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Colombowurzel und Zubereitungen 8U1. H. Neugebauer und K. Brunner: Zur Wertbestimmung von Radix Colombo und seinen Zubereitungen. 199 (Aus der Wissenschaftlichen Abteilung (der Firma Dr. Willmar Schw<abe, Leipzig.) Eingegmgen am 17. Januar 1938. Bestimmungsmethoden zur Erfassung der Inhaltsstoffe der Wurzel von Jatrorrhiza palmata liegen bis jetzt noch nicht vor, ob- wohl z. B. W. Brandt undR. Wasicky bereits 1929 in T h o m s Handbuch der Pharmazie') darauf hinwiesen, daB die Ausarbeitung einer bequemen Methode zur Gesamtalkaloidbestimmung im Hin- blick auf die iifters vorkommenden minderwertigen Qualitaten der Droge erwunscht ware. Auch W. A w e erorterte neuerdings2) die Moglichkeiten einer Gehaltsbestimmung und betonte ebenfalls, da8 eine quantitative Bestimmung in erster Linie die Alkaloide zu be- rucksichtigen habe, zumal die Bitterstoffe kaum erfaBbar seien. Radix Colombo enthalt folgende Bestandteiles) : die Alkaloide Palmatin, Jatrorrhizin und das nur spurenweise vorhandene Colum- bamin, dann die Bitterstoffe Columbin, das von K. F e i s t entdeckte Chasmanthin, den von K. F e i s t und P. R i n t e 1 e n beschriebenen Bitterstoff 111, sowie das von F. W e s s e l y u. Mitarb.') und gleich- zeitig auch von W. V o 1 k s e n ") aufgefundene Palmarin (Isochas- manthin), ferner atherisches 01 mit Thymol als HauptbestandteiP), 30 bis 35% Starke und vie1 KNOs. AuBerdem ist, wie wir fanden, fettes 01 vorhanden. Welche Inhaltsstoffe der Wurzel fur ihre Wirkung verantwort- lich sind, ist noch nicht geklart. Die Wurzel gilt in erster Linie als hmarum und als obstipie- rendes Mittel bei Diarrhoen, bei Ruhr, Kolik usw. Homoopathisch wird die aus der Wurzel gewonnene Urtinktur in niederen Potenzen (D 2) bei Magen- und Darmstorungen nichttoxischer Art ange- wandt. die Alkaloide. Er zitiert B i b e r f e 1d8) mit dem 'Hinweis darauf. da8 die Basen von Radix Colombo das Zentralnervensystem und das Atemzentrum lahmten, Palmatin z. B. noch starker als Morphin, und da8 die Fur ihre Wirkung wesentlich halt T s c h i r c h 1) H. T h o m s , Handbuch der Pharmazie, 1929, V, 1, S. 867. 2) W. A w ae und R. B r a c h v o g e 1 ,.Pharmaz. Ztg. 81, 488 (1936). 8) W. A w e und R. Brachvogel, a. a. O., C. Wehmer. Die 4) F. W ess ely und Mitarb., Mh. Chem. 68, 21 (1926). 5) W. V o l k s e n , Dim. Gottingen, 1937, S. 14. 6) Vgl. W. A w e untd R. B r a c h v o g e l , (a. a. 0. 7) A. T s c h i r c h , Handbuch der Pharmakognosie, 1923. 111. 1, S. 678. 8) B i b e r f e 1 d , Ztschr. exper. Pathol. 1910. Pflanzenstoffe, 1929, S. 331.

Zur Wertbestimmung von Radix Colombo und seinen Zubereitungen

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Page 1: Zur Wertbestimmung von Radix Colombo und seinen Zubereitungen

Colombowurzel und Zubereitungen

8U1. H. Neugebauer und K. Brunner:

Zur Wertbestimmung von Radix Colombo und seinen Zubereitungen.

