlust = 5,26. 94,74

,,Den Verlust einem angezogenen Wassergehalt und dadurch entstandener theilweiser Zersetzung zuschreibend, berechnet er das Resultat auf 100 Th. und erlangt also die Formel des Chlorides:

Berechnet. Gefunden. W = 56,99 56,48 C1 = 43,31 43,52

416 Blomstrand : Zur Geschichte der Wolframchloride.

Das Wohle r ’ sche Chlorid darstellend, erhielt der Verf. ein Sublimat, aus dem sich die leichtfluchtigere rothe Verbindung durch gelindes Erhitzen verfliichtigen liess. Das IIauptproduct wurde zu WzCls bestirnmt; wo wBre denn das Chlorid, iiber dessen Existenz j a gar nicht zu zweifeln war, natiirlicher zu suchen als in der gleichzeitig entstehenden rothen Verbindung?

Bei unbefangener Betrachtung war die Gegenwart von Sauerstoff nicht zu ubersehen.

n i c h e Stellte die Verbindung dar, indem er Chlorgas auf ein erhitztes Gemengc von Wolframsiure und Kohle einwirken liess. Uei der von mir zur weiteren Best5tigung angestellten Analyse wiihlte ich ein nach der erwahnteri Methode von v. B o r c k dargestelltes Praparat.

0,300 Grrn. schon krystallisirte Substanz, abgewogen im Rohrchen, a u s der SublimationsrGhre am einen Ende geschmolzen, a m andern uber der Verengung nbgeschnit- ten, gab, durch Wasser zersetzt, 0,202 WO, und mit Silber- salz 0,504 AgCl.

Die Analyse bestatigt vollkommen die Formel WCl20 oder 2WC13 + WOB.

Bercchnet. Gefundcn Y. B o r c k . v. Riche . von mir.

W = 53,80 53,98 52,30 53,40 C1 = 41,53 40,76 41,91 41,57 0 - &ti7

100,oo I_

Dass M a l a g u t i aus seinen Analysen die Formel W2C15 herleitet, lasst sich durch die fehlende Chlorbestirn- rnung geniigend erkliren. E r fand W = 51,50, in W2Cl5 entspricht aher W 50,90, wahrend WC12 56,48, WCI, 46,35 er- fordert. Bei der Unkenntniss von sauerstoffhaltigen Ver- bindungen war also die dem interrnediaren Oxyde W2O5 entsprechende Zusamrnensetzung hinlanglich begriindet.

Die Annahrne der Formel WC13 war seine Hypothese um die mit der Saure correspondirende Chlorverbindung nicht ganzlich zu verlieren, ubrigens ausser dem Ver- halten gegen Wasser, das allerdings diese Auffassung sehr wahrscheinlich machte, jeder thatsachlichen Stiitze ent- behrend.

Blomstrand : Zur Geschichte der Wolframchloride. 417

Es lassen sich jetzt bei Kenntriiss der wahren Zu- sammensetzung auch die verschiedenen Umstande sehr leicht erklaren, .unter welchen die rothe Verbindung sich bildet. Wie das Bioxychlorid immer entsteht, wo das Ma- terial Sauerstoff in hinreichender Menge, etwa 2 0 auf 1 W, enthalt, indem sich das Chlor ohne weiteres hinzu- fiigt, WOz + C1= W02C1, so tritt bei geringerem Sauer- stoffgehalt die rothe Verbindung regelmassig auf, es sei denn bei Anwendung von unvollstandig reducirtem Metal1 oder einem Gemenge von Wolframsaure und Kohle, und zwar im letzteren Falle sogar als Hauptproduct, wenn die Hitze nicht hoch genug gesteigert wird, um die Saure giinzlich zu reduciren. W o h l e r empfahl aber das Schwe- felwolfram a h das vorzuglichste Material zur Darstellung der rothen Verbindung, und v. B o r c k bestiitigte diese Aussage, sein rothes Chlorid betreffend. Es ist iiber die wahrscheinliche Gegenwart von Sauerstoff auch in diesem Materiale keine Hypothese von Nothen. Der letztgenannte Verf. hebt niimlich ausdrucklich hervor, dass auf nassem Wege kein sauerstofffreies Wolframsulfuret zu erhalten sei. ,,Bei Darstellung der Wolframchloride aus dem Sauer- stoff Unannehmlichkeiten befurchtend, stellte er also das Sulfuret auf trocknem Wege dar; es zeigte sich aber, so erhalten , von Salzbildnern beinahe gar nicht angreifbar. Er musste deswegen das auf nassem Wege bereitete an- wenden." Kein Wunder also, wenn es spater heisst: ,,Das Wolframchlorid wurde auch durch Erhitzung yon Schwefel- wolfram in Chlorgas erhalten, und diese Darstellungsweise zeigte sich von allen am vortheilhaftesten, weil sie ein reines Chlorid gab.''

Es liesse sich bei der sehr wahrscheinlichen Annahme eines Oxysulfides der Vorgang auf folgende Weise ganz einfach auffassen :

WStO + Cla = &Cl+ WVcl~O. Die wahre Natur des aus rnetallischem Wolfrunt erhalterhen

Productes war a priori gar nicht einzusehen. Bei der mehrfach besprochenen Zersetzungsweise

durch Wasser war die Formel von R i c h e WC13 wenig wahrscheinlich ; vie1 mehr die von B o r c k aufgestellte :

Iniirii. 1. pialrt CIiPmte. I.Y\XII. 7. 27

418 Blonistrsiid : Zur Geschichte der Wolframchloride.

WZCl5. Aiidererseits war e s mi r , als ich zur Aufbewah- rung als PrHparat die Verbindung darstellte, schon vor geraumer Zeit aufgefallen, dass die Eigenschaften des Pro- ductes ganz andere waren, als die von B o r c k fur seine Verbindung angegebenen.

