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Sandra Fuchs Kapitel 4.2, 3400 SS 2014 1 Zusammenfassung „Behaviorismus“ Der Behaviorismus ist eines der historisch bedeutsamsten Paradigmen. Der B. konzipierte die Psychologie als eine Naturwissenschaft vom Verhalten. Der Begriff „Behaviorismus“ bzw. „behavior“ wurde erstmals von John B. Watson 1913 in der programmatischen Schrift „Psychology as the behaviorist views it“ verwendet und hat eine paradigmatische Funktion. Unter Verhalten verstehen die Behavioristen körperliche Veränderungen aller Art, Regungen wie Reflexe, Bewegungen als Veränderungen von Körperstellungen, Lautgebungen, physiologische Veränderungen wie Muskelkontraktionen, Speichelfluss und andere Vorgänge. Wichtig ist, dass sich diese äußeren Körperänderungen in systematische Beziehungen zu den Veränderungen der Umgebung des Körpers bringen lassen. Abgelehnt werden das Erleben als Untersuchungsgegenstand, das mentale Vokabular der Alltagspsychologie, auch traditionelle Begriffe wie Seele, Bewusstsein, Geist, Erleben sowie die Introspektion als Methode der Beobachtung von Erlebnissen, inneren Regungen, Bewusstseinszuständen und –prozessen. Die Innenwelt kann nicht Gegenstand einer naturwissenschaftlichen Methodik sein. Das Verhalten hingegen kann von außen beobachtet und objektiv registriert werden. Ablehnung der Überzeugung der dominierenden Bewusstseinspsychologie, nach der die grundlegenden Daten der Psychologie aus dem Innenleben bzw. dem bewussten Erleben stammen. Zwei wichtige behavioristische Grundbegriffe sind Reiz (Stimulus) und Reaktion (Response). Kennzeichnend für das erkenntnis- und wissenschaftstheoretische Verständnis des Behaviorismus ist … der Reduktionismus der Erlebensseite, d. h. die Reduktion der Bewusstseinsweisen sowie auch des alltagspsychologischen Vokabulars auf obejktiv beobachtbares verhalten (Antimentalismus). Der radikale Behaviorismus verneint die Existenz innerer kognitiver, bewusster Prozesse, er verneint also auch das Bewusstsein (S-R-Schema); im Neobehaviorismus wird diese Radikale black-box-Annahme aufgegeben und es werden zwischen (äußerem) Reiz und (äußerer) Reaktion der Organismus als Insgesamt hypothetischer Konstrukte und intervenierender Variablen eingeführt. (S-O-R-Schema) Wissenschaftstheoretisch ist der Behaviorismus neben dem Ideal des Reduktionismus auch durch ein Ideal des Objektivismus gekennzeichnet: Psychologische Forschung so (gemäß dem Vorbild der Naturwissenschaften) auf intersubjektiv beschreibbaren Prozessen basieren.

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Sandra Fuchs Kapitel 4.2, 3400 SS 2014

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Zusammenfassung „Behaviorismus“

Der Behaviorismus ist eines der historisch bedeutsamsten Paradigmen. Der B. konzipierte die Psychologie als eine Naturwissenschaft vom Verhalten.

Der Begriff „Behaviorismus“ bzw. „behavior“ wurde erstmals von John B. Watson

1913 in der programmatischen Schrift „Psychology as the behaviorist views it“ verwendet und hat eine paradigmatische Funktion.

