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X. U~GE~EOET : Zur Technik geh6rverbesserndcr Operationen usw. 619 In der Folge wurden unter den Patienten mit Tinnitus 15 ausgewghlt, bei denen der Charakter der Geri~usche, die Art der SchwerhSrigkeit oder Trommelfellresiduen bzw. Adhiisionen in der Pauke auf eine Mittelohr- bedingtheit, wenigstens als Teilursache, schlieI~en liel~en. Fast alle waren vorher vieffi~ltig ohne Erfolg auch mit lokalen Mal~nahmen wie Tuben- katheterismus, Trommelfellmassage usw. behandelt worden. Ein Patient blieb naeh der Cortisonverabreichung vSllig yon seinen Geri~uschen be- freit. 4 Patienten, yon denen 3 zuvor fiber ein zweffaches Gerguseh ge- klagt hatten, verloren das laute Gerauseh tieferer Tonlage und behielten lediglich ein hohes Pfeffen oder Zischen zurfick, das in 2 Fi~llen nach einer ansehliel~enden Vitamin-A-Kur (Arovit) verschwand. 2 weitere Patienten gaben eine wesentliche Verringerung der Ger~usehintensitgt an. Unter diesen 7 einigermal~en giinstig beeinflui~ten Patienten waren bei 4 chro- nische bzw. rezidivierende entziindliche Tuben-PaukenhShlenprozesse wesentlich mit im Spiel. Bei 2 yon ihnen konnte nach der Behandlung im Audiogramm eine H6rverbesserung yon 15 bis 20 Dezibel nachge- wiesen werden. 8 Patienten blieben vSHig unbeeinflul~t. V0n diesen hatten 6 zum Teil starke Adh~sivprozesse in der Pauke. Nach unseren Erfahrungen ist also yon der pertubaren Cortison- bzw. Hydrocortisonverabreichung beim Tinnitus im wesentliehen nur dann ein guter Effekt zu erwarten, wenn rezidivierende bzw. chronische ent- zfindliche Tuben-PaukenhShlenprozesse vorliegen. Und zwar liel~ sich be- zfiglich des Tubenverschlusses auch in sehr hartniickigen F/s ein rascher Erfolg beobaehten. Deshalb dfirfte unseres Erachtens -- auch ohne Vorhandensein yon Ohrgerguschen -- bei den chronischen Tuben- PaukenhShlenentzfindungen, die den fiblichen therapeutischen Ma~- nahmen unzug/~nglich sind, eine intratympanale Verabreichung yon Cor- tison bzw. Hydrocortison empfehlenswert sein. Literatur. FOWLr~, E. P. : Ann. of Otol. 50, 139 (1941). -- HV~E~, J. P. : Premiers Essais d'Application de Cortisone par Vole Tubaire. Lyon: Verl. R. Gauthier 1952; Ann. d'Oto:Laryng. 71, 441 (1954). -- TOW~DG~, B. C. : Arch. of Otolaryng. 50, 200 (1949). - - ZOLL~ER, F. : Arch. Ohr- usw. Heilk. u. Z. I-Ials- usw. tteilk. 158, 443 (1950). 61. K. UNG]Zl~l~CltT-Miinchen: Zur Teehnik gehiirverbessernder 0perationen bei schweren 0hrmil~bildungen. (Mit 2 Textabbildungen.) Ist bei hochgradigen Ohrmil~bildungen das Hohlraumsystem des Mittelohres nicht angelegt, dann hat der Operateur bei gehSrverbessern- den Eingriffen Mfihe, sich im Felsenbeinknochen zurechtzufinden. Es fehlen Orientierungspunkte, die ihm den Weg zum Innenohr zeigen. Es besteht daher immer die Gefahr, dab er den N. facialis verletzt oder das

Zur Technik gehörverbessernder Operationen bei schweren Ohrmißbildungen

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X. U~GE~EOET : Zur Technik geh6rverbesserndcr Operationen usw. 619

