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14 Dumas: Zusarnrnensetzung der Rlilch Mit dieser zweiten Abhandlnng bescliliesse ich die Unter- suchong uber die Respiration der Friische. Wo es niitliig sein wird , iverde ich bei Gelegenlieit der Untersuchung anderer Thier- classen diese Thiere hin rind tvieder vergleic'nsweise mit in die Beobachtungen ziehen und die Ergebnisse dariiber mittheilen. 11. Zusammensetzung der Milch der Fleischfresser. Von Bwmas. (Compt. rend. T. XXI. p. 707.) Die Milch der Pflanzenfresser schliesst immer, aber in wech- selnden Verhaltnissen , die vier Arten der Grundstoffe ein, welche einen Theil aller ihrer Nahrung ausmachen, das heisst, die eiweiss- artigen Stoffe in der Gestalt des Casei'ns, die fetten Stoffe in der Gestalt der Butter, die znckerartigen Stoffe in der Gestalt des Milchziickers , endlich die verschiedenartigen Salze , welche in allen Geweben und in allen thierischen Flussigkeiten vorkommen. In der Milch der Fleischfresser verschwindet, so vie1 man daruber urtheilen kann, das eine dieser Producte, der Milchzucker; und die Nahrung des jungen Fleischfressers, indem sie auf diese Weise blos die eiweissarligen Stoffe, die fetten und die salzigen Stoffe einschliesst, ist auf die allgemeine Zusammensetzung des Fleisches selhst znriickgefuhrt. Man wird indess nus den folgenden Versnchen sehen , dass, wenn in der That der Milchzucker in der Milch der Fleischfresser nicht entdeckt werden kann, man ohne Zweifel ihn darin wieder- findet, wenn man zu den Nahrungsmitteln derselben Brod fiigt. Ich glaubte, im Interesse der Wissenschaft, versuchen zu miissen, die in den constituirenden Bestandtheilen der Milch und den relntiven Verhiiltnissen vorlronimenden Modificationen zu ver- folgen, indem ich mit der i\lilch eines und desselbenThieres, welches verschiedenen Arten der Erniihrung unterworfeii wurde, welche es abwechselnd den Fflanzen - oder Fleischfressern niiherte, ope-

Zusammensetzung der Milch der Fleischfresser

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14 D u m a s : Z u s a r n r n e n s e t z u n g d e r R l i l c h

Mit dieser zweiten Abhandlnng bescliliesse ich die Unter- suchong uber die Respiration der Friische. Wo es niitliig sein wird , iverde ich bei Gelegenlieit der Untersuchung anderer Thier- classen diese Thiere hin rind tvieder vergleic'nsweise mit in die Beobachtungen ziehen und die Ergebnisse dariiber mittheilen.

11. Zusammensetzung der Milch der Fleischfresser.

Von B w m a s .

(Compt. rend. T. X X I . p . 707.)

Die Milch der Pflanzenfresser schliesst immer, aber in wech- selnden Verhaltnissen , die vier Arten der Grundstoffe ein, welche einen Theil aller ihrer Nahrung ausmachen, das heisst, die eiweiss- artigen Stoffe in der Gestalt des Casei'ns, die fetten Stoffe in der Gestalt der Butter, die znckerartigen Stoffe in der Gestalt des Milchziickers , endlich die verschiedenartigen Salze , welche in allen Geweben und in allen thierischen Flussigkeiten vorkommen.

In der Milch der Fleischfresser verschwindet, so vie1 man daruber urtheilen kann, das eine dieser Producte, der Milchzucker; und die Nahrung des jungen Fleischfressers, indem sie auf diese Weise blos die eiweissarligen Stoffe, die fetten und die salzigen Stoffe einschliesst, ist auf die allgemeine Zusammensetzung des Fleisches selhst znriickgefuhrt.

