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Z. anorg. allg. Chem. 500,166-1W (1983) J. A. Barth, Leipzig Zur Verbindungsbildung von Me0 : M,O,. VIII Synthese und Aufbau der metastabilen Verbindung CaEr,O,,s Von Hx. MULLER-BUSCHBAUM und K. SCH~CKEL Kiel , Institut fur Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universitiit Inhaltsubersicht. Einkristalle von CaEr,O,,, wurden bei hohen Temperaturen init C0,- Laser-Technik prapariert nnd rontgenographisch untersucht a = 6,524, b = 3,546, c = 11,764 8, /3 = 92,32". CaEr,O,,, unterscheidet sich im Koordinationsverhalten deutlich von CaTm,O,,,. Compound Formation of MeO: M~03. VIII. Preparation and Structure of the Metastable Compound CaErsOs,~ Abstract. Single crystal of CaEr,O,,, were prepared at high temperatures by C0,-Laser-tech- nique. X-ray structure determination leads to a monoclinic symmetry (Space group C& -C2/m; a = 6.524, b = 3.646, c = 11.754 8, /3 = 92.32'). There are significant differences between CaEr,0,.5 and CaTm,O,.,. Einleitung Dreiwertige Lanthanoidoxide kristallisieren in funf unterschiedlichen Kri- stallformen [l]. Die jeweils existierende Form ist eine Funktion von der Tempe- ratur, dem Ionenradius des Lanthanoidmetalls und von eingebauten ,,Verun- reinigungen" wie CaO und SrO. An den Systemen Ho,O,-CaO, Tm,O,-CaO [2] und Er,O,-CaO [3] wurde beobachtet, daB ein relativ geringer Ersatz von Ho3+, Tm3+ bzw. Er3f gegen Ca2+(etwa 10 Mol-% CaO pro Ln,O,) zur Stabilisierung der monoklinen B-Form fuhrt. Ca2+-Ionenkonnen je nach Praparationsbedingungen die Lanthanoidionen statistisch [a] oder geordnet [3] im Metallgitter ersetzen. Hohere Anteile von CaO in Ho,O, und Tm,O, fuhrten zu neuen Verbindungen Ca,Ho,O, bzw. CaTm,O,,, [2], die eine uberraschend hohe Ahnlichkeit mit der monoklinen B-Form der Lanthanoidoxide haben. Auch in diesen Verbindungen sind Lanthanoid- und Calciumionen statistisch auf das Metallgitter verteilt. Der wesentliche Unterschied zur monoklinen B-Form beruht auf einer Veranderung der Koordinationspolyeder, indem durch verschobene 02--Positionen der hnteil an siebenfach koordinierten Lanthanoidionen von C.N. 7 : 6 = 4: 2 auf C.N. 7 : 6 = 3 : 3 absinkt. Kurzlich wurde beobachtet, daB Langzeitrehktionen bei hohen Temperaturen zu einer relativ hohen Ordnung der in die monokline B-Form eingebauten Ca2+-Ionen fuhren [3]. Hier wird uber Versuche berichtet, die diese Experimente auf den Einbau von molaren Mengen CaO in Er,O, erweitern.

Zur Verbindungsbildung von MeO: M2O3. VIII. Synthese und Aufbau der metastabilen Verbindung CaEr3O5,5

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Z. anorg. allg. Chem. 500,166-1W (1983) J. A. Barth, Leipzig

Zur Verbindungsbildung von Me0 : M,O,. VIII

Synthese und Aufbau der metastabilen Verbindung CaEr,O,,s

Von Hx. MULLER-BUSCHBAUM und K. SCH~CKEL

K i e l , Institut fur Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universitiit

I n h a l t s u b e r s i c h t . Einkristalle von CaEr,O,,, wurden bei hohen Temperaturen init C0,- Laser-Technik prapariert nnd rontgenographisch untersucht a = 6,524, b = 3,546, c = 11,764 8, /3 = 92,32". CaEr,O,,, unterscheidet sich im Koordinationsverhalten deutlich von CaTm,O,,,.

Compound Formation of MeO: M ~ 0 3 . VIII. Preparation and Structure of the Metastable Compound CaErsOs,~

A b s t r a c t . Single crystal of CaEr,O,,, were prepared a t high temperatures by C0,-Laser-tech- nique. X-ray structure determination leads to a monoclinic symmetry (Space group C& -C2/m; a = 6.524, b = 3.646, c = 11.754 8, /3 = 92.32'). There are significant differences between CaEr,0,.5 and CaTm,O,.,.

