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33 Zur $ippe der Blaukchlchen (Cyanecula) und dcrcn Mauser. Von Pastor Oh. L. Brehm. Die yon mir aufgestellte Sippe der B 1a u k e h 1e h e n, Cyanecula ist gewiss eine wohl begrfindete. Alle Arten derselben haben eine solehe Aehnliehkeit mit einauder, dass sie fiir eine Species gehalten wurden und you Mauehen noeh gehalteu werden, obgleieh sie wenigstens als 4 leicht zu unterscheidende der Zeichnung naeh auftreten~ und zwar als folgende: 1. Das weissslernige Blaukehlchen, Cyanecula leucocy- ana Brhm. Bei dem alien Mtinnchen stebt auf der sehi~n blauen Kehle ein grosser, prtiehtig gltinzend atlasweisser~ Flecken. 2. Das Wolfisehe Blaukehlehen, Cyanecula Wolfii Brhm. Die ganze Kehle des alten Mtinnchens ist rein und prtiehtig blau ohne weissen oder braunen Flecken. 3. Das schwedisehe Blaukehlehea, Cyanecula suecica Brhm. Auf der blauen Kehle des alten Mtinnehens stem ein gr0sserer uder kleinerer rostroth brauner Fleeken. 4. Das fistliche Blaukehlehen, Cyanecula orientalisz** ) Brhm. Auf der blauen Kehle des a[ten Mtinnehens beflndet sieh ein gros- ser~ selten ein kleiner rostroth brauner, weiss eingcfasster Fleeken. Ueber die versebiedenen Kleider dieser schiJnen Stinger, und fiber die versehiedenen Subspecies derselben, fiber ihre Wohnorte und ihre Lebensweise etc. werde ieh kiinftig anderwtirts mehr sagen; daher hier zur Begrfindung der Sippe Cyanecula nut' Folgendes: Die Blaukehlehen k(hmen weder mit den Naehtigallen, noch mit den Rothschwfinzen, noch mit den Rothkehlehen" oder anderen Siingern in eine Sippe gebracht werden, und zwar aus folgenden Griinden : 1. Es sind, wie sehon bemerkt wurde, ihre Farbe und Zeich- nung ganz eigenthfimlieh; die prfichtig blaue Keble der Mfinn- ehen, welche sich, wenn auch weniger schiin, bei den hahnfedrigen Weibchen wiederfindet, bezeichnet sie hinltinglieh. 2. Sie haben ganz bestimmte Aufenthaltsorte: Sie sind Sehlammltiufer und balten sich am liebsten da auf, wo sie durch diehtes Gebfisch~ Rohr, Schilf und Riedgras, vor ihren Feinden gesichert sind. Sie lieben den Versteek, und seheuen das Offene sehr. Darin sind sie yon denRothkehlehen und Rothsehwtinzehen, welehe das Offene lieben und gern frei sitzen; um sieh naeh Insecten und Wiirmern um- zusehen, sehr verschieden. D i e B I a u k eh I e h e n suchen ihre 51ahrung~ vorzugsweise Wasserinseeten und deren Larven~ an feuehten Stellen; wfihrend die Rothsehwiinze und Rothkehlehen ihre Speise auf troekenem Boden ergreifen, aber aueh Beeren fressen, was die Blaukehlehen in tier Freiheit nicht than. ~) Ist identiseh mit: Cyanecula dichrosterna Cab.~ Museum Heineanum~ Pars I.: (18500 pag 1, Note D. Iterausg. Journ. £ Ornith., Ilk Jahrg,j 1854. 3

Zur Sippe der Blaukehlchen (Cyanecula) und deren Mauser

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Zur $ippe der Blaukchlchen (Cyanecula) und dcrcn Mauser. Von

Pastor Oh. L. Brehm.

Die yon mir aufgestellte Sippe der B 1 a u k e h 1 e h e n, Cyanecula ist gewiss eine wohl begrfindete. Alle Arten derselben haben eine solehe Aehnliehkeit mit einauder, dass sie fiir e ine Species gehalten wurden und you Mauehen noeh gehalteu werden, obgleieh sie wenigstens als 4 leicht zu unterscheidende der Zeichnung naeh auftreten~ und zwar als folgende:

1. Das w e i s s s l e r n i g e B l a u k e h l c h e n , Cyanecula leucocy- ana Brhm. Bei dem alien Mtinnchen stebt auf der sehi~n blauen Kehle ein grosser, prtiehtig gltinzend atlasweisser~ Flecken.

2. Das W o l f i s e h e B l a u k e h l e h e n , Cyanecula Wolfii Brhm. Die ganze Kehle des alten Mtinnchens ist rein und prtiehtig blau ohne weissen oder braunen Flecken.

