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ZWECKORIENTIERTES DESIGN FÜR ELEKTROAUTOS BILD © Daimler ENTWICKLUNG REPORT 184

Zweckorientiertes Design für Elektroautos

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Page 1: Zweckorientiertes Design für Elektroautos

ZWECKORIENTIERTES DESIGN FÜR ELEKTROAUTOS

BILD © Daimler

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FORTSCHRITTLICHES DESIGN

Bereitwillig zugeben wird es kaum einer der Individualisten unter den Automobil-designern. Doch schlussendlich müssen sie ihre fortschrittlichen Ideen grund le gen-den Funktionen eines Fahrzeugs un ter ord-nen. „Form follows function“, lautet die Geißel der Kreativen. Wie eng das Korsett geschnürt werden kann, zeigt anschaulich die Gestaltung des Front designs an Fahr-zeugen mit herkömmlichem Antrieb. Weil jedes Automobil mit Verbrennungsmotor ausreichend Luft zum Kühlen be nötigt, muss es mit einem mehr oder weniger großen Kühlergrill versehen werden.

Auch wenn dieser heute als ein we-sentliches Element der Differenzierung dient. Mit der Einführung der Elektro-mobilität wird dieses Relikt vermutlich über kurz oder lang verschwinden. Wel-che Entwicklungsstufen dann folgen, darüber wird in Expertenkreisen gestrit-ten. Zwar werden immer wieder Fahr-zeugstudien rein elektrisch angetriebe-ner Autos enthüllt. Doch ist es vorran-giges Ziel, mit den futuristischen Kon-zeptfahrzeugen die Wirkung auf die öffentliche Wahrnehmung zu testen.

Eine wichtige Strategie, um an die Elektromobilität heranzuführen. Denn ein Scheitern wäre möglich, glaubt man Christian Jurke, Chefstratege der welt-weit agierenden Agentur Designaffairs. Wenn ein Elektromobil „so aussehen soll wie eine fünftürige Stufenhecklimousine für die viereinhalbköpfige Familie auf dem Weg in den Urlaub an der Ostsee oder in die Shopping Mall, dann wird es gegen keinen Diesel dieser Welt anstin-ken können, keine Zukunft haben“.

DIE VERANTWORTUNG DER DESIGNER

Das ist eine klare Ansage eines Designers, der bereits für BMW und Porsche gearbei-

tet hat. Der von ihm geäußerten Kritik fol-gen in logischer Konsequenz kritische Fra-gen, die von der Automobilbranche beant-wortet werden müssen: Wie groß ist die Verantwortung der Kreativen am Erfolg der Elektromobilität und scheitert sie wo-möglich am Design der Fahrzeuge – etwa am Conversion Design? Oft werden her-kömmliche Fahrzeuge einfach nur mit E-Motor und Batterie aufgerüstet. „Der vollkommen falsche Weg“, behaupten Kritiker. Sie sprechen dieser Vorgehens-weise die Chance ab, die Elektromobilität zum Erfolg zu führen. Vor allem die limi tierte Reichweite ließe sich dadurch nicht beheben.

Das Purpose Design gilt daher als bes-sere Alternative. Gemeinsam mit den Konstrukteuren konzentrieren sich die Designer dabei vor allem auf die Punkte Leichtbau, Luftwiderstand und Energie-effizienz. Der Fahrzeugbauraum wird bewusst auf die Anforderungen eines BEV (Battery Electric Vehicle) oder PHEV (Plug-in Hybrid Electric Vehicle) zuge-schnitten. Als gelungenes Beispiel nennen sie das Sim-Lei-Elektroauto, das mit einer Batterieladung 330 km weit kommt – laut Hersteller, der Sim Drive Corporation aus Japan. Dahinter stehen 34 in- und aus-ländische Unternehmen. Mithilfe der Keio Universität in Tokio arbeiten sie an den Vorbereitungen für die Massen-produktion des Elektroautos.

PURPOSE DESIGN ODER PURPOSE-KONSTRUKTION?

Der Wagen, der innerhalb der kommen-den zwei Jahre in die Serienproduktion gehen soll, zeigt sich allerdings mit besonderer Optik. Ohne Kühlergrill, mit einer halbkugelförmigen Motorhaube und einer auf den cw-Wert optimierten, gestreckten Karosserie. Für die Aerody-namik wurden selbst die hinteren Reifen nahezu bis zur Hälfte abgedeckt. Doch

Von der Elektromobilität erhofften sich Designer neue Freiheiten. Doch

viele sind enttäuscht. Hin- und hergerissen zwischen Conversion und Purpose

Design entstehen Entwürfe von charakterlos bis radikal. Und so bewegen sich

gerade in der Phase der Markteinführung die Autohersteller auf schmalem

Grat. Denn welches Design wird die Mobilitätswende finanzieren? Dabei gibt

es bereits ein Tool, um den Erfolg eines Designs zu messen.

