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Aus der UniversitS.tsklinik ffir Ohren-, Nasen- und Halskranke zu Giegen. (Direktor: Prof. Dr. Briiggemann.) Zur Serodiagnostik der Kehlkopftuberkulose ~). Von Dr. A. Herrmann, Oberarzt der Klinik. Die Serologie der Tuberkulose reicht bis zu den Anfiingen der mo- dernen Serodiagnostik iiberhaupt zurfick. Die Untersuchungsmethoden, die geiibt wurden und hierfiir geeignet erschienen, waren I. das Agglutinationsverfahren, 2. die Pr~izipitationsproben und 3- die Komplementbindungsproben. Auf die ersten zwei Gruppen wilt ich nur kurz eingehen. Die ersten Versuche, Tuberkelbazillen dutch spezifische Antisera zu agglutinieren, stammen yon Ferran (zit. nach Pfannenstiel). Fast zu derselben zeit berichteten D u bar d und Ar 1 o in g fiber iihnliche Ver- suche. Einige Jahre sp~iter waren es in Deutschland E. v. Behring und Robert Koch (zit. naeh Pfannenstiel), die Sera Tuberkul6ser auf spezifisch agglutinierende Eigenschaften untersuchten. Sie lehnten sich hierbei an das Gruber-Widalsche Typhusagglutinationsverfahren an. Es zeigte sich jedoch, dab besonders h~iufig Tuberkelbazillen vom Serum Typh6ser agglutiniert wurden. Diese Tatsache ftihrte auch einige zu der Annahme (C o u r m o n t und D u m a s), dab hier eine biologische Aktivierung latenter tuberkul6ser Herde durch den Typhus erzeugt worden ware. Im Gegensatz zu dieser Meinung steht aber die allgemeine klinische Erfahrung, denn nur selten pflegt ein Typhus eine latente Tuberkulose zum Aufflammen zu bringen. Im ganzen lauteten die Urteile fiber das Agglutinationsverfahren auch mit den neuesten Modifikationen ablehnend. 1) Die Unfersuchungen habe ich in der serologischen Abteilung unseres hygie- nischen Instituts ausgefflhrt (Dir. Prof. ])r. Ph. K uh n).

Zur Serodiagnostik der Kehlkopftuberkulose

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Aus der UniversitS.tsklinik ffir Ohren-, Nasen- und Halskranke zu Giegen. (Direktor: Prof. Dr. B r i i g g e m a n n . )

Zur Serodiagnostik der Kehlkopftuberkulose ~). Von Dr. A. Herrmann, Oberarzt der Klinik.

Die Serologie der Tuberkulose reicht bis zu den Anfiingen der mo- dernen Serodiagnostik iiberhaupt zurfick.

Die Untersuchungsmethoden, die geiibt wurden und hierfiir geeignet erschienen, waren

I. das Agglutinationsverfahren, 2. die Pr~izipitationsproben

und

3- die Komplementbindungsproben.

Auf die ersten zwei Gruppen wilt ich nur kurz eingehen. Die ersten Versuche, Tuberkelbazillen dutch spezifische Antisera zu

agglutinieren, stammen yon F e r r a n (zit. nach P f a n n e n s t i e l ) . Fast zu derselben zeit berichteten D u b a r d und Ar 1 o in g fiber iihnliche Ver- suche. Einige Jahre sp~iter waren es in Deutschland E. v. B e h r i n g und R o b e r t K o c h (zit. naeh P f a n n e n s t i e l ) , die Sera Tuberkul6ser auf spezifisch agglutinierende Eigenschaften untersuchten. Sie lehnten sich hierbei an das G r u b e r - W i d a l s c h e Typhusagglutinationsverfahren an. Es zeigte sich jedoch, dab besonders h~iufig Tuberkelbazillen vom Serum Typh6ser agglutiniert wurden. Diese Tatsache ftihrte auch einige zu der Annahme (C o u r m o n t und D u m a s), dab hier eine biologische Aktivierung latenter tuberkul6ser Herde durch den Typhus erzeugt worden ware. Im Gegensatz zu dieser Meinung steht aber die allgemeine klinische Erfahrung, denn nur selten pflegt ein Typhus eine latente Tuberkulose zum Aufflammen zu bringen. Im ganzen lauteten die Urteile fiber das Agglutinationsverfahren auch mit den neuesten Modifikationen ablehnend.