Man wird indess nus den folgenden Versnchen sehen , dass, wenn in der That der Milchzucker in der Milch der Fleischfresser nicht entdeckt werden k a n n , man ohne Zweifel i h n darin wieder- findet, wenn man zu den Nahrungsmitteln derselben Brod fiigt.

Ich glaubte, im Interesse der Wissenschaft, versuchen zu miissen, die in den constituirenden Bestandtheilen der Milch und den relntiven Verhiiltnissen vorlronimenden Modificationen zu ver- folgen, indem ich mit der i\lilch eines und desselbenThieres, welches verschiedenen Arten der Erniihrung unterworfeii wurde, welche es abwechselnd den Fflanzen - oder Fleischfressern niiherte, ope-

d e r F l e i s c h f r e s s e r . 15

rirte. Die Versuche, welche ich mit Schweinen machte, blieben ohne Erfolg. Die Milchsecretion konnte weder durch Melken, noch durch Saugen mit Hulfe von Luftpumpen bestimmt werden. Man erhiilt Blut, ohne Milch zu gewinnen. Ich entschied mich in Folge dessen, mit Hunden zu operiren, welche sich zu dieser Art von Experimenten sehr gut eignen.

Die Methoden der Analyse waren bis auf IVeniges bei den verschiedenen Prohen dieselben. Jedoch erkannte ich bald, dass, wenn man die Abdampfung der Milch im Wasserbade und an freier Luft vornimnit , man stets die Farbung der extractiven Stoffe ver- anlasst ; die Verdampfung muss demnach in der Kiilte iiber Schwe- felsiiure im leeren Raume vorgenommen werden.

Die ausgetrocknete Milch wurde mit kochendem Aether bis zur Auflosung des fetten Stoffes behandelt; die atherische Solution wurde in einer tarirten Schale eingedampft , welche am Rande vergoldet war, um das Hinaufsteigen ihres Inhaltes z u verhindern ; sie gab die Menge der Butter. Der Ruckstand, mit durch einige Tropfen Essigsiinre gesauertem kochendem Wasser ausgezogen, giebt an dieses den Extractivstoff, den Zucker, wenn etwas davon vorhanden war, die Salze, oder einen Theil derselben, a b ; die Menge dieser verschiedenen Bestandtheile kann durch Abdampfen zur Trockne der wassrigen Losung bestimmt werden.

Wenn der Zucker in der Milch reichlich vorhanden ist, so krystallisirt e r mitten in der gummigen, in Wasser loslichen Sub- stanz, und man kann ihn durch Pressen zwischen doppeltem, etwas befeuchtetem Fliesspapier absondern. 1st die Menge desselben gering, so trennt man ihn besser durch Behandeln des gummigen Extractes mit einer kleinen Menge kalten Alkohols und Wiederauf- nehmen des Ruckstandes in Wasser, urn ihn krystallisiren zu lassen, nachdeni die phosphorsauren Kalksalze getrennt worden sind; jedoch lost der Alkohol bei diesem Verfahren stets ein wenig Zucker.

Der mit Aether und gesiiuertem Wasser behandelte Riick- stand ist Casein, welches oft noch eine gewisse Nenge unlosliche Salze enthalt.

Wenn man nur die Gegenwart oder Abwesenheit des Zuckers feststellen wollte, so beschriinkte man sich darauf, die siedende Milch durch einige Tropfen Easigslure zu coaguliren und den Zucker in der filtrirten und fast zur Trockne eingedampften Fliis-

16 D u m a s : 2 u sa m m e n s e t zu n g dc r ill i I c h

sigkeit zu suclien. Das Extract, welches lange Zeit gummig bleibt, gab in mehreren F d l e n Iirystalle; es ist angemessen, diese Abdampfung in der Kilte und im luftleeren trocknen Raume aus- zufiihren.

ICfilch der Hiindin I. Diese Milch kam von einer Hiindin von starkem Bau, welche

ZII Alfort unter der Aufsicht des Professor D e l a f o n d einer strengen Wartung unterworfen wurde. Die erste Probe wurde nach ihrer Ankunft zu Alfort genommen; man nimmt an , dass dieselbe eine gemischte Nahrung von Brod , Fleisch , Knochen und Fet t erhalten habe.