Hatten also die Chemiker verschiedene Verbindungen untersucht oder hatten beide unrecht ?

Es lagen nlmlich ausserdem auch fur die Formel des Chlorides sehr genaue Analysen von M a1 a g u t i vor !

Die Ergebnisse meiner Untersuchung zeigen mit Be- stimmtheit, dass nur die Formel von R i c h e die wahre Zusammensetzung der Verbindung angiebt, oder mit an- deren Worten, dass bei Einwirkung von Chlor auf Wolfram- metal1 keine andere sauerstofffreie Verbindung entsteht, als das Superchlorid, wenigstens nicht in bestimmbarer Menge.

Die von W 6 h l e r gegebene Beschreibung seines ,,Chlorwolframs im minimo" ist in den Hauptziigen schon rnitgetheilt. Ma 1 a g u t i , R o s e und Andere, die ebenfalls ein Chlorid annahmen, fugten nichts Neues hinzu. Aber auch die Beschreibung des Superchloridchlorides von B o r c k st immt auf das genaueste damit uberein. ,,Die Verbindung WC12 f WCIB bildet eine dunkelbraunrothe sprode Masse mit krystallinischem Bruch, die beim Erhitzen schmilzt, dann lrocht und einen rothgelben Dampf giebt; bei lang- samer Krystsllbildung entstehen grosse, braunrothe, quad- ratische Prismen: in Wasser zersetzt sie sich zu Chlor- wasserstoff und blauem Oxyd , welches allmahlich xu Wolframsaure wird. Zuweilen entstsnd ein mwhanisches Gemenge von WolframsHure und braunem Oxyd *)."

Ich bin fest iiberzeugt, dass die oben genannten Verf. ohne Ausnahme ein Gemenge von Superchlorid mit dem rothen Oxychloride unter den Handen gehabt haben.

Wenn man mit mehr oder minder sauerstoffhaltigen Materialien (schlecht reducirtem Metal1 oder mit Luft ge- mengtem Chlorgas) operirt, bildet sich imnier im ersten Stadium der Einwirkung ein reichliches, lockeres Suhlimat vorn gelbweissen Oxychloride , welchem bald die leicht

*) Cit. Abh. 529. Jahresber. 1851, 346.

Eloniatrand : Zur Gcschichte der Wolframchloride. 419

schmelzbare rothe Tlerbindung WC1,O nachfolgt , bis zu- letzt die sauerstofffreie Verbindung allein auftritt. Wenn also die anfangs auftretenden Sublimate sogleich wegge- trieben werden , bis beim Erkalten keine rothen Krystall- nadeln mehr erscheinen , erhalt man ohne besondere Schwierigkeit, aber nicht leicht auf andere Weise, ein wirklich sauerstofffreies Product *).

Wiederholte Analysen mit Praparaten aus verschie- dener Bereitung mochten hinreichend fur die Formel des Superchlorides sprechen. (Das Umsublimiren wurde in Chlorgas ausgefuhrt, wie es auch v. B o r c k gethan hatte.)

Anal. 1. 1,181 Grm. nicht sublimirte Substanz gab (auf dem Filter mit wenig Wasser behandelt) im Tiegel. durch Ammoniak zersetzt 0,688 W 0 3 .

2. 1,079 Grm. gab auf gleiche Weise behandelt 0,632 W 0 3 .

3. 0,955 Grm. ehenso 0,552 W 0 3 . 4. 1,095 Grm. drei Ma1 sublimirte Substans, unmittel-

bar in den Tiegel genommen und mit Arnmoniak zersetzt, gab 0,liO~ W 0 3 .

5. 6. 0,607 Grm. gab mit Wasser behandelt nach

7 . 1,042 Gnn. ehenso durch liirigere Bcruhrung niit

0,422 Grm. ebenso 0,247 W 0 3 .

30 Stunden im Filtrate mit Silbersalz 1,304 AgCl.

Wasser zersetzt gab 0,610 U’O,,. Gefundcn von mir.

Bcrechn. 1. 2. 3. 4 . 5 . 6. 7. Medium. W = 41535 46,20 46,45 4 5 3 4 46,49 /r6,28 - 46,43 46,28 C1 PI 53,65 - - - - - 53,15 - 53,15

ioo,oo YY,43

1. 2. 3. W = 44,72 45,60 46,23*) C1 = 5464 54,27 -

Gefunden von R i c h e.

I__- -

’) v. B o r c k stellte BUS dcm gesamnitcn Productc durch vor- sichtiges Sublirniren die rothe Vcrbindung dnr. Die hinlangliche Erhitzung und die dadurch zu erzielende Rcinhcit der rucltstandigen Substsuz war aber tlurch nichts beaiescn.

