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ZWEITSPRACHERWERB ZWEITSPRACHERWERB ––
BEITRBEITRÄÄGE AUS DER AKTUELLEN GE AUS DER AKTUELLEN FORSCHUNGFORSCHUNG
Prof. Dr. Gabriele Kniffka
04.05.2011
ErstspracherwerbErstspracherwerb Erlernen der ersten Sprache (L1)Erlernen der ersten Sprache (L1)
monolingual : Erwerb nur einer L1monolingual : Erwerb nur einer L1 bilingual oder mehrsprachig: gleichzeitiger Erwerb von zwei bilingual oder mehrsprachig: gleichzeitiger Erwerb von zwei
oder mehr Sprachenoder mehr Sprachen Zweitspracherwerb Zweitspracherwerb
Erlernen der zweiten Sprache (L2)Erlernen der zweiten Sprache (L2) natnatüürlicher L2rlicher L2‐‐ErwerbErwerb
gesteuerter L2gesteuerter L2‐‐ErwerbErwerb
SSpracherwerbstypenpracherwerbstypen
Im Verlauf der Aneignung einer L2 durchläuft ein
Lerner/eine Lernerin diverse PhasenPhasen.
PhasePhase: Entwicklungsstadium, in dem der Lerner sich
bestimmte Formen und Strukturen der L2 erschließt.
PhasenPhasen
„„LernerspracheLernersprache““/ Interlanguage/ Interlanguage
•• Das sich entwickelnde L2Das sich entwickelnde L2‐‐System eines LernersSystem eines Lerners
•• Merkmale der L1 des Lerners oder einer zuvor Merkmale der L1 des Lerners oder einer zuvor
gelernten Fremdsprachegelernten Fremdsprache
•• Merkmale der zu erlernenden L2Merkmale der zu erlernenden L2
•• Merkmale, die keiner der beiden Sprachsysteme Merkmale, die keiner der beiden Sprachsysteme
zuzuordnen sind.zuzuordnen sind.
Beispiele: Merkmale aus L1Beispiele: Merkmale aus L1
1.
Der Kiwi ist kleine.
(Andrea, Erstsprache Spanisch, 5 Wo. DaZ‐Unterricht)
2.
[der sohn ist froh] ... der kind
ist froh.
(Ylenia, Erstsprache Italienisch, in Deutschland geboren, 6. Klasse)
Beispiele: Merkmale der L2Beispiele: Merkmale der L2
1.
Wir räumen das Zimmer auf. (Zichong, Erstsprache Chinesisch, 8 Wo. DaZ‐Unterricht)
2.
Wir halten unseren Taschen fest, sie sind zu
schwer.
(Anastasia, Erstsprache Russisch, 8 Wo. DaZ‐Unterricht)
Beispiele: lernersprachliche MerkmaleBeispiele: lernersprachliche Merkmale
ÜÜbergeneralisierung:bergeneralisierung:
Die vogel kommte
und sie hollte Lukas und sie fliegten.
Simplifizierung:Simplifizierung:
Wir putzen die Tafel.
Wir greifen einen Apfel.
Wir basteln ein Auto.
„„LernerspracheLernersprache““/ Interlanguage/ Interlanguage
•• Lernersprachen sind in sich systematisch. Lernersprachen sind in sich systematisch.
•• Sie sind dynamisch, d.h. sie sind stSie sind dynamisch, d.h. sie sind stäändiger ndiger
VerVeräänderung unterworfen.nderung unterworfen.
SystematizitSystematizitäät von Lernersprachent von Lernersprachen
Bedeutet:Bedeutet:
Sie unterliegen einem eigenen Regelsystem, das mit dem Sie unterliegen einem eigenen Regelsystem, das mit dem
der zu erwerbenden Sprache partiell der zu erwerbenden Sprache partiell üübereinstimmt und bereinstimmt und
sich diesem mit fortschreitender Kompetenz des sich diesem mit fortschreitender Kompetenz des
Lernenden immer stLernenden immer stäärker annrker annääherthert.
LernersprachenLernersprachen
MManche Phasen sind sequenziell angeordnet, d.h. es anche Phasen sind sequenziell angeordnet, d.h. es
gibt eine bestimmte gibt eine bestimmte chronologische Reihenfolge.chronologische Reihenfolge.
Feste Phasenabfolge: Feste Phasenabfolge: „„ErwerbssequenzErwerbssequenz““
oder oder
„„EntwicklungssequenzEntwicklungssequenz““..
