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Zur Kenntnis der Urethanempfindlichkeit der Samen- dehydrogenasen Von T. Thunberg. (Aus dem Physiologischen Institut zu Lund.) Der Einfluß von Urethanen auf Dehydrogenasen ist zum erstenmal von Svensson (1923), am hiesigen Laboratorium, studiert worden. Die Untersuchung, die sich auf die Einwirkung der Urethane auf Suc- cinodehydrogenase beschränkte, zeigte mit großer Deutlichkeit, daß sämtliche Urethane die Fähigkeit besitzen, eine gewisse hemmende Wirkung auszuüben, die um so stärker wird, je höher man in der homo- logen Reihe kommt. Während also Methylurethan und Äthylurethan eine nur schwache hemmende Wirkung ausübten, wurde diese immer stärker, als man zu Propylurethan, i-Butylurethan und i-Amylurethan überging. (Eine graphische Darstellung dieser Versuche bei v. Euler, S. 526.) Es sei auch auf die Untersuchungen Sens (1931) hingewiesen, in denen Äthylurethan und Phenylurethan hinsichtlich ihres Einflusses nicht nur auf Succinodehydrogenase, sondern auch auf Xanthinoxydase, bzw. das Schardinger-Enzym, studiert wurden. — An Muskulatur vom Frosch, doch auch vom Kaninchen und Hund hat Behnecke ( I 93 I ) unter Anwendung von Natriumsalzen der Hexosediphosphor- säure, Glycerinphosphorsäure und Bernsteinsäure ebenfalls die hem- mende Wirkung von Urethan auf Dehydrogenasensysteme untersucht. Auch sei an die Versuche von Haidane und Mitarbeitern (1931) an B. coli, u. a. mit Phenylurethan, erinnert. Besonderes Interesse hat der Einfluß der Urethane auf die biologische Wasserstoffaktivierung erlangt, seit Keilin (1929) gefunden hat, daß Äthylurethan in einer onzentration, bei der es die Wasser st offaktivierung der Zellen durch ie ehydrogenasen wesentlich hemmt, die Indophenoloxydase (Cyto- chromoxydase) unberührt läßt. ^ Der Redaktion am 15. Mai I 93 6 zugegangen. Skandinav. Archiv. 75. 4

Zur Kenntnis der Urethanempfindlichkeit der Samendehydrogenasen

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Zur Kenntnis der Urethanempfindlichkeit der Samen-dehydrogenasen

Von T. Thunberg.

(Aus dem Physiologischen Ins t i tu t zu Lund.)

Der Einfluß von Urethanen auf Dehydrogenasen ist zum erstenmal von S v e n s s o n (1923), am hiesigen Laboratorium, studiert worden. Die Untersuchung, die sich auf die Einwirkung der Urethane auf Suc-cinodehydrogenase beschränkte, zeigte mit großer Deutlichkeit, daß sämtliche Urethane die Fähigkeit besitzen, eine gewisse hemmende Wirkung auszuüben, die um so stärker wird, je höher man in der homo-logen Reihe kommt. Während also Methylurethan und Äthylurethan eine nur schwache hemmende Wirkung ausübten, wurde diese immer stärker, als man zu Propylurethan, i-Butylurethan und i-Amylurethan überging. (Eine graphische Darstellung dieser Versuche bei v. E u l e r , S. 526.)

Es sei auch auf die Untersuchungen Sens (1931) hingewiesen, in denen Äthylurethan und Phenylurethan hinsichtlich ihres Einflusses nicht nur auf Succinodehydrogenase, sondern auch auf Xanthinoxydase, bzw. das Schardinger-Enzym, studiert wurden. — An Muskulatur vom Frosch, doch auch vom Kaninchen und Hund hat B e h n e c k e ( I93 I) unter Anwendung von Natriumsalzen der Hexosediphosphor-säure, Glycerinphosphorsäure und Bernsteinsäure ebenfalls die hem-mende Wirkung von Urethan auf Dehydrogenasensysteme untersucht. Auch sei an die Versuche von H a i d a n e und Mitarbeitern (1931) an B. coli, u. a. mit Phenylurethan, erinnert. — Besonderes Interesse hat der Einfluß der Urethane auf die biologische Wasserstoffaktivierung erlangt, seit K e i l i n (1929) gefunden hat, daß Äthylurethan in einer

onzentration, bei der es die Wasser st off aktivierung der Zellen durch ie ehydrogenasen wesentlich hemmt, die Indophenoloxydase (Cyto-

chromoxydase) unberührt läßt.

