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92 D. 3cslap.e~. Zur Kenntnis der Reaktionen in festem Zustande. VIL yon D. BALAREW. In der letzten Zeit sind einige Reihen von Arbeiten uber die Reaktionen zwischen zwei pulverformigen Gemengen zweier Kristall- arten erschienen. Dadurch hat sich die alte Frage iiber die Be- dingungen der Mijglichkeit der Reaktionen in festem Zustande aufs neue erhoben. Die Veranlassung fur diese Erhebung haben einige Arbeiten von TAMMANN - uber die Eigenschaften der Mischkristalle l), speziell der Befund, da5 die Einwirkungsgrenze im allgemeinen uber ZOO0 verschwindei;, der ein Beweis ist, daB bei dieser Temperatur die innere Diffusion schon meBbar ist, und die Entdeckung von TAMMAXN~), daB beim Erhitzen einer Mischung von Si und C weit unter dem Schmelzpunkt dcs Siliciums eine kraftige Reaktion eintritt., und anderseits die Erfolge in der Untersuchung der Rekristallisat.ion der Metalle. Die Untersuchung der Frage des Platzwechsels in fester Phase ist von ~AMNA"'), HEDVALL~), BIILTZ~) und von mira) in den letzten 5 Jahren ausgefihrt. Die ersten 3 Autoren nehmen an, daB die von ihnen untersuchten Reaktionen zwischen festen Komponenten verlaufen und da8 an der Reaktion eine gasf6rmige oder ge- schmolzene Phase nicht teilnimmt und daB in einem bestimmten Temperaturintervall der Platzwechsel - die innere Diffusion zwischen den Teilchen vieler festen pulverfiirmigen Kristallarten - Oxyde, Salze, Elemente - einen meBbaren Wert erreichen kann. VAN'T HOFF glaubte, da5 eine Reaktion zwischen festen Kom- ponenten nur dam moglich ware, wenn die beiden festen Stoffe ~ *) 2. anorg. u. allg.. Chem. 107 (19191, 1. *) 2. amorg. u. a&, Ch~n. llb (1921), 141. 3, 2. anorg. u. aZZg. Chern. 149 (1985), 21. 4, 2, amorg. M. allg. Chem. 122 (1922), 181; 128 (1923), 1; 136 (1924), 49; 5, 2. morg. M. allg. Chem. 160 (1925), 1. 6, 2. anorg. u. aUq. Ch. 124 (1924), 117; 136 (1924), 216; 138 (1924), 349; 140 (1984), 243; 164 (1926), 1. 142 (1925), 89; 146 (1925), 117; 163 (19261, 184.

Zur Kenntnis der Reaktionen in festem Zustande. VII

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92 D. 3cslap.e~.

Zur Kenntnis der Reaktionen in festem Zustande. VIL yon D. BALAREW.

In der letzten Zeit sind einige Reihen von Arbeiten uber die Reaktionen zwischen zwei pulverformigen Gemengen zweier Kristall- arten erschienen. Dadurch hat sich die alte Frage iiber die Be- dingungen der Mijglichkeit der Reaktionen in festem Zustande aufs neue erhoben. Die Veranlassung fur diese Erhebung haben einige Arbeiten von TAMMANN - uber die Eigenschaften der Mischkristalle l), speziell der Befund, da5 die Einwirkungsgrenze im allgemeinen uber ZOO0 verschwindei;, der ein Beweis ist, daB bei dieser Temperatur die innere Diffusion schon meBbar ist, und die Entdeckung von TAMMAXN~), daB beim Erhitzen einer Mischung von Si und C weit unter dem Schmelzpunkt dcs Siliciums eine kraftige Reaktion eintritt., und anderseits die Erfolge in der Untersuchung der Rekristallisat.ion der Metalle.

Die Untersuchung der Frage des Platzwechsels in fester Phase ist von ~AMNA"'), HEDVALL~), BIILTZ~) und von mira) in den letzten 5 Jahren ausgefihrt. Die ersten 3 Autoren nehmen an, daB die von ihnen untersuchten Reaktionen zwischen festen Komponenten verlaufen und da8 an der Reaktion eine gasf6rmige oder ge- schmolzene Phase nicht teilnimmt und daB in einem bestimmten Temperaturintervall der Platzwechsel - die innere Diffusion zwischen den Teilchen vieler festen pulverfiirmigen Kristallarten - Oxyde, Salze, Elemente - einen meBbaren Wert erreichen kann.

