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Naunyn-Schmiedebergs Archiv, Bd. 207, S. 446---458 (1949). Aus der Medizinischen Klinik Kiel. Zur Toxizit~t neuer Siiflstoffe (1 -Alkoxy- 2-amino-4-nitrobenzole). Von MANFRED KIESE. Mit 2 Text~bbildungen. (Eingegangen am 24. Mdrz 1949.) BLANKSMA und VA~ DER W~YDE~ 1 stellten 1940 Alkoxyderivate des m-Nitranilins dar, unter denen sie 2 Ather fanden, die viel stiller sind als das m-Nitranilin 2, n~mlich das 1-)l,thoxy-2-amino-4-nitrobenzol und das 1-Propoxy-2-amino-4-nitrobenzol. Dieses wurde 4000mal und jenes 1400real sfi~er als Rohrzucker beschrieben. Beide Stoffe haben neben der starken SfiBwirkung auch lokalan~sthetische Wirkung 3. Der Propyl~ther dfirfte neben dem Steviosid, das 300mal stiller als Sac- charin, also 120000real sfil~er als Rohrzucker sein soll 4, der sii[3este aller bekannten SfiBstoffe sein. Andere m-Nitranilinderivate haben ebenfalls Sfil3wirkung, aber weit schw~chere. Eine ~bersicht fiber Che- mie und Sii{~wirkung dieser Gruppe von Verbindungen hat kiirzlich MAASS 5 gegeben. Da nach dem Kriege ein groBer Bedarf an praktisch brauchbaren Sfi~- stoffen vorhanden war, haben wir pharmakologische Untersuchungen mit dem ~thyl-, n-Propyl-, Isopropyl und sekund~rem Butyl~ther des 1-Oxy-2-amino-4-nitrobenzols durchgefiihrt. Die Struktur der Ver- bindungen ist in untenstehender Formel dargestellt: R () /CH3 /CH3 (~'~'NH~, R = --CH2CH 3, --CH2---CH2--CH3, --CH , --CH ~ //. ~\CH 3 \\CH~--CH NO2 Einige orientierende Untersuchungen wurden auch mit einem weiteren stark siiBen Nitrobenzolderivat durchgeffihrt, dem N-4-Nitrophenyl-N'- (w-carboxypropyl)-Harnstoff (Suosan), 1 BLANKSMA, J. J., u. P. W. M. VANDER WEYDEN" Rec. Tray. chim. Pays-Bas 59, 629 (1940). -- 2 MUSPRATT, J. T., u. A. W. HOFFMANN: Liebigs Ann. 57, 218 (1846). -- 3 VERKADE, P. E., C. P. VAN DIJK u. W. MEERBURG: Proc. nederl. Akad. Wetensch. 45, 630 (1942). -- a Lm~Am~, E.: Ind. chim. 35, 46 (i948). --Ang. Chem. A 60, 287 (1948). -- 5 MA~,SS, H.: Dtsch. Lebensmittel- Rdsch. 44, 50, 73 (1948).

Zur Toxizität neuer Süßstoffe (1-Alkoxy-2-amino-4-nitrobenzole)

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Naunyn-Schmiedebergs Archiv, Bd. 207, S. 446---458 (1949).

Aus der Medizinischen Klinik Kiel.

Zur Toxizit~t neuer Siiflstoffe (1 -Alkoxy- 2-amino-4-nitrobenzole).

Von MANFRED KIESE.

Mit 2 Text~bbildungen.

(Eingegangen am 24. Mdrz 1949.)

BLANKSMA und VA~ DER W~YDE~ 1 stellten 1940 Alkoxyder ivate des m-Nitranil ins dar, unter denen sie 2 Ather fanden, die viel stiller sind als das m-Nitranil in 2, n~mlich das 1-)l, thoxy-2-amino-4-nitrobenzol und das 1-Propoxy-2-amino-4-nitrobenzol. Dieses wurde 4000mal und jenes 1400real sfi~er als Rohrzucker beschrieben. Beide Stoffe haben neben der s tarken SfiBwirkung auch lokalan~sthetische Wirkung 3. Der Propyl~ther dfirfte neben dem Steviosid, das 300mal stiller als Sac- charin, also 120000real sfil~er als Rohrzucker sein soll 4, der sii[3este aller bekannten SfiBstoffe sein. Andere m-Nitranil inderivate haben ebenfalls Sfil3wirkung, aber weit schw~chere. Eine ~bers icht fiber Che- mie und Sii{~wirkung dieser Gruppe von Verbindungen hat kiirzlich MAASS 5 gegeben.

Da nach dem Kriege ein groBer Bedarf an praktisch brauchbaren Sfi~- stoffen vorhanden war, haben wir pharmakologische Untersuchungen mit dem ~thyl - , n-Propyl- , I sopropyl und sekund~rem Butyl~ther des 1-Oxy-2-amino-4-nitrobenzols durchgefiihrt. Die S t ruktur der Ver- b indungen ist in untenstehender Formel dargestellt:

R

() /CH3 /CH3 (~'~'NH~, R = - - C H 2 C H 3, - -CH2---CH2--CH3, - - C H , - - C H ~ //. ~\CH 3 \\CH~--CH

NO2

Einige orientierende Untersuchungen wurden auch mit einem weiteren s tark siiBen Nitrobenzolderivat durchgeffihrt, dem N-4-Ni t rophenyl-N' - (w-carboxypropyl)-Harnstoff (Suosan),

1 BLANKSMA, J. J., u. P. W. M. VAN DER WEYDEN" Rec. Tray. chim. Pays-Bas 59, 629 (1940). - - 2 MUSPRATT, J. T., u. A. W. HOFFMANN: Liebigs Ann. 57, 218 (1846). - - 3 VERKADE, P. E., C. P. VAN DIJK u. W. MEERBURG: Proc. nederl. Akad. Wetensch. 45, 630 (1942). - - a Lm~Am~, E.: Ind. chim. 35, 46 (i948). - - A n g . Chem. A 60, 287 (1948). - - 5 MA~,SS, H.: Dtsch. Lebensmittel- Rdsch. 44, 50, 73 (1948).