Einleitung Dreiwertige Lanthanoidoxide kristallisieren in funf unterschiedlichen Kri-

stallformen [l]. Die jeweils existierende Form ist eine Funktion von der Tempe- ratur, dem Ionenradius des Lanthanoidmetalls und von eingebauten ,,Verun- reinigungen" wie CaO und SrO. An den Systemen Ho,O,-CaO, Tm,O,-CaO [2] und Er,O,-CaO [3] wurde beobachtet, daB ein relativ geringer Ersatz von Ho3+, Tm3+ bzw. Er3f gegen Ca2+ (etwa 10 Mol-% CaO pro Ln,O,) zur Stabilisierung der monoklinen B-Form fuhrt. Ca2+-Ionen konnen je nach Praparationsbedingungen die Lanthanoidionen statistisch [ a ] oder geordnet [3] im Metallgitter ersetzen.

Hohere Anteile von CaO in Ho,O, und Tm,O, fuhrten zu neuen Verbindungen Ca,Ho,O, bzw. CaTm,O,,, [ 2 ] , die eine uberraschend hohe Ahnlichkeit mit der monoklinen B-Form der Lanthanoidoxide haben. Auch in diesen Verbindungen sind Lanthanoid- und Calciumionen statistisch auf das Metallgitter verteilt. Der wesentliche Unterschied zur monoklinen B-Form beruht auf einer Veranderung der Koordinationspolyeder, indem durch verschobene 02--Positionen der hnteil an siebenfach koordinierten Lanthanoidionen von C.N. 7 : 6 = 4: 2 auf C.N. 7 : 6 =

3 : 3 absinkt. Kurzlich wurde beobachtet, daB Langzeitrehktionen bei hohen Temperaturen zu einer relativ hohen Ordnung der in die monokline B-Form eingebauten Ca2+-Ionen fuhren [ 3 ] . Hier wird uber Versuche berichtet, die diese Experimente auf den Einbau von molaren Mengen CaO in Er,O, erweitern.

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Synthese und Aufbau der metnstabilen Verbindung CaEryOj,j 167

Darstellung und rBntgenographische Untorsuchung yon CaEr306,s-EinkristalIcn Fur die hier interessierende Besetzung der Metallpositionen mit Ca2+ und Er3+

und die exakte Bestiminung der Parameter des relativ schwach streuenden Sauer- stoffs mufiten alle Praparate in einkristalliner Form dargestellt werden. Dies gelingt auf folgende Weise :

CaO und Er,O, werden im Verhaltnis 1 : 1,6 innig vermengt und zu Tabletten von 10 mm Durch- messer und Hohe verpreBt. Mit einem maBig fokussiertm Laserstrahl (GO,-Laser, Photon Sources, 500 Watt Dauerstrichleistung) werden die PreBlinge auf 2500 "C erhitzt. Die pyrornetrische Tem- peraturniessung erfaBt exakt nur die Oberflachentemperstur des PrLparats. Von der 2 500°C heil3en Tablettenoberflache fallt ins Innere die Temperatnr rasch ab, was jedoch fur die Synthese rontgeno- graphisch einwandfreier Einkristalle wichtig ist. Wahrend der 20 min Reaktionszeit heilen die Tem- peraturgradienten die gebildeten Einkristalle aus, so (la5 die gebildete Verbindung CaEr,O,,, an- schlieBend durch spontanes Abschalten der Laserenergie auf tiefere Temperaturen abgeschreckt werden kann. CaEr,O,,, ist unt,erhalb 1400 "C metastabil.

Die aus dem Schmelzregulus isolierten Einkristalle wurden mit einem energie- dispersiven Mefisystem analytisch untersucht (ED-System PGT-111, Elektronen- mikroskop Jeol T 200).

Mit Film und Diffraktometermethoden wurden die Gitterkonstanten und eystematisch beobachteten Reflexe bestimmt. CaEr,O,,, besitzt die Elementar- zellabmessungen

Die Ausloschungsbedingungen (hkl): li+k = Bn, (h01): h = 211 und (OkO): k = 2n fuhren zu den Raumgruppen

a = 6,524, b = 3,5413, c = 11,764; p = 92,32'.

Cgh-C2/rn,. Cg-CS und Cg-Cm.