VAN'T HOFF glaubte, da5 eine Reaktion zwischen festen Kom- ponenten nur d a m moglich ware, wenn die beiden festen Stoffe

~

*) 2. anorg. u. allg.. Chem. 107 (19191, 1. *) 2. amorg. u. a&, C h ~ n . l l b (1921), 141. 3, 2. anorg. u. aZZg. Chern. 149 (1985), 21. 4, 2, amorg. M. allg. Chem. 122 (1922), 181; 128 (1923), 1 ; 136 (1924), 49;

5, 2. m o r g . M. allg. Chem. 160 (1925), 1. 6, 2. anorg. u. aUq. Ch. 124 (1924), 117; 136 (1924), 216; 138 (1924), 349;

140 (1984), 243; 164 (1926), 1.

142 (1925), 89; 146 (1925), 117; 163 (19261, 184.

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isomorph sind. Nach der Auffassung von TAMMANN, HEDVALL und BILTZ kbnnten iiber einer bestimmten Temperatur zwei Kristallarten, die eine ganz verschiedene Kristallstruktur besitzen, in Reaktion treten.

In meinen friiheren Beitragen zur Frage der Reaktion in festem Zustande habe ich gezeigt, daB einige von den Fallen, die HEDVALL untersucht hat, nicht zu den Reaktionen gehoren, die zwischen zwei Kristallarten sich vollziehen. Es ist jedoch die Frage offen ge- blieben, ob man die anderen von den in Frage kommenden Reak- tionen, deren Anzahl eine betrachtliche ist, als reine Reaktionen zwischen zwei Kristallarten auffassen konnte. Die Aufgabe dieses Beitrags ist, eine Antwort auf diese Frage zu geben und die Mog- ’iichkeit der Reaktionen in festem Zustande aufzuklkcn.

Bei dem nachfolgenden Text mochte ich den Namen von TAMMAFN mit T., diesen von REDTALL mit H., meinen Namen rnit B. und die Temperatur des Beginns der schnellen Reaktion rnit Tsch. bezeichnen.

I. Die chemischen Einwirkungen zwischen zwei pulverfijrmigen Kristallarten sind bisher nach fiinf verschiedenen Nethoden unter- sucht worden.

1. durch den Gang der Erhitzungskurve (T.), 2. durch den Gang der Qasentwicklungskurve (B.), 3. durch Beobachtung der Farbeanderung an der Beriihrungs-

stelle zweier Pastillen, z. B. von CuO und WO, (T,), 4. durch Bestimmung der chemischen Veranderung in einer

Mischung, die eine bestimmte Zeit auf eine bestimmte Temperatur erhitzt wurde (H., T., B.), und

5. durch mikroskopische Untersuchung des Systems (SPRING). Die meisten von den in letzter Zeit untersuchten festen

Mischungen sind nach den Methoden 1. and 4. studiert worden. Es hat sich dabei gezeigt, daB bei einigen Mischungen in einem Temperaturintervall die Reaktion so langsam vor sich geht, daB ihr thermischer Effekt durch den Gang der Erhitzungskurve nicht nach- gewiesen werden kann, wiihrend bei anderen Mischungen ein Tem- peraturintervall exietiert, in welchem die Reaktion mit meBbarer Geschwindigkeit zu gehen anfangt. Die Grenze dieser beiden Intervalle bezeichnen T. und H. als Reaktionstemperatur des Systems. Da die meisten bis jetzt untersuchten festen Mischungen eine merkbare Warmeentwicklung zeigen , so werde ich zuerst unter- suchen, ob es unter diesen Reaktionen eine solche gibt, die wir als reine ltezaktion zwischen zwei Krystallarten auffassen konnten.

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11. Die Tsch. der in Tab. 1 angegebenen Mischungen lie& hoher als die Temperatur, bei welcher das CuSO,, ZnSO,, Fe,(SO,), und MgCO, meBbare Spannung des SO, bzw. CO, besitzen, und sind

Tabelle 1. Die fiingt T. in O der meBbaren

Spannung bei T' in an des Siiureanhydrids

1. CaO + CuSO, . . . . 510 T., H. CnSO, unter 400l)

3. CaO + ZnSO, . . . . 490 T. ZnSO, ,, 500') 4. MgO f ZnSO, . . . . 630 H.

6. MgO + Fe,(SO,), . . . 539 H. 7. CaO + MgCO, . . . . 523 H. AIgC 0, 532 3

2. PbO f CuSO, , . . . 495 T.

5. CaO + Fe,(SV,), . = . ~ 584 H. ~e*(SO,ZJ ? ? 500'1

also die Reaktionen in diesen Mischungen keine, die zwischen zwei Kristallarten sich vollziehen.