Zur Toxizit~t neuer SiiBstoffe. 447

O ~ N - - ~ - - N H " CO" NH--CH2" CH2" COOH,

alas P~.~v.~SEN ~ dargestellt hat. Da die Verbindung nur sehr schwaeh wirksam ist, konnte mit der verfiigbaren Menge eine systematisehe Prfifung nieht durchgefiihrt werden.

Versuche. a) Methoden.

Der sekund~ire Butyl~ither lag als gelbbraune Fliissigkeit vor, die andern ~ the r als gelbe Kristalle. Die LSslichkeit in Wasser von Zimmer- t empera tu r war gering und betrug 100 300 mg je Liter. Der Butyl- i~ther war mit OIivenS1 mischbar , die andern zu etwa 40 g/1 darin bei Z immer tempera tur 15slich. Alle Verbindungen waren kochbest~ndig. Das Suosan war sowohl in Wasser wie in 01 schlecht 15slich. Gut 15slich in Wasser war sein Natriumsalz, dessen L5sung fiir die Versuehe ver- wandt wurde.

Die SiiSwirkung wurde mit w~Brigen LSsungen durch Vergleich mi t 1- und 5%igen w~$rigen RohrzuckerlSsungen yon 6 Versuehs- personen best immt.

Die mitt lere tSdliehe Dosis (DL 0) wurde an Ra t ten von 140--180 g Gewicht gemessen. Die Xther wurden in 01 gelSst, das Suosan als I~a- triumsalz in Wasser gelSst intraperitoneal injiziert. Naeh einigen orientierenden Dosen erhielten 2 Gruppen yon je 25 Tieren Dosen, die etwa 25 bzw. 75% der Tiere tSteten. Die mitt lere tSdliche Dosis wurde dann im HAzE~schen Wahrscheinliehkeitsnetz 7 nach der 2-Punkt- methode best immt s.

Untersuchungen fiber die Wirkung einmahger groBer Dosen wurden an Rat ten, Katzen und Hunden durchgefiihrt. Die Gifte wurden in 61iger LSsung subkutan oder intraperitoneal injiziert, den Hunden aueh in einer Mehlaufkochung suspendiert durch die Schlundsonde in den Magen gegeben. Wirkungen t~glicher kleinerer Dosen wurden an Ra t ten und Hunden untersueht. Diese erhielten die Gifte in Mehlabkochungen durch die Sehlundsonde, jene in 51iger LSsung durch die Sehlundsonde oder intraperitoneal injiziert. Die Ra t ten wurden mit Kiiehenresten, Fischmehl und Haler geffittert, die Hunde mit Kfichenresten und Rind- fleisch. Die Ra t ten erhielten wSchentlich einmal Lebertran mit dem Futter .

I m Verlauf der Versuche wurden in geeigneten Zeitabsti~nden Blut- untersuchungen durchgefiihrt. Gemessen wurden die Konzentrat ionen an Hgmoglobin und H~imiglobin im Blute nach den Methoden yon

6 P~.TERS~, S.: Ang. Chem. 60, 58 (1948). - - : HAZE~, A.: Trans. Amer. Soc. cir. Engrs. 77, 1539 (19!4). - - s PRmGE, R., u. W. SCH~.FER: Arch. exper. Path. (D.) 191, 281 (1939).

448 MANFRED KIESE :

HAV~[A~N, JUNG und ISSEKUTZ 9 oder yon KIESE 10, an Verdoglobin nach der Methode von KIESE n, sowie der Zahl der roten Zellen mit HeinzkSrpern nach Vitaff~rbung mit Nilblau oder Brillantkresylblau.

Bei Hunden wurde auch die Bilirubinkonzentration im Serum nach der Methode v o n HIJMANS VAN DEN BERGH gemessen. Ferner wurde der H a m auf EiweiB, Zucker und Gallenfarbstoffe geprfift. Nach Be- endigung der Versuche wurden die Organe histologisch untersucht.

b) Ergebnisse.

1. Mitt lere t6dliche Dosis (DLs0).

Nach der intraperitonealen Injektion der fiir die Bestimmung der mittleren tSdlichen Dosis erforderlichen Mengen von 300--800 mg/kg wurde bei den Ratten eine schnell eintretende narkotische Wirkung beobachtet. Den schnellsten Wirkungseintritt und die kiirzeste Narkose- dauer zeigte der ~thyli~ther. 5 min nach der Injektion von 400 mg/kg und bereits 2--3 min nach der yon 500 mg/kg befanden sich die Tiere in Seitenlage. Die iiberlebenden Tiere wachten nach wenigen Stunden wieder auf. Die Propyli~ther hatten liingerdauernde narkotische Wir- kung als der Athyl~ther, und zwar hielt die Wirkung des Isopropyl- ~thers l~nger an als die des n-Propyli~thers. Nach einer Dosis yon 700 mg/kg war die H~lfte der Tiere noch nach 24 Std in Narkose und tSdliche Wirkungen traten noch zwischen 24 und 36 Std ein. Der Butyl~ther wirkte noch l~nger als der Isopropyl~ther. Noch 40 Std nach der Injektion wurden Todesfi~lle beobachtet. Die mittleren tSdlichen Dosen der Gifte sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Die Tabelle enthi~lt auch eine annahernde mittlere tSdliche Dosis des Suosans. Zum Vergleich ist die unter gleichen Bedingungen bestimmte mittlere tSdliche Dosis eines stark wirksamen Nitrobenzols, des m-Dini- trobenzols, angegeben.

Hunde wurden durch Gaben yon 500 mg/kg der Ather in den Magen nicht getStet. Ein Hund iiberlebte 3 solcher Dosen. Ein Hund starb

Tabelle 1. Mittlere t6dliche Dosis (DL~0) von 1-Alkoxy-2-amino.4-nitrobenzolen, Suosan und m-Dinitrobenzol ]fir Ratten bei intraperitonealer In]e]ction.

