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V~ Aus dem Pharmakologischen Institut der Universitlit Halle a. S. Zur ]Iethodik der Auswertung des weibliehen Sexualhormons. II. Mitteilung: Unterschied der Ratten- und Miiuseeinheit bei wasser- und 51gelSstem Hormon uncI fiber seine Wirkungs- weise. Vo~ 1~. I~oehmann. (Mit 1 Kurve.) (Eingegangea am 8. V. 1930.) Zur Auswertung des weibliehen Sexualhormons werden vorzugs- weise Ratten und MiSuse gebraueht. Die Angaben fiber das Verhiiltnis der Ratten- zur M~useeinheit sind sehr sehwankenc[. Die einen setzen 1 R.E. gleich 4--5 ~.E. (Laqueurl)), andere sogar 8 M.E. (Fellnere)), wi~hrencI wieder andere angeben, dab 1 R.E. ungefiihr 1 M.E. gleieh sei (Coward und Burn3)). Es war das Ziel der vorliegenden Untersuehung, diese Angaben naehzupriifen und unter Umsti~ndea die Unstimmigkeiten aufzukliiren. Als Methode diente die in der vorigen Mitteilung besehriebene. Zuniichst wurde die wiisserige LSsang eines Hormones untersueht (s. Tabelle 4 und Kurve 2 der I. Mitteilung). 60% der Miiuse reagierten positiv bei einer Gabe yon 0,153 ccm, 60% der Ratten bei 0,60 cem des Prliparates. In 1 ecru des Priiparates waren also 6,14 M.E. und 1,67 R.E. enthalten. I R.E. ist mithin gleich 3,7 M.E. oder 27% der R.E. Da nan Coward and Burn die Auswertung eines in (Jl gelOsten Praparates vorgenommen batten, wurde auch ein solehes, Sistomensin, aach dem gleiehen Verfahren untersucht. 1) E. Laqueur, Dtsch. meal. Wochenschr. 1926, bTr. 1. u. 2, S. 52. 2) 0.0. Fellner, zitiert Wtirzb. Abhandl. 1928, Bd. 5, Hft. 3. 3) K. g. Coward und I. H. Burn, Journ. of physiol. 1927, Bd. 63, S. 270.

Zur Methodik der Auswertung des weiblichen Sexualhormons

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V~

Aus dem Pharmakologischen Institut der Universitlit Halle a. S.

Zur ]Iethodik der Auswertung des weibliehen Sexualhormons.

II. Mi t te i lung: Un te r sch ied der Ra t t en - und Miiuseeinhei t bei wasser- und 51gelSstem Hormon uncI fiber seine Wirkungs-

weise.

Vo~

1~. I ~ o e h m a n n .

(Mit 1 Kurve.)

(Eingegangea am 8. V. 1930.)

Zur Auswertung des weibliehen Sexualhormons werden vorzugs- weise Ratten und MiSuse gebraueht. Die Angaben fiber das Verhiiltnis der Ratten- zur M~useeinheit sind sehr sehwankenc[. Die einen setzen 1 R.E. gleich 4--5 ~.E. (Laqueurl)), andere sogar 8 M.E. (Fellnere)), wi~hrencI wieder andere angeben, dab 1 R.E. ungefiihr 1 M.E. gleieh sei (Coward und Burn3)).

Es war das Ziel der vorliegenden Untersuehung, diese Angaben naehzupriifen und unter Umsti~ndea die Unstimmigkeiten aufzukliiren. Als Methode diente die in der vorigen Mitteilung besehriebene. Zuniichst wurde die wiisserige LSsang eines Hormones untersueht (s. Tabelle 4 und Kurve 2 der I. Mitteilung).

60% der Miiuse reagierten positiv bei einer Gabe yon 0,153 ccm, 60% der Ratten bei 0,60 cem des Prliparates. In 1 ecru des Priiparates waren also 6,14 M.E. und 1,67 R.E. enthalten. I R.E. ist mithin gleich 3,7 M.E. oder 27% der R.E.

Da nan Coward and Burn die Auswertung eines in (Jl gelOsten Praparates vorgenommen batten, wurde auch ein solehes, Sistomensin, aach dem gleiehen Verfahren untersucht.

1) E. L a q u e u r , Dtsch. meal. Wochenschr. 1926, bTr. 1. u. 2, S. 52. 2) 0 . 0 . F e l l n e r , zitiert Wtirzb. Abhandl. 1928, Bd. 5, Hft. 3. 3) K. g . C o w a r d und I. H. B u r n , Journ. of physiol. 1927, Bd. 63, S. 270.

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Es ergab sich: Bei 60% der Miiuse wird eine positive Reaktion darch 0,83 cem

hervorgerufen (s. Tabelle 2 und Kurve 1 der I. Mitteflung), bei 60% der Ratten dutch 1,52 ccra. Also i R E. ist in 1,52 ecru, 1 M.E. in 0,83 ecru des Sistomensins enthalten oder 1 ccm des Pr~parates enthi~lt 1,20 M.E. oder 0,66 R.E. 1 R.E. ist also gleieh fund 2 M.E. (50 % der R.E.). Der Untersehied zwisehen Ratten- und Mi~useeinheit ist bier wesentlieh kleiner als bei den wassergelSsten Pri~paraten.