111. Bei den Reaktionen, die stiirmisch in sehr kurzer Zeit verlaufen - bei welchen also das Aufsteigen der Erhitzungskurve sehr steil ist -, miifiten unbedingt die Stellen, wo die Reaktion vor sich geM, etwas hoher erhitzt sein, als der maximale Temperatur- aufstieg der Erhitzungskurve der untersuchten Bemenge zeigt. In der Tab. 2 sind alle stiirmischen Reaktionen gezeigt, bei welchen die maximale Temperaturaufsteigung der Erhitzungskurve uber die Schmelztemperatur des eiaen der Komponenten des Systems bzw. uber die Zersetzungstemperatur des Komponenten steigt.

Tabelle 2. Tsch. in Max. Aufstieg der Er- Schmelztemp.

hitzungskurve in O in " deB 8. 9.

10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19.

CuO + F e . . . 610 T. PbSO, + Ye . . . 540 T. AgJ + Z n . . . 180 T. CaO + MO, . . . 425 T. 3CaO + V,O, . . 300 T. PbO f V,O,. . . 325 T. BaO -I- AgNO, . . 172 H. SrO +- AgNO, . . 172 H. PbO + AeNO, . . 170 H. CaO $ A&SO; . . 422 IJ. P b U + Ag,SO, . . 485 T. Si -I- C . . . . . 1200 T.,)

uber 900 750 600 810

iiber 600 700 340 280 250 600 610

uber 1580

cu 1082 P b 327 Zn 419 JIO, 791 V,O, 656 V,O, 656 AgNO, 207 AgNOS 207 AgNO, 207 Ag,SO, 651 Ag,SOI 651 Si 1420

Alle diese Reaktionen sind also in dem Temperaturintervall des schnellen Verlaufs keine Reaktionen zwischen zwei Kristallarten.

I) L. W~HLER, W. PL~DDEMANN und B. WOELER, Ber. 41 I (1908), 703. *) A. HEDVALL, 2. anzorg. u. allg. Chem. 98 (1916), 55. 9 2. alzor,q. w. ully. Chenz. 118 (1921), 141.

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Zur Kmntnis der Reffikktionen in festem 7mtande. 95

IV. Von den bis jetzt untersuchten 157 festen Systemen sind 42 BaO- und 19 SrO-Systeme.

In meinen friiheren Beitragen zur Frage habe ich gezeigt, dalj das BaO und SrO stark hygroskopische Substanzen sind und immer groBere Mengen Wasser in Form von Wydraten enthalten. Ba(OH), und Sr(OH], schmelzen bei etwa 387 bzw. etwa 495O. Da die beiden Oxyde immer eine feine porose Masse besitzen, so wird ihre gro6e Oberfl&che - 5uBere und innere - mit einer dickeren bzw. diinneren Schicht von Hydraten bedeckt. Der gesarnte Hgdrat- gehalt des BaO-Braparats, mi t welchem H. und T. gearbeitet haben, steigt bis 20°/0 von dem Gtewicht des BaO. Yeine Untersuchungen haben aber gezeigt, dab in der Dauer des Zerreibenu, des Mischens und des Erhitzens der Wassergehalt in den Systemen bis 43O/, steigen kann. Bei Eutektikum des Systems BaO Ba(OH)), bztv. SrO - Sr(OH), wird also die game a d e r e und innere OberflBche aller Teilchen mit einer Schicht von geschmolzenem Bydrat bedeckt. Beim Durchstudieren der Erhitzungskurve aller BaO- und Sr 0-Systeme sieht man, daB der steile Teil der Kurve weit die Schmelztemperatur des Ba(OH), bzw. Sr(OH), uberschreitet. In allen obenerwahnten BaO- und SrO-Systemen vollzieht sich also die Reaktion unter Teil- nahme einer Fiiissigkeit.

V. Bei der Tsch. bzw. dem maximalen Temperaturaufstieg der Erhitzungskurve besitzt eine der Komponenten in den in Tab. 3 an- gegebenen Systemen mefibare Dampfspannung.