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Das Sim-Lei-Elektroauto kommt mit nur einer Batterieladung mehr als 330 km weit (Bild © Sim-Lei)

damit nicht genug. Das Heck weist einen gewöhnungsbedürftigen Überhang auf und endet nach hinten tropfenförmig. Angesichts dieser Form stellt sich die Frage, wie eng Purpose Design gefasst werden und in welchem Maße solch zweckgebundenes Design provozieren darf?

„Wenn die Funktion es nicht erfordert, wird auch kein extravagantes Design notwendig sein“. Mit diesen Worten erklärt uns Walter Maria de’Silva, oberster Designchef des Volkswagen-Konzerns, in aller Kürze seine Philoso-phie beim Gestalten künftiger Elektro-autos. Für ihn bleibt demnach ein Golf ein Golf – auch wenn er mit einem Elektromotor angetrieben wird. Bei al-lem Fortschritt bei den alternativen An-trieben wird seiner Ansicht nach „das Elektrofahrzeug typisch dasselbe Fahr-

zeug bleiben“, erzählt er im Gespräch mit der ATZ. Er zeigt sich auch davon überzeugt, dass der Kunde auf lieb-gewonnene Eigenschaften nicht verzichten will.

„Alle funktionellen Aspekte des Golfs, der Ergonomie im Innenraum, der Lade-raum oder die entsprechend ergonomi-sche Gestaltung der Sitze: Darauf will der Kunde nicht verzichten“, meint de’Silva. Dennoch glaubt er, dass gewisse Design-elemente zur Differenzierung nötig sind. „Wir arbeiten bereits an einer speziellen Licht- und Farbgestaltung für innen und außen, wie auch an Dekoelementen.“ Die Produktidentifikation steht dabei immer im Vordergrund. Und dennoch: „Ich bin davon überzeugt“, sagt de’Silva, dass „es in Zukunft mehr dem Design und dem Engineering obliegt, eine Ver-änderung herbeizuführen“.

RADIKALES DESIGN ODER KONZEPTIONELLE STÄRKE?

Ob diese Änderungen dann derart radi-kal ausfallen wie beim Elektroauto i8 Concept Spyder, das der bayerische Automobilhersteller BMW als Image-träger aufwendig gestaltet hat, wird sich zeigen. Denn der bisher mutigste Ent-wurf der Wolfsburger war das vor eini-gen Jahren präsentierte Ein-Liter-Auto. Allerdings wurde es seinerzeit mangels gestalterischer Qualität vom Kunden nur als Laborexperiment wahrgenommen. Auf eine größere Akzeptanz hofft Opel mit seiner aktuellen Elektromobilitäts-studie RAKe. Das wagemutige Design der Rüsselsheimer soll bewusst das Anderssein dokumentieren.

Auch wenn das Fahrzeug laut Lutz Fügener „alle ausgetretenen Wege des

BMW i8 Concept Spyder: Man habe bei Null angefangen und eine Formensprache für die Marke BMW i entwickelt (Bild © BMW)

Mit seiner aktuellen Elektromobilitätsstudie RAKe demonstriert Opel bewusst das Anderssein (Bild © Opel)

Das kastenförmige Elektroauto Mia mit den beiden Schiebetüren an den Seiten wird teils kritisch beurteilt (Bild © Andreas Burkert)

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WALTER MARIA DE’SILVA Chef-Designer der Volkswagen Group, Wolfsburg

INTERVIEW: Andreas Burkert

2 FRAGEN AN …ATZ _ Wird es ein spezielles Elektroauto-design geben?DE´SILVA _ Nein. Es werden Elemente, Komponenten und Teile geben, die dar-auf hindeuten. Bei Volkswagen arbeiten wir bereits an einer speziellen Licht- und Farbgestaltung – und zwar für innen und außen. Und ich bin davon über-zeugt, dass der Kunde auf alle funktio-nellen Aspekte, Ergonomie etc. nicht verzichten will.