Baum auf Papier sauer reagirende Milch Riickstand der Abdampfung im Wasserbade 45,000 - In Aether losliche Butter 16,225 - Extractivstoff und losliche SaIze 4,302. - Kase und Salze 18,750 -

129,920 Grm.

0,671 Grm. des Extractivstoffes gaben 0,145 weisser Asche ; 1,419 Kase hinterliessen 0,067 Asche, woraus man herleitet:

Wasser 69,s Butter 12,4

Kase 13,6 . losliche Salze 0,71 unlosliclie Salze 0,77

Auf 100 Th.

Extractivstoff 2,5

____ 99,78.

Die Hiindin wurde funfzehn Tage lang mit Pferdefleisch pe- fiittert; sie gab eine Milch, welche enthielt:

Frische Milch 138,32 Grm. Riickstand der V.erdilmpfung irn Wasserbade 32,70 - krystallinische Butter , fliissiger als die

vorhergehende 10,082 - Kase und unlosliche Salze 16,230 - Extractivstoff und losliche Salze 5,320 -

d e r F 1 e i s ch f r e ss e r. 17

In 100 Theilen. Wasser 77,14

Kase 11,15

losliche Salze 0,45 unlosliche Salze 0,57

Butter 7,352

Extractivstoff 3,39

100,oo. Man konnte diese Hundin nicht erhalten, um ihre Nahrung

zu verandern ; aber die Analyse der Milch nach der animalischeii Nahrung fiihrte zu dem Schlosse, dass dieselbe keinen Milchzucker enbhalte, wenigstens wurde keiner erhalten , selbst als die Proben mehrere Monate in einem seiner Krystallisation giinstigen Zn- stande erhalten wurden.

Die Milch dieser, so wie der folgenden Hiindinnen zeigte iibrigens eine merkwiirdige Eigenthiimlichkeit ; sie wird zu einem dicken Brei, wenn man sie erwiirmt, aber sie verliert diese Eigen- schafr, wenn man sie mit Wasser verdiinnt.

Es wurde das Auffinden von Butterslure in der Milch dieser Hiindin, welche von Fleischnahrung herriihrte, versucht. Nicht die geringste Spur konnte entdeckt werden.

Milch der Hiindirb II. Die Milch einer zweiten Hundin, welche vierzehn Tage hin-

durcli zu Alfort mit Pferdefleisch gefiittert worden war , enthielt : Wasser 74,74 Butter 5,15 extractive Stoffe und Salze 4,13 Kiise und Salze 15,85.

Dieselbe Hundin, funfzehn Tage mit in fetter Fleischbriihe geweichtem Rrod genahrt, gab eine Milch, welche nach der Ana- lyse enthielt :

Wasser 81,lO

extractive Stoffe und S a k e 4,40 Kase 11,39.

Der Extractivstoff, von der Milch selbst abgeschieden, gab einige Krystalle, welche den Charakter des Milchzuckers besassen.

Butter 3,89

2 Journ. f. prakt. Cbemie. XXXVII. 1.

18 D urn a s : Z u s ain 111 C I I S e t z II 11 g d c r R I i I c h

Nacli Verlauf von vierzehn Tagen, bei derselben Nnliriing von Brod nntl fetter Bouillon, entliielt die Milch der Hiindin :

Wasser 75,90 Butter 6 3 4 Kase 12,17 extractive S t o r e , Xilch-

zucker und Salze 5,04. Auch diessmal gab der Extractivstoff Krystalle, welche, ange-

niessen gereinigt , alle Eigenschaften des Milchzuckers zeigten. E s wurde genug davon gesammelt, um seine Natur zu constntiren. Die Analyse wurde folgendermaassen ausgefiihrt.

