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Zur Kenntnis der Vorgange, welche sich beim Erhitzen von Polysacchariden in Glycerin abspielen von Hans Pringsheim. (1. XII. 30.) Unter gleichem Titel haben vor kurzem P. Kurrer und E. colt lirn~ss1) eine kritische Abhandlung publiziert, welche zum Teil auch meine Srbeiten betrifft. Sie fiihren an, dass durch Erhitzen von nativen Polysacchariden in Glycerin Produkte erhalten werden konnen, die nur wenig starker als die nativen Polysaccharide selbst reduzieren, und nehmen hierbei Bezug auf das von mir2) aus Lichenin gewonnene Lichosan. Hierzu ist zuerst. zu bemerken, dass das Lichosan ohne reduzierende Beiniengungen zu erhalten ist. Die Verfasser beanstanden des weiteren die aus kryoskopischen Bestimmungen abgeleiteten Xolekulargewichte mit der Begrundung, dass solche Praparate nach den Angaben von E. Bern&) hartnackig Glycerin adsorbiert zuriickhalten. Die Angaben Bemer’s sind jedoch inzwischen von Schlubach und Elmer4) wie auch von Pringsheim und Reillyj) widerlegt worden. Im experimentellen Teil ihrer Arbeit beschreiben Karrer und u. Krauss Versuche, in denen acetylierte Stiicke in Glycerin gelost wahrend mehrerer Stunden Temperaturen von 200--220° ausgesetzt wurde. Hierbei zeigte sich, dass verh&ltnismassig rasch eine weitgehende Abspaltung von Acetylresten eintrat, woraus nach den genannten Autoren hervorgeht, dass bei der Erhitzung der Polysaccharide rnit hydrolytischen Vorghngen zu rechnen sei, die sich suf die glucosidischen Bindungen erstrecken konnen. Demgegeniiber mochte ich hervorheben, dass ich derartige Versuche nicht ausge- fiihrt habe. Der Glycerinabbau wurde von mir nur mit den freien Polysacchariden wie Lichenha), den Starkebe~tandteilen~) und Glykogen’) unternommen. In der Erwartung, daas beim Erhitzen yon Polysaccharid-Acetaten in Glycerin unter Umesterung oder Hydrolyse durch das nicht ganz auszuschliessende Wasser Desacetylierung erfolgen konne, wobei schliesslich bei der hohen Temperatur auch ein Eingriff in die glucosidischen Bindungen moglich sei, habe ich eine derartige Versuchseinstellung vermieden. Bei den Acetaten verwandte ich deshalb beim Lichenin*), Inding) und Saleprnannan’O) ah in- differente und wasserfreie Medien Naphthalin oder Tetralin. So wurden Depolymerisate erzielt, die nach der Entfernung der Acetylgruppen reduktionsfrei waren und mit den Polysacchariden in Bezug auf die spezifische Drehung wie den kinetischen Verlauf der Fermentspaltbarkeit iibereinstimmten. SpLter haben wir einen analogen Abbeu auch durch Kochen der in Chloroform gelosten Acetate mit Benxolsulfonsaurell), ja durch blosses Losen der fteien Polysaccharide in geschmolzenem Acetamid1?),ja Belbst in Form- amid12)bei gewohnlicher Temperatur erzielt und hierbei, z. B. beim Inulin und Glykagen, die bemerkenswerte Beobachtung gemacht, dass die niedrig molekularen Abbauprodukte sich selbstt,&tigwieder in den kolloidalen Ballungszustand der Polysaccharide zuriick- verwandelten. Da dies beim Inulin ausgehend von dem leicht wasserlodichen InuIa n mm schwer Ioslichen Inulin mit allen seinen charakteristischen Eigenscha,ften erfolgte, so ist meine Beweisfiihrung unabhangig von den Nolekulargewichtsbestinimungen, die Rerr Karrer nicht anerkennen will. Seine Kritik kann also meine Versuche nicht treffen. Chemisches Inskitut der UniversitSit Berlin. l) Helv. 13, 1071 (1930). *) B. 58. 2135 (1925). 6) B. 58, 2135 (1925); A. 460. 12 (1928). ’) B. 57, 1581 (1924). 4j B. 63; 2302 (i93oj. j) B. 63, 2636. 3210 (1930). ‘l) B. 61, 2011, 2018 (1928); 62, 1352 (1929); Iioll. 2. ini Druck. 12) B. 62, 2378 (1929); 63, 1093, 2302 (1930). lo) A. 460, 32 (1928).