Gibt es denn zumindest eine Farbe für die Elektromobilität?Es wäre zu einfach, nur Grün zu sagen. Ich glaube, alle Farben wären möglich, wenn sie entsprechend sauber, leicht und durchsichtig verständlich behandelt wer-den – und solange sie nicht aggressiv sind. Das Assoziieren von Elektroantrieb und Umweltfreundlichkeit ist, als wäre man in den Bergen, an einem schönen Tag. Da sehen Sie auch mehrere Farben.

konventionellen Fahrzeugbaus“ verlässt [1]. Für eine junge Kundschaft, „ die in einem Paradigmenwechsel in der Welt des Automobils eher ein Bedürfnis denn eine Bedrohung sehen“, so Fügener, ist dieser Fahrzeugentwurf eine willkom-mene Abwechslung. Fügener ist im Übrigen Leiter des Studiengangs Trans-portation Design an der Hochschule Pforzheim und davon überzeugt, dass beide Prototypen den „Vergleich mit heutigen Automobilen nicht fürchten müssen“.

Ob nun auch die Modellkreationen der RWTH Aachen und der TU Mün-chen am Markt ähnliche Emotionen hervorrufen, darf bezweifelt werden. Die Elektrofahrzeuge der beiden Hoch-schulen, der Streetscooter wie auch der Mute aus München, sind „gekennzeich-net durch eine sehr unterschiedliche Qualität im konzeptionellen wie auch im handwerklichen Design“, so Fügener. Vor allem am Streetscooter der RWTH Aachen zeigt sich, dass es den Ingenieu-ren in erster Linie um die konstruktive Entwicklung ging. Ein Tribut an das Purpose Design. Oder trifft in diesem Zusammenhang der Begriff Purpose-Konstruktion die Sache besser? Ein Designer jedenfalls wurde erst sehr spät konsultiert – die Aachener ver-sprechen nun Nachbesserung. Den Ent-wurf der Münchner hingegen lobt der Pforzheimer Designexperte.

ELEKTROMOBILITÄT: VERNÜNFTIG, ABER AUCH SCHICK?

Wie kontrovers die Diskussion über ein richtungsweisendes Design rein elektrisch angetriebener Fahrzeuge mittlerweile geführt wird, zeigt sich schon an den beiden Fahrzeugkonzep-ten der Hochschulen. Selbst die Fraktion der Befürworter einer uneingeschränk-ten Elektromobilität spaltet sich in zwei Lager. Doch lässt sich die oftmals ableh-nende Haltung allein auf die Purpose-Design-getriebene Entwicklungsleistung zurückführen? Wie verträgt sich ein konsequent auf Leichtbau, Größe und Wendigkeit konzipiertes Fahrzeug mit dem Empfinden für Attraktivität eines Autokäufers? Immerhin bezahlt er heute für Fahrzeuge mit konventionel-lem Antrieb in der Regel wesentlich weniger.

Kritisch beurteilt wird auch die Mia, das kastenförmige Elektroauto von Mia Electric SAS aus dem westfranzösischen Cerizay. Auch wenn dieses nicht einmal 3 m lange urbane Gefährt vom ehema-ligen Volkswagen-Chefdesigner Murat Günak geschaffen wurde, stört sich ein Teil der etablierten Designszene am Aus-sehen. Kantig und mit Schwächen in der Qualität, so lautet die Kritik. Zudem be-kommt man für die 24.000 Euro einen sehr praktischen VW Caddy – mit sieben Sitzen und einem effizienten Diesel-

Rinspeed präsentiert das sehr wandlungsfähige Elektroauto MicroMax (Bild © Rinspeed)

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motor, der mit einer Tankfüllung bis zu 1000 km weit kommt.

Beim Mindset, dem ersten E-Auto-Projekt aus Günaks Feder, gelang es hingegen, ein formschöneres Fahrzeug zu gestalten. Beide Modelle verkörpern die gleiche Philosophie: Reduzierung auf das Notwendigste. Allerdings schien der Preis des Mindsets von annähernd 70.000 Euro nicht vereinbar mit der „Idee der Bezahlbarkeit von Elektro-mobilität“, wie es Günak in einem Inter-view erzählte. Immerhin sollten pro Jahr rund 1000 Stück verkauft werden.

So hat es dieses Model von Günak, der seinen Master of Automotive Design am Londoner Royal College of Art ge-macht hat, nicht weiter gebracht als zum Prototypen-Dasein. Nur der Kas-tenwagen Mia schaffte es im vergan-genen Jahr laut Hersteller mehr als 1000 Mal über die Verkaufstheke. Zu-mindest in Frankreich. In Deutschland kämpft sie auf verlorenem Posten. Viel-leicht erwacht die Kundschaft mit den geplanten Modellen Mia K und Miaparis.

Während Mia K auf etwa 3,19 m ge-streckt wird, soll Miaparis glamouröser ausfallen.