ErwerbssequenzenErwerbssequenzen
Erwerbssequenzen kommen dadurch zustande, dass Erwerbssequenzen kommen dadurch zustande, dass
Lerner sich die Strukturen der Zielsprache Lerner sich die Strukturen der Zielsprache
schrittweise erschlieschrittweise erschließßenen..
A Verbalbereich B Satzmodelle C Kasus (ohne Präpositionen)
I
Präkonjugale Phase
(Infinitive; Personalformen nur als
chunks)
.......................................
II
regelmäßige Konjugation im
Präsens
.........................................
III
Konjugation der unregelmäßigen
Verben im Präsens
Modalverb + Infinitiv
........................................
IV
Auxiliar + Partizip
.......................................
V
Präteritum
........................................
VI
Übrige Formen
I
Hauptsatz
(Subjekt-Verb)
.........................................
II
Koordinierte Hauptsätze
W-Fragen
Entscheidungsfragen
.........................................
III
Distanzstellung
(Verbalklammer)
........................................
IV
Nebensatz
........................................
V
Inversion
(X-Verb-Subjekt)
........................................
Erwerb der Satzmodelle I-V
abgeschlossen
I
Ein-Kasus-System
(nur Nominativ-Formen)
.......................................
II
Ein-Kasus-System
(beliebig verteilte Nominativ-,
Akkusativ-,
Dativ-Formen)
.......................................
III
Zwei-Kasus-System
Nominativ + Objektkasus
(Nominativformen + beliebig
verteilte Akkusativ- und Dativ-
Formen)
.......................................
IV
Drei-Kasus-System Nominativ +
Akkusativ + Dativ (Nominativformen
+ Akkusativformen + Dativformen)
ErwerbssequenzenErwerbssequenzen
Schrittweise Bearbeitung der ZielstrukturenSchrittweise Bearbeitung der Zielstrukturen
Zu (festen) Phasenabfolgen kommt es deshalb, weil sich die LerneZu (festen) Phasenabfolgen kommt es deshalb, weil sich die Lernenden die nden die Zielsprache schrittweise erschlieZielsprache schrittweise erschließßen, d.h. sie bearbeiten nicht ein ganzes en, d.h. sie bearbeiten nicht ein ganzes
grammatisches Subsystem, etwa das Kasussystem des Deutschen, augrammatisches Subsystem, etwa das Kasussystem des Deutschen, auf f einmal, sondern nach und nach. einmal, sondern nach und nach.
.
ErwerbssequenzenErwerbssequenzen
•• Abfolgen sind auch von der L1 der Lerner Abfolgen sind auch von der L1 der Lerner
mitbestimmtmitbestimmt
•• Lassen sich NICHT durch Unterricht manipulieren, Lassen sich NICHT durch Unterricht manipulieren,
d.h. durch Unterricht kd.h. durch Unterricht köönnen die Abfolgen nicht nnen die Abfolgen nicht
variiert werden. Konsequenz: Unterricht, der effektiv variiert werden. Konsequenz: Unterricht, der effektiv
sein will, muss an den Erwerbssequenzen orientiert sein will, muss an den Erwerbssequenzen orientiert
sein.sein.
LerntempoLerntempo
FFüür die Bearbeitung der zielsprachlichen Strukturen wenden Lerner r die Bearbeitung der zielsprachlichen Strukturen wenden Lerner aufgrund ihrer individuellen Erwerbssituation unterschiedlich viaufgrund ihrer individuellen Erwerbssituation unterschiedlich viel el
Zeit auf:Zeit auf:
BBetreträächtliche Variationen bezchtliche Variationen bezüüglich des Lerntemposglich des Lerntempos
.
Erreichbare zweitsprachliche KompetenzErreichbare zweitsprachliche Kompetenz
Grad an erreichter Sprachkompetenz am Ende eines Grad an erreichter Sprachkompetenz am Ende eines
Deutschkurses /am Ende der Schullaufbahn variiertDeutschkurses /am Ende der Schullaufbahn variiert
Erreichbare zweitsprachliche KompetenzErreichbare zweitsprachliche Kompetenz
• L2L2‐‐Erwerb weniger kontinuierlich als L1Erwerb weniger kontinuierlich als L1‐‐ErwerbErwerb
•• FossilisierungenFossilisierungen
•• RegressionenRegressionen.
.