DLso Gift mg/kg

1. 1-Propoxy-2-amino-4-nitrobenzol . . . . . . . . . . 360±13 2. 1-J~thoxy- 2-amino-4-nitrobenzol . . . . . . . . . . . 470~=10 3. 1 - Isopropoxy-2-amino-4-nitrobenzol . . . . . . . . . 560±22 4. 1-sek. Butoxy-2-amino-4-nitrobenzol . . . . . . . . . 660±10 5. Suosan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i ~1000 6. m-Dinitrobenzol . . . . . . . . . . . . . . . . . . ] ~8±0,5

HAV~A~, R., F. Ju~G u. B. v. ISSEKUrZ jr.: Biochem. Z. 301, 116 (1939). I°KI~sE, M.: Arch. exper. Path. (D.) 2{)4, 190 (1947). - -nKiEs~ , M.: Klin. Wschr. 1942, 565.

Zur Toxizit~t neuer SiiBstoffe. 449

11/2 Tage nach der subkutanen Injektion yon 400 mg/kg Butyl/~ther. Katzen ertrugen subkutane Injektion yon 330 mg/kg des Butyl~thers; durch intraperitoneale Injekt ion der gleichen Dosis wurde eine Ka tze getStet. 1100 mg/kg Butyl/ither und nach 9 Tagen 500 mg/kg ~ thy l - /~ther in den Magen gegeben waren ffir eine Katze nicht tSdlieh, obgleich bei der zweiten Dosis die durch die erste bewirkte An~mie noch nicht geschwunden war (s. unten Tabelle 3).

2. Die Si~fiwirkung.

Die Aminonitrophenol/~ther ba t ten keinen rein sfiBen Geschmack, sondern daneben einen waldmeisterartigen Geschmaek. In hohen Konzentrat ionen war der Geschmack zun/~chst stechend, der siil]e Geschmack wurde erst naeh kurzdauernder Einwirkung wahrgenommen. Das war auch bei verdfinnten LSsungen der Fall. "Nach 1/ingerer Ein- wirkung an~sthesierten die Ather die Zungenschleimhaut. Dem Suosan fehlte der Beigeschmack. Die Stiirke der SfiBwirkungen vergliehen mit der von RohrzuckerlSsungen wechselte mit der Konzentration. Sie war relativ gr5Ber in niederen Konzentrationen, die mit l%iger Zucker- 15sung verglichen wurden als in hSheren, die 5%iger Zuckerl6sung in der SiiBwirkung gleich waren. In der Tabelle 2 ist angegeben, wieviel real st/~rker die SiiBwirkung ist als 5- bzw. l%ige RohrzuckerlSsung. Zum Vergleich ist d ie Wirkungsst/irke des Saccharin§ und des Dulcins ebenfalls angeftihrt.

Tabelle 2. Si~flwirkung yon 1-All~oxy-2.amino-d-nitrobenzolen und Suoaan bezogen au/ 5- bzw. 1%ige l~ohrzuckerl6sung.

Die niederen Zahlen beziehen sich ~uf den Vergleich mit 5%iger Zucker- 15sung.

Rohrzucker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1-Propoxy-2-amino-4-nitrobenzol . . . . . . . . . . . . 1-_~thoxy-2-amino-4-nitrobenzol . . . . . . . . . . . . 1 -Isopropoxy- 2-amino-4-nitrobenzol . . . . . . . . . . . 1-sek. Butoxy- 2-amino-4-nitrobenzol . . . . . . . . . . Suosan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Saccharin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dulcin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

SfiBwirkung

l 2500--4000

700--1400 500--1000 300--500 200--300

450 200

3. Andere Wirkungen grofler Dosen.

Bei der Beschreibung der mitt leren tSdlichen Dosen wurde sch0n die narkotische Wirlcung der Ather auf Ra t ten erw/~hnt. Diese Wirkung ist auch bei Katzen nachweisbar, doch ist sie nicht so stark, und die Tiere zeigen oft eine Reflexiibererregbarkeit. Die ~ the r senkten die KSrpertemperatur der Ka tzen sehr stark. Dosen yon 300 mg/kg Butyl/~ther verminderten die Temperatur in 2 - -3 Std auf 30--28 °.

4 5 0 MANFRED K ~ . s ~ :

Die Tiere wurden da rum meist durch Best rahlung erw~rmt. H u n d e verh ie l ten sich ~hnlich wie Katzen. Nach Gaben yon 500 mg/kg in den Magen n a h m e n sie Seitenlage ein, waren aber nicht in tiefer Narkose. Dosen fiber 300 mg/kg bewirkten bei H u n d e n und Ka tzen nach Gabe in den Magen sehr oft Erbrechen, gelegentlich auch nach subku tane r I n j e k t i o n ; h~ufiger nach G~be des Butyl~thers ~ls der anderen. Die gleichen Dosen vermehr ten bei Ka tzen den Speichel]lufl stark.

An K a t z e n und Hunden , weniger an R~t ten, waren nach einm~ligen grol~en Dosen der Ather Wirkungen au] die roten ZeUen nachweisbar. Bald nach der Gabe yon 0,3--1 ,0 g/kg der Ather stieg im Laufe einiger S t u n d e n die H~tmiglobinkonzentrat ion um einige Gramm je 100 ml Blur an, erreichte nach 6 - -18 Std ihre HSchstwerte und s~nk im Laufe yon 24 72 Std wieder auf normale Werte ab. Die Wir- kungsst~rke der un te r such ten Ather war nicht sehr verschieden. Ka tzen waren empfindlicher als Hunde . Bi ldung von Verdoglobin wurde weder bei K a t z e n noch bei H u n d e n beobachtet . An den roten Zellen t r a t en HeinzkSrper auf, bei Ka tzen mehr als bei Hunden . Ihre Z~hl erreichte nach 1 - -3 Tagen den HSchstwert . Im Laufe von 2 - -7 Tagen nach der Gabe eines ~ the r s n a h m die Blut farbs toffkonzentra t ion in den meis ten Versuchen um einige G r i m m je 100 ml ab. Die wesentlichen Er- gebnisse einer Reihe von Unte r suchungen sind in Tabelle 3 zus~mmen- gestellt und der Abl~uf einer s tarken Wirkung an einer Katze ist in

Z

1 2 3 4 5 6 7 8 9

l0 11 12

T~belle 3. Wirkungen von 1-Alkoxy-2.amino-4-nitrobenzolen au/ das Blut von Katzen und Hunden