**) Nach den Angaben dcs Verf. umgercchnet, gesctzt W - 92 uiid C1 = 35,5 statt 87 und 3 6 , wic R i c h c die htomgewiehtc an-

27 *

420 Blomstrand : Zur Geschichte der Wolframchloride.

Die Eigenschaften der Verbindung, beinahe nu r mit Ausnahme der leichten Schmelzbarkeit und der rothgelben Farbe des Gases, weichen nicht unbedeutend von den 11- teren Angaben ab. Die Farbe ist dunkel violettgrau bis, im geschmolzenen Zustande, braunschwarz, aber niemals mit der leisesten Neigung ins Rothe. Sie krystallisirt hochst schwierig, bei sehr langsamer Erhitzung in dunnen Schup- pen und zerriessenen Krystallblattern, und erstarrt ebenso nach dem Schmelzen kaum merkbar’ krystallinisch. Beim vollstandigen Erkalten zerspringt die geschmolzene Masse (sogar die grosseren Krystallblatter) , indem die Bruch- stucke unter lautem Knistern wctit umher geschleudert werden, bis zuletzt alles in ein feines, scheinbar krystalli- nisches Pulver von glanzend violetter Farbe verwandelt ist. Anders als i n dergleichen Pulverform lasst sich dess- halh die Substanz kaum aufhewahren. Diese auffallende Eigenschaft scheint um so mehr hervorzutreten, j e reiner die Verbindung ist*).

Bei Behandeln der Verbindung mit kaltem Wusser tritt anfangs gar keine merkbare Reaction ein; es wird keine Warme frei und die krystallinischen Partikelchen halten sich Stunden lang unvcriindert ohne ihren Glanz oder die ursprungliche violette Farbe zu verlieren, bis zuerst auf der Oberflache, spater durch die ganze Masse das weiss-

nimmt, und zwar dieses ganz ohne Bercchtigung, jenes zum minde- sten aus unzureichenden Griinden. (Wie bekannt hat in der letzten Zeit S c h e i b l e r (dies. Journ . LXXX, 204) d i e Zahl 92wieder ge- fundcu.) Dcr hohe Chlorgehalt schciut nllcrdiugs fiir die Zahl 87 zu sprechen, weil WCll darnach berechnet 44,96 W und 45,Oh C1 er- fordcrt. A n d . 3 gestnttet doc,h die Annahme, class der Ucberschuss aus mitgefiilltem Ago, W 0 3 hcrriihre. Die einfache Wolframbestim- mung ohne Rucksicht des Cblors muss jedenfalls die genanntcn Rc- sultate geben.

’) Dass R i c h e diese Eigcnschaft nicht erwshnt, lasst sich an1 einfachsten dadnrch erklsrcn , dass er das PrRparnt in griissercr Menge und mit Anwcndung yon einer durch Kohle erhitzten Por- cellanriihre darstellte , wiihrcnd ich bei meinen Versuchen immer Glasrohren und gewiihnliche Spirituslampen anwcndctc. Die vie1 lmgsamere Erkaltung musste natiirlichcrweiae der Substanz griisuere Zhliigkeit uud Cohhrenz geben.

Blomstrand : Zur Geschichte der Wolframchloride. 421

lich gefarbte Wolframsaurehydrat hervortritt. Mit kochen- dem Wasser nimmt die Losung eine schwach blaue Farbe an, und die Substanz wird schnell in schwarzgrunliche bis gelbe Wolframsaure umgesetzt. Auch die ktlustischen AZ- kalien wirken bei gewohnlicher Temperatur langsam ein ; beim Erhitzen wird die Reaction auf einmal sehr heftig, die Masse quillt stark auf und die Flussigkeit wird inten- siv blau, bis sich nach kurzer Zeit alles farblos lost, einige schmutzig braune Flocken ausgenommen. Chlorwasserstoff- saure bewirlrt anfangs keine Veranderung ; such beim Er- hitzen halt sich die Losung farhlos, und eine halbe Minute Kochen ist schon genug, um die rein gelbe Wolframsaure hervorzurufen.

Das Verhalten gegen Wasser und Alkalien, dns die Annahme der Formel WCI2 von Alters her versnlasste, erweist also allerdings die Gegenwart von Spuren einer niedrigeren Chlorverbindung , die sich auch dem mit grosster Sorgfalt bcreiteten Superchloride wie es scheint unvermeidlich beimengt. Doch machte man andererseits die auffallende Bestandigkeit der reinen Verbinduug nicht gehorig beachtet haben, und es ware vielleicht keine allzu gewagte Behauptung, dass unverandertes violettes Superchlo- rid bei den fruheren Versuchen einen hauptsachlichen Theil des ,,violettbraunen" Oxydes ausgemacht habe *). Es lasst sich doch immer annehmen, dass unter gewissen Umstan- den, z. B. bei starker Hitze und schwachem Chlorstrome, die beigemischte niedrigere Verbindung in grosserer Menge aufgetreten sein konne. Ein Gehalt vom rothen Oxychlo- ride muss ubrigens schon fur sich eine lebhaftere Reaction veranlassen,

Wie langsam das Wasser auf 'das Superchlorid zer- setzend einwirkt, zeigt sich am besten an einem bei der Anal. 2 angestellten Versuche. Die abgewogene Substana 2,079 Grm. wurde sogleich aufs Filter genommen und $ Stunden lang der Einwirkung des Wassers ausgesetzt (das Filter 4 Ma1 voll genommen). Die durchgehende

*) Auch R i c h e hat die langsame Zersetzung des Superchlorides ganzlich Cbersehen.