Die Milch wurde im luftleeren Raume zur Trockne verdampft und mit siedendem Aether ausgezogen. Der Riickstand, mit durch Essigszure angessuertem Wasser aufgenommen, gab den Ex- tractivstoff. Dieser war wenig gefirbt und setzte Krystalle ah, nachdem er einen oder zwei Tage klebrig geblieben war. Urn ihn yon einer reichen Menge Salze zu befreien, wurde e r mit miissig starkem siedendem Alkohol behandelt , welcher den Ex- tractivstoff und eine rnerkliche Quantitiit Zucker liiste. Der Ruck- stand, his zur gummigen Consistenz abgedampft, gab nach Ver- lauf einiger Tage einen Haufen Krystalle , welche, nachdem sie durch einfaches Pressen zwischen Fliesspapier von den gummigen Stoffen befreit worden waren, den Charakter des Milchzuckers darboten ; es war genug , um die Elementaranalyse zu machen.

0,05 Grm. gaben 0,001Asche ; 0,220 Grm. gaben 0,137 Wasser u n d 0,306 Kohlensiiure, woraus : Milchzucker (Rechnung).

Kohlenstoff 39,O 40,O Wasserstoff 636 636 Sauerstoff 54,4 55,4

100,o 100,o. Diess Resultat, in Uebereinstimmung mit den Eigenschaften

des Productes, zeigt eine liinreichende Genauigkeit, uni die Ge- genwart des Milchzuckers zu bestiitigen, wenn man die geringe Dllenge beriicksichtigt , welche zur Analyse verwandt wurde.

Die Vergleichung dieser drei Analysen zeigt , dass die Rlenge des Kases geringer wird, wenn man Brodnahrung der Fleiscli- nahriing folgen Ilsst. Der Milchzucker , welcher nicht nachge- wiesen werden konnte, als die Hiindin unter der Zahl ihrer Nah-

d e r F 1 e i s c l i f re s s er. 19

rungsmittel kein Melil erhielt, erschien im Gegentheil sehr deut. lich, als starkemehlartige Bestandtheile in ihrer Nahrung vor- walteten.

Diese Versuche erschienen mir nichts desto weniger nicht genaii genug, om auf das Bestimmteste die Meinung zu widerlegen, dass die eiweissartigen Stoffe unter dem Einflusse der Verdauung in ziickerige Korper iibergehen konnten. In der That sind die Analysen nicht unter vollig gleichen Bedingungen gernacht wor- den. Die Abdarnpfung des Extractivstoffes welche einige Male im Wasserbade und an freier Luft geschah konnte eine gewisse, unter andern durch die dnnlrle Farbung dieses Extracts angezeigte Veriinderung veranlassen. Bei dem reichlichen Vorkornmen dieses Extracts in der Milch ist es schwer, darin die Gegenwdrt kleiner Mengen Zucker zu entdecken. Endlich konnte dieser Stoff hei der Beruhrung mit der stickstoffhaltigen Substanz durch eine wirkliche Giihrung verschwinden.

Um diese Zweifel, welche die Versuche bei mir erhoben hatten, zu beseitigen, habe ich eine neue Reihe derselben unter- nomtnen.

Mdch der Hiindiii III. I. Das dritte Thier, mit welchem ich operirte, wurde in der

Menagerie des Museums ernahrt ; zuerst sechs Tage hindurch mit Brod. Es gab eine ausserordentlich dicke Milch , wie die vorher- gehenden Proben ; wenn man sie erwarmte, verwandelte sie sich fast sogleich in eiiren dicken Brei, jedoch gerann sie nicht, wenn man sie reichlich mit W-asser verdiinnte, was die Moglichkeit der Anwesenheit des Albumins aussc!lliesst. In dem Augenbliclie, wo die Milch aus den Zitzen fliesst , ist sie gegen Papier neutral, aber in Beriihrung rnit Luft nimmt sie sogleich eine saure Re- action an.

