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WERKSTATT 64 Orthopädieschuhtechnik 10/2013 Zwicken: Schritt für Schritt Kein Schuh ohne Leisten. Doch erst wenn man Schaft und Brandsohle über dem Leisten mit e inander verbin- det, wird auch tatsächlich ein Schuh daraus. Als Ergänzung zum Beitrag in der Orthopädieschuhtechnik 10/2013,Seite 64 - 71wird hier die komplette Bilderserie präsentiert. Entstanden sind die Fotos am 20. Juli 2013 in der Werkstatt von OSM Franz Fischer in Amberg. Der Text zum Beitrag fiindet sich am Ende der Bilderserie. Leisten, Schaft und Brandsohle – Die Brandohle wird auf den Leisten getackert – Beschneiden der Brandsohle – Pressen in der Schuh- presse, damit sich die Brandsohle an die Bettung anformt Sauberschleifen der Kanten – Kontrolle, ob beide Brandsohlen dieselben Maße haben – Papiermuster für die Hinterkappe – Ausschneiden der Hinterkappe Aufzeichnen der zweiten Hinterkappe – Maschinelles Vorschärfen des Leders – Schärfen der Hinterkappe von Hand

Zwicken: Schritt für Schritt - ostechnik.de...Dies soll für einen schöneren Übergang an der Kante sorgen. Halt dank Hinterkappe Bevor der Schaft über den Leisten an die Brandsohle

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W E R K S TAT T

64 Orthopädieschuhtechnik 10/2013

Zwicken: Schritt für SchrittKein Schuh ohne Leisten. Doch erst wenn man Schaft und Brandsohle über dem Leisten mit einander verbin-det, wird auch tatsächlich ein Schuh daraus. Als Ergänzung zum Beitrag in der Orthopädieschuhtechnik10/2013,Seite 64 - 71wird hier die komplette Bilderserie präsentiert. Entstanden sind die Fotos am 20. Juli 2013in der Werkstatt von OSM Franz Fischer in Amberg. Der Text zum Beitrag fiindet sich am Ende der Bilderserie.

Leisten, Schaft und Brandsohle – Die Brandohle wird auf den Leisten getackert – Beschneiden der Brandsohle – Pressen in der Schuh-presse, damit sich die Brandsohle an die Bettung anformt

Sauberschleifen der Kanten – Kontrolle, ob beide Brandsohlen dieselben Maße haben – Papiermuster für die Hinterkappe – Ausschneidender Hinterkappe

Aufzeichnen der zweiten Hinterkappe – Maschinelles Vorschärfen des Leders – Schärfen der Hinterkappe von Hand

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Geschärfte Hinterkappe – Glasen für eine gleichmäßigere Oberfläche – Anheften der Hinterkappe an den Leisten, zuerst an der Ferse,dann an der Leistentaille

Zwicken und Anformen der Kappe mit dem Hammer – Zwicken der Ferse – Fast fertig gezwickte Kappe – Die fertige Kappe

Markieren der Ferse am Schaft – Entfernen der Hinterkappe vom Leisten – Glattstreichen der Kappe und anschließendes Einstreichen mitHirschkleber

Einlegen der Hinterkappe in den Schaft – Einpressen der Kappe in den Schaft mit dem Handrücken –Einreiben des Leistens mit Talkum –Beginn des Zwickens; Kontrolle, ob der Schaft richtig auf dem Leisten sitzt.

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Zwicken der Ferse: Zuerst Anheften mit Nägeln, anschließende Fxierung mit Kalmmern.

Kontrolle nach dem ersten Zwickdurchgang, ob das Vorderblatt bei beiden Schuhen genau gleich liegt, einmal an der Tischkante, einmalmit Zirkel – Kontrolle der Symmetrie an den Hinterkappen –Schneiden des Futters auf der Brandsohle

Aktivierung des Klebers mit dem Föhn zur Verklebung des Futters auf der Brandsohle – Entfernen der Klammern – Glattschleifen des Fut-ters auf der Brandsohle.

Anzeichnen der Vorderkappen auf dem Futterleder – Papiermuster für die Vorderkappe –Die zuvor erhitzte Vorderkappe wird mit der Handan den Leisten angeformt.