Urn nun festzustellen, ob dieser Unterschied auf die LSsung in (Jl oder Wasser zurtiekzuftihren sei, wurde einem in Wasser gelfsten Pri~- parat das tIormon dutch Aussehiittelung mit Benzol entzogen und naeh

Tabelle 1.

Menge des Hormonpriiparates wiisserige Liisung

in ccm

0,1 0,05 0,025

Anzahl der

positiv ] negafiv I fraglich reagierenden Tiere

5 3 0 2 6 0 2 5 1

Berechnung

positiv negativ

9,5 3,5 4.5 9,5 215 14,5

60% der M~use reagieren positiv bei 0,085 ccm.

Tabelle 2.

In %

73 32,1 14,7

Menge des HormonprgParates

(ilige LCisung in ccm

0,1 0,05 0,025

Anzahl tier

positiv I negativ I fraglich reagierenden Tiere

7 1 0 5 2 1 2 5 1

Berechnung

positiv negativ

15 2 8 4 275 8,5

60% der Tiere bei 0,046 ccm positiv.

In %

88,2 66,6 22,7

Verdunsten des Benzols der Rtickstand in (Jl gelSst und zwar so, dab die Olmenge gleich der urspriinglichen Wassermenge war, die LSsungen infolgedessen dieselbe Konzentrar besa~en. Dal~ die Aussehtittehmg des Hormons mit Benzol quantitativ gelungen war, ergab sieh daraus, dal~ der zuriiekbleibende wasserige Anteil des Prliparates im M~use- versueh vollkommen unwirksam war.

0,085 eem des nrsprtinglich wasserlSsliehen Priiparates entspricht 1 M.E., d. h. bei 60% der MiSuse war hier eine positive Reaktion vor-

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handen. In 51iger LSsung rufen aber schon 0,046 ccm positive Reaktion bei 60% e[er Miiuse hervor, enthielt also 1 ~.E. Bei e[er Berechnung

5o // / / ( / /

0 0,025 0,05 ccm 0,075 0,I

Kurve. - - = Wirkuugkurve des wassergeltisten gormons . 1 M.E. -~ 0,085 ecru. - - - ~ des {Jlgeltisten

t tormons. 1 ~I.E. ~-0,046 ecru.

Da das Hormon in O1

e[er wi~sserigen LSsung wiire[e man dem- nach finden: i ccm e[es wiisserigen Prii- parates enth~tlt 12 M.E., 1 ccm e[er Uligen LSsung 21,7 5LE. Dabei mul~ man bedenken, dal~ bei e[en ftir die Umwandlung der wasserigen in dig 51ige LSsung notwene[igen Operationen ein Verlust an Hormon mSglich war, abet niemals tin Zuwachs hiitte tin- treten k6nnen.

Das Verhaltnis des Wirkungs- wertes der whsserigen zur 51igen LS- sung stellte sich also auf 1:1,80, die wiisserige LSsung wirkte mithin um 45% schwaeher.

Wie ist dieser eigenttimliche Be- fund zu erkl~tren? Am einleuchtend- sten erseheiut mir folgene[es zu sein:

und Lipoie[15sungsmitteln besser 15slich ist als in Wasser, in das es, wie bekannt, nur ddurch besone[ere ehemische Kniffe tibergeftihrt were[en kann, so wire[ die Resorption aus der 51igen LSsung zweifellos langsamer stattfine[en mtissea als aus der w~tsserigen LSsung. Es wire[ dadttrch eine dauernde und gleichmi~iige Berieselung der Organe mit dem in (Jl gelSsten Hormon stattfine[en "kSnnen, wiihrend die Injektion des wassergelSsten Hormons schnell und stol~- weise vor sich gehen wird une[ eine e[auernde, gleichmiil~ige Berieselung nicht stattfinden kann. So kSnnte tin Teil des injizierten Pr~tparates zerstSrt oe[er, was wahrscheinlicher ist, schnell ausgesehieden werden, ohne eine Wirkung entfaltet zu haben.

Dal3 die langdauernde Berieselung wirklich eine Rolle spielt, geht auch aus e[er Tatsache hervor, dal~ dig gleiche Gabe e[es Hormons eine wesentlich grSl~ere Wirkung besitzt, wenn sie iu refraeta dosi, z. B. ge- drittelt in Abstandea yon 4 Stune[en, als wenn sie auf einmal gegeben wiirdel). Es sei betont, e[al~ in dem vorliegenden Versuche die wasser- gelSsten Priiparate in refracta e[osi (z. B. 1/a um 8 h 00', 1/3 u m 12 h 00',

1) E v a n s und B u r r , Americ. journ, of physiol. 1926, Bd. 77, S. 518, zit iert nach C o w a r d und B u r n . - - G. F. M a r r i a n und A. S. P a r k e s , Jonrn. of physiol. 1929, Bd. 67, S. 389.

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1/3 um 4 h 00') subkutan injiziert warden, w/ihrend die 51igen LSsungen auf einmal eingespritzt werden kSnnen.