Diese Milch lieferte 152 Grm. cines im luftleeren Raume ge- trocltneten Riickstandes IUS welchem siedender Aether 43,65 Grrn. Bntter auszop. Die kasige, i n Aether unliisliche Masse wurde init absolutem Alliohol in der K d t e behandelt, urn den Exlractivstoff wegzunehmen , oline den Milchzucker zii liisen. Jlan erhielt 3,055 Grm. in wasserfreiem Allrohol loslichen Extrac- tivstoff.

Der Ruckstand, mit durch Essigsiiure gesiiuertem kochendem Wasser behandelt, gnb beim Abdamplen eine gurnrnige Masse,

2*

20 D u m a s : Z u s a n i m e n s e t z u n g d e r M i l c h

welclie eine sehr kleine Menge einer krystallinischen Substanz einh hllte.

Die gummige Masse, behandelt rnit Alkohol von 36 Grad, hin- terliess eine weisse Materie, welche auf Platinblech nicht schmolz, den Geruch nach verbranntem Brode ausstiess , eine schwer verbrenrrliche h h l e und Salze gab. Dieser Stoff er- fordert eine betrichtliche Menge siedendes Wasser zur Aufliisung ; die Bemiihungen, ein krystallinisches Product daraus darzustellen, waren vergebens. Der extractutige StoB, ahnlich dem Fleisch- extract, scliien jedoch nicht in diesem Korper vorzuwalten.

Wenn der Milchzucker in der Milch vorkommen sollte, so ist diess wenigstens in einem Zustande, wobei man ihn nicht in Iirystallen ausziehen kann; die Erniihrung mit Brod hatte viel- leicht zu kurzeZeit gedauert. Wie dem auch sei, die Analyse zeigt die Gegenwart einer Substanz, welclie die Eigenschafteri der stick- stofffreien neutralen Materien besitzt. Der Milchzucker h d e t sich vielleicht darin mit irpend einer Substanz qemischt , von welcher e r sich nicht abscheidet , aus Mangel zu seiner Krystalli- sation giinstiger Umstiinde.

11. Dieselbe Miindin, fiinf Tage lang einer Fleischnahrung unterworfen, gab 53,45 Grm. Milch, welche, in1 luftleeren Raume abgedampft , 14,8 Grm. trocknen Riickstand gaben.

Dieser Versuch wurde mit Entdeckung eines wunderlichen Unstandes begonnen, welcher geeignet war , Zweifel gegen die Schliisse zu erheben, welche aus den bisher gezogenen Resultaten gewonnen worden waren.

Die Excremente dieser Hiindin enthielten Heu, das Tliier hatte seine Streu benagt.

Die verschiedenen festen Besbndtheile der Milch wurden uuter diesen Umstiinden nicht bestimmt; aber es schien mir, dass der von dieser Milch herliommende Extractivstoff Anzeigen eines krystallinischen Kiirpers darbot.

111. Dieselbe Hiindin wurde von Neuem fiinf Tage lang unter meinen -4ugen und im Garten meines Laboratorioms mit Fleiscli geniihrt; sie war angekettet, wie friiher; das Lager von Stroh war durcli ein wollenes ersetzt.

Man erhielt 83,45 Grm. Milch, welche 20,95 trockne Mnterie durch Abdampfen im trocknen , luftleeren Raume hinterliess.

Aether zog 2,755 Grm. Butter aus.

d e P F l e i s c h f r e s s e r . 21

Der ICiise uiid die unlijslichen Salze wogen 10,320 Grm. l)er Extractivstoff und die loslichen Salze wurden niclit bestimmt, aber aufmerksamen Versuchen unterworfen , um mit Bestimmtheit den Milchzucker zu ermitteln. Die von Butter befreite Masse wmde mit gesauertem Wasser behandelt und die Fliissigkeit his zur Consistenz eines Extractes abgedampft. Es krystallisirte, selbst nach hinreichend langer Zeit , nichts.