" ~ in Tier Gift Dosis * ~ ~

=~ZZ k g g/kg ~

Hund 9,7 1-sek. Butoxy. 0,55 p.o. -- - - 0,5 Hund 1-~thoxy. 0,5 p.o. 2,0 2 4,0 Hund l-Propoxy. 0,5 p.o. -- 1,5 I-Iund 6,1 1-sek. Butoxy. 0,55 p. o. + 2,0 3 1,8 t tund 12,2 1-sek. Butoxy. 0,4 s.k. 2,3 2 1,0 /(~tze 3,5 1-sek. Butoxy. 0,33 s.k. 5,0 6 5,0 Katze I 1-sek. Butoxy. 0,33 s.k. 6,8 5 5,1 Katze[ 3,5 l-sek. Butoxy. 0,33 i.p. 4,2 ~/a 1,8 Katze I 3,4 1-sek. Butoxy. 1,1 p.o. 5,6 7 6,7 Katze] 1-~thoxy. 0,5 p.o. - - - - 3,5 Katze 1-Propoxy. 0,1 i.p. - - - - 1.2 Katze 2,. e, 1-~thoxy. 0,1 i.p. - - 2,5

• p.o. ~ per os, s.k. ~ subkutan, i.p. ~ intraperitoneM. • * Tod nach 1~/~ T~gen. - - *** Tod nach 8 Std.

36 18 24 36

36 60

72 ,9-,4 36 36

I I e i n z k S r p e r

P r o z e n t der r o t e n Zel len

3 2 4 2 0,5**

~0 6 8***

55 6 8 5

Zur Toxizit~t neuer SiiBstoffe. 451

Abb. 1 wiedergegeben. Eine genauere Differenzierung der Wirkungs- stArke der verschiedenen Ather wird in einer folgenden Untersuchung durchgefiihrt 1~. Im Blur von Rat ten bewirkten Dosen von 200 und 300 mg/kg des AthylAthers, intraperitoneal injiziert, nur geringere Ver- ~nderungen der Blutfarbstoff- und Hamiglobinkonzentration als bei Hunden und Katzen oder gar keine.

Im Serum der Hunde war die Konzentrat ion des Bilirubins durch die Wirkung der Ather nicht erhSht. Im H a m wurde nur einmal (Ver- such 5, Tabelle 3) einen 7e Tag nach der subkutanen Injektion von 400mg/kg des Butyl~thers eine Di- methylaminobenz aldehyd- 7 reaktion beobachtet. Die "~ ~ "

Farbe des Harns war in- .-% ~'~ tensiv gelb bis braun. ~ ~ 8

Die histologische Unter- ~ .~ ,uchung der Organe des ~ durch den Butyl~ther ge. ~ t6teten Hundes (Versueh 5, Tabelle 3) lieB an Lungen, Herz, Milz und Niere keine o~ pathologischen Ver~nde- rungen erkennen. Die Ka- pillaren der Leber waren strotzend mit Blur geffillt, die Zentren vieler Lappchen bildeten Blutseen, in denen

• , lldm~Iobz;; %x

d

,~. tle/nzkdrper

4 6 Ta~ze

&bb. 1. V e r m i n d e r u n g de r B lu t f a rbs to f fkonzen- t r a t i o n , E r h S h u n g des H ~ m i g l o b i n g e h a l t e s des B lu t e s u n 4 B i ldung y o n H e i n z k 6 r p e r n bei de r K a t z e du rch 1,I g k g 1-sek. B u t o x y - 2 - a m i n o - 4 -

n i t robenzo l pe r os.

stark atrophierte Leberbalken lagen. Die Epithelien waren herdfSrmig geringgradig feintropfig verfettet. An den Organen der 8 Std nach intraperitonealer Injektion von 330 mg/kg Butyl~ther (Versuch 8, Ta- belle 3) verstorbenen Katze waren pathologische Ver~nderungen nicht nachzuweisen.

4. Chronische Einwirkung. a) Versuche mit Ratten. Zur Priifung der langdauernden Einwirkung

der ~ ther auf Rat ten wurde 4 Gruppen v o n j e 10 Tieren mit ~hnliehem Gewicht t/iglich 1-~thoxy-2-amino-4-nitrobenzol, und zwar i n Dosen yon 50, 100 und 200 mg/kg intraperitoneal sowie 300 mg/kg per os (durch die Sehlundsonde in den Magen) gegeben. Zwei weitere Gruppen yon je 10 Tieren erhielten tiiglich 300 mg/kg 1-Sek. Butoxy-2-amino-4-nitro- benzol, die eine intraperitoneal und die andere per os. Eine Gruppe

1~ KI~SE, M., u. K. RAI~I~IOm~: In Vorbereitung. N a u n y n - S c h m i e d e b e r g s Arch ly . Bd. 207. 30

452 MA:NFRED KIESE :

yon 20 Tieren wurde zur Kontrolle unter gleichen Bedingungen wie die Versuchstiere gehalten; yon diesen starben 2 aus ungekli~rter Ursache. Von den Versuchstieren verloren wir mehrere durch Zwischenf~lle bei der tIerzpunktion oder bei der Sondierung. Solche Verluste wurden in den ersten beiden Wochen nach Versuchsbeginn durch neue Tiere ersetzt. Ausgewertet wurden nur Versuche, in denen der Tod des Tieres sicher nicht durch diese Operationen bedingt war.

Lebensdauer der Tiere nach Beginn der Gabe der Gifte, ~nderung des Tiergewichtes und der Blutfarbstoffkonzentration im Blute sowie die Zahl der roten Zellen mit HeinzkSrpern sind in Tabelle 4 niedergelegt. Die angegebenen.Werte sind die Mittel der betreffenden Gruppen; der Lebensdauer ist aueh die Streuung des Mittels hinzugefiigt.