^ Der Redaktion am 15. Mai I936 zugegangen. Skandinav. Archiv. 75.

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50 T . THUNBERG:

Angesichts des Interesses, das die Frage des Einflusses der Urethane auf die enzymatischen Dehydrogenisierungsprozesse besitzt, erschien es mir eine Aufgabe, die hierhergehörigen Verhältnisse mehr im einzelnen zu prüfen. Besonders habe ich untersuchen wollen, ob verschiedene Dehydrogenasensysteme auf dieselbe oder verschiedene Art auf ein und dasselbe Urethan reagieren.

Versuchsmaterial und Versuchsmethode. Als Ausgangsmaterial zur Darstellung von Dehydrogenasen

benutzte ich dehydrogenasenreiche Samen von Pisum sativum und Cucumis sativus, aus denen in der früher beschriebenen Weise Phos-phatextrakte hergestellt wurden (siehe T h u n b e r g 1935 und 1936 a). — Die Wirkungen der Dehydrogenasen sind unter Benutzung meiner Mb.-Methode studiert worden. Hier werden nur die Einzelheiten mitge-teilt, die notwendig sind, um die Reproduktion der Versuche zu er-möglichen.

Ein Versuchsprotokoll sei hier wiedergegeben.

Versuch 1. A. B e n u t z t e L ö s u n g e n :

1. E n z y m l ö s u n g . Die im H a n d e l u n t e r der Beze i chnung Amer i can W o n d e r e rhä l t l i che Marke rbsenso r t e wi rd fe in pu lver i s ie r t u n d d u r c h Sieben d u r c h ein feines Sieb mögl ichs t v o n Scha lensus t anz be f re i t . D a s auf diese Weise e rha l t ene E r b s e n m e h l wird m i t der 20 - fachen Menge 0,05 m o l a r e m ( o , 8 7 % i g e m ) K 2 H P 0 4

30 M i n u t e n l a n g in e inem Mörser e x t r a h i e r t , w ä h r e n d welcher Zeit d a n n u n d w a n n m i t d e m Pis t i l l u m g e r ü h r t wi rd .

Die so e r h a l t e n e Suspens ion wird d a n n k r ä f t i g zen t r i fug ie r t , so d a ß sich die suspend ie r t en Tei le als eine Bodensch i ch t abse tzen , ü b e r der eine m e h r oder weniger k la re L ö s u n g e r h a l t e n wi rd . Diese wi rd in Eiswasser ges te l l t . Diese Lösung ( » E n z y m « ) wird f ü r unse re U n t e r s u c h u n g e n v e r w a n d t .

2. M e t h y l e n b l a u medic ina le 1 : 50000 (Mb.) . 3. Ä t h y l u r e t h a n , 5 -molare Lösung . Von d e m Ä t h y l u r e t h a n sind also 4,45 g

u n t e r s chwachem E r w ä r m e n in W a s s e r zu 10 ml gelöst worden ( = A) . D u r c h V e r d ü n n u n g dieser L ö s u n g im Verhä l t n i s 1 + 4 bzw. 1 -f- 24 w u r d e mola re ( = B ) bzw. 0,2 m o l a r e ( = C) Lösung e rha l t en .

B. V e r w e n d e t e G e r ä t e .

1. i i V a k u u m r ö h r e n (»Thunberg-Röhren«) . 2. L u f t p u m p e . 3. W a s s e r t h e r m o s t a t , der bei 3 5 ° C geha l t en wird.