199

(Aus der Wissenschaftlichen Abteilung (der Firma Dr. Willmar Schw<abe, Leipzig.)

Eingegmgen am 17. Januar 1938.

Bestimmungsmethoden zur Erfassung der Inhaltsstoffe der Wurzel von Jatrorrhiza palmata liegen bis jetzt noch nicht vor, ob- wohl z. B. W. B r a n d t undR. W a s i c k y bereits 1929 in T h o m s Handbuch der Pharmazie') darauf hinwiesen, daB die Ausarbeitung einer bequemen Methode zur Gesamtalkaloidbestimmung im Hin- blick auf die iifters vorkommenden minderwertigen Qualitaten der Droge erwunscht ware. Auch W. A w e erorterte neuerdings2) die Moglichkeiten einer Gehaltsbestimmung und betonte ebenfalls, da8 eine quantitative Bestimmung in erster Linie die Alkaloide zu be- rucksichtigen habe, zumal die Bitterstoffe kaum erfaBbar seien.

Radix Colombo enthalt folgende Bestandteiles) : die Alkaloide Palmatin, Jatrorrhizin und das nur spurenweise vorhandene Colum- bamin, dann die Bitterstoffe Columbin, das von K. F e i s t entdeckte Chasmanthin, den von K. F e i s t und P. R i n t e 1 e n beschriebenen Bitterstoff 111, sowie das von F. W e s s e l y u. Mitarb.') und gleich- zeitig auch von W. V o 1 k s e n ") aufgefundene Palmarin (Isochas- manthin), ferner atherisches 01 mit Thymol als HauptbestandteiP), 30 bis 35% Starke und vie1 KNOs. AuBerdem ist, wie wir fanden, fettes 01 vorhanden.

Welche Inhaltsstoffe der Wurzel fur ihre Wirkung verantwort- lich sind, ist noch nicht geklart.

Die Wurzel gilt in erster Linie als hmarum und als obstipie- rendes Mittel bei Diarrhoen, bei Ruhr, Kolik usw. Homoopathisch wird die aus der Wurzel gewonnene Urtinktur in niederen Potenzen (D 2) bei Magen- und Darmstorungen nichttoxischer Art ange- wandt.

die Alkaloide. Er zitiert B i b e r f e 1 d8) mit dem 'Hinweis darauf. da8 die Basen von Radix Colombo das Zentralnervensystem und das Atemzentrum lahmten, Palmatin z. B. noch starker als Morphin, und da8 die

Fur ihre Wirkung wesentlich halt T s c h i r c h

1) H. T h o m s , Handbuch der Pharmazie, 1929, V, 1, S. 867. 2) W. A w ae und R. B r a c h v o g e 1 ,.Pharmaz. Ztg. 81, 488 (1936). 8 ) W. A w e und R. B r a c h v o g e l , a. a. O., C. W e h m e r . Die

4) F. W e s s e l y und Mitarb., Mh. Chem. 68, 21 (1926). 5) W. V o l k s e n , Dim. Gottingen, 1937, S. 14. 6) Vgl. W. A w e untd R. B r a c h v o g e l , (a. a. 0. 7) A. T s c h i r c h , Handbuch der Pharmakognosie, 1923. 111. 1, S. 678. 8 ) B i b e r f e 1 d , Ztschr. exper. Pathol. 1910.

Pflanzenstoffe, 1929, S. 331.

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Wirkung der Droge bei Katarrhen und Diarrhoen dementsprechend vielleicht auf einer narkotischen Wirkung Ides Basengemischa beruhe.

P o u 1 s s o n ") fiihrt dagegen die Wirkung der Colombowurzel auf ihren Gehalt an Bitterstoffen, Pflanzenschleim und Starke zuriick. Dementsprechend wirke sie sowohl als Amarum wie als Mucila- ginosum und in letzterer Eigenschaft obstipierend bei Diarrhoen.