Alle angewandten Dosen tSteten die Tiere. Die mittlere Lebensdauer, auch der am 1/ingsten lebenden Tiergruppe, war weir niedriger als die Lebensdauer unbehandelter Tiere. Immerhin ertrugen die Tiere sehr gro[~e ti~gliche Dosen (300 mg/kg) des ~thyli~thers und Butyl/ithers 288 bzw. 115 Tage. Intraperitoneal verabreicht waren die _~ther erheb- lich st/~rker wirksam als vom Magen-Darmkanal aus. Gemessen an der Lebensdauer entsprach die Wirkungsst/irke yon 300 mg/kg per os etwa der yon 50 mg/kg intraperitoneal. Ebenfalls gemessen an der Lebens- dauer war der Butyl/~ther wirksamer als der -~thyl/~ther.

Mit Ausnahme von 3 Tieren der Gruppe 2 hatten alle Tiere zu Ver- suchsbeginn ein Gewicht unter 200 g. In den Gruppen 2, 3 und 6 war das Waehstum der Tiere gehemmt, in Gruppe 6 verloren die Tiere im Mittel sogar Gewicht. Das Wachstum der anderen Gruppen blieb eben- falls hinter dem der Kontrolltiere zuriick, doch waren die Tierzahlen zu klein, so dab der Unterschied kleiner als die Streuung des Mittels war. Nur in der ersten Gruppe nahm der mittlere Hiimoglobingehalt der jungen Tiere ein wenig zu, in allen anderen Gruppen ab. Auch in dieser Wirkung nahm im Mittel die Wirkungsst/~rke mit der Dosis zu, doch war die Streuung ffir eine quantitative Auswertung zu grof~ und die Tierzahlen zu klein. Eine ErhShung der Hdmiglobinkonzen- tration war bei vielen Tieren nachweisbar, aber gering und iiberstieg nie 1 g/100 ml. Der Anteil der roten Zellen mit Heinzk6rpern tiberstieg nicht 5% und war im Laufe der langen Versuche sehr wechselnd.

Die histologische Untersuchung yon Herz, Lunge, Leber, Milz und Niere der gestorbenen Tiere zeig~;e Ver/~nderungen vornehmlich an der Leber auf. In der letzten Spalte der Tabelle 4 ist die Zahl der Tiere angegeben, bei denen das histologische Bild der Leber yon der Norm abwich. Die St/~rke der Veri~nderung ist durch H- bis ÷ ~-~- angedeutet. Im allgemeinen waren die Ver/inderungen gering und bestanden in Atrophie der Balken, geringer Dissoziation der Zellen, grSberer KSrnelung des Zellplasmas, geringgradiger Verfettung oder Quellung der Endothelien.

Zur Toxizit~t neuer Sfil~stoffe. 453

Tier- g r u p p e

2 3 4 5

Tabelle 4. Mittlere Lebensdauer, fifnderung des Gewichtes und der Blut/arbsto/]- konzentration yon Ratten, die tiiglich S4"thoxy- bzw. Butoxyaminonitrobenzol

erhielten

I :~_ndorung G e w i c h t ] de r BlUt- H e i n z -

Z a h l L e b e n s - in G r a m m I f a r b s t o f f , k S r p e r in de r Gi f t T ~ g l i c h e d a u e r in Beg inn - -* k o n z e n t r a - P r o z e n t

Tiere Dos i s T a g e n E n d e I t i o n u m de r r o t e n l~g /kg g]100 m l Ze l len

10

1-~thoxy-2- amino-4-ni- trobenzol

1-sek. Butoxy- 2-amino-4-ni-

trobenzol

300 p.o.

200 i. p. 100i. ~. 50i. p.

300 p. o.

300i. p.

r

I 2284-31

1414-8 182--11 2104-21 1154-10

514-10

132-+177

190-->190 158-->185 121-->190 111-->161

157-->144

+1,0 1--2

--4,8 3--5 --2,5 2--4 --0,9 1--2 --0,8 1--2

--2,7 2--4 1 ( + + + ) 1 (~--~)

3 ( + )

30*

Z a h l de r Tiere

m i t h i s t o - l o g i s c h e n Ver~nde*

r u n g e n 4e r L e b e r

1 (-~-)

2 ( + ) ] ( + + )

2 ( + ) 3 ( + )

Nur bei je einem Tier der Gruppen 3 und 6 war die Atrophie und die periphere Verfettung der L~ppchen st~rkeren Grades. Die Leber eines Tieres der Gruppe 6 wies starke degenerative Ver/~nderungen auf: herdfSrmige hochgradige Atrophie der Balken, teils pyknotische teils gequollene ungleich farbbare Zellkerne. In mehreren Lebern war der Eisengehalt der Endothelien vermehrt.

Von den andern untersuchten Organen ist lediglich ein grSl~erer Eisengehalt der meisten Milzen und eine (fragliche) VergrSberung der Plasmak6rnung (triibe Schwellung) der Epithelien der ~qieren je eines Tieres der Gruppen 3, 5 und 6 zu vermerken.

fl) Versuche mit Hunden. Wegen der beschr~nkten Menge yon ~thern und der grol3en erforderlichen Dosen konnte die chr0nische Einwirkung des ~thyl-, Propyl- und sekund~iren Butyl£thers auf t tunde nur an je einem Tier untersucht werden. Die Tiere erhielten zun£chst jeden Tag 300 mg/kg durch die Schlundsonde in den Magen. Die Gabe der Gifte wurde bei 2 Tieren fiir einige Tage unterbrochen, als Kr~mpfe auftraten. Ffir den mit dem Propyl~ther behandelten Hund mu6te die D0sis nach einer ~Toche auf 150 mg/kg verinindert werden. In Tabelle 5 ist die Versuchsdauer, das Gewicht und die H~moglobinkonzentration zu Beginn und zu Ende der Versuche sowie die mittlere Zahl der roten Zellen mit HeinzkSrpern angegeben. Eine kurze Beschreibung des Verlaufs der einzelnen Versuche sei hier noch hinzugeftigt.

1. 1-~thoxy-2-amino-4-nitrobenzol 300mg/kg per os. Hund 7,1 kg. Ge- legentlich kurz nach der Gabe des Giftes in den Magen oder nach mehreren Stun- den Erbrechen. In den ersten 5 Monaten keinerlei St6rungen. Das Gewicht nahm in dieser Zeit von 7,1 kg auf 8 kg zu und der Gehalt des Blutes an Blur-

454 MANFRED K]ESE :

Ge- wieht

kg

Tabelle 5. Lebensdauer, ~4"nderung des Gewichts und der Blut]arbsto//Iconzentration yon Hunden, die tiiglich 1.Alk~xy-2-amino-4-nitrobenzole erhielten.