Unter Verhalten verstehen die Behavioristen körperliche Veränderungen aller Art,

Regungen wie Reflexe, Bewegungen als Veränderungen von Körperstellungen, Lautgebungen, physiologische Veränderungen wie Muskelkontraktionen, Speichelfluss und andere Vorgänge. Wichtig ist, dass sich diese äußeren Körperänderungen in systematische Beziehungen zu den Veränderungen der Umgebung des Körpers bringen lassen. Abgelehnt werden das Erleben als Untersuchungsgegenstand, das mentale Vokabular der Alltagspsychologie, auch traditionelle Begriffe wie Seele, Bewusstsein, Geist, Erleben sowie die Introspektion als Methode der Beobachtung von Erlebnissen, inneren Regungen, Bewusstseinszuständen und –prozessen. ⇒ Die Innenwelt kann nicht Gegenstand einer naturwissenschaftlichen Methodik sein. Das Verhalten hingegen kann von außen beobachtet und objektiv registriert werden. ⇒ Ablehnung der Überzeugung der dominierenden Bewusstseinspsychologie, nach der die grundlegenden Daten der Psychologie aus dem Innenleben bzw. dem bewussten Erleben stammen.

Zwei wichtige behavioristische Grundbegriffe sind Reiz (Stimulus) und Reaktion

(Response).

Kennzeichnend für das erkenntnis- und wissenschaftstheoretische Verständnis des Behaviorismus ist … der Reduktionismus der Erlebensseite, d. h. die Reduktion der Bewusstseinsweisen

sowie auch des alltagspsychologischen Vokabulars auf obejktiv beobachtbares verhalten (⇒ Antimentalismus). Der radikale Behaviorismus verneint die Existenz innerer kognitiver, bewusster Prozesse, er verneint also auch das Bewusstsein (S-R-Schema); im Neobehaviorismus wird diese Radikale black-box-Annahme aufgegeben und es werden zwischen (äußerem) Reiz und (äußerer) Reaktion der Organismus als Insgesamt hypothetischer Konstrukte und intervenierender Variablen eingeführt. (S-O-R-Schema)

Wissenschaftstheoretisch ist der Behaviorismus neben dem Ideal des Reduktionismus auch durch ein Ideal des Objektivismus gekennzeichnet: Psychologische Forschung so (gemäß dem Vorbild der Naturwissenschaften) auf intersubjektiv beschreibbaren Prozessen basieren.

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Die Introspektion als Forschungsmethode wird demnach abgelehnt (weil subjektiv). Auch Ablehnung der phänomenologischen Psychologie, vieler persönlichkeitstheoretischer Ansätze, der Gestaltpsychologie und vieler psychoanalytischer Ansätze.**

Der Antimentalismus ist die Konsequenz einer objektivistischen und operationalistischen

Auffassung von Naturwissenschaft in Fortsetzung eines erkenntnistheoretischen Empirismus.

Vom britischen Assoziationismus wird die Überzeugung übernommen, dass sich

Psychisches nicht mehr in weiter analysierbare Elemente zerlegen lässt, nur dass diese Elemente nicht mehr unbeobachtbare mentale Assoziationen sind, sondern Reaktionen.

Theoretisch zentral sind im Behaviorismus die Lerntheorien:

Das Verhalten wird als Muster aus Reaktionen verstanden, die dazu dienen, sich den Reizen der Umgebung anzupassen; auf die Reize hin müssen die passenden Reaktionen gelernt werden. Im klassischen Behaviorismus werden dabei keine Annahmen über die innere Organisation (z.B. angeborene Verhaltensprogramme gemacht). klass. & radikaler Behaviorismus: Reizsubstitutionslernen (Klass. Konditionierung) Reaktionslernen (Operante Konditionierung)

Klassische Konditionierung: Annahme, dass der Organismus nur die Fähigkeit mitbringt, dass ungelernte Reize (UCS), welche unmittelbar fest zugeordnete reflexartige Reaktionen auslösen (UCR) mit zeitlich & räumlich benachbarten (Kontiguität), wiederholt auftretenden Reizen gekoppelt werden können (NS), die allein keine Reaktion auslösen würde. Durch die Kopplung von NS mit dem UCS wird aus der UCR die CR, d.h. die konditionierten Reize (CS) können zu konditionierten Reaktionen (CR) führen. Reize lassen sich in fast beliebiger Weise durch andere Reize ersetzen, solange der lerngeschichtliche Bezug auf die unkonditionierten Reize bestehen bleibt. NS (Glocke) + UCS (Futter) ⇒ UCR (Speichelfluss) bzw. nach Konditionierung CS (Glocke)⇒ CR (Speichelfluss) Die Klassische Konditionierung (Reizsubstitutionslernen) beruht vor allem auf den tierpsychologischen Arbeiten von Iwan Pawlow und der russischen Reflexologie („Hund“), die von Watson weiter ausgebaut wurde („Little Albert“).

