Zusammenfassende Aspekte des Methodenbegriffs in der Sozialen Arbeit

• Methoden beziehen sich vorrangig auf die Soziale Arbeit und die professionellenAkteure selbst, die Kontrolle und Handhabung ihrer (unbeabsichtigten Neben-)Wirkungen, ihrer organisatorischen und institutionellen Settings, der Angstreduktionangesichts komplexer Anforderungen sowie der Bearbeitung des Status- undProfessionalisierungsproblems. Ein Verständnis von sozialpädagogischen Methodenals Instrumente gezielter Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderung der KlientInnenist weder sinnvoll noch machbar. Ein so akzentuiertes Methodenverständnis bringt fürdie Klienten ein höheres Maß an Kalkulierbarkeit und Rationalität mit sich.

• Kernbereiche methodischen Handelns sind weiterhin (a) die Konstruktion von• Kernbereiche methodischen Handelns sind weiterhin (a) die Konstruktion vonLebensräumen und Situationen, die Beziehungen, gemeinsames Erleben usw.ermöglichen und (b) ein hohes Maß an biographischer Sensibilität und situativerIntelligenz. Beide Faktoren sind wissensbasiert und theoretisch fundiert.

• Die Festlegung von Interventionszielen in Hilfeprozessen ist mehr denn je alsAushandlung zu verstehen, da die Modernisierung der Gesellschaft eta-bliertenNormalitätsbildern und -standards mehr und mehr die reale Basis und damit auch dieLegitimation entzieht. Die KlientIn und ihre Lebenspläne, Vorstellungen, Ideen, Zielestehen im Mittelpunkt.

Trends der Methodendiskussion

Fachlicher Trend = Lebensweltorientierung

Sozialpolitischer Trend = Ökonomisierung

Trends der Methodendiskussion: Alltags- und Lebensweltorientierung

Alltagsorientierung

Hans Thiersch: Die Erfahrung der Wirklichkeit, Weinheim/ München 1986.

Die Besonderheit Sozialer Arbeit liegt in ihrer Orientierung an der Alltäglichkeitder Klienten. Dabei gilt es einen kritischen Bezug auf den pseudokonkretenAlltag der Klienten herzustellen.

Wurzeln Wurzeln

• hermeneutisch-pragmatische Erziehungswissenschaft (z.B. Her-mann Nohl,Erich Weniger, Heinrich Roth, Klaus Mollenhauer)

• phänomenologisch-interaktionistisches Paradigma (z.B. Alfred Schütz,Peter L. Berger, Thomas Luckmann, Erving Goffman)

• kritische Alltagstheorie (z.B. Karel Kosik)

• Modernisierungstheorie (z.B. Ulrich Beck)

Trends der Methodendiskussion: Lebensweltorientierung

Lebensweltorientierung als Maxime der Kinder- und Jugendhilfe (Achter Kinder-und Jugendbericht 1990)

Nach Thiersch bezieht sich Lebensweltorientierung „auf die Bewältigungs- und Ver-arbeitungsformen von Problemen in der Lebenswelt der AdressatInnen, gewissermaßenauf die Spiel-regeln, in denen die Vorgaben, Themen und Strukturen bearbeitet werden,die sich aus der gesellschaftlichen Situation, den biographisch geprägten Lebens-erfahrungen und den normativen Ansprüchen ergeben“ (Thiersch 1993, S. 12).

Strukturmaximen einer lebensweltorientierten Kinder- und Jugendhilfe

• die präventive Orientierung der Jugendhilfe

• die Dezentralisierung und Regionalisierung der Leistungsangebote,

• die Alltagsorientierung in den institutionellen Settings und Methoden,

• die Orientierung an der Integration der Klienten als Handlungsmaxime,

• die Gewährleistung von Partizipation/Teilhabe der Klienten am Hilfeprozess.