C. A u s f ü h r u n g d e s V e r s u c h e s .

Sämt l i che R ö h r e n werden m i t 0,5 m l Mb. u n d 0,5 m l E n z y m beschick t , wobei zu b e a c h t e n is t , d a ß die E n z y m l ö s u n g jeder e inzelnen R ö h r e e r s t u n m i t t e l b a r vor d e m E v a k u i e r e n zugese tz t wird . Die U r e t h a n l ö s u n g wird den verschiedenen R ö h r e n in -versch iedenen Mengen u n d K o n z e n t r a t i o n e n zugesetz t , näml ich in der Weise, d a ß 0 ,1, bzw. 0,2 und 0,4 m l der s chwächs t en U r e t h a n l ö s u n g (C) den

ZUR KENNTNIS DER URETHANEMPFINDLICHKEIT USW. 5 1

Röhren 2, 3 und 4 zugesetzt werden. Den Röhren 5—8 setzt man entsprechende Mengen der Urethanlösung B und den Röhren 8—10 dieselben Mengen der stärksten Konzentration (A) zu. Die erste und die letzte Röhre der Serie erhalten kein Urethan und dienen zur Kontrolle.

Sämtliche Röhren werden mit so viel Aq. dest. versetzt, daß der Gesamt-inhalt jeder Röhre 2 ml beträgt.

Die so beschickten Röhren werden nach der für diese Methode üblichen Weise behandelt. Die Entfärbungszeiten werden beobachtet. Dieselben sind aus Tabelle 1 ersichtlich, die auch die Urethanmenge jeder Röhre in Millimol bzw. mg/ml angibt.

Tabelle 1. Pisum sativum.

Äthylurethan Entfärbungszeit. Min. Millimol per ml. Milligr. per ml. K. Urethan

— — 19 0 . 0 1 0 0 . 9 19 0 . 0 2 0 1 .8 19 0 . 0 4 0 3-6 19 0 . 0 5 0 4-5 2 0 0.10 8 . 9 2 2 0 . 2 0 1 7 . 8 34 0 . 2 5 2 2 . 3 47 0 . 5 0 44-5 61 i .o 8 9 . 0 > 90

. — 19

Wie aus der Tabelle hervorgeht, erfährt der untersuchte Ent-färbungsprozeß erst bei einer Äthylurethankonzentration von 0,05 Milli-mol/ml eine Hemmung. Bei einer Konzentration Von 0,20 Millimol/'ml ist die Reaktionsgeschwindigkeit ungefähr um die Hälfte ihres Wertes gesunken. Bei einer Konzentration von 1 Millimol/ml hat die Ent-färbungszeit einen Zeitwert von 90 Min. überschritten. Die Entfärbung verläuft in diesem Fall so langsam, daß es für unnötig erachtet wurde, sie zu verfolgen.

Außer den in Tabelle 1 mitgeteilten Werten für die hemmende Wirkung der Urethane wurden auch die entsprechenden Werte für 0,5 molares Methylurethan und 0,5 molares Äthylurethan in der Reaktions-mischung bestimmt. Von der ursprünglichen EntfärbungsWirkung waren dabei im Methylurethanversuch 71% und im Äthylurethan-Versuch 31% übrig.

Dieser Versuch mit Äthylurethan in 0,5 molarer Konzentration ermöglicht einen Vergleich mit dem von Kei l in (1929) an einer Hefe-suspension beobachteten Hemmungseffekt. Das Äthylurethan ver-zögerte dabei in einer 0,57 molaren Konzentration die Reduktion des Cytochroms von 17 Sek. auf 45 Sek., was bedeutet, daß die genannte

4*

52 T , T H U N B E R G :

Reaktion unter dem Einfluß des Äthylurethans 2—3 mal langsamer vor sich geht. Die Übereinstimmung mit den von mir beobachteten Werten in einer zwar etwas schwächeren Urethankonzentration und an einem anderen Dehydrogenasesy stem ist nicht schlecht.