Milch der Eiindirh IV. Die vierte Hiindin, welche zum Versuch gebrauclit wurde,

war von kleiner Statur und hatte leider schon langere Zeit ge- saugt, was nicht erlaubte die Milch zweimal hinter einander hei veranderter Nahrung ZII sammeln. Auch war die Menge, welche sie geben konnte, sehr gering. Diese Hiindin wurde zu Alfort ernahrt.

Nachdem sie acht Tage ruit Pferdefleisch gefiittert war, gab sie 31,5 Grm. Milch. Die getrocknete Masse wurde nicht ge- wogen; sie enthielt:

Kiise und rinlosliche Salze 3,065 Grm. Butter 3,275 -

Es war mir unmoglich, im gummigen Extract, welches auf ahnliche Weise erhalten worden war , die Gegenwart von Milch- zucker zu entdecken.

Der Versuch konnte nicht fortgesetzt werden, denn die Hiindin gab keine Milch mehr. Man hatte yon dieser in 100 Milch :

Kiise l l , o Butter 10,4.

Milch der Hiindin V . Der Versuch, dessen Resultate hier folgen, wurde Init der

Milch einer sehr kriftigen Hiindin gemacht, welche zu Alfort er- nahrt wurde. Dieses Luxusthier , welclies zuerst eine Fleiscli- nelirung mit Ausschluss aller stiirkemehlartigen Stoffe erhielt, erlitt diese Behandlung nicht lange, weil man die Folgen fiirclltete. Sie erhielt ein wenig Brod bei ihrer Nahrung und gab nach sechs Tagen fast 9 Litre Milch. Eine Portion dieser Milch wurde ZU-

riickgesetzt, urn die quantitative Analyse zu machen. Die griissere Menge diente zum ausschliesslichen Aufsuclien des Milchzuckers. Es wurde folgendermaassen verfahren.

22 D u m a s : Z u s a m m e n s e t z u u g d e r M i l c h

Die siedende Milch w i d e durcli einige Tropfen Essigssure coagulirt. Die siedende Flussigkeit wurde filtrirt ; der Kiise und die Batterkiigelchen blieben aof dem Filter. Die liltrirte Fliissig- keit wurde im trocktien luftleeren Raume zur Extractstiirke ver- dampft; es entstanden sehr bald Krystalle darin, deren D'Ienge sich nach und nach vermehrte; nach Verlauf einiger Tage war Alles eine Masse geworden. Diese Masse wurde mit gewiilinlichem siedendern Alkohol i n genau hinreichender Menge, urn dadurch eine in der WIrrne gesiittigte Solution zu erhalten, behandelt. Darauf wurde sie mit kaltem Wasser ausgezogen, urn die loslichen Salze wegzunehmen; der Riickstand, in siedendem Wasser aufge- nornrnen, gab eine Fliissigkeit , welche, zur gummigen Consistenz abgedampft, nach vierundzwanzig Stunden sehr reichlich Krystalle eines StoITes ausschied , welcher alle Charaktere des reinen Milch- zuckers besass. Die andern Extracte gaben gleichfalls Krystalle von Milchzncker , welche mehr oder weiiiger mit gummigem Stoff verunreinigt waren; dieser letztere war iibrigens nur sehr rnassig vnrhanden.

Der krystallisirte und gereinigte Milchzucker wurde der Ann- lyse unterworfen :

0,06 Grrn. gaben 0,002 Grm. Asche; 0,300 Grrn. = 0,2925 wirklicher Stoff gaben 0,175 Grrn. Wasser uncl 0,424 Kohlen- siiure ; hieraus folgt :

Gefunden. Berechnet. Kohlenstoff 39,8 40,O Wasserstoff 6,6 f-46 Gauerstoff 53,6 53,k

Das Vorhandensein yon Milchzucker in der Milch dieser Hiindin ist demnach erne festgestellte Thatsache.