In der Folge wurden unter den Patienten mit Tinnitus 15 ausgewghlt, bei denen der Charakter der Geri~usche, die Art der SchwerhSrigkeit oder Trommelfellresiduen bzw. Adhiisionen in der Pauke auf eine Mittelohr- bedingtheit, wenigstens als Teilursache, schlieI~en liel~en. Fast alle waren vorher vieffi~ltig ohne Erfolg auch mit lokalen Mal~nahmen wie Tuben- katheterismus, Trommelfellmassage usw. behandelt worden. Ein Patient blieb naeh der Cortisonverabreichung vSllig yon seinen Geri~uschen be- freit. 4 Patienten, yon denen 3 zuvor fiber ein zweffaches Gerguseh ge- klagt hatten, verloren das laute Gerauseh tieferer Tonlage und behielten lediglich ein hohes Pfeffen oder Zischen zurfick, das in 2 Fi~llen nach einer ansehliel~enden Vitamin-A-Kur (Arovit) verschwand. 2 weitere Patienten gaben eine wesentliche Verringerung der Ger~usehintensitgt an. Unter diesen 7 einigermal~en giinstig beeinflui~ten Patienten waren bei 4 chro- nische bzw. rezidivierende entziindliche Tuben-PaukenhShlenprozesse wesentlich mit im Spiel. Bei 2 yon ihnen konnte nach der Behandlung im Audiogramm eine H6rverbesserung yon 15 bis 20 Dezibel nachge- wiesen werden. 8 Patienten blieben vSHig unbeeinflul~t. V0n diesen hatten 6 zum Teil starke Adh~sivprozesse in der Pauke.

Nach unseren Erfahrungen ist also yon der pertubaren Cortison- bzw. Hydrocortisonverabreichung beim Tinnitus im wesentliehen nur dann ein guter Effekt zu erwarten, wenn rezidivierende bzw. chronische ent- zfindliche Tuben-PaukenhShlenprozesse vorliegen. Und zwar liel~ sich be- zfiglich des Tubenverschlusses auch in sehr hartniickigen F/s ein rascher Erfolg beobaehten. Deshalb dfirfte unseres Erachtens - - auch ohne Vorhandensein yon Ohrgerguschen - - bei den chronischen Tuben- PaukenhShlenentzfindungen, die den fiblichen therapeutischen Ma~- nahmen unzug/~nglich sind, eine intratympanale Verabreichung yon Cor- tison bzw. Hydrocortison empfehlenswert sein.

Literatur. FOWLr~, E. P. : Ann. of Otol. 50, 139 (1941). - - HV~E~, J. P. : Premiers Essais

d'Application de Cortisone par Vole Tubaire. Lyon: Verl. R. Gauthier 1952; Ann. d'Oto:Laryng. 71, 441 (1954). - - TOW~DG~, B. C. : Arch. of Otolaryng. 50, 200 (1949). - - ZOLL~ER, F. : Arch. Ohr- usw. Heilk. u. Z. I-Ials- usw. tteilk. 158, 443 (1950).

61. K. UNG]Zl~l~CltT-Miinchen: Zur Teehnik gehiirverbessernder 0perationen bei schweren 0hrmil~bildungen. (Mit 2 Textabbildungen.)

Ist bei hochgradigen Ohrmil~bildungen das Hohlraumsystem des Mittelohres nicht angelegt, dann hat der Operateur bei gehSrverbessern- den Eingriffen Mfihe, sich im Felsenbeinknochen zurechtzufinden. Es fehlen Orientierungspunkte, die ihm den Weg zum Innenohr zeigen. Es besteht daher immer die Gefahr, dab er den N. facialis verletzt oder das

620 K. UNGERECHT:

Labyrinth an einer unerwiinschten Stelle erSffnet. Falls eine derartige Fehlbildung wie bei diesem Patienten mit einer Hemiatrophia faciei oder mit einer Dysostosis cranio-faoialis vergesellschaftet ist, dann ist auch auBen am Kopf die Orientierung infolge anatomischer Eigenheiten erschwert. Auf diese yon der Norm abweichenden VerEnderungen sei hier kurz eingegangen, da sie ffir den Operateur wichtig sind.

Abb. 1. Sch~delbasis eines Pa~ienten mit einer rechtsseitigen Hemiatrophia faciei. Die Sonde lieg~ im ~uBeren Teil der OperationshShle.

Infolge Hypoplasie des Schl/~fenbeins, des Unterkiefers, des Jochbeins usw. slnd die Konturen des knSchernen Sch/~dels auf der betroffenen Seite undeutlich. Die vorhandenen Ohrmuschelrudimente sind nach vorn verlagert und sitzen tiefer als die normal gestaltete andere Ohrmuschel. Dort, wo sich sonst die Mfindung des ~uBeren GehSrgangs bzw. Ohr- muschel befindet, erkermt man eine plane Fl~che, die eingesunken ist.

])as betroffene Felsenbein ragt tiefer in das Sch~delinnere hinein als das normal gestaltete und ist auch nach frontal verlagert (s. Abb. 1). Erw/~hnenswert ist die allgemeine Unterentwicklung des lateral vom

Zur Technik geh6rverbessernder Oper~tionen bei schweren Ohrmii3bildungen. 621

Labyrinthblock gelegenen Felsenbeinanteiles. Da die OperationshShle mSglichst grol~ gemacht werden mul3, damit in der Tiefe des Wund- trichters genfigend Spielraum ffir die Handhabung der Friise vorhanden ist, so stSl3t man in diesem Felsenbeinanteil rasch auf die Dura der hinteren und mittleren Schiidelgrube. Typisch fiir derartige F~ille ist ferner das Emporragen der Eminentia arcuata bzw. des Labyrinthblockes in die mittlere Sch~delgrube (Abb. 2).

