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Beckmann‘ s Die Zeitung der Zeitung Die Zeitung der Zeitung Nummer 22 14. Dezember 2015 30 Cent + Flüchtlinge + Interview + Connichi + Filme + Musik + Bücher + Rätsel + Jahresendzeitausgabe 2015 Jahresendzeitausgabe 2015 Jahresendzeitausgabe 2015 Jahresendzeitausgabe 2015 Jahresendzeitausgabe 2015 zweite Auflage zweite Auflage zweite Auflage zweite Auflage zweite Auflage

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Beckmann‘sD i e Z e i t u n g d e r Z e i t u n gD i e Z e i t u n g d e r Z e i t u n g

Nummer 22 14. Dezember 2015 30 Cent

+ Flüchtlinge + Interview + Connichi + Filme + Musik + Bücher + Rätsel +

Jahresendzeitausgabe 2015

Jahresendzeitausgabe 2015

Jahresendzeitausgabe 2015

Jahresendzeitausgabe 2015

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zweite Auflage

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IN ALTHEditorial + Impressum hierDiagnose: Rechtsskoliose?

3Flüchtlinge: Sterbe im Boot deiner Träume

4Solidaritätsadresse nach Paris

5Aus fremder Feder: CDU und CSU zu links.

6Aus fremder Feder: Flüchtling frohen Mutes.

7Interview: auf eine Tasse ... mit Saida Karioh

8Chinaaustausch Nr. 2

10Wissenschaftstag: Thema Glück

11Der Connichi-Report

12Kurzgeschichte: Wal-Verwandtschaften

14Lesung: Thomas Rosenlöcher

14Buchrezension: Jugend ohne Gott

15Kurzgeschichte: Individuum

15Bücherrummel: Frankfurter Buchmesse 2015

16Buchrezension: Sebastian Fitzeks Amokspiel

16Buchrezension: To Kill a Mockingbird

17Fantasy Filmfest 2015: H. + Excess Flesh

18Filmrezension: Macbeth

19Filmrezension: Jurassic World

21Alessandro Michele designt Gucci

22Ausstellungsprojekt „Unsere Eltern“

23Musikrezension: Muse‘s Drones

24Kreuzworträtsel

27Bunte Ecke + Vermischtes 28

Liebe Leserin, lieber Leser,wir schätzen uns glücklich, Ihnen heute die im Umfang leicht verstärkte zwei-te Auflage vonBeckmann’s vorlegen zu dürfen, um Ihnen als Tee-, Ka-min-, Bett- und Winterferienlektüre ein wenig Kurzweil zu bereiten.Die Redaktion ist natürlich tief getroffen von den Anschlägen in Paris am 13.November, doch klarer Blick und nüchtern urteilender Verstand sind angesagt.Der Öl auf die Wogen gießende Alarmismus, die inf lationärenKriegsklärungen der politischen Eliten – über die ewigen Trittbrettfahrer undBrandstifter von Rechts möchte ich lieber schweigen – sind schon ein starkesStück. Hat die Grande Nation, die Geburtsstätte der universalen Menschenrech-te, der historische Ort der Revolution den jüngst von ihrer Nationalversamm-lung abgesegneten und von der weit überwiegenden Mehrheit der Franzosengutgeheißenen Ausnahmezustand nötig?Wir von Beckmann’s schweigen lieber, ehe uns etwas allzu Bekann-tes, allzu Menschliches über die Lippen kommt. – Wir schreien stattdessen die sosimple wie ausdrucksstarke Zeichnung des Jean Jullien heraus, die mehr sagtals tausend Worte. Die den Erdball bereits zigfach umrundet hat. Die Defai-tisten, Alarmisten und Kriegstreibern aus allen (!) Lagern in die waffenstar-renden Arme fällt. Frieden ist unteilbar.Diese Ausgabe der Beckmann’s pf legt wie gewohnt das weite Spek-trum der Themen und Interessen. Der politische Leitartikel aus Senthans Fe-der – er bricht ganz ungewohnt eine Lanze für die Kanzlerin – ist zwischen-zeitlich eingetroffen. Nachrichten und Berichte aus dem Schulleben und einreichhaltiges Feuilleton runden die vorliegende Ausgabe ab.