Homoopathisch interessieren alle wesentlichen Inhaltsstoffe, neben den Bitterstoffen nach dem Gesagten in erster Linie auch die Alkaloide.

Wir haben nun auf verschiedenem Wege versucht, zu einer Ge- haltsbestimmung vorerst der Alkaloide in der Droge zu kommen.

Zuerst wurde versucht, die Alkaloide quantitativ mit KJ zu fallen. 20 g der Urtinktur wurden durch Abdampfen auf dem Wasserbad vom Alkohol befreit, dann angesauert, filtriert und Filter und Kolben griindlich nachgewaschen.

Im Filtrat wurden die Alkaloide mit 5 ccm einer lO%igen KJ- Losung gefallt. Nach langerem Stehen, nach vollstandiger Fallung, wurde filtriert und mit destilliertem Wasser nachgewaschen. SchlieR- lich wurden die Jodide bei looo getrocknet.

Beim Arbeiten nach dieser Methode ergaben sich jedoch erwar- tungsgemai3 (auch W. A w e un'd R. B r a c h v ~ g e l ' ~ ) rieten von dieser Methode ab) Schwierigkeiten, und es konnten keine genauen ubereinstimmenden Werte erhalten werden.

Zunachst war eine schnelle und saubere Filtration der von Alkohol befreiten (und angesauerten) Urtinktur nicht zu erzielen. Das Filtrieren ging sehr langsam vor sich, das Filtrat war getriibt. Miitspielen mag hierbei der Gehalt der Urtinktur an fettem U1, das von uns in der Colombowurzel nachgewiesen werden konnte. C. W e h m e r 11) gibt dieses fette Ul nicht an, wohl aber ein braunes atherisches Ul, das zu 0.005% in der Wurzel anwesend sein sol1 und uber das auch bereits von H. H a e n s e l und F. W. F r e i s e be- richtet wurde12).

Weiterhin stellte es sich heraus, da8 die gefallten Jodide in Hz0 erheblich loslicher als Berberiniumjodid sind, da8 also beim Auswaschen der gefallten Alkaloidsalze stets unkontrollierbare Ver- luste entstehen miissen, so da8 man nach dieser Methode zu nied- rige Werte erhalt.

Wurden z. B. in einem Versuch 0.021 g Jodide zehnmal rnit je 15 ccm H20 ausgewaschen, so hinterblieben 0.0088 g, also etwa 40% der urspriinglichen Menge. Das erhaltene Gesamtfiltrat farbte sich auf Zusatz von lO%iger Natronlauge rot (Jatrorrhiziq) und gab in der atherischen Ausschiittelung dieser natronalkalischen Losung auf Zusatz von atherischer Pikrolonsaurelosung eine Fallung (Palmatin). Die Jodide beider Alkaloide * gehen also beim Auswaschen mit Wasser in Losung.

9) E. P o u 1 s s o n , Lehrbuch der Pharmakobgie, 9. Aufl., 1930. S. 291. 10) W . A w e u n d R . B r a c h v o g e l , a . a . 0 . 11) C. W e h m e r , a a. 0. 12) Vgl. W. A w e und R. B r a c h v o g e l , a. a. 0.

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Von vornherein mehr Erfolg versprach (die Bestimmung des nach den obigen Angaben ja besonders stark wirksamen Palmatins als Ekrolonat.