Die Orientierung im Felsenbeinknochen selbst kann einmal dadurch erschwert sein, dab starke Knochensepten die Spongiosa durchziehen und

Abb. 2. Schichtaufnahme des Sch~dels mi~ Bleimarke in der Tiefe des Wundtrichters.

in letzterer reichlich Bindegewebsstr~tnge und Gefi~13e eingelagert sind. Legt man in einer gewissen Tiefe der~rtige Gebilde frei, so ist man manch- real im Zweffel, ob es sich hierbei urn den hi. facialis, das h~utige La- byrinth oder gar um den inneren Geh~irgang h~ndle.

Man kann sich nun mi t Hilfsmitteln intra operationem orientieren. Legt man kleine Bleim~rken an die tiefste Stelle des Wundtrichters, dann l~13t sich deren Entfernung vom Bogengangssystem mittels Schichtaufnahmen bestimmen. So gelangte man bei diesen Patienten erst nach Wegfr~sen eines dicken Knochenseptums in den ~uf der RSnt- genaufnahme medial vom Labyrinthblock gelegenen Spongiosaraum bzw. an die Dura. Man kann dann die Lage des horizontalen Bogengangs ferner dadurch ermitteln, da{~ man nach Abheben der Dura yon der oberen Pyramidenfls eine l~ngliche, in der Mitre durchbohrte Blei- marke auf die Felsenbeinoberfl~che ]egt. Werden Schichtaufnahmen

Arch. Ohr-,usw. ~Ieilk. u. Z, Ttals- usw. Heilk., Bd. 167 (Kongregbericht 1955). 40

622 K. U s a ~ c g ~ . - Zur Technik gehSrverbessernder Operationen usw.

gemacht, dann erkenn~ man die L~ge der Bleimarke und deren Beziehung zum zu fens~ernden Bogengang.

Dieses Vorgehen hat aber mehrere Nachteile. Erstens: es mnl~ ein Schichtgers zur Verfiigung stehen und zw~r in unmittelbarer N~he des Operationssaales und zweitens: der Eingriff mul~ 5fters unterbrochen werden, damit die RSntgenaufnahmen gemacht werden kSnnen.

Man geht deshalb bei derartigen F~llen am besten folgendermalten vor: Der hypoplastische Warzenfortsatz bzw. dgs Schlgfenbein wird in HShe des gesunden GehSrganges erSffnet. Dann fr~s~ man yore Petrosuswinkel her die ganze Spongiosa aus dem Fe]senbein heraus und stellt so die Vitrea der oberen und hinteren Felsem beinfl~che dar. Da die Felsenbeinoberflgche lateral vom Labyrinthblock steil nach auBen abfgllt, so mu~ oben die Dura freigelegt und mit einem ttirnspatel hoch- gehoben werden, damit m~n an den Labyrinthblock herankommt.

Bei dieser Methode ist der hintere vertikate Bogengang leichter als der horizont~le zu erreichen. Die Konturen des ersteren lassen sich gut aus der Spongiosa her~usmodellieren, u n d e r k~nn dann erSffnet werden. Die Fensterung des horizontalen Bogenganges empfiehlt sich nicht, da hier- bei der N. facialis leicht besch~digt werden kann. Eine L~hmung dieses Nervs bei derartigen Pat ienten wirkt sich besonders naohteilig aus, da sie schon an sich verunstal tet sind.

Die OperationshShle wird geniigend gro~. Man muB ja damit rechnen, dal~ die in die H5hle eingelegten Tnz~scHschen L~ppchen nicht an- heilen und Granulationen sich bilden. Wenn der Operationstrichter eng wgre, dann wiirden Verwachsungen drohen. Bei diesen Pat ienten mul~te man lgngere Zeit immer wieder Grannlationen entfernen, bis sich die H5hle schliel~lich doch iiberh~utete.

Noch ein Wort zur weiteren Versorgung derartiger Patienten. Die Ohrmuschelrudimente werden ~bge~r~gen. Die Asymmetrie des Schgdels versucht man durch eine Fet tplast ik zu beseitigen. Von einem ldeinen Hautschni t t aus wird die Hau t im zu korrigierenden Bezirk abgelSst und yon der Bauchwandung entnommenes Fet t in die Wundtasche einge- bracht. Nach einiger Zeit macht man yon der fehlgebildeten SeRe einen Gips~bdruck, auf den eine Ohrmuschel aus Plastelin geformt wird. Das gesunde Ohr dien~ als Modell. Es wird dann yon diesem Modell eine Gips- glocke angefertigt, mi t der sich der Pat ient selbst eine elastische Ohr- muschelprothese aus einer Gelatine-Glycerinmasse herstellen kann. Mi~ Mastix wird die entsprechend dem Kautkolori t des Pat[enten gef~rbte Prothese befestigt.