Viel Lesefreude mit dieser Nummer wünscht im Namen der RedaktionChristian Bromig

Edi tor ia l

Beckmann‘s ist die Zeitung der Max-Beckmann-Schule

Redaktion und Mitarbeiter an dieser Nummer:Alec de Zilva (11e/az), Carlotta Geiger (13 b/cg), Jenni-fer Haan (13 g/jh), Isabella Herrmann (Ex-MBS/ih), LeifHorns (Ex-MBS/lh),Viktoria Mamedov (12 d/vm), SenthanShanmugalingam (Ex-MBS/ses), Ragna Solterbeck (13 h/rs), Berna Taskan (1d d/bt), Tina Tran (12 d/tt), Chr. Bro-mig (Leitung/cb)

Titelfoto: cb Seitenlayout: cb + ses Teilauflage: 240

Die abgedruckten Artikel geben nicht unbedingt die Meinung derRedaktion wieder.

V.i.S.d.P.: SchulleiterPostadresse: MBS, Sophienstr. 70, 60487 Frankfurt/MainTelefon: 069/212-36964Telefax: 069/212-39724 www.max-beckmann-schule.de

I m p r e s s u m

Rezension des Films „H.“ siehe Seite 12.

Das urspünglich geplante Titelfoto ...

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politikpolitikpolitik

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E s ist schon traurig, wenn ein Mensch zum ersten Mal Rückgrat zeigt und die eigene Partei und ein nicht unbeachtlicher Teil derBevölkerung versuchen dieses vorsätzlich zu brechen. Die Rede ist vonunserer Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ich gebe offen zu, dass ich keinMerkel-Anhänger bin, aber in der Flüchtlingskrise zeigt die Kanzlerinendlich eine logische und rationale Politik – zum ersten Mal, wie ichmeine (siehe NSA-Affäre, Energiewende, AKW-Abschaltung und dievorherige Laufzeitverlängerung eben dieser). Dass sich Merkel striktgegen eine Obergrenze für Flüchtlinge ausspricht, ist durchaus bemer-kenswert. Nicht zuletzt weil empathielose Menschen wie Söder-Mar-kus (der in Bayern noch was bzw. mehr werden will) kaum Stunden nachden Anschlägen von Paris am 13. November in den sozialen Netzwer-ken postulieren müssen: „[…]Paris ändert alles.“Da wären wir auch schon beim Thema: Merkel muss sich derzeit in allepolitischen Richtungen verteidigen: Ob CDU, CSU, SPD, Oppositionund selbst ihre so überaus kompe-tenten, kleinmütigen Minister las-sen durch diverse Äußerungen im-mer wieder erkennen, dass sieMerkels Kurs nicht mittragen wol-len. Auch in der Bevölkerung fin-det Merkel derzeit nicht den größ-ten Zuspruch, ihre Umfragewer-te sinken. Aber wieso? Die Ant-wort ist vielfältig, jedoch der wich-tigste Aspekt ist traurigerweiseder, dass der Großteil der Bevöl-kerung verunsichert ist und Angsthat, und damit sind nicht nur dieSpinner der AfD – kaum zu glauben, dass wir heute Bernd Lucke ver-missen – und PEGIDA gemeint. Vielmehr stammen sie auch aus derMittelschicht, die einfach nicht weiß, wie Merkel die Krise bewältigenwill (aktuell soll die Lösung über/auf die Türkei abgewälzt werden, diedafür von der EU drei Milliarden Euro erhält). Andererseits werdenirrationale Ängste geschürt und Xenophobien (gar nicht mal so sehrder Rassismus, der eher bei den Rechtsextremen und desorientiertenAfDlern und PEGIDA-Anhängern – sagen wir mal – bei Leuten, bei de-nen das Bildungssystem aufs kläglichste versagt hat) gefördert.Schlimm dabei ist, dass zusätzlich zur rechte Stimmungsmache auchPolitiker des „bürgerlichen Lagers“ in aller Öffentlichkeit diese Ängsteund Zweifel befeuern, indem sie offen Kritik gegenüber Merkels Poli-tik äußern, gerade die eigene Regierung. In einer Koalition sollte manin solch einer Lage doch eigentlich zum Staatsoberhaupt stehen. Statt-dessen geben Sigmar – mit mir wird es kein TTIP geben, aber jetzt,nachdem ich machthungriger Obersozi Vizekanzler geworden bin –Gabriel und Biedermann Brandstifter, Verzeihung: Horst Seehofer Aus-sagen von sich, in die denen sie sich für eine Obergrenze in punkto

DiagnoseDiagnoseRechtsskoliose?Rechtsskoliose?