Trends der Methodendiskussion: Lebensweltorientierung

Aus dem Konzept der Lebensweltorientierung resultieren Fragen für die Methoden-diskussion, so z.B.• Wie können wir dem Alltag der Klienten gerechter werden?• Wie können wir den Alltag der Klienten mit seinen Möglichkeiten und Belastungen

besser verstehen?• Wie können wir die Hilfsangebote bedarfsgerechter und zugänglicher gestalten?• Wie können wir die Autonomie der Klienten so weit wie möglich auch methodisch

sichern?• Wie können wir Lebens- und Lernsituationen so gestalten, dass die Menschen ihre• Wie können wir Lebens- und Lernsituationen so gestalten, dass die Menschen ihre

Kräfte nutzen und entwickeln können?• Wie können wir die unbeabsichtigten Nebenwirkungen unserer Interventionen besser

kontrollieren?

Lebensweltorientierte methodische Ansätze sind z.B.• Aufsuchende Soziale Arbeit/Streetwork/mobile Arbeit• Akzeptierende Ansätze in der Randgruppenarbeit• Sozialpädagogische Familienhilfe• lebenswelthermeneutische Diagnostik• Sozialraumorientierung

Kritik der Lebensweltorientierung

• der Ansatz ist eher konzeptioneller Natur: Thiersch ist ein Klassiker der Profession, nicht der Disziplin (Niemeyer)

• der Begriff der Lebenswelt ist im Konzept Thierschs eher beschreibend und wenig theoretisch (z.B. kein Bezug zu Habermas)

• der Begriff ist zur Formel geworden.

Megatrends der Methodendiskussion II: Ökonomisierung

Ökonomisierung – Krise und Kritik des Sozialstaats

Krisenphänomene des Sozialstaats ab den 1980er Jahren• Zunehmende Massenarbeitslosigkeit, Rückgang

sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, Rückgang der gesamtgesellschaftlich erbrachten Arbeitsstunden

• Zunehmende Überlastung der Sozialversicherungssysteme, Dauerreformdiskussion

• Zunehmende Finanzkrise der öffentlichen Haushalte auf allen Ebenen des politischen SystemsEbenen des politischen Systems

Kritik des Sozialstaats• Der Sozialstaat wird immer teurer, wir können ihn uns nicht mehr

leisten.• Die durch die Kosten des Sozialstaats bedingte Verteuerung von

Lohnarbeit führt zum Abbau und zur Verlagerung von Arbeitsplätzen.• Der Sozialstaat lähmt die Eigeninitiative der Menschen.• Die (personenbezogenen) Leistungen des Sozialstaats sind nicht

effektiv.

Ökonomisierung - Definition

„Ökonomisierung bezeichnet einen Prozess der betriebswirt-schaftlichen Umstrukturierung bzw. Neusteuerung der Institutionen derKinder- und Jugendhilfe. Der zentrale Fokus dieses Ökonomisie-rungsprozesses gilt einer Reduzierung des Einsatzes der Mittel undzielt auf eine Privatisierung des Feldes.“Fabian Kessel: Ökonomisierung, in: Schröer, W. u.a. (Hg.): Handbuch Kinder- und Jugendhilfe, Weinheim München 2002, S. 117.

Instrumente der Ökonomisierung der Sozialen Arbeit

• Sozialgesetzgebung

• Neue Steuerung

• Kontraktmanagement

Ökonomisierung in der Sozialgesetzgebung

A. Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII)§ 78 b(1) Wird die Leistung ganz oder Teilweise in einer Einrichtung erbracht, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme des Entgelts gegenüber dem Leistungsberechtigten verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung oder seinem Verband, Vereinbarungen über1. Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungsangebote (Leistungsvereinbarung)2. differenzierte Entgelte für die Leistungsangebote und die betriebsnotwendigen Investitionen (Entgeltvereinbarung) und3. Grundsätze und Maßstäbe zur Bewertung der Qualität der Leistungsangebote sowie über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung (Qualitätsentwicklungsvereinbarung) abgeschlossen sein.