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Anformen der Vorderkappe – Glätten der Falten mit dem Hammer – Feines Ausschleifen der Übergänge

Einarbeiten der Überstemme, die an Vorder- und Hinterkappe verklebt werden – Schleifen der Übergänge

Fertig geschliffene Vorderkappe mit Überstemme – Zwicken des Oberleders mit genauer Kontrolle des richtigen Sitzes – Fertig gezwickterSchaft.

Mit dem Hammer wird das Oberleder nochmals an den Leisten angeformt – Zum Kleben vorbereiteter gezwickter Schuh – Verklebung desOberleders in der Schuhpresse

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Vor einem Jahr hatte ich im Kursvon Praeparatio e. V. meinen ers -ten Schuhleisten angemessen

und geschliffen – mit tatkräftiger Un-terstützung von Franz Fischer, demVereinsvorsitzenden, sowie Peter Weißund Wolfgang Schützenhofer von Prae-paratio. Nun hat mich Franz FischerEnde Juli in seine Werkstatt nach Am-berg eingeladen, um die nächs tenSchritte der Schuhherstellung prak-tisch kennenzulernen. Schuhe zwicken und Rahmennähen

stehen an den beiden Tagen auf demProgramm. Das Rahmennähen, dassich als die schwierigere undschweißtreibendere Übung erweist,soll zu einem späteren Zeitpunkt be-schrieben werden. Die Erfahrungen mitdem Zwicken sollen in diesem Beitragim Mittelpunkt stehen. Gäste sind in Fischers Werkstatt

nichts Ungewöhnliches. MagdalenaHutter aus Murnau, die mit mir im Vor-jahr beim Kurs schon Leisten schliff,ist für zwei Wochen zu Gast, um ihrehandwerk lichen Fähigkeiten in derVorbereitung auf ihren anstehendenMeisterkurs zu verfeinern. Und DanielWiendl, der die Orthopädieschuhtech-nik bei Franz Fischer gelernt hat, istgerade nach einigen Jahren Auslands -tätigkeit in Australien und Japan wie-der in der Heimat, um Fischer in seinerWerkstatt zu unterstützen.

Kein ÜbungsstückEr ist an diesem heißen Julisamstagmit Temperaturen mit über 35 Gradmein „Lehrmeister“, der mir beibrin-gen möchte, wie man den Schaft überden Leisten zwickt. Und zwar vonGrund auf, wie Franz Fischer betont. Dafür hat er ein Paar Halbschuh-

schäfte mit Leisten vorbereitet, ausdenen ein Paar Maßschuhe für einenKunden in München werden sollen. Esist kein orthopädischer Maßschuh.Größere Deformitäten werden uns alsonicht im Weg stehen. Und doch machtsich bei mir ein bisschen Unsicherheitbreit. Das ist ein Maßschuh, für denein Kunde bezahlt und kein Übungs-stück. Es sollte in der Produktion alsomöglichst nichts schief gehen. Als Modell hat sich der Kunde einen

Schaft im Mokassin-Stil ausgesuchtaus feinem Veloursleder, bei dem FranzFischer den Spiegel selbst mit eineraufwändigen Handnaht genäht hat.Im Bereich der Vorder- und der Hinter-kappe ist das Oberleder mit einemVliesstoff kaschiert, damit der Kleb-stoff für die Kappen später nicht durchdas Leder schlägt. Das Glattleder fürdas Futter ist etwas kräftiger gewählt,um dem Schuh die nötige Stabilitätund Dauerhaftigkeit zu verleihen. Auch wenn er wie ein Mokassin aus-

sieht: Hergestellt wird der Schuh klas-sisch wie ein orthopädischer Schuh

mit individueller Fußbettung und übereine Brandsohle. Unser Lernmodell isteinfach: Daniel Wiendl macht alle Ar-beitsschritte an einem Schuh vor, derzweite Schuh ist meine Sache.

Wortwörtlich „von Grund auf“ Was Franz Fischer mit „von Grund auf“gemeint hat, erfahre ich gleich bei derHerstellung der Brandsohle. Danielnimmt mit einem Stück Papier denUmriss der Leistensohle ab undschneidet mit dieser Schablone ausdem Croupon zwei Brandsohlenformen.Damit später auch der Kleber daraufhaftet, wird die Narbenseite mit demSchleifband aufgerauht, bevor dieSohle auf die Bettung getackert wird.Mit dem Messer wird die Brandsohleentlang der Fußbettung beschnitten.Der Feinschliff erfolgt am Schleifband.Leisten, Fußbettung und Brandsohlemüssen eben sein, damit sich amSchuh später keine Kanten im Schaftzeigen. Zum Schluss wird die Brand-sohle am Rand schräg geschnitten.Dies soll für einen schöneren Übergangan der Kante sorgen.

