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Zur Klinik, Therapie und psycho- sozialen Dimension der Aufmerk- samkeitsdefizit- und Hyperaktivi- tätsstörung (ADHS) SAL-Bulletin Nr.111 März 2004 Seite 1 Dr. med. Emil Branik, LA Kinder- und Jugendpsychiatrisches zentrum Sonnenhof. Ganter- schwil Referat gehalten an der SAL-Tagung vom 14.11.2003 "zusammenhänge zwischen Sprach- und verhaltens- auffälligkeiten (ADHS)" 1. Einleitende Bemerkungen: Sprachentwick- lungsstörungen und psychische bzw. Verhal- tensauffälligkeiten In einem überwiegend vor Logopädinnen und Logopäden gehaltenen Vortrag über die Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) macht es Sinn, einige grundsätzlichen Sätze zum Verhältnis von Sprachstörungen auf der einen und psychischen und Verhaltensstörungen auf der anderen Seite vorauszuschicken: Etwa die 1/2 aller Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen zeigt psychische Auffälligkeiten. Hierbei kann es sich um Unruhe, Konzentrationsstörungen, oppositionelles Verhalten, Sensibilität, Irritierbarkeit, hyperkinetische und/oder emotio- nale Störungen handeln (Suchodoletz 2001). Bei Sprachstörungen häufig zusätzlich vorkommende Entwicklungsstörungen wie auditive Wahrneh- mungsstörup.gen und motorische Koordinationsschwächen erhöhen das Risiko sozialer Anpassungsschwierigkeiten. Zahlreiche Studien belegen, dass Sprachstörungen und psychiatrische Störungen gehäuft miteinander assoziiert sind. Die häufigste psychiatrische Diagnose bei sprachgestörten Kindern ist die ADHS. Nach Cohen et al (1998) wiesen knapp 2/3 einer ambulanten Inanspruchnahmepopulation eine Sprachbeeinträchtigung auf, 46% dieser Kinder hatten eine ADHS. Die globale Beeinträchtigung psychisch auffälliger Kinder wird durch eine gleichzeitig vorhandene Sprachentwicklungsstörung größer, und zwar unabhängig davon, welche psychiatrische Diagnose sie haben (also ADHS oder andere). Kinder mit Sprachstörungen sind zum Beispiel im Bereich der schulischen Leistungen und der Kognition (insbesondere im Bereich exekutiver Funktionen) beeinträchtigt (Cohen et al 2000). Dies trifft auf einen nennenswerten Teil der ADHS-Kindern auch zu, sodass sich im Falle, dass beide Störun- gen vorliegen, die Folgen hinsichtlich der Beeinträchtigung summieren. Da Sprach beeinträchtigungen in psychiatrischen Populationen, wie vorhin erwähnt, überhaupt sehr verbreitet sind, stellt sich angesichts der Sorgen, dass ADHS zu oft diagnostiziert wird, die Frage, ob ADHS in manchen Fällen ein Epiphänomen von Sprachstörungen sein könnte. Die meisten kinder- und jugend psychiatrischen Therapien basieren auf verbaler Kommunikation. Es macht also Sinn, sich vor dem Beginn einer Therapie Rechenschaft über die Sprachkompetenz des Kindes abzulegen - bei ADHS und bei anderen psychiatrischen Störungen (Cohen et al 2000). Für das Verständnis von Sprachbeeinträchtigungen ist es relevant, zwi- schen den strukturellen Aspekten der Sprache (z.B. Wortschatz oder Grammatik) und dem Gebrauch der Sprache im sozialen Kontext zu unterscheiden. Narrative (z.B. Geschichtenerzählen) von sprachgestörten

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Zur Klinik, Therapie und psycho­sozialen Dimension der Aufmerk­samkeitsdefizit- und Hyperaktivi­tätsstörung (ADHS)

SAL-Bulletin Nr.111

März 2004

Seite 1

Dr. med. Emil Branik, LA Kinder­

und Jugendpsychiatrisches

zentrum Sonnenhof. Ganter­

schwil

Referat gehalten an der

SAL-Tagung vom 14.11.2003

"zusammenhänge zwischen

Sprach- und verhaltens­

auffälligkeiten (ADHS)"

1. Einleitende Bemerkungen: Sprachentwick­lungsstörungen und psychische bzw. Verhal­tensauffälligkeiten

In einem überwiegend vor Logopädinnen und Logopäden gehaltenen

Vortrag über die Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung

(ADHS) macht es Sinn, einige grundsätzlichen Sätze zum Verhältnis von

Sprachstörungen auf der einen und psychischen und Verhaltensstörungen

auf der anderen Seite vorauszuschicken: Etwa die 1/2 aller Kinder mit

Sprachentwicklungsstörungen zeigt psychische Auffälligkeiten. Hierbei

kann es sich um Unruhe, Konzentrationsstörungen, oppositionelles

Verhalten, Sensibilität, Irritierbarkeit, hyperkinetische und/oder emotio­

nale Störungen handeln (Suchodoletz 2001). Bei Sprachstörungen häufig

zusätzlich vorkommende Entwicklungsstörungen wie auditive Wahrneh­

mungsstörup.gen und motorische Koordinationsschwächen erhöhen das

Risiko sozialer Anpassungsschwierigkeiten. Zahlreiche Studien belegen,

dass Sprachstörungen und psychiatrische Störungen gehäuft miteinander

assoziiert sind. Die häufigste psychiatrische Diagnose bei sprachgestörten

Kindern ist die ADHS. Nach Cohen et al (1998) wiesen knapp 2/3 einer

ambulanten Inanspruchnahmepopulation eine Sprachbeeinträchtigung

auf, 46% dieser Kinder hatten eine ADHS. Die globale Beeinträchtigung

psychisch auffälliger Kinder wird durch eine gleichzeitig vorhandene

Sprachentwicklungsstörung größer, und zwar unabhängig davon, welche

psychiatrische Diagnose sie haben (also ADHS oder andere). Kinder mit

Sprachstörungen sind zum Beispiel im Bereich der schulischen Leistungen

und der Kognition (insbesondere im Bereich exekutiver Funktionen)

beeinträchtigt (Cohen et al 2000). Dies trifft auf einen nennenswerten

Teil der ADHS-Kindern auch zu, sodass sich im Falle, dass beide Störun­

gen vorliegen, die Folgen hinsichtlich der Beeinträchtigung summieren.