Ich verwandte bei diesen Versuchen über den Einfluß einer hemmenden Substanz u. a. deshalb Samen von Pisum sativum, weil Pisum einen Extrakt mit relativ kurzer Spontanentfärbung ergibt. Dies hat zur Folge, daß auch bei einer gewissen Verzögerung der Entfärbung durch ein zugesetztes Gift die Entfärbungszeit nicht so lang wird, daß der Versuch schwer zu verfolgen ist. Letzteres ist dagegen häufig bei Phosphatextrakt aus Samen von Cucumis sativus der Fall. Für diesen Extrakt erfordert schon die Spontanentfärbung eine Zeit von 60—90 Min. weshalb wenigstens ein Studium einer stärkeren Hemmungswirkung eine Ausdehnung der Beobachtung über recht lange Zeiträume nötig macht. Eine Komplikation, mit der man bei langer Entfärbungszeit rechnen muß, ist die Möglichkeit, daß eine Bakterienwirkung zu dem Entfärbungseffekt der Enzymlösung hinzutritt.

Überhaupt kann man die Regel aufstellen, daß bei einer Unter-suchung der Hemmungswirkung auf die Spontanentfärbung zweck-mäßig Extrakt mit kurzer Entfärbungszeit und bei Untersuchung eines Beschleunigungseffektes Extrakt mit langer Entfärbungszeit zu be-nutzen ist.

(Wenn ich hier nicht auf die nicht wenigen Möglichkeiten eingehe, die es gibt, um die Entfärbungszeit anzupassen, z. B. Änderung der benutzten Temperatur, Änderung der Menge des Redoxindikators, so liegt dies besonders daran, daß ich Resultate erzielen wollte, die in möglichst hohem Grade Vergleiche gestatteten.)

*

In entsprechender Weise sind nun an Pisumextrakt Versuche mit Methylurethan, Propylurethan, i-Butylurethan und i-Amylurethan ausgeführt worden. Bezüglich der beiden letztgenannten Urethane sei erwähnt, daß die relative Schwerlöslichkeit derselben ihre Verwen-dung in stärkeren Konzentrationen als den in der Tabelle angegebenen verhindert. Um diese Konzentrationen zu erhalten, war es übrigens notwendig, sie in etwas erwärmter Lösung zuzusetzen. Dank der Ver-dünnung, die sie durch die Mischung mit den anderen Flüssigkeits-mengen in den Versuchsröhren erfahren, riskiert man jedoch nicht, daß sie dort ausfallen.

ZUR KENNTNIS DER URETHANEMPFINDLICHKEIT USW. 53

Die Ergebnisse sind in einer graphischen Darstellung zusammen-getragen worden. Die Abszisse gibt in molarem Maß die Urethan-konzentration im Gesamtinhalt der Versuchsröhren an. Die Ordinaten geben die in den Urethanversuchen erhaltenen >: Minutenentfärbungs-werte« in Prozent des Minutenentfärbungswertes der Kontrollröhren an. (Bezüglich der Bedeutung des Begriffes Minutenentfärbungswert sei auf eine frühere Mitteilung von mir 1936 b, verwiesen.)

700*

SOi

30

50.

Methyl-Urethan X"

Aethyl-30' •

Phopyt - o o 20-

A— Ä

70*

0,2 0.7 ce urethan —-

Fig. 1. Aus der Figur geht hervor, daß die hemmende Wirkung der Ure-

thane auf den hier untersuchten enzymatischen Prozeß mit der Lage in der homologen Reihe steigt. Methylurethan hat also die schwächste Wirkung und i-Amylurethan die stärkste. (Die Kurve des Propyl-urethans, die scheinbar die Wirkungskurve des i-Butylurethans schneiden will, dürfte jedoch wahrscheinlich, ehe dies stattfindet, nach oben hin abschwenken.)

• *

54 T . THUNBERG:

Das Arbeiten mit der Spontanentfärbung eines gewissen Samen-extraktes ist mit der Schwierigkeit verbunden, daß man nicht die Art der dabei wirksamen Enzymsysteme und der durch dieselben aktivierten Wasserstoffdonatoren kennt. Andererseits kann man davon ausgehen, daß diese Donatoren, als im Samen präformiert, sicherlich biologischer Art sind.

Das Arbeiten mit chemisch definierten Wasserstoffdonatoren ist möglich, wenn wir die in einer Samenart enthaltenen Dehydrogenasen und die Donatorsubstanzen, auf die sie eingestellt sind, kennen. Was z. B. den vielfach studierten Samen von Cucumis betrifft, so ist be-kannt, daß er Dehydrogenasen enthält, die u. a. auf Apfelsäure, Gluta-minsäure, Zitronensäure, Äthylalkohol und Hexosediphosphorsäure eingestellt sind.