1) Die Unfersuchungen habe ich in der serologischen Abteilung unseres hygie- nischen Ins t i tu ts ausgefflhrt (Dir. Prof. ])r. Ph . K u h n).

! ~) . A. HERRMANN,

Auch die Pr/izipitations-, die Triibungs-, bzw. Flockungsreaktionen haben keine gr613ere diagnostische Bedeutung in der serologischen For- schung der Tuberkulose erlangen k6nnen. Es ist B o n o m e gewesen, der zuerst die Pr~izipitation als diagnostische Methode bei der Tuberkulose ausgebaut und empfohlen hat. Er benutzte nach vielen Vorversuchen als Antigen Glyzerinwasserextrakte aus Tuberkelbazillen. Von den Flockungsreaktionen sind weiter z u nennen die yon M e i n i c k e , Da- r a n y i , M a t e f y mit ihren verschiedenen Abarten. Doch erwiesen sich diese Methoden in ihrem diagnostischen Wert als unsicher, unspezifisch und daher nicht brauchbar, wie die Nachuntersuchungen von Z w i c k l S z a b o k y u. a. ergaben. Es konnte gezeigt werden, dab es sich bei diesen Triibungs- und Flockungsreaktionen gar nicht um eine spezifisehe Reaktion, sondern um eine unspezifische Ausflockung handelt. Cal- m e t t e und M a s s o 1 haben nachgewiesen, dal3 bei der Pr/izipitation kein Tuberkul ingebunden wird, d. h. also, dal3 die pr~tzipitierenden Anti- k6rper keine tuberkulinneutralisierenden Eigenschaften besitzen. Kurzum auch das Pr~izipitationsverfahren leistete nicht das, was man yon ibm erhofft hatte.

Den gr613ten Raum und die gr6[3te Bedeutung in der serologischen Forschung der Tuberkulose nehmen die Komplementbindungsmethoden ein. Die Entdecker der komplementbindenden Eigenschaften bestimmter Sera sind bekanntlich B o r d e t und Gengou . Sie bedienten sich der Reaktion, um s~urefeste St~ibchen zu differenzieren. In Deutschland waren es 19o6 W a s s e r m a n n und B r u c k , die nach ihren ruhmreichen serotogischen Arbeiten und Forschungen auf dem Gebiete der Lues ihre Erfahrungen mit dieser Methode direkt auf die Tuberkulose tibertragen wollten. Diesen auch yon vielen anderen Forschern mit grol?em Eifer fortgesetzten Untersuchungen war abet kein nennenswerter Erfolg be- schieden, bis I9I I die grundlegenden Arbeiten von C a l m e t t e und Massol erschienen, die fiber die Wichtigkeit der exakten Technik und fiber die grol3e Bedeutung spezifischer und empfindlicher Antigene berichteten:

In der Folgezeit setzten dann umfangreiche Forschungen ein, die ftir die Serologie der Tuberkulose wichtige und zum Teil fruchtbare Ergebnisse zeitigten. Ganz empirisch wurden die verschiedenstenAntigene hergestellt. Hierbei ging man von der Erfahrungstatsache aus, dal3 auch unspezifische Antigene bei der Lues in entsprechenden F~illen einen posi- tiven Ausfall der Reaktion ergeben. (Organextrakte aus nichtsyphi- litischen Organen). Nach der heute wohl allgemein vorherrschenden Anschauung ist das wirksame Prinzip hierbei ein durch die Alkohol- extraktion gewonnenes Lipoid, dem im Serum des Erkrankten eine lipophite Substanz entspricht. Aus der Wesens/ihnlichkeit der Lues und der TUberkulose folgerte man nun, insbesondere W a s s e r m a n n , dab

