5
386 Zeitschrift fur anorganische und aIIgemeine Chemie. Bend 216. 1934 Zur Reaktion des Wismuts mit Thioharnstoff Von J. V. DUBSK;, A. OKA~: und B. OKA~ ,4. J ~ K ~ ) hatte im Jahre 1920 vorgeschlagen, Wismut rnit Thioharnstoff nachzuweisen. 2, In salpetersaurer Losung, in Gegen- wart von Ci', SO," und POL'' geringerer Konzentration, sowic von hg, Pb, Hg, Cu, Cd, As, Sb, Sn, 91, Zn, %in, Ca, 8r, Ba, Mg, NH,, K und Na erhalt man nur bei Gegenwart von Wismut rnit 15O/, Thio- harnstofflosung eine intensiv gelbe Farbung. In Gegenwart von Fe, Cr, Co, Ki in groaeren Konzentrationen wird nach dem gewiihnlichen analytischen Gang rnit Schwefehasserstoff ausgefallt, die Sulfide in verd~nter Salpetersaure (1 : 1) aufgelost, filtriert und im Filtrat Wismut rnit Thioharnstoff nachgewiesen. Die Empfindlichkeit der Realition wird rnit 0,4-0,2 mg angefuhrt. 14% versuchten, die die gelbe Farbung verursachende Verbindung zu isolieren und auf- zuklken, da J~LEK deren Zusammensetzung nicht angibt, obwohl es ihm gelungen ist, aus konzentrierten waI3rigen Losungen von Thio- harnst off und VCTismutnitrat schonc, gliinzende, gelbe Xristalle zu isolieren. Blkoholische Losungen ergabrn bei ihm rotlichere Kristalle. Harnstoff gibt eine solche farbige Reaktion rnit den VC7ismut- salzen nicht. 10,5 g BiCI, und 6 Q Harnstoff in 130 em3 Wasser gelost (unter gleichzeitiger Zugabe von soviel Salzsaure, um die Hydrolyse des Wismutsalzes eu verhindern) zeigen ureder Parbung noch Kristallisation im Laufe von 3 Monaten. Sobald man den Sauerstoff des Harnstoffs durch Schwefel ersetzt (Thioharnstoff), werden intensiv gelb gefarbte Losungen gebildet infolge spezifischer hffinitatsaufierung des Wismuts zum Schmefel. Aus diesen Losungen kann man gelbe, braungelbe bis orangerote, kristallinische Verbindungen isolieren, dereii Zusammrnsetzung von den Bedingnngen der Praparation abhangt . Wismutnitratlosungen, mit einigcn Tropfen Salpetersaure an- gesauert , ergaben nach den Reaktionsbedingungen verschieden 1) A. J~LER, Chemick6 Listy 14 (1920), 165-166. 2, Vgl. euch G. SEmI u. S. SEGHEZZO, Mikrochemie 8 (1930), 210; C. MAHR, _____ Z. analyt. Chem. 94 (1933), 161.

Zur Reaktion des Wismuts mit Thioharnstoff

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Zur Reaktion des Wismuts mit Thioharnstoff

386 Zeitschrift fur anorganische und aIIgemeine Chemie. Bend 216. 1934

Zur Reaktion des Wismuts mit Thioharnstoff Von J. V. DUBSK;, A. OKA~: und B. O K A ~

,4. J ~ K ~ ) hatte im Jahre 1920 vorgeschlagen, Wismut rnit Thioharnstoff nachzuweisen. 2, In salpetersaurer Losung, in Gegen- wart von Ci', SO," und POL'' geringerer Konzentration, sowic von h g , Pb, Hg, Cu, Cd, As, Sb, Sn, 91, Zn, %in, Ca, 8r, Ba, Mg, NH,, K und Na erhalt man nur bei Gegenwart von Wismut rnit 1 5 O / , Thio- harnstofflosung eine intensiv gelbe Farbung. In Gegenwart von Fe, Cr, Co, Ki in groaeren Konzentrationen wird nach dem gewiihnlichen analytischen Gang rnit Schwefehasserstoff ausgefallt, die Sulfide in v e r d ~ n t e r Salpetersaure (1 : 1) aufgelost, filtriert und im Filtrat Wismut rnit Thioharnstoff nachgewiesen. Die Empfindlichkeit der Realition wird rnit 0,4-0,2 mg angefuhrt. 14% versuchten, die die gelbe Farbung verursachende Verbindung zu isolieren und auf- zuklken, da J~LEK deren Zusammensetzung nicht angibt, obwohl es ihm gelungen ist, aus konzentrierten waI3rigen Losungen von Thio- harnst off und VCTismutnitrat schonc, gliinzende, gelbe Xristalle zu isolieren. Blkoholische Losungen ergabrn bei ihm rotlichere Kristalle.