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Operante Konditionierung (Reaktionslernen):

Annahme, dass sich die Wahrscheinlichkeit bestimmter Reaktionen auf einen relativ zufälligen Reiz hin oder auch Körperregungen ohne äußeren Reiz erhöht, wenn die Reaktion verstärkt (=belohnt) wird. Belohnend wirkt die Verstärkung nur dann, wenn ein entsprechender Triebzustand besteht (⇒ implizite Affinität zu Triebtheorien) und die Belohnung wirklich als Belohnung empfunden wird. Die operante Konditionierung geht zurück auf B.F. Skinner (Skinner-Box: Tauben; Walden Two) und wurde von Thorndike im „law of effect“ aufgegriffen.

Das „law of effect“ (Effektgesetz: Lernen am Erfolg) wurde formuliert von Thorndike und

besagt, Lernen besteht in der Verknüpfung von Reizen (Klass. Konditionieren, Pawlow) und in der Erhöhung der Reaktionswahrscheinlichkeit von Reaktionen durch Verstärkung (operante Konditionierung, Skinner). aus Lück, S. 135: Eine befriedigende (zum Erfolg führende) Reaktion muss also den Lernerfolg verstärkt haben, eine unbefriedigende (nicht zum Ziel führende) geschwächt haben. Dies nannte Thorndike das „Effektgesetz“ (law of effect) Thorndikes Bezeichnung „trial and error“ (Versuch und Irrtum) ist sowohl in der Psychologie als auch im alltäglichen Sprachgebrauch für diese Art des Lernens gebräuchlicher.

Es wurde versucht, Gedächtnis und Denken auf Lernen zu reduzieren.

Auch Motivation und Emotion wurden in ihrer funktionalen Rolle des

Förderns/Hemmens von Lernprozessen (positive/negative Verstärkung; Bestrafung). Im klassischen (und radikalen) Behaviorismus wird der Organismus als leer i. S. einer black box verstanden – ähnlich der tabula rasa-Auffassung des Organismus im radikalen Empirismus. Nur die beobachtbaren Input-Output-Beziehungen in Form von Reiz-Reaktions-Verbindungen erlauben Aussagen über den Organismus. Im radikalen Behaviorismus werden auch Hypothesen über die inneren Verbindungen von Reizen und Reaktionen als überflüssig angesehen (vs. Neobehaviorismus: intervenierende Variablen, Akzeptanz von Hypothesen über innere Verbindungen). Infolge der tabula rasa-Auffassung sowie der Betonung von extraorganismischen Reiz-Reaktions-Verhältnissen werden wenige Annahmen zu angeborenen Faktoren gemacht und es wird eher ein Environmentalismus vertreten: die Umweltverhältnisse kontrollieren des Organismus, so dass diesem eine große Plastizität zugeschrieben wird.

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Von der klassischen Assoziationspsychologie hat der Behaviorismus den

Elementarismus und den Mechanismus der Kontiguität (Guthrie) übernommen, was

auf die Verhaltensebene transponiert wurde (Kontingenz):

Kontiguität bezeichnet die Kopplung von psychischen Elementen durch raum-zeitliche Nähe. Eignet sich zur Prädiktion von Reizen durch Reize.

Kontingenz bezeichnet die Kopplung von Reizen, Reaktionen und Reiz-Reaktions-Paaren auf der Verhaltensebene. Kontingenz eignet sich zur Prädiktion von Effekten durch Re-Aktionen.