§ 78 c(1) Die Leistungsvereinbarung muss die wesentlichen Leistungsmerkmale insbesondere1. Art, Ziel und Qualität des Leistungsangebots,2. den in der Einrichtung zu betreuenden Personenkreis,2. den in der Einrichtung zu betreuenden Personenkreis,3. die erforderliche sächliche und personelle Ausstattung4. die Qualifikation des Personals sowie5. die betriebsnotwendigen Anlagen der Einrichtungfestlegen. In die Vereinbarung ist aufzunehmen, unter welchen Voraussetzungen der festlegen. In die Vereinbarung ist aufzunehmen, unter welchen Voraussetzungen der Träger der Einrichtung sich zur Erbringung von Leistungen verpflichtet. Der Träger muss gewährleisten, dass die Leistungsangebote zur Erbringung von Leistungen nach § 78 a Abs. 1 geeignet sowie ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind.

B. Bundessozialhilfegesetz (BSHG) (SGB XII)§ 75(3) Wird die Leistung von einer Einrichtung erbracht, ist der Träger der Sozialhilfe zur Übernahme der Vergütung für die Leistung nur verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung oder seinem Verband eine Vereinbarung1. Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung),2. die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beiträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und3. die Prüfung er Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung)besteht. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen.

Ökonomisierung – Merkmale des Kontraktmanagements

• Klare Unterscheidung und Trennung zwischen Leitungsverantwortung der Politik und der Ausführungsverantwortung der Verwaltung. Der Rat bestimmt, was gemacht wird, die Exekutive bestimmt, wie es gemacht wird. Die Politik steuert über Vereinbarun-gen, die Fachverwaltungen haben weitgehende Autonomie (Finanzen, Personal etc.) in der Erledigung.

• Die Beziehungen zwischen den verschiedenen Ebenen werden durch Verträge (Kon-trakte) geregelt (Politik – Verwaltung; Leitung – Abteilung; Abteilung – Einrichtung etc.). In diesen Verträgen sind die zu erreichenden Ziele in Form von Produkten definiert.definiert.

• Die Steuerung der Verwaltung erfolgt nicht mehr durch Zuteilung von Personal und Sachmitteln, sondern durch leistungsbezogene Zielvereinbarungen über definierte Produkte (von der Input-Steuerung zur Output-Steuerung; Neue Finanzierungs-modelle). Aus dieser Wirkungsorientierung resultiert für die Verwaltung:

o Die Leistungen der Verwaltung (Produkte) müssen genau beschrieben werden.

o Die Beschreibungen der Leistungen muss so vorgenommen werden, dass sie messbar sind.

o Es muss ein Berichts- und Controllingsystem aufgebaut werden, um die Leistungserbringung in Art und Wirkung zu überprüfen und zu dokumentieren.

Ökonomisierung – Konsequenzen für die Methodendiskussion

Das Modell des Kontraktmanagements hat die Bedingungen der Erbringungsozialer Dienstleistungen von Grund auf verändert, weil es bestimmte An-forderungen mit sich bringt:

• Die Leistungen der Sozialen Arbeit sind im Hinblick auf Kosten und Wir-kungen effizient zu gestalten.

• Die Soziale Arbeit muss alle ihre Arbeitsschritte und deren Wirkungen eva-luieren und dokumentieren.

• Die Anbieter der Sozialen Arbeit stehen im Kosten- und Kundenwettbewerb.• Die Anbieter der Sozialen Arbeit stehen im Kosten- und Kundenwettbewerb.

Konsequenzen für die Methodendiskussion

• Einzug betriebswirtschaftlicher Methoden der Unternehmensführung undbetriebswirtschaftlichen Denkens auf allen Ebenen (Personalentwicklung,Einrichtungsorganisation, Produktentwicklung, Werbung)

• Organisationsentwicklung, Qualitätsmanagement, Qualitätssicherung

• Diagnostikboom.