„Flüchtlingswelle“ aussprechen – mit banalsten Argumenten. Natür-lich muss man die Flüchtlingsströme hierzulande irgendwie koordi-nieren und dafür sorgen, dass genug Unterkünfte zur Verfügung ste-hen. Natürlich gibt es auch Kriminielle unter den Flüchtlingen. Aberwill mir jemand sagen, dass jeder blondgeschopfte europäisch ausse-hende Frankfurter kein Krimineller ist?! Das sind alles Menschen. Mehroder weniger gut, haben Familie oder auch nicht. Haben den einen oderden anderen Glauben oder vielleicht sogar gar keinen. Es sind keineFlüchtlinge, sondern in erster Linie Menschen wie wir, die vor Kriegflüchten, der unter anderem mit deutschen Waffen geführt wird. Dan-ke Sigmar Gabriel (nie gab es so viele Waffenexporte!). Das Schlim-me dabei ist, dass gerade die deutsche Geschichte nach dem ZweitenWeltkrieg zeigt, wie schlimm Vertreibung ist. Schade, wie schnell sichso etwas aus dem kollektiven Gedächtnis der Bevölkerung tilgt oder zu-mindest aus der kollektiven Wahrnehmung der „Deutschstämmigen“

hier. Ein weiterer Punkt vieler Leu-te ist, dass sie ihr Land als IHRLand sehen: Seien es jetzt Pediga,AfD oder der normale Bürger.Viele tragen innerlich den Gedan-ken in sich, dass sie ein Recht bzw.ein Privileg auf Deutschland ha-ben, weil sie deutsch seien. Ausdiesen alltäglichen Gedanken kön-nen sich schnell Angst, Rassismusund schlussendlich Hass entwi-ckeln. Man kann es gar nicht oft ge-nug betonen, aber hier muss be-reits in jungen Jahren die ethische

Grundbildung der Menschen, allen voran in der Schule, erfolgen unddarauf geachtet werden, welche Lehrkräfte dafür überhaupt befähigtsind. All das sorgt dafür, dass sich eine Abwärtsspirale des Zweifelnsbildet. Und die Kanzlerin? Steht mitten drin. Wie gesagt, mit einerObergrenze den Flüchtlingszustrom zu deckeln ist in vielerlei Hinsichtabwegig – und das weiß Merkel auch. Wie stellen sich CSU-Chef See-hofer und seine vielen Sympathisanten das bitte vor? Eine Mauer hoch-ziehen? An der Grenze stehen und den Flüchtlingen in Türsteher-Ma-nier sagen:“ Du kommst hier net rein.“? Oder einfach an der Grenzebewaffnete Soldaten positionieren, die auf alles schießen, was rein-will (ach wozu Soldaten bemühen, AfD und Pegida machen das ja fürlau; da wird sich Schäuble mit seiner schwarzen Null freuen) – das hatja auch in der Geschichte bisher gut funktioniert. Höchst besorgniser-regend ist, dass die Befürworter der Obergrenze für Flüchtlinge in denUmfragewerten derzeit massiv zulegen. Schäuble allen voran. Es istwirklich zum Kotzen. Gerade deshalb verteidige ich Merkels Haltung.Dass sie dabei von der Opposition Kontra bekommt, ist weniger tra-gisch, denn schließlich ist es in einer Demokratie deren Aufgabe, die

Auch dafür lieben wir sie! Selfie mit Flüchtling und Kanzlerin.