Zur Kenntnis der Vorgänge, welche sich beim Erhitzen von Polysacchariden in Glycerin abspielen

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Zur Kenntnis der Vorgange, welche sich beim Erhitzen von Polysacchariden in Glycerin abspielen

von Hans Pringsheim. (1. XII. 30.)

Unter gleichem Titel haben vor kurzem P. Kurrer und E . colt lirn~ss1) eine kritische Abhandlung publiziert, welche zum Teil auch meine Srbeiten betrifft. Sie fiihren an, dass durch Erhitzen von nativen Polysacchariden in Glycerin Produkte erhalten werden konnen, die nur wenig starker als die nativen Polysaccharide selbst reduzieren, und nehmen hierbei Bezug auf das von mir2) aus Lichenin gewonnene Lichosan. Hierzu ist zuerst. zu bemerken, dass das Lichosan ohne reduzierende Beiniengungen zu erhalten ist. Die Verfasser beanstanden des weiteren die aus kryoskopischen Bestimmungen abgeleiteten Xolekulargewichte mit der Begrundung, dass solche Praparate nach den Angaben von E. Bern&) hartnackig Glycerin adsorbiert zuriickhalten. Die Angaben Bemer’s sind jedoch inzwischen von Schlubach und Elmer4) wie auch von Pringsheim und Reil ly j ) widerlegt worden.

Im experimentellen Teil ihrer Arbeit beschreiben Karrer und u. Krauss Versuche, in denen acetylierte Stiicke in Glycerin gelost wahrend mehrerer Stunden Temperaturen von 200--220° ausgesetzt wurde. Hierbei zeigte sich, dass verh&ltnismassig rasch eine weitgehende Abspaltung von Acetylresten eintrat, woraus nach den genannten Autoren hervorgeht, dass bei der Erhitzung der Polysaccharide rnit hydrolytischen Vorghngen zu rechnen sei, die sich suf die glucosidischen Bindungen erstrecken konnen.

Demgegeniiber mochte ich hervorheben, dass ich derartige Versuche nicht ausge- fiihrt habe. Der Glycerinabbau wurde von mir nur mit den freien Polysacchariden wie Lichenha), den Starkebe~tandteilen~) und Glykogen’) unternommen. In der Erwartung, daas beim Erhitzen yon Polysaccharid-Acetaten in Glycerin unter Umesterung oder Hydrolyse durch das nicht ganz auszuschliessende Wasser Desacetylierung erfolgen konne, wobei schliesslich bei der hohen Temperatur auch ein Eingriff in die glucosidischen Bindungen moglich sei, habe ich eine derartige Versuchseinstellung vermieden. Bei den Acetaten verwandte ich deshalb beim Lichenin*), Inding) und Saleprnannan’O) ah in- differente und wasserfreie Medien Naphthalin oder Tetralin. So wurden Depolymerisate erzielt, die nach der Entfernung der Acetylgruppen reduktionsfrei waren und mit den Polysacchariden in Bezug auf die spezifische Drehung wie den kinetischen Verlauf der Fermentspaltbarkeit iibereinstimmten. SpLter haben wir einen analogen Abbeu auch durch Kochen der in Chloroform gelosten Acetate mit Benxolsulfonsaurell), ja durch blosses Losen der fteien Polysaccharide in geschmolzenem Acetamid1?), ja Belbst in Form- amid12) bei gewohnlicher Temperatur erzielt und hierbei, z. B. beim Inulin und Glykagen, die bemerkenswerte Beobachtung gemacht, dass die niedrig molekularen Abbauprodukte sich selbstt,&tig wieder in den kolloidalen Ballungszustand der Polysaccharide zuriick- verwandelten. Da dies beim Inulin ausgehend von dem leicht wasserlodichen InuIa n mm schwer Ioslichen Inulin mit allen seinen charakteristischen Eigenscha,ften erfolgte, so ist meine Beweisfiihrung unabhangig von den Nolekulargewichtsbestinimungen, die Rerr Karrer nicht anerkennen will. Seine Kritik kann also meine Versuche nicht treffen.

Chemisches Inskitut der UniversitSit Berlin. l ) Helv. 13, 1071 (1930). *) B. 58. 2135 (1925).

6 ) B. 58, 2135 (1925); A. 460. 12 (1928). ’) B. 57, 1581 (1924).

4j B. 63; 2302 (i93oj. j) B. 63, 2636. 3210 (1930).

‘l) B. 61, 2011, 2018 (1928); 62, 1352 (1929); Iioll. 2. ini Druck. 12) B. 62, 2378 (1929); 63, 1093, 2302 (1930).

lo) A. 460, 32 (1928).