3. Das s c h w e d i s e h e B l a u k e h l e h e a , Cyanecula suecica Brhm. Auf der blauen Kehle des alten Mtinnehens stem ein gr0sserer uder kleinerer rostroth brauner Fleeken.

4. Das f i s t l i c h e B l a u k e h l e h e n , Cyanecula orientalisz** ) Brhm. Auf der blauen Kehle des a[ten Mtinnehens beflndet sieh ein gros- ser~ selten ein kleiner rostroth brauner, weiss eingcfasster Fleeken.

Ueber die versebiedenen Kleider dieser schiJnen Stinger, und fiber die versehiedenen Subspecies derselben, fiber ihre Wohnorte und ihre Lebensweise etc. werde ieh kiinftig anderwtirts mehr sagen; daher hier zur Begrfindung der Sippe Cyanecula nut' Folgendes:

Die B l a u k e h l e h e n k(hmen weder mit den N a e h t i g a l l e n , noch mit den R o t h s c h w f i n z e n , noch mit den R o t h k e h l e h e n " oder anderen Siingern in eine Sippe gebracht werden, und zwar aus folgenden Griinden :

1. Es sind, wie sehon bemerkt wurde, ihre F a r b e und Z e i c h - n u n g g a n z e i g e n t h f i m l i e h ; die prfichtig blaue Keble der Mfinn- ehen, welche sich, wenn auch weniger schiin, bei den hahnfedrigen Weibchen wiederfindet, bezeichnet sie hinltinglieh.

2. Sie haben ganz b e s t i m m t e A u f e n t h a l t s o r t e : Sie sind Sehlammltiufer und balten sich am liebsten da auf, wo sie durch diehtes Gebfisch~ Rohr, Schilf und Riedgras, vor ihren Feinden gesichert sind. Sie lieben den Versteek, und seheuen das Offene sehr. Darin sind sie yon d e n R o t h k e h l e h e n und R o t h s e h w t i n z e h e n , welehe das Offene lieben und gern frei sitzen; um sieh naeh Insecten und Wiirmern um- zusehen, sehr verschieden. D i e B I a u k eh I e h e n suchen ihre 51ahrung~ vorzugsweise Wasserinseeten und deren Larven~ an feuehten Stellen; wfihrend die R o t h s e h w i i n z e und R o t h k e h l e h e n ihre Speise auf troekenem Boden ergreifen, aber aueh B e e r e n f r e s s e n , was die B l a u k e h l e h e n in tier Freiheit nicht than.

~) Ist identiseh mit: Cyanecula dichrosterna Cab.~ Museum Heineanum~ Pars I.: (18500 pag 1, Note D. Iterausg.

Journ. £ Ornith., Ilk Jahrg,j 1854. 3

3. Die B l a u k e h l e h e n zeigen viel E i g e n t h i i m l i c h e s in ihrem B e t r a g e n . Sie sind, wie sehon gesagt, S e h l a m m l ~ i u f e r , d. h. sis kommen, um ihre Nahrung zu findell, aus ihrem Versteeke hervor, und l a u f e n tiber grosse Streeken Sehlamm und feuehten Boden, oft zwisehen Rohr- und Scltilt~tengeln bin, and zwar wie d i e P i e p s r~ mit grosser Sehnelligkeit, indem sie einen Fuss nach dem andern fortsetzen. Dis Rothsehwiinze and Rothkehlshen hingegen h i ip fen , indem sie, so- bald sie sieh fortbewegen, beide Fiisse zugleieh fortsehieben and auf den Boden setzen, was einen grossen Untersehied bekundet. Aueh darin unterscheiden sieh die B l a u k e h l c h e n sehr yon den Vogeln der beiden genannten Sippen: dass die Miinnchen wie die P i e p e r und D o r n - g r a s m i i c k e n beim Singen in dieLuft steigen, was weder ein B o t h - k e h l c h e n , noeh ein R o t h s e h w a n z jemals thuen.

Desgleiehen hat der G e s a n g der B 1 a u k e h 1 e h e n etwas sehr Ei- genthUmliches. Das Charakteristisehe in demselben ist ein gewisses S e h n u r r e n , welches wahrseheinlieh alle Arten mit einander gemein haben, wobei das Merkwiirdigste der Umstand ist, dass wiihrend des Sehnurrens noeh andere TOne gehOrt werden, und jenes gleiehsam den Bass zu diesen bildet. Eine andere Eigenheit des Gesanges der B l a u - k e h l e h s n zeigt sieh darin, class sie eine ungewi~hnliehe Gesehieklieh- keit im Naehahmen und Vortragen anderer Vogelges~inge besitzen. Am deutliehsten fliltt diess-in die Ohren~ wenn sie den F i n k s n - und W a e h t e ls e h I a g, welehen sie t~iusehend naehahmen, hiSren lassen. Sic erinnern in dieser Naehahmungsgabe und Naehahmungssueht an dis W ti r - g e l S t e i n d r o s s e l n , B r a u n k e h l e h e n , W i e s e n s e h m ~ , i t z e n und K a l a n d e r l e r e h e n , welehe sieh bekanntlieh aueh fremde Ges~inge aneignen.