Z u r S e r o d i a g n o s t i k de r t ~ e h l k o p f t u b e r k u l o s e . 17

auch im Serum des Tuberkul6sen sich eine lipophile Komponente be- finden miisse; sie entstamme dem tuberkul6sen Gewebe. Diese An- schauung best~tigte sich aber nieht, denn es gelang nicht mit einem Lipoid allein, eine positive Tuberkulosereaktion zu erzielen. Es mul3 daher bei der Tuberkulose im Gegensatz zur Lues neben dem Lipoid noch das spezifische Antigen, d. h. der Tuberkelbazillus selbst von ausschlag- gebender Rolle sein. Die Erfahrungen also, die man im Laufe der Zeit mit der Luesreaktion gemacht hatte, versuchte man nutzbringend auf die Tuberkulose zu iibertragen. So wurden neben einer Anzahl unspezi- fischer und unbrauchbarer Antigene auch eine Reihe durchaus brauch- barer gefunden. 1921 empfiehlt B e s r e d k a aus dem Pas teurschen Institut in Paris ein hochwertiges Antigen. Dieses wird aus jungen

�9 Tuberkelbazillenkulturen hergestellt, die auf fliissigem Eigelb-N~ihrboden geziichtet und entsprechend weiter behandelt werden. Der Gedanke liegt natiirlich nahe, dab sich diese jungen Tuberkelbazillenkulturen mit den Lipoiden des Eigelb-N/ihrbodens beladen. Welche Rolle freilich die Lipoide bei der Reaktion spielen, ob nur die des Verst~trkers, oder ob noch andere Faktoren hier wesentlich mitsprechen, ist noch nicht ent-

schieden. Unabh~ngig aber von diesen theoretischen Er6rterungen ist der

praktische Wert der Reaktion.

Seit mehr als einem Jahre habe ich an Kranken unserer Klinik und Poliklinik umfangreiche Untersuchungen tiber die Komplement- bindungsproben der Tuberkulose ausgeftihrt. Einmal, um zu sehen, in wieviel Prozent der F~ille sicherer Tuberkulose die Seroreaktionen positiv ausfallen und welter um verschiedene Antigene auf ihre Spezifit~it und anf ihre antigene Wirksamkeit zu prtifen.

Ich habe bei meinen serologischen Untersuchungen I. mit dem Antigen nach B e s r e d k a gearbeitet. Dieses Antigen habe ich deshalb gew~ihlt, weil es qualitativ das beste ist, und weil hiertiber schon Unter- suchungen bestehen, die einen Vergleich der Ergebnisse gestatten.

Weiter habe ich als zweites Antigen, das von N e u b e r g - K l o p s t o c k angegebene benutzt. Es besteht aus abget/Steten, getrockneten Tuberkel- bazillen, die nach dem von N e u b e r g gefundenen Prinzip der Hydro- tropie in w/iBrigen Natriumbenzoat geliSst sind.

Noch ein drittes Antigen habe ich bei der Reaktion verwendet, das mir in freundlicher Weise yon Sa lomon und R a u d o n i s zur Verfiigung gestellt wurde. Dieses Antigen sollte neben hohen antigenen Eigen- schaften noch den Vorteil der einfachen Herstellung haben. Es sind dies im S o xhle t schen Apparat mit Nther extrahierte Tuberkelbazillen, die nach Verdunstung des ~.thers mit 96 %igem Alkohol versetzt werden. Diese Aufschwemmung stellt das gebrauchsfertige Antigen dar.

Archiv f, Ohren-, Nasen- u. Kehlkopfhei}kunde. 13d. i2o. 2

1 8 A. H E R R M A N N ,

Auf die Methodik der Reaktion will ich nicht n~iher eingehen. Sie entspricht im grol3en ganzen der W a s s e r m a n n s c h e n Luesreaktionl).

Um das untersuchte Material einer kritischen Beurteilung zug~inglich zu maehen, habe ich es in folgende Gruppen eingeteilt.

I. in sichere Tuberkulosen mit Kehlkopfbeteiligung, 2. in tuberkuloseverd~ichtige F~iile, 3. in Kontrollfiille. Die erste Gruppe habe ich hinreichend charakterisiert. Die meisten

dieser F~ille wurden auch yon der medizinischen Klinik (Direktor Geheimrat Prof. Dr. V o i t) untersucht, so dab an der Tuberkulose kein Zweifel bestand.