Da Sprach beeinträchtigungen in psychiatrischen Populationen, wie

vorhin erwähnt, überhaupt sehr verbreitet sind, stellt sich angesichts der

Sorgen, dass ADHS zu oft diagnostiziert wird, die Frage, ob ADHS in

manchen Fällen ein Epiphänomen von Sprachstörungen sein könnte.

Die meisten kinder- und jugend psychiatrischen Therapien basieren auf

verbaler Kommunikation. Es macht also Sinn, sich vor dem Beginn einer

Therapie Rechenschaft über die Sprachkompetenz des Kindes abzulegen -

bei ADHS und bei anderen psychiatrischen Störungen (Cohen et al 2000).

Für das Verständnis von Sprachbeeinträchtigungen ist es relevant, zwi­

schen den strukturellen Aspekten der Sprache (z.B. Wortschatz oder

Grammatik) und dem Gebrauch der Sprache im sozialen Kontext zu

unterscheiden. Narrative (z.B. Geschichtenerzählen) von sprachgestörten

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Kindern sind oft deskriptiv und beinhalten weniger Information über die handelnden

Charaktere, deren emotionale Zustände und den Kontext (Vallance et al 1999). Der

Redestil ist für den Zuhörer verwirrend und lässt ihn über die Qualität der Beziehungen

zu Menschen und Objekten im Unklaren. Kinder mit ADHS haben, während sie spre­

chen, Schwierigkeiten, das Verständnis beim Zuhörer zu beobachten (sog. "monito­

ring"), um dadurch die Kommunikation besser zu steuern (Purvis und Tannock 1997).

Sprache ist ein Instrument des Denkens und gibt der Welt Sinn und Bedeutung. Störun­

gen bei ihrem Gebrauch beeinträchtigen die Fähigkeit des Kindes, aus seinem sozialen

Kontext Bedeutung zu entnehmen und effektiv zu kommunizieren (Vallance et al 1999).

Es ist schwer zu entwirren, ob das Sprach- und Redeverhalten auf psychiatrische oder

linguistische Probleme zurückzuführen ist. Schwierigkeiten, sich in emotional belasten­

den Situationen auszudrücken und Gedanken kurz und treffend zu kommunizieren, sind

also nicht immer auf emotionale Faktoren (z.B. Widerstand) zurückzuführen, sondern

können durch sprachliche Defizite bedingt sein. Es kommt öfter vor, dass die schwieri­

ger zu diagnostizierenden Sprach beeinträchtigungen als primär psychiatrisch bedingte

Verhaltensprobleme verkannt werden (Vallance et al 1999).

2. Zur Diagnose und Klinik der ADHS

Das Klassifikationssystem der WHO ICD-l0 unterscheidet im Kapitel F90 "Hyperkine­

tische Störungen" (HKS) folgende Untergruppen:

Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0)

Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens (F90.1)

Sonstige hyperkinetische Störungen (F90.8)

Nicht näher bezeichnete hyperkinetische Störung (F90.9)

Das in den USA verwendete DSM-IV teilt die ADHS anders ein:

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, Mischtypus (314.01)

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, vorwiegend unaufmerksamer

Typus (314.00)

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, vorwiegend hyperaktiv-impulsiver

Typus (314.01)

Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, nicht näher bezeichnete (314.9)

DSM und ICD unterscheiden sich nur unwesentlich in der Definition der einzelnen

Kriterien, wohl aber in der Bestimmung der Anzahl und der Kombination dieser Kriteri­

en, die für die Diagnose einer HKS vorliegen müssen (Döpfner et al 2000). Während

nach ICD sowohl beeinträchtigende Aufmerksamkeitsstörungen als auch Impulsivität

und auch Hyperaktivität situationsübergreifend vorliegen müssen, um eine einfache

Aufmerksamkeits- und Aktivitätsstörung (F90.0) zu diagnostizieren, unterscheidet das

DSM-IV zwischen einem vorwiegend unaufmerksamen Typ, vorwiegend hyperllktlv­

impulsiven Typ und einem Mischtyp, wobei auch die ersten beiden, welche als() nicht

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alle drei Kardinalsymptome nach der ICD-l0 aufweisen müssen, die Diagnose einer

ADHS rechtfertigen. Dies trägt neben anderen Faktoren (vgl. weiter unten) zu unter­

schiedlicher Diagnosehäufigkeit zwischen den USA und Europa bei.

Das klinische Bild ist also durch folgende Kardinalsymptome gekennzeichnet:

Unaufmerksamkeit. Oberaktivität. Impulsivität

Im Einzelnen umfassen sie zahlreiche Verhaltensauffälligkeiten:

Mangel an Ausdauer, Sprunghaftigkeit, Ablenkbarkeit

Überschiessende, schlecht regulierte Aktivität, Zappeligkeit

Impulsivität, Unorganisiertheit

Unachtsamkeit, Ungeduld, Mangel an Sorgfalt

Laut, störend, hört scheinbar nicht, redet dazwischen

Unfallneigung

Unpassendes Verhalte~, Unbeliebtheit, soziale Isolation

Häufig kognitive, motorische und sprachliche Beeinträchtigungen

Beträchtliche Überschneidungen mit gestörtem Sozialverhalten

Für eine Diagnose müssen aber auch folgende Allgemeinkriterien erfüllt sein: Früher

Beginn (vor dem 7. Lj.), Dauer von mindestens 6 Monaten, Auftreten in mehr als einer

Situation (Elternhaus und Schule) und das Ausmaß der Störung soll gemessen am Ent­

wicklungsstand deutlich über der Norm liegen. Die Störung soll Leiden oder sozia­

le/schulische Beeinträchtigung verursachen. Differentialdiagnostisch müssen tiefgreifende

Entwicklungsstörungen, Psychosen, Depression oder Angst ausgeschlossen werden.