Halt dank HinterkappeBevor der Schaft über den Leisten andie Brandsohle gezwickt wird, muss dieHinterkappe gefertigt werden. Bei er-krankten oder deformierten Füßen be-stimmt sie, wie viel Stabilität oder Be-

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wegungsfreiheit der Fuß und dasSprunggelenk im Schuh haben. Beiknöchelübergreifenden Schuhen kanneine Fersenkappe als sogenannte Ar-throdesenkappe das Sprunggelenkkomplett ruhigstellen. So weit müssen wir bei unserem

Schuh nicht gehen. Unsere Fersenkap-pe soll dem Schaft den nötigen Standund der Ferse des Trägers Stabilität inder Auftritts- und Standphase bieten.Auch hier gilt: Vorgefertigte Ware, diees auch bei Hinterkappen gibt, ist beiMaßschuhen tabu in Fischers Werk-statt. Wieder nehmen wir mit einem Stück

Papier die Form am Leisten ab undschneiden aus dem Croupon die Form.Danach kommt das, was man „das Leder schärfen“ nennt und dem Schär-fen eines Messers gar nicht so unähn-lich ist. Die Hinterkappe soll an denRändern dünn auslaufen, damit siespäter im Schuh nicht aufträgt, wennsie zwischen Oberleder und Futterledersteckt.Daniel mogelt ein bisschen und be-

reitet die Hinterkappe mit einer Leder-schärfmaschine vor. Dennoch geht esnicht ohne das Schuhmachermesser,das nur aus einem Stück Stahl besteht,dessen Klinge der Schärfe eines Rasier-messers jedoch in nichts nachsteht.Daniel setzt die Klinge am Rand derHinterkappe an und schneidet in ei-nem Zug im Winkel von 45 Grad zumRand hin ab. Seinen Rat, in einem Zugzu schneiden, versuche ich zu beherzi-gen. Doch bei mir bleibt die Klingeschon nach wenigen Millimetern imLeder stecken. Einfach mit mehr Kraftversuchen? Obwohl meine linke Handzur Vorsicht das Leder hinter der Klin-ge zum Fixieren hält, scheue ich davorzurück. Die Gefahr des Abrutschens er-scheint mir zu groß. Die Fähigkeit, das Messer scheinbar

mühelos durch das Leder gleiten zulassen, muss man wohl wirklich langeüben. Ich trage daher das Leder inkleinen Schnitten ab und versuche da-bei dennoch, eine gleichmäßige Ober-fläche zu erzielen. Leider gelingt mir das nur unzurei-

chend, was aber nicht ganz so schlimmist, da das Leder ohnehin noch mit derSchnittkante einer Glasscheibe ge-schabt wird, um Unebenheiten auszu-gleichen. Mit der Spitze der Glasschei-be wird das Leder unten im Fersenbe-reich etwa 1,5 Zentimeter vom Randeingeritzt, damit sich das doch recht

steife Leder besser um die Leisten -kante legt.

Vorzwicken lohnt sichMit dem Kugelschreiber wird die Mitteder Fersenkappe markiert. Bevor sieam Leisten an der Ferse angeheftetwird, landet sie im Wassereimer, damitsich das Leder besser anformt undleichter bearbeiten lässt. Der Arbeitsgang, der jetzt folgt

heißt „Vorzwicken“. Bevor die Hinter-kappe in den Schaft gelegt wird, wirdsie an den Leisten angeformt und ein-mal komplett auf die Brandsohle ge-zwickt. Es gibt Kollegen, die sich die-sen Arbeitsgang sparen und Futterle-der, Hinterkappe sowie Oberleder in ei-nem Arbeitsgang zwicken, erklärt mirDaniel Wiendl. Das sei aber schwierigerund aufwändiger. Er bevorzugt dasVorzwicken, denn den Zeitaufwandspare man später leicht wieder ein. Beim Vorzwicken, wie auch später

beim Schaft arbeiten wir mit Zwick-zange, Hammer, Nägeln und Heftklam-mern, die wir mit Druckluft in denLeis ten schießen. Nachdem die Kappean der Ferse mit einem Nagel auf derBrandsohle fixiert ist, setzen wir dieersten zwei Klammern im Mittelfußbe-reich. Dabei ziehen wir das Leder mitder Zange nach vorne, damit es sichmöglichst gut an den Leisten anlegt. Mit der Zwickzange wird nun, be-

ginnend vom Mittelfuß, das Leder überden Leisten zur Brandsohle gezogen.Wichtig dabei, erklärt Daniel Wiendl:Das Leder muss ohne Luftblasen amSchaft am Leisten anliegen, weswegenes mit einem Hammer angeformt wird.