Liegen sowohl eine hohe Kontiguität als auch eine hohe Kontingenz vor entspricht dies einer kontinuierlichen Verstärkung .

⇒ Kontiguität: beschreibt die räumliche und zeitliche Nähe des Auftretens 1. von zwei Reizen (z.B. von CS und UCS bei Pawlow) 2. Reiz und Reaktion (bei der operanten Konditionierung) ⇒ Kontingenz beschreibt die konsistente Beziehung zwischen der Reaktion und dem Reiz (→ immer, wenn eine bestimmte Reaktion gezeigt wird, erfolgt die Belohnung)

Im klassischen (und radikalen) Behaviorismus wird der Organismus als leer i. S. einer

black box verstanden – ähnlich der tabula rasa-Auffassung des Organismus im radikalen Empirismus. Nur die beobachtbaren Input-Output-Beziehungen in Form von Reiz-Reaktions-Verbindungen erlauben Aussagen über den Organismus. Im radikalen Behaviorismus werden auch Hypothesen über die inneren Verbindungen von

Reizen und Reaktionen als überflüssig angesehen (vs. Neobehaviorismus:

intervenierende Variablen, Akzeptanz von Hypothesen über innere Verbindungen). Infolge der tabula rasa-Auffassung sowie der Betonung von extraorganismischen Reiz-Reaktions-Verhältnissen werden wenige Annahmen zu angeborenen Faktoren gemacht und es wird eher ein Environmentalismus vertreten: die Umweltverhältnisse kontrollieren des Organismus, so dass diesem eine große Plastizität zugeschrieben wird. Im Gegensatz zum klassischen Behaviorismus wird im Neobehaviorismus die radikale Annahme eines black-box-Organismus aufgegeben und stattdessen werden zwischen äußerem Reiz und äußerer Reaktion hypothetische Konstrukte wie Gedächtnis oder Motive oder intervenierende Variablen zugelassen. Statt der S-R-Theorie wird nun eine S-O-R-Theorie vertreten, in der der Organismus als das Insgesamt hypothetischer Konstrukte und intervenierender Variablen eingeführt wird. Ein Beispiel dafür ist Tolmans Zeichen-Gestalt-Theorie, in der die sog. cognitive map als intervenierende Variable postuliert wird.

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Purposivismus: Verhalten ist nur so zu erklären, dass Individuen Ziele anstreben (d.h. Bedeutung kognitiver Prozesse)

Mediation ist – neben der Annahme intervenierender Variablen und hypothetischer

Konstrukte sowie molarem Verhalten - ein weiteres wichtiges Konzept des Neobehaviorismus. Die grundlegende Annahme ist, dass zwischen äußerem Reiz und äußerer Reaktion, vermittelnde innere Reize und innere Reaktionen treten. (S-O-R-Schema) In der Mediationstheorie geht der Neobehaviorismus in die Kognitive Psychologie über.

molarer Behaviorismus (Tolman):

z.B. „Suchen“ und „Orientieren“ sind molare Verhaltensweisen, die aus unterschiedlichen molekularen Verhaltensweisen bestehen können. Anreiz und Erwartung als intervenierende kognitive Variablen (Basis für kognitive Lerntheorien)

weitere Theorien im Neobehaviorismus: ausgefeiltere Theorien zu motivationalen und emotionalen Konstrukten - Frustrations-Aggressons-Theorie (Dollard & Miller) - fraktionierte antozipatorische Zielreaktion (Tolman & Hull): Konzept des Ziels in die neobehavioristische Lerntheorie eingefügt, um eine umfangreiche deduktive Theorie des Lernens aufzubauen Input - Throughput – Output Endgültig gebrochen wurde die Dominanz des Behaviorismus durch Chomskys Syntaxtheorie. Der radikale Behaviorismus wurde zur Minderheitenposition.