Zur zweiten Gruppe geh6ren die F/ille, bei denen beim Laryngo- skopieren die Diagnose der Tuberkulose nieht mit Sicherheit gestellt werden konnte. Auch die Untersuchung der inneren Organe war nicht eindeutig. Es sind in dieser Gruppe also nur diejenigen F/ille verwertet worden, bei denen man eine Tuberkulose ffir m6glich, aber keineswegs fiir sicher hielt.

Die dritte Gruppe endlich umfaBt in der Hauptsache akute und chronische Laryngitiden und andere Kehlkopfaffektionen. Aber auch" andere Erkrankungen sind hinzugezogen worden. So Otitiden, Meningi- tiden, Kieferh6hleneiterungen, Lues usw.

Wir gehen nunmehr zu den Untersuchungsergebnissen fiber. Nit dem Antigen nach B e s r e d k a fanden die in der ersten Tabelle

verzeichneten Autoren (zit. nach P i n n er) bei sicher aktiver Tuberkulose folgende Resultate :

B e s r e d k a s A n t i g e n .

. . . . . . . . . . . Autor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allzahl~ ................ ,! "Positiv . . . . - - . . . . . . Negativ-' . . . . II der ~Xlle ! % %

Klempere r und Salomon 57 i 89,5 Sellers . 580 i 93,4 Be rnha rd und Valt is 9I i 84 Hansen 49 I 7I Eigene Untersuehungen II 121 I 9o

IO,5 6,6

I6 39 I o

t) Es wird im ersten Vorversuch der Titer des Ambozeptors bes t immt , also das hSmo- lyt ische Sys tem eingestel l t .

In e inem zweiten Vorversuch wird die se lbs themmende Dosls des AntigerJs bestimmt~ wobe i man his d icht an die se lbs themmende Dosis herangehen sol/.

Der Hauptversucb wird auch wie beim Original-'vVassermann ausgeffihrt. Anf/ing- lieh habe ich mi t halben Dosen, spgter aus technischen Griinden mi t ~,~ Dosen gearbei tet . Die Resul ta te wurden in fiblicher Weise mi t @ + + @ , @ q - + , + q - , @, ._~ und - - be- zeichnet. Das Ablesen machte keine Schwierigkeiten. Nachl6sung t r a t kaum ein. Eigen- h e m m u n g im Serum ',verden naturgem~i13 nur diejenigen F~Ile geben, die auch bei der Lues- reaktion, eine soiche zeigen. Denn die Serumkontrol le ist bei beiden l~eaktionen dieselbe. Auf sehr in teressante t ierexper imentel le Unfcersuehungen fiber d i e E igenhemmung kann ieh bier n ich t eingehen.

Zur Serodiagnostik der Kehlkopftuberkulose. 1 9

Die Zahl 9 ~ stellt einen relativ hohen prozentualen Wert dar. Doch mul3 betont werden, dab es sich hier meist um schwere Tuberkulosen handelte, die, wie gesagt, durch eine Kehlkopfaffektion kompliziert waren.

Die zweite Tabelle zeigt uns die Untersuchungsergebnisse mit den verschiedenen yon uns benutzten Antigenen.

Untersucht wurden insgesamt 121 F~ille. Es reagierten mit dem:

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i Anzahl Antigen nach der F~ille

Besredka t 121 N e u b e r g - K l o p s t o c k 121 Ather-Extrakt 121

Positivo/o [ NegatiVo/o

90 17,4 89,6 IO 82,6 lO,4

In der ersten Tabelle haben wir vergleichende Zahlen mit dem B e s r e d k a s c h e n angeben k6nnen. Untersuchungen tiber das zweite Antigen - - nach N e u b e r g- K I o p s t o c k - - sind bisher noch sehr sp/irlich. L y d i a R a b i n o w i t s c h land Ubereinstimmung mit dem B e s r e d k a - schen Antigen in 98 % der F~ille. S c h u l t e - T i g g e s , und A r n d t - O b e r s t ~uBerten sich in ~ihnlicher Weise. ~ber den Ather-Extrakt liegen Unter- suchungen bisher noch nicht vor.