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ne Heimat verlassen muss und sich auf den ofttödlichen Weg nach Europa macht, werdenweit weg von Afrika in Brüssel gefällt. Einer derGrundsteine für die Flucht und den Tod vonHundertausenden Afrikanern wurde am 17.Dezember 1999 mit der EU-Verordnung „eg.Nr. 104/2000“ des EU-Rates gelegt. Diese sahnach dem EU-Beitritt der drei größten Fisch-fangnationen Europas (Dänemark, Spanien,England) eine EU-weite gemeinsame Organi-sation und Subvention der Fischereiflotten so-wie eine nachhaltige Nutzung der europäi-schen Fischereigründe vor. Im Zuge des EU-

Wirtschaftsaufschwungs zur Zeit der Euro-Ein-führung rund ums Jahr 2000 kam es aufgrunddieser Verordnung zu einem starken Ausbauder Fischereiflotten. Dieser wurde durch mas-sive Subventionen seitens der EU unterstützt.In den Jahren 2000 bis 2005 erreichten die EU-Subventionen ihre Höchstmarke. In dieser Zeit-spanne wurden die meisten der großen Fa-brikschiffe gebaut, die später großenteils zum

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Regierung zu hinterfragen. Aber leider mussman – bei aller Merkelkritik– der Oppositionauch vorwerfen, keine ernsthafte und realisti-sche Alternativlösung für die Flüchtlingskrisezu präsentieren. Außenpolitisch wird die Lageja schließlich auch immer verzwickter, als dawären die USA, Frankreich, EU, Türkei unddie gefühlten 100 Parteien in Syrien (Assad,Rebellen, IS usw.). Es ist also leider nicht mög-lich, mit einer einfachen Antwort alle Proble-

me aus der Welt zu schaffen. Aber was Merkelmacht bzw. nicht macht, ist aus menschlich-mo-ralischer Perspektive das einzig Richtige: Siegewährt Menschen Zuflucht, die sie brauchenund lässt sich nicht von der üblichen Holzham-merrhetorik wie Flüchtlinge seien kriminelloder gar Terroristen beirren. Auch nach deröffentlichen „Schelte“ durch Vollhorst Seeho-fer beim CSU-Parteitag lässt sich Merkel nichtkleinkriegen, auch wenn sie vom Geschwätz

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des CSU-Bosses sichtlich genervt schien. ZumSchluss bleibt nur noch zu sagen: Gratulationzum 10-jährigen Amtsjubiläum und Hut abvor Ihrem neu gewonnen Rückgrat, dass Siesich hoffentlich nicht von rechten Wirrköpfennach rechts krümmen oder gar brechen las-sen. Hoffentlich bleiben Sie Kanzlerin, denn ineinem Land, das von Gabriels, Seehofers oderSchäubles regiert wird, möchte ich nicht leben!

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politikpolitikpolitik

eder kennt sie, die Bilder der langen Kolonnen von Flüchtlingen, die aus Sy-rien über die Balkanroute nach Europa strö-men, die Bilder von Kanzlerin Merkel, wie siesich mit syrischen Flüchtlingen medienwirksamfotografieren lässt, die Bilder hilfsbereiter Bür-ger, die mit Refugees Welcome-Plakaten imganzen Land an Bahnhöfen warten, um Essen,Decken und Stofftiere an die ankommendenFlüchtlinge zu verteilen. Jeder kennt die Ge-schichte der Mutter, die ihrem Kind aus Dank-barkeit für „unsere“ Kanzlerin den Namen An-gela Merkel gab. Über all diesen Bildern undGeschichten vergessen wir leicht, dass wirschon seit längerem zwei verschiedene Flücht-lingskrisen in Europa haben. Die eine spieltsich, ausgelöst durch den Bürgerkrieg in Sy-rien und den Vormarsch des IS im Irak und derTaliban in Afghanistan, größtenteils an denGrenzen der Balkanstaaten und den Routennach Mitteleuropa ab. Die zweite, in der letz-ten Zeit von den Medien und auch von Politi-kern oft übergangene Krise spielt sich im Mit-telmeerraum, um Gran Canaria und in denspanischen und englischen Enklaven in Marok-ko ab. Ich will mich in diesem Artikel nun einwenig genauer mit den Ursachen dieser zwei-ten Krise beschäftigen. Während die Krise imNahen Osten in erster Linie aus diversen Bür-gerkriegen resultiert, ist die Krise in Afrikaeher wirtschaftlicher Natur. Die Entscheidun-gen, die letztendlich dazu führen, dass ein li-berianischer oder senegalesischer Fischer sei-