Wie bereits erwähnt, sind Angaben zur Häufigkeit von hyperkinetischen Störungen -

u.a. - von folgenden grundlegenden Faktoren abhängig (Döpfner et al 2000):

Diagnosekriterien (die wesentlich niedrigeren DSM-IV -Kriterien führen zu höherer

Prävalenz als die ICD-l0-Kriterien)

Verwendete Messinstrumente

Einbeziehung mehrerer Bewertungssituationen (Eltern + Lehrer)

Allein die Streuung der Häufigkeitsangaben in relevanter Fachliteratur (1,7- 17 %)

macht deutlich, dass es sich bei HKS nicht um eine gut abgrenzbare diagnostische Ein­

heit handeln kann. Die Abgrenzung zur Norm ist nicht einfach, eine dimensionale

Betrachtung erscheint angemessener (Döpfner et al 2000). In den letzten Jahrzehnten

gab es immer wieder wellenförmig auftretende starke Tendenzen, durch griffige Kürzel

wie MCD, POS, ADHS oder HKS zu suggerieren, man beschreibe damit ein definiertes

abgrenzbares Krankheitsbild. Diese Auffassung ist jedoch wissenschaftlich nicht haltbar.

Eine vereinfachende Diagnose mag auf manche Ärzte und Eltern beruhigend und

scheinbar objektiv wirken. Sie droht jedoch die individuelle multifaktorielle Entste­

hungsgeschichte eines komplexen Problems zu eliminieren. Die Prävalenzzahlen von

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ADHS streuen, wie gesagt, sehr breit. Gewöhnlich wird angegeben, dass 3 - 10 % (und

mancherorts mehr!) von Kindern (deutlich gehäuft Jungen) an dieser Störung litten.

Unter ADHS werden offensichtlich verschiedene Probleme subsummiert. Diese Schwan­

kungsbreite bei den Prävalenzzahlen ist bedingt durch (vgl. z.B. Carey 2002; Diller 2002

und 2003; Hechtman 2000; Panksepp 1998):

Unzulängliche diagnostische Systeme (vgl. oben) bzw. Versäumen umfassender

Mehrebenendiagnostik

Soziokulturelle Faktoren

Vernachlässigung von Temperamentvariationen und der Evolutionsperspektive

Vernachlässigung der Rolle der Umwelt

Vernachlässigung kognitiver Defizite, emotionaler, Beziehungs- und Regulationsstö­

rungen sowie von Anpassungsschwierigkeiten an bestimmte Anforderungen

Angold et al (2000) stellten in der Great Smoky Mountains Study, in der 4500 9-13-

jährige Kinder zwischen 1992 und 1996 erfasst wurden, fest:

Ca. 5% hatten ADHS

7% bekamen Ritalin ABER

Nur 3,4 mit ADHS bekamen Ritalin

Mehr als die Hälfte mit Ritalin hatte keine ADHS

Jungen mit oppositionellen Verhaltensstörungen erhielten am ehesten Ritalin

Kinder aus sozial besser gestellten Familien erhalten eher und mehr Ritalin

Daraus ergibt sich als Fazit: In dieser Studie in einer definierten US-Region wurden

Stimulantien in einer von den diagnostischen Leitlinien abweichenden Weise eingesetzt.

Es spricht sehr viel dafür (unter anderem auch die rapid steigenden Ritalinverordnungen

in der Schweiz und in Deutschland; vgl. Schubert et al 2001; Ferber et al 2003), dass

dies auch in unseren Breiten für zahlreiche Patienten gilt.

Die Komorbidität von ADHS mit anderen psychiatrischen Störungen (Störung des

Sozialverhaltens, Depression, Angst, Entwicklungsstörungen) ist sehr hoch. Bei 2/3 der

Fälle von ADHS lässt sich eine weitere psychiatrische Diagnose stellen. Eine derart hohe

Komorbiditätsrate demonstriert allerdings klinische Unschärfe und droht den Wert

diagnostischer Konzepte wie ADHS für die klinische Realität zu mindern (CPN in the

UK 2003). Über das kausale Verhältnis der Störungen zueinander herrscht Unklarheit:

Liegt Komorbidität oder Kosymptomatik vor? Das Konzept der Komorbidität mit seiner

Aufzählung von Störungen, deren pathogenetische Beziehung erst einmal ungeklärt

bleibt, begünstigt eine bestimmte Art zu denken, die komplexitätsmindernd ist und die

Aufmerksamkeit für Zusammenhänge jenseits kategorialer, an biologischen Konzepten

orientierter Diagnostik verstellt.

Es gibt jedoch keine sichere wissenschaftliche Evidenz dafür, dass ADHS die Folge von

nur biologischen Ursachen ist. Die als typisch genannten abnormen Befunde :GIB. erniedrigter IQ, Sprachentwicklungs-/Sprechstörungen, motorische und Koordinations-

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störungen - konnten bei ADHS-Kindern nicht generell gefunden werden (Taylor 1994).