54,15 Grm. dieser Milch gaben 14,450 im luftleeren Raunie getrockneten Riickstand, 4,375 krystallinische Butter und 2,3 Extractivstoff, Milchzucker u n d lijsliche Salze *).

*) Diese 2,3 Extractivstoff, Milchzucker und liisliche Salze zeigten mir eine besondere Eigenschaft. Mit siedendem dlkohol behnndelt, trnten sie an denselben eine' kleine Menge eines Stoffes a b , welcher bei der Ver- dnmpfung in sirui)nrligem Zustande zuriickblieb. Durch Zusatz von concen- tr ir ter Salpetersiiure verwandelte sich derselbe in perlrnutteriihnliche Kry- stalle , welche dem salpetersauren Marnstoff sehr iihnlich waren. lntlessen schien mir der Kiirper duch vom Harnstoffe verschieden ; seine geringe Menge erlauhte mir nicbt, ihn einem griindlichern Studium zu uuterwerfen.

Vergeblieh habe ich ihn in der Kuhmilch gesucht.

d e r E ' l e i s c l i f r c s s e r . 23

Es ergiebt sich daraus: Wasser 73,4 Butter 779 Extractivstoff und Salze 4,2 Kiise 14,5.

Der Kuse der Hiindin. Da die Milch der Hiindin blos durch Wiirme sich freiwillig

coagulirt, so wiinschte ich zu erfaliren, ob ihr Kiise dieselbe Zu- sammensetzung besitze wie der der Kuh. Folgende zwei Ana- lysen werden ihre Gleichlieit zeigen.

Kase der Hundemilch , bei Fleischnahrung. 1. 0,QOGrm. gereinigtes Casei'n hinterliessen keinebsche; 0,620

Grm. bei 140" getrocknetes Casei'n gaben 1,205 Kohlenssure und 0,398 Wasser; 0,617 Grm. Casei'n gaben 81 Cb.C. Gas bei 10" und 753,7 Mm. Es enthielt 3 Cb.C. Stickoxyd, weswegen der Stickstoff betriig: 79,5 bei 10 Grad und 753,7 Mm. Dasselbe Casein , von Me I s e n s mit der grossten Sorgfalt analysirt, gab 16,5 Stickstoff.

Kohlenstoff 53,O

Stickstoff 16,5 Sauerstoff 23,4

Es ergiebt sich daraus:

Wasserstoff 771

100,o.

Kase der Milch der mit Brad ernahrten Hiiudiib. 11. 0,426 Grm. hinterliesseri 0,008 Grm. Asche; 0,371 Grin.

gaben 0,231 Wnsser rind 0,714 Kohlensiirire; 0,430 gaben 60,5 Cub.C. Stickstoff bci 11 Grad und 761,5 Blm. Es ergiebt sich daraus:

Kohlenstoff 53,7

Stickstoff 16,6 Sauerstoff 22,5

Wasserstoff 7,2

1OO)O.

Scldiisse. Berechtigen die Versuche, welche ich berichtet habe, auf eine

bestininite Weise zu der Annahme, dass die Bilduiig von Milch-

24 D u m a s : M i l c h d e r F l e i s c h f r e s s e r .

zucker unmoglich sei, wenn die eingefuhrten Nahrungsmittel kein Starkemehl enthalten? Ohne Zweifel nein, denn wenn schon ich unter diesen Bedingungen den Milchzucker bei den Analysen nie- mals erhielt , so sind doch die Yersuche, welche die absolute Ab- wesenheit des Zuckers beweisen sollen, sehr schwierig. In dieser Arbeit wurden die angewandten Methoden einige Male verandert, unter andern wurden die Versuche nicht iminer mit gleichen Mengen gemacht. Ich habe mir vorgesetzt, besonders eine Reihe yon Versuchen mit der Rucksicht auszufuhren, dass dabei unter gleichen Bedingungen gearbeitet werde.