4. Die E i e r der Blaukehlehen sind sehr a u s g e z e i e h n e t . Sie sind weder weiss, wie die der Hausrothsehw~tnze, noeh bl~iulieh grtinspan- farbig, wie die der Baumrothsehw~inze, noeh weisslieh und rothgefleekt, wie die tier Rothkehlehen, sondern s e h m u t z i g g r a u - b 1/i u I i e h g r ti n, l e h m r o t h g e p u n k t e t a n d g e w ~ i s s e r t .

5. Endlieh weieht die M a u s e r der Blaukehlehen yon der unserer anderen S~inger sehr ab.

Die Mauser der Vi~get iiberhaupt hat dureh S e h l e g e l ' s Verf/ir- bungstheorie ~') eine besondere Wiehtigkeit erhalten. Wenn ieh aueh glauben darf diese Theorie dureh meine Beweisfiihrung, (welehe in Folge persOnlieher Verhinderung, dutch meinen Sohn Al l ' r ed auf der letzten Ornithologenversammlung in Halberstadt vertesen, and dutch mehr als 100 Beweisstiieke unterstiitzt wurde,) grtindlieh widerlegt zu haben: so seheint es doeh um so wiehtiger~ die versehiedenen Kleider der VOgel, und die Ueberg~inge des einen in das andere~ seharf in das Auge zu fassen. Deswegen mag die Erkl~irung der versehiedenen Gew~inder der B l a u k e h l e h e n bier folgen:

Das J u g e n d k l e i d aller vorstehenden Arten hat mit dem dsr R o t h k s h l e h e n and R o t h s e h w ~ i n z e darin Aehnliehkeit, dass es

*) Siehe die Naumannia lI. Band 2. He|k, Seite 19--40.

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yon der Zeichnung beider Eltern sehr abweicht,~) und dieselbe dunkel gestrichelt, nach den Geschlechtern nicht verschieden~ hat. Bald nach dem Ausfliegen des jungen Vogels beginnt die Mauser~ und zeigt sich zuerst an der Kehle, an-welcher einzelne gelbe Federchen zum Vor- scheine kommen. Diese Maaser verbreitet sich allm~ihlich aug nile kleinen Federn des Vogels. Nnr die Schwang- und Steuerfedern and vieleDeck- federn der ersteren bleiben stehen; diess sieht man deutlich an den hellen Spitzenr~indern derselben.

Das e r s t e H e r b s t k l e i d unterseheidet sich~ yon dem der alten HerbstvOgel, nicht nur durch die eben genannten hellen Spitzenr~inder an den Schwnng- und grossen Oberfliigeldeckfedern, sondern ganz be- senders am Vorderhalse. Dieser ist nicht mit dem schOnen B lau~ wie bei den Alten bedeckL sondern an dem Kinne und an der ganzen Kehle rostgelb, heller oderdnnkler~ mitbl~iulichen Streifehen neben dem Kinne, mit schw~irzlichen neben der Kehle, und mit einem durch weissliche Spitzenkanten grossen Thefts verdeckten~ blauen Gtirtel tiber dem rost- rothen Querbande an der 0berbrust. Der iibrige Unterkt}rp.er ist blass rothgelb. Die j u n g e n w e i b l i c h e n H e r b s t v O g e l sind yon den alten wenig verschieden gef'arbt~ doch trifft man bei ihnen hie Blan an der Kehle. In diesem Kleide verlassen die Blaukehlchen ihre n0rdlichen Wohn- orte, und ziehen dem Stiden zu.

Hier, namentlich in Nordostafrica, v e r m a u s e r n sie sigh ira F e - b r u a r undM~irz, und bekommen ihr a u s g e f ~ r b t e s K l e i d d u r c h F e d e r w e e h s e l , keineswegs aber dutch Verf~irbung.

Diese Friihlingsmauser erstreckt sich aber last lediglich auf den Vorderhals; an ihm fallen die Federn des ersten Herbstkleides aus~ mid werden durch andere ersetzt, welche dem Prachtkleide angehi}ren. Selbst wenn diese Federn ansgewachsea sind, haben sic noch nicht des pr~ich- tige~ gl~inzende~ sondern noch ein mattes~ zum Theil mit grauen Feder- ~n'dern bedecktes Blau, welches oft erst am Brutorte seine Federr~inder verliert, und durch eine uns l~ingst bekannte Ausfiirbung den schOnen Gianz und das Lebhafte des ausgef~,irbten Pracbtkleides erh~ilt, oft aber auch'an den Seiten noch schw~irzliche Streifen zeigt. Diese Friihlings- mauser aber ist zuweilen unvollkommen, und I~isst dann noch das erste Herhstkleid zum Theile sehen. Weder die R o t h k e h l c h e n , noch die R o t h s c h w ~ i n z e , haben eine solche Frtihlingsmauser, sic uaterschei~tet ebenfalls die Sippe Cyanecula yon den begden genannten.