Unter Zusatz dieser Donatorsubstanzen -— Apfelsäure, Glutamin-säure in Lösungen von 0,1 mol. Konzentration, Hexosediphosphor-säure in der Verdünnung i : iooo und Zitronensäure i : 50000 — wurde nun ein vorbereitender Versuch über die Hemmungswirkung gemacht, die man erhielt, wenn Äthylurethan den Versuchsröhren in einer solchen Menge zugesetzt wurde, daß die Urethankonzentration der Lösung 0,25 mol. war.

Der Versuch wurde im übrigen wie Versuch 1 ausgeführt. Es sei indessen hinzugefügt, daß, wie aus Tabelle 2 hervorgeht, die Donator-lösungen teils in Mengen von 0,2 ml. und teils 0,4 ml. benutzt wurden.

Tabelle 2. Cucumis sa t ivus

0 . 2 ml . 0 . 4 ml .

Äthyla lkohol 50 24 Candiolin 6 0 52 Apfelsäure 6 4 7 i G lu taminsäure 8 8 8 6 Zi t ronensäure 1 3 0 95

In der Tabelle sind die für die verschiedenen Donatoren erhaltenen Minutenentfärbungswerte nach Zusatz von Urethan zusammengestellt worden, und zwar in Prozent der für die Kontrollröhren berechneten Minutenentfärbungswerte. Unter Kontrollröhren werden in diesem Zusammenhang Röhren verstanden, welche die entsprechende Menge Donatorsubstanz enthalten, jedoch frei von Urethan sind. Bezüglich der hier zur Anwendung gelangenden Berechnung, die zu einem zahlen-mäßigen Ausdruck für den Anteil der gesamten Hemmungswirkung des Urethans oder eines anderen Giftes bei einem individuellen Enzym-system führt, sei auf Thunberg verwiesen (Thunberg 1936 b).

Z U R K E N N T N I S DER URETHANEMPFINDLICHKEIT U S W . 5 5

Schon das Ergebnis dieses Versuches läßt darauf schließen, daß Äthylurethan auf Äthylalkohol und auch auf Hexosediphosphorsäure eine stärkere hemmende Wirkung ausübt als gegenüber 1-Apfelsäure, Glutaminsäure und Zitronensäure. Die betreffenden Versuche wurden deshalb unter Anwendung einer Reihe von Konzentrationen der ver-schiedenen Donatorsubstanzen weitergeführt, wobei besonderes Gewicht darauf gelegt wurde, daß die Entfärbungszeiten der verschiedenen Sub-stanzen von einigermaßen gleicher Größenordnung waren.

Das Verfahren möge durch Angabe der Einzelheiten eines solchen Versuches beleuchtet werden.

Versuch 2. A. B e n u t z t e L ö s u n g e n :

1. Enzymlösung. Geschäl te Samen von Cucumis sa t ivus werden in der gewohnten Weise mi t der v ierfachen Menge 0,87% igem K 2 H P 0 4 ex t rahier t , worauf m a n in der gewohnten Weise durch Zentr i fugieren die enzymhal t ige Lösung herstel l t .

2. 60 mg Glu taminsäure neu t r . mi t Kal i lauge und auf 4 ml ve rdünn t . 3. 0 ,1 ml Äthyla lkohol werden mi t Aqua auf 18 ml v e r d ü n n t . 4. 0,89 g Ä t h y l u r e t h a n werden in Wasser auf 10 ml gelöst. Auf diese Weise e rhä l t m a n 0,1 molare Lösungen der Glu taminsäure u n d

des Äthylalkohols und molare Lösung des Ä thy lu re thans . 5 . M e t h y l e n b l a u 1 : 5 0 0 0 0 .

B. V e r w e n d e t e G e r ä t e : 1. 16 Vakuumröhren (»Thunbergröhren«) . 2. L u f t p u m p e . 3. Wasse r the rmos ta t , 30° C.