Tabelle 3. t in 0 bei Beginn me&

Tsch. in barer Verdsmpfung des 82. CaO + Sb,O, . . . . 490 T. Sb,O, 400

84. PbO + Sb,O, . . . . 400 T. 85. ZnO + Sb,O, . . . . 485 T. 96. NiO+Sb,O, . . . . 600 T. 87. CnO+Sb,O, . . . . 420 1'. 88. PbO + ZrO, . . . . 700 'I!. PbO 700

83. MgO -I- Sb,O,. . . . 500 T.

Max. Aufstieg der Er- bitzungskurve in O

89. PbO +MOO, . . . . 700 T. MOO, unter 600 90. PbO-t- WO, . . , . 700 T. wo, 600 (s. 97) 91. CaO + WO, . . . . 750 T. 92. FeO -t- WO, . . . . 700 T. 93. Be0 +-MOO, . . . . 600 T. Moo, unter 600

TI. Die Erhitznngskurve des Systems Fe + PbO zeigt von 460° an einen sehr kleinen thermischen Effekt. Bei dem so groBen

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Tsch. in O

101. ZnS + CdO . . . 400 T. 102. ZuS -!- PbO . . . 400 1'.

Tsch. in PbS + CdO . . . . . 400 T. ZnS-j-CuO . . . . . 400 T.

Wgrmeeffekt der Reaktion

100. F e + PbO I- P b + FeO + 15,2 Cal T. wiirde, falls dieselbe wirklich teilweise unter diesen Bedingungen stattgefunden hat, dsls freigewordene Blei schmelzen - Schmelz- temperatur 3270 - und miiBte darum die Reaktion spontan bis Ende verlaufen. Meine Versuche haben gezeigt, daB die Erhitzungs- kurve des freien Eisenpulvers auch eine schwache Abweichung von diesem Temperataturgebiet, sicherlich wegen der Oxydation des Eisens, zeigt.

VII. Die Prozcsse in den Systemen

sind auch keine Reaktionen zwischen zwei Kristallarten, weil einer- seits sich bei ihrer Ausfuhrung in Anwesenheit von Sauerstoff und W asserdiimpfen von den Sulfiden freier Schmefel entwickelt, ander- seits eine Reihe von Oxydationsprozessen dabei, unter Bildung von Sulfaten, stattfindet, welche Sulfate in sehr kompliziertem Gleich- gewicht mit dem Schwefelsaureanhydrid stehen.

VIII. Durch die Entwicklung von freiem S aus dem ZnS und durch die Verbindung desselben mit dem freien Mg erklart sich der kleine Effekt auf der Erhitzungskurve des Systems

105. ZnS -k Mg = MgS + Zn T. Falls unter diesen Bedingungen (440O) eine Umsetzung wirklich statt- finden wurde, so wurde dabei das freigewordene Zn schmelzen und miiBte die Reaktion spontan bis z t ~ Ende verlaufen.

1x. Es fallt auf, daB CeO,, das beim Erhitzen so bestindig ist, in einern verh'altmisma6ig niedrigen Interval1 der Temperatur mit folgendem Oxyde reagiert.

I n diesem Falle ist jedoch der Gang der Reaktion nicht ein- fach - mau erhalt bei dieser Erhitzung nicht die Salze des CeO,, sondern diese des Ce,O,. Die Ekistenz des letzteren Oxyds als freie Verbindung ist bis jetzt nicht mit Sicherheit bestiitigt und kijnnte man daher den Gang der erwahnten Beaktionen nicht deuten, ehe seine Eigenschaften und speziell Schmelztemperatur , Dampf- spannung, Kristallstruktur erkannt werden.

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Zur Kenntlzis der Reaktionen in fesiem Zustande. 97

X. Die Umsetzung in dem System FeSO, + CaO (H.) geht, unter Bildung von PeO und CaSO,, nicht einfach, sondern findet bei derselben Renktion die Bildung von CaSO,, Fe,O, und SO, statt. Bei dieser Komplizierung des Ganges der Beaktion muB dieselbe auBer unserer Betrachtung bleiben.

XI. Die Reaktion zwischen CuO und WO, (T.) beginnt bei 6000 - vom Pyrometer bei Aufnahme der Erhitzungskurve gezeigt. Durch spezielle Versuche hat WESTEEHOLDT die Geschwindigkeit gemessen, mit welcher das gepreBte CuO und geprebtes WO, bei 620 bzw. 770°, ferner das gepreBte PbO rnit WO, bei TOOo rengieren.