L1L1‐‐Einfluss auf L2Einfluss auf L2‐‐ErwerbErwerb
Unbestritten: Unbestritten: PrPräägender Einfluss der L1 auf den L2gender Einfluss der L1 auf den L2‐‐ErwerbErwerb. .
„„Transfer aus der L1 gilt nicht mehr, wie zu Zeiten des BehavioriTransfer aus der L1 gilt nicht mehr, wie zu Zeiten des Behaviorismus, als smus, als
mmööglichst zu eliminierender Stglichst zu eliminierender Stöörfaktor, sondern als rfaktor, sondern als ‚‚kognitiv begrkognitiv begrüündete ndete
ProduktionsstrategieProduktionsstrategie’’
(Jordens 1988, 43), die f(Jordens 1988, 43), die füür den L2r den L2‐‐Erwerb wesentliche Erwerb wesentliche
Impulse liefert.Impulse liefert.““
Beispiel LernerspracheBeispiel Lernersprache L1: TL1: Tüürkischrkisch
Es war einmal ein Junge. Er lebte in einem dorf, das Es war einmal ein Junge. Er lebte in einem dorf, das
war sehr arm. Er lebte mit seinem mutter und mit war sehr arm. Er lebte mit seinem mutter und mit
seinem zwei gescwester. Er hatte nur einem er wollte seinem zwei gescwester. Er hatte nur einem er wollte
kköönig sein, aber es war unmnig sein, aber es war unmööglich. Eines tag laufte in glich. Eines tag laufte in
wald, hat er ein geruch gehwald, hat er ein geruch gehöört. Er hatte Angst. Er hat rt. Er hatte Angst. Er hat
weiter gegangen. Er siehte da einem riesigen vogel. weiter gegangen. Er siehte da einem riesigen vogel.
L2 in der SchuleL2 in der Schule
Jemand, der Jemand, der üüber Fertigkeiten in der ber Fertigkeiten in der
Alltagskommunikation verfAlltagskommunikation verfüügt, vermag gt, vermag
konzeptionellkonzeptionell‐‐mmüündliche Texte und ndliche Texte und ÄÄuußßerungen zu erungen zu
produzieren. produzieren.
Bildungssprache hingegen umfasst vor allem Bildungssprache hingegen umfasst vor allem
konzeptionellkonzeptionell‐‐schriftsprachliche Fschriftsprachliche Fäähigkeiten. higkeiten.
L2 in der SchuleL2 in der Schule
J. Cummins:J. Cummins:
Unterscheidung zwischen BICS (Unterscheidung zwischen BICS („„Basic Interpersonal Basic Interpersonal
Communication SkillsCommunication Skills““) und CALP (Cognitive Academic ) und CALP (Cognitive Academic
Language ProficiencyLanguage Proficiency““))
L2: Kompetenz in schulischen L2: Kompetenz in schulischen FachsprachenFachsprachen
Schulerfolg ist abhängig von der Kompetenz in
schulischen Fachsprachen / Bildungssprache
Im Sekundar‐Bereich werden die sprachlichen
Anforderungen komplexer.
L2: Kompetenz in schulischen L2: Kompetenz in schulischen FachsprachenFachsprachen
Schüler/innen müssen fachliche Denkweisen entwickeln – Hypothesen formulieren, Voraussagen treffen,
Analysen versprachlichen, Rückschlüsse ziehen ‐
in ihrer L2 Deutsch.
Weitere Aufgaben: Tabellen / Grafiken interpretieren, Rollen innerhalb einer Gruppenarbeit einnehmen ...
L2L2‐‐LiteracyLiteracy
•• L2L2‐‐Lernende benLernende benöötigen tigen ––
ebenso wie Muttersprachler ebenso wie Muttersprachler ––
einen einen qualitativ hochwertigen (Fachqualitativ hochwertigen (Fach‐‐) Unterricht. Allerdings ben) Unterricht. Allerdings benöötigen tigen
sie sie ––
methodisch gesehen methodisch gesehen ––
Anpassung an ihren Sprachstand und Anpassung an ihren Sprachstand und sprachliche Unterstsprachliche Unterstüützung, um ihre Deutschkenntnisse voll zu tzung, um ihre Deutschkenntnisse voll zu
entwickeln. entwickeln.
•• L2L2‐‐Lernende benLernende benöötigen explizite Wortschatzerweiterungtigen explizite Wortschatzerweiterung