J Elend der afrikanischen Fischer beitragen soll-ten. Sie wurden teilweise zu 50 Prozent ausEU-Mitteln finanziert. Mit dem Ausbau undder Modernisierung der Flotte begann auchdie Überfischung der europäischen Fischgrün-de. So musste sich die EU spätestens 2002nach neuen Fischgründen für ihre Fangflotteumsehen, da die für die europäischen Gewäs-ser festgelegten Fangquoten bei weitem nichtmehr ausreichten, um den „Bedarf“ der Fang-flotten zu decken. So kaufte die EU afrikani-schen Staaten die Fischrechte vor ihren Küstenab, um neue Fischgründe für ihre immer wei-ter wachsende Flotte zu erschließen. Das erstedieser Abkommen wurde 1992 mit dem Se-negal unterzeichnet. Allerdings ging es in die-sem lediglich um einen geringen Streifen dersenegalesischen Gewässer, in dem nun Schiffeeuropäischer Staaten Garnelen fischen durf-ten.Um das Jahr 2000 herum schloss die EUähnliche Abkommen mit Mauretanien und Ma-rokko. Mit diesen Abkommen begannen nunauch die Probleme vor der westafrikanischenKüste. Die Fabrikschiffe der EU-Flotte began-nen, mit ihren bis zu 600 Meter breiten Tief-seenetzen die Gewässer leerzufischen. Für dieeinheimischen Fischer, die noch auf traditio-nelle Art mit ihren Pirogen (traditionelle west-afrikanische Fischerboote aus Holz, meist zwi-schen fünf und zehn Meter lang und bunt be-malt ) aufs Meer fuhren, um zu fischen, wurdees zunehmend schwerer, genug Fische zu fan-gen, um diese lohnend auf dem Markt oder

Du bist verloren, wenndu gehst. Du bist verloren,wenn du bleibst. Dann geh'

lieber und sterbeim Boot deiner Träume.

(afrikanisches Sprichwort)

Sterbe im Bootdeiner Träume.Sterbe im Bootdeiner Träume.Fluchtursache Überfischung

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Die Anschläge in Paris stellen einen grau-samen Akt der Zerstörung und willkürli-chen Tötung dar, die den StadtschülerIn-nenrat zutiefst erschüttern. Die FrankfurterSchülerschaft trauert und spricht ihr tiefesMitgefühl für die Opfer und deren Angehö-rige in Paris aus.Unsere größte Angst ist jetzt nicht der Ter-rorismus, sondern wie unsere Gesellschaftnach solchen grausamen Taten damit um-gehen wird.Man muss verstehen, dass Frankreich eineder radikalsten Dschihadisten-Szene in ganzEuropa hat und gleichzeitig einen noch grös-seren Zuwachs an rechten Strömungen(Front National) als zum Beispiel Deutsch-land. Dies zeigt schon eine Spaltung inner-halb der Gesellschaft.Die Anschläge vom IS haben nur ein Ziel:„Angst und Terror zu verbreiten“. Wennwir als europäische Gemeinschaft uns vondiesen Gräueltaten beeinflussen lassen, spie-len wir diesen Mördern genau in die Hän-de. Wir müssen gerade in solchen Zeitenzusammenhalten und Menschen, die vor die-sem Terror fliehen, eine bessere Alterna-tive aufzeigen, und zwar in der Mitte unse-rer Gesellschaft. Wieder von dem rechtenMob zu hören, wie er diese Situation instru-mentalisiert, um gegen die Hilfesuchendenzu hetzen, und es dann auch noch Menschengibt, die ihnen Recht geben, wirft ein extremschlechtes Licht auf unsere gesamte Gesell-schaft. Daher sagen wir ganz klar:„NEIN, Hass und Rassismus sind niemalseine Lösung“. Die Willkommenskultur istdas beste Mittel, um den islamistischenGruppen innerhalb Europas den Nährbo-den zu entziehen. Wenn wir aufzeigen, dasswir differenzieren zwischen religiösem Fa-natismus und einem friedlich ausgelebtenIslam, setzen wir uns der Radikalisierungentgegen. Johannes Füßler/Lukas Schneider[Pressemitteilung d. Stadtschülerrats15.11.2015]

Solidarität.Solidarität.