Zum Schlul~ sei noch betont, dal~ eine Fensterung bei derartigen Patienten nut da~m gemacht wird, wenn das GehSr des anderen Ohres aus irgendeinem Grunde gleichfalls hochgradig herabgesetz~ ist.

M. KI~ASS~II(~: Die retrolabyrinth~re SchwerhSrigkeit. 623

Diskussion zu Vortrag 61.

Y. M~EURMAN-I{elsinki. Es kommt ganz darauf an, was man unter einer schwe- ten OhrmiBbildung versteht. In der grol]en Mehrzahl der Mikrotien finder man einen gemeinsamen Hammer-AmbolLK5rper, der dureh den langen AmboBschenkel in normaler Gelenkverbindung mit dem Steigbiigel steht. Der Stapes ist gewShnlich normalerweise beweglieh im ovalen Fenster. tiler braucht man nur den Hammer- AmbolLKSrper yon der Einkeilung im engen Attieus zu befreien. Es bedarf keiner Fensterung.

K. VO(~EL-Kiel. Die S chwierigkeit der Auffindung des horizontalen Bogengangs bei der Fensterung kongenitaler Mittelohraplasien sind teils dureh das gelegentliche vSllige Fehlen des Antrums bedingt und tells dadurch, das die Oberkante der I)yramide seitlich yon der Eminentia arcuata steil abfMlt, was man auf der STn~- VERs-Aufnahme gut sehen kann. Ein einfaches Mitte], den horizontalen Bogengang nieht zu verfehlen, besteht darin, dal~ man die Dura der mittleren Sch~delgrube freilegt und sieh beim Vordringen in die Tiefe nicht weiter als ~A cm nach abwiirts yon ihr entfernt. Auf diese Weise wird auch eine Gef~hrdung des Faeialis vermieden.

K. UN(~ERECHT-Mfinchen (Schlul]wort). Zu I-Ierrn MEUI~MA~: Unter schweren Mil3bildungen werden in diesem Zusammenhang die Fehlbildungen verstanden, bei denen, wie bereits zu Beginn des Vortrages erwi~hnt wurde, das Hohlraumsystem des Mittelohres nicht vorhanden ist. So konnten bei diesem Pat., dessen RSntgen- aufnahmen Sie gesehen haben, weder das Raumsystem des Mittelohres noch ein Trommelfell, GehSrknSehelchen usw. festgestellt werden. Das ganze Felsenbein war lateral veto Labyrinthbloek operativ ausgehShlt worden. Das pharyngeale Tubenostium war zwar angelegt, abor deutlieh unterentwickelt im Vergleich zur anderen Seite. Wir halten es ffir unwahrscheinlich, dab in dem noeh vorhandenen kleinen I~est des Felsenbeins noch irg~ndetwas vom Mittelohr angele;~t sein kSnnte, aueh keine Tube.

62. M. KRASSNIG-Graz: Die retrolabyrinth~re Schwerhiirigkeit.

Dieses Krankhe i t sb i ld ist vor etwa 60 J ah ren erstmalig yon SIEBE2{- MAN~ beschrieben worden. Die grol~e Sehwierigkeit, diese Art der HSr- s tSrung pathologiseh-anatomisch aufzukl~ren, ha t es mi t sigh gebracht, dal~ diese F o r m der SchwerhSrigkeit auch heute noch n icht arztliches Al lgemeingut geworden ist.

N u n abet wird naeh meinem Ermessen diese Frage in FluI~ geraten. Die stets wachsende Bedeu tung tier HirnstammschwerhSrigkeit als Teil- symp tom s tumpfer Sch~delverletzungen ha t vermehrtes Beobachtungs- gut u n d zunehmendes praktisehes Interesse mi t sigh gebraeht, zumal in e inzelnen F~llen der Ausfall am Acusticus das einzige Dauer symptom bleiben kann .

Grundlage ftir die nachs tehenden Ausff ihrungen sind 20 sorgfiiltig ausgew~hlte F~lle yon Encephal i t is , Zirkulat ionsstSrungel l und Sch~del- t r a u m e n im Bereiehe des Hi rns tammes .

Ftir mich wurde die retrolabyrinthiire SchwerhSrigkeit vor 30 Jahren durch die 2 j~hrige Beobachtung einer Encephalitis Economo yon ihrem klinisehen Beginn

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