422 Blomstrand : Zur Geschichte der Wolframchloride.

farblose Flussigkeit gab mit Silbersalz 0,156 Grm. AgCl oder 0,008 C1, entsprechend 3,57 pr. C1. Vom ganzen Chlorgehalt 53,65 pr. war also nur dieser geringe Antheil in Freiheit gesetzt.

Dass die Analysen von M a l a g u t i genau mit der Formel des Chlorides WCI2 stimmen, kann ich urn PO we- niger zu erklaren versuchen, als alle nahereri Details in der Abhandlung fehlen. Dagegeii lassen sich die Resul- tate der Analysen yon B o r c k , die ziemlich ubereinstim- mend auf die Formel WZCl5 hinwciscn *), mit grosser Wahrsaheinlichkeit durch die schon gedachte Annahme erklaren, dass er namlich mit eiiiem Gemenge von Super- chlorid und rotheni Oxychlorid zu thun gehabt habe. Nach dem gegenseitigen Verhaltnisse dieser Gemengtheile muss die Analyse mehr oder minder genau der Formel WzC15 entsprechen. Es giebt nlin-ilich z. B.:

WC13 + 2WC1,O. 3wc13 t 2WC120 ; WCI, t wcI,o ; 2wc13 f 3\%'c120;

5W = 49,17 2W = 49,80 5W . i ~ 80,58 3W = 51, l l 13C1 = 49,12 5C1 = 48,03 12C1 = 46,82 7Cl = 45,93 2 0 - 1,71 0 = 2,17 3 0 = 2,63 20 = 2,96 ___ - __ - ._ -

ioo,0o 100,oo 1oll,oo 100,oo

von B o r c k gef. Medium **) W2CI5. W = 50,42 C1 = 47,29

2W = 50,90 5C1 = 49,lO

100,oo -

*) v. B o r c k erhielt in 4 Analysen, bei Eindampfung mit Ammo- niak bei looo, das Wolfram als imfqifi, + fi ( S c h c i b l e r hat (loch ncuerdings die Formel van I, o t z hm3yq,+& bestatigt) , das Chlor als AmCl berechnend, und nachhcrigeni Oluhcn der WOJ :

1. 2. 3. 4 W - 51,37 3 ,ZO 50,!)7 48,88 5135 CI = 48,21 hh,2Y 47,12 45,38 48,16,

wenn man einen Wagungsfehler annej~mend, die Hesnltate auf 100 Th. berechnet. W&I5 giebt aber :

W = 50,90 c1 = 69,lO

1 U0,OO __

**) Oder wenn man die vierte Analyse vernxhldssigt: w = a1,01 CI = 47,84

1st die oben besprochene Formel von L o t z richtig, so musste der Chlorgehalt zu hoch ausfallen.

Blomstrand : Zur Geschiehte der Wolframchloride. 423

Andererseits habe ich aus eigener Erfahrung gefun- den, dass, was iibrigens kaum zu erwarten wiire, das frag- liche Gemenge in hohem Grad die Eigenschaften einer constanten Verbindung besitzt, und zwar mit den von B o r c k fur das Superchloridchlorid, von Wo h l e r fur das Chlorid angegebenen in auffallender Weise ubereinstimmend.

Es schmilzt und verfliichtigt sich unter Bildung von intensiv rothgelbem Gas, worin iibrigens die beiden Ge- mengtheile ganz ubereinkommen ; krystallisirt bei raschem Erhitzen in gut ausgebildeten braunrother~ Prismen und erstarrt nicht minder nach dem Schmelzen ausgezeichnet krystallinisch, indem aus dem erstarrenden Tropfen nach allen Richtungen hiibsche Krystallchen hervorschiessen. Man kann sich schwer uberzeugen, dass eine so krystalli- sationsfahige Substanz wirklich nur ein Gemenge sei. Bei sehr gelindem und vorsichtigem Erhitzen Jasst sich aber die rothe Verbindung nach und nach austreiben, bis die immer mehr ins Blaue ziehende ruckstandige Substanz beim Erlialten zu decrepitiren anfangt und damit auch die ubrigen Eigenschaften des reinen Superchlorides zeigt. Was also das fruhere Wolframchlorid besonders auszeich- nete, die dunkelrothe Farbe und dss leichte Krystallisirt- werden, verdarikte es ausschliesslich dem Oxychlorid WCl2O.

Zur weiteren Bestatigung der gemachten Annahmen hinsichtlich der Zrisammensetzung der W o h l er’schen Wolframchloride will ich schliesslich auf einige Renctionen die Aufmerkaamkeit richten, die bei den angenommenen Formeln sich sehr leicht, sonst aber fast gar nicht erklaren lassen.

Das erst von R o s e beobachtete, geschichtlich interes- sante Verhalten des Bioxychlorides bei starkem Erhitzen wird gewohnlich als ein Zerfallen desselben in Wolfram- saure und Chlorid unter Abgeben von Chlor betrachtet (z. B. R o s e , G m e l i n , v. B o r c k etc.), etwa nach der Formel:

3WC102 = 2 W 0 3 f WCl2 + C1.

Vie1 einfacher crlilart sich die Erscheinung, wenn man in dem sich verfliichtigenden rothen Korper das Oxychlorid

424 Blomstrand : Zur Gcschichtc der Wolframchloride.

WClzO erkennt. Das Bioxychlorid zerfallt gerade auf in Wolframsaure und Monoxychlorid, nach der Formel :

eine Zersetzung , die ubrigens keine blosse T'ermuthung ist. Sie lasst sich sogar zur Darstellung der rothen Ver- hindung benutzen, besonders wenn inan in Wasserstoff erhitzt, weil sie dann leichter zu erfolgen scheint, wihrend sich die Saure zu blauem Oxyd reducirt.