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Kritik am Behaviorismus:

Kritikpunkte der Humanistischen Psychologie am Behaviorismus:

Lehre der Verhaltensanalyse des radikalen Behaviorismus und damit verbundener verhaltenstherapeutischer Ansätze, da diese

1. ein Menschenbild zugrunde legen, das den Menschen als von Umwelteinflüssen determiniert versteht

2. unkritisch Sozialtechnologien bereitstellt, mit denen Menschen an die herrschenden Verhältnisse angepasst werden können.

Tabula-rasa-Auffassung, Vernchlässigung evolutionärer Überlegungen

wenig Tierarten, strenge Laborbedingungen, keine Überprüfung der Behauptung von Generalität

Vernachlässigung des Erlebens (dogmatisch enge Auffassung)

Antimentalismus, Ablehnung mentales Vokabular

Ablehnung Introspektion & Selbsterfahrung

rigorose Sprachregelungen

Probleme bei Erklärung Sprache (Chomsky!)

nicht immer gelungene Operationalisierung mentaler Begriffe oder der propositionalen Einstellung

enger Methodenkanon

Ausschluss vieler Phänomene und Sachverhalte

Reiz und Reaktion nicht klar zu identifizieren

Probleme mit komplexen Emotionen wie Angst, Wut, Liebe

Verdienste des Behaviorismus: In Form des methodologischen Behaviorismus hat der Behaviorismus der Psychologie ein

geschärftes Methodenbewusstsein hinterlassen, wenn es darum geht, nach angemessenen Erklärungen in der Psychologie zu suchen. → Operationalisierung von (v.a. mentalen) Begriffen

Des Weiteren ist die Forderung nach Beobachtbarkeit, Objektivität und Nachprüfbarkeit

eine gute Forderung.

Der Behaviorismus hat gelehrt, dass Methoden i.S.v. Manipulations- und Kontrolltechniken alleine keine Wissenschaft ausmachen, da sowohl Reize als auch Reaktionen kontextabhängig auftreten. In dieser Hinsicht verdankt die Psychologie dem Behaviorismus auch das Bewusstsein von der Notwendigkeit, die Psychologie erkenntnis-, handlungs- und wissenschaftstheoretisch gut zu fundieren. (noch nicht zufriedenstellend gelöste Aufgabe der Psychologie)

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„Little Albert“ Watson und Rayner wollten bei Little Albert (9 Monate altes Kleinkind, phlegmatisch, aber ansonsten gesund) eine Phobie erzeugen mittels der klassischen Konditionierung - im Gegensatz zu Freuds Annahme, dass Phobien vor "etwas" immer die Aufgabe haben, nicht akzeptable Gedanken zu vermeiden und in akzeptablere Bereiche zu kanalisieren, so wie es beim Kleinen Hans der Fall war seine eigentliche Angst vor dem Vater kam verdeckt über eine Pferdephobie zum Ausdruck. Zur Konditionierung bei Little Albert wurde als neutraler Reiz (NS) eine weiße Versuchsratte verwendet, als unkonditionierter Reiz (UCS) ein lautes Geräusch, das durch Schlagen mit einem Hammer auf ein Metallrohr erzeugt wurde. Little Alber reagierte völlig "normal" mit Angst=Vornüberkippen auf das laute Geräusch. Im Rahmen der klassischen Konditionierung wurde Little Alber zuerst die Ratte (NS) gezeigt, kurz darauf erfolgte das laute Geräusch (UCS), woraufhin Alber vor Angst vorne überkippte. Die Kopplung von NS und UCS erfolgte durch raum-zeitliche Nähe (Kontiguität). Nach mehrfacher Wiederholung der NS + UCS - Kombination reichte es, Little Albert die Ratte zu zeigen, um Alberts Angstreaktion zu bewirken, so dass die Ratte nun der Konditionierte Stimulus ist (CS). (Auch auf Kaninchen, Pelze, ... reagierte Albert mit Angst, was der Reizgeneralisierung entspricht; er hatte jedoch nach wie vor keine Angst vor Bauklötzen o. ä., was als Diskriminationsleistung zu benennen ist.) Watson und Rayner sahen dieses Experiment als Beleg für das Entstehen einer Phobie durch Konditionierung und als Alternative/Gegenargument zur psychoanalytischen Theorie / Phobieerklärung an. Lange Zeit galt dieses Experiment -trotz aller Kritik - als Beleg für die Bedeutung der Konditionierung. Contra/Kritik: - keine Kontrollbedingung - nicht repräsentativ - grausam & ethisch nicht vertretbar - keine Phobie im klinisch-psychologischen Sinn