Wir geben nunmehr zu der zweiten Gruppe fiber, den Tuberkulose verd~tchtigen F~illen. Wir Laryngologen sind in der glticklichen Lage, in den Kehlkopf direkt oder indirekt hineinsehen zu k6nnen. Die F~ille also, die uns differentialdiagnostische Schwierigkeiten machen, sind daher im Vergleich zum Internisten und Chirurgen nicht sehr zahlreich. Das Material der zweiten Gruppe ist demzufolge verh~tltnism~iBig gering. Anders wird es dagegen beim inneren Mediziner sein. Dort wird sich die klinische Dignit~it der Komplementbindungsreaktion zu erweisen haben bet aktiven Krankheitsprozessen, deren Atiologie nicht gesichert ist. Z. B. Lungenprozesse, wie chronische Bronchitiden, Bronchiektasen, Karzinome usw. Bet der differenzial-diagnostischen Beurteilung solcher F~ille, die immerhin ziemlich zahlreich sind, kann die Reaktion gelegent- lich entscheidende Dienste leisten.

T u b e r k u l o s e v e r d i i c h t i g e Fii l le .

Untersucht werden im ganzen 15 F~ille. Von diesen F~tllen reagierten

mit dem:

f Anzahl Antigen nach tier Fglle

Positiv reagierten

Besredka 11 15 Neuberg Klops tock t 15 "4ther-Extrakt 15

Negativ reagierten

9 8 IO

20 A. HERRMANN,

Die Zahl der untersuchten F/ille ist so gering, dab es die kritische Einstellung eines jeden verbietet, prozentuale Werte zu berechnen. Doch m6chte ich hervorheben, dab sich die 6 bzw. 7 positiven F~tlle durch die Beobachtung auch als sichere Tuberkulosen erwiesen haben. Von den negativen F/illen haben wir verschiedentlich Probeexzisionen vorgenornmen. Nur in einern Falle ergab die histologische Untersuchung eine Tuberkulose. Nach dern Verlauf des Kehlkopfprozesses m6chten wir aber glauben, dab es sich hier urn einen Lupus des Kehlkopfes handelt. Beirn Lupus f~illt bekanntlich die Reaktion nut in einern geringen Prozent- satz der F/ille positiv aus, wie ich durch rneine Untersuchungen 1) zeigen konnte, Es steht beirn Lupus der Mangel an Antik6rpern im Vorder- grund. Dieser festgestetlte Mangel an Antistoffen im Serum des Lupus- kranken best/itigt also die Anschauung .yon J e si o n e k, dab es sich bei dieser Erkrankung urn eine abgeschw~ichte Ernpfindlichkeit des Kranken handelt, urn ein Daniederliegen der Abwehrstoffe des K6rpers, urn eine Abschw/ichung der generellen Reaktionsf~ihigkeit des Bindegewebes.

Wir gehen nunrnehr zu der dritten Gruppe tiber.

Kon t ro l l f~ i l l e . Untersucht werden von dieser Gruppe z42 F~ille. Die Ergebnisse

zeigt am besten d i e Tal)elle. . . . .

Antigen nach Anzahl Positiv Negativ der F~lle ~ ~

Besredka It I42 z6 84 . .Neuberg-Klopstock li 142 15 85 Ather-Extrakt 142 12 88

Es f/illt bei dieser Tabelle die groBe Anzahl der positfven Reaktionen auf. Doch m6chte ich vorwegnehrnen, dab sich unter diesen 142 F/illen nicht weniger als 24 Luesf/ille finden. Gleich zu Anfang schon habe ich -hervorgehoben, und besonders betont, dab auch unspezifische Antigene bei der Lues in entspreChenden F/illen einen positiven Ausfall der Reaktion er- geben. Auch rnit den Tuberkuloseantigenen ergeben die Luesf/ille in einern gewissen Prozentsatz einen positiven Ausfall. So sind die Resultate der Tabelle durchaus verst~indlich. Man kann diese F/ille abet ohne weiteres dutch Mitlaufenlassen eines OriginaI-Wasserrnann-Antigenes ausschalten.

Auf einen besonders interessanten Fall dieser Gruppe, der auch positiv reagierte, rn6chte ich noch hinweisen.

Es handelte sich urn einen jungen Mann, der wegen eines Stirn- h6hlenempyernes operiert worden war. Einige Zeit sp/iter traten zerebrale Syrnptome auf, die auf einen HirnabszeB hindeuteten. Die Blutunter-

1) Komplementbindungsreaktionen beim Lupus. Zeitschr. f. extlapnlmonale Tubel- kul. Bd,. 5, S. 28.