=(nderung ~nderung der Blut- T~gliche Lebens- des farbstoff-

Gift Dosis dauer in Gewichts Tagen konzentra- tion um

mg/kg kg g/lO0 ml

7,1

10,0

7,0

1-Xthoxy-2-amino-4-ntiro- benzol

1-Propoxy-2-amino-4-nitro- benzol

1-sek. Butoxy-2-amino-4-ni- trobenzol

300 p. o.

300 p. o. sp~ter 150 p. o. 300p. o.

198 - - 1,4

>137 0

93 - - 1,8

- - 4,5

4 - 1

- - 7 , 4

H e i n z - k S r p e r in Prozent

der roten Zellen

1--2

0,3--1

0,5--1

farbstoff yon 13 auf 14g/100 ml. Danach nahmen Gewicht und Blutfarbstoff- konzentrat ion bis zum Tode stetig ab, diese auf 8,5 g/100 ml, jenes auf 5,7 kg.

HeinzkSrper wurden ganz vereinzelt bereits mehrere Tage nach Versuchs- beginn an roten Zellen beobachtet . Ihre Zahl stieg im Laufe von 4 Wochen auf 1 - -2% der roten Zellen an und bewegte sich weiterhin in diesem Bereieh. Der H~miglobingehalt des Blutes nahm allm~hlich auf 1--1,5 g/100 ml zu und hielt sich ebenfalls in diesen Grenzen. Der Bilirubingehalt des Serums wurde n u t einmal zu 0,4 rag/100 ml gefunden, in allen anderen Messungen zwischen 0,2 und 0,3 rag/100 ml (letzte Messung 7 Tage vor dem Tode). Im Harn wurde gegen Ende des Versuchs wiederholt eine schwache Triibung des H a m s nach Kochen und Ans~uren mit Essigs~ure beobachtet . Die Dimethylaminobenzaldehyd- reakt ion fiel in der K~lte nie positiv aus. Nach dem 198. Versuchstag s t a rb der Hund plStzlieh in der Naeht .

2. 1-Propoxy-2-amino-4-nitrobenzol 300 bzw. 150 mg/kg per os. Hund 10,0 kg. Am 7. Tage nach Beginn des Versuchs mit einer t~glichen Dosis von 300 mg/kg t r a t en plStzlich Krampfe auf, die etwa 1 Std anhielten. Der Beginn der KrKmpfe war nicht beobaehtet worden. Ein anderer Hund, der sieh im gleichen Zwinger befand, bib inzwisehen dem krampfenden Tier ein groBes Stfick Musku- la tur aus dem l inker Hinterbein. Die Dosis des PropylKthers wurde auf 150 mg/kg verringert , und vom 10.--20. Tage die Giftgabe ganz unterbrochen. Die BiSwunde heilte inzwischen unter einfachen Verb~nden gut. Vom 21. Tage an wurden wieder t~glich 150 mg/kg des Propyl~thers verabreieht . Nach dem 70. Versuchstag t ra ten an einzelnen Tagen wenige Stunden nach der Verabreichung des Giftes wieder kurze leichte Kr~mpfe oder steifer Gang auf. Die Giftgabe wurde nicht unter- brochen. Sp~ter (nach etwa 100 Tagen) wurden solche StSrungen nicht m e h r beobachtet . Am 137. Tage muSte der Versuch mangels Gift beendet werden. Der Hund wurde durch Xthernarkose getStet. Das Gewicht des Tieres blieb wah- rend des ganzen Versuehs, mi t kleinen Schwankungen, gleich. Die Blntfarb- s toffkonzentrat ion sank in den ersten 3 Wochen yon 14 auf 12,5 g/100 ml ab. und stieg danach langsazn auf 15 g/100 ml an. Die H~miglobinkonzentrat ion erreiehte am 7. Tage 1,2 g/100 ml und wurde sp~ter zwischen 0,5 und 1,0g/100 m[ gefunden. Der Bilirubingehalt des Serums iiberstieg nicht 0,3 rag/100 ml. Heinz- kSrper waren an 0 ,3- -1% der roten Zellen vorhanden. Im H a m war nie eine Vermehrung von Proteinen, Zucker oder Gallenfarbstoffen nachzuweisen. Seine Farbe war intensiv getb.

3. 1-sek. Butoxy-2-amino-4-nitrobenzol 300mg/kg per os. Hund 7,0kg. H~ufiger als nach der Gabe der anderen ~ t h e r wurde im Beginn des Versuehea

Zur Toxizit~t neuer Siil]stoffe. 455

erbrochen. Die ersten StSrungen des Allgemeinzustandes wurden nach einer Woehe beobachtet. Der Hund fral~ schlecht und lag still und teilnahmslos in der Ecke. Die Giftgabe wurde fiir 3 Tage unterbrochen. Danach war der Hund wieder munterer und frelMustiger. Am 36. Tage konnte dert tund nicht mehr stehen und fraB nicht mehr; am naehsten Tage SeiteIflage und Krampfe. Die Giftgabe wurde wieder unterbrochen und am 44. Tage wieder fortgesetzt, naehdem der Zustand des ttundes wieder gebessert war. In der Folgezeit blieb der Zustand des Tieres befriedigend. Am 93. Tage wurde der t tund morgens in Seitenlage gefunden, nachdem er am Vortage noch recht taunter gewesen war, und starb ~m Vormittag. Innerhalb der ersten 4 Woehen nahm das Gewicht des Hundes von 7 auf 5 kg ab und blieb weiterhin auf diesem Wert. Die Blutfarbstoffkonzen- tration sank ziemlich stetig yon 15,0 auf 7,8g/100 ml. Die Zahl der roten Zellen mi~ HeinzkSrpera war gering und wurde nie tiber 1% der roten Zellen gefunden. Die H~miglobinkonzentration war 1--2 g/100 ml, in der letzten kurz vor dem Tode dureh Herzpunktion entnommenen Blutprobe 2,5 g/100 ml. Der Bilirubin- gehalt des Serums betrug bis zum 83. Versuchstag hie fiber 0,5 mg/100 ml, in der am letzten Tage entnommenen Blutprobe 8,2 rag/100 ml. Im Urin, dessen :Farbe zun/~chst dunkelbraun und spater etwas heller war, war seit dem 8. Versuchstag wiederholt eine geringe Proteinvermehrung mit der Kochprobe nachweisbar. Der am letzten Tage durch Blasenpunktion entnommene Urin enthielt etwa 0,5 % Protein.