an einen Großhändler zu verkaufen. 2001erweiterte die EU ihre Fischereiabkommenmit den westafrikanischen Staaten und kauf-te die Fischereirechte für fast die komplet-ten „ausschließlichen Wirtschaftszonen“ von200 Seemeilen. Diesem erweiterten Abkom-men schlossen sich Cap Verde, Guinea-Bis-sau, Gabun, Liberia und Mosambik an.Mit dieser Erweiterung der Abkommen be-gann auch eine neue Art der Subventionenfür die europäischen Fischer. Die EU zahl-te Millionenbeträge an die Anrainerstaaten,um das Fischereirecht für deren Fischgrün-de zu erwerben. Liberia z.B. erhielt 75 Mil-lionen USD für seine Fischereirechte übereinen Zeitraum von fünf Jahren. Allerdingskam dieses Geld nur in den seltensten Fäl-len bei den Fischern an, deren Lebengrund-lage ihre Regierung soeben verkauft hatte.In der Regel verschwand es nach kurzer Zeitin den Taschen korrupter Politiker. Die er-worbenen Fischereirechte verkaufte die EUan die in Europa beheimateten Firmen fürvier bis elf Prozent des Preises beim Kaufvon den afrikanischen Staaten. Nachdem dieFabriktrawler der EU-Flotte nun vor der ge-samten Küste Westafrikas frei fischen konn-ten, kam es auch dort zur Überfischung, inderen Folge die afrikanischen Fischer oftnicht einmal genug Fang einbringen konnten,um ihre Familie zu ernähren. Viele von ih-nen versuchten mit ihren Pirogen übers of-fene Meer nach Portugal oder Spanien zu ge-langen, um dort auf einem der großen Fisch-trawler zu arbeiten, welche ihre Existenz inAfrika zerstört haben. Nur wenige überle-ben die Fahrt mit ihren nicht hochseetaugli-chen Pirogen übers offene Meer, und die we-nigen, die es nach Spanien oder Portugal

schaffen, werden wieder zurück nach Afrikaabgeschoben, da sie in ihrer Heimat nichtpolitisch verfolgt werden und daher nach eu-ropäischem Recht keinen Anspruch auf Asylhaben. Einige vermieten ihre Pirogen anSchlepper oder betätigen sich selbst als sol-che und fahren Flüchtlinge in ihren Pirogenzur spanischen Ferieninsel Gran Canaria. Esgelingt jedoch nur wenigen, die 220 Kilome-ter bis Gran Canaria oder die 100 Kilome-ter bis Fuerteventura zurückzulegen, ohnemit ihren leichten Holzbooten zu kenternoder von der Küstenwache abgefangen zuwerden. Von den essbaren Fischen, die dieeuropäischen Trawler fangen, landen nurzwei Drittel in den europäischen Häfen. EinDrittel wird noch vor der afrikanischen Kü-ste wieder ins Meer gekippt, da dieses nichtden EU-Richtlinien für Speisefisch entsprichtoder sich in Europa nicht gut vermarktenlässt. Von den zwei Dritteln, die nun in denspanischen oder portugiesischen Häfen ver-laden werden, kommen letztendlich nur 20Prozent in den EU-Ländern an. Die restli-chen 80 Prozent werden exportiert, da dieFangflotten der EU aktuell das Fünffache derMenge fischen, die tatsächlich in der EU ver-braucht wird. Von den 20 Prozent, die in Eu-ropa verbleiben, gelangen ca. 18 Prozent ineinen Laden für den Endverbraucher, dierestlichen ein bis zwei Prozent verderbenbeim Transport oder werden aufgrund man-gelhafter Verpackung aussortiert. Von den18 Prozent, die im Laden landen, wird nurungefähr die Hälfte gekauft, und von dieserwird wiederum ein Drittel oder sogar mehrin Privathaushalten entsorgt. So gelangenletztendlich nur ungefähr vier Prozent desFangs auf die Teller von EU- Bürgern. az

Zynisch. Mit „Dream“ betitelte Romuald Ha-zoumé aus Benin seinen Beitrag zur documen-ta 12 (2007). Sieht aus wie ein Fischerboot vonder westafrikanischen Küste, ist aber nicht see-tüchtig, da aus fast hundert blechernen Ölka-nistern zusammengebaut...