Die Strukturverfeinerung konnte mit der hochstsynimetrischen Raumgruppe C&,-C2/m durchgefiihrt werden. Jede Elementarzelle enthalt zwei Formelein- heiten CaEr,O,,,. Da die Pattersonvektoren im wesentlichen niit der Metall- verteilung von Ca,Ho,O, (bei sinngemafi verkleinerter Elementarzelle) iiberein- stimmen, wurden die Parameter der kleinen Elementarzelle von Ca,Ho,O, auf die hier aufgefundene doppelt so gro5e Elementarzelle ubertragen und verfeinert.

Dies gelang bei den Metallpositionen ohne Schwierigkeiten; auf die feinen Unterschiede zwischen Ca2Ho,0, und CaEr,O,,, wird in der Diskussion eingegangen. Die Bestimmung der Sauerstoffmord- nung war komplizierter, da die fur Ca,Ho,O, ermittelten Punktlagen von 4 02--Teilchen niclit ver- wendet werden konnten. Wahrend der Parameterverfeinerung stellte sich heraus, dal3 diese 4 03-- Ionen, die in der hier ermittelten hohersymmetrischen Raumgruppe die speziellen Lagen 2a und 2 c besetzen sollten, extrem hohe Temperaturfaktoren bekamen (siehe [4]). Die endgiiltige Losung ist in der Parameterliste von Tab. 1 zusammengestellt.

I n Tab. 1 sind die Temperaturfaktoren der zwei Metallpunktlagen anisotrop verfeinert worden (UZ3 = U,, = 0), da insbesondere die Metallionen auf der Lage I1 ein ausgepriigtes Schwingungsellipsoid besitzen. Fur 02- genugt die isotrope Verfeinerung der Temperaturfaktoren, diese sind in Tab. 1 aufgefuhrt.

Der Crutefaktor betragt fur 305 syniinetrieunsbhangige Werte mit den Parametern von Tt~b. 1 R = 0,090. Auf die Wiedergabe der B,,/F,-Tabelle sei hier verzichtet, sie ist an anderer Stelle ver- offentl icht [ 41.

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168 Hrr. MUILER-BUSCHBAUM u. K. RUEUCKEL

Tabelle 1 1ngc 4i mit (Standardabweichungen in Klammern) :

Parameter voii CaEr,05,,. In der Raumgruppe Czh--C2/m besetzen alle Atome diepunkt-

x Y 2 sa?

0,6714(:;)

uzz = 0,01:3(3) 0,3569(:1)

0,o O,OGO( 17)

UZ2 = 0,007(3)

0,295(11)

0,6R1( 11)

0,1227

UI3 = -0,006(1)) 0,3850(1)

U,, = 0,014(1)) 0,428(11) 1,8S(9)

0,0 1,41(8) 0,189( G ) 1,63(5)

0,304( 6) 1,60(5)

Tab. 2 gibt die wichtigsten Metall-Sauerstoffabstande an. Die in Tab. 1 auf- gefiihrte Unterbesetzung der Punktlage 4i durch 2 0 2 - fur 0, und O,, fuhrt zu unterschiedliehen Abstanden von Me, und Me,, zu moglichen Sylittpositionen. Diese sind in Tab. 2 derart geordnet, da8 je nur eine Lage von Splittpaaren mit 0 2 - besetzt w i d .

Tabelle 2 StandardRbweichiingen stehen in Klammern. Von den maglichen Splittpositionen fiir 0, und O,, sind die Pariimqter zur Orientierirug aafgefiihrt (*)

Interatomare Abstilnde [A] fiir CaEr,0,,5

OIb: x = 0; y = 0; z = O,672*)

2,94(10)(2X); 3,26(9)

2,34(7)

2,07(7); 2,47(5)(2x )

OIIh: x = 0,94; y = 0; z = 0")

2,32(9); 2 ,71(G) (2~)

Besehreibiing wid Diskussion Bisher war bekannt, daR Verbindungen der Zusammensetzung Ca,Ln, -xO, -o,Gx

trotz grofler Schritte in x zueinander isotyp sind [2]. So gehijrt beispielsweise CaTm,O,., zum Ca2Ho,0,-Bautyp ; der einzige Unterschied ist der Grad der Unterbesetzutig des Sauerstoffteilgitters. Die Kristallstrukturbestimmung von