Die histologische U~ztersuchung der Organe der t t u n d e ergab morpho- logische Ver~nderungen der Leber und Nieren. A m st i i rks ten waren diese in der Leber des Hundes Nr . 1. I n den Schn i t t en waren nu r vere inze l t i n t a k t e L~ppchen zu f inden. Die meis ten L a p p c h e n wiesen verschieden s t a rk en twicke l te im Zen t rum beg innende Nekrosen auf, die yon wnchern- den E n d o t h e l i e n durchse tz t waren. Die Epi thel ien: der L/ ippchenper i - pher ie waren a t rophisch , in w e c h s e l n d e m G r a d e ve r fe t t e t , die Endo- thel ien geschwollen und zum Teil abgeschi l fer t . I n Abb. 2 is t e in (~bers ichtsbi ld wiedergegeben, das die Nekrosen e rkennen l~13t. Die Ep i the l i en der Niere waren t r i ib und zum Tell abgeschi l fer t . I n den Glomerul i und Tubul i waren Eiweil~ausseheidungen vorhanden . Die Ep i the l i en der Leber des H u n d e s Nr. 2 waren grol~ und yon wabiger pflanzeni~hnlicher S t ruk tu r . Die Ep i the l i en der Niere waren le icht ge t r i ib t ; in den Tubul i geringe Eiweif3ausscheidungen. Die Ze l lba lken der Leber des t t u n d e s Nr. 3 waren a t roph i sch und diffus fe in t ropf ig ver fe t te t , die Endo the l i en geschwollen, die perikapill /~ren Ri~ume erwei ter t , die i n t r aep i the l i a l en Ga l lenkap i l l a ren m i t b r a u n e m P i g m e n t erffillt. Die Nie renep i the l i en en th ie l t en ebenfal ls b raunes P i g m e n t (Butyl~ther ) . I n den Tubul i geringe EiweiBausscheidungen. I m I n t e r s t i t i u m Zell- in f i l t ra te . Die Endo the l i en der Milz a n d Leber al ler 3 Tiere waren i iber laden m i t Eisen.

c) Bespreehung. Die pharmakolog i sche W i r k s a m k e i t der l -Alkoxy-2-amino-4 -n i t ro -

benzole is t im Vergleieh zu der v ie ler andere r Amino- und Ni t robenzo le gering. I n der tSdl iehen W i r k u n g au f R a t t e n is t ihnen eins de r s t a r k s t

Na~nyn-Schmiedebergs-Archiv. Bd. 207. 30a

4 5 6 MANFRED KIESE :

wirksamen Nitrobenzole, das m-Dinitrobenzol, um das 10--20fache iiberlegen. Die Wirkungen auf die roten Zellen (H~miglobinbildung, HeinzkSrperbildung) sind ebenfalls viet schw~cher als die vieler anderer einfacher Amino- und l~itrobenzole 13, 14, 15, insbesondere des m-Nitro- anilins 15 und des 1-Methyl-2-amino-4-nitrobenzols 1G. Die Art und Dauer dcr beobachteten Auswirkungen auf Zentralnervensystem, Blur und Leber beweist, da[t sie sich im Organismus grunds~tzlich den wirksameren

_~bb. 2. Z a h l r e i c h e L ~ p p c h e n n e k r o s e n in t ier L e b e r e ines H u n d e s , der 198 T a g e lang t~tglich 300 m g / k g ~ l - ~ [ t h o x y - 2 - a m i n o - 4 - n i t r o b e n z o l e rha]Len h a t t e . M i k r o p h o t o g r a p h i e .

Amino- und Nitrobenzolen von /£hnlicher Struktur /~hnlich verhalten. Als besondere Wirkung ist die narkotische Wirkung auf Ratten zu er- w/~hnen, die wohl der Athereigenschaft zuzuschreiben ist und die zur Geltung kommt, da die anderen Wirkungen verh/iltnism/~f~ig schwach sind. GrS$e und Struktur des Alkyls haben bei den untersuchten Ver- bindungen keinen Einflu$ auf den Charakter der Wirkung, wohl aber auf das Verh/~ltnis der St/~rke der verschiedenen Wirkungen eines Giftes W/ihrend der Propyl- und ~thyl/~ther in der tSdlichen Wirkung ein. maliger Dosen auf !~atten und der SfiBwirkung den sekund~ren Butyl- ~tther fibertreffen, ist dieser bei chronischer Einwirkung wirksamer-

la t tEUB~, W.: Erg. Physiol. 43, 9 (1940). - - 14 ]~REDOW, ~¢~. V., 11. •. JUNG: l~aunyn-Schmiedebergs Arch. 200, 335 (1942). -- 15 JU•G, F.: l~aunyn- Schmiedebergs Arch. 204, 113 (1947). - - 16 REITER, M. : l~aunyn-Schmiedebergs Arch. 205, 327 (1948).

Zur Toxizit~t neuer Siil~stoffe. 457

Wahrscheinlich ist die l~ngere Wirkungsdauer des Butyl~thers, die an der narkotischen Wirkung auf Ra t ten gut erkennbar ist, an der Ver- st~rkung der Wirksamkeit bei chronischer Einwirkung mitbeteiligt.