Zur Serodiagnostik der Kehlkopftuberkulose. 2 1

suchung ergab einen positiven Ausfall der Tuberkulosereaktion. Durch die Sektion wurde sp~iter ein Konglomerattuberkel des Kleinhirns fest- gestellt. An der Lunge fand sich so gut wie nichts. Nur am Hilus wurden einige tuberkul6se, zum Teil verk~tste Lymphknoten gefunden. Der Ausfall der Reaktion hatte unseren Verdacht auf eine Tuberkulose gelenkt.

Noch ein zweiter Fall dieser dritten Gruppe mag kurz Erw~thnung linden. Eine chronische Mittelohreiterung, die mit einer Meningitis ein- geliefert wurde. Die AufmeiBelung ergab keinen Anhalt dafiir, dab die Gehirnhautentziindung durch die Ohreiterung entstanden war. Es wurde keine Llbergangsstelle vom Ohr aus gefunden. Das Labyrinth war intakt. Der Kranke kam nach 2 oder 3 Tagen ad exitum. Die Sektion ergab eine tuberkul6se Meningitis. An den tibrigen Organen fand sich eine frische miliare ~l'uberkulose. Das Blut wurde in diesem Falle nicht untersucht. Im Liquor war die Reaktion stark positiv. Doch m6chte ich diesem letzten Falle keinen besonderen Wert beimessen, da die Reaktion im Liquor nicht zuverl~ssig genug ist.

Bei der Beurteilung der Antigene kommen wir zu folgenden Schliissen: Das yon N e u b e r g - K l o p s t o c k empfohlene Antigen reicht in seiner Spezifit~it an das B e s r e d k a s s c h e heran. In der Stitrke des Ausfalles ist die Reaktion gelegentlich schwiicher.

Das g, ther-Extrakt-Antigen steht in seiner Wertigkeit hinter den beiden erstgenannten zuriick. Es gibt nur in einem geringeren Prozent- satz sicherer Tuberkulose einen positiven Ausfall.

Am Schlul3 nun m6chte ich betonen, dab ich auf Grund meiner friiheren und gegenw~rtigen Untersuchungen und Erfahrungen gleich anderen Untersuchern an der Spezifit~it der Reaktion nicht zweifele. Sie gibt uns einen Einblick in den immunbiologischen Zustand des Organis- mu_s. Zur Erkennung der Frtihstadien der Tuberkulose wird die Reaktion freilich nieht beitragen. Sie wird aber, wie gesagt, entscheidende Dienste leisten k6nnen bei aktiven Krankheitsprozessen, deren Atiologie nicht gesichert ist. A u c h in unserem Fachgebiet ,wird die Reaktion in einer gewissen Anzahl von F/tllen dazu beitragen, die Diagnose der Tuber- kulose zu sichern. In den F~illen, kann uns die Reaktion die Diagnose der Tuberkulose kl/iren helfen, in denen man sich sonst vielleicht durch eine Probeexzision Sicherheit fiber die Art der Erkrankung zu verschaffen suehte und unter Umstiinden ein tuberkul6ses Infiltrat durch eine Probe- exzision erSffnete, bzw. in ein Ulkus verwandelte. Sie wird um so wichtiger sein, wenn uns was ab und zu vorkommt sogar die Probeexzision im Stich lXBt, und wir in den histologisch utltersuehten Partien keine Tuberkulose finden, trotzdem eine solche besteht, nur dab wit im Schnitt nicht die richtige, d. h. die tuberkul6s erkrankte Stelle gefunden haben. Bei diesen zweifelhaften F~tllen kann uns die Reaktion bisweilen wesentliche und entscheidende Schliisse gestatten.

22 A. HERRMANN, Zur Serodiagnostik der Kehlkopftuberkulo:~e.

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Therapie ( W e i c h h a r d t j . P i n n e r , Tub. Bibl. 1927, Nr. 28. (Joh. Ambr Barth. Leipzig) iAusftihrliche

Literatur !) L R a b i n o w i t s c h . Dtsch. meal. Wochensehr. 1922. Nr. 12 u. 1927, Nr. 5 u.

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