Wie Berberin laBt sich Palmatin aus der natronalkalischen Losung mit Ather ausschutteln und so von den beiden anderen Alkaloiden Jatrorrhizin unld Columbamin trennen, die hierbei als Phenolbasen in Losung bleiben. Versuche ergaben die tatsachliche Brauchbarkeit der Methode:

20 g Urtinktur wurden auf dem Wasserbad vom Alkohol be- freit, dann mit 10 ccm 15%iger Natronlauge und 50 ccm Ather versetzt und 3 Minuten kraftig geschuttelt. Nach Zugabe von ' / I g Tragantpulver und nochmaligem kraftigen Durchschutteln wurde durch Watte filtriert, viermal mit je 20 ccm Ather unter kraftigem Umschutteln nachgewaschen und dann das Palmatin in den vereinigten Filtraten mit 15 ccm gesattigter atherischer Pikrolonsaurelosung gefallt. Zwei Stunden nach der Fallung wurde durch einen Jenaer Glasfiltertiegel filtriert, dreimal mit je 5 ccm Ather nachgewaschen und schiel3lich % Stunde bei loOo getrocknet. Die erhaltene Zahl, mit 0.600 multipliziert, ergibt den Gehalt an Palmatin.

Es wurden in drei Versuchen gefunden*): Palmat inpikrolonat Palmatin

0.0250 g in 20 g Urtinktur 0.0242 g in 20 g Urtinktur 0.0242 g in 20 g Urtinktur

0.075 % 0.071 % 0.07 1 %

*) Palmatin G i H & J O , Mo1.-Gew. 369.19. Palmatinpikrolonat CzlH22N04 . C,oH,N40,, Mo1.-Gew. 615.27.

369.19 0.600. 615.27 =

Fur die Annahm,e, daf3 sich bei der Bildung von Palmatinpikro- lonat tatsachlich ein Molekul des Alkaloides mit einem Molekul Pikrolonsaure unter Wasseraustritt verbindet, sprechen die Ergeb- nisse der Elementaranalyse von Palmatinpikrolonat:

ng Sbst.: 0.414 ccm Nz (760 mm, 210). - 3.342 mg Sbst.: 1.490 mg

Zur Bestimmung des Gesamtalkaloi~dgehaltes eignete sich am zweckmaBigsten die von uns bereits zur Bestimmung der Geaamt- alkaloide in Hydrastiszubereitungen ausgearbeitete Methode der Re- duktion der quarternaren Basen mit naszierendem Wasserstoff (Zink- staub und Saure) zu den mit Ather aus ammoniakalischer Losung ausschuttelbaren und gut titrierbaren tertiaren Basenls).

Im einzelnen wurde folgendermaaen verfahren: 20 g Urtinktur wurden auf dem Wasserbade vom Alkohol be-

freit, dann mit 5 ccm verdunnter Essigsaure und 5 ccm verdunnter 13) H. N e u g e b a u e r und K . B r u n n e r , Pharmaz. Ztg. 82, 1212 (1937).

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Schwefelsaure sowie 2 g Zinkstaub versetzt und die Mischung wah- rend % Stunde auf dem Wasserbad erwarmt. Die nahezu vollig ent- farbte heii3e Losung wurde durch Wat te in einen Schuttelzylinder filtriert und Kolben und Wattefilter sorgfaltig vier- bis funfmal mit schwach angesauertem Wasser nachgewaschen. Nach dem Ab- kuhlen wurde mit Ammoniaklosung im UberschuR versetzt. nach nochmaligem Erkalten zweimal mit j e 20 ccm Ath,er ausgeschutte!t, die vereinigten Ausschuttelungen uber gegluhtem Natriumsulfat ge- trocknet und schlienlich nach Abdampfen der Hauptmenge des Athers, Vorlegen von 3 ccm 0.1-n 'HC1 und 3 ccm HzO, sowie Abdampfen des restlichen Athers nach dem Erkalten auf rein gelb zurucktitriert (Indikator Dimethylgelb). 1 ccm 0.1-n HCI = 0.03622 g Alkaloild*).