Ich habe ganz reine WO, dargestellt l), indem ich zu einer kon- zentrierten Losung yon NaWO, (pro Analysi KAHLBAUM) beim Sieden konzentrierte (1 : 1) HC1 und 7°/0 HNO, zugefiigt habe. Nach achtmaliqem Dekantieren murde der Niederschlag durch ein Membran- filter filtriert und mit verdiinnter HCl ausgewaschen, bis das Filtrat fast keine Reaktion des Na - Flammenfarbung - gibt. Das bis 160° getrocknete WO, wurde in einem Mijrser fein zerrieben und dann bis 600-700° in einem Porzellantiegelrohr 30 Ninuten lang erhitzt. An die kiilteren Stellen des Tiegels kleben sich dunkel- violette Kristalle - mit glanzenden FlLchen, die beim Zerbrechen dunkelbraune Nuance zeigen. Genau dasselbe Sublimat erhalt man, wenn dieselbe Masse mehrmals wiedererhitzt wird. Es ist also das reine WO, bei 600° bereits meBbar fliichtig und geben uns darum die Messungen WESTERHOLDT’S kein Bild iiber die Diffusions- geschwindigkeit der beiden in Frage kommenden festen Kompo. nent en.

XII. Die Ergebnisse von H. beziiglich der Reaktionen zwischen den Erdalkalioxyden und Sulfiden, Carbiden, Siliciden und Phosphiden k6nnen nicht als solche betrachtet werden, die uns das Eintreten der Reaktion zwischen zwei Kristallarten zeigen, d a zweifellos der Gang der Reaktionen in dem Fall kein einfacher ist. Die Kompli- zierung dieser Frage wird klar, wenn man die Resultate von W. BENDERES und E. GOUDBAU~) durchstudiert. So z. B. geht von dem auf S. 9 5 3 abgebildeten Diagramm hervor, daB in Dauer des

l) ABEQQ’S Handbuch der anorg. Chem. IV (1921), 187.

*) 2. aaorg. w. allg. Chem 126 (1923), 95. Z. anorg. U. allg. Chem. Bd. 160. 7

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Oxydationsprozesses des CuS 6 verschiedene Qleichgewichte existieren kijnnen, von welchen ein jedes seine eigene Gasspannung besitzt. Nach H. f inde t d e r P la t zwechse l i n dem Sys tem C a O + C u s s i n 0, bei 372Of3 statt. B e i d i e se r T e m p e r a t u r besi tz t d i e SO,-Spannnng i n dem Sys tem

cu,s + 2CUS0, 2- cu,o + so, e i n e n W e r t von e twa 300mm.

XIII. Von allen 147 bisher von T., H., B. und BILTZ unter- suchten kraftigen Reaktionen zwischen zwei festen Komponenten verlauft also die Reaktion im Temperaturintervall der metibaren Anfsteigung der Erhitzungskurve in 11 4 Systemen zweifellos nicht zwischen zwei festen Phasen sondern zwischen einer festen und einer fliissigen, oder einer festen und einer gasfiirmigen, oder einer fliissigen und einer gasformigen; in 18 Systemen ist der (fang der Reaktion nicht einfach und sind die Intermediarprodukte nicfit bekannt.

XIV. Auf welche Art und Weise man arbeitet, urn die Er- hitzungskurve eines pulverformigen Gemenges aufnehmen zu kiinnen, ist von T. und H. ausfiihrlich beschrieben worden. Bei ununter- brochener Steigung der Temperatur kommt der Wkmestrom von dem Heizrohr heraus und erwiirmt zuerst das Tiegelrohr, durch die Wande des letzteren erwhmt sich das Qemenge, letzteres erwarmt rlie Schutzrohrchen des Pyrometers und erst dann wird das Kijpfchen des Pyrometers erwarmt. Es unterliegt keinem Zweifel, daS bei dieser Erwarmungsweise und bei verhaltnismltiig groBer Erhitzungs- geschwindjgkeit ( 1 - 3 O in der Sek.) d e r Un te r sch ied zwischen d e r T e m p e r a t u r d e r i nne ren WLnde d e s T iege l roh res und d e r von dem P y r o m e t e r geze ig ten T e m p e r a t u r z ieml ich bedeu tend se in wird. Jetzt aber versuchte ich direkt diesen Unter- schied vermittels zweier Pyrometer, yon denen das eine ohne Schutz- rShrchen bis auf den Boden des Tiegelrohres in eine Masse von MgO hineingesteckt wurde, das andere mit Schutzrohrchen - letzteres von dem Physikochemischen Institut in Gottingen geliefert, Diclre der Wande 0,6 mm - etwa 'Iz cm von dem Boden entfernt und sich mitten der MgO-Masse befindend, zu bestimmen. Es hat sioh herausgestellt, d a b d e r Unterschied zwischen d e n v o n be iden P y r o m e t e r n geze ig ten T e m p e r a t u r e n be i e ine r Er- h i tzungsgeschwindigkei t von 11/20 i n d e r Sek. u b e r 300° e r - r e i chen kann. Bei Anwendung von Schiitzrtihrchen mit dickeren