Eine andere Eildungsweise des rothen Chlorides ist nicht minder interessant. Es fie1 inir l l ngs t bei meinen Versuchen au f , dass , wenn ich die, z. B. bei Darstellung des Chlormolfrsrns aus unreinem Mctall, anfangs entste- henden Producte fortgetrieben hatte und sp l t e r das so er- haltene Gemcnge umsublimirte, nicht die geringste Spur des weissen Oxychlorides, wie reichlich e s auch bei be- ginnender Einwirkung auftrat, mehr zu entdecken war, in- dem sich alles in rothes Oxychlorid verwandelt hntte. Nur bei Annahme eines Superchlorides lksst sich die Reaction ungezwungen erkliiren :

Aus einem Gemenge von Superchlorid und Bioxychlorid wird beim Erhitzen das rothe Oxychlorid gebildet.

Es zcigt sich also dnrch die Reactionen nicht minder wie durch die gefundene Zusamrncnsetzung , dass dieses mehrfach erwlhnte rothe Wolframchlorid den naturlichen Uebergang zwischen dem Superchlorid und dem Bioxy- chlorid bildet, wie das letztere andererseits zwischen ihm und der Saure.

2wc102 = wo3 + WClaO ;

WClOZ + WCl, =2WCizO.

WCI, : FVC1~0 : WCIO~. wo, : W O ~ C l : WOCl,.

Der Kutze wegen habe ich fur die Oxychloride uber- haupt die einfacheren Formeln benutzt. Man lionnte aher, wie e s schon R i c h e bemerkt ha t , die drei Chloride des Wolfrnms auch als Substitutionsproducte der Sgure init variirendem Chlorgehalt annehnien ; eine bernerkenswerthe Einfachheit der sauerstoffhaltigen Chlorverbisdungen , die sich beim MolybdSn bei Weitem nicht nachweisen liisst.

Blomstrand : Zur Geschichte-der Wolframchloride 425

R i c h e gab an, dass beim Erhitzen des Wolframsuper- chlorides in Wasserstoff das wirkliche Chlorid entstehe, hob aber die Schwierigkeiten hervor, welche die Reindar- stellung des Productes verhindern. v. B o r c k suchte ver- gebens auf diesem Weg eine niedere Chlorverbindung zu erhalten , ,,wegen der bei Erhitzung eintretenden totalen Reduction zu Wolframmetall".

E s ist mir ohne besondere Schwierigkeiten gelungen, das Reductionsproduct vollkommen rein und von constan- ter Zussmmensetzung in beliebiger Menge darzustellen ; nur ist die Arbeit ziemlich zeitraubend.

Wird das Superchlorid langere Zeit in Wasserstoff er- hitzt, wobei man ein volliges Verfluchtigen gar nicht zu vermeiden ha t , so wird die Substanz allmahlich schwieri- ger schmelzbar, zeigt immer grossere Geneigtheit xum Krystallisiren und verliert mehr und mehr die Eigenschaft beim Eqkdten zu zerspringen. Schliesslich wird ein ganz gleichformiger Korpcr erlialten, der sich auch bei fortge- setzter Erhitzung nicht weiter verandert, wenn man nur die Hitze nicht zu hoch steigert, weil sonst augenblicklich ein spiegelnder Ueberzug von Metal1 entsteht. Er lasst sich also sugar in Wasserstoff beliebig umsublimiren, was aber zur letzten Reinigung a m Vortheilhaftesten in Koh- lensaure geschieht.

Die so erhaltene Verbindung ist das wahre bisher nicht beschriebene S1Lperchloridchlol, W2C15.

Anal. 1. 0,510 Grm. 5 Ma1 in Wasserstoff sublimirt, wurde mit Beihulfe von Ammonisk aus der Rohre direct in den Platintiegel genommen, abgedampft und gegluht. WOp = 0,324 Grm.

2. 0,745 Grm., nu€ dieselbe Weise behandelt, gab

3. 0,561 Grm., 15 Ma1 in Wasserstoff sublimirt, gab 0,478 WOS.

mit Wasser zersetzt 0,355 W03 und 1,115 AgC1. Berechnet, Gefunden.

1. 2. 3. W = 50,90 50,40 50,89 50,19

I 49,16 100.00 99,35

- C1 E 49,lO -

426 Blomatrand : Zur Geschichte der Wolframchloride.

Die Eigenschuften der Verbindung sind in der I-Iaupt- sache schon angegeben. Die Farbe ahnelt der des Super- chlorides, ist aber dunkler schwarxgrau ohne die violette Nuance. Schmilzt und verfluchtigt sich bedeutend schwie- riger als das Superchlorid; Farbe des Gases griLngd6. Krystallisirt sehr leicht in glanzenden, schwarzlichen Na- deln und erstarrt auch nach dem Schmelzen hiibsch kry- stallinisch. Decrepitirt nicht beim Erlralten.