Im Sommer~ nach Vollendung des Brutgesch~iftes, tritt die Mauser der alten und einj~ihrigen VOgel ein~ und bringt ihnen ihr Prachtk[eid wieder ~ welches abet wfihrend des Winters k e i n e n F e d e r w e c h s e l erf~ihrt~ sondern sich nur sch~ner ausi~irbt~ so class es schon im M~rz in seinem ganzen Schmucke prangt.

Im K~itige werden die mfinnlichen Blaukehlchen mit znnehmendem Alter nicht sch0ner, sondern gew0hnlich bl~isser, ein Umstand, welcher Demjenigen uicht anffallen wird~ der die Krenzschn~ibcl~ t|akengimpel~

~) Temminck's Behauptung: dass das~ yon dem des alten M~innchens ver- sehiedene Jugendkieid der V~gel~ dem des Weibchens stets gleiche~ erweist sich mithin hier, wie in vielen anderen Fallen~ als irrthOmhch

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Leinzeisige, Bluth~inflinge u. s. w. in der Gefangenschaft gehalten, und nach ihrer Farbenveriinderung beobachtet hat. Denn Left und Sonnen- schein sind, zur Ausf~irbung der Federn bei den VOgeln, yon grOsster Wichtigkeit.

Betrachtungen fiber das Ab~ndern der Eier. Yon

Dr. (~. W. L. Gloger.

Die bewunderungsw(irdige Einfachheit, mit welcher die Natur trberall verf~hrt, der enge Zusammenhang, in welchem ihrc gesammten Ein- richtungen mit einander stehen, und die unfehIbare Sicherheit, mit wet- cher sie verm(Sge beider stets ihre verschiedenartigsten Zwecke erreicht, machen es der Naturforschung zu einer der ersten Pflichten gegen sich selbst: dass sie a l l e V o r g l i n g e in d e r N a t u r stets a u f d i e e i n - f a c h s t e n G r u n d l a g e n z u r i i e k z u f l i h r e n suche. Denn erst diese Vereinfachung der jedesmaligen Frage macht es m6glich, den Zusam- menhang der Erscheinungen selbst und die Griinde oder Zwecke, auf welchen sie beruhen, genauer zu erkennen. Sie wird mithin da um so unerl~isslicher bleiben, wo die Erscheinungen selbst irgendwie yon un- gewtihnlicher Art sind.

Eine solche hOchst ,ungew6hnliche ~ ist nun ohne Zweifel das iiusserst merkwlirdige, bisher als beispiellos dastehende Ab ii n d e r n d e r E i e r des g e m e i n e n , europiiischen und nordasiatischen K u c k u k s , Cuculus canorus.

Denn bei ihm sehen wirEtwas, was allerdings mehr oder weniger auch bei unz~ihligen a n d e r e n V o g e 1 n Statt finder, bei diesen aber doch eben mehr eine blosse Au s na hm e bildet, zu einer bestimmten R e g e l werden. Und zwar wird es diese in solchemGrade, dassgegen sie alle jene Ausnahmen, jede einzeln ftir sich betrachtet, fast in ~ichts verschwinden: indem hier offenbar die ,Regel" nicht atlein beinahe aUe wirklicheAusnahmen, die wir in diesem Punkte bei anderen V(Jgeln der verschiedensten Gattung zusammengenommen eintreten sehen, vereinigt enthiilt und sie zu Einem grossen wunderlichen Ganzen zusammenfasst, sondern theilweise such noch sehr wesentlich tiber die grOssten yon ihnen liinausgeht. Um so bedeutungsvoller wird also der Grund oder Zweck erscheinen miissen, um dessen willen das Alles hier geschieht; ebenso die Art and Weise, wie derselbe erreicht wird. Und voraus- sichtlich werden auch hier die Mittel und Wege dazu wiederum hOchst einfach sein.

Um Letzteres zu erkennen, wird es geeignet sein~ versuchsweise einen vergleichenden Blick auf das A b i i n d e r n d e r E i e r bei anderen V 6 g e l n zu werfen. Denn iiberhaupt scheint man immer noch wenig gewohnt, das Ganze von allgemeineren Gesichtspunkten aus zu betrachten.

ZuvOrderst wird auch bei den Eiern meist ebenso, wie bei dem Gefieder der V6gel~ zwischen blossem A b ~i n d e r a und wirklichem A u s-