In je 20 g Urtinktur wurden in vier Versuchen gefunden: 0.69 ccm 0.1-n HCI = 0.0250 g 0.70 ccm 0.1-n HCI = 0.0254 g 0.71 ccm 0.1-n HCI = 0.0257 g 0.70 ccm 0.1-n HCI = 0.0254 g

*) Palmatin . . . . . C,,H,,NO,, Mo1.-Gew. 369.19 Jatrorrhizin . . . . C20H21N05, Mo1.-Gew. 355.18 Columbamin . . . CzoHz1N05, Mo1.-Gew. 355.18

mittleres Mo1.-Gew. 362.18

Die Bestimmung kann noch vereinfacht werden. da die Reduk- tion auch ohne vorheriges Entfernen des Alkohols glatt verlauft. Der Alkohol selbst entweicht wahrend des halbstundigen Reduzierens auf dem Wasserbade vollstandig.

Fur die Genauigkeit auch der vereinfachten Methode seien fol- gende Ergebnisse mitgeteilt (fur 20 g Urtinktur):

Alkohol vor der Reduktion

0.69 ccm 0.1-n HCI = 0.0250 g 0.70 ccm 0.1-n HC1 = 0.0254 g 0.71 ccm 0.1-n HCl 0.0257 g

Alkohol vor der Reduktion

0.70 ccm 0.1-n HCl = 0.0254 g 0.72 ccm 0.1-n HC1 = 0.0261 g 0.71 ccm 0.1-n HC1 = 0.0257 g

entfernt: nicht entfernt:

Die Bestimmung in Losungen mit von vornherein genau bekann- tem Gehalt (Einwaage von reinempalmatinjodid, CZIHZ~NOI . J . 3 H t 0 ) ergab fobgendes:

Eingewogen: 0.0278 g Palmatinjodid. Gefunden: a) 0.0272 g,

b) 0.0277 g. Mit Methylrot als Indikator wurden zu niedrige Werte erhalten. Zieht man von dem Gesamtalkaloidgehalt den durch Fallen mit

Pikrolonsaure ermittelten Wert ab, dann ergibt sich der Gehalt, an Jatrorrhizin. Beide Alkaloide, Palmatin und Jatrorrhizin, lassen sich so nebeneinander in der gleichen Probe Urtinktur bestimmen: indem man in der natronalkalischen Losung nach dern Ausathern unld Fallen

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des Palmatins das Jatrorrhizin (unsd Columbamin), wie oben be- schrieben, hydriert, ausschuttelt und titriert.

Eine weitere Vereinfachung der Bestimmung von Palmatin einer- seits und Jatrorrhizin und Columbamin andererseits lieB sich dadurch erzielen, dal3, wie oben angegeben. in der Tinktur nach der Reduktion der Gesamtalkaloidgehalt bestimmt und aus der titrierten Losung nach Zugabe von Natronlauge das Dihydrodesoxypalmatin mit Ather ausgeschuttelt und in ublicher Weise titriert wird. Dihydrodesoxy- jatrorrhizin und Dihydrodesoxycolumbamin bleiben als Phenolbasen in der wasserigen Losung. Man erhalt auch so gut ubereinstimmende Werte:

Gesamtalkaloid Palmatin In20g Urtinktur: 0.36ccm 0.1-n HCI = 0 0130 g, In20gUrtinktur: 0.35ccm 0.1-n HCI = 0.0127 g. In20g Urtinktur: 0.36ccm 0.1-n HC1= 0.0130 g,

0.23ccm 0.1-n HCI = 0.0085 g 0.22ccm 0.1-n HCI = 0.0082 g 0.22ccm 0.1-n HCI = 0.0082 g

Diese Art der Ausfuhrung erscheint infolge ihrer Genauigkeit, Einfachheit unld raschen Durchfuhrbarkeit geeignet, bei einer Neu- ausgabe des Deutschen Arzneibuches und des Homoopathischen Arzneibuches beriicksichtigt zu werden. Am besten verfahrt man dabei folgendermaaen:

Die, wie oben beschrieben, auf rein gelb titrierte, die Gesamt- alkaloide enthaltende Losung wird mit 1 ccm Natronlauge versetzt und mit 30 ccm Ather 3 Minuten kraftig geschuttelt. Nach Zugabe von 1 bis 2 g Tragant wird nochmals kraftig umgeschuttelt, bis sich die atherische Losung vollig geklart hat. Dann gieRt man durch ein Wattefilter, wascht Kolbchen und Trichter zweimal grundlich rnit je 10 ccm Ather nach, verdunstet den Ather bis auf einen geringen Rest, legt 3 ccm 0.1-n HCI und 3 ccm 'HZ0 vor, befreit durch noch- maliges vorsichtiges Erwarmen vom restlichen Ather und titriert rnit 0.1-n NaOH nach dem Erkalten auf rein gelb zuriick (Indikator 2 Tropfen Dimethylgelb). 1 ccm 0.1-n HCI entspricht 0.0369 g Palmatin.

Was nun die Hydrierung mit Zink und Saure betrifft, so schlagen W. A w e und R. Brachvogel i4) dieverwendung von amalgamiertem Zink in der von E. C 1 e m m e n s e n beschriebenen Weise vor, jedoch unter Verwendung verdunnter Saure (nicht Salzsaure). Hiendurch sol1 nicht nur eine wesentlich bassere Ausniitzung des entwickelten Wasserstoffes erzielt, sondern auch vor allem vermieden werden. da8 zu groBe Mengen Zinksalz gebildet werden. Diese Zinksalze verursachen nach W. A w e Is) beim praparativen Arbeiten Schwie- rigkeiten. Sie mussen bei der Aufarbeitung mit Ammoniak oder Lauge zerlegt werden. Die Neutralisationswarme darf dabei nicht in Erscheinung treten, um nicht durch Reoxyldation der empfind- lichen tertiaren Basen die Ausbeute zu verringern.

9 W. A w e un,d R. B r a c h v o g e l , a. a. 0. 16) W. A w e , Ber. Dtsch. Chem. Ges. 67, 836 (1934).

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204 H. N e u g e b a u e r und K. B r u n n e r

Besonders gunstige Ergebnisse erhielten W. A w e und H. U n g e r 16) beim Arbeiten mit einem Gemisch von amalgamiertem Zink und amalgamiertem Cadmiumpulver.

Mit gekorntem amalgnmiertem Zink sahen wir bei unseren Ver- suchen, die allerdings die quantitative Bestimmung der Alkaloide und nicht ihre Aufarbeitung und Isolierung zum Ziele hatten, keine be- friedigenden Ergebnisse. Beim Arbeiten mit amalgamierten Schnitzeln aus Zinkblech dagegen, entsprechend den von W. A w e und 13. U n g e r vorgeschlagenen Zinkspanen, erzielten wir eine befriedigend schnell verlavfende Hydrierung. Mit dem von uns fur Zwecke der quantitativen Alkaloidbestimmung vorgeschlagenen, nicht amalga- micrten Zinkstaub verlief die Reduktion schneller, dafur gingen aber etwas groBerc Mengen Zinksalz in Losung. Eine Storung der Be- stimmung durch sie bzw. bei ihrer Neutralisation mit Ammoniak haben wir unter den Bedingungen der von uns angewandten Methode nicht beobachtet. Da das Arbeiten mit Zinkstaub bzw. amalgamierten Zinkspanen befriedigte, haben wir von der Mitverwendung von Cald- mium zur Vcrmeidung der Komplizierung der Gehaltsbestimmung abgesehen.

Da exakte Alkaloidbestimmungsmethsden und dementsprechend genaue Werte fur den Alkaloidgehalt von Radix Colombo und seinen Zubereitungen bisher noch nicht vorlagen, seien im folgenden einige Untersuchungsergebnisse mitgeteilt:

1. Radix Colombo: 3 g pulvis grossus wurden im Soxhlet bis zur Erschopfung mit

verdunntem Weingeist ausgezogen. Der Auszug wurde auf 100 ccm mit 45%igem Alkohol erganzt. In 50 ccm des Auszuges wurde das Palmatin als Pikrolonat, in 30 ccm die Gesamtalkaloide nach Reduktion zu den tertiaren Basen bestimmt.