Ungewohnte HandgriffeIch bin Rechtshänder und hätte jetztgerne zwei rechte Hände, denn mit

beiden Händen soll ich ungewohnteArbeiten verrichten, bei denen sowohlKraft als auch Koordination erforder-lich sind. Nach einigem Ausprobierenentscheide ich mich dafür, mit derZange in der rechten Hand die Hinter-kappe überzuholen und sie mit demHammer in der linken Hand zu bearbei-ten. Die Bewegungen mit dem Hammersind anfangs zwar noch etwas unge-lenk, mit ein bisschen Übung trifft erdann aber doch dorthin, wo ich es will.Auch der Umgang mit der Zange erfor-dert ein bisschen Übungen. Nur denersten Zug am Leder macht man freiHand. Dann muss die Zange mit derspeziellen Ecke auf der Brandsohleaufgesetzt werden, damit man einegrößere Zugkraft über den dadurchentstandenen Hebel aufbringt. EineKraftersparnis, die sich sicher aus-zahlt, wenn man mehrere Schuhe amTag zu zwicken hat.

Mit Nagel oder KlammerBis zur Ferse heften wir das Leder mitdem Tacker an. Für die Rundung derFerse greifen wir auf die traditionellenNägel zurück. Den ersten Nagel setzenwir zwischen der letzten Tackerklam-mer und der Fersenmitte. Währendman bei der Arbeit mit dem Tacker dasLeder mit der Zange hält, bis die Klam-mer sitzt, muss man beim Nageln dieZange nach dem Überholen absetzen.Mit der linken Hand wird das Leder amLeisten gehalten und der Nagel fixiert.Weil nun keine Hand mehr für denHammer frei ist, dient die Zange mitihrer breiten Fläche als Hammer. Zunächst wird der Nagel nur leicht

in einer schrägen Position fixiert.Dann wird er mit der linken Hand senk-recht gestellt und vollends eingeschla-gen. Dadurch wird das Leder noch ein

Franz Fischer.Daniel Wiendl

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bisschen stärker nach innen gezogenund an den Leisten geformt. Nach undnach werden die Nägel in immer klei-neren Abständen an der Ferse einge-schlagen. Zur Vermeidung von Faltenund Luftblasen muss das Leder an derFerse besonders sorgfältig gezogenund mit dem Hammer bearbeitet werden.Wenn die Kappe stramm am Leisten

sitzt und das Leder abgetrocknet ist,wird sie auch schon wieder entfernt.Wir lösen die Tackerklammern mit ei-nem Klammerheber und ziehen die Nä-gel mit der Zange heraus. Was zuvornoch ein flaches Stück Leder war, istjetzt eine perfekt vorgeformte Hinter-kappe, die sich später wieder genau anden Leisten anpassen wird.

Jetzt wird geklebt Zunächst streichen wir die Kappe je-doch wieder glatt um sie auf beidenSeiten mit wasserlöslichem Lederkle-ber zu bestreichen. Mit dem Kleberwird sie zwischen Ober- und Futterle-der fixiert. Wir streichen die Kappe al-lerdings nicht komplett ein. Der obereRand bleibt frei, um dem Schaft nochetwas Bewegungsfreiheit zu lassen.Auch der untere Rand muss frei blei-ben, und zwar dort, wo das Leder überden Leisten geschlagen wird. Hier wirdspäter Neoprenkleber aufgebracht, derdie Kappe mit dem Schaft am Leistenfixiert. Das Einpassen der Hinterkappe zwi-

schen Ober- und Futterleder erforderteinige Geschicklichkeit. Mit dem Ku-gelschreiber markieren wir die Fersen-mitte des Schaftes und der Hinterkap-pe. Am Leisten ist diese Position be-reits markiert. Diese drei Punkte müs-sen genau übereinander liegen, damitdie Kappe richtig im Schaft sitzt. Wirklappen das Futterleder nach vorneund schieben die Kappe vorsichtig inden Schaft. Gerät der Kleber auf derKappe zu früh in Kontakt mit demOberleder, wird es mühsam, sie in ihrerichtige Position zu bringen.Mit einem Schraubenzieher drücken