Harnstoff gibt eine solche farbige Reaktion rnit den VC7ismut- salzen nicht. 10,5 g BiCI, und 6 Q Harnstoff in 130 em3 Wasser gelost (unter gleichzeitiger Zugabe von soviel Salzsaure, um die Hydrolyse des Wismutsalzes eu verhindern) zeigen ureder Parbung noch Kristallisation im Laufe von 3 Monaten. Sobald man den Sauerstoff des Harnstoffs durch Schwefel ersetzt (Thioharnstoff), werden intensiv gelb gefarbte Losungen gebildet infolge spezifischer hffinitatsaufierung des Wismuts zum Schmefel. Aus diesen Losungen kann man gelbe, braungelbe bis orangerote, kristallinische Verbindungen isolieren, dereii Zusammrnsetzung von den Bedingnngen der Praparation abhangt .

Wismutnitratlosungen, mit einigcn Tropfen Salpetersaure an- gesauert , ergaben nach den Reaktionsbedingungen verschieden

1) A. J~LER, Chemick6 Listy 14 (1920), 165-166. 2, Vgl. euch G. SEmI u. S. SEGHEZZO, Mikrochemie 8 (1930), 210; C. MAHR,

_____

Z. analyt. Chem. 94 (1933), 161.

Page 2: Zur Reaktion des Wismuts mit Thioharnstoff

J. V. Dubskj., A. Ok& u. B. Ok&k Reakt. d. Wismuts mit Thioharnstoff 387

nuancierte, gelbe Kristalle. Bei der Reaktion 1 Bi : 1 Thioharnstoff (Thh.) erhalt man blaB braungelbe Nadeln vom Schmelzpunkt 1490 C (I) ; beim Verhaltnis 1 Bi : 2 Thh. kristallisieren hellgelbe Saulen aus (11, Schmelzpunkt 1530 C) ; bei der Reaktion 1 Bi : 3 Thh. wurden intensiv glanzende, braungelbe Nadeln vom Schmelzpunkt 151O C erhalten (111). Nach der Analyse sind die Praparate I, I1 nicht vollig einheitlich und rein, obwohl die gemischten Schmelzpunkte keinen groBen Unterschied aufweisen (145-1570 C ; die Substanzen schmelzen unter gleichzeitiger Zersetzung). Die Kristalle I zeigen das Verhaltnis Bi : N = 1 : 8,68, die Kristalle I1 1 : 8,38.

Die Kristalle I11 entsprechen dern Verhaltnis 1 Bi : 8 N : 3 S : 2 NO, d. h. der Verbindung Bi(NO,),.3 CS(?JH,), , sie enthielten:

37,04, 36,84, 37,48O/, Bi und 19,95, 20,01°], N. Die Schwefelbestimmung (als BaSOJ und die Nitratbestimmung

(als Nitronnitrat) nahern sich dem Verhaltnis 1 Bi : 3 S : 2 NO,. Gef. 16,3"/, S 23,4% NO, Ber. fiir BiC,S,N,H,,O, Bi 37,13% N 20,01°/,, S 17,17°/0 NO, 22,13°/0.