Fur den Augenblick kann man mit Sicherheit dennoch schliessen , dass die Milch der Hiindin Milchzucker enthalten kann, welcher dem der Pflanzenfresser vollig gleicht, wenn schon immer nur in sehr kleiner Menge. Die Gegenwart von Zucker scheint mit der Gegenwart van Brod in der Nahriing zusammenzuhangen.

Die Nahrung mit reinem Fleisch giebt eine Milch, in welcher die Analyse bis jetzt keinen Milchzucker zu entdecken vermochte.

Wenn diese Resultate durch neue Versuche .bestatigt sind, wird man einen wesentlichen Unterschied in den Bestandtheileq der Milch eines weiblichen Pflanzenfressers zu erkennen ver- mogen, wenn derselbe ungeniigend genahrt wird, ein Umstand, wo sich dieselbe der Milch des Fleischfressers nahert , weil e r da Stoffe seiner Milch von seinem Blute oder seinen eignen Geweben entlehnt.

Meine Versuche habeu auf unzweideutige Weise dargethan, dass dcr Kase der Hundemilch dieselbe Zusammensetzung besitzt wie der der Pflanzenfresser. Indessen verdickt sich die Hunde- milch freiwillig in der Warme, wahrend die Kuhniilch die Wirkung einer S u r e verlangt. Man erinnere sich, dass die Frauenmilch sich weder durch Wtjrme, noch durch SIrrren coagulirt *), wenn man nicht eine reichliche Menge Alkohol hinzufiigt. Ich habe schon gezeigt , dass die Frauenrnilch dennoch dieselbe Zusammen- setzung besitze wie die vorhergehenden.

_ _ _ _ Indem ich die Nilch studirte, glaube ich mit Evidenz dasVor-

handerisein einer kiisigen Membran rings urn die Butterkiigelclien erkannt zu haben.

*) Das Colostrum der Franen dnrch Erhitzen noch nach den ersten drei Tagen. M.

B o u s s i n g a u l t : C o n s t i t u t i o n dcs H a r n s etc. 25

111 der That, wenn man die Milch mit reinem Aether schiiltelt, so trennen sich die anfangs gemischten Fliissigkeiten durch Ruhe, und die Milch beh3lt ihr Ansehen, wahrend der Aether nichts Er- hebliches in Losung erhalt. Fiigt man aber Essigsaure zur Milch und siedet sie auf , so geniigt es , sie nachher mit Aether zu schiit- teln, um ihr die gesammte Butter zu entziehen. In diesem Falle ist die sich absetzende Milch nicht mehr opalisirend.

Wenn man unter anderm Kochsalz his zur Sattigung in Milch lost, so giebt die Filtration dieser Fliissigkeit ein vollig helles Serum, welches den ganzen loslichen Ka den Milchzucker und die Salze enthalt. Die Milchbiigelchen bleiben auf dem Filter. Aber trotz lange fortgesetzter Waschungen mit Salzwasser fand ich stets einen kasigen Stoff, welcher mit der Butter dieser Kii- gelchen verbunden und folglich unloslich in gesalzenem Wasser war. Es ist sicher, dass die Einfiihrung dieses Verfahrens in die Analyse der Milch ihr kiinftig mehr Sicherheit und Regelmassig- keit geben wird.

III. Constitution des Hans der pflanzenfressenden

Thier e. Von

BoussZngauZt.

Die Thatsachen, welche ich, indem ich mich dieser Arbeit uii-

terzog , beobachtete, scheinen mir fur Chemiker und Physiologen von Interesse zu sein; sie erweitern unsere Benntnisse iiber den Harn der Pflanzenfresser.

Die Untersiichungen beziehen sich auf unmittelbar entlassenen Ham.

I. Harn vorn Schwein. Bei der Untersuchung der Respiration des Schweins fand ich

Veranlassung, eine Analyse des Hams zu unternehmen. Das Thier, dessen Harn untersucht wurde, hatte keine andere Nahrung als in schwachem Salzwasser gekochte Kartoffeln bekommen ; der Harn