Es kommt mithin mehr auf die Lhnge der Einwirkung als auf die GrSBe der Gabe an oder anders ausgedriiekt: es ist wiehtiger, kleine Gaben lange Zeit einwirken zu lassen, als groBe Gaben nur kurze Zeit. Dies kann sieh nun in folgender Weise auswirken: Entweder die zu beeinfluBenden Zellen vermSgen bei langdauernder Berieselung mehr von dem wirksamen Stoffe aufzunehmen oder die Wirkung vollzieht sich nach Art eines Potentialgiftes. In diesem Fall ware es nur yon Bedeatung, daf~ lange Zeit ein Konzentrationsgef/~lle zwischert den KSrpers~ften, Blut und Lymphe, and der Zelle selbst besteht, das - - mag es auch klein sein - - die anatomisehen Veranderungen im Aufbau der Gebilde des Miillerschen Ganges zustande bringt.

Ich glaube~ keinen logischen Fehler zu begehen, wenn ieh durch die Annahme, das Hormon wirke naeh Art eines Potentialgiftes, den Befund za erkl/iren suche, dab das Verh/~ltnis des Wirkungswertes bei Ratte and 1Vfaus bei den in O1 gel6sten Pr/~paraten sich wie 1:2 ver- halte im Gegensatz ztt den wassergelSsten Pr~paraten, bei denen dieses Verh~ltnis 1:4 betr~gt.

Wenn die Zellen bei dauernder Berieselung, also aus 51iger LSsung, mehr ttormon aufnehmen kSnnten, so w/~re dieser Unterschied nieht verst/indlieh; denn dana wiirde das 51gelSste Pr~parat auch bei Maus und Ratte in demselben Mal~e st~irker wirken als das wassergelSste. Wenn es abet nut darauf ankommt, dab die Zellen einer Potential- giftwirkung ausgesetzt sind, so werden die Organe der Ratte Iiir ihre anatomischen Ver/~ndernngen nicht wesentlich mehr Hormon gebrauehen als die der lg/iuse, and eine solche Potentialdifferenz wird durch die langsame Resorption aus der 51igen LSsung gew/ihrleistet.

Diese Auffassung yon der Wirkungsweise des weiblichen Sexual- hormones naeh Art eines Potentialgiftes im Sinne yon S t r a u b fiihrt aber zu einer Schlaf~folgerung, die Iiir die praktisch-therapeutische Anwendung yon Bedeutung sein kann. Bekanntlich ist versueht worden, immer grSl~ere Hormonmengen den Kranken einzuverleiben, da man bei kleineren eigentlieh keinen durehschlagenden Erfolg beobaehten konnte. Auf Grund der vorstehenden Uberlegungea und experimentellen Befunde mtiBte es aber das Ziel des therapeutisehen Handelns sein, nicht grof~e Gaben auf einmal zu injizieren, sondern kleine Konzentra- tionen lange Zeit und gleiehmgBig zur Wirkang zu bringen, damit eine Dauerberieselung der zu beeinflussenden Organe stattfinden kann. Das kann aber, wie gezeigt worden ist, dadurch erreicht werden, dab das

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Hormon in ()1 und nieht in Wasser gelSst wird, ein Vorgehen, das aller- dings mit den Bestrebungen der letzten Jahre in Widersprueh zu stehen seheint. Diese 51gelSsten Priiparate brauehten nun keineswegs so hoeh konzentriert zu sein wie die in Wasser gelfsten, die doeh fast niemals den Wert erreiehen, der yon den tterstellern angegeben wird, da offenbar beim Lagern oder auf an@re Weise eine Abschwi~chung der Priiparate eintritt. Man maehe also aus der Not eine Tugend - - das sei mein Vorsehlag - - und versuche in ()l gelfste Hormonpraparate yon etwa 25 M.E. im K~tbikzentimeter in den Handel zu bringen.

Z t t s a m m e n f a s s u n g .

1. Bei wi~sserigen ttormonlSstmgen ist das Verh~ltnis von M.E. zu R.E. wie 1:4 (genauer 3,7).

Bei den in 01 gelSsten Hormonen betri~gt dieses Verhhltnis 1:2. Die gleiche Hormonmenge ist in Wasser gelSst schwi~eher wirksam als in iiliger Liisung, obwohl die wi~sserige LSsung in refraeta dosi, die 51ige in ungebrochener Gabe subkutan injiziert wird.

2. Es wird daraus geschlossen, daI~ fiir den Wirkungserfolg des Hormons langdauernde gleiehmi~i~ige Berieselung des Organes mit kleinen Hormonkonzentrationell wesentlicher ist als die absolute GabengrSl~e.

3. Atff Grund der Ergebnisse, die in Ziffer 1 und 2 zusammengefal~t sind, wird die Annahme gemaeht, daI~ das Hormon nach Art eines Potentialgiftes wirke.

4. Ftir die praktisch-therapeutische Anwendung wird im Gegensatz zu den Bestrebungen der letzten Jahre vorgesehlagen, Pri~parate zu versuehen, in denen alas Hormon in Ol gelSst ist und eine Konzentration yon 25 M.E. in 1 ecru besitzt.