Es geht letztendlich nicht um die Frage, ob biologische Faktoren wirksam sind, sondern

ob sie in jedem Fall eine ursächliche Rolle spielen (von Lüpke 2001). Genetische Studien

legen nahe, ADHS als extremes Verhalten auf einem Kontinuum zu sehen, statt als eine

genetisch scharf abgrenzbare diagnostische Kategorie (Levy et al 1997). Darüber hinaus

haben Erfahrungen Einfluss auf die" Genexpression ", d.h. Umwelteinflüsse bestimmen

mit, in welchem Ausmaß selbst pathologische genetische Informationen wirksam wer­

den. Bei ADHS handelt es sich offensichtlich um ein "Krankheitsbild", bei dem eine

Vielzahl möglicher Auslöser in einem jeweils unterschiedlichen Zusammenspiel zu

Manifestationen führen kann, deren Bedeutung sich erst im Zusammenhang klären lässt

(von Lüpke 2003).

Die grundsätzliche Abhängigkeit diagnostischer und therapeutischer Tendenzen vom

soziokulturellen Kontext sollte gerade bei der ADHS nicht ausgeblendet werden. Zu den

steigenden Zahlen von AD!'lS-Diagnosen und Stimulantienverordnungen tragen nicht

nur verbesserte diagnostische Kriterien oder geschultere Wahrnehmung bei, sondern

auch gesellschaftliche Einflüsse (Diller 2002 und 2003):

- Zeitgeist (Leistungsgesellschaft; Zeitökonomie; Unakzeptanz für leistungsmindernde

Faktoren)

Terror des Erfolgreich- und Glücklich-Sein-Müssens

Schulsystem: Das Diktat bestimmter Form von Funktionstüchtigkeit

Finanzierung von Hilfeleistungen (hohe Zahl von Störungsdiagnosen mag die Bud­

gets für pädagogische und Fördereinrichtungen erhöhen)

Massenmedien (Vorgabe von Erfolgsnormen und Lebensstile)

Werbung (im Allgemeinen und durch die Pharmaindustrie im Besonderen)

Umwertung moralisch-pädagogischer Vorstellungen über erwünschtes bzw. uner­

wünschtes Verhalten in medizinische Diagnosen

Pathologisierung abweichenden, aber noch "normalen" Verhaltens, wenn es nicht

mit der jeweiligen "normalen" Umwelt zusammenpasst

Die Diagnose einer ADHS, wie sie heute gestellt wird, ist eine Spektrumdiagnose, also

letztlich ein Sammeltopf für verschiedene Probleme. Die am meisten zur Diagnosesiche­

rung verbreiteten Fragebögen für Eltern und Lehrer sind subjektiv, impressionistisch und

messen wahrscheinlich nicht nur das Verhalten der Kinder sondern auch das Missbeha­

gen der jeweiligen Bezugspersonen am Verhalten des Kindes (Carey 1998, 1999,2000

und 2003). Es gibt keinen biologischen Marker oder psychologischen Test zur ihrer

Sicherung. Die Diagnose einer ADHS ist eine klinische! Es macht Sinn zwischen Sym­

ptomen und Beeinträchtigungen, die von ihnen verursacht werden, zu unterscheiden,

sowie das Funktionsniveau von Kindern mit ADHS-Symptomen zu begutachten (Woz­

niak 2003). Es gibt durchaus aufmerksamkeits- und aktivitätsgestörte Kinder, die schu­

lisch reüssieren, beziehungsfähig und sozial gut integriert sind! Für die sozialen und

schulischen Schwierigkeiten von sogenannten ADHS-Kindern spielen mangelhafte

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Anpassungsfähigkeit und kognitive Defizite eine wichtigere Rolle als die Unaufmerk­

samkeit und Hyperaktivität (Carey 1999). Was für die Entwicklung einer Störung von

Krankheitswert zählt, ist nicht nur die ungünstige Prädisposition des Kindes (niedrige

Aufmerksamkeitsspanne und Impulsivität) sondern auch das Nicht-Zusammenpassen

eines solchen Kindes mit seiner spezifischen Umwelt und ihren Anforderungen.

Das Etikett "ADHS" kann Eltern schwieriger Kinder von Schuld-, Kränkungs- und

Versagensgefühlen entlasten. Wird die Diagnose von Ärzten/Eltern als eine Art "Absolu­

tion" aufgefasst, bleiben elterliche Ressourcen, der erzieherischen Herausforderung zu

begegnen, unangesprochen. Die psychologische Ebene wird in den Hintergrund gedrängt

und Verstehensmöglichkeiten der psychosozialen Schwierigkeiten - auch aus der Per­

spektive eines ADHS-Kindes und nicht nur seiner Umwelt - werden vernachlässigt.

Folgende Merkmale früher Eltern-Kind-Beziehungen und Familienstilen sind mit ausge­

prägter Hyperaktivität bei Vorschuljungen assoziiert (Keown und Woodward 2002):

Laxe Erziehungspraktiken und -haltungen

Ineffiziente Interventionen und (inkonsistente und von Uneinigkeit zwischen den

Eltern geprägte) Bewältigungsstile bei erzieherischen Anforderungen

Erniedrigte Raten in der Vater-Kind-Kommunikation

Die Mutter-Kind-Interaktionen sind durch Asynchronie (unzulängliche Einstim­

mung aufeinander) gekennzeichnet

Obwohl hieraus keine kausalen Schlussfolgerungen über die Beziehung zwischen Eltern­

verhalten und Kinderentwicklung gezogen werden können, ergeben sich dennoch wich­

tige Einsichten hinsichtlich der Wechselwirkungen und Therapiemöglichkeiten.