Das ausgeschiedene Nitronnitrat ist nicht ganz rein, es enthslt basisches

Die Verbindung ist im Wasser rnit gelber Farbe loslich, die Losung gibt auf Zusatz von Alkohol gelblichweil3e Trubung; in kaltem Alkohol ist sie fast unloslich, in warmem loslich unter gleich- zeitiger Abscheidung eines gelblichweifien Niederschlags. In ver- diinntem Alkohol ist die Verbindung wenig loslich, in der Warme erfolgt weiBe Triibung. Die wahige Losung wird auf Zugabe von 1 n-Kochsalzlosung weiB gefallt, der Niederschlag ist im ifberschufi der Kochsalzlosung unloslich. Ammoniak bzw. Alkalihydroxyd geben einen weiBen Niederschlag, der beim ErwLrmen rnit Ammoniak sich nicht verandert, rnit Lauge sich braunt bzw. schwarzt. Der Analyse gemaB liegt eine Verbindung des Wismuts vor:

Wismutsalz.

K. A. HOFMANN und K. L. GONDER~) isolierten ein basisches Wismutnitrat (OH) (NO,),Bi + 3 Thh. als zitronengelbe Blattchen, dessen Eigenschaften jedoch unserer Verbindung nicht entsprechen. Diese Verbindung ist im Wasser und in verdunntem Alkohol leicht loslich; die erhaltene gelbe Losung wird beim Verdunnen farblos. Die waBrige Losung gibt rnit etwas Kochsalz einen zitronengelben Nieder- sohlag, der bei weiterer Zugabe des Chlorids verschwindet. Alkali-

') K. A. HOFMANN u. K. L. GONDER, Ber. 37 (1904), 242. 25"

Page 3: Zur Reaktion des Wismuts mit Thioharnstoff

385 Zeitschrift fiir anorganische usd allgemeine Chemie. Band 216. 1934

hydroxyde bzw. Ammoniak geben einen blal3gelben Niederschlag, der beim Erwarmen sich zuerst rot, dann rotbraun farbt.

Die Wasserloslichkeit der obigen Verbindung widerspricht der Formulierung als cinem Nichtelektrolyt

(NH,)zC=S, /NO,

(NH,),c=s/ \NO, lBi-S-C-(NH)NH,

mit der Koordinationssahl 5, SO da13 wohl nur die Formidierung als eine mehrkernige Verbindung rnit der Koordinationssahl4 in Betracht kommt : NHZ-C=NH

I

NH=&-NH,

Aus sauren JVismutchlorid- und Thioharnstofflosungen erhalt man die komplexe Verbindung BiC13.3 Thh. in einer gelben und einer orangeroten Modifikation.2) 10,5 g BiC1, in 100 em3 Wasser gelost und rnit verdiinnter Salzsaure soweit angesauert, um das Oxychlorid zu losen, wurden mit einer Losung von 7,5 g Thioharnstoff in 150 ern3 Wasser versetzt (1 Bi : 3 Thh.). Schon nach einigen Minuten beginnt sich ein Gemisch von gelben und orangefarbigen Kristallen ab- zuscheiden. Nach 2 Stunden wurde das Kristallgemisch abfiltriert, und man konnte dann beobachten, da8 die gelben Kristalle sich bald orange verfkben. Aus der Mutterlauge konnten nach einigen Tagen rein gelbe Kristalle isoliert werden, die einheitlich und genugend stabil waren. Bei gut lufttrockenen Kristallen murde erst nach einigen Wochen eine Verfarbung ins Orangerot beobachtet (nach 5 Monaten waren weniger als lo"/,, der Kristalle in die orangerote Modifiliation umgewandelt). Bei der Arbeitsweise im Verhaltnis 1 Bi : 6 Thh. (10,5 g BiCl, in 100 cm3 Wasser und 15,2 g Thioharnstoff in 200 em3 Wasser) erhalt man zuerst ziemlich labile, gelbe Kristalle, dann cine mittlere Kristallfraktion eines Gemisches beider Modifikat,ionen und schlieBlich sehr schone, glanzende, orangerote Kristalle (Farbennuance des Kaliurnbichromats). Die letzte Mutterlauge ist gelb gefarbt und scheidet Schwefelkristalle ab, rnit einem geringen Wismutgehalt.

1) Vgl. B. HEPNER u. A. LIKIERNIK, Uber die Konstitution der Wismut- nitrate, Chem. Zbl. 1926, 11, 1121; R. WEINLAND, Einfuhrung in die Chemie der Komplexverbindungen 2. Aufl. (1924), S. 111, 148, 218, 291, 297, 420.