ELEKTROAUTOS ZWECKOPTIMIERT ENTWICKELN

Doch auch wenn Mia an das tradierte Bild „Auto“ anknüpft, Harold Schurz-Preißer, MeDes Industrial Design, kann sich mit dem Entwurf von Günak am besten identifizieren. „In seiner beschei-denen, fast demütigen Art vertritt er eine sehr gefestigte Meinung, die zwar in groben Zügen schon 1992 von Frederic Vester veröffentlicht und damals als gewisse Doktrin für Emobility gehandelt wurde. Das bedeutet, dass Fahrzeuge zweckorientiert und intelligent, vor allem gewichtsreduziert und mit neu-artigen Nutzungskonzepten ausgestattet werden müssen“, lobt er die Mia. Schurz-Preißer hat übrigens in den 1990er-Jahren den Hotzenblitz designt, einen Elektro-kleinwagen, der auch die direkte Inter-aktion mit der Umwelt erlaubte.

Günaks Aspekt, dass die Fahrzeuge vor allem Begleiter des Alltags (oder Diener des Mobilitätswunsches) darstel-len und somit den Status-Charakter auf-heben, gefällt ihm. „Daraus könnte sich eine effiziente Mobilität entwickeln, die vor allem Fortbewegung im sozialen Kontext bedeutet.“ Lassen sich demnach Aspekte wie die der Mitmenschlichkeit und der Naturverbundenheit in das Design der neuen Mobilität integrieren? Und ist das Design für die Umwelt belastend oder entlastend, stimmen Materialwahl, lange Designhaltbarkeit?

Kritisch zur aktuellen Debatte rund um das Erscheinungsbild der Elektro-mobilität äußert sich auch der Sozial-wissenschaftler Stephan Rammler. Er forscht am Institut für Transportation Design (ITD) in Braunschweig. Für ihn ist das von der Automobilindustrie betriebene Conversion Design „kein paradigmatischer Wechsel, kein Denken in umfassenden Systemen“. Ihn stört, dass viele der etablierten Großserien-hersteller das bisherige Auto nicht in

EVOLUTIONSPFAD DER E-MOBILITÄT: VORTEIL FÜR DEN PLUG-IN-HYBRID

EVOLUTION TECHNOLOGIE-SPRUNG

TECHNOLOGIE - WECHSEL

TECHNOLOGISCHE VISION

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Blei-Säure 35-40 Wh/kg

Nickel-Metallhydrid 60-80 Wh/kg

120 Wh/kg

Lithium-Ionen 200 Wh/kg

170 Wh/kg

400-600 Wh/kg

Metall-Luft 1500 Wh/kg

E-Drive

BoostRekuperation

Starten Start-Stopp

Batteriefahrzeug

2010 2012 2017 > 2020 > 2030

Konv. Fahrzeug

Micro- Hybrid

Mild- Hybrid

Full- Hybrid

Plug-in- Hybrid

E-Drive 20-80 kmE-Drive 2 km

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Frage stellen. Der Verbrennungsmotor wird gegen einen Elektromotor getauscht, der Tank gegen eine Batterie.

Er mahnt, dass „Elektroautos, die dem aktuellen Fahrzeug funktional äquivalent nacheifern, womöglich einen so großen ökologischen Rucksack tragen, dass es un-möglich sein wird, diesen Nachteil über den Lebenszyklus wieder aufzuholen“. Denn seiner Ansicht nach darf das Elekt-roauto nicht als Produktinnovation, son-dern „muss als Systeminnovation gedacht werden“. Demnach muss zum einen die Nutzungseffizienz gesteigert werden. Das bedeutet schlussendlich, die konsequente Vernetzung des Verkehrs. Also beispiels-weise das Verknüpfen des öffentlichen Verkehrs mit Car-Sharing-Konzepten. Seine Schlussfolgerung erstaunt: Denn „das Produkt dazu wären sehr hochwer-tige, teure Fahrzeuge, die aber rund um die Uhr bewegt werden und eine hohe Lebensdauer haben“.