Mit Wasser zersetzt sich das Superchloridchlorid augen- hlicklich rnit horbarem Zischen und bedeutender Warme- entwickelung unter Abscheidung eines blauschwarzen Oxydes, wahrend die Flussigkeit eine intensiv grungelbe Farbe annimmt, die sich erst nach gerauiner Zeit, schneller jedoch beim Erhitzen, unter Absatz einer grunlichen FBI- lung verliert. Kochende Salpetersaure scheidet daraus bald gelbe WolframsHure aus. Durch Ammonisk wird bei gewohnlicher Temperatur Nichts geftillt, wohl aber beim Kochen.

Alkalien hringen uherhaupt dieselben Erscheinungen hervor, nur wo moglich noch schneller und intensiver.

Ebenso Chlorroasserstoffsaiire , womit das abgeschie- dene Oxyd beliebig lange gekocht werden kann, ohne die dunkle Farbe zu verlieren. Es wird aber dnbei die Lo- sung vie1 gesiittigter als mit blossem Wasser, was schon aus der beinahe undurchsichtig fichwarzgelben Farbe der Flussigkeit erhellt. Alltalien fallen auch soglcich ein roth- braunes Oxyd, dem Molyhdanoxydhydrat ziemlich ahnelnd.

Auch bei wiederholtem Sublimiren in Kohlensaure scheint das Superchlorid Chlor zu verlieren, und also theilweis in Superchloridchlorid uberzugehen. Andererseits habe ich vergebens versucht, durch andere Reductions- mittel als Wasserstoff eine noch niedrigere Chlorverbin- dung zu erzielen. Kupfer, Silber, sogar Molybdan zer- setzen bcim Gluhen das Superchlorid ebenfalls unter Bil- dung von W2Cl5, wenn nicht die Reaction his zum voll- standigen Reduciren des Metalls getrieben wird. Metalli- fiches Wolfram uht auf das Superchlorid keine Einwirkung.

Blomstrand : Zur Geschichte dcr Wolframchloride. 427

Es lasst sich also das Zweifach- Chlorwolfram wahr- scheinlich gar nicht darstellen.

Es ist mir noch iibrig, iiber die Analyse der WoZfram- chloride einige Worte zu sagen. H. R o s e sagt in seinem Handbuche der analytischen Chemie : ,,Die Trennung der Wolframsaure von der Chlorwasserstoffsaure sei so schwie- rig, dass man sich begniigen miisse, blos die Wolfram- saure zu bestimmen." (Setzt man zur ammoniakalischen Losung Salpetersaure, so wird, wie ich selbst gefunden habe, Wolframsaure gelost, bis zu 20 p.C. und daruber; Silbersalz fallt ein Gemenge von AgCl und AgO,WOs u. s. w.) ,,Die Untersuchung von keiner Chlorverbindung ist daher ohne Zweifel so schwierig, wie die des Chlor- wolframs, weil noch lreine Methode belrannt ist, die Chlor- wasserstoffsiiure yon der Wolframsaure zu trennen." R o s e macht daher den Vorschlag , die Verbindung wiederholt mit Wasser zu destilliren, bis das Destillat nicht mehr von Silbersalz getrubt werde.

Nach erlangter genauerer Kenntniss der verschiedenen Wolframchloride lasst sich indess die Analyse mit genu- gender Genauigkeit gaiiz bequem ausfiihren. Man zer- setze durch Wasser und lasse nur die 8eit bewirken, was auf andere Weise lraum zu bewirken ist. Die Oxychloride, die augenblicklich und vollstandig durch Wasser zersetzt werden, bieten die einzige Unannehmlichkeit dar, dass beim Waschen die Wolframsaure zuletzt milchig durchs Filter geht; l5sst man aher die triibe Flussigkeit eine Zeit lang ruhig stehen, so setzt sich die Saure iii leicht filtrir- barer Form ab. Schwieriger ist es bei dem Superchloride, das sich sehr langsam aber doch nach Verlauf einiger Tage zersetzt; am schwierigsten bei dem Superchlorid- chlorid, das zum Theil eine wirkliche Losung giebt. Man hat aber auch hier nun eine langere Zeit die Flussigkeit sich selbst zu iiberlassen. Z. B. bei der Analyse 3 des Superchloridchlorides gab das sogleich gefgllte , sorgfaltig ausgesiisste Oxyd beim Gliihen 0,261 WOs oder 46,51 p.C. W; ferner die Flussigkeit nach vier Tagen, als die Farbe

428 Blomstrand : Zur Geschichte dcr Wolframchloride.

ganzlich verschwunden war, einen Absatz entsprechend 0,026 W 0 3 oder 3,68 p.C. W. Zusammen wurde also er- halten 50,19 statt berechnet 50,90 p.C. W., und aus dem Filtrate 49,16 statt 49,lO p.C. C1.

Um schliesslich die im Vorigen mitgetheilten Resul- tate kurz zusammenzufassen , existiren also 4 chlorhaltige Verbindungen des Wolframs, namlich :

1) Wolframsuperchlorid, WCl, , entsteht als letztes Pro- duct der Einwirkung des Chlors, wo nicht Sauerstoff in vorwaltender Menge zugegen ist , so bei Anwendung von metallischern Wolfram, Schwefelwolfram oder einem Ge- menge von Wolframsaure und Kohle bei starker Gluh- hitze. Schwarzgrau ins Violette ; Gas rothgelb. Krystalli- sirt undeutlich, decrepitirt beim Erkalten und wird von Wasser sehr langsam zersetzt unter Bildung von Anfangs gefkrbt er Wolframsaure.