2, L. VANINO u. F. MUSSGNUG, Ber. GO (1917), 21; K. A. HOFRTANN u. K. L. GONDER, Ber. 37 (1904), 242.

Page 4: Zur Reaktion des Wismuts mit Thioharnstoff

J. V. Dubskj., A. OkiE u. B. OkG. Reakt. d. Wismuts mit Thioharnstoff 389

Die beiden Modifikationen der Wismutkomplexe haben die gleiche Zusammensetzung. Die Umwandlung der gelben Kristalle in die rote Modifikation erfolgt von selbst schon bei gewohnlicher Temperatur im Kapillarrohr bei 1100 C. Die gelben Kristalle schmelzen bei 176-180° C (bei 1700 schon wird eine dunklere Verfarbung beob- achtet), die roten bei 180° C (die Verfarbung wurde ebenfalls bei 1700 wahrgenommen). Im Wasser sind beide Modifikationen unloslich, im 96O/,igen Alkohol mird schwache Hydrolyse beobachtet ; in ver- dunnter Salzsaure erhalt man gelbe, mit konz. Salzsaure farblose Losungen. Konz. Ammoniak bewirkt an der Oberfliiche Abscheidung eines weil3en Salzes (Hydroxyd oder basisches Salz und nach langerer Digestion Umwandlung in ein gelbes Salz).

Die farblosen Losungen beider Modifikationen in konz. Salzsaurc aeigen einen wesentlichen Unterschied beim Verdunnen mit Wasser. Die Losung der roten Modifikation hydrolysiert fast gar nicht, die der gelben bald unter Bildung einer weil3en Trubung. Die stabile rote Modifikation wird beirn Trocknen bei 1000 C nicht verandert, die labile gelbe verfarbt sich stellenweise orange bzw. braungelb unter teilweiser Zersetzung (Gewichtsverlust 0,4-0,7°/,,).

Die Analyse der gelben, labilen Modifikation ergab : 37,94O/,, Bi 15,27, 15,22°/0 N 19,14°/0 C1

Bi :N:Cl 1 : 6 : 3

Die Analyse der roten, stabilen Modifikation ergab : 37,80, 37,81% Bi 15,33% N 18,58O/,, S 20,36% C1

Bi: N : S : C1 1 : 6 : 3,Z: 3,15 Berechnet fur BiCl, . 3CS(R’HJZ (Molckulargewicht 543,7)

38,26O/, Bi 15,46% N 17,69°/0 S 19,57% CI.

Die erhaltenen Verbindungen sind den Eigenschaften gemal3 als Nichtelektrolyte aufzufassen, und die rote Modifikation kann wohl am einfachsten formuliert werden :

Ji(NH,),C=S], BiCl,\ . Schwieriger ist die Formulierung der gelben labilen Modifikation.

Dn in Losungen der Thioamide ein Gleichgewicht der Thioamide mit der tautomeren (aci)Imidoform besteht, ware die einfachste Vor- stellung die der tautomeren Form:

Page 5: Zur Reaktion des Wismuts mit Thioharnstoff

390 Zeitschrift ftir anorganische und allgemeine Chemie. Bend 216. 1934

Wenigcr einfach ware die Annahme der Konstitution der gelben Verbindung als ein polymerer Komplex [BiCl,] [Bi 6 Thh.] bzw. des Losungsgleichgewichts :

[BiCl,][BiThh,] tL 2 Bi :Lh]’

Nicht ausgeschlossen ware die Existenz raumlicher Isomerie ; Strukturisomerie zwischen Thioharnstoff und Rhodanammonium ist weniger mahrscheinlich :

selbst unter Annahme katalytischer Wirkung der Wismutsalze. Erwahnenswert, obgleich fraglich, ist die Ansicht von B. R A T H I ~ E ~ ) , daB Wismut mit dem Thioharnstoff und die Siiure mit dem Harnstoff gebunden ist :

A. ROSENHEIM u. V. J. MEPER, Z. anorg. Chem. 49 (1906), 28. *) B. R.~T€IHE, Bed. Ber. 1 7 (1884), 297.

BrGmn (Bmo), Institut fur analytisdie Chemie der Masaryk- Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 23. Dezember 1933.