wir den oberen Rand der Kappe genauin den oberen Schaftabschluss zwi-schen Ober- und Futterleder und strei-chen beides auf der Kappe glatt. Wenndas nicht sauber ausgeführt ist, gibtes später Falten im Schaft. ZumSchluss fassen wir den Schaft an derSpitze mit einer Hand und drücken denHandrücken der anderen Hand ganzfest in die Ferse, damit die Kappe auchfest im Schaft sitzt. Bevor der Schaft über den Leisten

gelegt wird, reiben wir Leisten undFutterleder mit Talkumpulver ein. Daserleichtert später das Ausleisten desfertigen Schuhs. Ohne Talkum wäre dieHaftreibung des Leders auf dem Schaftzu hoch und man hätte große Mühe,den Leisten aus dem Schuh zu ziehen.

Zwicken zum zweitenDie Arbeitstechnik, die jetzt folgt,kenne ich schon vom Zwicken der Hin-terkappe. Sorgfältig werden Futterle-der, Kappe und Oberleder über denLeis ten gezogen und mit Nägeln undTackerklammern an der Brandsohle fi-xiert. Die besondere Herausforderungdabei: Das Leder muss nicht nurstramm am Leisten anliegen, die Zier-naht am Schaft muss auch genau derLeistenform folgen. Deshalb hält Daniel den Schuh während desZwickens im Vorfuß auch direkt vorsich, um bei jedem Zug den Sitz desSchaftes zu kontrollieren. Im Fersenbereich wird zunächst das

Futterleder, anschließend die Kappeund dann das Oberleder über den Leis -ten gezogen, bevor der Schaft fixiertwird. Auch bei diesem Arbeitsgangwerden mit dem Hammer wieder Un-ebenheiten und Luftblasen beseitigt.Insbesondere an der Ferse, wo nun dreiLagen Leder übereinander liegen, giltes, die Zange an den richtigen Stellenanzusetzen und in die richtige Richtung zu ziehen, um Falten zu vermeiden. Der auf den Leisten gezwickte

Schaft sieht schon fast aus wie einSchuh. Doch wir sind noch längst nichtbei den letzten Arbeitsschritten ange-langt. Diese Zwickrunde diente nur derBefestigung des Futters an der Brand-sohle. Bevor wir Schaft und Brand -sohle mit Neoprenkleber bestreichen,schneiden wir das Futter auf derBrandsohle in etwa 1,5 Zentimeter Ab-stand zum Leistenrand ab. Nach demEinstreichen muss der Kleber zunächsttrocknen, bevor er für das Kleben miteiner Heißluftpistole aktiviert wird.Mit dem Hammer klopfen wir das Lederauf der Brandsohle fest. Dabei achtenwir wie immer darauf, dass nirgendwoFalten entstehen. Ganz vermeiden las-sen sie sich im Fersenbereich und ander Spitze allerdings nicht. Dicke Fal-ten werden später mit dem Messer ab-geschnitten und beschliffen. Ein kur-zer Aufenthalt in der Schuhpressesorgt dafür, dass Futter und Brandsoh-le fest miteinander verklebt werden.Wiederum werden die Klammern ent-fernt, denn nun geht es an Vorderkap-

pe und Überstemmen.

Nächster Schritt: VorderkappeDie Vorderkappe gibt dem Schaft aus-reichend Stabilität im Vorfuß, damit ernicht zusammenfällt. Daniel zeichnetdie Vorderkappen auf dem Futterlederan und bestreicht die Fläche mit Neo-prenkleber. Mit einem Stück Papier er-stellt er eine Schablone, die er auf einVlies legt, das als Vorderkappe dienenwird. Häufig ist auch die Vorderkappeaus Leder, erklärt Daniel. Aber bei die-sem feinen Schuh entscheidet er sichfür das dünne Vlies, das später unterdem Leder nicht aufträgt. Selbst dasschon sehr dünne Vlies wird zum Randhin noch geschärft, um einen feinenÜbergang zum Futterleder zu errei-chen. Das Vlies ist steif und wird erst