Auch nachweislich wirksame therapeutische Aktivitäten sind nicht per se effektiv. Eine

Reihe von elterlichen Merkmalen setzt die Effektivität des Eltern-Management-Trainings

herab (Dumas, 1984; Patterson und Chamberlain, 1994): Junges Alter, niedriges Aus­

bildungsniveau, untere soziale Klassenzugehörigkeit, soziale Isolation, ernste Psychopa­

thologie und Ehekonflikte. Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität können

nicht nur Ausdruck gestörter Hirnfunktion sein, sondern unter psychodynamischen

Gesichtspunkten eine Bedeutung haben (Berger 1993; Dammasch 2002; Gilmore 2000;

Häussler 2002; Shill 2000), z.B.:

"Manische Abwehr" von schwierigen (z.B. depressiven) Gefühlen, Verlust-, Tren­

nungs- oder Traumaerfahrungen

Ausdruck von Aggression, ohne Schuldgefühle erleben zu müssen

Vitalisierende und strukturierende Funktion für die Eltern, Kitt bzw. Ablenkung bei

elterlichen Paarbeziehungsproblemen

Versuch der Selbstregulation und Mitteilung eigener Befindlichkeit bei mangelhafter

Mentalisierungsfähigkeit

Kontaktherstellung - Selbst- und Fremdstimulation als Abwehr von Objektverlu­

stängsten

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Neuronale Strukturen sind morphologisch und physiologisch einem ständigen Wandel in

Abhängigkeit von Erfahrungen unterworfen. Psychotherapie arbeitet auch am und im

Gehirn. Neben der chemischen Wirkung sollte auch die psychologische Bedeutung der

Medikation für das Kind (und seine Umgebung) bedacht werden (vgl. z.B. Rapoport und

Chubinsky 2000), z.B.:

Medikament als Strafe für unangepasstes Verhalten

Gefühl der Behinderung (Gehirnkrankheit)

Scham, Stigmatisierung, Selbstzweifel

Gefühl der Unfähigkeit, sich mit eigenen willentlichen Mitteln zu steuern

Schwächung der eigenen Verantwortungsübernahme

Gefahr der Legitimation antisozialer Tendenzen

Förderung der Einstellung "Pillen gegen Lebensprobleme"

Vernachlässigung anderer langfristiger Lösungsstrategien

Für die Wahl aus den ver~ügbaren (und wirksamen) Therapieansätzen mag folgende

Frage nützlich sein (paraphrasiert nach Kiesler 1966 bzw. Green u. Ablon 2001): "Wel­

che Therapieform bei welchem Therapeuten welcher Ausrichtung ist am meisten effektiv

im Umgang mit welchen spezifischen Problemen von Kindern mit einer definierten

Diagnose (z.B. ADHS)"? Effektive pharmakologische und psychosoziale Therapie sollte

die Heterogenität von ADHS im Hinblick auf das klinische Erscheinungsbild, seine

Schwere und die Komorbidität berücksichtigen. Unterschiedliche ADHS-Kinder bieten

unterschiedliche Zielsymptome mit unterschiedlicher Therapiedringlichkeit und profitie­

ren entsprechend von unterschiedlichen Kombinationen von verschiedenen Behand­

lungsformen (Green und Ablon 2001). Therapieergebnisse werden nicht nur durch die

Eignung der eingesetzten Methode und den Kontext, in dem sie angewendet wird,

sondern auch durch Therapeutenvariablen (fachliche Fertigkeiten, Beziehungsqualität)

bestimmt (Beutler et al 1994). Ebenso sagen Lehrermerkmale wie z.B. Toleranz für

Abweichungen gegenüber Erwartungen oder die Beziehung zum Schüler den schulischen

Erfolg von ADHS-Kindern voraus (Green und Ablon 2001). Die Verläufe von ADHS

werden offensichtlich weniger von der Schwere der Symptome als von der Art und

Weise, wie das Kind und wichtige Bezugspersonen in seiner Umwelt auf die Symptome

reagieren und mit ihnen umgehen, bestimmt (Whalen und Henker 1980). Das von den

Umweltfaktoren beeinflusste soziale Funktionsniveau ist ein sehr starker Prädiktor für

den Langzeitverlauf von Kindern mit ADHS, und zwar unabhängig von der Schwere der

Kernsymptome sowie von Verhaltens- oder emotionalen Störungen (Greene et al 1997

und 1999).

3. Therapie der ADHS

"Für komplexe Situationen gibt es immer einfache Lösungen, und sie sind gewöhnlich

falsch" (nach Carey, 2000). Es wäre vermessen, ein Allroundrezept erwarten. Denn

noch einmal: Die Diagnose einer "ADHS", wie sie heute gestellt und für das Vorgehen

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bei der Behandlung zugrunde gelegt wird, wirft Dilemmata auf: Sie ist eine Spektrum­

diagnose, ein Sammeltopf für verschiedene Probleme. Die Gewichtung der differential­

diagnostischen Überlegungen bestimmt aber die Therapie. Eine verantwortungsbewusste

Therapie der unter ADHS subsummierten Symptome kann sich nicht in der unkritischen

Verordnung von Stimulantien erschöpfen.

Es gibt eine große Zahl von kontrollierten Studien, die die Wirksamkeit von Stimulanti­

en bei ADHS belegen. Über 70 % der behandelten Patienten zeigen Besserung ihrer

Symptome nach der Gabe eines üblichen Stimulans, durch einen Wechsel des Präparates

bei Non-Respondern kann der Prozentsatz noch gesteigert werden (oder in seltenen

Fällen durch Kombination von zwei Präparaten, jedoch cave Nebenwirkungen!), Die

Pharmakotherapie ist nach der gegenwärtigen Datenlage, was die Wirkung auf die

Kernsymptome anbelangt, allen anderen Therapien überlegen. Zu berücksichtigen sind

allerdings folgende Einschränkungen (vgl. z.B, AACAP 2002; Carey 2002; Döpfner und

Lehmkuhl2002; Trott 1998; Hunt et al 2001):

Stimulantien verbessern die Leistungen nicht nur von ADHS-Patienten, sondern

ebenso von gesunden Kindern (und Erwachsenen); ihre positive Wirkung kann also

nicht zur Sicherung der Diagnose herangezogen werden.