RAT DER FORMGEBUNG SCHALTET SICH EIN

Schon dieses Beispiel zeigt die Vielfalt möglicher Designkonzepte. Und es offen-bart die Komplexität, mit der sich Fahr-zeugdesigner – zumindest zu Beginn der Einführung der Elektromobilität – befas-sen müssen. Aus diesem Grund hat sich nun auch der Rat der Formgebung in die Diskussion eingeschaltet. Die Stiftung wurde 1953 auf Initiative des Deutschen Bundestags gegründet und gilt als welt-weit führendes Kompetenzzentrum für Kommunikation im Bereich Design. Mit diesem Anspruch hat der Rat der Form-gebung zum Ende des vergangenen Jahrs einige der bedeutenden Automobil- und Industriedesigner ins Kennedy-Haus nach Frankfurt geladen, um dort über das künftige Design von Elektrofahrzeugen zu diskutieren. Dem Organisator Andrej Kupetz ging es dabei vor allem um die Frage, ob ein gutes Design auch bei der Einführung der Elektromobilität hilft. Er hat dazu die Kreativen gebeten, ihre Vor-stellungen einer modernen Mobilität zu präsentieren. Denn Kupetz ist fest der Ansicht, dass Marke und Design bei der Weiterentwicklung der neuen Technologie eine wesentliche Rolle spielen werden. „Ein gutes Design ist eine wesentliche Voraussetzung für die Zugänglichkeit und Benutzerfreundlichkeit einer Technologie. Dies wiederum ist entscheidend für die Marktakzeptanz“, sagt Kupetz.

GESCHMACK LÄSST SICH MESSEN

Doch eine Antwort auf die Frage nach dem universellen Design gab es an dem Tag nicht. Auch wenn mit dem Leiter der neuen Modellmarke BMW i Design, Jacob Benoit, dem Leiter der Zukunfts-forschung und Trendtransfer der Volks-wagen AG, Wolfgang Müller-Pietralla, und dem Leiter Marketingkommuni-kation und Markenmanagement der Marke smart, Michael Schaller, einige der bekanntesten Automobildesigner unter den Vortragenden waren. Zugegen waren übrigens auch Murat Günak, der für die Marke Mia ins Feld zog, und Christian Jurke, der mit einem neuen Produktentwicklungswerkzeug nach verlässlichen Antworten auf die ent-scheidenden Fragen der Produktent-wicklung sucht.

Er nutzt dazu das Programm Holistic User Experience, um den Einfluss ein-zelner Produktmerkmale auf die „User Experience“ zu ermitteln. Für die Auto-branche hat Jurke 21 Faktoren bestimmt. Darunter Marke, Batterielebensdauer, Interior Design, Sicherheit des Fahrzeugs oder Fahrzeugfarbe. Für eine Messung werden die Merkmale in einem Panel einzeln bewertet und anschließend in einem statistischen Verfahren analysiert. Dieses wurde vom Fachbereich Mathe-matik und Informatik der FU Berlin und dem Institut für Statistik der LMU Mün-chen entwickelt. Ergebnisse erwartet Jurke aber erst in einigen Monaten.

AUSBLICK

Darauf wartet Müller-Pietralla, der das eher konservative Design des E-Up mit der These verteidigt, dass ein Fahrzeug-design nicht zwangsläufig radikal geän-dert werden muss, nur weil ein Auto plötzlich einen Elektromotor als Antrieb hat, ebenso gespannt wie der franzö-sischstämmige Benoit. Der ist anderer Ansicht und glaubt, dass sich „neue Technologien im Design ausdrücken werden und letztlich auch zu einer neuen Optik auf unseren Straßen füh-ren wird“. In diese Diskussion rollt nun die Designstudie MikroMax von Rinspeed, die im März 2013 in Genf gezeigt werden wird.

Mit dem Kleinbus will Frank M. Rinderknecht, Boss der Schweizer Ideen-schmiede, den Kurzstreckenverkehr revolutionieren. Je nach Nutzung gibt

es für das sehr wandlungsfähige Fahr-zeug unterschiedliche Ausstattungs-module – etwa für Handwerker oder für Lieferanten. Der Mensch und sein Handeln stehen im Mittelpunkt der Mobilität. Das Elektroauto ist damit das derzeit aktuellste Beispiel von Purpose Design. Und es kommt den Vorstellun-gen de’Silvas nahe: „Ich stelle mir Autos vor, die innen mehr Raum bieten, aber außen kompakter sind“.

LITERATURHINWEIS[1] Fügener, L.: Elektromobilität Konservativ bis radikal. design report, März 2012

Andreas Burkert

WAS MEINEN WIR DAZU?

„DEM KUNDEN IST DIE ATTRAKTIVITÄT EINES AUTOS EBENSO WICHTIG WIE DIE TECHNIK“

Das iPhone gilt als Musterbeispiel dafür, dass ein Verbraucher für die Attraktivität eines Produkts gerne auch mehr zahlt. Um also die hohen Investitionen der Elektromobilität zu finanzieren, müssen Elektrofahrzeuge vor allem den Geschmack der breiten Masse treffen.

ANDREAS BURKERTATZ-Korrespondent

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