2) Wolframsuperehloridchloritl, W2CI5, (oder WCls f WCI,), entsteht wahrscheinlich in geringer Menge bei Darstel- lung der vorigen Verbindung, und wird durch deren Re- duction in Wasserstoff rein erhalten. Dunkler schwsrz- grau als diese; Farbe des Gases grungelb. Schwer schrnelzbar ; krystallisirt leicht , erstarrt ohne zu decrepi- tiren und wird durch Wasser schnell zersetzt unter Ab- scheidung von schwarzblauem Oxyd.

3) Wolfranamonoxychlorid, WC120 oder 2WC1, + WO,, tritt immer als mittleres Product auf, wo neben einander das Superchlorid und die folgende Verbindung entstehen konnen, wird aber am besten aus Schwefelwolfram (auf nassem Wege bereitet) oder Wolframsaure und Kohle bei gelinderer Hitze dargestellt. Farbe schon roth; Gas gelb- roth; w i e die vorigen schrnelzbar; von allen am leichte- sten fluchtig ; krystallisirt sehr gut in durchscheinenden Nadeln und wird durch Wasser sogleich zu Wolframsaure zersetzt.

4) Wolfrnmbioxychlorid, WCIOz oder WCls -J- 2W03, bildet sich, gleichzeitig mit 1 und 3 , immer im ersten Stadium der Einwirkung, am reinsten aus Wolframoxyd. Farbe

Blomstrand : Zur Geschichte der Wolframbromide. 42’3

gelblich, verdampft ohne zu schmelzen zum farhlosen Gas. Krystallisirt in Schuppen und wird wie das vorhergehende durch Wasser zersetzt.

Ich habe schon beilaufig die einfache Zusammen- setzung der Wolframoxychloride in Vergleich mit den entsprechenden Molybdanverhindungen erwahnt. Die Zu- sammenstellung der sauerstofffreien Chloride des Molyb- dSns und Wolframs bietet ein grosses Interesse dar. ES zeigt sich namlich, dass z. I3. die beim Molybdan auftre- tenden Chlorverbindungen beim Wolfram ohne Ausnahme fehlen, und urngekehrt, indem jenes nur die niederen, dieses nur die hoheren besitzt. Was also bei jenem fehlt wird so zu sagen von diesem supplirt. Stellt man aber beide zusammen, so ergiebt sich die schonste Reihe von einfachen Chlorverbindungen:

MoCI, MoZC13, MoClz ; WzC15, WC13. Wie ich bei einer spateren Gelegenheit zu zeigen

hoffe , scheint sich bei den Sauerstoffverbindungen des Molybdans die erwahnte Reihe vollstandig zu wiederholen.

Der Vollstandiglreit wegen will ich ferner uher die Wolframbromide in grosster Kiirze meine Beobachtungen darlegen.

B o n n e t , v. B o r c k und R i c h e haben iiber diesen Gegenstand Mittheilungen geliefert.

B o n n e t kundigte 1837 (dies. Journ. X, 206) die Exi- s t e m zweier Wolframoxybromide, W205 f WzBr5 und WO1 +2WBr3, a n , ohne jedoch weder die Eigenschaften noch die Analyse zu beschreiben.

Die vollstindig ausgefuhrte Untersuchung von B o r c k (cit. Abh.) lehrte uns zwei Wolframbromide kennen, der Zusammensetzung nach seinen Chlorverbindungen voll- kommen entsprechend, also

WBrz, W2Br5 und WBr3 f$W03(WBrOz). R i c h e (1. c.) giebt a n , dass bei Einwirkung von

Bromdampf auf metallisches Wolfram das Dreifach - Brom- wolfram, WBr3, entstehe, dns aber in feuchter Luft ober- flachlich zu violettem Oxybromid, WBr20, werde.

430 Blomstrand : Zur Geschichte der Wolframbromide.

Meine Versuche hahen das Folgcnde ergeben: Das Bronaid existirt eben so wenig wie das Chlorid.

Was v. B o r c k dafur gehalten ha t , ist ein der rothen C h 1 o rve rbi n dun g en t s p r e c h e n d e s Oxy bromid , W B r 0 o d e 1’ 2WBr3 $- W 0 3 , das aber keine violette Farbe hesitzt.

Das Hauptproduct bei Einwirkung von Bromdatnpf auf metallisches Wolfram, wobei gewohnlich die vorige Verbindung gleichzeitig entsteht, ist das Si~perbl.onii[lbrumitl, W2Br5, wie es v. B o r c k richtig angiebt. Seine Eigen- schaften stimmen auch mit den Angnben dieses Chemi- kers vollkommen uberein.

Die ausgezeichnete Krystallisationsfahigkeit, die augen- blickliche Zersetzung durch Rasser mit Zischen und Warm e e n t w i c k el u 11 g u n t e r A b s c h e i d un g vo ti bla u sc h w ar- zem Oxyd liessen nach der Analogie mit Wahrscheinlich- keit schliessen, dass hier nicht die hochste Bsomverbindung, WBr,, zu suchen sei. Die Analyse bestatigte auch voll- kommen diese Annahme :

Anal. 1. 0,520 Grm. unmittelbar in den Tiegel ge- nommen und mit Wasser zersetzt gab 0,205 W03.

2. 0,281 Grm. ebenso 0,113 W 0 3 . Berechn. Gcf. Y . mir. Gef v . R o r c k .

M1ttc.l :\us I . 2. IVlittel. 4 An:\l.