Wie andere Nitrobenzole, z .B. Trinitrotoluo117 und Dinitrobenzol is, sch~digen die 1-Alkoxy-2-amino-4-nitrobenzole auch das Zentralnerven- system, die Leber, und in geringem Mai~e die Nieren. Nicht naeh ein- maligen groBen Dosen, wohl aber unter der langdauernden Einwirkung kleiner Dosen t ra ten bei den Hunden Kr~mpfe auf, wie sie auch durch Dinitrobenzol und Trinitrotoluol bewirkt werden. Unter den 42 Rat ten, die durch die chronische Einwirkung der Gifte starben, waren bei 3 Tieren sNirkere und bei 11 Tieren weitere geringgradige degenerative Ver~nde- rungen der Leber nachweisbar. Bei den Hunden waren Ver~nderungen der Leber noch regelm~Biger und in einem Falle yon katas t rophalem AusmaiL ]~ber die Entwieklung dieser Ver~nderungen sind auf Grund unserer Versuche keine Aussagen mSglich. ~ ' i e in frfiheren Unter- suchungen fiber Dinitrobenzo119 und Trinitrotoluol ~° bestand auch bier eine groBe Diskrepanz zwischen den morphologischen Ver~nderungen und der Funktion der Leber. Der Hund Iqr. 1, der in seiner Leber kaum noch ein L~ppchen besaB, das nicht zum Tell nekrotiseh war, hat te bei einer Vergiftungsdauer yon 198 Tagen noch 7 Tage vor dem Tode Bilirubin in einer Konzentrat ion yon nur 0,2 mg in 100 ml im Serum und lief noch 12 Std vor dem Tode umher, w~hrend der Hund Hr. 3 bei weir gexingeren morphologischen Ver~nderungen 8,2 mg/100 ml Bilirubin im Serum hatte. Eine sichere quanti tat ive Differenzierung der Wirkung der einzelnen ~ ther auf die Leber ist durch unsere Versuche noch nicht mSglich, doch scheint der Butyl~ther wirksamer zu sein als der ~thyl~ther , da er in der halben Einwirkungs- zeit mindestens ebenso h~ufig Lebersch~digungen bewirkte wie der ~thyl~ther .

Es wurde oben erw~hnt, dab die untersuehten Gifte wegen ihrer starken SiiBwirkung grol]es Interesse gefunden haben. Vornehmlich der Propyl~ther wird bereits in grol3em Umfange als SiiBstoff fiir Nahrungs- und GenuBmittel verwendet. Da die ~ the r neben der SfiBwirkung auch solche haben, die bei Zugabe zu einem Nahrungs- oder GenuBmittel durchaus nicht erwfinscht erseheinen, erhebt sich die Frage, ob diese Wirkungen bei der Verwendung dieser Stoffe als SfiB- stoffe zu erwarten sind. Verbraucht ein Mensch ffir seinen Sfii~bedarf 200 g Rohrzucker am Tage, so br~uchte er zur Deckung des ganzen Bedarfs durch den Propyl- oder Athyli~ther 0,05--0,3 g dieser StiBstoffe,

~ VO~OTLI~, C., C. W. HooPER u. J. M. JOHNSON: Hygienic L~b. Bull. 126, 7 (1920). ~ is KIES~, M.: Naunyn-Schmiedebergs Arch. 206, 361, 505 (1949). - - 10 KIES~, M., u. G. S ~ s : Naunyn-Schmiedebergs Arch. 206, 528 (1949). - - ea KIES~, M., u. G. SIE~S: Naunyn-Schmiedebergs Arch. 206, 546 (1949).

Naunyn-Schmiedebergs Archly. Bd. 207. 305

458 MANFRED KIESE: Zur Toxizitat neuer StiBstoffe.

d. h. (fiir einen erwachsenen Menschen yon 70 kg) 0,7--4 mg/kg. Wenn der Mensch nicht ganz aul]ergewShnlich empfindlich f'tir diese Gifte ist, erscheint us unwahrscheinlich, dal3 diese Dosen selbst bei regelm~iBiger Aufnahme fiber l~ngere Zeit nennenswerte Sch~den verursachen. Immer- hin erscheint es notwendig die Unschi~dlichkeit der kleinen Dosen auch bei jahrelanger Einwirkung experimentell zu prfifen, da weder der Meeha- nismus z. B. der Wirkung auf die Leber bekannt ist, noch unsere bis- herigen Kenntnisse tiber die Abg~ngigkeit der Wirkung yon der Dosis ausreichen, um in experimentell nicht untersuchte Gebiete zu extra- polieren, wie uns Untersuchungen mit dem Phenylhydroxylamin gezeigt haben, einem Gift, das gerade im Wirkungsmechanismus der Amino- und Nitrobenzole eine wichtige Rolle spielt 21.

Friiulein ELLEN THAV habe ich fiir ihre Hiffe bei den Untersuchungen zu danken.

Zusammen]assung. Die mittlere tSdliche Dosis (DL~0) des Propyl-, -~thyl-, Isopropyl-

und sekundaren Butyl~thers des 1-Oxy-2-amino-4-nitrobenzols be- t ragt 360, 470, 560 bzw. 660 mg/kg; sie ist wesentlich grSBer als die stark wirksamer Nitrobenzole, z .B . des m-Dinitrobenzols (28 mg/kg).

Der Propylather hat die starkste Siii~wirkung und ist 2500--4000mal starker wirksam als Rohrzucker. Der Athyl~ther ist 700--1000mal s tarker wirksam als Rohrzucker.

GroBe Dosen der ~ the r haben, besonders auf Ratten, narkotische Wirkung. Sie oxydieren einen geringen Teil des Hamoglobins zu Hami- globin, bilden HeinzkSrper an den roten Zellen und bewirken eine Anamie.

Tagliche Einwirkung yon Dosen yon 100--300 mg/kg auf Rat~en und Hunde hemmt das Wachstum der Ratten, bewirkt bei Hunden spastische Lahmungen und Krampfe, macht die Tiere ani~misch, sehadigt die Leberzellen bis zur l~ekrose und tStet die Tiere, je nach Dosis und Applikationsart, in 50--230 Tagen. Der sekundare Butylather ist bei chroniseher Einwirkung wirksamer als der ~_thylather.

Die Frage, ob bei fortdauernder Aufnahme dieser Sii[~stoffe durch den Menschen in Mengen, deren StiBkraft dem gewShnliehen Zucker- verbrauch entspricht, schi~dliche Wirkungen zu befiirchten sind, kann noch nicht mit Sicherheit verneint werden.

21 KIESE, M., u. M. SOETBEER: lk~aunyn-Schmiedebergs 207, 426 (1949).