Pawlowscher Hund: russische Reflexologie bedingter vs. unbedingter Reflex (z.B. Lidschlag) Klassische Konditionierung, Reizgeneralisierung, Löschung/Extinktion, Diskriminationsleistung, (spontane) Remission (Lück, S. 134)

Erziehungsdeterminismus (Watson): „Gebt mir ein Dutzend gesunder Kinder ….“ (Lück, 140) Milieutheorie

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Klassischer B. Radikaler B. Methodolog. B. Neobehaviorismus

Keine Annahmen über die innere Organisation, z.B. über angeborene Verhaltensprogramme

Verneinung der Existenz innerer kognitiver, bewusster Prozesse & des Bewusstseins Black-box

Forderung der Operationalisierung mentaler Begriffe & Behauptungen

Annahme intervenierender Variablen und hypothetischer Konstrukte; Organismus als das Insgesamt hyp. Konstrukte und intervenierender Variablen

Materialistischer Monismus

Antimentalismus

Methode: objektive Reiz-Reaktions-Kovariationen mit dem Ziel, tierisches und menschliches Verhalten möglichst genau und umfassend zu analysieren. („Rattenpsychologie“)

S-R-Schema S-O-R-Schema (Woodworth)

Klass. Konditionierung (Reizsubstitutionslernen) Typ-S-Konditionierung Pawlow, russ. Reflexologie

oper. Konditionieren (Reaktionslernen) Typ-R-Konditionierung Skinner

Pawlow (Hund Watson (Little Albert, radikale erzieherische Botschaft/Erziehungs- Determinismus) Guthrie (Kontiguität) Lashley

Skinner (Skinner-Box; Walden Two, Programmierte Unterweisung, token economy

Tolman (cognitive map, Zeichen-Gestalt-Theorie, molarer Behaviorismus, Purposivismus) Hull & Tolman: Konzept des Ziels/fraktionierte antizipatorische Zielreaktion Miller & Dollard: Frustrations-Aggressions-Theorie Osgood (& Bousfield): representational response

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**Ergänzungen aus SB und Lück:

Belohnend wirkt Verstärkung nur dann, wenn ein entsprechender Triebzustand besteht

⇒ Der Behaviorismus weist eine enge Affinität zu den Triebtheorien auf, ohne

diese allerdings speziell ausformuliert zu haben (zumindest im Klass. Behaviorismus)

Der Behaviorismus teilt mit der Psychoanalyse ein deterministisches Menschenbild, wobei die Annahme der PA ist, dass Verhalten (und Erleben)

determinierende Einflussgrößen aus dem unbewussten Trieb- und Motivgeschehen entstehen, während im Behaviorismus die Determinanten aus den unbewusst kontrollierenden Einflüssen der Umgebung in Form von Reiz-Reaktions-Verhältnissen stammen (⇒ i.d.R automatisches Verhalten).

Kognitive Wende ⇒ erneute Würdigung von Tolmans Theorie

Theorie des sozialen Lernens (Bandura) Soziale Modelle eröffnen für den Beobachter Verhaltensmöglichkeiten: → Soziale Modelle zeigen, wie man sich verhalten kann. → Soziale Modelle machen Normen bewusst. → Soziale Modelle können Normen verändern. → Soziale Modelle zeigen oft entsprechende Ergebnisse auf als Verhaltenskonsequenz.