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CaEr,O,,, zeigt aber, da8 diese metastabile Verbindung in den Elementarzell- abmessungen und im Aufbau so stark von CsTni305,, abweicht, dalJ im strengen Sinne der Definition keine Isotypie vorliegt. Hier solleti die Unterschiede zunachst erklart werden. Die Verdopplung der Elementarzelle bedeutet mehr als nur eine einfache Verdopplung der Zshl der Formeleinheiten, verbunden mit geringfiigigen Parametertlnderungen im Sinne einer Uberstruktur. So werden beispielsweise durbh die hohersynimetrische und c-zentrierte Raumgruppe die Metallionen zwischen zwei Punktlagen der CaTm,O,,,-Struktur verkniipft. Der entscheidende Unterschied zwischen CaTm,O,,, und CaEr,O,,, ist jedoch in der je mit zwei 02--Ionen unterbesetzten vierzahligen Punktlage fur 0, und 0,, zu sehen. Es handelt sich urn eine echte Splittlage mit einem deutlichen Elektronendichte- minimum zwischen den Splittpositionen. Der Abstand zwischen den zusammen- gehorigen Splittpositionen ist jedoch so kurz, daB im Mikrobereich stets nur eine mit 02- besetzt sein ksnn. Die Strukturfaktorberechnungen und die Fouriersyn- thesen zeigen, daB im Mittel jede Splittlage gleich haufig mit 02- besetzt wird. Auf die zu berechnenden Abstande und die daraus resultierenden Nachbar- schaftsverhaltnisse der Metallpunktlagen Me, und Me,, zu den Sauerstoffionen haben die Splittpositionen einen entscheidenden EinfluR. I n Tab. 2 sind die moglichen Me tall-Sauers t off abs t Sinde un ter Einbeziehung der Split tposi t ionen aufgefuhrt. Man erkennt, da13 die Metalle 7, 6 f l und 4+3 02--Nachbarn be- sitzen. CaEr305,, ordnet sich somit in die Reihe der Lanthanoidoxide zwischen B- und C-Form ein, wie folgende Zusammenstellung zeigt :

A-Form B-Form CaTm,O,,, CaEr,O,,, C-Form

C.N. C.N. C.N. C.N. CATv.

7 7(4x 1 7(3>:) r 4- 9 , x ) G "

6(2x) G+ 1(K x ) (jt 1 (1 x ) 4 + 3 ( 1 ~ )

I m Gegensatz zum Ca2H020,-Bautyp wird durch die Aufsplittung zweier Sauer- stofflagen die durchschnittliche Koordinationszahl in CaEr,O,,, weiter erniedrigt.

Zusammenfassend ist festzustellen, dalJ der Einbau von CaO in Lanthanoid- oxide (Ln,O,) zuerst die monokline B-Form stabilisiert. Wird in zwei Formelein- heiten Ln20, = Ln,O, ein Lanthanoidion gegen Ca2+ ersetzt, so entstehen CaTm,O,,, bzw. CaEr,O,,, rnit den hier beschriebenen Unterschieden. Ein weiterer Ersatz von Ln3f gegen Ca2+ fuhrt z. B. zu Ca2H020, mit dem derzeit groBten Sauerstoffdefizit im Anionenteilgitter. In allen Fallen ist der Sauerstoffunter- schuB uber die Sauerstoffpositionen gleichformig verteilt.

Alle Rechnungen wiuden nuf cler elektronischen Rechenanlage PDP 10 der Universitiit Kiel nusgefuhrt.

Der Deutschen Forschiingsgemeirisclidt danker1 wir fur die Unterstutzung mit wertvollen Sach- mitteln.

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Literatur [l] M. FOEX, Bull. SOC. Chim. Fr. 109 (1961). [2] W. MUSCHICK u. HK. MULLER-BUSCZ~BAUM, Z. Naturforsch. 42b, 495 (1977). [3] HK. MULLER-BUSCHBAUM u. K. SCEUCKEL, Z. anorg. allg. Chem. 500,161 (1983). [4] K. SCHUCEEL, Diplomarbeit, Kiel 1982.

Bei der Redaktion eingegangen am 26. Juni 1982.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. HK. MULLER-BUSCHBAUM und Dip1.-Chem. K. SCHUCKEL, Inst. f. Anorg. Chemie d. Christian-Albrechts-Univ., Olshausenstr. 40160, D-2300 Kiel