Praktisch alle Studien belegen nur die kurzfristige Wirksamkeit von Stimulantien

(die meisten dauerten 12 Wochen und weniger, eine sehr kurze Zeit für eine chroni­

sche, womöglich lebenslang anhaltende Störung), Selbst die renommierte MT A­

Studie maß die Ergebnisse bislang nach nur 14 Monaten (MTA Cooperation Group

1999a und b).

Über die Wirkung auf die Kernsymptome hinaus gibt es auch keine prospektive

Langzeituntersuchungen über Verbesserungen der schulischen und sozialen Beein­

trächtigungen. Diese bleiben auch bei vielen der behandelten Kinder bestehen,

Wir kennen den Wirkungsmechanismus von Stimulantien nicht verlässlich. An der

Hauptrolle der angenommenen dopaminergen Wirkung und der "Dopamin-Mangel­

Hypothese" gibt es ernste Zweifel. Es gibt Hinweise, wonach Stimulantien ihre

Wirkung nicht unbedingt über das Dopamintransporter-System entfalten (Gametdi­

nov und Caron 2001; Hüther 2002),

Obwohl Stimulantien hinsichtlich ihres Nebenwirkungsspektrums im empfohlenen

Dosisbereich als sichere Medikamente gelten können, wissen wir zu wenig darüber,

welche Folgen es für ein sich entwickelndes Gehirn haben kann, über Jahre in seiner

Funktion verändert zu werden, Die Plastizität des Gehirns und seine funktionelle

und morphologische Erfahrungsabhängigkeit sollten angesichts der großen und stei­

genden Verordnungszahlen von Stimulantien stärker berücksichtigt werden.

Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass Stimulantien im klinischen Alltag in hohem

Prozentsatz nicht erst nach adäquaten, in diversen Leitlinien vorgesehenen diagno­

stischen Bemühungen und im Rahmen von dort empfohlenen Dosierungs-, Verab­

reichungs- und Überwachungsschemata verabreicht werden. Damit werden potenti-

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eIl günstige Wirkungen des Medikaments verspielt und etwaige andere bzw, zusätz­

lich indizierte Therapien verpasst,

Zwei Drittel der Kinder mit ADHS weist eine oder mehrere zusätzliche Achse 1-

Diagnosen auf, Diese können das klinische Bild prägen und die Reaktion auf Sti­

mulantien beeinflussen (Hechtman 2000),

Es bedarf fundierter Erfahrungen, um in manchen Fällen die Krankheitssymptome

von etwaigen Nebenwirkungen von Stimulantien zu unterscheiden und durch An­

passung der Dosis, der Applikationsintervalle oder einen Präparatwechsel zu reagie­

ren.

Eine Medikamentenverordnung allein ist problematisch, wenn sie vor allem der

Entlastung und Beschwichtigung von Eltern dient oder deren Abwehr stärkt, sich

andere als nur biologische Gründe der Probleme anzuschauen.

Die Bedeutung der Tatsache, wenn ein Kind mehrmals täglich, teilweise unter den

Augen von anderen ein Medikament nehmen muss, sollte weder unterschätzt noch

im Hinblick auf seine Therapiemotivation, sein Selbstbild und seine Phantasien über

die Gründe dafür geringgeschätzt werden. In diesem Zusammenhang ist es nicht ir­

relevant daran zu erinnern, dass Stimulantien nur wirken, solange sie genommen

werden, Das grundlegende Problem kann durch sie nicht gelöst werden.

Die Warnungen sollten allerdings nicht in Frage stellen, dass Stimulatien für einen

Kernbereich sorgfältig diagnostizierter Kinder mit ADHS hilfreich sein, sie vor sekundä­

ren Störungen wie Schulversagen, Selbstwertstörung, dissoziale Entwicklung, erhebliche

soziale und später berufliche Schwierigkeiten schützen und anderen Therapieformen

zugänglicher gemacht werden können. Stimulantienmedikation stellt jedoch keine

isolierte hinreichende Maßnahme dar, sondern sollte stets im Rahmen eines Behand­

lungsprogramms erfolgen, Das letztgenannte umfasst gewöhnlich neben der fachgerecht

überwachten Pharmakotherapie, Psychoedukation, kind bezogene verhaltens- und/oder

psychotherapeutische Interventionen und entsprechende eltern-, kindergarten- und/oder

schulbezogene Interventionen. Wichtig ist die Klärung der Vorstellungen, welche die

Bezugspersonen hinsichtlich der Ursachen der Probleme haben, und die Verankerung

eines biopsychosozialen Krankheitsverständnisses, Den Bezugspersonen wird die Wich­

tigkeit von Strukturierung der Abläufe, Nützlichkeit von Regeln und angemessenen

Konsequenzen nahegebracht, Neben Grenzsetzungen und negativen Konsequenzen sind

positive Zuwendung und Belohnung bei angemessenem Verhalten wichtig, Negative

Interaktionsspiralen sollten erkannt und durchbrochen werden. ( ... Kind reagiert nicht>

Eltern geben auf oder reagieren aggressiv> das Kind kommt also entweder mit seinem

oppositionellem Verhalten zum Erfolg oder es lernt, dass Konflikte mittels Aggressionen

ausgetragen werden; es bekommt dann für sein Ungehorsam vermehrte, wenn auch

negative, Aufmerksamkeit",), Während oft bereits Beratung, Aufklärung und Perspekti­

venwechsel nützlich sein können, sind bei nicht ausreichendem Ansprechen intensivere

spezifische Maßnahmen erforderlich:

Elterntraining

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Selbstmanagementtraining

Psychotherapie

Familientherapie

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Es erübrigt sich zu sagen, dass jede der genannten Interventionen die Motivation und

Kooperation der betroffenen Familien voraussetzt, wenn sie effektiv sein soll (Pelham et

al 1998); gleichzeitig gilt es zu bedenken, dass wir es gerade bei dieser Diagnosegruppe

gehäuft mit psychosozial belasteten Problemfamilien zu tun haben.