Gesamtalkaloid Palmatin Jatrorrhizin/Columbamin A. 1.09% 0.65 % (= 59.6 %) 0.44% (= 40.4%) B. 1.01 % 0.49% (= 48.5%) 0.52% (=51.5%) C. 0.95 % 0.91% (= 95.6%) 0.04% (=- 4.4%) D. 1.16% - -

2. Tinctura Colombae Erg.-B. V. (14-5). Gesamtalkaloid Palmatin Jatrorrhizin/Columbamin

A. 0.131% 0.087% (= 66.4%) 0.044% (= 33.6%) B. 0.126% 0.094% (= 74.6%) 0.032% (= 24.4%) C. 0.191% 0.131% (= 68.6%) 0.060% (= 31.4%) D. 0.131% 0.078% (= 59.5%) 0.053% (= 41.5%)

18) W. A w e und H. U n g e r , Ber. Dtsch. Chem. Ges. 70, 472 (1937).

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Colombowurzel und Zubereitungen 205

3. Colombo-Urtinktur, H. A.-B. Gesamtalkaloid Palmatin Jatrorrhizin

A. 0.127% 0.072 % (=56.7%) 0.055 % (=43.3%) B. 0.071% 0.0285% (= 40.1%) 0.0425% (= 59.9%) C. 0.087% 0.050 % (=57.5%) 0.037 % (=42.5%) D. 0.105% 0.037 % (=35.2%) 0.068 % (=64.8%) E. 0076% 0.042 % (= 55.3%) 0.034 % (= 44.7%)

Auffallend ist das stark schwankende Verhaltnis der beiden Alkaloide bei verschiedenen Praparaten, Ieine Tatsache. auf die be- reits K. F e i s t 17) sowie E. S p a t h Is) hinwiesen. Auch bei Radix Colombo und seinen Zubereitungen erscheint deshalb eine Bestim- mung der einzelnen Alkaloide nebeneinander, wie wir es schon fruher ganz allgemein auf Grund der tatsachlichen Verhaltnise fur alle in Frage kommenden Pflanzen und ihre Zubereitungen forderten 1 9 ~ 2 0 9 2 i 1 berechtigt und notwendig. Daneben ware natiirlich auch eine Be- stimmung der anderen in Radix Colombo vorhandenen fur die Wir- kung u. U. in Frage kommenden Stoffe erwunscht (2. B. Bestimmung des Bittlerstoffgehaltes durch Geschmackspriifung nach Entfernung der ebenfalls bitter schmeckenden Alkaloide oder durch Extraktion der Wurzel mit Petrolather und dann mit Ather, der die Bitterstoffe aufnimmt, im Soxhlet. Dser Ruckstand des Atherextraktes wurde den annahernden Gehalt an Bitterstoffen angeben*).

") Im pharmazeutisch-chemischen Institut der Universitat Gottingen sind It. Privatmitteilung Vorversuche in dieser Richtung unternommen worden

Zusammenf assung.

1. Es wurden verschiedene Moglichkeiten der Bestimmung der Alkaloide in Radix Colombo und seinen Zubereitungen untersucht.

2. Als geeignet erwies sich die Bestimmung des Palmatins. das sich durch Ausathern aus stark natronalkalischer Losung von Jatror- rhizin und Columbamin trennen lafit, als Pikrolonat, und Bestimmen der restlichen beiden Alkaloide durch Reduktion der quaternaren zu tertiaren Basen, die leicht mit Ammoniak und Ather ausschuttelbnr und bequem titrierbar sind. Vorzuziehen ist jedoch die Bestimmung des Gesamtalkaloidgehaltes nach Reduktion der Basen und darauf- folgendes Titrieren des aus der natronalkalisch gemachten Urtinktur ausgeatherten Dihydrodesoxypalmatins.