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Zur Kenntnis dcr Baktionen in festem Zustande. 99

Wiinden, Einstellung des Pyrometers hoher von dem Boden des Tiegelrohres und beim Arbeiten mit griiBerer Erhitzungsgeschwindig- keit mu8 dieser Unterschied noch grijBer sein. H. hat bei seinen Versuchen 0,3 g Substanz verwendet. In der Arbeit von T. ist uber das Quantum der Gemenge, mit welchen die Versuche vorgenommen worden sind, nichts erwghnt.

XV. Der soeben gegebene Befund 1&Bt uns annehmen, da8 bei Tsch. der Systeme 130, 131 NiO.V,O, und CuO.V,O, - 515 bzw. 550°, der grijBte Teil der Masse in der Tat hoher als die Schmelztemperatur des V,O, mit welchem KALSING gearbeitet hat - 6564 erwlirmt ist.

Dasselbe gilt aucli fur das System 132 CaO - AgNO, - Tsch. 172O, Scbmelztemperatur des AgNO, 207O.

XVI. Die iibrigen 5 Systeme von der Tab. 4 habe ich aufs neue untersucht. Um moglichst genau die Tsch. der Gemenge zu be- dimmen, wurde das Pyrometer nur 0,3 mm iiber den Boden des Tiegelrohres hineingesteckt.

MgO.MoO,. Die Tsch. liegt bei 500O. Die Reaktion verltiuft kraftig und die Temperatur steigt schnell bis 600° - Temperatur, bei welcher das MOO, mel3bare Dampfspannung besitzt.

Die Temperatur steigt bis 8004 Schon bei 615O besitzt das WO, merkliche Dampfspannung und Abdampfungsgeschwindigkeit.

PeO. MOO,. Der thermische Effekt der Reaktion ist sehr klein. Die Abweichung der Erhitzungskurve von ihrem normalen Gang beginnt bei 600O.

CaO . PbSO,. Die beiden Prtiparate wurden zuerst bis 900 bzw. 600° erhitzt. Die Reaktion beginnt bei 680O. Das Eutektikum des Systems PbO - PbSO, liegt bei 750°1) - also 130° unter der Schmelz- temperatur des PbO. Nimmt man in Betracht das im Punkte XIV Festgestellte, so wird es zweifellos, dab die Umsetzung in dem in Frage kommenden System merklich zwischen geschmolzenem Eutek- tikum und festem CaO anfiingt und verliiuft.

PbOeMgSO,. Reine und getrocknete Romponenten dieses Systems geben bei deren Erhitzung keine merkliche Abweichung auf der Erhitzungakurve bei 700O.

Das reine V,O, schmilit bei 8004

MgO a WO,. Tsch. - 615O.

*) LAXDOLT'S Tabellen 1928 I, 619. 7 *

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XVII. Es verlaufen also i n de r T a t alle bisher un te r - suchten Beakt ionen zwischen zwei Kr i s t a l l a r t en , welche Reakt ionen einen klaren thermischen Effekt auf der Er- hitzungskurve zeigen und deren Gang einfach ist, i n An- wesenheit e iner Fli issigkeit oder sie sind i n de r T a t ein- fach D c s t i 11 ati o n 8 pro z e s s e.

Bei der Ausffihrung dieser Arbeit waren mir die Herren S. KOWANDZ~EW und K. KUBELLEW behilflich. Ich spreche ihnen bierdurch meinen Dank Bus.

Bei der Redaktion eingegangen 8. Dezember 1926.