Nun komme ich zu den Leitlinien für die Pharmakotherapie (AACAP 2002; DGKJP

2000; Döpfner und Lehmkuhl2002; NIH 2000; Pliszka et al 2000):

Ausschluss von Kontraindikationen:

1. Absout: Psychose; Kombination mit MAO-Hemmern; Glaukom.

2. Relativ: Drogenabusus; motorische Tics/Gilles de la Tourette-Syndrom; Epilepsie;

Depression; Leberfunktionsstörungen).

Aufklärung der Eltern und des Kindes

- Titration:

1. Ansteigend bis zur guten Wirkung.

2. Fixdosis-Titration (Durchgehend eines ganzen Dosierungsschemas, anschließende

Gabe jener Dosis, die die beste Wirkung zeitigte).

Die Dosissteigerung erfolgt bei beiden Methoden wöchentlich. Cave: Es gibt keinen

Goldstandard in der Messung und Beurteilung der positiven Medikamenteneffekte

und keine klaren Kriterien, ab wann eine Dosissteigerung nicht mehr erforderlich

ist.

- Monitoring: Verlaufsüberwachung in Bezug auf die Zielsymptome usw.,

andere

Verhaltensauffälligkeiten, emotionale Entwicklung, Schule, Beziehungssektor, fami­

liäre Interaktionen, Medikamentenwirkungen, -Nebenwirkungen.

Zu den Nebenwirkungen ist zu sagen, dass sie Ld.R. zu Beginn der Behandlung auf­

treten und mit der Dosisanpassung zurückgehen. 4-10 % der Kinder behalten mode­

rate Nebenwirkungen, die wichtigsten sind: Einschlafstörungen, Appetitverlust, Ma­

gen- und Kopfschmerzen und Nervosität. Es wurde vom anstieg von Tic-Stärungen

berichtet, dies konnte durch kontrollierte Studien nicht belegt werden. Selten und

durch überhöhte Dosierung kommen kognitive Beeinträchtigungen, Verhaltensste­

reotypien, affektive (depressive) Störungen, Halluzination und eine Psychose vor.

Zur Verlaufs beurteilung und Therapieüberwachung sollten möglichst standarisierte

Fragebögen, Ratingscales und Checklisten verwendet werden (Dokumentation!).

Somatische Kontrollen: Transaminasen, Blutbild (vereinzelte Leukopenien bei

MPH), EKG (Rhythmusstörungen), EEG (insb. Bei Anfallsleiden und Dosiserhö­

hung).

Auslassversuche: Einerseits ist zu klären, ob an Wochenenden und in den Ferien die

Medikamente ebenfalls genommen werden (eher ja, wenn familiäre und soziale

Konflikte oder Intergrationsprobleme drohen), andererseits kann einmal jährlich ein

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Auslassversuch unternommen werden, wenn auch in der Regel eine Langzeittherapie

über mehrere Jahre notwendig ist, bis bei relativ vielen Kindern die Behandlung mit

dem Beginn der Pubertät beendet werden kann.

Mittel der ersten wahl: In der Regel wird mit Methylphenidat (MPH) 5 mg begonnen

und zwar nach dem Essen morgens und mittags. Es erfolgt eine wöchentliche Dosisstei­

gerung um 5-10 mg. Die Einzeldosen variieren je nach Bedarf, in der Praxis ist die

Morgendosis die höchste, es gibt aber Hinweise, dass über den Tag konstant abfallende

Spiegel mit nachlassender Wirkung gekoppelt sind. Wegen der kurzen Halbwertzeit ist

beim sofort verfügbaren MPH eine dritte Dosis am Nachmittag - jedoch nicht nach

16.30 Uhr - oft sinnvoll, wenn auch in der Praxis eher selten eingesetzt. Die Einnahme­

zeiten und die jeweiligen Dosen richten sich nach den Schwerpunkten des Problemver­

haltens. In aller Regel wird die für Langzeittherapie geeignete Dosis im Bereich von 0,4

bis 1,0 mg/kg KG/Tag gefunden. Vor Hochdosistherapien ist zu warnen (auch bei

Jugendlichen nicht über 60 mg/Tag), da nicht die angestrebte Wirkung, sondern die

Nebenwirkungen - mitunter massiv - ansteigen! Je nach Bedarf, Schwerpunkten des

Problemverhaltens und Wirkungen, kann vom schnell verfügbaren, nur 3-4 Stunden

klinisch wirksamen MPH auf Präparate mit verzögerter Wirkstoffabgabe (-SR; OROS­

MPH = Concerta®) gewechselt bzw. eine Kombination von beiden gegeben werden.

Hierbei ist die Entwicklung von sog. Tagestoleranz zu beachten, es gibt nämlich wie

gesagt Hinweise, dass konstante und kontinuierlich abfallende Dosen schlechtere nach­

lassende Wirkung erbringen als im Tagesverlauf gesetzte Peaks in der Wirkstoffplasma­

konzentration. Negative Peak- und Rebound-Effekte bei einem Teil der Patienten sollten

beachtet werden: Bei stärkeren Serumspiegelanstiegen (Peak) kann es zu Reizbarkeit,

Unruhe oder depressiver Verstimmung kommen. Bei manchen Kindern tritt am späteren

Nachmittag nach dem Serumspiegelabfall eine massive Verhaltensverschlechterung ein

(Rebound). In beiden Fällen soll die Dosis reduziert, die Tagesverteilung und die Wahl

zwischen schnell bzw. langsam verfügbaren Präparaten überprüft werden.

Wenn keine ausreichende Wirkung erzielt werden konnte, wird D-Amphetamin oder

D,L-Amphetaminracemat in 2,5 (- 5) mg Schritten versucht, bis zu einer maximalen

Tagesdosis von 40 mg. Wegen der etwas längeren Halbwertzeit wird man hier mit zwei

Dosen auskommen. Pemolin darf wegen der Gefahr schwerer Leberschädigung mög­

lichst nicht, und wenn, dann nur als ultima ratio durch erfahrene Kinder- und Jugend­

psychiater in Betracht gezogen werden.