C. A u s f ü h r u n g d e s V e r s u c h e s : E ine Serie von Vakuumröhren wird fo lgendermaßen beschickt . Sämtliche Röhren werden mi t 0,5 ml Mb. und 0,5 ml Enzymlösung beschickt,

wobei jedoch zu beach ten ist , daß das E n z y m jeder Röhre ers t unmi t t e lba r vor Fert igstel len und Evakuie ren derselben zugesetzt wird. D a n n werden 2 Serien von Vakuumröhren mi t 0 ,1 bzw. 0,2 und 0,4 ml Äthyla lkohol versetz t , außerdem erhä l t jede Röhre der einen Serie 0,5 ml U r e t h a n . I n derselben Weise ve r fäh r t m a n auch mi t 2 Serien Glutaminsäureröhren . Vor und nach diesen mi t besonderen Donatoren verse tz ten Röhren kommen Kontrol l röhren mi t und ohne Ure than , die also Mb. und Enzymlösung sowie eine Wassermenge en tha l ten , durch die der Gesamt inhal t auf 2 ml gebracht wird. N u n werden die so beschickten Röhren in der üblichen Weise behande l t ; die Ent fä rbungsze i ten werden verzeichnet und zusammengestel l t , wie aus Tabelle 3 ersichtlich ist .

Unter Anwendung dieser Berechnung wird dann Tabelle 3, die also nur die unter verschiedenen Verhältnissen erhaltenen Zeitwerte angibt, zu Tabelle 4 umgeformt, welche die prozentualen Restwerte für Äthylalkohol und Glutaminsäure nach Urethansusatz in ihrer Abhängigkeit von der zugesetzten Donatormenge angibt.

56 T . THUNBERG:

Tabelle 3. Cucumis sativus.

Donatorlösung Entfärbungszeiten, Minuten

Zugesetzte Menge, ml

Äthylalkohol Glutaminsäure Zugesetzte Menge, ml Ohne Ur. Mit Ur. Ohne Ur. Mit Ur.

— 8.7-5 1 2 8 . 5 8 7 . 5 1 2 8 . 5 0.1 44 129 4 0 69 0 . 2 335 I 2 I . 5 33 55 0 . 4 2 0 84 2 6 . 5 47 — 87-5 128.5 87-5 1 2 8 . 5

Tabelle 4. Cucumis sativus.

Rest-Werte des Entfärbungseffekts verschiedener Donator-Systeme nach Urethan-zusatz.

Donatorlösung Äthylalkohol Glutaminsäure Zugesetzte Menge, ml. % %

0 . 1 — 2 . 7 + 49-3 0 . 2 + 2 . 7 + 55-o 0 . 4 + 1 0 . 6 + 5I-3

Aus dieser Tabelle geht hervor, daß nach Zusatz der hier benutzten Urethanmenge ungefähr die Hälfte der Entfärbungswirkung des Glu-taminsäuresystems übrig bleibt, während der Entfärbungseffekt des Äthylalkoholsystems durch dieselbe Urethanmenge praktisch vernichtet worden ist.

In Tabelle 5 sind für Versuche, in denen Alkohol bzw. Glutamin-säure als Donatorsubstanzen dienten, die nach Zusatz ve r sch iedene r Urethane übriggebliebenen Restwerte zusammengestellt. Diese werden in Prozent der Entfärbungswerte der entsprechenden Röhren ohne Urethanzusatz ausgedrückt. In Kolumne A der Tabelle werden die angewandten Urethane nebst den Konzentrationen angegeben, in wel-chen sie in den fertig beschickten Reaktionsröhren vorhanden waren. Methyl- und Äthylurethan wurden also in 0,25 molarer Lösung benutzt, während die höheren Homologen in niedrigeren Konzentrationen ge-braucht wurden. — Kolumne B gibt den Donator an. Die Zahlen 1—29 unter C bezeichnen in millimolarem Maß die Konzentrationen, in denen Äthylalkohol und Glutaminsäure in den entsprechenden Röhren vor-handen waren. In den vertikalen Kolumnen unter diesen Konzentrations-werten wird der nach dem Zusatz von Urethan zurückgebliebene Ent-färbungseffekt des entsprechenden Donatorsystems in Prozent unter Auslassung der Dezimalstellen angegeben.