17) K. F e i s t und G. L. D s c h u , Arch. Pharmaz. Ber. Dtsch. Pharmaz. Ges. 263, 295 (1925).

18) F. S p a t h und G. B u r g e r , Ber. Dtsch. Chem. Ges. 59, 1489 (1926). 19) H. N e u g e b a u e r und K. B r u n n e r , Pharmaz. Ztg. 81, 1416

(1936), Pharmaz. Zentralhalle Deutschland 78, 17 (1937), Apoth.-Ztg. 52, 1038 (1937).

2 0 ) H. N e u g e b a u e r , ,,Aus unserer Arbeit", Schwabe, 1937, S. 24 bis 39.

21) H. N e u g e b a u e r und K. B r u n n e r . a. a. 0.. S. 4 0 f f . Archiv und Berichte 1938 14

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206 Colombowurzel und Zubereitungen

3. Zur Reduktion am geeignetsten erwies sich fur den vorliegen- den Zweck die Verwendung von Zinkpulver bzw. von (von A w e bereits fruher empfohlen) amalgamierten Zinkspanen.

4. Es wurden (die nach den angegebenen Methoden ermittelteii Gehaltc verschiedener Proben von Radix Colombo, Tinctura Colum- bae Erg.-B. V. und Colombo-Urtinktur H. A.-B. an Gesamtalkaloid Palmatin und Jatrorrhizin mitgeteilt.

5. Friihere Beobachtungen uber das stark schwankende Verhalt- nis im Gehalt an Jatrorrhizin und Palmatin in verschiedenen Prapa- raten konnten bestatigt werden.

802. c. Uber die Kondensation

Mannich und M. Dannehl:

von Nitro- und Amino-acetophenonen mit Formaldehyd und sekundaren Aminen.

(Aus ,dem Pharmazeutischen Insbitut der Universitat Berlin.)

Eingegangen am 24. Januar 1938.

A c e t o p h e n o n kondensiert sich rnit Formaldehpd und sekun- daren Aminen leicht zu w-aminierten Propiophenonenl). Wir haben diese Reaktion auf N i t r o - a c e t o p h e n o n e ausgedehnt mit dem Ziel, durch Reduktion der Nitrogruppe zu Verbin,dungen zu ge- langen, die sowohl in der Seitenkette als auch im Kern basische Gruppen tragen. Da das o-Dimethylamino-propiophenon ein kraf- tiges Anasthetikum ist, konnten derartige Substanzen moglicher- weise wertvol'le physiologische Wirkungen besitzen. Die Konden- sation mit 0- und auch mit m-Nitro-acetophenon verlief glatt und lieferte befriedigende Ausbeuten. Auf diese Weise wurden w - D i m e t h y l a m i n o - o - n i t r o - p r o p i o p h e n o n , o - D i - ii t h y 1 a m i n o - o - n i t r o - p r o p i o p h e n o n , w - P i p e r i d i n o- u - n i t r o - p r o p i o p h e n o n (I) dargestellt.

-CO*CH?.CH2*NRp*HCI

(11) ('I /\--co .cH?. c H ~ . N R ~ . H c ~ ,, - NO2 (1) \,'--NO2

(- N Rz * = N\C H3)z ; -N(C?H&. - NCSH 10)

Dic Kondensation mit m - N i t r o - a c e t o p h e n o n und den gleichen Aminen lieferte die Basen vom Typus 11. Alle diese Nitro- ketobasen sind in Form ihrer Hydrochlori'de bestandig. D i e D a r - s t e l l u n g d e r f r e i e n B a s e n g e l i n g t j e d o c h n i c h t . Ver-

1) C. M a n n i c h uned D. L a m m , e r i n g , Ber. Dtsch. Chem. Ges. 55, 3510 (1922).