Als Mittel der zweiten bzw. dritten wahl bzw. als Zusatzmedikation zu Stimulantien gei­

ten:

Antidepressiva (Imipramin, Desipramin, Bupropion, SSRI). Cave: EKG, RR, Ne­

benwirkungen!

Clonidin (Cave: RR, Puls, EKG!)

Carbamazepin (Cave: Blutbildkontrollen!); Valproat (Cave: Leberwerte!)

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Neuroleptika wie Risperidon z.B. 0,5, mg/Tag (allenfalls bei schwerer persistieren­

den Aggressionsneigung oder eretischem Verhalten retardierter Kinder)

Aus Zeitgründen konnte ich hier nicht auf die Altersbezogenheit der Behandlung einge­

hen. Es gibt inzwischen einige Studien, die positive Wirksamkeit von Stimulantien bei

Vorschulkindern belegen, sie ist allerdings schwächer und mit eher höheren Nebenwir­

kungsrate und unbekannten Langzeiteffekten behaftet. Natürlich muss auch die größere

Schwierigkeit bedacht werden, in diesem Alter die Diffentialdiagnose vorzunehmen.

Motorische Unruhe und Aktivität gehören hier zur Normalität, Bewältigungsstrategien

für Stress jedweder Art sind noch nicht gut ausgebildet. Auf jeden Fall sollte medika­

mentöse Therapie erst erwogen werden, wenn Interventionen in der Familie, im Kinder­

garten, Elterntraining und andere spezielle Betreuungs- und Förderungsmaßnahmen

nicht ausreichen. Unser Wissen basiert überwiegend auf Untersuchungen an Schulkin­

dern, für die Adoleszenz gibt es beispielsweise ebenfalls deutlich weniger altersspezifi­

sche Untersuchungen.

Was die Psychotherapie anbelangt, wird ausschließlich (kognitive) Verhaltenstherapie

favorisiert, da sie am besten empirisch belegt ist, daneben gelegentlich auch familienbe­

zogene Interventionen. Es fällt auf, dass in sämtlichen heute gängigen Leitlinien tiefen­

psychologisch und psychoanalytisch orientierte Verfahren entweder gar nicht erwähnt

werden oder von ihnen pauschal und explizit abgeraten wird. Ich glaube, dass dies aus

dem eingangs skizzierten verkürzten Verständnis der ADHS als einer vermeintlich

abgegrenzten, weitgehend organisch bedingten Krankheitskategorie (statt -dimension)

resultiert, die dann quasi naturgemäß nach einer symptomatischen biologischen Thera­

pie verlangt. Mit oder ohne organische Vulnerabilität: Man kann sich kaum vorstellen,

dass die Probleme im Bereich der Selbststeuerung, Affektregulation, des Problemlö­

sungsverhaltens, der Sozialkontakte und Beziehungen ohne Wechsel wirkungen mit der

emotionalen und Persönlichkeitsentwicklung vonstatten gehen und ohne die Erfahrun­

gen und Interaktionen mit der Umwelt gedacht werden können - allesamt genuine

Felder der analytisch orientierten psychotherapeutischen Tätigkeit. Von den Gegnern

wird immer wieder den Mangel an empirischen Belegen für die Wirksamkeit von analy­

tisch orientierten Verfahren ins Feld gezogen. Hier muss man allerdings erstens klären,

wer was unter Empirie versteht. Denn auch qualitative Forschung oder detaillierte

Falldarstellungen bringen sehr wohl klinisches Wissen hervor. Zweitens zeigt beispiels­

weise die in der Hampstead Clinic in London durchgeführte Evaluation von analyti­

schen ambulanten Behandlungen bei erheblich verhaltensgestörten Kindern (sog. exter­

nalisierende oder disruptive Störungen), dass die Ergebnisse nicht um soviel schlechter

sind als beispielsweise bei der Kombination von Elternmanagementtraining und Pro·

blemlösungstraining, zumal die Therapieziele bei psychoanalytisch orientierten Behand­

lungen sehr ambitioniert sind und sich auf alle Aspekte der Patientenpersönlichkeit und

möglichst alle Aspekte der sozialen Anpassung richten (Fonagy und Target 1994).

Bemerkenswert war, dass die Erfolgsquote mit der Intensität und Länge der Therapie

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stieg. Eine ADHS stellte hier zwar einen negativen prädiktiven Faktor dar, schloss aber

einen Behandlungserfolg bei ca. 1/3 dieses Teils der Patienten nicht aus.

Es war durchaus meine Absicht, keine Illusion zu erzeugen, es gäbe ein handliches

Therapieschema, das einen jeden Praktiker gegen die Fallstricke des klinischen Alltags

wappnen würde. Um zu illustrieren, was ich meine, sei nur erwähnt, dass allein die

erforderliche organmedizinische, psychopathologische, testpsychologische, biographi­

sche, soziale, familien- und schulbezogene Diagnostik 6-8 Stunden in Anspruch nimmt.

Über die notwendige regelmäßige Überwachung auch nur der Standardtherapie habe ich

vorhin gesprochen, die darüber hinausgehenden spezifischen Therapiemethoden müssen

natürlich auch erlernt worden sein bzw. anderweitig zur Verfügung stehen und dann

koordiniert werden. Sie können sich daher selbst die Frage beantworten, welcher Vor­

aussetzungen es bedarf, um ein Kind mit dem Verdacht auf eine ADHS adäquat abzu­

klären und zu behandeln. Diese Aussage dient nicht der Einschüchterung, sondern

propagiert einen bestimmt~n Qualitätsstandard in der Diagnostik und Behandlung

dieser mit hoher Komplikationsrate behafteten Störung.

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