Z U R K E N N T N I S DER URETHANEMPFINDLICHKEIT USW. 5 7

Tabelle 5. C u c u m i s s a l v u s .

A B C m M o l a r

M o l a r 1 2 4 5 1 0 2 0

M e t h y l - U r . 0 . 2 5 A l k . 5 3 i 5 2 3 2 3 4 2 3 „ G l u t . 7 6 . 6 5 5 9 6 3 6 8 6 5

Ä t h y l - U r . „ A l k . — 4 5 — 1 4 2 — 3 3 1 1 G l u t . 4 2 4 9 4 6 4 9 5 5 5 i

P r o p y l . U r . 0 . 1 2 5 A l k . 2 8 1 4 7 1 3 6 7 , , , , G l u t . 3 7 6 8 6 4 5 9 6 4 6 9

i - B u t y l - U r . 0 . 0 2 A l k . 3 8 4 7 4 6 4 7 5 6 7 0 G l u t . 5 8 6 9 7 2 8 0 1 0 5 1 1 7

i - A m y l - U r . 0 . 0 1 A l k . 4 5 6 4 4 3 — 4 9 6 7 , , „ G l u t . 8 7 8 1 9 0 7 4 8 1 1 3 8

Aus Tabelle 5 geht hervor, daß die größere Empfindlichkeit des Alkoholsystems gegenüber dem Einfluß von Urethan im Verhältnis zu der des Glutaminsäuresystems auch in bezug auf Methylurethan und die höheren Homologen der Urethanreihe hervortritt. Daß der Unter-schied in diesen letzteren Versuchen nicht so kräftig in Erscheinung tr i t t , dürfte damit zusammenhängen, daß die betreffenden Urethane wegen ihrer geringeren Löslichkeit nur in schwächeren Konzentrationen verwendet werden können.

Durch besondere Versuche an Gurkensamenextrakt ist auch fest-gestellt worden, daß das Äthylalkoholsystem gegenüber dem Äthyl-urethan wesentlich empfindlicher ist als das Apfelsäuresystem und das Zitronensäuresystem. Auch das Hexosediphosphorsystem scheint gegen-über der hemmenden Wirkung des Äthylurethans eine größere Wider-standskraft zu besitzen als das Äthylalkoholsystem.

Ich gehe nun zu einigen Versuchen mit Anwendung von Extrakt aus Erbsen, Pisum sativum, über, der sich von dem Cucumisextrakt da-durch unterscheidet, daß nicht nur Äthylalkohol, sondern auch Pro-pylalkohol eine kräftige Donatorwirkung auf denselben ausübt. Da die Empfindlichkeit des Äthylalkohols gegen Äthylurethan möglicherweise damit zusammenhängen könnte, daß das genannte Urethan gerade auf Grund seiner Äthylgruppe dazu neigen dürfte, sich an die Äthylalkohol-dehydrogenase zu binden, wurden vergleichende Versuche über die Hemmungswirkung von Äthylalkohol teils mit Äthylalkohol und teils mit Propylalkohol als Donator gemacht. Das Ergebnis ist aus Tabelle 6 ersichtlich.

In den Versuchen, auf denen die Tabelle aufgebaut ist, wurden die Donatoren, also Äthylalkohol und Propylalkohol, in den fertig be-schickten Röhren in 0,025 molarer Konzentration angewandt. Äthyl-

58 T . THUNBERG:

Tabelle 6. Pisum sativum.

Donator Äthylurethan

Donator 0.05 0.1 0.15 0.20 0.25

Äthylalkohol Propylalkohol

88 77

69 81

68 50

59 18

47 22

urethan war in der fertiggestellten Röhre in den Konzentrationen 0,05 bis 0,10—0,15—0,20 und 0,25 mol. enthalten. Unter den verschiedenen Werten der Äthylurethankonzentration wird der Restwert für die Ent-färbungswirkung der beiden Donatorsysteme angegeben, der nach der oben angegebenen Weise berechnet worden ist.

Aus der Tabelle geht hervor, daß Äthylurethan wenigstens in stärkeren Konzentrationen gegenüber dem Propylalkoholsystem eine stärkere hemmende Wirkung ausübt als gegenüber dem Äthylalkohol-system.