W = 31,51 31,?7 31,82 31,54 31,W B r - ti,4,49 - - - 6 7 3

100,oo 99,25

Dass sich hiernach das Brom gegen metallisches Wolfram anders verhalt als das Chlor, indem sich hier WzBrs dort WCI, bildet, kann um so weniger befremden, nls auch das Molybdiin ein ganz ahnliches Verhalten dar- bietet. Wirkt namlich Chlorgas auf Molybdin ein, so bil- det sich nur Zweifach-Chlormolybdan, MoC12, wjhrend bei Anwendung von Rrom das Mo2Br3 und MoBr fast die ein- zigen Producte ausmachen.

Die Erltlarung dieses Verhaltens ist ganz einfach dn- rin zu suchen, dass zum Einwirken des Broms eine gros- sere Hitze Yon nothen ist, die nur die niederen Verbin- dungen unzcrsetzt aushalten konnen.

-

Blomstrand: Zur Geschichte der Wolframbromide. 431

MBglicherweise liesse sich das Wolframsupe~brornid dar- stellen, indem man bei gelinder Hitze uberschussiges Bromgas uber das W2Br5 leitete.

Aus den Eigenschaften des Bromides von B o r c k sich mit Wasser sogleich in Wolframsaure zu zersetzen (,,sogar in der Luft werden die schwarzen Nadeln nach einer halben Minute ganz schwefelgelb"), ergiebt sich auch seine Zusammensetzung. Wegen der schwierigen Reindarstellung des Praparates (um diese zu erreichen habe ich die Versuche nicht hinreichend variirt) gaben die Analysen wenig befriedigende Fteiultate, doch jeden- falls genug, um die Formel WBr20 zu rechtfertigen:

1) 0,257 Grm., erhalten als Nebenproduct bei Darstel- lung des W2Br5, gab 0,257 W03.

2. 0,129 Grm., durch Zersetzung des Bioxybromides in Wasserstoff bereitet, gab 0,060 W 0 3 .

Berechnct. Gef. von mir. Gef. v. Borck . 1. 2

W = 35,38 3 7 3 4 3ti,78 3747

0 5 3,08 - Br = 61,54 - - 62,13

- - l00,Ob

Allerdings scheinen diese Resultate vielmehr fur die Formel des Bromides zu sprechen, die berechnet 36,53 W und 63,47 Br giebt. Der Ueherschuss von Wolfram lasst sich aber theils aus einem Gehalt an dem ziemlich gleich- fluchtigen Bioxychloride, theils und besonders aus beige- mischter, fein zertheilter Wolframslure, deren Entsehung beim Sublimiren der gemengten Oxybromide kaum zu vermeiden ist. Es stimmt dieses mit dem von B o r c k gefundenen hohen Chlorgehalt schlecht zusammen. Eine Analyse aber, wo von einer so ausserst leicht zersetzbaren Substanz nur die geringe Menge von 0,0427 Grm. in Arbeit genommen wurde, wo also beim Wagen des Bromammo- niums, in welcher Form das Brom bestimmt wurde, ein z. B. durch hygroskopische Feuchtigkeit veranlasster Feh- ler auf ein einziges Milligram einen Ueberschuss von bei- nahe 2 p.C. Brom (gerade was die beiden Formeln unter- scheidet) mit sich fuhren musste, kann allerdings keinen besonderen Anspruch auf ZuverlRssigkeit machen , wenig-

432 Blomstrand: Zur Geschichte der WoIframbromide.

stens nicht um eine Ansicht zu begrunden, die gegen jede ubrige Erfahrung in geradem Widerspruch steht.

Zu den das Bioxybromid, WBr, $- 2W03, betreffenden Angaben habe ich nichts hinzuzufugen. Es ist schon oben (bei Anal. 2 des WBr20) angedeutet worden, dass diese Verbindung ganz wie das entsprechende Chlorwolfram bei rascher Erhitzung in Wolframsaure und Bromoxybro- mid zerfallt, nach der Formel:

2WBr02= W03 + WBr,O.

Tch will schliesslich auch hier die Resultate meiner Arbeit bezuglich der Bromverbindungen kurz zusammen- fassen.

E s sind mir bis jetzt drei Wolframbromide bekannt:

1) Wolframsuperbrornidbromirl, W2Br5, bildet sich direct bei Einwirkung des Broms auf Wolframmetall. Farbe schwarz, Gas dunkelpurpurbraun, krystallisirt leicht in deutlichen Nadeln. Zerfallt sogleich mit Wasser unter Absetzung schwarzen Oxydes.

2) Wolframmonoxybromid, WBr20 oder 2WBr3 -k W 0 3 , entsteht iiberhanpt unter denselben Verhaltnissen wie dns WCI2O. Die Farbe der vorigen Verbindung sehr Hhnlich, nur lichter schwarzbraun. Gas braunroth. Krystallisirt gewohnlich in wolligen Nadeln, liefert mit Wasser Wol- fram s aur e.

3) Wolframbiox~jbromid, WBrO, oder WBra + 'LWO,. Bildung vergl. WC10,. Gewohnlich messinggelhe oder musivgoldahnliche Krystallschuppen ; nicht schmelzbar, mit Wasser Saure gebend.

Die Existenz des Superbromides, WBr3, ist nicht zu be- zweifeln. Das Oxybromid von B o n n e t, WBr5 + W205, hat gar keine Wahrscheinlichkeit.