durch Erhitzen verformbar. Das ge-schieht mit der Heißluftpistole. DasErhitzen geht schnell und dann musses auch schnell gehen. Ich wunderemich zunächst, warum Daniel das Vliesimmer nur ganz kurz berührt, wenn eres an den Leisten anformt. Den Grunderfahre ich, als die Reihe an mir ist.Nur in heißem Zustand ist das Vlies gutverformbar. Und heiß meint richtigheiß. Länger als den Bruchteil einerSekunde kann man es mit den Fingernnicht berühren, bevor man sich dieFinger verbrennt. Mit der Spitze desHammers wird das Vlies nach dem An-formen auf der Brandsohle nach innengezogen. Dabei werden die unweiger-lich entstandenen Falten so gut esgeht flachgeklopft. Damit man später auch wirklich kei-

nen Übergang zwischen Vorderkappeund Schaft erkennt, wird der Übergangmit dem Bimser nochmals nachbear-beitet. Daniels Angebot, auch dieseTechnik selbst zu versuchen, lehne ichallerdings ab. Zuvor hatte er mir er-zählt, dass Lehrlinge – Anfänger wieich – bei diesem Arbeitsgang gernemal abrutschen oder den Leisten zufest an den Bimser drücken und danngleich komplett durch das Futter aufden Leisten durchschleifen. Auf meineFrage, was dann passiere, meinte erlächelnd: „Alles noch mal von vorne!“Das will ich dem Kunden, der auf seineMaßschuhe wartet, nicht zumuten.

Verbindung Vorfuß-RückfußFür die Stabilität des Schaftes folgtjetzt noch ein Einbauteil, dessen Na-men ich schon kenne, dessen genaueFunktion mir aber bislang schleierhaftwar. Die „Überstemme“ verbinden an

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der Leistenseite die Hinterkappe mitder Vorderkappe und sorgen dafür, dassder Schaft in diesem Zwischenbereichgenügend Stand hat und sich in derAbrolllinie des Fußes keine hässlichenGehfalten bilden. Die Überstemme werden aus dem

Futterleder gefertigt. Auch hier gilt:Das Leder wird geschärft, damit dieÜbergänge weich sind. Mit Klebstoffwerden die Überstemme an Hinter-und Vorderkappe angeheftet. Dazwi-schen liegen sie zwar eng aber unver-klebt am Futterleder an. Mit demSchleifband werden anschließend dieÜbergänge geglättet.

Finale beim ZwickenNach der Montage der Vorderkappeund der Überstemme ist der Schuh be-reit für den letzten Arbeitsgang, dasZwicken des Oberleders. Der Sitz desSchaftes ist schon durch das gezwickte

Futter definiert. Doch kommt es beidiesem Arbeitsgang nun endgültig da -rauf an, die Gestaltung des Schaftesund den Leisten zu einer Einheit zuformen. Die Naht des Schaftes mussexakt der Leistenform folgen. Damitsich die Karreeform des Leistens auchim späteren Schuh zeigt, ist es hierbesonders wichtig, den Schaft genauan die Leistenkanten anzuformen. Wieder wird mit Zwickzwange,

Nägeln und Tacker der Schaft auf dieBrandsohle geheftet. Oberleder undFutterleder werden mit Klebstoff be-strichen und nach der Trockenzeit akti-viert. Mit dem Hammer klopfen wir dasLeder fest, bevor die Schuhpresse dieKlebeverbindung noch verstärkt. Die Hauptarbeit ist getan, doch

noch fehlen Absatz und Laufsohle. Be-vor diese aufgeklebt werden können,erhält die Brandsohle die Ausballung,damit die Schuhunterseite eine ebene

Klebefläche bildet. Diese Arbeits-schritte wird Daniel Wiendl überneh-men. Für mich wird das hoffentlichbald an einem anderen Werkstatttaganstehen. Wolfgang Best

Herzlichen Dank an Franz Fischer undDaniel Wiendl, die diesen Wechsel vomSchreibtisch an die Werkbank ermöglichten,und ohne die dieser Beitrag und die Bilder-serie nicht entstanden wären.

Bitte beachten:Dieses Zusatzmaterial zum Beitrag in derOrthopädieschuhtechnik ist für den privatenbzw. innerbetrieblichen Gebrauch be-stimmt.Vevielfältigung nur mit ausdrücklicher,schriftlicher Genehmigung des Verlages.