Darauf wurde ein Versuch gemacht, der sich von dem soeben be-schriebenen nur darin unterschied, daß das Äthylurethan durch Propyl-urethan ersetzt wurde. Wie aus Tabelle 7 hervorgeht, zeigt sich das Propylalkoholsystem empfindlicher gegen die genannte Hemmungs-substanz als 'das Äthylalkoholsystem.

Tabelle 7. Pisum sativum.

Donator Propylurethan

Donator 0.05 O.I 0.15 .0.20 0.25

Äthvlalkohol Propylalkohol

59 28

54 19

32 6

11 3

0.5

Die hemmende Wirkung einiger anderer Narkotika auf Dehydrogenasen.

Im Zusammenhang mit den oben geschilderten Versuchen wurden Versuche über den Einfluß einiger anderer bekannterer Narkotika auf die Spontanentfärbung eines Phosphatextraktes von Pisum sativum aus-geführt, nämlich von Chloralhydrat, Diäthylmalonylcarbamid (Veronal) und Hedonal (Methylpropylcarbinol-Urethan). Die hemmende Wirkung dieser Narkotika auf die Spontanentfärbung ist aus Fig. 2 ersichtlich. Die Abszisse gibt die Konzentration der angewandten Narkotika in den fertiggestellten Röhren an. Daß der Diäthylmalonylcarbamidversuch nur bis zu einer Konzentration von 0,01 mol. geführt wurde, beruht auf der Schwerlöslichkeit dieser Substanz.

ZUR KENNTNIS DER URETHANEMPFINDLICHKEIT USW. 5 9

Ein Vergleich zwischen den drei Kurven zeigt, daß hinsichtlich des hier studierten enzymatischen Prozesses Chloralhydrat die stärkste und Hedonal die schwächste hemmende Wirkung ausübt.

100'

- Hedonal

Verona!

Chtoral

0,02 mo /

Fig. 2.

Die hier beobachtete hemmende Wirkung des Diäthylmalonyl-carbamid steht in einem gewissen Gegensatz zu der stimulierenden Wir-kung, die B e h n e c k e (1931) für das Natriumsalz dieser Substanz ge-funden hat, das die Entfärbungszeiten in den von ihm untersuchten Enzymsystemen in stärkeren Konzentrationen kräftig senkt. Das Na-Salz hat indessen eine alkalische Reaktion. Es sind daher weitere Ver-suche notwendig um zu entscheiden, ob nicht die beschleunigende Wir-kung eine Alkaliwirkung sein kann, welche die relativ schwache hem-mende Wirkung des Diäthylmalonylcarbamid überkompensiert.

Zusammenfassung. Verf. teilt eine ^vergleichende Untersuchung über den Einfluß von

Ürethanen auf Dehydrogenasensysteme aus Samen von Pisum sativum

6 0 T . T H U N B E R G : Z U R K E N N T N I S DER URETHANEMPFINDLICHKEIT U S W .

und Cucumis sativus mit. Sämtliche Urethane wirken hemmend, und der Hemmungseffekt wird um so stärker, je höher man in der homologen Reihe kommt. Folgende Urethane sind untersucht worden: Methyl-urethan, Äthylurethan, Propylurethan, i-Butylurethan und i-Amyl-urethan. Die hemmende Wirkung macht sich an allen untersuchten Dehydrogenasensystemen geltend, nämlich an den auf folgende Dona-toren eingestellten: Äthylalkohol, Hexosediphosphorsäure, Apfelsäure, Glutaminsäure und Zitronensäure. Verschiedene Dehydrogenasen-systeme sind indessen verschieden stark empfindlich. Am empfind-lichsten scheint das Enzymsystem zu sein, das Alkohol als Donator gebraucht. — Ferner werden auch Hemmungskurven für Chloralhydrat, Diäthylmalonylcarbamid und Hedonal mitgeteilt.

N o r d i s k I n s u l i n f o n d sage ich für die Bereitstellung von Mitteln für die Durchführung dieser Untersuchungen meinen Dank.

L i t e r a t u r .

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